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Was bedeutet „Nicht unser Krieg!“?

Eine Analyse der „Resolution“ der ehemaligen Fraktion in der KO

Diskussionsbeitrag von Philipp Kissel

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Die zentralen Aussagen der „Resolution“ – „Nicht unser Krieg!“ sind:
Die NATO führt keinen Krieg gegen Russland.
Russland hat keinen Anlass sich zu verteidigen, sondern führt einen imperialistischen Krieg.
In der Ukraine gibt es keinen Faschismus, sondern Autoritarismus ebenso wie in Russland.
Die Weltordnung ist nicht von der Herrschaft einiger weniger Länder vor allem der USA geprägt, sondern vom Aufstreben anderer.

Daraus resultiert:
Die Position „nicht unser Krieg“ bedeutet, die NATO zu rechtfertigen und damit die Arbeiterklasse auf die Komplizenschaft mit den Herrschenden der NATO-Staaten zu orientieren. Scheinbare Äquidistanz entpuppt sich als Positionierung gegen Russland.

Kontext

Dies ist ein Diskussionsbeitrag, in dem ich auch meine eigene Position einfließen lasse. Es ist nicht die Position der KO. Ich trete dafür ein, dass sie Teil des Klärungs- und Diskussionsprozesses bleiben kann, den wir uns vorgenommen haben. Ich will, dass sie durch die Mangel genommen, kritisiert und geprüft werden kann. Ich finde den Leitantrag der ZL, der vorschlägt, keine endgültige Position zum Ukrainekrieg vorzunehmen, sondern diese als Ergebnis der Klärung zu formulieren, richtig, da er dem Stand der KO entspricht und wir gerade in einem produktiven Prozess der Arbeit zu diesen Fragen waren und nun auch bald wieder sein werden.

Die Gefahr, die im Leitantrag genannt wird, drückt sich in der „Resolution“ eindeutig aus: „Die Gefahr der Komplizenschaft mit der eigenen Bourgeoisie ist real. Die deutsche Arbeiterbewegung darf den am Krieg beteiligten Ländern nicht mit Äquidistanz begegnen. Wir bekämpfen nicht Russland, sondern die NATO und den deutschen Imperialismus.“

Der Text der „Resolution“ der ehemaligen Fraktion in der KO ist im Kontext der Auseinandersetzung der KO zu verstehen. Aus der Fraktion ist mittlerweile eine von der KO unabhängige Organisation entstanden.

Der Text muss verschiedene Verrenkungen und Ausschmückungen vornehmen, die dazu geeignet sein sollten, eine Mehrheit zu erlangen. Er ist außerdem davon beeinflusst, dass bereits eine Diskussion geführt wurde, die ihn dazu zwingt, bestimmte Signale zu senden. Die scheinbare Gegnerschaft zur NATO muss häufig benannt werden, weil das ein wichtiges Ergebnis der Diskussionen in der KO war, das unter anderem im Beschluss zur Aktionsorientierung Ausdruck fand. Mehr als bei anderen Gruppierungen, die eine ähnliche Position wie die ehemalige Fraktion der KO vertreten, muss deshalb betont werden, wie sehr man Feind der NATO sei, während man sie gleichzeitig durch die Verdrehung und Verharmlosung der Tatsachen entlastet.

Die Autoren mussten einen weiteren Kniff anwenden, um möglichst viele Genossen zu überzeugen. Er besteht darin, sich als „Kriegsgegner“ und die Gegenseite als „Kriegsbefürworter“ zu bezeichnen und es als skandalös zu diffamieren, dass es Genossen gibt, die die Militäroperation gerechtfertigt finden. Er appelliert deshalb an „Friedenssehnsüchte“ und benutzt eine pseudopazifistische Argumentation.

Die Methode des Textes zeichnet sich dadurch aus, bestimmte Fragen und Tatsachen schlicht und ergreifend wegzulassen oder nicht explizit zu sagen. Beispielsweise wird nicht explizit gesagt, dass Denazifizierung nur eine Lüge Russlands für seinen imperialistischen Krieg sei, sondern das Kiewer Regime wird einfach zu „schwärzester Reaktion“ umgedeutet und von den Faschisten distanziert, mit denen es „kooperiere“. Damit soll durch die Umdichtung der Verhältnisse ein mögliches Argument für die Berechtigung der Spezialoperation aus dem Weg geräumt werden. Die „Resolution“ erscheint als ein vernünftiger und einleuchtender Text, sie lässt nichts davon erahnen, wie ihre Autoren innerhalb der KO vorgegangen sind: Mit Diffamierung, Beschimpfung und sie lässt nur an wenigen Stellen erahnen, dass es einen starken Drang unter ihnen gibt, Russland zum Feind zu machen.

Die Methode der „Resolution“ besteht darin, die Tatsachen zu verdrehen, sie aus dem Zusammenhang zu reißen und wichtige Tatsachen wegzulassen. Das, was man eigentlich sagen will, nicht offen zu sagen, vieles phrasenhaft zu sagen, was von dem eigentlichen Kern der Aussage ablenken und dessen Bedeutung verschleiern soll. Eine weitere Methode besteht darin, Tatsachen nur halb zu nennen oder anders herum nur halb zu lügen, also nah an der Wahrheit bleiben, aber eben nicht sie sagen. So funktioniert die „Resolution“ und das soll hier aufgezeigt werden. Die Abschnitte werden einzeln durchgegangen.

„Krieg zwischen Ukraine und Russland“

„Der Krieg in der Ukraine ist ein imperialistischer Krieg zwischen der Ukraine, hinter der die NATO steht, und der Russischen Föderation.“ Es ist also kein Krieg zwischen der NATO und der RF und schon gar nicht ein Krieg der NATO gegen die RF. Damit soll klar gemacht werden, dass es sich auf keinen Fall um eine Verteidigung der Souveränität Russlands handeln könne. Die Formulierung „hinter der Ukraine stehe die NATO“, ist eine völlig unzureichende Beschreibung der tatsächlichen Verhältnisse, dazu weiter unten mehr. Es dient hier zur Absicherung der Aussage, es sei ein Krieg zwischen der Ukraine und Russland, denn es ist ein allzu offensichtlicher Fakt, dass die NATO diesen Krieg herbeigeführt hat und aktiv führt. Er kann also nicht ganz verschwiegen werden, das wäre allzu offensichtlich absurd. Dieser soll aber so weit wie möglich in den Hintergrund gerückt werden, weil sonst die gesamte Argumentation nicht funktionieren würde.

Diese Satz-Konstellation bringt die absurde Aussage hervor, es sei ein imperialistischer Krieg zwischen der Ukraine und Russland. Dieser Logik nach ist die Ukraine ein imperialistisches Land. Das ist absurd, weil die Ukraine nicht mal mehr ein eigenständiges Land ist, sondern ein von den USA gesteuertes Gebilde.

„Dieser Krieg ist nicht unser Krieg und die internationale Arbeiterklasse darf sich auf keine der beiden Seiten stellen.“ Diese Aussage klingt zunächst für viele vermutlich plausibel, vor allem die Verbindung beider Aussagen: Krieg ist schlecht, das kann man nicht wollen, da halten wir uns raus. Die Arbeiterklasse hat damit nichts zu tun. Es spiegelt ein Gefühl wider und erzeugt dieses zugleich: Das ist schlimm und böse und damit ist genug gesagt, um sich davon abzuwenden. Vor allem aber werden damit „beide Seiten“ gleich gestellt und gleichermaßen abgelehnt, es gibt keine Aussage darüber, wer der Aggressor ist, wer vielleicht im Recht sein könnte, wer vielleicht etwas tut, wozu er gezwungen wurde durch die Gegenseite. Es verschwimmt alles im diffusen Nebel. Es handelt sich um eine Äquidistanz, wobei das äqui – also Gleichstellen eine Folge der Distanz ist. Die Distanzierung ist der entscheidende Faktor, sie spiegelt die eigene gesellschaftliche (im nationalen wie im internationalen Maßstab) Lage und ihr Bewußtsein wider.

Man kann es sich erlauben, sich davon zu distanzieren und aus der Ferne eine Verwischung der Wirklichkeit vorzunehmen, die vor allem sichert, dass man die gesellschaftliche Stellung bewahren kann. Denn sie ist gefährdet durch die Ereignisse. Zum einen durch die gesellschaftliche Ächtung (Putinfreund), zum anderen durch den Fakt, dass die Vorherrschaft, die die Voraussetzung für die eigene privilegierte Lage ist, nun ernsthaft bedroht werden könnte bzw. der mit dieser Vorherrschaft verbundenen Kriegsführung ernsthafter Widerstand entgegen gesetzt wird. Die Distanzierung selbst ist ein Ausdruck der privilegierten Stellung eines imperialistischen Landes wie Deutschland und darin privilegierter Schichten. Man könnte etwas unfeiner wie vielleicht an einigen Stammtischen auch einfach sagen: Sollen sie sich doch die Köpfe einschlagen, solange ich meine Ruhe habe.

Für die Herrschenden ist eine offene pro-NATO-Position natürlich das Beste, aber eine Gegen-Russland-Position ist das Wichtigste. Das ist das Eintrittsticket für den gesellschaftlichen Diskurs. Ohne Verurteilung des „russischen Angriffskriegs“, kein Rederecht. Eine sowohl gegen-die-NATO-als-auch-gegen-Russland-Position ist eine Farce, und zwar weil es eine Karikatur auf die tatsächlichen Verhältnisse ist und nach dem Zusammenschrumpfen aller Schnörkel in der gesellschaftlichen Wirklichkeit zu einem schnöden gegen-Russland werden muss.

Die zentrale Aussage: „Nicht unser Krieg“ will etwas abwehren, was so offensichtlich im Raum steht: Es könnte ein gerechter Krieg auf Seiten Russlands sein. Ein sehr zentraler Aspekt dieser Frage wird in dem Text völlig ausgelassen bzw. umschifft und umgedeutet: Die des Faschismus. Das ist aber unbestreitbar und für jeden völlig offensichtlich keine Nebensache. Interessanterweise ist es im Fall des Kiewer Regimes sogar vom historischen Bezug, der Symbolik und allen oberflächlichen Erscheinungsformen her eine klare Identifikation mit dem Hitlerfaschismus, also nicht einmal eine irgendwie getarnte bzw. einfach anders erscheinende Form des Faschismus. Hier muss dann nach dem Motto verfahren werden: Was nicht sein darf, kann nicht sein und dementsprechend werden die tatsächlichen und so offensichtlichen Verhältnisse verschwiegen oder verdreht und verharmlost. Der Satz, „Unsere Hauptaufgabe (…) ist der Kampf gegen die Kriegspolitik der NATO und des dt. Imperialismus und die Entlarvung ihrer Kriegspropaganda“ ist eine Beschwichtigung, eine Formel, die man aufzusagen hat. Tatsächlich trägt die Resolution die zentrale Aussage der NATO-Kriegspolitik mit: Russland führt diesen imperialistischen Krieg, weil es eine Großmacht sein will.

„Unser Hauptfeind: Der deutsche Imperialismus und die NATO!“

„In der Ukraine stehen sich die Streitkräfte der Ukraine und der Russischen Föderation, also zweier ehemals sowjetischer Brudervölker, im offenen Krieg gegenüber.“ Das scheint eine korrekte Aussage zu sein, gegen die man nichts sagen kann. Aber stimmt es wirklich, dass dort einfach die Streitkräfte der Ukraine Russland gegenüber stehen? Was sind das für Streitkräfte? Sie sind aufgebaut, trainiert, bewaffnet und ihre Kriegsführung von den USA gesteuert. Es folgt der Satz, dass hinter der Ukraine die NATO stehe, die aber nicht direkt in Kampfhandlungen eingreife, aber die Regierung mit Geld und Waffenlieferungen unterstütze. Damit könnte man meinen, sei doch alles gesagt. Aber eigentlich wird hier etwas anderes herausgestellt, ohne zu sagen, dass das eigentlich wichtig ist: Die NATO greift nicht direkt in die Kampfhandlungen ein. Das ist nicht richtig, die ukrainische Armee ist eine NATO-Armee, sie ist von ihr ausgebildet und ausgerüstet. Die NATO leistet die Aufklärungsarbeit, die Ausarbeitung der Offensiven, etc. Desweiteren kämpfen Söldner der NATO-Länder unter voller Akzeptanz bzw. unter Organisation der NATO-Staaten in der Ukraine.

Wenn sich jemand mit allen Zeichen eines Clowns ausstattet (rote Nase, Perücke, große Schuhe, Pluderhosen, etc.) und einfach behauptet, er sei kein Clown; wenn er sich exakt so verhält wie ein Clown und lustige Nummern macht und behauptet, er sei kein Clown – dann ist er trotzdem ein Clown. So ist es mit der NATO-Mitgliedschaft der Ukraine – die USA behaupten, sie sei kein Mitglied, aber die Ukraine ist viel stärker in die NATO integriert als andere NATO-Staaten, die Armee ist eine NATO-Armee. Die Ukraine ist der Söldnerteil der NATO, war kurz vor Abschluss aller Bedingungen der Aufnahme und nur der formale Beschluss zur Aufnahme wurde ausgelassen, weil man seine Ziele ohne diesen Schritt ohnehin viel besser erreichen kann. Es ist ein Krieg der NATO gegen Russland und das Territorium der RF wird dabei auch ganz direkt angegriffen.

Aber die „Resolution“ spricht von all dem nicht und suggeriert, dass da ein Land ist, dass eben Geld und Waffen erhält in einem Krieg mit einem anderen Land. Es wird nicht einmal die Formulierung Stellvertreterkrieg benutzt, die sogar in bürgerlichen Veröffentlichungen zu lesen ist. Wenn man nun die von der „Resolution“ ausgemachte Kriegsursache – Russland will Großmacht sein und greift deshalb die Ukraine an – hinzuzieht, dann müsste klar sein, dass die Streitkräfte der Ukraine im Recht sein müssten.

Die Aussage im ersten Satz, dass es sich um einen Bruderkrieg handele, verstärkt das Bild, dass hier diese zwei Länder gegeneinander kämpfen. Aber es ist kein Bruderkrieg. Die Ukrainer ziehen für eine fremde Macht in einen Krieg gegen ihre Brüder – das muss man deutlich sagen, sonst erscheint es gerechtfertigt, dass sie gegen die Russen kämpfen, sich eben gegen die Invasion verteidigen. Aber sie verteidigen sich nicht gegen eine Invasion, sie kämpfen in Folge einer Invasion. Sie kämpfen im Auftrag der Herren, die in ihr Land 2014 (und bereits zuvor) einmarschierten und es übernahmen – nicht mit den eigenen Soldaten, sondern mit den von ihnen bezahlten Faschisten, mit Nadelstreifenträgern, Senatoren, Stiftungen, Medien, NGOs, Kulturschaffenden, einer ganzen Armee von Unterwanderern, „Influencern“ und Brandstiftern, die sie bei sich ausbildeten, einschleusten, vor Ort rekrutierten oder in anderen Ländern fanden. Die Invasion der USA ist die, die die Ukraine zu einem Kriegsgerät gegen Russland machte und zerstörte. In diesem Krieg stehen die Ukrainer und sterben für diese Auftraggeber – und töten in deren Auftrag ihre russischen Brüder. Und es ist auch ein Bruderkrieg, weil die von der NATO aufgehetzten Teile der ukrainischen Bevölkerung ihre russischen Brüder bekämpfen.

Die in der „Resolution“ folgenden Sätze über die Gewalttaten der NATO in anderen Ländern lenken davon ab, dass nicht gesagt wird, dass die NATO die Ukraine zu ihrem wichtigsten Manövergebiet gemacht hat, dass sie dort Biolabore aufgebaut hat zur Kriegsführung mit biologischen Kampfmitteln, dass sie die Ukraine hat verkünden lassen, das Budapester Memorandum aufzukündigen, dass US-Offiziere die Armee ausgebildet haben, dass die NATO die faschistischen Banden der Ukraine im Baltikum militärisch trainiert und bewaffnet hat für den Maidan-Putsch und für den Krieg gegen die Bevölkerung im Osten und Süden. Die USA haben über ihre Marionette Selensky den militärischen Aktionsplan zum Angriff auf die Volksrepubliken und die Krim verkünden und umsetzen lassen, die zur unvermeidlichen Niederlage der Volksrepubliken geführt hätte.

Die Täuschung der „Resolution“ besteht zu einem nicht unwesentlichen Teil darin, wichtige Dinge nicht zu sagen, stattdessen mit allgemeinen Phrasen gegen die NATO die eigentlichen Kernaussagen gegen Russland zu verzieren. Der angebliche Hauptfeind NATO wird aus der Schusslinie genommen, da helfen auch die verbalen Beteuerungen nichts.

Könnte „die Ukraine“ diesen Krieg ohne die NATO führen? Würde „die Ukraine“ diesen Krieg führen wollen? Ist der Krieg ohne den Putsch und ohne die USA denkbar? Nein.

Was ist „die Ukraine“? Sie gibt es seit 2014 nicht mehr – es gibt ein faschistisches Kiewer Marionettenregime, das auch einen Krieg gegen das eigene Volk führt!

Es sind die Waffen und das Geld der USA, es sind die Interessen der USA, es ist der Krieg der USA! Es ist also kein Krieg der Ukraine „mit“ Russland, sondern ein Krieg der USA gegen Russland.

„Die Ukraine fest in den westlichen Block zu integrieren und damit Russland von seinen europäischen Nachbarländern zu isolieren, galt als wichtiger Baustein der Eindämmung und Einkreisung Russlands.“ Die Ukraine soll nicht in einen Machtblock „integriert“ werden, sie soll zu einem Rammbock, zu einem Aufmarschgebiet gegen Russland gemacht werden, zu einem Söldnerland. Russland soll nicht von seinen Nachbarn „isoliert“ werden, es soll direkt bedroht werden, in seinem Zentrum bedroht werden. Die Ukraine ist die strategische Tiefe, das Gebiet, das man erobern muss, um Moskau erobern zu können. Wer Kiew hat, kann Moskau zwingen. Die ganze Formulierung der Resolution ist eine Verdrehung, ein Einseifen in die Logik, es gehe um „Machtblöcke“.

Es ist deshalb ein Einseifen in eine falsche Erzählung, weil es den USA explizit darum geht, Russland in Einzelteile zu zerlegen und es auszuschalten. Dazu soll der Staat schwach sein, das Land ethnisch aufgespalten und in Einzelrepubliken zerlegt werden und ökonomisch niedergedrückt werden. Das sind nicht nur die Träume einzelner Strategen, es ist der Kern der NATO-Strategie seit über zehn Jahren – einen Krieg gegen Russland zu führen. In unserem weiteren Klärungsprozess werden wir zu diesen Fragen unsere Arbeit vertiefen müssen. Was klar erkennbar ist, ist dass die „Resolution“ sehr widersprüchlich ist. Sie sagt, dass die NATO an die Grenzen Russlands vorrückt, andererseits behauptet sie ganz selbstverständlich, dass Russland nicht bedroht sei. Das ist einer der wunden Punkte nicht nur der ehemaligen Fraktion der KO und deshalb ein wichtiger Teil der weiteren Klärungsarbeit.

Der zentrale Satz der „Resolution“ befindet sich fast nebenläufig und versteckt in allerlei Aussagen: „Ernsthafte Hinweise auf eine unmittelbare und existenzielle Bedrohung Russlands durch die NATO sehen wir nicht (…).“ Damit ist die zentrale Frage, die konkret beantwortet werden muss, einfach beiseite gewischt. Alle Argumente, Fakten, Hintergründe, die in der bisherigen Diskussion angeführt wurden, werden nicht einmal erwähnt geschweige denn darauf eingegangen.

In der „Resolution“ wird unter dem hier behandelten Abschnitt eine Beschreibung der Entwicklung in der Ukraine seit 2004 vorgenommen. Wesentliche Teile der Entwicklung werden dann aber unter dem Abschnitt „Die Herrschaft der schwärzesten Reaktion“ benannt und damit aus dem Zusammenhang gerissen, in dem sie eigentlich stehen. Das Massaker von Odessa wird nicht als Strafaktion gegen die Autonomiebestrebungen benannt, sondern als Terror von Faschisten gegen politische Gegner. Das Massaker von Mariupol und viele weitere werden gar nicht genannt.

In dem hier behandelten Abschnitt „Unser Hauptfeind…“ wird auf die Entwicklung des Putsches und der Gegenproteste eingegangen. „Die Gegenproteste in der Süd- und Ostukraine, die anfangs vor allem durch die antirussische Nationalitätenpolitik sowie die Rehabilitierung des Faschismus durch die Kiewer Regierung motiviert waren, führten im Donbass zur Abspaltung der ‚Volksrepublik Donbass‘ und der ‚Volksrepublik Lugansk‘.“

Dieser Absatz beinhaltet vor allem eines: Keine klare Positionierung, aber eine mindestens versteckte Distanzierung und zwar von den Volksrepubliken und der antifaschistischen Bewegung. Das Wörtchen „anfangs“ ist hier von Bedeutung. Denn die Frage, was sie dann waren oder nicht mehr waren, wird nicht beantwortet, stattdessen wird von Abspaltung der Volksrepubliken gesprochen, aber kein Wort dazu gesagt, ob das nun ein gutes Ergebnis war oder nicht. In den Diskussionen der letzten Monate und in den Positionen der KKE und anderen Parteien ist die Sache klar: Die Volksrepubliken seien gar keine und nur Instrumente des russischen Imperialismus, der die anfangs antifaschistisch, also vermutlich gerechtfertigten Proteste ausgenutzt habe. Das ist also die Botschaft der „Resolution“: Anfangs ganz gut, dann Abspaltung und Anführungszeichen – in diese werden die Volksrepubliken gesetzt und damit sollte wohl schon klar sein, dass man sich davon distanziert.

Aus meiner Sicht ist das ein krasser Vorgang, denn es war ein völkerrechtswidriger Krieg des Kiewer NATO-Regimes gegen die eigene Bevölkerung. Es war ein faschistischer Krieg gegen die Menschen, die sich dem Faschismus entgegen gestellt haben. Es war ein Völkermord, weil eigene Bürger mit Militär beschossen wurden, die als Feinde definiert wurden, weil sie Russen sind! Die Errichtung der Volksrepubliken und das Zurückschlagen des Faschismus durch sie war ein großer Erfolg. War das bereits aus Sicht der „Resolution“ „nicht unser Krieg!“? Weil die Antifaschisten Russland um Hilfe gebeten haben und Teil Russlands sein wollten und das aus Sicht der „Resolution“ „sich auf eine Seite stellen“ heißt und deshalb abzulehnen sei?

Weiter geht es damit, dass die Kiewer Regierung diese Gebiete militärisch zurückerobern wollte. War das gerechtfertigt? Weiter heißt es, die Kiewer Regierung wurde vom Westen in diesem „laufenden Krieg“ unterstützt und eine Lösung „des Konflikts“ verhindert.

Was war das für ein Krieg? Wie ist er zu beurteilen? Nichts dazu zu lesen.

Stattdessen: Die Kriegsgefahr wurde erhöht, weil Russland etwas nicht akzeptieren würde: „Dass eine an die NATO angebundene Ukraine für die russische Regierung nicht akzeptabel sein würde, dass jeder Schritt in diese Richtung die Gefahr eines Krieges erhöhen würde, war den herrschenden Kreisen im Westen bewusst und sie haben an ihrem aggressiven Kurs bewusst festgehalten.“ Was heißt das? Die Kriegsgefahr besteht eigentlich darin, dass die russische Regierung etwas nicht akzeptiert? Dass die NATO an ihrem Kurs festgehalten hat, obwohl die Kriegsgefahr bestand? Die NATO hat den Krieg vorbereitet und 2014 begonnen zu führen! Sie hat nicht an etwas festgehalten, obwohl sie etwas wussten, sondern weil ihr Kurs der Krieg gegen Russland ist.

So endet der Abschnitt mit der großen Ankündigung „Unser Hauptfeind der deutsche Imperialismus und die NATO“ und es klingt auch ganz so, als sei man hier gegen die NATO positioniert – aber eben auch gegen Russland, dessen Nicht-Akzeptanz die Kriegsgefahr erhöht bzw. erst hergestellt habe. Eine schöne Gegnerschaft für die NATO.

„Die Herrschaft der schwärzesten Reaktion“

In diesem Abschnitt wird von „schwärzester Reaktion“ gesprochen, um wovon nicht zu sprechen? Vom Faschismus in der Ukraine. „Während in der Zeit nach dem Putsch Minister der faschistischen Partei Swoboda sogar Teil der Regierung waren, kooperierten die folgenden Regierungen auch später noch mit den verschiedenen faschistischen Gruppen, insbesondere mit dem Regiment Asow im Rahmen des Bürgerkriegs gegen den Donbass.“ Damit soll gesagt werden, dass die Regierung nicht faschistisch sei, denn die Parteien seien nur am Anfang und nur zum Teil faschistisch gewesen. Die Regierung kooperiere also lediglich mit faschistischen Gruppen.

Wir werden zum Faschismus in der Ukraine (ich nennen ihn so, weil er das aus meiner Sicht ist) noch Arbeit leisten müssen und können dabei auf viele Analysen zurückgreifen. Mir geht es hier darum, aufzuzeigen, wie die tatsächlichen Verhältnisse zurechtgebogen werden, um gar nicht erst auf den Gedanken zu kommen, dass es hier um einen Kampf gegen den Faschismus gehen könnte.

Aus meiner Sicht wird damit ein völlig oberflächliches Verständnis von Faschismus vertreten. Es kommt auf die konkrete Politik der Regierung an, nicht in erster Linie auf die ideologische und symbolischen Zeichen ihrer Parteien. Der Krieg gegen die eigene Bevölkerung im Donbass, die Vorbereitung des Kriegs gegen Russland, die Bekämpfung alles Russischen – das ist der faschistische Inhalt der Regierung, ganz egal ob die Parteien sich noch liberal geben. „Kooperieren“ ist eine völlige Verdrehung und Verharmlosung davon, dass die faschistischen Horden zentraler Bestandteil der Kriegsführung sind, dass sie für die Pogrome gezielt eingesetzt und gelenkt wurden, sie wurden dann sogar zum regulären Teil der Nationalgarde. „Der Terror der Faschisten gegen politische Gegner wurde vom Staat gedeckt; das Massaker im Haus der Gewerkschaften von Odessa am 2. Mai 2014, bei dem nach offiziellen Angaben 28 Menschen durch Neonazis umgebracht wurden, wurde nicht aufgeklärt und niemand verurteilt“ heißt es einen Satz später. Auch das ist eine Verdrehung und Verharmlosung: Die faschistischen Banden wurden zentral und koordiniert vom Befehlshaber der „Anti-Terror-Operation“ eingesetzt und kommandiert. Es war nicht einfach ein Kampf zwischen Faschos und politischen Gegnern, es war eine Strafaktion gegen die Bevölkerung, um sie von Separation abzuhalten und zu unterwerfen.

Im Abschnitt heißt es weiter: „Seit dem russischen Einmarsch vom 24. Februar 2022 hat sich der autoritäre Charakter der ukrainischen Regierung verschärft (…).“ Hier muss man wissen, dass in den Diskussionen sehr häufig gesagt wurde, die Invasion habe nur zur Festigung und Stärkung der Faschisten geführt und nicht ihrer Bekämpfung gedient. Eine einfache Verdrehung von Ursache und Wirkung. Man könnte fast sagen: Russlands Einmarsch ist schuld daran, dass die ukrainische Regierung so schlimm ist.

Die ukrainische Regierung ist scharf zu verurteilen und jede Unterstützung für diese Regierung zu bekämpfen, dies gilt aufgrund der starken Abhängigkeit der Ukraine von EU und NATO gerade für uns als Kommunisten in Deutschland. Es zeigt die Heuchelei und Verlogenheit der westlichen Propaganda auf, indem der Autoritarismus in Russland angeprangert, in der Ukraine aber geleugnet und relativiert wird.“

Hier wird also gesagt, die ukrainische Regierung sei zu verurteilen, aber die westliche Propaganda heuchele, weil sie nur die Regierung in Russland verurteile, aber nicht die der Ukraine. Das heißt, sowohl die ukrainische als auch die russische Regierung seien zu verurteilen. Dass hier der Begriff „autoritär“ benutzt wird, weist auf die äquidistante Verschleierung dessen hin, dass es sich in der Ukraine um Faschismus handelt und in Russland eben nicht. Wenn man aber beide dem „Autoritarismus“ oder der „schwärzesten Reaktion“ zuordnet, dann kann man auch beide gleichermaßen verurteilen.

In Russland gibt es auch Repressalien gegen Kommunisten, beispielsweise bei Wahlen. Aber sowohl KPRF als auch RKAP können legal agieren und betonen selbst, dass jede Gleichstellung der Systeme in Russland und der Ukraine der Verharmlosung des Faschismus in der Ukraine dient. Dort werden Kommunisten verboten, verfolgt und viele von ihnen sind ermordet worden. Aber auch was andere politische Fragen anbetrifft, ist eine Gleichstellung unzulässig. Die RF betreibt keine rassistische Politik gegenüber anderen Nationalitäten, sondern betont die Zusammengehörigkeit verschiedener Nationalitäten innerhalb der RF. Die Aussagen Putins zur Nationalitätenpolitik der Bolschewiki sind falsch und entsprechen nicht den historischen Tatsachen, aber das ändert nichts daran, dass die RF im Gegensatz zum Kiewer Regime keinen Rassenhass verbreitet.

Aber diese Aussage bildet plastisch vor allem eines ab: Den Reflex. Es ist der Reflex vieler deutscher Linken. Sobald es um den Faschismus in der Ukraine geht, wird gesagt: Aber was ist mit Russland! Auf dem Kommunismus-Kongress in der Diskussion mit Susann Witt-Stahl war genau dieser Reflex aufgetreten und wurde von ihr präzise auf den Punkt gebracht und kritisiert. Das Ergebnis könnte fataler kaum sein, denn es ist vor allem die Relativierung und Deckung des Faschismus, der von hier (und den USA) aufgebaut und gefördert wurde und der hier mit Slawa Ukraini-Rufen im Bundestag und sonstwo Einzug hält.

„Der Kampf um die Neuaufteilung der Welt“

Wurden bereits die Verhältnisse und Tatsachen zum Ukrainekrieg verdreht, so muss es auch mit den „Hintergründen“ geschehen, mit der „Weltordnung“, in die sie eingeordnet werden. Dazu wird diese auf völlig abstrakter Ebene beschrieben und auf dieser zugleich nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend, sondern so wie es in die von diesen distanzierte Position passt.

„Das imperialistische Weltsystem ist eine globale Weltordnung, innerhalb derer

kapitalistische Monopole und die mit ihnen verbundenen Staaten miteinander um die Aufteilung des Mehrwerts, der aus der Ausbeutung der internationalen Arbeiterklasse

gewonnen wird, aber auch um die Kontrolle strategisch wichtiger Territorien, Rohstoffe usw.

konkurrieren. Die ökonomische Grundlage des Imperialismus, der monopolistische Kapitalismus, hat sich dabei fast überall auf der Welt durchgesetzt.“

Damit wird erstmal eine Beschreibung vorgenommen, die bereits eine Gleichstellung vornimmt: kapitalistische Monopole und ihre Staaten überall. Sie konkurrieren um die Aufteilung des Mehrwerts, der aus der Ausbeutung der Arbeiterklasse international gewonnen wird. Also: Türkische Monopole ringen mit US-amerikanischen Monopolen um die Ausbeutung der internationalen Arbeiterklasse? Also, alle beuten die Klasse aus und kriegen vermutlich eben größere oder kleinere Stücke vom Kuchen. Das ist nichts anderes als die völlige Verwischung der Ausbeutung der Arbeiterklasse durch die Monopole des Westens, die eine völlig andere Machtstellung, völlig andere Herrschaft ausüben. Sie haben eine andere Qualität, weil sie eine andere Quantität erreicht haben in den letzten einhundert Jahren.

Es ist die Negierung der Herrschaft einiger weniger Länder, die seit über 100 Jahren eine ökonomische und politische Macht errungen haben, an die niemand heranreicht. Mit der Aussage, dass die „ökonomische Grundlage des Kapitalismus“ sich „fast überall auf der Welt durchgesetzt hat“, wird diese Gleichstellung eines vor allem von Herrschaft geprägten Systems umschrieben.

Nun wird aber eingewendet – und das muss geschehen, weil es in der KO genau um diese Frage eine kontroverse Diskussion gab, dass es „riesige Unterschiede zwischen der Stärke der Länder, die an der Spitze oder unten in der Rangordnung stehen“ gäbe. Worin werde diese Unterschiede nun fest gemacht? In „qualitativ unterschiedlichen Möglichkeiten zur Ausübung von Einfluss“. Das ist eine interessante Umschreibung der brutalen Herrschaft einiger weniger Länder, die in der Lage sind, ganze Länder in Schutt und Asche zu legen. Denn es stimmt: „Einfluss ausüben“ – das können ziemlich viele Länder, eben nur in unterschiedlichem Ausmaß. Länder ökonomisch ausbeuten, in die Knie zwingen, zerstören und in Abhängigkeit halten – das können wohl ziemlich wenige Länder.

Es wird ausgeführt, worin diese Möglichkeit bestehen solle: „beispielsweise in der Verfügung über Massenvernichtungswaffen und strategisch bedeutsame Waffensysteme wie Flugzeugträger,der Existenz weltweit marktbeherrschender Monopole, einer international verwendeten Währung wie dem Dollar oder Euro, eigene Industrien in hochtechnologischen Branchen und eigene Rüstungsindustrie, auswärtige Militärbasen usw.“ Diese Formulierung reiht sehr unterschiedliche Dinge aneinander und besteht vor allem lediglich in der Benennung von einzelnen Faktoren, aber nicht in der Benennung von Verhältnissen.  

Flugzeugträger haben einige Staaten – aber wer hat wieviele und wer hat sie wo eingesetzt gegen wen? Bedeutsame Waffensysteme haben ebenfalls mehrere Staaten, aber wer hat welche in welcher Dimension und wo hat er sie stationiert mit welchem Ziel? Massenvernichtungswaffen (also beispielsweise Atomwaffen) haben ebenfalls sehr unterschiedliche Staaten, aber wer hat welche mit welchem Ziel und wer hat sie schon mal eingesetzt, wer arbeitet daran, die der anderen erfolgreich auszuschalten? Weltweit marktbeherrschende Monopole können ebenfalls sehr viele verschiedene Sachen sein – ein großes Weizenmonopol hat weltweit eine völlig andere – nämlich nahezu unbedeutende Rolle im Vergleich zu Finanzmonopolen, die über die Kapitalströme FÜR ALLE diktieren können. Auswärtige Militärbasen haben ebenfalls verschiedene Staaten, aber hier dürfte wohl am augenfälligsten sein, was mit einer solchen Aneinanderreihung bezweckt werden kann: Nur ein Land hat hunderte und überall dort, wo es sie zum Zerstören ganzer Länder einsetzen will und auch einsetzt: Die USA. Die Aufzählung der Leitwährung(en) könnte selbst die Autoren stutzig machen: Es gibt nur eine (Dollar)! Und die, die man als potentielle hinzufügen könnte (Euro), wird gerade von der Nummer Eins ziemlich unter Druck gesetzt. Das könnte also aufzeigen, dass es eben nicht geht, einfach eine Aufzählung aller möglichen Faktoren vorzunehmen, denn dann versteht man das Verhältnis nicht. Man könnte auch kurz zusammenfassen: Was hier wegaufgezählt wird, ist der einfache Fakt, dass die USA eine enorme Machtstellung auf all diesen Gebieten haben und dass sie die einzige Macht sind, die in der Lage ist, diese Herrschaft auszuüben.

Entscheidend ist also die Gleichzeitigkeit, sowohl Waffensysteme zu haben, wie auch Monopole und Leitwährung, etc. Leitwährung geht nur mit hunderten Militärbasen, Massenvernichtungswaffen, die auch eingesetzt werden. Dieser Vorgang lässt sich nicht einfach wiederholen, also er kann nicht von einem anderen Land einfach hergestellt werden. Das ist nicht mit Gesetzmäßigkeit gemeint. Es ist ein historisch konkreter Vorgang. Auch dazu werden wir die Diskussion und die Fragestellung systematisch darstellen und daran arbeiten müssen.

Was in dieser „Resolution“ desweiteren geschieht, ist, dass eine ganz andere, vielleicht viel entscheidendere Rivalität nicht benannt wird, obwohl sie bereits Gegenstand unserer Diskussionen ist. Die USA sind sogar in der Lage und bereit dazu, ihrem „engsten Verbündeten“ die Energiezufuhr wegzusprengen – jeder weiß es und niemand darf es sagen, ein peinliches Tabu, das doch so viel über die Verhältnisse sagt. Ein vielleicht entscheidender Hintergrund des Kriegs der USA gegen Russland dürfte der sein, eine mögliche engere Verbindung zwischen EU und RF zu verhindern. Das wäre ökonomisch und politisch eine Bedrohung für die Vormachtstellung der USA. Eventuell geht es also eigentlich darum, dem ökonomisch potentesten Rivalen BRD zu schaden und ihn in die Schranken zu weisen.

Um jeglichen Gedanken, der vielleicht angesichts der Realität aufkommen könnte, schnell zu unterbinden, werden diese zuvor gar nicht richtig benannten Unterschiede als eigentlich irrelevant bezeichnet, außer für die „Analyse der globalen Politik“: „Diese Unterschiede sind für die Analyse der globalen Politik keinesfalls zu unterschätzen, sie bedeuten allerdings nicht, dass der gesellschaftliche Charakter der schwächeren und stärkeren Staaten qualitativ zu unterscheiden wäre, denn auch in den schwächer entwickelten kapitalistischen Ländern herrschen die Gesetzmäßigkeiten des Monopolkapitalismus.“ Also auf keinen Fall eine qualitative Unterscheidung, weil alles Kapitalismus. Was bedeutet diese Aussage? Sie soll eine klare Ablehnung davon sein, dass irgendeine kapitalistische Regierung unterstützt werden dürfe oder es gar ein Bündnis mit Teilen der Bourgeoisie geben könne.

Das war das am meisten vorgebrachte Argument in der Diskussion der vergangenen Monate. Es hat skurrile Blüten getrieben, bis hin dazu, dass es immer darum gehen müsse, die Regierung zu stürzen, Destabilisierung gut sei, etc. etc. Auf dem Kommunismus-Kongress führte es zu der Aussage: Russland ist unser Feind, denn es sei ja ein kapitalistischer Nationalstaat! Man dürfe deshalb auch nicht zwischen verschiedenen Teilen der Bourgeoisie unterscheiden und zwar nirgendwo! Es ist das alte trotzkistische „Klasse gegen Klasse“, das stets an die Seite der NATO führt, wie zuletzt in Syrien, wo es dann unter dem Label „Adopt a revolution“ heißt: Sturz des Assad-Regimes – ganz im Sinne der USA. Deshalb wird die KPRF als chauvinistisch beschimpft, weil sie einen Weg sucht, den Russland gehen muss, um sich zu verteidigen und zu befreien und unter diesen Bedingungen sich dann auch die Frage des Verhältnisses zur Regierung stellt. Und selbstverständlich gibt es meilenweite Unterschiede zwischen Jelzin und Putin! Wer das nicht erkennt, will es nicht sehen und den interessiert die konkrete Lage und Bedingungen des russischen Volkes und der russischen Arbeiterklasse einen feuchten Dreck. Der akzeptiert, dass es Regierungen gibt, die ihr Land mit Haut und Haaren dem Westen ausliefern und dies Elend und Demütigung für das Volk bringen.

Das ist der platteste Ökonomismus, der aus dem Imperialismus das entscheidende Merkmal löscht: Die Herrschaft einiger weniger Staaten. Er schaltet erst auf scheinbar „korrekter“ ökonomischer Ebene (Ringen aller Beteiligten um Mehrwert!) alle gleich, um dann alles unter der Formel – Gesetzmäßigkeiten des Monopolkapitalismus ad absurdum zu führen.

In dieses verzerrte Bild wird nun „eingeordnet“. Die heutige Weltlage sei durch das Aufsteigen Chinas und anderer Länder und damit der Bedrohung der Vorherrschaft der USA gekennzeichnet. Um den Abstieg aufzuhalten, gehe der Westen aggressiv gegen die Hauptrivalen Russland und China vor und kreise sie ein, verhänge Sanktionen, um den Handlungsspielraum einzuschränken. Dabei wird meist massiv übertrieben und die konkrete Lage Chinas und Russlands (sowohl ökonomisch als auch militärisch) kaum beachtet. Aber selbst wenn man dem zustimmen würde, dass diese Länder „aufsteigen“ und dass die enorme Machtstellung der USA sich zu verändern beginnt: Müsste man dann nicht dennoch anerkennen, dass diese Länder sich zurecht gegen die Drangsalierung, Bedrohung, Unterwanderung, ökonomische und psychologische Kriegsführung des Westens wehren?

Könnte man daraus nicht schlussfolgern, dass diese Staaten die Notwendigkeit haben, sich gegen diese Aggression zu verteidigen. Aber da es sich um vorher definierte imperialistische Rivalen handeln soll, spielen Souveränität, Selbstbestimmung, Verteidigung und Widerstand gegen die Aggression des Westens keine Rolle mehr. Und das obwohl alle Fakten zu der Zielstellung der NATO, Krieg gegen Russland zu führen und dieser seit mehr als zehn Jahren vorbereitet wird, auf dem Tisch liegen und für die ganze Welt offen sichtbar sind, obwohl diese eine Dimension erreicht haben, die selbst in bürgerlichen Kreisen die Erkenntnis hervorbringt, dass Russland gar nicht mehr anders handeln konnte, wenn es nicht die eigene Sicherheit völlig aufs Spiel gesetzt hätte. Trotz dieser ganzen Tatsachen darf es sich nicht um Verteidigung handeln. Niemand konnte bisher die Frage ernsthaft beantworten, welche Optionen Russland noch gehabt hätte. Alle Versuche der Diplomatie, der Verhandlungen, das Zugeständnis Minsk, alle Warnungen wurden vom Westen nicht nur abgetan, sondern mit weiterer Eskalation beantwortet.

Mit der Herangehensweise der „Resolution“ macht man sich zum Apologeten der herrschenden Ordnung des Imperialismus. Seine Veränderung, wenn sie von kapitalistischen Staaten ausgeht, bringe keine Verbesserung, im Gegenteil führe sie zu Krieg. Deshalb sei es für die Arbeiterklasse dann schon besser, wenn es alles so bleibt wie es ist, oder eben Sozialismus gibt. Es gibt Vorstellungen der multipolaren Weltordnung, die mit Illusionen verbunden sind, das ist Fakt. Aber es ist auch Fakt, dass wenn die Arbeiterklasse und Völker der unterdrückten Länder nicht mehr einer geschlossenen Front der Unterdrücker gegenüberstehen, sondern andere Optionen haben, ihr Kampf bessere Bedingungen hat. Und aus meiner Sicht führt auch das russische Volk, die russische Arbeiterklasse einen Kampf gegen ihre Unterdrückung und angedrohte Vernichtung durch den Westen. Darauf reagierten die Autoren der „Resolution“ mit Geschrei und Beschimpfung „Putinist“, konnten aber kein einziges der Argumente widerlegen, sondern wischen es einfach beiseite: Kein Anlass zur Verteidigung.

Der Kampf für Sozialismus wird in der Logik der „Resolution“ zu einer Farce, zu einer reinen Proklamation. Er wird nicht verbunden mit den gegebenen Bedingungen und wie man auf diese reagieren muss bzw. wie man darin den Weg zum Sozialismus erkämpfen muss und auch welche Bündnispartner dafür in Frage kommen. Diese Frage stellt sich natürlich auch für die imperialistischen Zentren, allerdings unter den dort gegebenen Bedingungen. Damit stellt sich die Frage der Strategie für die Länder hier und da sehe ich keine Möglichkeiten für ein Bündnis mit Teilen der Bourgeoisie und denke weiterhin, dass Übergangsvorstellungen einer antimonopolistischen Demokratie oder ähnliches nicht richtig sind. Aber die Kritik an diesen Vorstellungen kann erst dann wirklich produktiv werden, wenn man versucht andere konkrete Wege zum Sozialismus auch hier zu entwickeln. Die Kritik sollte meiner Ansicht nach nie darin bestehen, einfach zu sagen: Sozialismus. Das wäre eine Plattheit. Für Länder, die vom Westen bedroht und in ihrer Entwicklung angegriffen werden, die in starker Abhängigkeit stehen, ist die Frage des Bündnisses mit Teilen der Bourgeoisie auf jeden Fall gegeben und muss konkret beantwortet werden und schließt natürlich nicht den Klassenkampf aus – es ist eine Form des Klassenkampfs. Revisionistisch wäre es, den Klassenkampf abzuschwächen, von Friedensfähigkeit zu sprechen oder einer Konvergenz der Systeme das Wort zu reden, etc.

Die „Resolution“ der ehemaligen KO-Fraktion findet einen Ausweg, um diese Fragen nicht beantworten zu müssen. Russlands „Invasion“ wird kurzerhand zu einer imperialistischen Maßnahme definiert. „Die Invasion Russlands in der Ukraine war eine Maßnahme des russischen Imperialismus, um dem entgegenzuwirken und die Machtstellung Russlands zu untermauern. Möglich wurde der Krieg durch die kapitalistische Konterrevolution in der Sowjetunion, durch die Zerstörung des Sozialismus, der ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen Völker über Jahrzehnte hinweg ermöglicht hat, die heute wieder in verschiedenen blutigen Kriegen (Ukraine, Aserbaidschan-Armenien, Kirgistan-Tadschikistan, Tschetschenien, Transnistrien) aufeinander gehetzt werden, um sich gegenseitig niederzumetzeln.“

Dieser Absatz hat es in sich. Eigentlich müsste hier die sehr weitreichende Aussage, dass es sich um eine imperialistische Aggression Russlands handele, nachgewiesen werden. Dass es also gar nicht um Bedrohung geht, gar nicht um Faschismus, gar nicht um Verteidigung, sondern, dass hier ein Plan der RF umgesetzt wird, die Rohstoffe, Transportwege, etc. der Ukraine zu sichern. Das funktioniert kaum und die Vertreter dieser These haben in den vergangenen Monaten keinen Beweis für diese Behauptung erbracht. Sie haben nur eines gemacht: Alle Argumente und Behauptungen, dass es sich um eine Verteidigung der nationalen Souveränität und um einen Kampf gegen den NATO-Faschismus in der Ukraine handele, beiseite gewischt, die Tatsachen verdreht und geleugnet.

Mit der Aussage werden der RF gleich alle Kriege der Region zugeschustert: Konterrevolution in der SU, Machtanspruch des russischen Imperialismus, blutige Kriege Russlands. Da ist dann schon gar nicht mehr die Rede von der Rolle der USA und der NATO, ihre Putsche und Unterwanderungen. Die Formel könnte lauten: Die Konterrevolution in der SU hat den blutigen russischen Imperialismus entfesselt. Denn wer sonst sollte in den in Klammern genannten Ländern sonst für die Kriege verantwortlich sein als der größte Nachfolger der SU, der in der Logik der Autoren der „Resolution“ imperialistisch agiert?

Eine weitere Möglichkeit, die die „Resolution“ gar nicht erst in Betracht zieht, die aber Teil der Diskussion ist, wäre, zuzugestehen, dass beides möglich sein könnte: Der Versuch russischer Oligarchen, ihren Einfluss auszuweiten und sich Optionen offen zu halten und der gerechtfertigte Kampf gegen den Faschismus. So argumentiert die RKAP und führt das aus. Ich halte die Behauptung, Russland würde hier agieren, um seinen „imperialistischen“ Einfluss auszuweiten, für nicht richtig und habe noch keine guten Belege dafür gefunden. Aber die Argumentation muss unbedingt Teil unseres Klärungsprozesses sein und genau so überprüft werden, wie andere.

Worum es bei dieser Argumentation geht: Es kann auch ein imperialistischer Staat und trotzdem Verteidigung sein, wie auch andersrum. Die „Resolution“ behauptet, es sei alles auf Grundlage ihrer (vermeintlichen) Allgemeinplätzen selbsterklärend. Die tatsächliche Genese und Vorgeschichte des Kriegs interessiert nicht weiter, ist nur etwas für bürgerliche Geopolitiker. Aber selbst wenn nachgewiesen wäre, dass es sich um eine Verteidigung Russlands handele, haben wir damit die Imperialismusfrage noch nicht geklärt, wenn auch entscheidende Hinweise bekommen. Man kann auch zusammenfassen, dass was in der „Resolution“ gemacht wird, ist keine Behandlung der „Imperialismusfrage“, sondern ein Zurechtbiegen für die Position zum Krieg. Denn was immer notwendig ist und wo man sich auch nicht mit allgemeinen Aussagen und Leninzitaten drum herum mogeln kann, ist: Eine konkrete Analyse der konkreten Situation! Und einfach die Logik des ersten Weltkriegs zu übertragen, ist eine solche Dummheit. Als Beispiel für die konkrete Analyse der konkreten Situation sei hier kurz ein Text von Stalin angeführt. In einer Rede in der Wählerversammlung des Stalin-Wahlbezirks der Stadt Moskau 1946 geht Stalin sowohl auf den grundsätzlichen Charakter des imperialistischen Weltsystems ein, als auch auf die unterschiedlichen Charaktere des ersten und zweiten Weltkriegs. Statt eines längeren Zitats empfehle ich die Lektüre des ganzen Textes (Stalin Werke, Band 15, S. 33 ff.).

„Der Krieg in der Ukraine – nicht unser Krieg!“

Der vorletzte Absatz bringt die ganze Weltsicht dieser Resolution auf den Punkt.

„Der Krieg in der Ukraine bedeutet wie jeder Krieg massive Zerstörung und den gewaltsamen

Tod Zehntausender Menschen. Er birgt zudem aber die Gefahr, in einen Dritten Weltkrieg, also in einen offenen zwischenimperialistischen Krieg zwischen der NATO und Russland, zwischen den führenden Atommächten der Erde zu eskalieren. Ein solcher Krieg droht, große Teile der Menschheit zu vernichten und mindestens Europa in einen Friedhof zu verwandeln. Die Arbeiterklasse und Völker aller Länder müssen Seite an Seite gegen die Gefahr eines solchen Schreckensszenarios kämpfen.“

Zunächst wird hier der Krieg auf eine allgemeine Ebene des Schreckens gehoben und damit jegliche Hintergründe ausgeblendet. Denn wenn es heißt „Der Krieg in der Ukraine bedeutet wie jeder Krieg massive Zerstörung und den gewaltsamen Tod Zehntausender Menschen“, dann wird noch einmal unterstrichen, dass es sich auf keinen Fall um einen Kampf gegen den NATO-Faschismus handeln könne. Die Aussage ist an sich eine Nullaussage, da Krieg immer Tod und Zerstörung mit sich bringen muss. Die Aussage macht nur Sinn, wenn negiert werden soll, dass ein Krieg auch Befreiung mit sich bringen kann – in dem Fall vom Faschismus und der NATO-Aggression.

In der weiteren Aussage wird erneut die Frage, wer bedroht wen, wer greift wen an, weggewischt und in ein allgemeines Schreckensszenario verwandelt. Damit landet man auf dem Niveau der am wenigsten fortgeschrittenen Teile der Friedensbewegung, die zwar Frieden wollen, aber nicht bereit sind, Ross und Reiter der Kriegstreiberei zu nennen. Es ist nicht einfach ein „Konflikt“ zwischen zwei Streithähnen, sondern es ist die NATO, die den dritten Weltkrieg heraufbeschwört. Es sind die USA und die NATO, die den dritten Weltkrieg anzetteln bzw. die Welt mit Krieg überziehen. Genau diese klare Aussage vermeidet der Text. Laut der „Resolution“ bedroht die NATO nicht einmal Russlands Existenz. Das heißt dann in der Schlussfolgerung, dass Russland unnötigerweise die Sache eskaliert, denn es ist ja gar nicht bedroht. Und nun sollen sich die „Arbeiterklasse und Völker aller Länder Seite an Seite gegen die Gefahr eines solchen Schreckensszenarios stellen“. Gegen welches genau? Gegen die Aggression der NATO gegen Russland? Der Text hat bisher dargelegt, dass es Russland ist, dass imperialistisch invadiert, nicht die NATO. Gegen beide „Streithähne“? Also dann vielleicht den Rückzug der RF aus der Ukraine fordern, damit die Eskalation aufhört? Das wäre aus der Logik der Resolution die richtige Schlussfolgerung. Diese zieht man nicht, weil dann vielleicht zu klar werden würde, dass man für den Sieg der NATO und ihres Faschismus eintreten würde.

Weiter geht es im Text mit der Aufzählung der Schäden und Schrecken des Kriegs, der auf dem Rücken der Volksmassen ausgetragen wird. Auch hier wird im allgemeinen pazifistischen Gerede weggewischt, dass große Teile der Ostukraine diesen Krieg als Befreiung erleben und zwar zu Recht. Es wird auch ausgeblendet, dass das faschistische Kiewer Regime eine schwere Unterdrückung für die gesamte Ukraine und vor allem für die Arbeiterklasse ist, von der sie sich nicht selbst befreien kann. Der Krieg wird entpolitisiert und das Schrecken, das es natürlich gibt aus dem realen Zusammenhang gerissen, in dem es steht. Es stellt auch beide kriegführenden Seiten gleich, was angesichts der Kriegsführung des Kiewer Regimes seit acht Jahren ein Hohn ist.

Wie sehr die Argumentation der Resolution der westlichen Kriegslogik nahekommt, sieht man an folgender Stelle: „Sie (die Volksmassen) zahlen durch einen massiv sinkenden Lebensstandard und steigende Lebenshaltungskosten – in Russland infolge der westlichen Sanktionen, in der Ukraine durch den Krieg und die gezielte Zerstörung der Infrastruktur, in Westeuropa durch die Einstellung des Gashandels mit Russland.“ Hier wird alles aus dem Zusammenhang gerissen und nur noch als schlimme Dinge dargestellt, die über das Volk kamen. Die westlichen Sanktionen sind Teil der Kriegsführung gegen Russland – wird hier nicht benannt. Die Einstellung des Gashandels ist das ebenfalls – wird hier nicht benannt. „Der Krieg“ und die die Zerstörung von Infrastruktur in der Ukraine ist eine Folge des von der NATO begonnenen Kriegs gegen Russland, in den es eintreten musste. Da hier aber der tatsächliche Zusammenhang nicht genannt wird, stellt sich für interessierte Leser vielleicht die Frage, ob das denn nicht sehr unterschiedliche Dinge seien und der Krieg wohl das schlimmste sei und deshalb die Sanktionen nicht vielleicht auch notwendig und die Waffenlieferungen vielleicht auch, denn es handelt sich ja laut „Resolution“ um eine russische feindliche Invasion. Warum sollte sich die Ukraine nicht dagegen verteidigen dürfen?

Die Argumentation der „Resolution“ ist auch hier widersprüchlich. Auf der einen Seite ist es ein imperialistischer Krieg zwischen Ukraine und Russland, auf der anderen Seite eine imperialistische Invasion Russlands. Hat die Ukraine also nun das Recht auf Selbstverteidigung oder nicht aus Sicht der „Resolution“? Oder sucht man auch hier den Ausweg in der einfachen Losung, der Krieg müsse in einen Bürgerkrieg gegen die Bourgeoisie verwandelt werden? Wenn man, wie die „Resolution“ die NATO de facto rausrechnet und somit den Aggressor, wird man in diesen Widersprüchen verfangen bleiben und im schlimmsten Fall dort enden, dass man das Verteidigungsrecht der Ukraine unterstützt. Spätestens dann, wird man wohl kaum mehr die Waffenlieferungen der NATO ablehnen können und auch nicht die Asow-Einheiten, die eben auch verteidigen.

In der „Resolution“ heißt es: „Und politisch zahlen sie auch, indem in allen beteiligten Staaten demokratische Rechte abgebaut werden, die chauvinistische, militaristische und nationalistische Verhetzung der Massen intensiviert wird und faschistische Gruppierungen durch ihre Rolle im Krieg weiter an Einfluss gewinnen.“ Hier wird mal eben, wie schon oben gezeigt, der Faschismus der Ukraine mit dem politischen System der RF gleich gestellt.

Der gesamte folgende Absatz macht klar, dass Russland nur und ausschließlich aus chauvinistischen Großmachtinteressen handelt und explizit nicht aus Verteidigungsgründen: „Der russische Staat legitimiert den Krieg mit chauvinistischer Propaganda, in der die Existenz einer ukrainischen Nation infrage gestellt, die internationalistische Nationalitätenpolitik der Bolschewiki verunglimpft und die Größe Russlands beschworen wird. Der Krieg ist von russischer Seite auch eine Reaktion auf die aggressive Expansion der NATO, allerdings wäre es falsch zu behaupten, dass es zu diesem Schritt gezwungen wurde: Ernsthafte Hinweise auf eine unmittelbare und existenzielle Bedrohung Russlands durch die NATO sehen wir nicht, zumal die Abschreckung durch die russischen Nuklearwaffen weiterhin besteht. Zudem geht es Russland auch um die Wahrung und Zurückgewinnung des russischen Einflusses in dieser strategisch wichtigen Region mithilfe der russischsprachigen Minderheit, um den Zugang zu den Handels- und Militärhäfen des Schwarzen Meeres, den ukrainischen Markt und die Bodenschätze und hervorragende landwirtschaftliche Bedeutung des Landes. Die Verhinderung einer militärischen Einkreisung durch Raketenabwehrsysteme und die Stationierung der russischen Schwarzmeerflotte auf der Krim als Mittel zur Machtprojektion im Schwarzen Meer und Mittelmeer sollen die Manövrierfähigkeit und Handlungsspielräume der Russischen Föderation als politischer und militärischer Großmacht aufrechterhalten.“ (Hervorhebungen von mir).

Das ist die ganze Aussage der Resolution zur Kriegsursache, die vorher lange und umständlich eingeleitet wurde: Russland führt Krieg, um Großmacht zu sein.

Diese schlichte Aussage ist nicht sehr weit entfernt von der, die wir jeden Tag in Deutschlandfunk und tagesschau hören können. Vielleicht ist das den Autoren auch gedämmert, als sie schrieben: „Der imperialistische Krieg stellt die Arbeiterklasse aller beteiligten Länder vor sehr schwere Herausforderungen. Es ist alles andere als leicht, der reaktionären Kriegspropaganda des bürgerlichen Staates zu widerstehen und in jeder Situation konsequent den Standpunkt des proletarischen Internationalismus zu beziehen.“ Aber es ist unwahrscheinlich, dass sie sich selbst damit meinten, denn sie haben ja den Marxismus-Leninismus für sich gepachtet. Sie meinten damit mit Sicherheit die „Chauvinisten“ der KPRF und RKAP, die ihnen so verhasst sind. Denn es heißt gleich weiter: Auch in Deutschland. Auch – also geht es im ersten Satz um woanders. Und da sie sich selbst, wenn es um Deutschland geht, nicht nennen, sind sie offensichtlich davor gefeit, der „reaktionären Kriegspropaganda“ nicht zu widerstehen.

Den letzten Absatz „Was wir noch klären wollen“ können wir getrost als Witz beiseite lassen, denn wer eine solche Weltsicht entfaltet hat, die nach dem Prinzip Pippi Langstrumpf funktioniert – ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt – der muss nichts mehr klären. Oder auch: Dem ist nicht mehr zu helfen.

Dies wird das Startdokument der neuen Organisation sein, die aus der ehemaligen Fraktion der KO hervorgegangen ist. Und es ist eine politische Bankrotterklärung. Aber wir müssen Gerechtigkeit walten lassen: Sie sind damit nicht alleine. Im Gegenteil dürfte es ein besonders gelungenes Stück der Verschleierung und Verzierung dieser Position mit allerlei pseudomarxistischem Vokabular sein. Zur Verschleierung und zum Verstecken angeregt haben dürfte die Autoren unsere kontroverse Diskussion und die Kenntnis vieler Gegenargumente, denen hier durch Nichtnennen, Verdrehen oder Verschleiern vorgebeugt werden sollte. Es könnte damit leider ein Vorbild werden. Aber das macht nichts, denn es ist eben unsere Aufgabe, das Versteckte zu finden, das Verdrehte richtig zu rücken und das Verzierte zu entkleiden.

Aktuelles

Iran hat den Aggressoren eine Grenze aufgezeigt

Die Militäroperation des Iran vom 12./13. April ist ein wichtiges Stoppzeichen an den Terror der zionistischen Besatzungsmacht Israel und seine Unterstützer gewesen. Sie war ein gerechtfertigter Akt der Selbstverteidigung. Die von den Kräften der Region koordinierte Aktion ist eine wichtige Unterstützung des palästinensischen Befreiungskampfs. Die Palästina-Soli-Bewegung darf sich trotz unterschiedlicher Sichtweisen auf die Kräfte der Region nicht spalten lassen. Hände weg vom Iran! Hände weg von Libanon, Syrien und Jemen! Freiheit für Palästina!

Erklärung der Palästinensischen Kommunistischen Partei zum Tag des Bodens – Einschätzungen zur Al-Aqsa-Flut

Wir dokumentierten hier die Stellungnahme der Palästinensischen Kommunistischen Partei  (PalCP), die sie vor etwa zwei Wochen veröffentlicht hat. Darin nimmt sie eine Einschätzung zur Al-Aqsa-Flut vor, die wir für wertvoll für die Debatten in der deutschen kommunistischen und Palästina-Solidaritätsbewegung halten.