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Gedanken zur Situation in Österreich

Diskussionsbeitrag– keine Positionierung der Kommunistischen Organisation (siehe Beschreibung der Diskussion)

von Philipp Kissel

Die FPÖ ist eine zutiefst reaktionäre Partei und ihr ehemaliger Vorsitzender Strache ein Faschist und Rassist – ebenso wie viele andere Vertreter der Partei. Sie ist mit den faschistischen „Identitären“ verbandelt, die in Österreich eine nicht geringe Rolle spielen. Kurz: Sie ist ein Feind der Arbeiterklasse und werktätigen Bevölkerung. Man könnte sich also freuen, dass ihnen ein Schlag versetzt wurde. Aber die Freude könnte zu früh sein, denn der Schlag wurde ihr leider nicht von der Arbeiterbewegung versetzt.

Der ÖVP-Kanzler Kurz versucht sich jetzt als Opfer darzustellen und die Situation für sich und seine Partei zu nutzen. Vielleicht war es eine willkommene Gelegenheit für einen Exit aus der Koalition. Wir werden sehen, wie es ausgeht. Ein Ende der Zusammenarbeit mit Faschisten ist es ganz bestimmt nicht – das gilt auch für die SPÖ.

Um was geht es?

Das Video, in dem Strache und der ehemalige Fraktionsvorsitzende der FPÖ, Gudenus, zu sehen sind, geht viral und löst Empörung und Verachtung aus. Aber ist es nicht ein Spiel von „bad guys“, die hier formvollendet präsentiert werden und den angeblichen „good guys“ auf der anderen Seite? Nur weil Strache und Gudenus die Rolle gut erfüllen, sollten wir nicht naiv werden. So funktioniert bürgerliche Politik. Korruption ist in einer kapitalistischen Gesellschaft, in der es stets nur um den höchsten Profit geht unvermeidlich und systemimmanent. Und man vergisst sie schnell. Hat nicht der deutsche Bundestagspräsident (Schäuble, CDU) Koffer voller Geldscheine aus der Rüstungsindustrie angenommen? Ist er nicht ein „good guy“, dem die höchsten Staatsehren zuteil werden? Ist die Liste mit ehemaligen oder zukünftigen Politikern, die in Aufsichtsräten oder Vorständen sitzen und lukrative Staatsaufträge organisieren nicht endlos lang? Die Monopole und ihre Verbände sind in Ministerien und Bundeskanzleramt fest verankert, wie es sich für einen staatsmonopolistischen Kapitalismus gehört. Die Korruption, die ganz normal und geregelt abläuft, übertrifft Villa-Gespräche bei weitem.

Häufig erschallt jetzt der Aufschrei über das Verschachern der „freien Presse“ durch Strache, der die „Kronen-Zeitung“ verkaufen wollte. Auch das ist doch in einer Gesellschaft, in der alles käuflich ist, nicht verwunderlich. Haben die Familien Mohn (Bertelsmann) und Springer (BILD) nichts mit Politik und Interessen zu tun? Machen sie nicht das gleiche nur aus einer viel machtvolleren Position heraus? „Freiheit“ der Presse im Kapitalismus gibt es nicht, nur die Frage, welcher Kapitalist und wie ihr Staat darüber herrscht. Die Freiheit derjenigen Presse, die auf der Seite der Arbeiterklasse steht, wird stets und von allen bürgerlichen Kräften bedroht, auch wenn die Rechten und Faschisten dabei besonders gefährlich sind.

Es geht nicht darum, Strache und die FPÖ zu entlasten, es geht darum aufzuzeigen: Sie alle sind nicht einen Pfifferling Vertrauen wert, sie alle verkaufen die Interessen der Bevölkerung so gut sie können. Sie alle dienen nur dem Kapital – mal besser, mal schlechter.

Das Zerbrechen der ÖVP-FPÖ-Koalition wird von Unternehmensverbänden aus Österreich und Deutschland bedauert. Sie habe ja so viele Reformen angestoßen und einige noch gar nicht beendet, es dürfe jetzt nicht wieder zum Stillstand kommen. Die Steuerreform, die den Unternehmen Milliarden gebracht hätte, konnte ja leider noch nicht durchgesetzt werden. Die „Reformen“ richten sich alle gegen die Arbeiterklasse, vor allem die Ausweitung der Arbeitszeit durch Einführung des 12-Stunden-Tags und der Angriff auf die Sozialversicherung. Die FPÖ hat den Ausbau des Staates zur verschärften Repression vorangetrieben, das dürfte aber auch unter der folgenden Regierung weiter gehen und wird in Deutschland von allen Parteien – inklusive Linkspartei – ebenfalls praktiziert, siehe Polizeigesetze.

Und zu guter Letzt ist die Rolle der SPÖ verlogen. Sie war in mehreren Landesregierungen mit der FPÖ in einer Koalition und sie hat den „Reformen“ der Regierung Kurz nichts entgegen gesetzt, sondern ihr Einfluss in der Gewerkschaftsbewegung hat den Widerstand geschwächt.

Wem nutzt es?

Das Video wurde bereits 2017 gedreht, aber erst jetzt – eine Woche vor der Europawahl – veröffentlicht. Die Kräfte, die sich pro EU aufstellen, nutzen den Skandal, um für sich zu werben. Das ist in der jetzigen Situation, in der Großbritannien aussteigt und die Konflikte mit Frankreich immer offener ausgetragen werden, in der also vor allem die deutschen Monopole ein weiteres Auseinanderdriften ihrer EU fürchten, von größerer Bedeutung. Darum soll es jetzt angeblich gehen: Wählt uns, wählt die EU, denn die anderen das sind die „bad guys“. Der Bundespräsident Österreichs van der Bellen sagte, Österreich müsse seine Rolle in Europa finden, das sei für das Land überlebenswichtig. Ob es jetzt zu einer anderen Ausrichtung der EU-Politik Österreichs kommt und was das bedeutet, werden wir beobachten müssen. Der Skandal wird außerdem genutzt, um weiter Stimmung gegen Russland zu machen, das die EU angeblich angreife und bedrohe, während die EU mit ihrer aggressiven Assoziierungspolitik vor allem in der Ukraine tatsächlich den Frieden bedroht.

Weder die EU noch ihre angeblichen Gegner von rechts sind im Interesse der Arbeiterklasse – in Österreich genau so wie hier.

Aktuelles

Gegen den Frieden der Unterdrücker!

Eine Friedens- bzw. Anti-Kriegs-Bewegung, welche die aggressive Rolle der NATO, oder der Besatzungsmacht Israel nicht erkennt und das Narrativ der Kriegstreiber bedient, wird damit in letzter Konsequenz eine Pro-Kriegs-Bewegung. Sie verurteilt die Gewalt der Unterdrückten so wie es die Unterdrücker tun.

Bericht zum 5. Mitgliederkongress der Kommunistischen Organisation

Der 5. Mitgliederkongress der KO hat stattgefunden. Erfahrungen aus unserer Spaltung und der akti-ven Beteiligung in Kämpfen gegen den Krieg der NATO und den Völkermord in Palästina geben nachdrücklich Aufgaben für uns selbst und die Bewegung auf. Sie erfordern praktische Konsequen-zen. Ein zentraler Beschluss: Die Organisierung eines umfassenden und öffentlichen Studienganges zur Geschichte des Kommunismus.