Offener Brief an Jung&Naiv
Liebes Team von Jung&Naiv,
in eurer Sendung mit dem Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, Herrn Wagner, wird ab Minute 2:56:00 die Kommunistische Organisation erwähnt. Herr Wagner behauptet, die Kommunistische Organisation „agiere extrem antisemitisch“ und habe deshalb ein Hausverbot bekommen.
Das ist eine infame Unterstellung, die weder begründet noch ausgeführt wird. Wir haben nie eine Mitteilung über dieses Hausverbot erhalten. Der Interviewer Hans Jessen fragt weder nach einer Begründung noch hakt er in irgendeiner anderen Weise nach.
Wir vermuten, dass es sich um unsere Solidarität mit Palästina und dem palästinensischen Widerstand handelt, die von Wagner als antisemitisch diffamiert wird.
Die Kommunistische Organisation bekämpft Antisemitismus. Wir lehnen jede menschenfeindliche Ideologie ab. Dazu gehört auch der Zionismus, dessen Ablehnung keineswegs Antisemitismus ist. Auch viele Jüdinnen und Juden grenzen sich klar vom Zionismus ab.
Die Gleichsetzung des Judentums mit Israel bedeutet, Jüdinnen und Juden mit der zionistischen Ideologie, einer rassistischen Blut-und-Boden-Ideologie gleichzusetzen. Herr Wagner verhöhnt nicht nur die Opfer der israelischen Kriegsverbrechen, er will zugleich die Opfer des deutschen Faschismus instrumentalisieren, um heute Kriegsgegner und Antifaschisten anzugreifen. Im Namen des Judentums einen Kriegsverbrechen und Völkermord begehenden Besatzungsstaat zu verteidigen, ist schlicht rassistisch.
Mit dem falschen Vorwurf des Antisemitismus will Herr Wagner Antifaschisten mundtot machen. Der Vorwurf soll diejenigen, die sich gegen Völkermord und Krieg, gegen Rassismus und völkischen Hass wenden, zum Schweigen bringen. Diejenigen, die sich dem Schwur von Buchenwald verpflichtet haben und gegen Menschenverachtung in jeder Form kämpfen, werden von der Gedenkstättenleitung angegriffen. Wir organisieren seit Jahren Führungen durch das ehemalige KZ Buchenwald und klären über den Faschismus und seine Verbrechen auf. Wir empfinden es als Schande, dass die Gedenkstätte für unsere antifaschistischen Kämpfer von solchen politischen Kräften okkupiert ist.
Diese Gedenkstättenleitung hat Hinweise auf den gemeinsamen Widerstand von Juden und Kommunisten (oftmals auch jüdische Kommunisten) aus der Ausstellung gestrichen und die Gedenkplakette für Jerzy Zweig, dem geretteten polnisch-jüdischen Kind aus dem Film „Nackt unter Wölfen“ entfernt.
Am 6. April 2025 hat eine Genossin von uns in Buchenwald Hausverbot erteilt bekommen, weil sie eine Kufiya als Zeichen der Solidarität mit Palästina trug und wurde allein dafür mit Polizei vom Gelände eskortiert. Wir werden gegen dieses Hausverbot juristisch vorgehen (https://kommunistische-organisation.de/stellungnahme/kufiya-hat-in-buchenwald-hausverbot/). Solidarität mit Palästina ist nicht antisemitisch, auch Solidarität mit dem Widerstand des palästinensischen Volks ist nicht antisemitisch. Er wendet sich nicht gegen Juden, sondern gegen Besatzung, Vertreibung und Unterdrückung.
Die Gedenkstättenleitung grenzt Russland und Belarus aus, obwohl sie die Herkunftsstaaten vieler Häftlinge und die Befreier Deutschlands waren. Die Gedenkstättenleitung instrumentalisiert das Gedenken an die Opfer des Faschismus, um aktuelle deutsche Kriegsinteressen zu rechtfertigen. Das Feindbild Russland wird aufrecht erhalten und der Genozid an den Palästinensern gerechtfertigt.
Durch die wiederholte Instrumentalisierung des Antisemitismus-Vorwurfs trägt die Gedenkstättenleitung ebenso wie die Medien und Regierungsvertreter zur Relativierung des Antisemitismus bei. Diese Relativierung des Antisemitismus, die Verwischung seiner Bedeutung ist gefährlich und führt zur Stärkung von Antisemiten. Das habt ihr auch bereits in einer Sendung vom November 2023 mit Alena Jabarine und Tomer Dreyfuß thematisiert (https://www.youtube.com/watch?v=FjYxIkjGvQE).
Wir werden weiter gegen Antisemitismus und gegen die Unterdrückung des palästinensischen Volks kämpfen – ein Kampf, der zusammen gehört und sich nicht trennen lässt. Der Kampf gegen rassistische und menschenverachtende Ideologie und Kriegsverbrechen ist unteilbar. Antifaschismus ist unteilbar. Er gilt für alle Opfer.
Wir würden uns freuen, wenn das Team von Jung und Naiv unsere Reaktion auf diesen schweren Vorwurf veröffentlichen würde und sind gerne bereit, Fragen zu beantworten.
Wir sind nicht bereit, diese Anschuldigung unkommentiert und unwidersprochen zu lassen. Deshalb veröffentlichen wir diesen Brief, damit sich die Zuschauer von Jung und Naiv und alle Interessierten ein Bild machen können.
Mit besten Grüßen
Kommunistische Organisation