Die AfD stellt sich als Partei des Friedens dar und fordert Verhandlungen und eine Öffnung von Nordstream 2. Sie wird dafür massiv angegriffen von den anderen bürgerlichen Parteien auf Regierungskurs, die jede Position, die der 100%-NATO-Propaganda widerspricht, verfolgen und diffamieren. Dadurch erscheint es so, als sei die AfD eine fundamentale Opposition und eine Stimme für den Frieden.
Doch die AfD ist keine Friedenspartei, sondern steht wie die anderen bürgerlichen Parteien für Aufrüstung und Kriegstreiberei.
Auch heißt es, die AfD seien Russlandfreunde und die Agenten Moskaus in Deutschland. Doch wenn man genau hinschaut, sollen all ihre Vorschläge nur dem deutschen Kapital dienen.
Friedensengel oder Kriegsbringer? Russlandfreunde oder deutsche Nationalisten?
Wie passt das alles zusammen?
In der AfD gibt es mehrere Flügel, die in Bezug auf die Haltung zur NATO sich durchaus nicht ganz einig sind. Es ist vor Allem der Parteiteil um Alexander Gauland und Tino Chrupalla, die momentan verbal sehr stark gegen die NATO schießen. Laut Beobachtern werden sie dabei insbesondere aus den völkischen Teilen der Partei unterstützt.
Worin sich aber beide Flügel sehr einig sind, ist dass die Interessen des deutschen Kapitals und Staats international auch mit brachialer Gewalt durchgesetzt werden sollen können. Und das am liebsten, ohne auf die Interessen anderer imperialistischer Länder Rücksicht nehmen zu müssen und im Ernstfall auch in direkter Konfrontation zu diesen.
Doch Deutschland ist momentan weit von dieser militärischen Stärke entfernt – und so ist man sich in der AfD uneinig über den Weg zur Großmacht.
Während ein Teil der AfD die NATO zunehmend als Instrument sieht, um Deutschland den USInteressen unterzuordnen, denkt der große Teil der AfD nach wie vor, dass in dem jetzigen Moment die Interessen des deutschen Kapitals am besten mit der NATO verwirklicht werden, z.B. durch die nukleare Teilhabe. So formuliert die AfD auch 2017 in ihrem Parteiprogramm: „Die AfD sieht im Bestreben, Verpflichtungen gegenüber den Nato-Bündnispartnern berechenbar zu erfüllen, eine wichtige Aufgabe deutscher Außen- und Sicherheitspolitik, um auf diesem Weg mehr Gestaltungsmacht und Einfluss zu entfalten.“ Es geht der AfD also um mehr „Gestaltungsmacht“ und „Einfluss“ weltweit. Sie will jedoch, dass die Beteiligung in der NATO stärker an deutschen Interessen ausgerichtet wird. Eine konsequente Anti-NATO-Position ist das nicht!
Selbst wenn es sehr kritische Töne aus der AfD gegenüber der NATO und ihren Kriegseinsätzen zu hören gibt, dürfen wir nicht reinfallen und diese mit einer wirklichen Friedensposition verwechseln. Die AfD will ein eigenständiges „wehrfähiges“ Deutschland. Das bedeutet im Klartext, auch unabhängig von den anderen westlichen imperialistischen Ländern Krieg zu führen.
Die AfD ist eine Aufrüstungspartei
Für diesen Zweck fordert die AfD eine umfassende Aufrüstung, die Erweiterung der Befugnisse der Bundeswehr, den ausgeweiteten Einsatz der Bundeswehr im Inneren, die Wiedereinführung der Wehrpflicht, die Aushebelung der parlamentarischen Kontrolle über Fragen der Finanzierung von Armee und die Stärkung der nationalen Rüstungsindustrie. So stimmte die AfD in den letzten Jahren auch in den allermeisten Fällen für Rüstungsexporte im Bundestag.
Antikriegspositionen sind der AfD seit ihrer Gründung ein Dorn im Auge, sie treibt die ideologische Militarisierung der Gesellschaft voran und hat in der Vergangenheit u.A. für die Kriegseinsätze der Bundeswehr in Somalia, Südsudan und Darfur gestimmt. Es ist also eine Lüge, wenn die AfD nun behauptet, sie habe seit Jahren Auslandseinsätze der Bundeswehr abgelehnt.
Was die AfD zynisch unter einer „Verteidigungsarmee“ versteht, ist zum Beispiel an der 2016 von Alice Weidel und Beatrix von Storch lancierten Debatte um einen „Schießbefehl“ zum „Schutz“ deutscher Außengrenzen. Wenn es nach der AfD geht, sollen für solche Aufgaben im Rahmen zivilmilitärischer Konzepte wie dem „Heimatschutz“ auch Reservistenverbände eingesetzt werden. Aber, könnte man nun fragen, hat die AfD nicht gegen das Sondervermögen gestimmt?
Ja, aber aus einem anderen Grund als man meinen könnte: Die AfD-Bundestagsfraktion hat zur Hälfte gegen das Sondervermögen von 100 Milliarden für die Bundeswehr gestimmt, allerdings nur weil sie nicht wollte, dass dafür die Schuldenbremse umgangen wird. Sie wollte stattdessen, dass andere Etats gekürzt werden, damit die Aufrüstung aus dem normalen Haushalt finanziert wird. Sie will eher mehr Geld für die Bundeswehr ausgeben. Die AfD ist außerdem auch dafür, das NATO-Ziel, 2% des BIP für Rüstung auszugehen, zu erfüllen.
Wie friedlich ist denn nun der „Friedensplan“ der AfD?
Ihre sogenannte „Friedensinitiative“ brachte die AfD am 07.Februar im Bundestag ein.
Sie fordert, dass Hilfen an Kiew an Verhandlungsbereitschaft gekoppelt sein sollen, eine Waffenruhe unter Vermittlung der OSZE und die Errichtung von UN-Mandatsgebieten in Lugansk, Donezk, Saporoschje und Cherson mit anschließender Durchführung erneuter Referenden; „privilegierte EU-Partnerschaft“ für die Ukraine bei Neutralität, und eine Verhandlungsperspektive von 15 Jahren bezüglich der Krim. Die russischen Truppen sollten auf den Stand vor dem 24.02.2022 zurückgezogen werden.
Dieser Vorschlag klingt besser als er ist. Er kommt dem Westen bzw. der Ukraine sehr weit entgegen.
Eine Übernahme der Kontrolle von Gebieten durch die UN oder OSZE bedeutet keine wirkliche Neutralität. Eine Neutralität der Ukraine muss den tatsächlichen Abzug der NATO-Militärstrukturen bedeuten, nicht nur einen formalen Rücktritt von den Beitrittsverhandlungen der Ukraine.
Die AfD ist eine Partei für das deutsche Kapital
Die Sprengung von Nordstream 2, vermutlich mithilfe der NATO-Mitgliedsstaaten USA und Norwegen, der Abbruch wirtschaftlicher Beziehungen zu Russland, insbesondere aber das Abkoppeln Deutschlands von der günstigen Energie Russlands im schlechten Tausch mit dem überteuerten Fracking Gas aus den USA – ist das wirklich im Interesse Deutschlands? Zumindest scheinen auch nicht alle Vertreter der deutschen Wirtschaft davon überzeugt zu sein, dass dieser Krieg in ihrem Interesse ist, oder ausreichend nach deutschen Spielregeln erfolgt.
Auch liefert kein anderes Land so viele Waffen wie Deutschland und involviert sich damit als Kriegspartei auch in einer so exponierten Stellung. Spätestens mit der Lieferung der Leopard 2 – Panzer ist Deutschland direkte Kriegspartei geworden und trägt so das Risiko, diesen Krieg trotz tausender verheizter Ukrainer zu verlieren. Sicher, die deutsche Rüstungsindustrie macht Rekordgewinne – doch es gibt auch Teile der deutschen Bourgeoisie, die fürchten im Krieg eher Minusgeschäfte zu machen.
Der transatlantische Kurs ist momentan hegemonial und die Mehrheit der Parteien im Bundestag stimmt einhellig in den NATO-Chor ein. Dennoch ist der Kurs des Alleingangs für den deutschen Imperialismus historisch eine favorisierte und bekanntlich verheerende Option gewesen. Auch heute wäre dieser Kurs keineswegs friedlicher, sondern nur eine andere Ausprägung der deutschen Außenpolitik. Die Alternative zur Aggression gegen Russland ist nicht ein anderer Kurs des deutschen Imperialismus, sondern die Bekämpfung seiner Kriegspolitik und der konsequenten Bekämpfung der EU und der NATO.
Die Antikriegsbewegung muss sich vor falschen Freunden hüten
Doch warum kann die AfD sich überhaupt als Friedenspartei stilisieren? Die linke Friedensbewegung ist sich uneinig wie nie, ein Teil ist schon offen auf den NATO-Kurs eingeschwenkt. Die PdL ist tief über den Krieg gespalten und in Teilen der Parteiführung gehören nicht einmal mehr Waffenlieferungen zu den roten Linien. Die Parteispitze distanzierte sich auch indirekt von dem „Manifest für den Frieden“ und überlässt so rechten Kräften das Feld.
Genau das ist es, was die Herrschenden bezwecken: indem sie mit ihren Verleumdungskampagnen Antikriegs- und Friedenspositionen mit Rechten und Faschisten in Verbindung bringen, werden diese Positionen delegitimiert, die Reste der Friedensbewegung gelähmt und gespalten.
Fast die Hälfte der deutschen Bevölkerung ist gegen die Waffenlieferung, für Verhandlungen und wollen nicht in einen Krieg mit Russland hineingezogen werden. Dieses Protestpotential wird nun durch rechte Parteien wie der AfD in den für den deutschen Imperialismus ungefährliche Bahnen gelenkt, und die Menschen landen vom Schoß des einen Kriegstreibers in dem nächsten.
Die Antikriegsbewegung muss sich vor falschen Freunden hüten, denn diejenigen, die jetzt die Stimme des Friedens und der Vernunft mimen, haben unter ihrem Taubengefieder eine Flecktarnjacke an.