Querfront – Kampfbegriff und reales Problem!

Themen: Deutscher Imperialismus, Faschismus

Bibliothèque nationale de France, Public domain, via Wikimedia Commons, bearbeitet. Otto Strasser (rechts): Vordenker der Querfront

Alle Zeichen stehen auf Krieg. Während die NATO den Krieg in der Ukraine mit Waffenlieferungen immer weiter eskaliert, bereitet sie im Hintergrund den direkten Krieg gegen Russland vor. Protest und Gegenwehr sind in Deutschland, abseits von den Protesten gegen den Genozid in Palästina, kaum vorhanden. Unter anderem liegt dies liegt an der Krise der Friedensbewegung. In Diskussionen um eine Stärkung der Friedensbewegung erscheint die Querfront als vermeintlich attraktive Lösung: Eine möglichst breite Friedensbewegung dürfe sich nicht in links und rechts spalten lassen, ist in diesem Kontext oft zu hören. Auch in Friedensgruppen und der Massenarbeit begegnen uns diese Debatten immer wieder.  

Wir wollen mit dieser Artikelreihe einen Überblick über die Geschichte, Entwicklung und Strategien rund um die Querfront-Frage geben. Nicht um gegen die Friedensgruppen, die sich zu diesen Fragen nicht klar positionieren, Stimmung zu machen – so wie die Medien die Friedensbewegung als „rechtsoffen“ diffamieren – sondern um in Diskussion zu treten und zu zeigen, dass Querfront immer eine Strategie von oben war und welche Ziele die Rechten damit verfolgen.

Im ersten Artikel der Reihe stellt Nasin Düll die Ursprünge des Querfront-Konzeptes überblicksartig vor. Anschließend wird diskutiert, welche Querfront-Bestrebungen es aktuell gibt und wie die antiimperialistische Linke und Kommunisten mit diesen umgehen sollten.  

Redaktion der KO

Querfront – Kampfbegriff und reales Problem!

Ein kleiner historischer Abriss, aktuelle Formen und Versuch einer politischen Bewertung

Beitrag von Nasrin Düll

Warum über Querfront reden? 

Mit dem Krieg in der Ukraine ist der Anschluss großer Teile der bundesdeutschen Linken ins Lager der NATO auf seinem Höhepunkt angekommen. Die übrig gebliebenen NATO-Gegner und Antiimperialisten sind weitestgehend von der Mehrheit der Bevölkerung isoliert. Außerdem fehlt es an einer Strategie gegen die Kriegsvorbereitung. Die Notwendigkeit, gerade jetzt Massen gegen die Aufrüstung, Kriegsvorbereitung und die deutsche Kriegsbeteiligung in der Ukraine auf die Straße zu bringen, prallt auf die eigene relative politische Bedeutungslosigkeit. Zum Teil sind Angst, Schweigen und Selbstzensur die Folgen davon. In diesem Moment der Schwäche muss sich das übrig gebliebene Anti-NATO-Lager zu einem unmoralischen Angebot verhalten: der Querfront.

Der Vorwurf der Querfront oder „Rechtsoffenheit“ ist in den letzten Jahren zum billigen und beliebten Mittel bürgerlicher Medien avanciert, um Proteste zu diskreditieren.1 Schamlos werden Nazis hingedichtet, wo keine sind, nur um Proteste zu spalten und zu delegitimieren. Sei es bei den Montagsmahnwachen, den Corona-Protesten und bei Demonstrationen gegen den Krieg in der Ukraine. Niemand redet so viel über „Querfront“ wie die bürgerlichen Medien und Institutionen des staatlichen ‚Antifaschismus‘ (belltower news & Co.).2

Und dennoch dürfen gerade Kommunisten nicht die Augen davor verschließen, dass es nicht zuletzt in der ‚neuen‘ Friedensbewegung tatsächliche Querfront-Projekte oder zumindest Ansätze gibt und diese und das ist vielleicht tatsächlich neuauch von einzelnen Linken geduldet, verteidigt oder sogar ins Leben gerufen werden. Da gerade jetzt die Gefahr, sich aus der Schwäche heraus instrumentalisieren zu lassen, groß ist, muss „Querfront“ als Konzeption unserer Gegner verstanden werden, die darauf abzielt, linke Opposition zu annullieren, Protestpotenzial in für den deutschen Imperialismus ungefährliche Bahnen zu lenken und die Arbeiterklasse und andere Teile der Bevölkerung in die Irre zu führen. So richtig es ist, friedensbewegte Initiativen und Demonstrationen vor den diffamierenden Hetzjagden der linksliberalen Mainstream-Medien zu schützen – Linke und Kommunisten dürfen die Flecktarnjacke der Rechten unter dem Taubengefieder nicht ignorieren.

Historische Ursprünge der Querfrontkonzeption

Unter „Querfront“ oder Querfrontstrategie wird meistens das Bestreben aufgefasst, ein Bündnis, eine politische Spektren-übergreifende „Front“ zwischen Linken und Rechten zu schaffen. Es gilt hier aber Folgendes zu berücksichtigen: a) war historisch eine solche „Strategie“ immer ein Bestreben von rechtskonservativen oder gar faschistischen Kräften, und b) darf sie nicht einfach mit dem sozial-demagogischen Alltagsgeschäft von Faschisten in eins gesetzt werden, welches darin besteht, sich Symbole, Begriffe und Forderungen der (sozialistischen) Arbeiterbewegung anzueignen; c)es existieren viele nicht genau abgegrenzte Begriffe von Querfront. Die inflationäre Nutzung des Querfrontvorwurfs als politisches Diffamierungsinstrument stiftet weitere Begriffsdiffusion.

Der Begriff der „Querfront“3 selbst tauchte wohl zum ersten Mal in den frühen 1930ern im Zuge der politischen Diskussionen um die wechselnden Präsidialkabinette in der Endphase der Weimarer Republik auf und stand insbesondere in Verbindung mit dem Namen Kurt von Schleicher. Schleicher wollte die Situation der politischen Instabilität mit einem breiten Bündnis, welches aus Reichswehr, Gewerkschaften und dem sogenannten „linken“ Flügel der NSDAP um Gregor Strasser bestehen sollte, lösen. Schleichers ‚dritter Weg‘ betonte die soziale Frage und forderte einen ‚sozialen Ausgleich‘ zuungunsten der Großagrarier und zwecks Einbindung der Gewerkschaften. Das Ziel von Schleicher war es, seinem faktischen militärdiktatorischen Kabinett4 eine Massenbasis zu verschaffen (Schildt 1981, 7).5

Ideologisch konzipiert wurde die Querfrontkonzeption u. a. in dem der Konservativen Revolution nahestehenden jungkonservativen Tatkreis. Für eine kurze Zeit gab es tatsächlich innerhalb der Führung des Allgemein Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) und auch Teilen der NSDAP Sympathien für ein solches Projekt und über Mittelsmänner wohl auch Verhandlungen zwischen ADGB-Führung, Schleicher und NSDAP-Funktionären: „Ab Ende August 1932 erschien zeitgenössischen Beobachtern die Bildung eines Kabinetts Schleicher – Gregor Strasser – Leipart (der Vorsitzende des ADGB) jedoch durchaus als ein ernsthaftes realpolitisches Szenario. Dabei blieb es dann aber auch. Als Schleicher Anfang Dezember 1932 zum Reichskanzler ernannt wurde, war das Querfrontkonzept bereits Makulatur.“(AIB 2004)

Schleicher trat zurück, Hitler wurde an die Macht gebracht, so weit, so bekannt. Die KPD, die USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands) und auch linke Teile der SPD waren nie Teil dieser angedachten Bündniskonzeption. Sie war also kein Bündnis der „extremen Ränder“, wie es heute in bürgerlichen Medien oft zum Ursprung von Querfrontstrategien heißt. Schleichers Rolle wird nach dem Ende des Faschismus mystifiziert (Schildt 1981, 7), der ehemalige Starhistoriker des deutschen Revanchismus und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der bürgerliche Historiker Ernst Nolte spricht sogar von „gewerkschaftlich-national-sozialistische(m) Antifaschismus“. Schleichers Querfrontkonzeption wird als „dritter Weg“ verklärt, der die Weimarer Republik sowohl vor dem demokratischen „Chaos“ als auch vor dem Faschismus hätte retten können (Nolte zitiert nach Schildt 1981, 9). Unter DDR-Historikern dagegen wird der Charakter des Kabinetts Schleichers als „Übergangsregierung“ zur Hitlerdiktatur betont. Gerade die Querfrontbestrebungen zielten nicht zuletzt auf die Neutralisierung des ADGBs ab und waren gleichzeitig Ausdruck der Zunahme nationalistischer Stimmungen unter den ADGB-Funktionären und einer gewissen Entfremdung dieser von der SPD.

In diesem Sinne beobachten wir während der ganzen Weimarer Zeit vor dem Hintergrund der siegreichen Oktoberrevolution, des verlorenen Krieges und der relativ starken deutschen Arbeiterbewegung verschiedene Formen der aggressiven und schamlosen sozialen Demagogie durch Nationalkonservative und Faschisten. Diese durch die deutsche Monopolbourgeoisie geförderten Maskeraden verfolgten das Ziel, eine Massenbasis unter Arbeitern zu erlangen und die sozialistische und sozialdemokratische Arbeiterbewegung zu schwächen. Die Maskierung der Strasser-Brüder durch die Schaffung der Legende einer „linken“ und sozialrevolutionären Anti-Hitler-Opposition in der NSDAP ist eines dieser Manöver gewesen, um die Arbeiterbewegung zu verwirren, indem sie sich als antikapitalistische Kraft ausgegeben. Das Ziel dieser Manöver ist immer der Betrug der Arbeiterklasse gewesen und, als netter Nebeneffekt, die Verwirrung der linken/kommunistischen Organisationen der Arbeiterbewegung – die Schaffung politischer Diffusion und Immunisierung. Für Letzteres sind die Strasser-Brüder ein Musterbeispiel, deren Legende, antikapitalistische und sozialistische Opposition zu Hitler gewesen zu sein, sich hartnäckig und nicht nur in Nazi-Kreisen bis heute hält.6

Schildt weist mit Bezug auf Gossweilers Monopolgruppen-Analyse7 in Bezug auf die Querfrontkonzeption Schleichers nach, dass aus „Monopolgruppendifferenzierung“ divergierende ökonomische Interessen auch politische Widersprüche in Form von konkurrierenden taktischen und strategischen Konzeptionen zur Folge hatten (siehe Schildt 1981, 13ff.). Inwiefern das Urteil Gossweilers stimmt, dass die Schleicher-Konzeption die „Maximallinie“ der IG Farben8 ausgedrückt habe, kann hier nicht nachvollzogen werden. Klar ist aber, dass obwohl Schleicher, wie auch der „Tat-Kreis“, eine klare politische Strategie(bemühung) im Ringen der verschiedenen Monopolgruppen zum Ende der Weimarer Republik ausdrückten, sie sich in ihrer Funktion, grundsätzlich die Interessen des deutschen Imperialismus/Monopolkapitals zu vertreten, in keiner Weise von der Hitlerclique unterschieden haben.9

Auch Otto Strassers Truppe „nationalrevolutionäre“ „Schwarze Front“, die er nach seinem Austritt aus der NSDAP gründete, war niemals, auch wenn sich dort einige ehrliche Hitlergegner hin verirrt haben mögen, eine antifaschistische Organisation. Vielmehr muss der Einschätzung aus der Roten Fahne Ende des Jahres 1930 gefolgt werden: „Die Rolle der neuen Nazipartei Strassers ist klar: sie soll mit revolutionären und noch radikaleren Redensarten als die Hitler-Goebbels die unvermeidlich enttäuschten Massen vor dem Abströmen ins Lager der proletarischen Revolution abhalten. Sie soll sie aufs Neue einfangen und an die konterrevolutionäre Hakenkreuzfahne binden“ (zitiert nach Gossweiler 1994, 48). 

Ob historisch in Bezug auf die Querfrontkonzeption bereits von einer kohärenten Strategie geredet werden kann, ist fragwürdig, nicht nur wegen fehlender Ausarbeitung, sondern auch weil es sich mehr um taktische Manöver handelte, die der politischen „Flexibilität“ der Faschisten in einer politischen Ausnahmesituation entsprachen. Dennoch reflektiert die Querfrontkonzeption Schleichers, des Tatkreises und der Strasser-Brüder eine Integrationsproblematik, welche nach Schleicher im Faschismus und dann auch in der Bundesrepublik weiter bestehen bleibt (vgl. auch Schildt 1981). Ihr Ziel war immer die (staatstragende) Schaffung von Massenbasis, bevorzugt in den Gewerkschaften und den proletarischen Schichten, indem diese dem Einfluss der Sozialdemokratie oder den Kommunisten entzogen werden. Vereinfacht können als Querfrontbestreben also jene Konzeptionen bezeichnet werden, die darauf abzielen, linke Kräfte und (insbesondere sozialdemokratische) Teile der Arbeiterbewegung in ein temporäres Bündnis mit rechten und reaktionären Kräften für ein begrenztes Ziel zu integrieren und als ideologische Querfront die strategisch angelegte Umdeutung von ehemals linken und sozialistischen Begriffen, Konzepten und Losungen durch die politische Rechte/die faschistische Bewegung. Ein zentrales Ziel hierbei ist, die Arbeiterbewegung zu schwächen und politisch zu lähmen, zu verwirren und handlungsunfähig zu machen, sie zu neutralisieren. Das ist das Interesse der Bourgeoisie und der Zweck der Querfront.

Zur Entwicklung nach 1945

Bekanntermaßen hatte der Strasserismus in der Nachkriegszeit weiterhin eine ideologische Orientierungsfunktion für einige Nazigruppen, auch unabhängig von Otto Strassers eigener Parteigründung, der Deutsch-Sozialen Union (DSU). So existierte in der NPD, wie auch in freien Kameradschaftsstrukturen ein „nationalrevolutionärer“ oder gar „nationalbolschewistischer“ Flügel. Interessant ist auch die Rezeption von Strasser und Niekisch oder Spengler, Jünger & Co. in der aufkommenden (deutschen) „Neuen Rechten“ ab den 1970ern. Der Strasserismus beispielsweise hatte für die von der Neuen Rechten angestrebte Modernisierung des Faschismus mehrere Vorteile. Zum einen war er nicht so verbrannt wie ein direkter Bezug auf den deutschen Hitlerfaschismus und konnte zum anderen für die Arbeit in der Arbeiterklasse auf ein Repertoire an sozialer Demagogie zurückgreifen.

Eine frühe Variante des spätestens mit den Querdenken-Protesten im Zuge der Corona-Pandemie virulenten „Weder-links-noch-rechts“-Themas findet sich auch in der frühen Formierungsphase der Grünen, bei deren lokalen Gründungsgruppen („Grüne Listen“) ein spektrumübergreifendes Einverständnis auf Grundlage eines ökologischen Selbstverständnisses propagiert wurde. Dementsprechend waren einige Alt- und Neu-Nazis an dem Aufbau der Strukturen beteiligt. Hervorzuheben ist hier das Netzwerk der Gemeinschaftsdenker10, eine Strömung, die keine unbedeutende Quelle der Grünen werden sollte und deren Hauptprotagonisten völkisch-strasseristisches Personal aus der Weimarer Republik war und das in Teilen auch verantwortungsvolle Positionen im NS-Staat bekleidete. Die auf einem völkischen Naturbegriff fußende Richtung innerhalb der Grünen wurde dann 1980 aus der Partei ausgeschlossen.

Mit der Konterrevolution erschlossen faschistische Kader aus der BRD das Gebiet der ehemaligen DDR als neues Wirkungsfeld. Die 1990er Jahre waren so v.a. durch offenen Terror der Nazis und ihre systematische Kaderansiedlung in Ostdeutschland geprägt. In den späten 2000er Jahren erfolgte dann mit der AfD der bekanntlich erfolgreichste Versuch, sich auf eine breitere gesellschaftliche Basis zu stellen und die eigene relative Isolierung zu durchbrechen. Mit der AfD wurden und werden rechte und faschistische Kräfte etabliert, normalisiert und massive Ressourcen zugeführt. Figuren wie der ehemalige K-Gruppen-Kader Jürgen Elsässer spielten dabei eine Schlüsselrolle in der Popularisierung ihrer Positionen. In den diskurstheoretisch untermauerten und professionell aufgezogenen Medienprojekten von Elsässer & Co. geht es um die Schaffung von ‚Gegenöffentlichkeit‘, das bewusste Besetzen von traditionell linken Themen und die Schaffung eines breiten Publikationsnetzwerks, in welchem neben Rechten eben auch unverfängliche kritische Journalisten und sogar Linke schreiben und publizieren sollen. Die Sprache ist populär und die vielen Formate, seien es KenFM oder Compact, sprechen ein Massenpublikum an. Auf der Straße wurden diese programmatischen Ausrichtungen bei den Mahnwachen für den Frieden 2014, der Occupy-Bewegung und schließlich auf den Querdenken-Protesten ausprobiert, um eine Massenbasis zu schaffen und die „Nicht-links-nicht-rechts“-Formel zu etablieren. Jetzt, mit dem Krieg, erscheinen sie als laute Stimme der Vernunft gegen das Kriegsgeschrei, zumindest in Ostdeutschland auf der Straße, auch auf Demonstrationen, auf denen Teile der ‚alten‘ und der ‚neuen‘ Friedensbewegung vertreten sind. In den Organen der Neuen Rechten (Junge Freiheit, Cato), IfS-nahen Zeitungen, Verlagen und Podcasts (Antaios Verlag, Kanal Schnellroda, Sezession) wird diese Bewegung offen diskutiert. So fordert z. B. der Sezessions-Autor Manfred Kleine-Hartlage in seinem Buch „Querfront“11, welches im April 2023 in Antaios Verlag erschienen ist, die „Kooperation von Linken und Rechten“. In einer Besprechung des Büchleins führt dazu aufschlussreich der IB-Kader Martin Sellner die konkreten politischen Ziele aus, die eine Querfront jetzt erreichen solle:  

Was Kleine-Hartlage hier vorschwebt, ist nicht nur eine temporäre Zusammenarbeit, sondern die Neugründung und der Neuaufbau einer deutschen Demokratie außerhalb des Kartellsystems. In nuce sieht er dies bereits im Bereich der Gegenöffentlichkeit und Theoriebildung angelegt. Spätestens seit der Coronakrise herrscht hier eine rege Debatte zwischen Altkommunisten, Neurechten, klassisch Liberalen, traditionalistischen Christen, New Age-Esoterikern und vielen weiteren Strömungen, Nischen und Fraktionen. Die AfD allein kann dieser Vielfalt womöglich keine Heimat bieten. Es braucht weitere Parteien, zumindest aber eine außersystemische Linke als Kooperations- und Kommunikationspartner, um ausreichend Masse und Relevanz aufzubauen. Die Querfront bedeutet hier gerade nicht, daß die AfD links, oder eine Wagenknechtpartei rechts würde. Sie besteht in der gemeinsamen Ablehnung der transatlantischen Geopolitik, der antideutschen Identitäts- und Bevölkerungspolitik sowie der antidemokratischen Zensurpolitik des Kartells. Anders als linke, hochideologische Kräfte sind die Rechten dazu berufen, die Linken zu dieser distanzierten Kooperation gegen das Kartell einzuladen. (…)“ (M. Sellner, in: Sezession Online, 10.07.2023).   

An der Beobachtung der Debatten in der Jungen Freiheit, Sezession, Antaios Verlag & Co sieht man, dass auch heute die Ideologie des Faschismus prinzipiell flexibel ist und nicht viel auf ideologische Reinheit gibt. Während Jürgen Elsässer offen eine politisch übergreifende „Volksfront“ errichten möchte, setzt ein großer Teil der (…) eher auf maximale demagogische Flexibilität, einen „binnenrechter Pluralismus“ (Sellner, 2023). Elemente einer „ideologischen Querfront“ gehören so durchgängig zum Repertoire eines nicht unwesentlichen Teils des deutschen Neofaschismus, was nicht bedeutet, dass hier immer auch wirklich „quere“ Organisationsbündnisse mit linken Gruppen angestrebt werden. Aber zumindest im Think Tank-Dunst des IfS empfiehlt man der AfD ziemlich unverblümt: Macht Querfront, was das Zeug hält! Ideologisch findet schamlos die Aneignung und demagogische Instrumentalisierung von Kämpfen, Begriffen und Zielen der (ehemals) sozialistischen Arbeiterbewegung (Antifaschismus, Antiimperialismus) in Compact, die Rehabilitierung und Salonfähig-Machen von Faschisten und ihren Organisationen auf der Straße, politische Desorientierung durch Formeln wie „links-rechts-egal“ statt.12 Die Umdeutung ehemals linker politischer Begriffe sind als „Metapolitik“13 strategisch formuliert und nachzulesen in Sezession, Junge Freiheit& Co.  Die Strategie besteht hier immer im geschickten Austarieren zwischen Nachahmung und Diskursverschiebung – seine rechte und faschistische Ideologie wird immer so weit offengelegt, wie es schon möglich ist – und so weit versteckt, wie es gerade opportun und notwendig ist. So kann zeitweise auch Rassismus, gar Antikommunismus in der Agitation zurückgestellt werden, ohne dass politisch auch nur ein Millimeter von diesen Positionen abgelassen wird. So hat der Faschist Benedikt Kaiser treffend die kluge Taktik von AfD-Parteichef Tino Chrupalla in Bezug auf die Agitation der AfD im Ukraine-Krieg auf den Punkt gebracht: „Mit dem Übergang weiter Teile der Linkspartei zum Mainstream-Standpunkt in der Ukrainekrise hat die AfD um ihren hier strategisch geschickt vorgehenden Parteichef Chrupalla die Marke »Friedenspartei« bzw. »Friedenskraft« parteipolitisch monopolisiert; Alexander Gaulands »Friedensplan« hat dies auch parlamentarisch unterstrichen. Eigentlich positiv gelabelte Begriffe wie »Frieden«, »Diplomatie« und »Verständigung« werden nun mit der AfD verbunden werden, mit der man ansonsten häufig nur Negativbegriffe assoziiert.” (Benedikt Kaiser, Täglich grüßt die Querfront, in: Sezession Online, 23.02.2023)

Weitere Beispiele sind das Projekt Demokratischer Widerstand aus der Schmiede von Anselm Lenz, der kaum ein Treffen der ‚Neuen Rechten‘ im letzten Jahr verpasst hat; so war er Gast der Schnellroda-Sommerakademie Gast beim faschistischen Chefstrategen Götz Kubitschek. Medienprojekte wie apolut (Nachfolger von KenFm) oder manova verstehen sich als „Brückenkopf“ zwischen Nachdenkseiten, Rubikon, Epoch Times, NuoViso, Demokratischer Widerstand, RTusw. Dort publizieren eben auch (ehemalige) Kommunisten wie Rainer Rupp. Wenn dort auch immer mal wieder ein kritischer Ton gegenüber der AfD fällt, mangels wählbarer Alternative, wird am Ende politisch doch de facto in Richtung AfD kanalisiert.

Die Linke und die Funktion aktueller Querfrontbestrebungen

Leider muss konstatiert werden, dass diese Taktik teilweise fruchtet, nicht nur, weil u. a. die AfD und damit viele alte Nazikader es geschafft haben, ihre gesellschaftliche Isolation zu durchbrechen und eine Massenbasis aufzubauen – auch weil ein Teil der alten Friedensbewegung neutralisiert wurde und eine Minderheit sich sogar mit dem vermeintlich „kleineren Übel“ in Kontrast zu kriegslüsternen und faschismushofierenden Grünen eingelassen hat.

Schuld an dem Erfolg dieser gar nicht neuen und durchaus durchsichtigen Strategie (ein Blick in das AfD-Parteiprogramm entlarvt die vermeintlichen Friedensengel als knallharte Militaristen) ist die bundesdeutsche Linke. Spätestens seit dem Jugoslawienkrieg sind periodisch Teile der Linken offen ins Lager der NATO und damit auch ins Lager des deutschen Imperialismus übergegangen. Die Partei Die Linke als Zentrum und Brennglas dieser schlechten Entwicklung wird flankiert von allerlei Koordinatenverlust linksradikaler Gruppen, der staatstragenden Rolle der Gewerkschaften und dem Opportunismus der Gewerkschaftsführung usw. Die durch den Sozialdemokratismus und Opportunismus bedingte Schwäche, Äquidistanz und Entfremdung der politischen Linken von der Arbeiterklasse haben auf verschiedene Weise das Feld für die Rechten und Faschisten bereitet. Sie haben ideologische Diffusion zugelassen, die Menschen alleine mit ihren Problemen gelassen und sind jüngst vollständig ins Lager der herrschenden Kriegstreiber übergelaufen und treiben somit viele Menschen geradezu in die Arme der Nazis.

Auch wenn dies erst einmal kontraintuitiv scheint, steht dieses Schicksal schlimmstenfalls auch denjenigen Teilen der Friedensbewegung bevor, die meinten, sich gerade noch gerettet zu haben, vor dem jüngsten Absturz der NATO-Linken ins nationalverhetzte Asow-Getümmel. Denn die Lage, in der wir uns befinden, ist denkbar vertrackt. Der Handlungsdruck auf die übrig gebliebenen Friedens- und antiimperialistischen Kräfte ist angesichts der Eskalation in der Ukraine und der direkten Kriegsvorbereitung gegen Russland groß. Eine starke Position gegen die NATO ist drängend, aber sie wird demagogisch auch von Rechten übernommen. Auch große Teile der Bevölkerung lehnen den Krieg ab. Viele von ihnen denken, dass sie ihrer Anti-Kriegshaltung mit einer Wahl der AfD Ausdruck verleihen können und verkennen teilweise deren Gefahr. Die unbestreitbare relative Abhängigkeit der BRD von den USA und die kriegstreiberische Rolle der USA führen verstärkend dazu, dass deutsch-nationalistische Positionen sich ein fortschrittliches Antlitz geben können. Sie drücken aber in Wirklichkeit, wenn auch momentan eher als gedachte Möglichkeit, das Streben des deutschen Imperialismus aus, sich zu emanzipieren und als eigenständige Großmacht aufzustellen. So ein Streben politisch und gesellschaftlich (durch) zu setzen, ist gar nicht so einfach. Wenn dazu sowohl rechte als auch linke Kräfte beitragen, verstärkt das die Wirkung. Dies erscheint als ein plausibler Hintergrund von aktuellen Querfrontkonzeptionen.

Wenn im Rahmen von Initiativen für ein Ende des Krieges Kräfte wie die AfD nicht konsequent isoliert und bekämpft werden, trägt man unwissentlich oder sogar aus „taktischen“ Erwägungen dazu bei, politischen Akteuren einen Raum zu geben, die nicht „nur“ für Spaltung der Arbeiterklasse, rassistische Hetze und Menschenfeindlichkeit stehen, sondern auch in Bezug auf die Friedensfrage, wenn sie von „Frieden mit Russland“ reden, die Unterwerfung Russlands als billigen Rohstofflieferanten unter ein zu erstarkendes Deutschland meinen. Denn in der Hauptsache teilen AfD und andere Rechte das Ziel der Regierung: Deutschland als große Kriegsmacht wieder aufzubauen. Es ist völlig naiv zu glauben, dass sich diese nicht auch gegen Russland wenden wird. Uneinigkeit mit den herrschenden Parteien besteht eher darin, ob der aktuelle Krieg in der Ukraine diesem deutschen Großmachtstreben dienlich sei oder Deutschland sich stattdessen der USA andiene und nebenbei noch einseitige Energieabhängigkeiten verstärke. Naiver oder fahrlässig billigender Anklang findet der Ruf nach einem „unabhängigen“ Deutschland auch in globalisierungskritischen und Anti-NATO-Bewegungen. Mit Losungen wie dem Kampf um „nationale Souveränität“, Loslösung vom „Vasallenstatus“ oder der „Unterdrückung“ unter die USA können hier zwei ganz gegensätzliche Intentionen auf der Straße in eins gesetzt werden: zum einen die Forderung nach einem friedlichen Deutschland, das sich nicht in die US-dominierten Kriege hineinziehen lässt – zum anderen das Streben nach einem Deutschland, das seine imperialistischen Interessen eigenständiger und mit mehr (u. a. militärischen) Gewicht in der Welt zur Geltung bringen kann. Das friedliche Deutschland gibt es aber nur mit einer starken internationalistischen Arbeiterbewegung, die im deutschen Imperialismus als Ganzem ihren Feind erkennt – oder eben historisch mit einer NVA vor der Haustür. Diese Erkenntnis bedeutet nicht, dass Parolen wie „Deutschland raus aus der NATO“ per se falsch oder reaktionär seien. Im Gegenteil, sie sind dafür geeignet, Menschen für einen Kampf gegen die NATO auf die Straße zu bringen und diesen auch mit konkreten Kampflosungen zu verbinden (z.B. Schließung von Ramstein). Dennoch müssen Kommunisten darüber aufklären, dass a) die Beteiligung an der NATO keiner Unterwerfung des deutschen Imperialismus, sondern gerade der Realisierung seiner imperialistischen Ziele entspringt (weswegen die AfD ja auch bislang gar nicht für einen NATO-Austritt ist); b) diejenigen entlarven, die auf solche Parolen aufspringen – nicht, weil sie imperialistische Kriegsbündnisse per se ablehnen, sondern weil sie diese unter ihrer eigenen Führung haben wollen.

Die abwiegelnde Argumentation, die diese Ambivalenzen eines breiten Bündnisses mit rechtsbürgerlich bis faschistischen Kräften zwar prinzipiell anerkennt, aber deren Realisierungspotential infrage stellt („Ja, das mag die AfD ja wollen, aber können sie ja gerade eh nicht umsetzen – aber die Regierung führt real Krieg“), tappt in genau die Fallen, die von den Compact-Strategen gestellt werden. 

Die historische Querfrontkonzeption hat Interessenswidersprüche innerhalb des deutschen Monopolkapitals ausgedrückt. Eine Analyse der Interessenswidersprüche des deutschen Kapitals heute, die sich u. a. in ihrer Haltung zum Krieg in der Ukraine ausdrücken, steht aber noch aus. Ebenso ist es schwer einzuschätzen, welche tatsächliche Relevanz die Querfront-Träume eines Instituts für Staatspolitik (IfS) oder Compact-Magazins noch entfalten werden. Heute wie damals wird „Querfront“ von rechts bewusst konzeptioniert und vorangetrieben. Jedoch ist das, was die historische Querfront war, und die Entwicklungen in der heutigen Friedensbewegung keineswegs identisch miteinander. Trotzdem wird durch den Vergleich und die historische Besprechung von „Querfront“ eine Gefahr sichtbar: Rechte können mit linken Parolen erfolgreich arbeiten, wenn sie gelassen werden. Hier gibt es konkrete Einstiegsmomente, die erkannt und aufgearbeitet werden müssen (rechts-links-egal, „Demokratiebewegung“, Souveränismus usw.). Kommunisten haben hier nichts zu gewinnen und müssen die Arbeiterklasse nach Kräften über den Schwindel aufzuklären. Jedoch reicht es nicht aus, Abstand zu halten. In die Offensive zu kommen, geht nur, indem man sich diesen Problemen aktiv zuwendet und sie entsprechend bekämpft. Momentan beobachten wir eher eine Hilflosigkeit, die in Gleichgültigkeit umschlägt und tatsächlich zur Querfront werden kann. Voraussetzung und Startpunkt für die Bearbeitung dieses Problems ist die Aneignung, Einbeziehung und Übersetzung eines historisch fundierten antifaschistischen Bewusstseins.

Und zuletzt ist es wichtig einzuordnen, dass die Einschätzung der tatsächlichen Relevanz und Funktion aktueller Querfrontbestrebungen für die Herrschenden nur im Zusammenhang mit der richtigen Bestimmung des Verhältnisses des deutschen zum US-Imperialismus und der Beschäftigung mit verschiedenen und konkurrierenden Strategiekonzeptionen des deutschen Imperialismus heute gelingen kann. Was Gossweiler, Eichholtz, Kuczynski und Andere an Analysearbeit für die Zeit der Weimarer Republik und des Faschismus geleistet haben, ist heute ein offener Arbeitsauftrag – an uns alle.

Literatur

AIB 62, Der Begriff Querfront, 10.03.2004. Online unter: https://www.antifainfoblatt.de/artikel/der-begriff-querfront-eine-historische-betrachtung.  

Gossweiler, Kurt, Die Strasser-Legende Gossweiler, Berlin 1994. 

Gossweiler, Kurt, Der Putsch der keiner war, Köln 2009. 

Gossweiler, Kurt, Großbanken, Industriemonopole und Staat, Köln 2013. 

Mende, Silke, „Konservative Revolution“ im ökologischen Zeitalter – die Gemeinschaftsdenker, in: „Nicht rechts, nicht links, sondern vorn“. Eine Geschichte der Gründungsgrünen, München 2011, 94-134.  

Schildt, Axel, Militärdiktatur mit Massenbasis, Frankfurt 1981. 

Ukraine-Initiative – Waffen nieder 2023, Rechtsoffenheit in der Friendensbewegung. Kampfbegriff oder reales Problem, online unter: https://www.unsere-zeit.de/wp-content/uploads/2023/08/Thesenpapier-Rechtsoffenheit-Kampfbegriff-oder-reales-Problem.pdf.  

Fußnoten

1 z. B. in Berlin gegen Aktionen des Bündnisses „Heizung, Frieden und Brot“, online unter: https://www.unsere-zeit.de/ueber-die-linke-blase-hinaus-4351051/.

2 Leider diffamierte u.a. auch die VVN BdA die DKP als ‚rechtsoffen‘, online unter: https://www.unsere-zeit.de/fragwuerdige-thesen-4783107/.  

3„Der Begriff der ‚Querfront‘ ist ein Schlüsselbegriff für strategische Überlegungen am Ende der Weimarer Republik“ (Schildt 1981, S. 7). 

4 Zur zentralen Rolle der Reichswehr siehe auch Schildt 1981, S. 15.

5 „Im engeren Sinn wurde der Begriff der ‚Querfront‘ von den politischen Akteuren für die ‚Zusammenfassung der parteiungebundenen Kräfte und der Strassergruppe der NSDAP‘ im Rahmen der Arbeitsbeschaffungskonzeption des ‚Gereke-Programms‘ geprägt. Im weiteren Sinn kennzeichnet dieser Begriff die Überlegung, unabhängig von und ‚quer‘ zu den Parteien relevante gesellschaftliche Gruppen – Gewerkschaften, Wehrverbände, Standesorganisationen etc. – zu ‚positiver Mitarbeit‘ zu sammeln. Die NSDAP wurde in diesem Zusammenhang nicht als Partei, sondern gemäß ihrem eigenen Selbstverständnis als ‚nationale Bewegung‘ eingeordnet.“ (Schildt 1981, S. 7) 

6Auch beziehen sich bis heute Vertreter der „Neuen Rechte“ auf Konzepte des „Nationalen Sozialismus“, die von nationalkonservativen Autoren wie Oswald Spengler und Ernst Jünger in der Weimarer Republik popularisiert wurden. Von einer Querfront mit der politischen Linken ist hier aber nicht die Rede: strammer Antimarxismus und Antiliberalismus flankieren den Ruf nach einem autoritären Imperialismus-Sozialismus.

7Vgl. Gossweiler (2013/1971), Großbanken, Industriemonopole und Staat, Köln/Berlin DDR.  

8Schildt bemängelt u. a., dass Gossweiler die ‚relative Autonomie‘ ‚politischer Phänomene‘ nicht ausreichend berücksichtige: „Selbst wenn diese Kennzeichnung der Schleicher- bzw. Querfrontkonzeption vom Blickpunkt der IG Farben- oder auch IG Farben/Deutsche Bank-Interessen aus betrachtet berechtigt ist, bleibt es eine im Kontext gesamtgesellschaftlicher Interessenskonstellationen unzureichende Bestimmung, weil eigenständige politische Faktoren der Strategiebildung aus dem Blickfeld geraten. Ein weiteres Problem liegt in der im Begriff der ‚Maximallinie‘ implizierten lediglich quantitativen Abgrenzung der Konzeption der Querfront vom Faschismus der NSDAP, was tendenziell die Gefahr einer Unterschätzung alternativer bürgerlich-reaktionärer Diktaturkonzepte beinhaltet. […]“ (Schildt 1981, S. 15).

9 Vgl. Gossweiler 2013, S. 232f.

10Silke Mende beschreibt in ihrer Dissertation (2011) die Gründung der „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher“ (AUD), welche sie als „Kerngruppe“ der Gemeinschaftdenker einschätzt. Der Gründer August Haßleiter und dessen spätere Frau und Heimatvertriebene Renate prägten das Programm und die strategische Umorientierung der Gruppe maßgeblich. Haßleiter war in der Weimarer Republik und im beginnenden Nationalsozialismus ein glühender Anhänger von Otto Strasser und ordnete sich der Strömung der „Konservativen Revolution“ zu. Nach dem Ende des Krieges trat er zunächst in die CSU ein und gründete dann später die Deutsche Gemeinschaft (DG) eine Organisation ehemaliger Heimatvertriebene. Sein politische und ideologische Prägung sollten zentral für das Netzwerk der Gemeinschaftsdenker werden. Darunter die Proklamation eines „deutschen Sozialismus“, der Gemeinschaft (auch Volksgemeinschaft) und die Propagierung eines Dritten Wegs. Das Motiv „weder links noch rechts“ zu sein bildete eine Basis für ein offensives Zugehen der Gemeinschaftsdenker auf Kräfte des linken Spektrums, der Friedensbewegung und der grünen Bewegung. Dieses Projekt war zunehmend erfolgreich, führte zu einem zahlenmäßigen Anwachsen des Netzwerks und schließlich zum Eingehen in die neugegründete Grüne Partei, in deren bayerischen Landesverband die Haßleiters zentrale Funktionen einnahmen.

11 Bei Antaios erschien bereits 2017 ein Buch mit dem gleichen Titel von Benedikt Kaiser, ebenfalls Sezession-Stammautor. Kaiser fordert hier einen Diskurspragmatismus für eine „Mosaik-Rechte“, also die Übernahme und Integration linker Theorieversatzstücke in ein faschistisches Weltbild. Dies passt gut ins sonstige Verlagsprogramm „Marx von rechts lesen“, „Die soziale Frage von rechts“ und „Blick nach Links“ (in letzterem wird „Aufstehen“ in den Blick genommen)

12Das bei diesen Protesten Rechte unbestreitbar versucht haben zu wirken und Einfluss hatten, bedeutet im Umkehrschluss nicht (!), dass alle Teile dieser Protestbewegung Rechte oder ‚rechtsoffen‘ waren.

13Vgl. dazu https://www.linksnet.de/artikel/47348