Seit 34 Jahren verfolgen Gerichte der Bundesrepublik Deutschland ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR, wobei die moralische Empörung stets das Bild dominiert. Der aktuelle Fall eines 80-jährigen Angeklagten, dem der Mord an einem polnischen Staatsbürger im Jahr 1974 vorgeworfen wird, steht exemplarisch für eine systematische politische Kampagne gegen die ehemalige DDR und ihre Institutionen. Es ist trotz anderslautender Behauptungen die erste Verurteilung eines Mitarbeiters des MfS in dieser Art.
Der Vorfall geschah am 29. März 1974 nahe der Grenzübergangsstelle am Berliner Bahnhof Friedrichstraße. Das Opfer hatte zuvor in der polnischen Botschaft mit einem Sprengstoffanschlag gedroht, um seine Ausreise nach Westberlin zu erzwingen. Es handelte sich also um eine glaubhafte Drohung eines Terroranschlags. Diese Tatsache wirft die Frage auf, inwieweit die Situation als bedrohlich wahrgenommen wurde. Es gibt verschiedene Szenarien, die den Tod erklären könnten: Zum einen drohte das Opfer bereits mit einem terroristischen Anschlag, zum anderen wird in MfS-Akten von einer Pistole berichtet, die aus der Manteltasche gezogen wurde. Die Situation könnte durchaus gefährlich gewesen sein, aber es ist ebenso denkbar, dass es sich um Totschlag handelte, wie das Verfahren 2017 begründete.
Dennoch gilt in einem Rechtsstaat der Grundsatz „in dubio pro reo“ – im Zweifel für den Angeklagten. Doch bei politischen Prozessen, wenn es um Antifaschisten, Kommunisten oder die DDR geht, zeigt sich die Fratze der Klassenjustiz. Fakten werden dann schnell nebensächlich, wie die inquisitorische Anti-DDR-Rechtsprechung der letzten Jahrzehnte eindrücklich zeigt.
Obwohl kaum Beweise für den Mordvorwurf vorgelegt wurden, verurteilte das Landgericht Berlin den Angeklagten am 14. Oktober 2024 zu zehn Jahren Haft wegen Mordes. Damit ist er der bisher einzige ehemalige Mitarbeiter der Staatssicherheit, den ein bundesdeutsches Gericht wegen Mordes verurteilt hat. Und genau darum ging es: Es war die wohl letzte Gelegenheit, hier ein Urteil zu erwirken. Dies war weniger eine rechtliche, sondern eine politische Entscheidung. Beides ist völlig untragbar – sowohl die Rechtsbeugung als auch die politische Positionierung der BRD, die sich lieber gemeinmacht mit Faschisten und alles nur Erdenkliche tut, um den Antikommunismus hochzuhalten und das vermeintliche „Unrecht“ der DDR zu beweisen. Hierfür werden Zahlen und Fakten gebraucht, die dann auch mit solchen Urteilen erzeugt werden sollen.
Diese Verurteilung verdeutlicht nicht nur den ideologischen Kampf gegen die Errungenschaften des sozialistischen deutschen Staates, sondern auch die tiefe Heuchelei der heutigen Bundesrepublik. Während ehemalige DDR-Vertreter kriminalisiert werden, bleibt die massive Gewalt, die von BRD-Institutionen ausgeht, weitgehend ungesühnt. Der NSU-Skandal (Nationalsozialistische Untergrund), an dem über Jahre hinweg rassistisch motivierte Morde begangen und staatliche Behörden, einschließlich des Verfassungsschutzes, beteiligt waren, zeigt die Doppelmoral des deutschen Staates deutlich auf. Auch ist die moralische Empörung der BRD über die Grenzsicherung der DDR zutiefst scheinheilig. Schließlich ist die BRD selbst Mitinitiator eines Regimes an den EU-Außengrenzen, das zum Tod von Zehntausenden Menschen geführt hat.
Dass Mord in der BRD erst seit den späten 1970er Jahren nicht mehr verjährt, war das Ergebnis eines knappen Votums im Bundestag. Das Kalkül dahinter war, der internationalen Gemeinschaft zu suggerieren, dass Naziverbrecher in der BRD tatsächlich verfolgt würden. In Wahrheit wurden diese Prozesse jedoch systematisch verschleppt oder erst Jahrzehnte später eingeleitet. Oft starben die Täter vor Abschluss des Verfahrens, wie es im Fall Oskar Gröning deutlich wurde. Obwohl Gröning seine Hilfe an der industriellen Massenvernichtung nicht abstritt, wurde der Prozess so lange hinausgezögert, dass er vor Haftantritt verstarb. Dennoch lobte sich die BRD für ihre vermeintliche „Rechtsstaatlichkeit“, während gelegentlich auch gefordert wurde, „die alten Männer in Ruhe zu lassen“.
Es ist offensichtlich, dass der ideologische Kampf gegen den Sozialismus in der DDR weiterhin geführt wird. Die Verurteilung ehemaliger MfS-Mitarbeiter, die in einer anderen historischen und politischen Realität agierten, zeigt, dass die Deutungshoheit über die Geschichte der DDR immer noch umkämpft ist. Es geht dabei nicht nur um die Vergangenheit, sondern auch darum, ein politisches Signal zu setzen, das die BRD gezielt für ihre antikommunistische Agenda nutzt.