English
русский
عربي

Ohne Internationalismus keine DDR

Vorwort zur Reihe anlässlich des 75. Jahrestags der Gründung der DDR

Mit der Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 begann ein neues Kapitel deutscher Geschichte.
Wir veröffentlichen anlässlich dieses 75. Jahrestages dieses Dossier mit Artikeln zur SED sowie zum Internationalismus und Antifaschismus in der DDR. Wir wollen diese zentralen Aspekte im ersten deutschen Anlauf zum Sozialismus genauer beschreiben und aufzeigen, welche Bedeutung sie bis heute haben. 

Außerdem wollen wir euch dazu anhalten einen (erneuten) Blick in unseren Episodenfilm „Das andere Leben“ zu werfen. In vier Episoden geben verschiedene Zeitzeugen einen Einblick über Funktionsweise und Entwicklung, Errungenschaften und Widersprüche der DDR. In der ersten Episode geht es um Kindheit, Jugend und Schule, in Episode zwei um Arbeit und Wirtschaft, in der dritten Episode um Demokratie und Zusammenleben und zu guter Letzt, in Episode vier um Kalter Krieg und Konterrevolution. Einschalten lohnt!

Ohne Internationalismus keine DDR: Die internationalistische Politik der DDR ist ein Paradebeispiel für ihre Errungenschaften. In weiten Teilen der Welt, insbesondere in Osteuropa und im Globalen Süden, erinnert man sich sehr positiv an die das sozialistische Deutschland und seine Politik der Völkerfreundschaft. Sie beweist angesichts der fortbestehenden imperialistischen Unterdrückung der Völker der Welt, welchen bedeutenden Weg die DDR ging.

Ohne Antifaschismus keine DDR: Die modernen Massenmedien, ihre Denkfabriken und Stichwortgeber sind mittlerweile Meister darin, jeglichen Dreck auf der DDR abzuladen. Alles nur verordneter Antifaschismus von oben? Sicher nicht! Es wird Zeit, mit den Lügen und Mythen über den DDR-Antifaschismus aufzuräumen. 

Ohne SED keine DDR: Wenn auf die Errungenschaften der DDR hingewiesen wird, wird nur selten die politische Kraft erwähnt die die Arbeiterklasse in dieser Zeit anführte: die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands. Dabei ist es höchste Zeit, sich genauer der SED zu widmen. Welche Rolle spielt sie für uns Kommunisten heute?


Die DDR war anders: 40 Jahre Internationalismus!

Wenn wir den 75. Jahrestag der Gründung der DDR begehen, dann müssen wir auch an ihr internationalistisches Erbe erinnern. Die DDR war der erste und bislang einzige Staat auf deutschem Boden, in dem keine Herrschaftsansprüche über andere Völker erhoben wurden. Der einzige deutsche Staate, der nie nach Expansion strebte, von dem nie Krieg und Eroberung ausgingen.

Freundschaft mit Osteuropa!

Ein Ergebnis und eine Lehre aus zwei Weltkriegen und 12 Jahren faschistischer Herrschaft war, dass nie wieder Krieg von deutschen Boden ausgehen durfte und dass insbesondere die freundschaftliche Beziehung mit den Völkern Osteuropas eine Voraussetzung für den Frieden auf dem Kontinent war. Im Gegensatz zur Bundesrepublik beherzigte die DDR diese Lehren nicht nur, sie machte sie viel mehr zu ihrem Grundsatz.

Der deutsche Imperialismus hatte in seinem „Drang nach Osten“ zwei Weltkriege vom Zaun gebrochen. Die Nazis hatten die osteuropäischen Völker zu „slawischen Untermenschen“ erklärt, die es zu vernichten und zu versklaven galt. Und Hitler hatte Russland als „unser Indien“ deklariert, das es zu erobern und zu kolonisieren galt. Für die DDR dagegen waren die Staaten Osteuropas Bruderländer und den Hass und die Verachtung, die der Bevölkerung über Jahre und Jahrzehnte eingeimpft worden waren, ersetzte sie durch aufrichtige Freundschaft.

Wie großartig dieses Erbe der DDR war und noch immer ist, können wir besonders gut im Nachgang der Konterrevolution 1989/90 erkennen: Bald nach der Annexion der DDR durch die BRD wurden, wie schon zu Zeiten Hitlers, Jugoslawien und die Tschechoslowakei politisch und schließlich auch militärisch im Interesse des deutschen Imperialismus zerschlagen. Osteuropa wurde mit der EU-Osterweiterung zum Hinterhof der deutschen Wirtschaft. Und Russland wurde, nachdem Putin dem Westen seine roten Linien aufgezeigt hatte, erneut zum Feind erklärt, den es in den Worten von Annalena Baerbock (Grüne) zu „ruinieren“ gilt. Die Errungenschaft der DDR in Form der Völkerfreundschaft mit der Sowjetunion zeigt sich noch heute daran, dass die ostdeutsche Bevölkerung nach wie vor wenig empfänglich für die antirussische Kriegshetze ist.

Solidarität mit der Dritten Welt!

Die DDR war aber nicht nur ein Friedensstaat, der die Freundschaft mit den Völkern Europas suchte. Sie war auch der erste deutsche Staat seit dem Aufkommen von Kapitalismus und Imperialismus in der Welt, der nicht nur keine Kolonien wollte, sondern im Gegenteil aktiv den Kampf gegen Kolonialismus und nationale Unterdrückung unterstützte.

Während in der BRD der ehemalige Vizepräsident des Deutschen Kolonialbunds, Konrad Adenauer (CDU), von 1949-63 den ersten Bundeskanzler stellte, entstanden in der DDR allein in den1950er Jahren Solidaritätsgruppen für Korea, Vietnam, Algerien und Ägypten und ab 1960 für ganz Afrika, ganz Asien, für die arabischen Völker, für Kuba und für Chile.1

Während die BRD die Kolonialmächte Portugal und Spanien und die Siedlerregime in Südafrika und Palästina mit Waffen ausrüstete, bildete die DDR Freiheitskämpfer und Armeeangehörige fortschrittlicher Regierungen aus, so etwa aus Chile, dem Kongo, Laos, Libyen, Mosambik, Namibia, Palästina, Sambia, Südjemen, Syrien, Vietnam und Zimbabwe.2

Während die BRD ein weitgehend sicheres Hinterland für den völkermörderischen Krieg der USA in Vietnam war, unterstützte die DDR-Bevölkerung das vietnamesische Volk mit großangelegten Spendenkampagnen.

Während der Putsch gegen den gewählten Präsidenten Salvador Allende am 11. September 1973 von westdeutschen Zeitungen bejubelt wurde und der CSU-Vorsitzende und spätere bayrische Ministerpräsident Franz Joseph Strauß nach Santiago flog, um dem Militärdiktator Pinochet die Hand zu schütteln, schmuggelte das MfS Regimegegner aus dem Land, nahm die DDR hunderte chilenische Flüchtlinge auf und bildete die NVA chilenische Widerstandskämpfer aus.3

Während sich die von alten Nazis mitaufgebaute BRD mit ihrer „Staatsräson“ in Form der bedingungslosen Unterstützung für Israel bis heute eine Art „Ersatzantifaschismus“ geschaffen hat, bestanden zwischen der von antifaschistischen Widerstandskämpfern aufgebauten DDR und dem Staat Israel nie diplomatische Beziehungen. Stattdessen unterstützte das antifaschistische Deutschland den Befreiungskampf der Palästinenser.

Während die BRD billige Arbeitskräfte aus den Ländern Süd- und Osteuropas sowie Asiens abwarb, um sie auszubeuten, wurden in der DDR Vertragsarbeiter aus zahlreichen Ländern zu Fachkräften ausgebildet, damit sie in ihren Heimatländern, die häufig erst kurz zuvor ihre nationale Unabhängigkeit errungen hatten, eine selbstständige Wirtschaft aufbauen konnten.

Während die „Entwicklungshilfe“ der BRD ihrer imperialistischen Natur nach nichts anderes als ein neokolonialistisches Werkzeug zur Schaffung von politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit war, leistete die DDR tatsächliche Entwicklungshilfe im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe und Unabhängigkeit.

Während die imperialistischen Mächte seit dem Untergang der Kolonialreiche bis heute eine Politik der auf Bevormundung und Erpressung basierenden neokolonialen „Partnerschaft“ betreiben, basierte das Verhältnis der DDR zu den postkolonialen Staaten auf einer Genossenschaftlichkeit im Kampf gegen den gemeinsamen Feind: den Imperialismus. Daher hatte die Völkerfreundschaft der DDR eine materielle Basis und sie stand – im Gegensatz zur in der BRD propagierten „Völkerverständigung“ – nicht im Widerspruch zu den eigenen wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen.

Damit bewies die DDR in der Praxis, dass der Sozialismus tatsächlich nicht nur die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen im eigenen Land, sondern zugleich auch die Ausbeutung der schwächeren Nationen durch die stärkeren aufhebt.

Von den Massen getragen

In der allgegenwärtigen Anti-DDR-Hetze ist häufig die geringschätzige Rede vom „verordneten Antifaschismus“ und von „verordneter Solidarität“. Darin drückt sich letztlich nur die Feindschaft der Herrschenden der Bundesrepublik gegenüber einem System aus, in dem Antifaschismus und Internationalismus Staatsräson sind. Denn eine solche Staatspolitik kann letztlich nur durch einen konsequenten Bruch mit Kapitalismus und Imperialismus realisiert werden.

Allerdings entspricht es schlicht nicht der Realität, dass Antifaschismus und Völkerfreundschaft in der DDR nur von oben verordnet und von der Bevölkerung widerwillig ertragen wurden: Noch während des Wideraufbaus stand die DDR-Führung vor der heiklen Aufgabe, der ostdeutschen Bevölkerung zu vermitteln, weshalb es richtig und legitim war, trotz der eigenen prekären Lage Reparationszahlungen an die Sowjetunion zu leisten. Sie löste diese Aufgabe mit Bravour.4 1988 waren 6,4 Millionen DDR-Bürger in der Deutsch-Sowjetischen Freundschaftsgesellschaft organisiert,5 und das bei einer Bevölkerungszahl von 16,4 Millionen.

Aber nicht nur die deutsch-sowjetische Freundschaft war ein hohes Gut in der ostdeutschen Bevölkerung: Zwischen 1961 und 1989 spendeten die Menschen in der DDR rund 3,5 Milliarden Mark an das Afro-Asiatische Solidaritätskomitee (ab 1973: Solidaritätskomitee der DDR).6 Zahlreiche DDR-Bürger beteiligten sich an Kampagnen, wie den „1 Million Rosen für Angela Davis“. Tausende FDJ-Mitglieder nahmen an den Solidaritätsbrigaden teil, die in Dutzenden Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas praktische Hilfe leisteten.7 Bei den Weltfestspielen der Jugend und Studenten 1951 und 1973 in Ostberlin zelebrierten insgesamt mehr als 50.000 Menschen aus mindestens 140 Ländern gemeinsam internationale Solidarität und kulturelle Vielfältigkeit.

Ein anderes Deutschland ist möglich!

Angesichts der ungebrochenen Unterstützung der Bundesregierung für den Völkermord in Gaza und die Aggressionen Israels gegen Libanon, Iran, Jemen und Syrien –

angesichts der Bewaffnung faschistischer Milizen in der Ukraine gegen die ostukrainische Bevölkerung und die Russische Föderation durch die BRD und ihre NATO-Partner –

angesichts der Tatsache, dass mehr als 120 Jahre, nachdem deutsche Truppen den Volksaufstand in China im Bund mit den anderen imperialistischen Mächten niedergeschlagen haben, und 110 Jahre, nachdem Deutschland seine Kolonien im Pazifik verloren hat, die Bundeswehr wieder mit Kriegsschiffen durch chinesische Gewässer fährt –

angesichts all dessen schmerzt das Fehlen eines antifaschistischen, eines antiimperialistischen, eines internationalistischen Deutschland umso mehr.

Die DDR war dieses bessere Deutschland und sie hat uns gezeigt, dass ein solches besseres Deutschland möglich ist! Ein Deutschland, das die Welt nicht in Angst und Schrecken versetzt, das nicht immer auf der falschen Seite der Geschichte steht. Nehmen wir diesen Beweis, um Mut zu schöpfen, ein solches Deutschland erneut zu erkämpfen!

  1. Achim Reichardt: Nie vergessen Solidarität üben. Die Solidaritätsbewegung in der DDR (Kai Homilius Verlag 2006), S. 41. ↩︎
  2. Bernhard Schöne: Die NVA und das subsaharische Afrika. Zu den militärischen Auslandsbeziehungen der DDR, in: Ulrich van der Heyden, Iona Schleicher, Hans-Georg Schleicher (Hrsg.) Die DDR und Afrika. Zwischen Klassenkampf und neuem Denken (LIT Verlag 1993), S. 36. ↩︎
  3. https://ifddr.org/chile-und-deutschland-zwischen-solidaritaet-und-abhaengigkeit/ ↩︎
  4. Kurt Pätzold: Die Mär vom Antisemitismus (Edition Ost 2010), S. 23-25. ↩︎
  5. Statistisches Jahrbuch 1989 der DDR (Staatsverlag der DDR 1989), S. 410. ↩︎
  6. Achim Reichardt: Nie vergessen Solidarität üben. Die Solidaritätsbewegung in der DDR (Kai Homilius Verlag 2006), S. 315. ↩︎
  7. https://zeithistorische-forschungen.de/3-2020/5890 ↩︎

Aktuelles

Palestine says: “I was, I am, I shall be!” One year of the Al-Aqsa flood

One year ago, the resistance in the Gaza Strip rose up to break out of the open-air prison, to disprove the myth of Israel's invincibility, to remind the world that the Palestinians still exist, to bring the hundred-year war in Palestine hopefully to its final phase.

Pazifismus führt nicht zum Frieden

Der Artikel setzt sich mit der Rolle des Pazifismus in der Friedensbewegung auseinander. Was bedeutet Frieden in der "regelbasierten Ordnung" des Imperialismus?Der Autor Alexander Kiknadze fragt nach Perspektiven für die Friedensbewegung.