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Dossier „From the River to the Sea“

Ein Kampf für die Freiheit Palästinas und die Meinungsfreiheit in Deutschland

Texte im Dossier

Einleitung

Update From the River to the Sea vom 24.04.2024

Auf die Straße für die Entkriminalisierung von „From the river to the sea – Palestine will be free!“ – Aktionsbericht des Anmelders der Kundgebung am 22. März in Frankfurt

In Frankfurt darf man unter dem Motto demonstrieren, in Leipzig nicht mal darüber berichten – Aktionsbericht eines Genossen zur Demonstration am 22. März in Leipzig

Redebeiträge der Kundgebung am 22. März in Frankfurt
Rede I
Rede II

Einleitung

In diesem Dossier wollen wir Texte und Hintergrundinformationen zum Kampf gegen die Kriminalisierung der Parole „From the river to the sea – Palestine will be free“ sammeln. Das Dossier soll das staatliche Vorgehen, juristische Entscheidungen und politische Hintergründe transparent machen, sowie die gemachten Erfahrungen für andere Gruppen und Organisationen zugänglich machen. Wir wollen auch über Urteile und Erfahrungen anderer Gruppen und Aktivisten berichten, sendet uns also gerne Material zu, das wir veröffentlichen können.

Wir beginnen mit der am 22. März in Frankfurt am Main stattgefundenen Kundgebung mit dem Titel „From the river to the sea – Palestine will be free“. Die Erfahrung kurz zusammengefasst: Alle Gerichte haben dem Anmelder Recht gegeben und das Verbot der Parole aufgehoben. Die Polizei setzte es trotzdem durch – aber trotzdem war es ein wichtiger juristischer Sieg.

Die Stadt Frankfurt hatte gegen die letzte Entscheidung nicht mehr Widerspruch eingelegt und so konnte der Anmelder nicht bis zum Bundesverfassungsgericht ziehen. Mit einem Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen das Verbot der Parole durch die Auflagen hätte er vermutlich auch Erfolg gehabt und eine wichtige höchstrichterliche Entscheidung erwirkt. Falls ihr also woanders Kundgebungen mit dem Motto „From the River to the Sea _(…)“ anmeldet, versucht per Eilantrag bis nach Karlsruhe zu kommen.

Warum ist es wichtig für die Entkriminalisierung der Parole “From the river to the sea – Palestine will be free” zu kämpfen?

Die Bundesregierung hat die Parole „From the River to the sea – Palestine will be free“ verboten, damit eine bestimmte Position zu Israel/ Palästina verunmöglicht wird. Die Parole wurde ins Zentrum der Kriminalisierung der Palästina-Solidarität gestellt, unter anderem indem sie im Verbot von Samidoun und Hamas als deren Kennzeichen bestimmt wird. Es geht um die offene Infragestellung der israelischen Besatzungsmacht, aufgrund seines siedlerkolonialen und rassistischen Charakters. Über das Verbot dieser Parole soll die Existenz der Kolonisierung, Vertreibung, Besatzung und Apartheid Palästinas normalisiert und unangreifbar gemacht werden.  Diese Dinge sind fest in der Gründung der zionistischen Besatzung verankert, welche sich in der Nakba (arabisch: Katastrophe) 1948 und der darauffolgenden Besatzung ganz Palästinas und darüber hinaus Teile von Syrien manifestieren.

Die Bundesregierung kriminalisiert den Spruch, indem sie behauptet, die Forderung nach einem Ende der Besatzung Palästinas in den Grenzen vor 1948 sei eine „terroristische“ Forderung. So soll jeglicher Widerstand als Terror gelabelt werden. Die Strategie ist, den legalen Rahmen der politischen Positionen zu Palästina abzustecken und den Diskurs darüber zu bestimmen. Oder anders gesagt: Das Ziel ist, die willkürliche und reaktionäre Staatsräson, die die „Sicherheit“ Israels über alles andere stellt, durchzusetzen.

Unser Ziel ist es, die Parole „From the River to the sea – Palestine will be free“ zu entkriminalisieren. Das wird auch Zeit. Sowohl in den Niederlanden, als auch in Tschechien ist es schon längst erlaubt, öffentlich ein freies Palästina vom Fluss bis zum Meer zu fordern. In den USA wird der Spruch auf allen Demonstrationen gerufen. Wir wollen den Spruch auf Demonstrationen, auf Schildern, auf Bannern und in unseren Reden frei sagen können. Das ist unser grundlegendes Recht auf Meinungsfreiheit.


Update From the River to the Sea 

Erfolg! Die Parole darf gerufen werden! Oder doch nicht? 
Was bedeuten Erfolge vor Gericht für den politischen Kampf? 
In Frankfurt und in Bremen konnte die Parole ohne jede Repression gerufen werden – ein klarer Erfolg! 

Auch in Leipzig konnte sie gerufen werden, die Auflagen hatten nur eine mögliche Strafbarkeit gesehen, wenn sie in einem direktem Bezug zur Hamas stehen würde. Die Polizei kontrollierte trotzdem vier Genossen und erstattete Strafanzeige wegen Verwendung von Kennzeichen verbotener Organisationen – ein Vorwurf, der schon von vielen Gerichten fallen gelassen wurde, weil die Parole nicht einzelnen Organisationen zuzurechnen ist. 

Zur Entwicklung in Frankfurt/Main, die direkt aus dem Vorgehen vor Gericht resultiert. Daher soll hier auch kurz erklärt werden, warum es wichtig ist, vor Gericht zu gehen! 

Drei Wochen nachdem ein Anmelder vor Gericht gezogen ist und Recht bekommen hat, ist nun auch der nächste Schritt gelungen! Die Parole durfte auch auf der Straße gerufen werden! Die Polizei hatte bei einer Kundgebung in Frankfurt/Main am 13.04. klargestellt, dass sie nicht einschreiten werde und das Rufen der Parole erlaubt sei. In den Auflagen hieß es, dass die Parole wenn sie nicht im direkten Bezug auf die Hamas gerufen werde, nicht strafrechtlich relevant sei. Der Slogan wurde auf dieser sowie auf weiteren Kundgebungen ausgiebig gerufen! 

Der Verwaltungsgerichtshof Kassel hatte auf seiner Website eine Pressemitteilung verfasst, in dem er das Urteil kurz begründet ( https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/presse/fuer-ein-freies-palaestina-fuer-alle-menschen-1). Es ist davon auszugehen, dass die Taktik der Polizei, das Rufen der Parole trotzdem zu unterbinden, auf den Unmut der Gerichte gestoßen ist und klar wurde, dass dies auf Dauer nicht zu halten ist.

Es zeigt sich: Es ist wichtig, den politischen Kampf auch juristisch zu führen. Gerichte und Urteile sind Teil der politischen Auseinandersetzung. Wir konnten beispeilsweise beobachten, dass die Presse durchaus darauf eingehen muss, wenn die von ihnen anerkannten Gerichte anders urteilen, als sie in ihrer Berichterstattung bisher argumentiert hatten.  

Die willkürlichen Anordnungen der Polizei kommen natürlich von der Regierung, sei es auf Bundes- oder Landesebene. Die Gerichte sind zwar keine losgelösten Instanzen und sie urteilen unterschiedlich. Aber im politischen Kampf sind sie ein Teil, der nicht unwichtig ist und in der öffentlichen Diskussion eine wichtige Rolle spielt. Der politische Kampf besteht darin, eine Änderung der politischen Kräfteverhältnisse zu bewirken, die sich gegen die Kriegspolitik der Regierung stellen. Dabei ist die Mobilisierung gesellschaftlicher Teile zentral und dafür wiederum spielt die öffentliche Meinungsauseinandersetzung eine wichtige Rolle, die Gerichtsurteile dazu Bestandteil dessen. Sie spiegeln auch wider, wie die politische Landschaft zu dieser Frage aufgestellt ist, da die Gerichte dies nicht ganz unberücksichtigt lassen können und auch weil die Richter selbst Teil der politischen Auseinandersetzung sind. Sie sind dabei mit dem Widerspruch konfrontiert, dass der Rechtsstaat seine Glaubwürdigkeit verliert, wenn allzu offensichtliche Willkürentscheidungen einfach durchgehen. 

Es ist aber auch auf ganz praktischer Ebene ein wichtiger Erfolg. Denn die Palästina-Solidaritäts-Bewegung ist nicht groß genug und nicht gesellschaftlich stark genug verankert, um allein schon aufgrund von Masse und Bedeutung Willkürmaßnahmen der Regierung und Polizei auszuhebeln. Daher ist die Nutzung der Gerichte wichtig, um unseren politischen Spielraum zu erweitern oder besser gesagt, um ihn wieder auf den Stand zu bringen, der uns gemäß unserer Grundrechte zusteht. Auch diese sind eben ohne Kampf nicht zu bekommen. 

In einem nächsten Teil wollen wir erklären, warum es wichtig ist, in dem juristischen Kampf bis zur höchsten Instanz, dem Bundesverfassungsgericht, zu gehen. 


Auf die Straße für die Entkriminalisierung von „From the river to the sea – Palestine will be free!“

Aktionsbericht des Anmelders der Kundgebung am 22. März in Frankfurt

In Deutschland wurde bisher keine Versammlung mit dem Titel „From the River to the sea – Palestine will be free“ angemeldet – die Einschüchterungsversuche und Repressionsmaßnahmen zeigen also ihre Wirkung. Das war der Grund, wieso ich die Kundgebung unter dem Titel „From the river to the sea – Palestine will be free. Für ein freies Palästina für ALLE Menschen!“ angemeldet habe. Der folgende Bericht soll den Ablauf und die juristischen Urteile dazu transparent machen, um so eine Durchführung von Veranstaltungen unter diesem Slogan auch in anderen Städten zu ermöglichen.

Die Schritte im Vorfeld

Bevor ich die Kundgebung anmeldete, hatte ich eine Anwältin kontaktiert, die uns bereits in der Vergangenheit vertreten und erfolgreich gegen Auflagen und andere Verbote geklagt hat. Ich sprach mit ihr über unsere Pläne und teilte ihr mit, dass ich zur Not vor das Bundesverfassungsgericht ziehen werde. Es ist wichtig, dass der Anwalt politisch hinter dem Anliegen steht und bereit dazu ist, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Andernfalls besteht die Gefahr, den Anwalt unnötigerweise von dem politischen Anliegen zu überzeugen, was zu Frustration und unnötigen Diskussionen führen kann. Ich habe die Versammlung drei Wochen vor Beginn der Kundgebung angemeldet, um bei Bedarf genug Zeit für weitere juristische Schritt zu haben. Nachdem ich nach eineinhalb Wochen immer noch nichts gehört hatte, war klar, dass es sich um Verzögerungstaktiken handelte. Acht Tage vor der Kundgebung fand das Kooperationsgespräch statt, das ein mich begleitender Freund komplett protokollierte.

Die Stadt Frankfurt hatte zwei Punkte in die Auflagen aufgenommen: Einerseits, dass nicht zur Vernichtung Israels aufgerufen werden darf, und andererseits die Parole „From the river to the sea (…)“ nicht zu verwenden. Ich stimmte beiden Auflagen nicht zu, da unklar blieb, was mit `Vernichtung Israels´ gemeint war. Ich argumentierte, dass ich für eine Einstaatenlösung mit den Grenzen von vor 1948 stehe und alle Menschen, egal welcher Religion, friedlich und gemeinsam in Palästina leben sollten. Ich stellte außerdem klar, dass ich eine Interpretation der „Vernichtung Israels“ als ein Töten aller Juden und Jüdinnen, klar ablehne und eine solche Position auch keinen Platz auf der Kundgebung haben wird.

Am 18. März schickte mir die Stadt Frankfurt die Auflagen, inklusive den beiden genannten Punkten zu. Meine Anwältin legte am 19. März Einspruch in Form eines Eilantrags beim Verwaltungsgericht Frankfurt ein. In einer daraufhin erfolgten Stellungnahme der Stadt Frankfurt zu unserem Eilantrag wurde behauptet, ich hätte auf einer vergangenen Demonstration, auf der ich ebenfalls Anmelder war, den Spruch „From the river to the sea (…)“ über das Mikrofon gerufen. Grundlage hierfür war der Polizeibericht der Demonstration. Entweder war der Polizeibericht fehlerhaft oder sie haben vor Gericht gelogen, denn ich habe den Spruch auf der besagten Demonstration nicht gerufen. Das einzige Mal, wo ich das Mikrofon in der Hand hatte, war bei meiner Rede an dem besagten Tag. Am 21. März gegen Mittag bekam ich von der Stadt Frankfurt eine E-Mail mit der Mitteilung, dass sie prüften, mich als Versammlungsleiter abzusetzen und von der Demonstration auszuschließen. Ein Urteil vom Verwaltungsgericht Frankfurt hatten wir bis dato noch nicht. Somit eröffnete die Stadt Frankfurt ein weiteres Verfahren, das mich politisch und finanziell unter Druck setzen sollte. Denn jedes Verfahren ist natürlich mit Kosten und Zeit verbunden. Aus der Nachricht der Stadt Frankfurt ging auch hervor, dass das hessische Ministerium des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz am 20. März der Versammlungsbehörde der Stadt Frankfurt die Anordnung erteilte, mich von der Versammlung auszuschließen.

Die juristischen Entscheidungen

Am 21. März entschied das Verwaltungsgericht Frankfurt zu meinen Gunsten, die Parole „From the river to the sea (…)“ wurde aus den Auflagen gestrichen. Dagegen legte die Stadt Frankfurt direkt Widerspruch vor dem nächsthöheren Gericht, dem Verwaltungsgerichtshof Kassel, ein. Am Vormittag des 22. März kam dann vom Verwaltungsgericht Frankfurt auch die Eingangsbestätigung unseres Widerspruchs gegen meinen Ausschluss als Versammlungsleiter. Wir gingen eigentlich schon davon aus, dass ein Gang vor das Bundesverfassungsgericht gegen die Auflagen aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich sein wird. Am Mittag teilt mir meine Anwältin mit, dass der Verwaltungsgerichtshof Kassel den Widerspruch der Stadt Frankfurt als nicht gültig erachte und daher nicht zulasse. In der Begründung wird ein Urteil vom Bundesverfassungsgericht von 1976 zitiert, in dem es heißt:

„Bleibt die Äußerung mehrdeutig, weil sich nicht strafbare Deutungsmöglichkeiten nicht als fernliegend ausschließen lassen, ist diejenige Variante zugrunde zu legen, die noch von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt ist“ [1] […] Das Grundgesetz fordert keine Werteloyalität und vertraut „auf die Kraft der freien Auseinandersetzung als wirksamste Waffe auch gegen die Verbreitung totalitärer und menschenverachtender Ideologien“ [2]

Weiter hieß es in dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshof Kassel:

„Gemessen an diesen Grundsätzen, stellt die hier verfahrensgegenständliche Parole keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Die Strafbarkeit der Äußerung „From the river to the sea (…)“ wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich bewertet. Der nunmehr zuständige Senat […] sieht eine Strafbarkeit der Parole als äußerst zweifelhaft an. Aufgrund der derzeit geltenden Gesetzeslage kommt nach summarischer Prüfung weder eine Strafbarkeit nach §§ 140 Nr. 2, 111, 130 Abs. 1 StGB, (1.) noch aus § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Vereinsgesetzes – VereinsG – (2.) in Betracht.“

Der Verwaltungsgerichtshof Kassel sagt also klar, dass eine Strafbarkeit der Parole „From the river (…)“ nicht in Betracht kommt. Auch hat das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil von 1976 ausgesagt, dass bei einer Mehrdeutigkeit von eventuell strafbaren Äußerungen immer diejenige Variante zu Grunde gelegt werden muss, die von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Das trifft in unserem Fall auch auf die Parole „From the river to the sea (…)” zu. Das Gericht nahm ebenfalls Bezug auf den 7. Oktober und eine mögliche Verbindung des Spruchs „From the river to the sea (…) “ zur Al-Aqsa Flut. So heißt es:

„Ausgehend davon spricht Überwiegendes dafür, dass die Verwendung der streitgegenständlichen Parole im Rahmen der angezeigten Versammlung nicht als „Billigung“ der Angriffe der Hamas vom 7. Oktober 2023 zu bewerten ist. So könnte die Parole ohne einen engen zeitlichen Bezug zu dem Angriff vom 7. Oktober 2023 auch als Kritik an der israelischen Siedlungspolitik oder der israelischen Kriegsführung in Gaza zu verstehen sein. Die Möglichkeit einer Strafbarkeit im Einzelfall trägt jedenfalls kein generelles Verbot der Parole mittels Beschränkungsverfügung (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2. Dezember 2023 – 15 B 1323/23 -, juris).“

Oft wird das Verbot der Parole „From the river to the sea (…)“ mit der Verbotsverfügung des Bundesinnenministeriums gerechtfertigt. Da es sich dabei allerdings um ein Vereinsverbot handelt, kann eine Parole, die älter ist als der verbotene Verein und zudem Mehrdeutigkeiten in ihrer Interpretation aufweist, nicht mit dem Vereinsverbot zusätzlich verboten werden. Dazu schreibt das Gericht:

„Ein vollständiges präventives Verbot der Äußerung der Parole vermag das Vereinsverbot jedenfalls nicht zu rechtfertigen, da eine das Bild der Versammlung prägende Bezugnahme auf die Hamas weder dargelegt noch ersichtlich ist.“

Es ist sehr widersprüchlich, dass die Kundgebung mit dem Motto „From the river to the sea (…)“ unwidersprochen akzeptiert und erlaubt wurde, die Parole an sich allerdings verboten blieb. Auch hierzu äußerte sich das Gericht und schreibt:

„Im Übrigen erscheint es dem Senat äußerst widersprüchlich, dass die Antragsgegnerin das Motto der Versammlung unwidersprochen akzeptiert, die Äußerung im Rahmen der Versammlung indes verbieten möchte; geht es doch bei der konkreten Versammlung gerade darum, dafür einzustehen, dass dieser Satz gesagt werden darf.“

Das Verbot der Parole wird in Deutschland immer mit dem Bezug auf die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit in Bezug auf das Vereinsverbot von Hamas und Samidoun gerechtfertigt. Dazu schreibt das Gericht:

„Unter Zugrundelegung der oben genannten Maßstäbe und unter Anwendung der für den Antragsteller günstigsten Deutungsmöglichkeit der mehrdeutigen Parole „From the river to the sea (…)“ kann danach nach summarischer Prüfung nicht davon ausgegangen werden, dass eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch die Verletzung des § 20 Abs. 1 Nr. 5 VereinsG droht.“

Die Gerichtsentscheidung macht also klar, dass die Parole „From the river to the sea (…) “ nicht per se strafbar ist und geht auch auf die einzelnen Paragrafen ein, die uns immer wieder vorgeworfen werden (Billigung von Straftaten § 140, Volksverhetzung § 130, Aufruf zu Straftaten § 111):

„Ausgehend davon dürfte das Äußern der mit der streitgegenständlichen Beschränkung untersagten Parole [„From the river to the sea – Palestine will be free“, Anmerkung des Autors] keinen Verstoß gegen § 140 Nr. 2 StGB darstellen. […] Die Parole „From the river to the sea (…)“ dürfte zudem nicht von einer Strafbarkeit wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten nach § 111 StGB erfasst sein. […] Aus der streitgegenständlichen Parole lässt sich das Auffordern zu einer Straftat wohl nicht ableiten. […] Auch der Tatbestand der Volksverhetzung gem. § 130 Abs. 1 StGB dürfte in seiner derzeitigen Fassung nicht erfüllt sein. […] Da die Parolen unmittelbar ausschließlich gegen den Staat Israel gerichtet sind und sich nur mittelbar auf in Deutschland lebende Juden auswirken, dürfte eine Tathandlung im Sinne des § 130 Abs. 1 StGB zu verneinen sein (vgl. Schiemann, Bekämpfung von Antisemitismus, Terror, Hass und Hetze, ZRP 2024, S. 44 ff. [45]).“

Im Anschluss an das Gespräch mit meiner Anwältin und dem Urteil des Verwaltungsgerichtshof Kassel rief mich die Polizei an. Sie teilte mir mit, dass das Urteil nichts daran ändern werde, dass die Polizei dagegen vorgehen werde, wenn der Spruch gerufen wird. Die Polizei Frankfurt teilte mir außerdem mit, dass die Parole „From the river to the sea (…)“ eine Straftat darstelle. Die Polizei als Exekutive ignorierte also die Urteile der Judikative bewusst. Wir haben uns daher überlegt, wie wir auf der Kundgebung vorgehen und wie wir mit den Äußerungen der Polizei umgehen werden. Uns war klar, dass die Polizei mit allen Mittel verhindern wird, dass wir die Parole öffentlich skandieren. Die Politik und die Polizei wollten eine Eskalation, damit sie Argumente haben, um zukünftige Versammlungen mit diesem Motto ebenfalls zu verhindern. Wir waren also gezwungen, damit umzugehen und eine Eskalation zu verhindern. Somit einigten wir uns darauf, dass das Ziel der Kundgebung sein muss, die Kundgebung friedlich zu Ende zu führen. Konkret hat das für uns bedeutet, dass wir den Spruch „From the river to the sea (…)“ zwar nicht skandieren, aber uns den Raum auf unserer Kundgebung nehmen werden, um über den Spruch, seine Geschichte und seine Bedeutung zu sprechen.

Ablauf der Kundgebung

Am Abend der Kundgebung war eine übertriebene Polizeipräsenz festzustellen. Neben mehreren Hundertschaften und Spezialeinsatzkräften war auch ein Wasserwerfer einsatzbereit. Die Polizei und das Innenministerium setzen auf Eskalation und Abschreckung. Es sollte das Bild von `ungezügelten und wilden palästinensischen Horden` gezeichnet werden, denen mit der ´starken Hand des Staates´ begegnet werden muss, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten.

Das Gespräch mit der Einsatzleiterin war sehr angespannt. Wir konnten mit ihr aushandeln, dass wir den Spruch zwar nicht skandieren, aber den Raum nutzen werden, um über den Spruch zu sprechen. Es ist absurd, dass man mit der Polizei darüber verhandeln muss, wie und in welcher Form unsere Grundrechte ausgeübt werden dürfen – zumal wir die Gerichtsentscheidungen schwarz auf weiß vor uns hatten.

Mit Beginn der Kundgebung erklärten wir den ungefähr hundert Teilnehmenden die Situation und unseren Umgang damit, um alle mitzunehmen und die gewollte Eskalation des Staates zu verhindern. Anschließend sprachen wir über die Einschüchterungstaktik des Staates und den Ablauf der Kämpfe, die wir geführt haben. Im Anschluss informierten wir über die Bedeutung und die Geschichte des Spruchs „From the river to the sea (…)“. Die Polizei ließ es sich nicht nehmen, einen unserer Redner aufgrund des Ausrufs „Palästina darf sich wehren, mit Steinen und mit Gewehren“ zu umstellen und die Personalien festzustellen. Die Polizei wollte unseren Redner festnehmen und anschließend erkennungsdienstlich behandeln. Nur durch das entschlossene und ruhige Auftreten der Teilnehmenden konnte eine Festnahme verhindert werden.

Was können wir daraus für die Palästina-Solibewegung in Deutschland lernen?

Die Kundgebung hat gezeigt, dass der Spruch „From the river to the sea (…)“ eine rote Linie für den deutschen Staat darstellt. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Position der Einstaatenlösung vor 1948 und ein positiver Bezug auf das völkerrechtlich anerkannte Recht auf bewaffneten Widerstand gegen Besatzung kriminalisiert werden sollen. Der deutsche Staat hat jedoch das Problem, dass die Gerichte dieses Vorgehen nicht bedingungslos stützen und sich teils im Sinne der Meinungs- und Versammlungsfreiheit aussprechen. Diese Situation eröffnet Spielräume, die wir unbedingt ausnutzen müssen. Wir sollten die Erfahrungen der Kundgebung nutzen, um an verschiedenen Orten in Deutschland Veranstaltungen mit dem Slogan „From the river to the sea (…)“ anzumelden. So können wir versuchen, den Spruch „From the river to the sea (…)“ Schritt für Schritt aus zukünftigen Demoauflagen zu verbannen.

Wir müssen nur an die ersten Wochen im Oktober zurückdenken, als es verboten war, die Worte „Genozid“ und „Kindermörder Israel“ öffentlich zu äußern. Auch damals sind wir juristisch dagegen vorgegangen, haben vor Gericht Recht bekommen und haben uns auf der Straße nicht einschüchtern lassen. Das hat dazu geführt, dass wir diese Aussagen nun offen äußern dürfen, auch wenn die Polizei vereinzelt weiterhin repressiv dagegen vorgeht. Genauso können und müssen wir es mit der Parole „From the river to the sea (…)“ machen: Schritt für Schritt erkämpfen wir so unsere Rechte. Denn das Gewähren der Meinungsfreiheit und unserer Grundrechte ist nicht selbstverständlich und erfordert jedes Mal Kraft, Zeit und Geld. Doch davon dürfen wir uns nicht abhalten oder einschüchtern lassen.

Freiheit für Palästina!

[1] vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 1976 – 1 BvR 460/72 -, juris; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1995 – 1 BvR 1476/91 -, juris).

[2] BVerfG, Beschluss vom 4. November 2009 – 1 BvR 2150/08 -, juris


In Frankfurt darf man unter dem Motto demonstrieren, in Leipzig nicht mal darüber berichten

Aktionsbericht eines Genossen zur Demonstration am 22. März in Leipzig 

Während in Frankfurt am 22.03. eine Kundgebung unter dem Motto „From the river to the sea – Palestine will be free“ stattfinden durfte und Gerichte urteilten, dass dieser Spruch nicht verboten sei und geäußert werden darf, wurden auf einer Demonstration in Leipzig aus diesem Grund vier Personen festgesetzt und nach § 86a (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen) angezeigt. Getroffen hat es unter anderem eine Rednerin, die gleich zur Auftaktkundgebung über die Errungenschaften in Frankfurt berichtete. 

Darüber hinaus waren zwei weitere Redner von der Repression betroffen, die zuvor in ihrem Redebeitrag über die Repression in Deutschland gesprochen hatten. Dabei hatten sie auch darauf aufmerksam gemacht, dass es ein Unding sei, dass dieser Ausspruch in Deutschland mit dem Aufruf zur Vernichtung aller in „Israel“ lebenden Menschen gleichgesetzt werde. Sie wurden nach der Kundgebung ebenfalls von der Polizei festgesetzt, woraufhin sich viele Teilnehmer solidarisierten und ihre Freilassung forderten.  

In dieser Situation hat einer unserer Genossen die repressiven Maßnahmen vor Ort in einem spontanen Redebeitrag wie folgt eingeordnet: “Das Verhalten der Polizei ist eine Schwäche des Staates. Er schafft es nicht, mit seinen eigenen Gesetzen seinen Willen durchzusetzen und muss daher auf willkürliche Anweisungen an die Exekutive zurückgreifen. In Frankfurt am Main durfte eine Versammlung unter dem Motto „From the river to the sea – Palestine will be free“ stattfinden. Die Anmelder sind erfolgreich gegen das Verbot und die Auflagen vorgegangen und haben einen Sieg für uns alle errungen. Es ist ganz klar, dass das Verbot des Spruches in Deutschland keine Grundlage hat. Der Spruch ist älter als die Hamas und andere Organisationen, mit denen er in Verbindung gebracht wird. Wenn es in Frankfurt möglich ist, eine Kundgebung unter dem Titel „From the river to the sea – Palestine will be free“ durchzuführen, dann gibt es keinen Grund, dass es nicht auch hier in Leipzig und Sachsen möglich sein sollte. Wir sollten daher über ähnliche Schritte wie in Frankfurt nachdenken und das, was wir für richtig halten, auf die Straße tragen.” 

Auch auf diesen Redebeitrag hin setzte die Polizei unseren Genossen fest und kündigte eine Anzeige wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen an. Als Begründung meinte die Polizei lediglich, Leipzig sei schließlich nicht Frankfurt. 

Dies zeigt uns, dass die Kundgebung in Frankfurt zwar eine große Errungenschaft war, es jedoch nicht dabei stehenbleiben darf, auch wenn die Polizei durch die Androhung, dass sie sofort einschreiten würde, wenn der Slogan gerufen wird, verhindert hat, dass er gerufen werden konnte. Es sind noch viele Schritte zu gehen, um die Legalisierung unseres Anliegens eines freien Palästinas vom Fluss bis zum Meer voranzubringen.  

Unter dem folgenden Link kann ein kurzer Bericht von der veranstaltenden Gruppe Handala nachgelesen werden: https://www.instagram.com/p/C42u4PMssYq/?img_index=1  


Kundgebungsreden aus Frankfurt

Auf der Kundgebung gegen die Kriminalisierung der Parole “From the river to the sea – palestine will be free” am 22. März in Frankfurt wurden zwei Reden gehalten, die wir im folgenden dokumentieren.

Rede I

Freiheit für Palästina zu fordern, ist für die Mehrheit der Menschen auf der Welt eine klare Sache. Nur im Westen stehen die Regierungen bedingungslos hinter der zionistischen Besatzung und dem aktuellen Genozid in Gaza. Und das, obwohl die faschistische Regierung Israels den Völkermord offen angekündigt hat und mittlerweile sogar Hunger als Waffe einsetzt. Die Westmächte knüpfen damit an ihre eigene Geschichte als Kolonialmächte und Völkermörder an. 

Allerdings regt sich auch in Ländern wie den USA, Großbritannien, Frankreich, Irland, Spanien, Belgien, den Niederlanden usw. massiver Widerstand gegen diese Politik in der Bevölkerung. Und dieser Widerstand schafft es sogar, Einfluss auf die Politik zu nehmen, so dass mittlerweile immerhin mehrere westliche Länder etwa keine Waffen mehr nach Israel liefern.  

Ganz anders sieht es in Deutschland aus: Auch hier gehen seit 5 Monaten regelmäßig Zehntausende Menschen auf die Straße. Die Repression und die Hetze haben aber bislang verhindert, dass es Hunderttausende sind, wie etwa in England oder in Nordamerika. Und statt die Waffenlieferungen an Tel Aviv einzustellen, hat die BRD sie im Herbst sogar fast verzehnfacht. Deutschland gehört damit weiterhin zu den wichtigsten Unterstützern Israels und leistet vor den Augen aller Welt Beihilfe zum Völkermord. 

Diese pro zionistische, kolonialistische und völkermörderische Politik der Bundesregierung beschränkt sich aber nicht nur auf die Außenpolitik. Die Repression, die wir seit Oktober erleben, markiert eine Qualität, die wir so schon lange nicht mehr erleben mussten: Schätzungsweise 10.000 Anzeigen sind mittlerweile in Deutschland gegen Menschen erstattet worden, die für Palästina aktiv sind. Wohnungen von Aktivisten werden gestürmt. Samidoun wurde verboten. Und es werden weitere Verbote gefordert. 

Nicht zuletzt wird die Meinungsfreiheit eingeschränkt. Dabei werden meist Parolen, Schlagworte und Halbsätze verboten: Das sog. “Existenzrecht Israels” darf auf fast keiner Demo infrage gestellt werden, obwohl es kein Gesetz dafür gibt. Im Ruhrgebiet wurden Sätze wie “Free Palestine” und “Freiheit für Palästina” angezeigt. Überall in Deutschland wird die Parole bzw. der Satz “From the River to the Sea” bzw. “Vom Fluss bis zum Meer” kriminalisiert.

Das war schon länger der Fall. Aber nach dem Aufstand vom 7. Oktober behauptete das Bundesinnenministerium kurzerhand, diese Parole sei sowohl ein Symbol der Hamas als auch von Samidoun. Und da beide nun verboten seien, dürfe auch dieses vermeintliche Symbol nicht mehr benutzt werden. Von niemandem. Zumindest im Sinne der Befreiung Palästinas. Denn wer in Deutschland sagt, dass Israel “vom Fluss bis zum Meer” reiche, muss natürlich nicht mit Repression rechnen. Die rechtsradikale israelische Regierungspartei Likud hat diesen Satz sogar in ihrem Gründungsdokument stehen. Und im Januar 2023 zeigte Netanyahu vor der UNO eine Karte, in der Israel das gesamte historische Palästina einnahm, also ohne Gazastreifen und Westbank. Für die ganze Welt ein Skandal, nur nicht für Deutschland. 

Die Parole “From the River to the Sea: Palestine will be free!” kann von keiner palästinensischen Organisation für sich allein beansprucht werden. Woher der Slogan genau stammt, ist bis heute nicht geklärt. Zumal er auf Arabisch etwas anders lautet als auf Englisch. Sie tauchte auf Arabisch vermutlich während der Ersten Intifada auf, wurde dann in den 1990er Jahren populär und wurde in den 2000er Jahren ins Englische übertragen. Fast alle Fraktionen des palästinensischen Widerstands sowie diverse pro-palästinensischen Akteure auf der Welt benutzen diesen Slogan. Der Satz “vom Fluss bis zum Meer” ist kein Symbol dieser oder jener Organisation, sondern längst eine gängige Floskel im Arabischen, Englischen und auch im Deutschen. 

Inhaltlich bezieht sich die Parole auf die zentrale Forderung der palästinensischen Befreiungsbewegung, wie sie in der PLO-Charta von 1967 festgehalten wurde: Die Befreiung des gesamten historischen Palästinas vom zionistischen Kolonialismus. Wie diese Befreiung genau zustande kommen kann, ist unter Palästinensern und Palästinasolidarischen umstritten. Das ist aber eine strategische und taktische Frage. Das Ziel bleibt klar: Die Befreiung der Palästinenser von Besatzung, Rassismus, Apartheid, ethnischer Säuberung, Völkermord und Kolonialismus. 

Diese Forderung ist vollkommen legitim. Sie ist moralisch, politisch und juristisch richtig. Dasselbe gilt für den Befreiungskampf der Palästinenser gegen den zionistischen Kolonialismus: Kolonialherrschaft wurde in der Geschichte immer nur durch Widerstand gebrochen. Und das Völkerrecht spricht jedem Volk unter Besatzung und Kolonialherrschaft das Recht zu, sich dagegen aufzulehnen, auch mit Gewalt. 

Dass der Zionismus zudem immer das Ziel vor Augen hatte, ganz Palästina zu erobern und die einheimische Bevölkerung zu vertreiben oder auszulöschen, ist bekannt. Der aktuelle Völkermord in Gaza und die geplante ethnische Säuberung des Gazastreifens zeigen, dass Israel dazu bereit ist, seine genozidale Politik bis zum Äußersten zu treiben, wenn der Westen den Zionisten nur freie Hand lässt. Ganz offen sprechen israelische Politiker von einer neuen Nakba. 

Die Kriminalisierung, wie wir sie aktuell in Deutschland erleben, und das Verbot der Parole “From the River to the Sea: Palestine will be free!” ist angesichts dessen nicht anderes als das Verbot, gegen Kolonialismus, Rassismus, Apartheid und Genozid einzutreten. Das sog. “Existenzrecht” des real existierenden zionistischen Staates Israel zur “Staatsräson” zu erheben, bedeutet, die Existenz der israelischen Besatzungsmacht unantastbar zu machen. Bedeutet, Kolonialismus, Apartheid und Genozid unantastbar machen. 

Die Heuchelei der Herrschenden in Deutschland zeigt sich hier ganz offen: Der Widerstand gegen den Kolonialismus, die Sklaverei und den Faschismus wird rückblickend als legitim betrachtet. Ob in Nordamerika, Afrika oder Asien. Die Vernichtung der Ureinwohner Amerikas, Australiens, Neuseelands oder Teilen Afrikas wird heute als “Tragödie” und “Schandfleck” der Geschichte des Westens bezeichnet. Die Genozide der Nazis werden – wenn auch in unterschiedlichem Maße – als Verbrechen anerkannt. Gleichzeitig werden die gleichen Verbrechen, die jetzt gerade geschehen, mit derselben rassistischen Überlegenheits-Propaganda wie damals im Kolonialismus und Faschismus relativiert und legitimiert. Wie kann das sein? 

Die BRD bekämpft palästinensischen Befreiungskampf, weil er ihren ökonomischen, politischen und militärischen Interessen im Weg steht. Die USA und Deutschland sind die Staaten, die die zionistische Besatzungsmacht am Leben erhalten, sie bewaffnen und all ihre Verbrechen rechtfertigen. Mit der Repression und Diffamierung der Palästina-Solidaritäts-Bewegung will die deutsche Regierung jegliche Opposition aus dem Weg räumen, die sich gegen ihre imperialistische Außenpolitik stellt. 

Dabei greift sie auf übelste Diffamierung und Geschichtsverfälschung zurück: Wir – deutsche Linke sowie Palästinenser, Araber und Muslime – werden als Antisemiten diffamiert. Obwohl es die Kommunisten waren, die den Antisemitismus immer bekämpft haben und die muslimische Welt nie ein Problem mit Juden hatte – während sie hier von den herrschenden Klassen in Ghettos gesteckt, ausgegrenzt und schließlich sogar massenweise ermordet wurden. 

Unsere Forderung als Linke, als Kommunisten war schon immer das gleichberechtigte Zusammenleben aller Menschen, unabhängig von Nationalität, Kultur, Herkunft, Aussehen, Religion usw. Auch die Forderung der Palästinenser sah und sieht bis heute das friedliche Zusammenleben aller Palästinenser unabhängig von ihrer Religion vor. Dazu wurden immer auch jene Juden gezählt, die bereits in Palästina lebten und sogar die, die vor 1948 als Siedler ins Land kamen. Dass Siedler, Rassisten, Faschisten, Söldner, Besatzungssoldaten und Landräuber KEIN Recht haben, in Palästina zu leben, ist völlig klar. Das ist der Unterschied zwischen einem Geflüchteten und einem Eroberer.  Die Parole “From the River to the Sea: Palestine will be free” bedeutete nie etwas anderes als die Befreiung Palästinas vom Kolonialismus und vom Rassismus und das friedliche Zusammenleben aller Menschen dort, die friedlich zusammenleben wollen. Es sind die Zionisten, die diesem Ziel im Weg stehen. Und ihre imperialistischen Unterstützer, allen voran die BRD und die USA.

Rede II

Warum ist das Verbot der Parole so wichtig? Warum wird es so vorangetrieben?  Es ist ein besonders drastisches Beispiel der erneuten Gesinnungsjustiz der Bundesrepublik. 

Man wird bestraft für eine Meinung, für eine politische Aussage. Nicht weil man einen Stein geworfen hat oder einen Polizisten angegriffen hat, sondern weil man sich für die Befreiung Palästinas ausspricht, weil man eine andere politische Position vertritt als die Bundesregierung.

Gesetze sind eine politische Sache und drücken den politischen Willen des Gesetzgebers aus. Es geht also nicht darum, dass wir erwarten, dass die Gesetze neutral seien. Es sind Gesetze einer Regierung, die den Völkermord in Gaza unterstützt und die die Republik kriegstüchtig machen will.  

Es wird ein gesellschaftlicher Kampf um die Ausrichtung der Politik und damit um das Leben aller Menschen in diesem Land geführt. Für diesen Kampf brauchen wir Rechte, die uns gegen die Staatsmacht schützen. Denn der Staat ist im Vorteil, er hat das Gewaltmonopol und die Macht auf seiner Seite. Deshalb brauchen wir Rechte, mit denen wir uns gegenüber dieser Staatsgewalt formieren können. Diese Rechte wurden uns nie geschenkt, sondern sie mussten selbst erkämpft werden und sie werden stets bedroht. 

Wenn wir diese Rechte nicht haben und uns nicht versammeln, nicht unsere Meinung frei äußern können, dann können wir uns nicht finden, uns nicht zusammenschließen und dann können wir keine gesellschaftliche Kraft bilden, die sich gegen die Politik der Regierung aufstellen kann. Das nennt man landläufig Demokratie oder demokratische Rechte. Und genau dafür sind wir heute hier auf der Straße, diese Rechte zu verteidigen, zu erkämpfen und uns gegen die Politik einer Kriegs- und Völkermordregierung zu wehren. 

Mit dem Verbot der Parole sowie weiteren Beispielen von Gesinnungsjustiz soll die Äußerung einer wichtigen Meinung, von politischen und gesellschaftlichen, historischen und aktuellen Zusammenhängen zu einer Straftat gemacht werden.  Ich bin kein Jurist. Aber ich verstehe es so: erstens, dass Recht und Gesetz nicht neutral sind, sondern einen politischen Willen ausdrücken und zweitens, dass deshalb ein gewisser Spielraum bei Entscheidungen auch normal ist. ABER: Wir reden hier über Grundrechte – Versammlungs- und Meinungsfreiheit! Und die haben eben die besondere Bedeutung, dass sie nötig sind, damit überhaupt eine Willensfindung und Willensbekundung stattfinden kann – und eben gerade auch eine, die in Opposition zur Regierung steht. 

Mit dem Verbot der Parole soll die sogenannte Staatsräson durchgesetzt werden – die Sicherheit Israels. Was ist eine Staatsräson? Ich will dazu den Journalisten Stephan Dethjen zitieren: „Seit Machiavelli den Begriff im 16. Jahrhundert prägte, diente die Berufung auf Staatsräson vor allem dazu, sich über Bindungen des Rechts und der Ethik hinwegzusetzen. Der außenpolitische Realismus Henry Kissingers in der Zeit des Vietnamkrieges und der amerikanischen Neocons nach den Terroranschlägen vom 11. September stellte Staatsräson über das Völkerrecht.“  Das ist eine treffende Beschreibung: Über Recht und Ethik hinwegsetzen. Besser könnte man das, was die Bundesregierung macht, nicht beschreiben. Und sie will es rechtfertigen mit der „Sicherheit Israels“- Das ist das, was alle zu akzeptieren haben – Besatzung, Vertreibung, Apartheid, Siedlerkolonialismus – seit 1948 – das zu sagen, soll nun kriminalisiert werden. 

Die Staatsräson ist ein besonders willkürliches Instrument, denn sie ist weder demokratisch beschlossen noch eindeutig formuliert und damit offen für willkürliche Auslegung und genau das erleben wir. Begriffe wie die “Sicherheit” Israels, das “Existenzrecht” Israels, die “deutsche Verantwortung”, das deutsche “Staatsinteresse” – um was handelt es sich hier alles? Und wie steht es im Verhältnis zur Realität von Besatzung, Vertreibung und Völkermord?  Das ist die daher besagte Staatsräson, die von manchen behandelt wird, wie ein Grundgesetz. Dann gibt es eine Verbotsverfügung des Innenministeriums, also ein Akt der Exekutive, in der mal so nebenbei ein wichtiger Slogan einer ganzen Befreiungsbewegung mit verboten wird. 

Es gibt weitere Paragraphen, die zur politischen Verfolgung eingesetzt werden, darunter der § 130 zur Volksverhetzung und § 140 zur „Billigung von Straftaten“. Hinzu kommen die Medien, die in erdrückender Weise die Regierungslinie verbreiten, Lügen über die Palästinabewegung verbreiten und – ja, man muss es so deutlich sagen: Hass verbreiten über Menschen, die sich gegen Besatzung und Vertreibung einsetzen. Sie sind keine Sturmgeschütze für die Demokratie, sondern sie sind Teil des Angriffs auf die demokratischen Rechte. 

Wir sehen, dass wir ein ernstes Demokratieproblem haben. Wir müssen verstehen, dass die Einschränkungen unserer Grundrechte uns in jeder Hinsicht bedrohen – ob wir streiken wollen, ob wir demonstrieren wollen, ob wir uns politisch organisieren wollen. Aber sie bedrohen auch die Vernunft und die Menschlichkeit in diesem Land, denn sie überziehen diejenigen mit Hetze und Angst, die für ein zutiefst demokratisches Recht des palästinensischen Volks auf die Straße gehen: Sich gegen Besatzung und Vertreibung zu wehren und für das Selbstbestimmungsrecht zu kämpfen. 

Freiheit für Palästina und Demokratie für Deutschland hängen eng zusammen! 

Kämpfen wir gemeinsam gegen die politische Gesinnungsjustiz und die Einschränkung unserer Grundrechte! Seid kreativ! Meldet überall Kundgebungen für „From the River to the Sea“ an. Grundrechte wird es nur geben, wenn wir aktiv für sie eintreten! 

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10 Jahre Pogrom in Odessa. Ein Verbrechen des NATO-Faschismus

Am 2. Mai 2024 jährt sich das Pogrom von Odessa, verübt von faschistischen Kräften, zum zehnten Mal. Dieses Massaker, bei dem 48 Menschen starben, war von Faschisten, die durch den Maidan-Putsch an die Macht gebrachten wurden, geplant und genau koordiniert.