Trumps Ukraine-Plan: Grundlage für Frieden?
Themen: Ukraine-Krieg
Eine Bewegungsschau von Alexander Kiknadze
Vorwort
Wir veröffentlichen an dieser Stelle Analysen und Kommentare von linken und kommunistischen Kräften im russischsprachigen Raum zum sogenannten Friedensplan der Trump-Regierung, der zurzeit in einem von den europäischen Regierungschefs nachverhandelten Entwurf vorliegt. Das prosowjetische Zentrum für die Erforschung der politischen Kultur Russlands gibt einen Überblick über verschiedene Haltungen in Russland zu diesem Plan und zieht eigene Schlussfolgerungen. Dmitri Rodionow analysiert im „linkspatriotischen“ Portal svobodnaja pressa die einzelnen Punkte des Friedensplans und plädiert nicht für eine Annahme des Plans, sondern eine Fortsetzung der speziellen Militäroperation, bis Russland seine Kriegsziele erreicht hat. Der erste stellvertretende Vorsitzende des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation, Juri Afonin warnt vor einer Annahme solcher Angebote des US-Imperialismus, die einen Keil zwischen Russland und China schlagen wollen. Russland müsse seine Beziehungen zu China und linken Kräften aus anderen Ländern stärken. Der linke, aus der Sowjetukraine stammende Autor Oleg Jasinskij, der zuletzt in Deutschland auf der Konferenz „Bandera-Komplex“ von junge Welt und Melodie und Rhythmus aufgetreten ist und dessen Vortrag im gleichnamigen Sammelband veröffentlicht ist, beurteilt den Friedensplan als Erpressungsinstrument des US-Imperialismus gegenüber Russland. Der linke Journalist und Autor Pawel Wolkow diskutiert den durch die europäischen Regierungen nachverhandelten Friedensplan und weist auf entscheidende Änderungen hin.
Die Russische Kommunistische Arbeiterpartei hat bisher zwei Podcasts in russischer Sprache zum Thema veröffentlicht. Wir konnten den Podcast bisher noch nicht transkribieren- falls ihr dazu Kapazitäten habt, meldet euch gerne!
1. ZIPKR: Expertenreaktionen auf Trumps „28-Punkte-Plan” zur Ukraine
Von der Annahme als „Grundlage” bis zur Bewertung als „Bedrohung für die nationale Sicherheit Russlands”
Datum: 22.11.2025
Quelle: https://cipkr.ru/2025/11/22/tsipkr-ekspertnaya-reaktsiya-na-plan-28-punktov-trampa-po-ukraine-ot-prinyatiya-za-osnovu-do-otsenok-kak-ugrozy-natsbezopasnosti-rossii/ (letzter Aufruf: 22.11.2025)
Experten des Zentrums für die Erforschung der politischen Kultur Russlands (prosowjetisches und der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation nahestehendes wissenschaftliches Zentrum, Anm. d. Üb.) haben eine Vielzahl russischer analytischer Reaktionen auf Trumps neuen „28-Punkte-Plan” zur Ukraine analysiert. Sie haben die wichtigsten Kritikpunkte der russischen Expertengemeinschaft an diesem Dokument herausgearbeitet, zu dem Präsident Putin am Freitag, dem 21. November, auf einer Sitzung des Sicherheitsrates der Russischen Föderation offiziell Stellung genommen hat.
Das Thema Nummer eins in der russischen Politik ist der „Trump-Plan” und die Möglichkeit einer Befriedung entlang der Frontlinie auf dem Gebiet der ehemaligen Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Präsident Putin empfing die Nachrichten über den „Trump-Plan“ nicht in seinem üblichen Anzug, sondern in Militäruniform. Anschließend hielt er eine Sitzung des Sicherheitsrates ab, auf der er den Erhalt des Friedensplans von Trump über die bestehenden Kanäle der Zusammenarbeit mit der amerikanischen Regierung bekannt gab. „Ich glaube, dass auch er (dieser Plan, D.G.) die Grundlage für eine endgültige Friedenslösung bilden kann“, so die Zusammenfassung des Präsidenten im Sicherheitsrat.
Trotz dieser Form der Zustimmung durch den Präsidenten gab es in der russischen Expertengemeinschaft zwei gegensätzliche Standpunkte: „dafür“ und „dagegen“.
An der Spitze der Befürworter steht natürlich der Sonderbeauftragte des Präsidenten, Kirill Dmitrijew, mit seiner Meinung, dass der „Trump-Plan“ für die Ukraine rettend sei: „Aufgrund der Propaganda der Hetzer übersehen viele Menschen, dass Trumps Friedensplan dazu dient, die Ukraine vor dem Verlust weiterer Gebiete und Menschenleben zu bewahren.“
Die Gegner des Plans lassen sich in zwei Lager einteilen: die entschiedenen Gegner, die Experten für ihre positiven Kommentare als „Partei eines unanständigen Friedens“ bezeichnen, und die gemäßigten Befürworter, die die Vor- und Nachteile des Plans für Russland nach dem Prinzip „auf der einen Seite“ und „auf der anderen Seite“ bewerten.
Wir analysieren die wichtigsten Kritikpunkte russischer Experten an Trumps Plan, zu denen die Gegenseite keine stichhaltigen Argumente vorgebracht hat.
Auf der Grundlage einer Textanalyse lassen sich die wichtigsten Argumente der russischen Kritiker des sogenannten „Trump-Plans“ herausarbeiten. Ihre Position basiert auf der Überzeugung, dass der Plan kein Instrument des Friedens ist, sondern eine strategische Falle, die darauf abzielt, Russland zu schwächen und einen größeren Konflikt in der Zukunft vorzubereiten.
Die Hauptargumente der Gegner des „Trump-Plans” lauten wie folgt:
1. Der Plan ist kein Frieden, sondern ein vorübergehender Waffenstillstand, um die Ukraine aufzurüsten und einen NATO-Krieg vorzubereiten. Die Kritiker sehen in den Vorschlägen keine endgültige Lösung, sondern eine Pause, die der Westen nutzt, um sein militärisches Potenzial auszubauen.
- Kanal „True Оljen“ (@trueolen/1102): „Mit anderen Worten, Trump bietet uns keinen Frieden, sondern einen langen Waffenstillstand, der endet, wenn sie glauben, dass die Zeit gekommen ist. … Mit der anderen Hand werden sie Europa hinter dem Rücken weiter in einen umfassenden Krieg mit Russland treiben.“
- Militäranalyst Wladimir Prochwatilow (@ENIGMA54/10830): „Sobald die ukrainischen Streitkräfte neu bewaffnet sind, kann man das Unerwünschte erwarten … Die Vorbereitungen für einen direkten Konflikt zwischen der NATO und Russland werden fortgesetzt.“ Er betont auch, dass der ukrainische Militär-Industrie-Komplex Teil des NATO-Militär-Industrie-Komplexes werden wird.
2. Der Plan schafft eine permanente und tödliche Bedrohung an den Grenzen Russlands. Die Aufrechterhaltung einer starken ukrainischen Armee wird als direkte und langfristige Bedrohung angesehen.
- Kanal „Signale“ (@ausguck/2489): „Eine solche Gruppierung an den eigenen Grenzen zu belassen, wenn auch ohne Langstreckenraketen, bedeutet, eine ständige Bedrohung aufrechtzuerhalten.“
- Kanal „True Оljen“ (@trueolen/1102) weist auf die Risiken von Provokationen hin: „In Zeiten von Drohnen ist es kinderleicht, einen Casus Belli zu schaffen: Saboteure einschleusen, Drohnen starten … und los geht’s.“
3. Die wirtschaftlichen Bedingungen des Plans sind demütigend und stellen eine Form der Kontribution dar. Die Verwendung der eingefrorenen Vermögenswerte Russlands für den Wiederaufbau der Ukraine wird als Raub angesehen.
- Der Kanal „Signale“ (@ausguck/2489) nennt dies eine „giftige Pille“: Reparationen unter dem Deckmantel von Investitionen. Fazit: „Das ist für den Kreml inakzeptabel. Jede Form der Übertragung souveräner Vermögenswerte wird als Kontribution angesehen.“
- Wladimir Prochwatilow (@ENIGMA54/10830): „100 Milliarden aus den eingefrorenen russischen Reserven für den Wiederaufbau der Ukraine verwenden. Das wäre dann noch ein Geschäft, und 50 % der Gewinne würden an die USA gehen.“
- Kanal „Vintage Modern“ (@moderno_antiquum/4761): „Trump hat offensichtlich die Absicht, die eingefrorenen Vermögenswerte Russlands aufzuteilen … das ist das reinste Geschäftsprojekt für die USA.“
4. Der Plan ist nur für Trump und die USA von Vorteil, nicht aber für Russland. Kritiker sind der Meinung, dass im Falle einer Unterzeichnung nur die USA einen wirklichen Sieg davontragen würden.
- Kanal „Signale“ (@ausguck/2489): „Im Falle einer Annahme … wäre dies ausschließlich ein Sieg für Trump.“
- Der Politologe Alexander Semjonow (@SemenovCons/2381) interpretiert den gesamten Prozess als Teil der Strategie „flood the zone“ (die Zone überfluten), die auf Destabilisierung und Manipulation abzielt.
5. Interne „pro-westliche“ Kräfte („Partei des unanständigen Friedens“) stellen eine Bedrohung für die Sicherheit Russlands dar. Es gibt eine Erzählung, dass ein Teil der Elite bereit ist, gefährliche Zugeständnisse zu machen.
- „Notizen eines Traditionalisten“ (@zapiskitrad/8404): „Eine Frage der strategischen Sicherheit und des physischen Überlebens für Russland hier und jetzt ist die Beseitigung der Medienaktivitäten der „Partei des unanständigen Friedens“. Der Kanal zitiert Professor Jewstafjew: „Es ist Zeit, die Helden zu zügeln. Leider ist dies ein Symptom einer sehr gefährlichen Krankheit. Eine Krankheit, die als Verrat am Vaterland bezeichnet wird.“
- Die ehemaligen Kiewer und heute populären rechten Blogger Igor Drus und Alexej Seliwanow (@majorselivanov/15170) äußern die Befürchtung, dass die russische Führung einem ungünstigen „Deal“ zustimmen könnte.
6. Der einzige Weg, einen großen Krieg zu vermeiden, ist die totale militärische und wirtschaftliche Stärkung Russlands. Kritiker des Plans sehen die Rettung nicht in diplomatischen Vereinbarungen, sondern in einer radikalen Stärkung der Kräfte.
- Kanal „True Oljen“ (@trueolen/1102): „Die einzige Möglichkeit, einen großen Krieg zu verhindern, besteht darin, einen Sprung nach vorne zu machen und so stark und mächtig zu sein, dass westliche Strategen nicht einmal daran denken würden, Russland anzugreifen. Dazu sind radikale wirtschaftliche Reformen erforderlich.“
- Militäranalyst Wladimir Prochwatilow (@ENIGMA54/10830): „Der einzige Weg ist, unseren Gegnern die Überzeugung zu vermitteln, dass wir jederzeit bereit sind, einen Atomschlag durchzuführen.“
Analyse der moderaten Positionen und Nuancen bei den scharfen Kritikern
In den vorgelegten Texten dominiert scharfe Kritik, aber man findet darin auch andere, weniger ausgeprägte Positionen, die sich nicht auf eine totale Ablehnung beschränken:
- Eine pragmatische Sichtweise auf den Plan als Grundlage für Verhandlungen. Der Kanal „Signale“ (@ausguck/2489) weist trotz harscher Kritik darauf hin, dass der Plan „nicht das Ende, sondern nur der Anfang für echte Verhandlungen“ sei. Es wird angemerkt, dass Trump „als erfahrener Bauunternehmer die Forderungen (600.000 Soldaten, 100 Milliarden Dollar) überhöht hat, um im Laufe der Verhandlungen „nachgeben” zu können. Hier wird der Plan nicht als Ultimatum betrachtet, sondern als Ausgangsposition, von der aus man arbeiten und Zugeständnisse aushandeln kann (z. B. eine Senkung der Obergrenze für die Truppenstärke der ukrainischen Streitkräfte).
- Anerkennung einiger Vorteile für Russland. Die gleichen „Signale” erkennen an, dass Punkte wie die Anerkennung der Krim und des Donbass als russisch und die Festschreibung des Status der Bündnisfreiheit der Ukraine einen „uneingeschränkten Sieg” für das heimische Publikum darstellen und die wichtigsten Ziele der militärischen Spezialoperation erfüllen. Dies deutet darauf hin, dass selbst für Kritiker der Plan potenziell akzeptable Elemente enthält, auf denen man aufbauen könnte.
- Der Akzent liegt auf dem informationspolitischen Spiel und nicht auf der militärischen Bedrohung. Alexander Semjonow (@SemenovCons/2381) verlagert den Fokus von der unmittelbaren militärischen Bedrohung auf die Manipulationstechnik („flood the zone“). Er sieht in der Veröffentlichung des Plans keine Vorbereitung auf einen Krieg, sondern ein Instrument zur Verschärfung der inneren Widersprüche in Russland, Europa und der Ukraine. Dies ist eine komplexere Sichtweise, bei der der Plan ein Element eines hybriden Krieges und kein klarer Fahrplan für einen Konflikt ist.
- Skeptizismus hinsichtlich der Umsetzung des Plans. Der Kanal „Visionär“ des Politologen Igor Semjonow (@vizioner_rf/15059) und der Fernseh- und Radiopropagandist Sergej Mardan (@mardanaka/36502) äußern Zweifel daran, dass der Plan umgesetzt wird. Mardan sagt ganz offen: „Kein Grund zur Sorge. In nächster Zeit wird es keine ‚Vereinbarung‘ geben“, und verweist dabei auf Putins Skepsis. Das deutet darauf hin, dass es eine Sichtweise gibt, nach der die ganze Geschichte mit dem Plan nur Informationsrauschen oder ein Versuch sein könnte, Druck auszuüben, ohne dass es echte Konsequenzen gibt.
Einige Schlussfolgerungen
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die russischen Gegner des „Trump-Plans” von einem Paradigma des andauernden hybriden Krieges seitens des Westens ausgehen, in dem jedes Abkommen nur eine taktische Pause darstellt. Sie sind der Ansicht, dass der Plan:
- strategisch gefährlich ist: Er legalisiert eine riesige feindliche Armee an den Grenzen.
- wirtschaftlich räuberisch ist: die Beschlagnahmung russischer Vermögenswerte festschreibt.
- politisch naiv ist: auf der Illusion basiert, dass der Westen die Vereinbarungen einhalten wird.
- zur Kapitulation führt: die Souveränität und die langfristigen Interessen Russlands untergräbt.
Ihre Alternative ist ein Maximalplan: Fortsetzung des Konflikts bis zum vollständigen Sieg und zur Zerschlagung der ukrainischen Staatlichkeit (wie von „Major Seliwanow” und dem ukrainischen politischen Emigranten Igor Drus vorgeschlagen) oder totale Mobilisierung aller Ressourcen des Landes, um den Westen abzuschrecken. Dabei ist es, wie einige gemäßigte Kritiker anmerken, möglich, den Plan als Grundlage für harte Verhandlungen zu nutzen, da er einige Vorteile bietet, die jedoch die strategischen Risiken nicht aufwiegen.
Es ist klar, dass die russische Seite offensichtlich noch abwartet, wie sich die westlichen Manöver um den neuen „Trump-Plan” und den von ihm festgelegten Termin am 27. November entwickeln werden. Die Staats- und Regierungschefs Europas, Kanadas, Japans und Australiens werden sich bereits am 22. November am Rande des G20-Gipfels treffen, um „weitere Maßnahmen in der Ukraine-Frage zu erörtern”. In der Schweiz soll in Kürze die Übergabe der europäischen Einwände an die Amerikaner stattfinden.
„Putin wird darauf warten, dass Selenski Trumps Plan unterzeichnet. Die Hauptaufgabe der Europäer besteht hingegen darin, diesen Plan zu überarbeiten (eine „konstruktive Aktualisierung” vorzunehmen) oder zumindest die Entscheidung auf „nach dem 27.11.” zu verschieben. Washington hat bereits erklärt, dass es nicht beabsichtigt, den vorgeschlagenen Plan wesentlich zu ändern. Und alle Änderungen daran werden nur von Trump persönlich vorgenommen“, schreibt der „Visionär“ und Politologe Igor Semjonow.
Insgesamt warten wir nach dem 27. November in Moskau auf einen neuen Verhandlungsführer aus den USA, den Minister und Kommilitonen von Vizepräsident Vance – Driscoll. Und dann werden wir darüber diskutieren, ob alle negativen Erwartungen an den „Trump-Plan“ gerechtfertigt sind oder nicht.
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Die Übersicht wurde erstellt von: S.P. Obuchow, Doktor der Politikwissenschaften. An der Arbeit an diesem Material haben mitgewirkt: I.M. Kuprijanowa, A.M. Michalkow, A.M. Bogatschow, S.S. Krylow. Verantwortlich für die Veröffentlichung: S.P. Obuchow, Doktor der Politikwissenschaften.
Zentrum für die Erforschung der politischen Kultur Russlands
Abteilung der KPRF für die Durchführung von Wahlkampagnen
2. Dmitri Rodionow: „Trump-Plan“: Ultimatum, Kapitulation, Kopfschuss. „Minsk-3“ in einem Fläschchen
Der „Deal“ des amerikanischen Präsidenten löste nicht nur in Kiew, Paris, London und Berlin, sondern auch in Moskau heftige Diskussionen aus.
Datum: 22.11.2025
Quelle: https://svpressa.ru/politic/article/491688 (letzter Abruf: 24.11.2025)
Was könnten Russland, die Ukraine und Europa heute in ihrer Wahrnehmung der aktuellen Ereignisse gemeinsam haben? Alle Seiten haben ernsthafte Fragen zu Trumps Plan zur Beilegung des Konflikts.
Aber während Putin sagt, dass es sich um eine „Modernisierung“ der Vereinbarungen handelt, die die Präsidenten Russlands und der USA während ihres Treffens in Anchorage getroffen haben, und dass der Plan konkrete Diskussionen erfordert, beschuldigen Selenski und seine „Euro-Schutzmacht“ Trump direkt, die Interessen der Verbündeten zu verraten.
Paris, London und Berlin sehen im „Trump-Plan“ ein Ultimatum mit einem sehr strengen Zeitrahmen (die Antwort muss bis zum 27. November gegeben werden), das auf die Kapitulation Kiews abzielt. Dieses Ultimatum passt überhaupt nicht zu ihrer Idee, Russland eine „strategische Niederlage“ zuzufügen.
Der freiwillige Abzug der Truppen aus dem Donbass (von dem die Ukraine heute etwa 14 % kontrolliert), territoriale Zugeständnisse in den Oblasten Cherson und Saporoschje, der Verzicht der Ukraine auf einen NATO-Beitritt und die Verkleinerung der Streitkräfte werden von den Europäern eindeutig als diplomatische Niederlage angesehen.
Nach nervösen Telefonaten mit Macron, Merz und Starmer, die selbst ratlos waren, rief Selenski Europa dazu auf, „an der Seite der Ukraine zu bleiben“. In seiner Videobotschaft versprach er, „wachsam darauf zu achten, dass unter allen Punkten des Plans mindestens zwei grundlegende Werte nicht übersehen werden: die Würde und die Freiheit der Ukrainer“.
Wie jedoch die Kiew-freundliche italienische Zeitung Corriere della Sera anmerkt, wird es für Selenski „nicht leicht sein, den Ukrainern zu erklären, dass sie beim Verteidigen bereits verlorener Gebiete ihr Leben gelassen haben. Und dass einige sogar reich geworden sind, während andere gekämpft haben (gemeint ist der „Fall Minditsch“).
Aber auch in Russland gibt es Fragen zum 28 Punkte umfassenden „Trump-Plan“. Die wichtigste davon lautet: Werden wir am Ende nicht „Minsk-3“ bekommen? Das heißt, Vereinbarungen, die nur auf dem Papier bestehen bleiben. Auch andere Punkte lösen heftige Diskussionen aus. Zum Beispiel die Aufteilung der im Westen eingefrorenen russischen Vermögenswerte (fast 300 Milliarden Dollar) im Sinne der Geschäfte, an die Trump gewöhnt ist und bei denen der Hauptnutznießer gerade die USA sein werden.
„Insgesamt ähnelt das Dokument, wie alle Vorschläge Trumps dieser Art, einem Handelsabkommen im Interesse Amerikas, das in einen Friedensplan verpackt ist“, meint der Leiter des Expertenrats des Fonds für strategische Entwicklung, der Politologe Igor Schatrow.
„Nehmen wir zum Beispiel den Punkt über die gemeinsame Nutzung der eingefrorenen russischen Vermögenswerte mit den USA. Warum eigentlich? Was haben die souveränen Vermögenswerte Russlands mit der Sache zu tun? Warum sollte Russland sie gemeinsam mit den USA nutzen und nicht beispielsweise mit China?
Oder ein anderer Punkt. Nicht mehr wirtschaftlicher, sondern militärisch-politischer Natur. Wer kann die Einrichtung einer entmilitarisierten Zone auf dem anerkannten Territorium Russlands in der DVR fordern, wenn die ukrainischen Truppen von dort abziehen? Und solche „Pflöcke“ gibt es im gesamten Text zuhauf.
Es gibt offen gesagt lächerliche Punkte, wie zum Beispiel den Vorschlag, die G-8 wiederzubeleben. Es gibt völlig inakzeptable Punkte, wie zum Beispiel die Festlegung der Grenze in den Oblasten Cherson und Saporoschje entlang der Frontlinie.
Finden Sie nicht auch, dass der Plan sehr viele Forderungen an das Siegerland stellt, das im Grunde genommen Russland ist? Von wem stammen diese Forderungen? Von einem Vermittler in Gestalt der USA, die offenbar darauf aus sind, sich zum alleinigen Sieger in diesem Krieg (gemeint ist die militärische Spezialoperation) zu erklären, wie sie es bereits in Bezug auf andere Konflikte getan haben, die sie angeblich beendet haben.
Und als „Sieger” beabsichtigen sie, alle wirtschaftlichen Vorteile in erster Linie für sich selbst zu nutzen. Das lässt sich meiner Meinung nach zwischen den Zeilen lesen.
Und schließlich das Wichtigste, was alarmierend ist. Es heißt, dass in 100 Tagen in der Ukraine Wahlen stattfinden sollen. Nach Beendigung der Kampfhandlungen. Ist das Ihr Ernst? Reichen uns die Minsker Vereinbarungen nicht? Sobald die russische Armee zum Stillstand kommt, werden der Feind und seine europäischen Freunde sofort vergessen, was von ihnen versprochen wurde.
Das ist das Hauptproblem der heutigen Zeit – Russland hat niemanden, mit dem es Friedensabkommen unterzeichnen kann, weil Selenski die Ukraine rechtlich nicht vertritt.
Das heißt, wir müssen, nachdem wir verbindliche zwischenstaatliche Vereinbarungen mit einem illegitimen Vertreter unterzeichnet haben, auf die Ergebnisse der Wahlen warten, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal angesetzt sind, und hoffen, dass der neue Präsident das von Selenski Unterzeichnete umsetzen wird?
Ich spreche noch gar nicht über die Perspektiven der russisch-amerikanische Zusammenarbeit, die Trump zeichnet.
Er verspricht groß angelegte Projekte, aber allein deren Vorbereitung wird mehr als ein Jahr dauern, und dann stehen noch die Präsidentschaftswahlen in den USA an. Trump kann nicht garantieren, dass der nächste Präsident ein Republikaner sein wird, geschweige denn ein Republikaner, der seine Ideen und seine Politik teilt.
Insgesamt ein sehr schönes Dokument. Verlockend. Und genau das macht es so beunruhigend.
Svobodnaja Pressa („SP“): Was passt der Ukraine nicht? Die territoriale Frage, klar, aber was noch?
— Wenn Selenski dieses Dokument unterzeichnet, kann er alles verlieren: Macht, Geld, vielleicht sogar sein Leben. Die Nationalisten werden ihm einen solchen Verrat an ihren Interessen nicht verzeihen. Auch die Europäer, die ihm nur deshalb loyal gegenüberstehen, weil sie hoffen, mit seiner Hilfe einen Teil der Ukraine für sich zu gewinnen, werden ihn nicht verstehen.
„SP“: Und warum sind sie in Europa so hysterisch? Wollen sie nicht zahlen?
— Das auch. Aber das ist nicht der einzige Grund. Sie wurden von der Entscheidung über diese Frage ausgeschlossen. Sie wurden in ihre Schranken verwiesen. Sie hatten sich schon bereit gemacht, mit den Kräften der Ukraine gegen Russland zu kämpfen, und jetzt zeichnet sich Frieden am Horizont ab. Chaos.
„SP“: Es wird geschrieben, dass die Europäische Union einen Friedensplan mit für die Ukraine vorteilhaften Bedingungen vorschlagen wird. Wie sehen diese aus? Wie wird Trump diesen Plan aufnehmen?
— Man sagt, dass man mit der Umsetzung des europäischen Plans in beschleunigtem Tempo begonnen habe. Daraus wird nichts Gutes entstehen, denn er basiert auf der Anerkennung der ursprünglichen Rechtmäßigkeit der Ukraine und der Aggressivität Russlands. Ich glaube nicht, dass man ihn ernst nehmen sollte.
„SP“: Ist es realistisch, den Plan so anzupassen, dass er allen gerecht wird?
— Zugeständnisse der unterlegenen Seite an die siegreiche Seite lösen in der Regel dieses Problem. Es ist nicht das erste Mal, dass Menschen Friedensabkommen unterzeichnen.
„SP“: Was passiert, wenn der Plan doch nicht angenommen wird? Geht dann alles weiter wie bisher?
— Lassen Sie uns nicht aus Kaffeesatz lesen. An diesem Prozess sind in unterschiedlichem Maße viele Akteure beteiligt – Russland und die Ukraine, die Europäische Union und die USA, die Türkei und sogar China. Und jede der Seiten kann ihren eigenen Trumpf ausspielen.
In Russland wird der „Trump-Plan“ aus dem einfachen Grund kritisiert, dass die Oblaste Saporoschje und Cherson, die teilweise unter der Herrschaft der nazistischen Ukraine stehen, als Teil der Ukraine anerkannt werden, obwohl sie laut der Verfassung unseres Landes zu Russland gehören, sagt Wladimir Blinow, Dozent an der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation.
Im Grunde genommen ist dies der Mindestpunkt, von dem aus Wladimir Putin Verhandlungen beginnen wollte. Der vorgeschlagene Plan ist ein Dokument, dem die ukrainische Seite kaum zustimmen wird, aber genau dafür wurde der Skandal mit Minditsch initiiert, um die ukrainische Politik aufzurütteln und alle aktiven Persönlichkeiten in der Ukraine zu verpflichten, das Dokument in der Form zu unterzeichnen, wie es die Amerikaner sehen.
Natürlich sieht es auch für die Europäische Union wie eine Niederlage aus, denn sie sind begeisterte Kriegshetzer und glauben, dass Russland besiegt werden muss, aber das liegt natürlich außerhalb ihrer Möglichkeiten.
„SP“: Inwieweit ist der „Trump-Plan“ für Russland von Vorteil?
— Wir brauchen diesen Plan nicht. Was würde Russland davon haben? Das, was es de facto bereits hat, plus eine mögliche Wiederherstellung der Beziehungen zur westlichen Welt. Nur wird wohl kaum jemand mit uns befreundet sein wollen, daher ist es naiv zu glauben, dass wir durch die Unterzeichnung dieses Dokuments die Sanktionen loswerden könnten. Nun, wir haben uns an diese Sanktionen gewöhnt, wir leben damit.
Russland erhält also nur das, was es derzeit auf dem Schlachtfeld hat, plus das Versprechen der Wiedereingliederung in die internationalen Beziehungen. Nun, natürlich steht in dem Dokument auch, dass die Ukraine nicht in die NATO aufgenommen wird und ihre Armee verkleinert wird. Nur wird die Ukraine ohnehin nie Teil der NATO werden, und die Verkleinerung der Streitkräfte ist reine Formsache. Wenn es nötig ist, werden sie die Nationalgarde aufstocken, die die Streitkräfte der Ukraine ersetzen wird…
„Russland ist mit Trumps Plan nicht zufrieden, schon allein deshalb, weil er die in der Verfassung verankerten Oblaste Cherson und Saporoschje sowie historische Städte der Noworossija wie Nikolajew, Odessa und Charkow außerhalb der Grenzen der RF belässt“, sagt der politische Beobachter und ehemalige Kämpfer der LVR-Miliz Alexander Awerin.
Außerdem haben wir kein bisschen Vertrauen in die ukrainischen Politiker oder die „geschätzten westlichen Partner“ — die machen nicht mal ein Geheimnis daraus, dass die Minsker Vereinbarungen dazu genutzt wurden, Russland zu täuschen und die Ukraine auf den Krieg vorzubereiten. Die finden schon die Zeit, den Ort und den Grund, um alle festgelegten Vereinbarungen zu brechen.
Diese Bedingungen, die für die Ukraine eigentlich recht gut sind, sind wiederum ein Kopfschuss für Selenski und seine Leute. Wenn man die ukrainische politische Etikette kennt, muss man diese Worte wörtlich nehmen.
Selenski will mit seiner Videoansprache eine Art öffentliches Mandat für die Fortsetzung des Krieges erhalten. Dieses Mandat wird er Trump vorlegen.
Infolgedessen werden diese Vereinbarungen nicht geschlossen, und die weitere Unterstützung für die Ukraine wird von Europa geleistet werden. Die USA werden sie minimieren. Allerdings werden über NATO-Strukturen weiterhin amerikanische Geheimdienstinformationen an die Ukraine weitergegeben werden. „Starlink“ wird weiter funktionieren. Auch amerikanische Waffen werden geliefert werden – gekauft mit europäischen Geldern.
Die militärische Spezialoperation wird fortgesetzt, und die nächsten Friedensbedingungen werden für die Ukraine schlechter sein als die aktuellen.
3. Juri Afonin: Plan zur Schwächung des Bündnisses Russland – China
Unser Land wird die Beziehungen zum sozialistischen China und anderen strategischen Partnern stärken.
Datum: 21.11.2025
Quelle: https://kprf.ru/party-live/cknews/239161.html (letzter Zugriff: 26.11.2025)
Der erste stellvertretende Vorsitzende des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation, Juri Afonin, nahm an der Sendung „60 Minuten“ auf dem Fernsehsender „Rossija-1“ teil.
Eines der Hauptthemen war Trumps Friedensplan, der in den Massenmedien lebhaft diskutiert wird. Juri Afonin stellte fest, dass eine Reihe von Punkten des Plans direkt den Forderungen der russischen Seite entsprechen: der vollständigen Befreiung der Donezker und Lugansker Volksrepubliken von den Truppen der ukrainischen Streitkräfte, dem nichtpaktgebundenen und atomwaffenfreien Status der Ukraine, der Verkleinerung der Streitkräfte und der Wiederherstellung des Status der russischen Sprache als Staatssprache. Freilich seien für den Weg zum Frieden dennoch ernsthafte Bemühungen vonnöten.
Trotz seiner nach außen zur Schau gestellten Extravaganz folge Trumps Handeln einer bestimmten politischen Logik, wie der erste stellvertretende Vorsitzende des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation bemerkte. Es sei den USA und der NATO in fast vier Jahren nicht gelungen, Russland durch die Ukraine eine strategische Niederlage beizubringen. Somit stelle sich für die Vereinigten Staaten die Frage, ob es weiterhin von Vorteil sei, Zeit und Ressourcen in diesen Konflikt aufzuwenden, wo doch eine andere, wichtige Aufgabe auf ihrer Agenda wartet: die Konfrontation mit dem sozialistischen China. Der wirtschaftliche, technologische und politische Kampf der beiden Giganten sei der Hauptpfeiler der Geopolitik des 21. Jahrhunderts. Die Amerikaner würden sehen, dass die Aggression der NATO gegen unser Land die strategische Partnerschaft zwischen Russland und der Volksrepublik China erheblich gestärkt und dieser darüber hinaus eine Reihe wirtschaftlicher Vorteile verschafft hätte. Die USA hätten es sich somit zur Aufgabe gestellt, dieses Bündnis zu schwächen, indem sie Russland auf ihre Seite zu ziehen versuchten.
Mitunter seien Einschätzungen zu vernehmen, Russland wäre bereit, für eine Wiederherstellung der Beziehungen zum Westen einige Verbindungen zu seinen Verbündeten zu opfern. Juri Afonin betonte, dass er diese Position für zutiefst falsch hält. Wenn man seine Verbündeten verrät, nachgibt und sich von ihnen abwendet, würde später niemand mehr etwas mit einem zu tun haben wollen. Alle, die uns in schwierigen Zeiten Unterstützung leisteten, ohne Angst vor westlichen Sanktionen zu haben – von China und Nordkorea bis hin zu Kuba und Venezuela –, seien unsere treuen Freunde und strategischen Partner, und die Zusammenarbeit mit ihnen müssen nur ausgebaut und gestärkt werden.
Neben der VR China bereitet Trump auch Lateinamerika, das „Unterleib“ der USA, große Sorgen, führte Juri Wjatscheslawowitsch aus. Dort herrschten zahlreiche linke Regierungen, die stets zur Betreibung einer antiimperialistischen und antiamerikanischen Politik bestrebt seien. Mit Hilfe seines wichtigsten Experten für Lateinamerika und führenden Antikommunisten, Mark Rubio, der aus einer Familie kubanischer Emigranten stammt, führe Trump einen Krieg gegen die lateinamerikanischen linken Regierungen. So gäbe es bereits direkte militärische Drohungen gegen Venezuela, inklusive Angriffen auf Seeschiffe, sowie Vorwürfe gegen den linken Präsidenten Kolumbiens, Gustavo Petro, er begünstige den Drogenhandel.
In Chile fand die erste Runde der Präsidentschaftswahlen statt. Der amtierende Präsident Boric, der die linken Kräfte vertritt, konnte sich laut Gesetz nicht zur Wahl stellen. Und obwohl die Kandidatin der Kommunistischen Partei, Hara, knapp in die Stichwahl eingezogen sei, gelte der bekennende Pinochet-Anhänger Kast als klarer Favorit, da er die Unterstützung aller unterlegenen rechten Kandidaten genieße. Dessen Wahlsieg hätte die faktische Ermöglichung der Rückkehr des Pinochetismus durch den scheidenden Präsidenten Boric zur Folge. Und das alles, weil er eine inkonsequente Politik betrieb, mit dem Westen geflirtet und Russland wegen der „Spezialoperation“ verurteilt hatte.
Auf den von der KPRF veranstalteten antifaschistischen Foren, so Juri Afonin, verträten viele Genossen der linken Kräfte aus verschiedenen Ländern die Meinung, dass derlei inkonsequente Handlungen zu nichts Gutem führten. Gennadi Andrejewitsch Sjuganow würde ebenfalls stets betonen: Wer nicht versteht, dass Russland mit Unterstützung Chinas derzeit einen fortschrittlichen Kampf gegen die Globalisten für eine multipolare Weltordnung führt, befände sich de facto im Lager der Imperialisten. Wer mit dem Westen flirtet, würde früher oder später verschlungen werden.
Bei den Präsidentschaftswahlen in Kolumbien im nächsten Jahr werden die USA ebenfalls versuchen, einen rechten Kandidaten durchzusetzen, prognostizierte der erste stellvertretende Vorsitzende des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation. Im Jahr 2026 finden auch in Brasilien Wahlen statt. Der linke Präsident Lula da Silva wäre derzeit noch in einer starken Position, aber Trump würde sicherlich alle Kräfte aufbieten, um seinen Bewunderer Bolsonaro zu unterstützen. Wie durch Zauberhand begannen Kundgebungen gegen die linke Präsidentin Mexikos, Claudia Sheinbaum. Die Arbeit der Amerikaner sei überall leicht zu erkennen. Rubio sei ein hartnäckiger Verfechter der Interessen der USA und würde überall versuchen, rechte reaktionäre Regime zu installieren. Juri Wjatscheslawowitsch führte weiter aus, dass Russland viele Freunde in Lateinamerika hätte und verstehen sollte, dass nur linke Kräfte an der Macht uns eine zuverlässige Zusammenarbeit und Partnerschaft mit diesen Ländern sichern können.
Insgesamt habe Trump viele „Sorgen“. Scheinbar wolle er sich so schnell wie möglich von der Ukraine lösen, um sich auf andere Konfliktbereiche konzentrieren zu können. Was Russland betrifft, so sei es zu einer diplomatischen Lösung des Konflikts bereit, jedoch zu Bedingungen, die unserem Land langfristigen Frieden und Sicherheit garantieren würden.
4. Oleg Jasinskij: Trump-Ukraine-Plan als Testentwurf
Datum: 24.11.25
Quelle: https://t.me/olegyasynsky/2134 (letzter Abruf: 24.11.2025)
Die größte Tragödie unserer postsowjetischen Geschichte – der Krieg in der Ukraine – hat viele Schuldige, aber der wichtigste und erste unter ihnen sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Gerade die USA waren mit Unterstützung der europäischen Masse der Hauptinitiator des Maidan, dessen 12. Jahrestag heute begangen wird. Das Ziel war die Zerstörung der Ukraine und Russlands, und die erste Hälfte der Aufgabe haben die Ausführenden gemeistert. Russland hat schwerwiegende Fehler begangen, aber es ist ganz offensichtlich, dass es viele Jahre lang versucht hat, den Konflikt zu vermeiden, den der Westen unvermeidlich gemacht hat.
Der aktuelle „Friedensplan der USA”, der von der ukrainischen Presse verbreitet wurde, ist höchstwahrscheinlich ein Testentwurf, um die Reaktionen nicht so sehr der Politiker, sondern vielmehr der ukrainischen und russischen Gesellschaft zu untersuchen.
Das Dokument impliziert den Verzicht auf echte Souveränität vor wem auch immer beider Seiten und die Anerkennung der Führung aller Prozesse durch die USA. Für die Ukraine ist dies völlig schmerzlos, da beides längst eine Tatsache ist. Für Russland wäre dies eine strategische Niederlage und ein Déjà-vu der Perestroika.
Trump hat die Frechheit, seine Führung über das neue Kolonialprojekt als „Bezahlung“ anzubieten, indem er die Wirtschaft und Politik Russlands seinem Kapital unterwirft und im Grunde genommen von ihm verlangt, seine Freunde und Verbündeten zu verraten. Im Gegenzug wird die Anerkennung bereits vollendeter Tatsachen in Bezug auf die Territorien und die vage Formulierung eines „Verbots des Nazismus” unter eigener Kontrolle angeboten. Das „Verbot“ des Nazismus in der Ukraine durch die ultrarechte US-Regierung ist wie ihr „Kampf gegen den Drogenhandel in Venezuela“ – ein demagogischer Oxymoron für die Unwissenden und geistig Zurückgebliebenen, die demokratische Basis der Trump-Wählerschaft.
Im Falle einer wirksamen Entnazifizierung würde sich überhaupt nicht die Frage nach einer Verkleinerung der ukrainischen Armee stellen, deren einzige echte patriotische Pflicht darin besteht, sich der NATO und den USA entgegenzustellen.
Trumps „Deals“ sind die Kunst der Erpressung. Die USA haben diesen Krieg mit fremden Händen und fremder Gedankenlosigkeit begonnen. Jetzt wollen sie im Austausch für dessen Beendigung Europa die Kontrolle über die vom Westen besetzte Ukraine entreißen und Russland wirtschaftlich und politisch an sich binden, um es auf den Weg Yeltsins und der Ukraine in den Selbstmord zurückzuführen.
5. Pawel Wolkow: „Vielleicht geschieht etwas Gutes.“
Über die Ergebnisse von Genf und die Aussichten auf ein Ende des Krieges
Datum: 24.11.2025
Quelle: https://ukraina.ru/20251124/vozmozhno-proiskhodit-chto-to-khoroshee-o-rezultatakh-zhenevy-i-perspektivakh-prekrascheniya-voyny-1072095675.html (letzter Abruf: 24.11.2025)
Die Verhandlungen in Genf sind beendet. Offizielle Ergebnisse gibt es fast keine. Auf der Website des Weißen Hauses wurde der Text einer gemeinsamen Erklärung der USA und der Ukraine veröffentlicht, in der es heißt, dass die Verhandlungen konstruktiv und die Konsultationen produktiv waren und dass die Parteien auf deren Grundlage „ein aktualisiertes und überarbeitetes Rahmenabkommen über den Frieden vorbereitet haben“.
Offensichtlich basiert das in Genf überarbeitete Rahmendokument nicht auf den europäischen „Gegenvorschlägen“, da der Leiter der amerikanischen Delegation, Marco Rubio, erklärte, er habe diese nicht gesehen, sei mit ihrem Inhalt nicht vertraut und arbeite nicht mit ihnen. Darüber hinaus kritisierte Trump selbst nach dem Erscheinen des europäischen „Gegenvorschlags“ die Staats- und Regierungschefs der Ukraine und Europas für ihre mangelnde Dankbarkeit für die Bemühungen der USA und setzte das Wort „Führer“ in Anführungszeichen. Somit lässt sich festhalten, dass die USA und die Ukraine in Genf nur über das amerikanische Memorandum diskutiert haben, das insbesondere den Abzug der ukrainischen Streitkräfte aus dem Donbass vorsieht.
Das ist logisch, wenn die Amerikaner hoffen, ein Abkommen mit der russischen Seite zu unterzeichnen. Das europäische „Gegenangebot“ unterscheidet sich zweifellos positiv von der üblichen Position Europas in diesem Konflikt und verweist auf die „12 europäischen Punkte“, die wir hier diskutiert haben. Ein solcher Plan hätte jedoch vor einem halben Jahr als Grundlage dienen können, aber nicht jetzt, nicht unter den aktuellen „Realitäten vor Ort“. Russland wird heute nicht auf eine Einfrierung der Frontlinie eingehen (gemeint ist der Donbass, in anderen Regionen würde es das tun), wird nicht zustimmen, alle seine eingefrorenen Vermögenswerte für den Wiederaufbau der Ukraine zu verwenden, wird nicht zustimmen, dass die Ukraine die Möglichkeit behält, der NATO beizutreten, und vieles mehr.
Als die Parteien im vergangenen Sommer kurz davor standen, ein Friedensabkommen auf der Grundlage der „22 Punkte von Whitcoff” zu unterzeichnen, vereitelte Europa die Unterzeichnung mit genau solchen „Gegenvorschlägen”, die als konsolidierte ukrainisch-europäische Position vorgebracht wurden. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Position „Lasst uns einfach kämpfen“ durch mehrere Faktoren gestützt:
- Europa hatte Geld für die Ukraine.
- In Washington gab es keinen Konsens zwischen der „pro-ukrainischen“ Gruppe um Rubio und der „pro-russischen“ Gruppe um Whitcoff.
- Die russische Offensive war im Gange, schien aber zu diesem Zeitpunkt für die ukrainischen Streitkräfte nicht allzu gefährlich zu sein.
- Es gab noch keinen Mindich-Skandal und keinen potenziellen Zusammenbruch der Macht in der Ukraine, was sich fatal auf die Verteidigungsfähigkeit auswirken könnte.
- Es gab noch kein Ultimatum von Trump in Bezug auf Waffen und Geheimdienstinformationen.
Jetzt hat sich die Lage grundlegend geändert, und das verstehen viele sogar in Europa. In der britischen Zeitung The Telegraph erschien ein Artikel mit der Überschrift „Deshalb wird das wahnsinnige Europa die Ukraine im Kampf nicht unterstützen“. Der Autor der Publikation weist darauf hin, dass „Europa der Ukraine große finanzielle Unterstützung versprochen hat, aber Worte und Taten letztlich nicht übereinstimmen“: Die Waffenvorräte reichen nicht einmal für die Verteidigung aus, und die derzeitige Finanzhilfe deckt nicht einmal das Haushaltsdefizit der Ukraine in Höhe von 60 Milliarden Dollar. Auf diese Weise erwecken die europäischen Staats- und Regierungschefs den Anschein ihrer Bedeutung, „obwohl Europa diese Fähigkeit längst verloren hat“. Wie angegeben, sind Selenskyj aufgrund der Erfolge Russlands an der Front, des Mangels an Soldaten und Mitteln sowie der Korruptionsskandale in der Regierung die Hände gebunden.
Insgesamt gibt es keine materiellen Gründe mehr, „einfach weiterzukämpfen“. Trump droht, im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen die Lieferung von Waffen (selbst gegen Bezahlung) und Geheimdienstinformationen zu blockieren, und über Selenskyj, Yermak, Umerow und anderen schwebt das Damoklesschwert der Ermittlungen der NABU und der innerukrainischen Opposition. Und natürlich die nach heutigen Maßstäben rasante Offensive der russischen Streitkräfte in der Region Saporischschja.
Das ist der Hintergrund der aktuellen Verhandlungen.
Die jüngste Ansprache Selenskyjs „an die Nation“, in der er angeblich den amerikanischen Plan abgelehnt hat, hat niemand ernst genommen. Es musste etwas Pathosreiches gesagt werden, und Selenskyj sagte es. Selbst der scheidende, äußerst pro-ukrainische Politiker aus Trumps Umfeld, Kit Kellogg, merkte an, dass Selenskyj sich lächerlich gemacht habe, was man zwar verstehen könne, aber nicht besonders beachten sollte. Beachtenswert ist jedoch die Insiderinformation aus zehn der größten westlichen Medien, dass der Plan im Voraus mit allen Seiten abgestimmt worden sei: Er wurde vorab von Umerow unterstützt, und auch Merz wusste davon.
Darüber hinaus schreibt Axios, dass Selenskyj der Entwurf des Friedensplans nicht am Donnerstag in Kiew, sondern am vergangenen Wochenende während eines Treffens mit Umerow in den USA telefonisch vorgestellt wurde. Auf Vorschlag von Vance reiste dann der US-Armeeminister Driscoll nach Kiew, der „den Ereignissen vorgriff“, indem er den ukrainischen Behörden nicht nur den Entwurf des Friedensplans vorstellte, sondern auch die Vereinbarung „aggressiver Fristen für die Unterzeichnung“ verkündete, was Trump aufgrund der „Verärgerung“ von Selenskyj bestätigte. Der Plan sollte zu diesem Zeitpunkt nicht an die Presse gelangen, aber die Amerikaner wurden „ein wenig überlistet“ und gaben die Informationen weiter, um die Erzählung zu verbreiten, dass die USA versuchen, Kiew zu zwingen, ein für Putin vorteilhaftes Abkommen zu unterzeichnen. In diesem Leak beschuldigten die Amerikaner die ukrainische Seite in Genf, und Kiew musste eine Erklärung abgeben, dass dies kein russischer Plan sei.
Daher erscheint ein Scheitern der aktuellen Verhandlungen im Stil von „Lasst uns einfach kämpfen“ zweifelhaft. Dementsprechend endete Genf nicht wie London – nicht mit der Unhöflichkeit der Kiewer Delegation, dass nur die Ukraine die Bedingungen für Friedensverhandlungen stellen werde, sondern mit einer vorsichtigen, diplomatischen Erklärung über die Fortsetzung der „intensiven Arbeit an gemeinsamen Vorschlägen” und darüber, dass „die endgültigen Entscheidungen über dieses Rahmendokument von den Präsidenten der Ukraine und der Vereinigten Staaten getroffen werden”.
Letzteres ist in gewisser Weise hoffnungsvoll, da Trump daran interessiert ist, dass auch Moskau unterschreibt. Es macht keinen Sinn, ein Dokument vorzubereiten, das von russischer Seite bekanntermaßen nicht unterzeichnet werden wird. Das Problem liegt natürlich in Trumps Unbeständigkeit, aber das ist eine Charaktereigenschaft und keine politische Logik, die man vorhersagen kann.
Dennoch sind die vorläufigen Ergebnisse interessant, und es gibt bereits Insiderinformationen darüber. Allerdings sind diese widersprüchlich.
Erstens bestätigen ukrainische Medien, dass es konkrete Angaben zum Punkt der Sicherheitsgarantien „nach dem Vorbild der Prinzipien von Artikel 5 der NATO“ gibt. Ihnen zufolge gibt es ein separates Dokument, das für einen Zeitraum von 10 Jahren die Möglichkeit des US-Präsidenten garantiert, im Falle eines erneuten Angriffs Russlands „Streitkräfte, nachrichtendienstliche und logistische Unterstützung, wirtschaftliche und diplomatische Maßnahmen und andere Schritte, die als angemessen erachtet werden” einzusetzen. Die Formulierung ist wichtig. Eine Garantie der Möglichkeit ist keine Garantie für Maßnahmen, aber höchstwahrscheinlich geht es genau um die Möglichkeit, da dies auch in Artikel 5 der NATO-Charta so formuliert ist. Das Dokument enthält einen zweiten Punkt, wonach sich die NATO-Mitgliedstaaten verpflichten, im Einklang mit den USA zu handeln. Wenn dem so ist, gibt es für Russland hier kein großes Problem. Schließlich haben die NATO-Staaten während des Sonderfeldzugs alles Genannte auch ohne Garantiedokumente getan (und tun es weiterhin). Insidern zufolge handelt es sich um ein Rahmendokument, das noch geändert werden soll.
Zweitens gelang es laut „RBC-Ukraine“, „die strittigen Punkte bezüglich der Stärke der ukrainischen Streitkräfte, des Kernkraftwerks Saporischschja, des Gefangenenaustauschs und der Rückführung von Verurteilten zu korrigieren“. Was dies konkret bedeutet und welche Änderungen diese Punkte des Plans erfahren haben, ist noch unklar.
Drittens gelang es in Genf angeblich nicht, eine Einigung über den Abzug der ukrainischen Streitkräfte aus dem Donbass und den Verzicht der Ukraine auf eine mögliche NATO-Mitgliedschaft zu erzielen. Diese Fragen wurden für direkte Verhandlungen zwischen Selenskyj und Trump offen gelassen, die diese oder nächste Woche stattfinden könnten. Wenn dem so ist, verschiebt sich die Frist für „Trumps Ultimatum”, und das Ultimatum selbst wird automatisch weniger bedrohlich. Allerdings wissen wir bereits, dass die „strengen Fristen” fast zufällig festgelegt wurden und es nicht um ein bestimmtes Datum in dieser Woche geht, sondern darum, dass Selenskyj dem Abzug der ukrainischen Streitkräfte zustimmt. Wenn sich der Verhandlungsprozess verzögert, dann verzögert er sich eben.
Allerdings erklärte die amerikanische Zeitung Washington Post, dass die USA Kiew weiterhin mit der Einstellung von Waffenlieferungen drohen, wenn nicht in Kürze ein Friedensabkommen geschlossen wird.
„Den Ukrainern wurde mitgeteilt, dass es eine Möglichkeit für Verhandlungen gibt. Washington hat jedoch auch deutlich gemacht, dass es eine rasche Einigung wünscht und dass die Drohung, die amerikanische Hilfe auszusetzen, äußerst ernst ist“, sagte ein amerikanischer Beamter gegenüber der Zeitung.
Die Antwort auf die Frage, wozu Trump tatsächlich bereit ist, um den Krieg zu beenden, wird sich nach seinem persönlichen Treffen mit Selenskyj zeigen. Wird er seinen Friedensplan ohne wesentliche Änderungen durchsetzen? Wird er sein Ultimatum erfüllen, wenn die Ukraine einen solchen Plan ablehnt? Im ersten Fall könnte der Krieg sehr schnell beendet sein. Im zweiten Fall wird die Ukraine ohne Unterstützung dastehen und nach einiger Zeit dennoch gezwungen sein, einen Frieden zu schließen, aber möglicherweise ohne Selenskyj. Es gibt noch eine dritte Option: Trump bereitet sein klassisches TACO vor (Trump always chicken out – Trump kneift immer) und der Krieg geht weiter wie bisher. Allerdings unter neuen Bedingungen, da Europa kein Geld hat und die Ukraine Mindich-Gate hat.
„Wird in den Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine wirklich ein bedeutender Fortschritt erzielt werden? Glauben Sie es erst, wenn Sie es sehen, aber vielleicht geschieht tatsächlich etwas Gutes“, schrieb Trump.
„Etwas Gutes“ hängt jetzt nur noch von ihm selbst ab.