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Die EU und kapitalistische Staaten brauchen Verbote, um sich gegen Kritik zu schützen

Durch eine neue Gesetzesänderung wird Protest gegen die Europäische Union und generell andere Staaten kriminalisiert. Der Bundestag hat eine neue Passage ins Strafgesetzbuch aufgenommen, wonach eine Geldstrafe oder eine Gefängnisstrafe bis zu drei Jahren droht, wenn eine ausländische Flagge oder die EU-Flagge beschädigt, unkenntlich gemacht oder „verunglimpft“ wird. Die neue Regelung wurde zuerst von der SPD gefordert, nachdem 2017 Demonstranten in Berlin symbolisch eine auf Papier gemalte israelische Flagge verbrannt hatten, um gegen die Anerkennung Jerusalems, das 1967 von Israel erobert und illegal annektiert wurde, als israelische Hauptstadt durch die Trump-Regierung zu protestieren. Dass solche Aktionen nun hart bestraft werden sollen, ist nach dem Verbot der Hisbollah ein weiterer Repressionsschlag gegen die Widerstandsbewegung, die sich gegen die Besatzung Palästinas, die dort herrschende Apartheid sowie die Kriege und imperialistischen Einmischungen in der ganzen Region wendet. 

Angesichts der Tatsache, dass deutsche Politiker sich immer wieder heuchlerisch darüber empören, dass in China die Verunglimpfung der Nationalhymne Repressionen nach sich zieht, zeigt diese Gesetzesverschärfung ein weiteres Mal die groteske Doppelmoral der herrschenden Politik.

Die Ausdehnung des „Verunglimpfungsverbots“ auf die Flagge der EU ist auch vor dem Hintergrund der Entwicklungen der letzten Jahre zu sehen, in denen die EU immer offener ihr reaktionäres, volksfeindliches Gesicht gezeigt hat. Die EU ist selbst nach den Maßstäben des Kapitalismus ein autoritäres System, in dem es keinerlei relevanten Einfluss des Volkes auf politische Entscheidungen gibt. Der Maastrichter Vertrag und der Lissabon-Vertrag schreiben in den Mitgliedsstaaten der EU eine extrem kapitalfreundliche, arbeiter- und volksfeindliche Wirtschaftspolitik fest. Der immer weiter verschärfte Stabilitäts- und Wachstumspakt und die Schuldenbremsen verbieten nennenswerte Haushaltsdefizite, was aber de facto natürlich nur Ausgaben für Soziales, Gesundheit und Bildung betrifft, aber nicht Ausgaben für Militär, Subventionen für Konzerne oder Bankenrettungspakete. Die EU ist der perfekte politische Rahmen für die ungehinderte Diktatur des Großkapitals, für den Abbau sozialer und demokratischer Rechte. Sie ist der Ausgangspunkt der internationalen imperialistischen Expansion der großen europäischen Monopole wie Siemens, VW, Allianz, BNP Paribas, Axa, Total, Generali, ING usw. usf. 
Indem sie die Standortkonkurrenz fördert und die Ausplünderung der Völker durch die Konzerne und dabei insbesondere die Ausplünderung der Arbeiterklassen Süd- und Osteuropas durch die Konzerne Deutschlands, Frankreichs, der Niederlande und anderer Länder erleichtert und verschärft, dient sie nicht der Völkerverständigung und dem Frieden, sondern hetzt im Gegenteil die Arbeiter verschiedener Nationen gegeneinander auf und fördert den Nationalismus in allen Mitgliedsländern der EU.

Die EU zerstört mit ihrer Handelspolitik die Überlebensgrundlage von Millionen Arbeitern, Bauern und kleinen Selbstständigen in Afrika und anderswo. Sie ist nach den USA Hauptverantwortlicher für imperialistische Kriege und dafür, dass viele Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Sie schottet ihre Außengrenzen militärisch gegen die Opfer ihrer Politik ab und ist damit verantwortlich für das zehntausendfache Sterben im Mittelmeer. 
Die EU ist ein aktiver Geschichtsfälscher, der die Geschichte des 20. Jahrhunderts auf die unverschämteste Art und Weise verdreht und umschreibt, um die Verbrechen der sogenannten „liberalen Demokratien“ unter den Teppich zu kehren, die des Faschismus zu verharmlosen und angebliche „Verbrechen des Kommunismus“ zu konstruieren. Der Gipfel dieser Dreistigkeit ist es, den 9. Mai, den Tag der Befreiung vom Faschismus, in einen „Tag Europas“ umbenannt zu haben, also einen Tag zur Glorifizierung der imperialistischen EU. 

Es gibt also zahllose Gründe dafür, die EU, dieses imperialistische Herrschaftsinstrument der Kapitalisten, abzulehnen und zu bekämpfen. Ein solches System, das radikal gegen die Interessen der breiten Mehrheit der Bevölkerung steht und die immer ungeschminktere Diktatur des Großkapitals durchsetzt, braucht aber die staatliche Repression, um auf Kritik zu reagieren. Das gilt in der aktuellen Krise, die wahrscheinlich auch die tiefste Krise der EU sein wird und mit Sicherheit zu einer Verschärfung des Klassenkampfes führen wird, umso mehr.

Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) machte deutlich, worauf die SPD mit dem Gesetz hinauswill: „Das Verbrennen von Flaggen in der Öffentlichkeit hat mit friedlichem Protest nichts zu tun“. Damit machte sie klar, dass sogar symbolische Zerstörungen von Gegenständen im eigenen Besitz als „Gewalt“ gewertet werden – während exzessive Polizeigewalt gegen Demonstranten natürlich auch in Deutschland weiterhin in nahezu allen Fällen ohne Konsequenzen bleiben wird. Die SPD ist damit, unterstützt von der CDU, Vorreiter einer weiteren autoritären Einschränkung des Demonstrationsrechts und der Abschaffung demokratischer Rechte. 

Doch auch die Linkspartei spielt eine schmutzige und verachtenswerte Rolle: Zwar stimmte sie gegen die neue Gesetzesänderung, allerdings nicht, weil sie an sich gegen die Einschränkung des Demonstrationsrechts wäre. Man könne stattdessen „ein Verbot mit versammlungsrechtlichen Möglichkeiten durchsetzen“, so der rechtspolitische Sprecher der Linkspartei, Sebastian Schlüsselburg. Er schlug zudem vor, nur das Verbrennen der israelischen Flagge zu bestrafen und bewies damit erneut, dass die Linkspartei hinter dem israelischen Besatzungsregime steht und den Kurs der fortschreitenden Kriminalisierung der palästinensischen Befreiungsbewegung weiter forciert (Andreas Kopietz: Linkspartei gegen Verbot von Flaggen-Verbrennung, Berliner Zeitung 20.1.2020). 

Die Gegensätze in der EU werden in der nächsten Zeit zunehmen, die Abwälzung der Krisenlasten auf die Bevölkerung wird sich verschärfen. Auch das israelische Regime eskaliert seine Angriffe gegen die Palästinenser aktuell immer weiter. Der Kampf gegen unterdrückerische Systeme hat immer schon auch die Zerstörung und „Verunglimpfung“ von Symbolen dieser Unterdrückung eingeschlossen. Berechtigter Protest darf sich von dem neuen autoritären Gesetz nicht einschüchtern lassen, sondern wird sich auch weiterhin die Protestformen aussuchen müssen, die sie – und nicht der bürgerliche Staat – für die angemessenen hält. 

Aktuelles

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Zur Veranstaltungsreihe „Good bye Stalin?!“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat 2023 in Leipzig eine Veranstaltungsreihe gestartet, deren Hauptinhalt antikommunistische, antisowjetische und Anti-DDR-Propaganda war. Worauf das Ganze hinauslaufen sollte, wurde dann spätestens bei der letzten Veranstaltung deutlich: die Einreihung der Linken in die Zeitenwende-Politik. Die Beteiligung der Rosa-Luxemburg-Stiftung und des lokalen Parteibüros der Linken linxxnet sollte mittlerweile nicht mehr verwundern. Eine neue Stufe war jedoch die Veranstaltungsunterstützung durch die VVN-BdA.

Vortrag zur Geschichte des Zionismus

Im Oktober hielten wir als KO in Leipzig im Rahmen der Aktionswoche des Kufiya-Netzwerks einen Vortrag zur Geschichte des Zionismus. Der Vortrag soll einen Einstieg in das Thema leisten und gibt Argumentationshilfen für die politische Auseinandersetzung an die Hand.