Von Noel Bamen
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1. KKE (und TKP und SKP) = Lenin?
2. 100 Jahre Imperialismus-Debatte auf den Müll?
b) Diskurse im Realsozialismus
4. Links(radikal) blinken, rechts(opportunistisch) abbiegen
Die Auseinandersetzung in der KO verläuft, wie ich schon an anderer Stelle geschrieben habe,[1] nicht zwischen einem „revolutionären“ und einem „revisionistischen“ Lager, sondern zwischen jenen, die klären wollen, und denen, die es nicht wollen. Mir und anderen Genossen, die die Lage so sehen, wurde sowohl vom Anti-Klärungs-Lager als auch von Genossen, die ich als unsicher einschätze, vorgehalten, wir würden es uns mit diesen Zuschreibungen zu leicht machen: Selbst wenn es so sei, wurde mir in einer Diskussion gesagt, dass die selbsternannten „Revolutionäre“ in der Imperialismusfrage objektiv oder vielleicht sogar subjektiv kein Interesse an Klärung hätten, so erstrecke sich dieser Unwille ja nicht auf sämtliche andere Fragen, etwa die Parteifrage oder die Strategiefrage. Letzteres mag zwar so sein. Allerdings lässt diese Sicht die Tatsache außer Acht, dass wir aktuell erstmals einen Dissens unter uns haben, d.h. die aktuelle Auseinandersetzung ist ein Lackmustest, wer wirklich selbstkritisch, ergebnisoffen, wissenschaftlich und umfassend klären möchte, und wer nur seine bereits zum Dogma erhobene Sicht durchsetzen und alle anderen – innerhalb wie außerhalb der KO – als Abweichler und Revisionisten brandmarken will. Wer es sich also in Wahrheit zu einfach macht, ist das Anti-Klärungs-Lager. Und das gilt nicht nur für ihr Nein zur Klärung – indem sie die Klärung zu einer reinen Unterfütterung ihrer bereits festgelegten Positionen degradieren –, das die Existenzberechtigung der KO völlig infrage stellt, sondern mindestens ebenso sehr für jene Annahme, die sie so völlig von sich selbst überzeugt zur Ausgangslage ihres Opponierens gegen die Klärung und ihrer Zersetzungsarbeit in den letzten Monaten gemacht haben.
1. KKE (und TKP und SKP) = Lenin?
Was sie nämlich tun, ist, dass sie Lenins Imperialismusschrift nehmen, sie auf das reduzieren, was ihnen in den Kram passt, und anschließend die Analyse der KP Griechenlands (KKE) (bzw. ihre eigene Interpretation von dieser) daneben legen und behaupten, beides sei (mehr oder weniger) identisch. Diese Aussage habe ich in den letzten Wochen und Monaten immer wieder in Diskussionen gehört bzw. in unseren internen individuellen Positionierungs-Aufschlägen, die alle KO-Genossen verfassen sollten, gelesen: „Mein Imperialismusverständnis ist das von Lenin und der KKE“, als sei das dasselbe.
Dieses Imperialismus-Bild der KKE bzw. die Interpretation dessen, die bei uns verbreitet ist, sieht grob beschrieben wie folgt aus: Ausgehend von der (natürlich grundsätzlich richtigen Annahme), wonach das Monopol den ökonomischen Kern des Imperialismus ausmacht, meint man, es reiche aus, dass mittlerweile (mit absoluter Wahrscheinlichkeit) in jedem Land der Welt Monopole (ob nationale oder ausländische) existieren, um zu der Schlussfolgerung zu gelangen, jedes Land sei monopolkapitalistisch und damit imperialistisch. Und so gelten sämtliche Staaten der Welt als mehr oder weniger starke imperialistische Mächte innerhalb einer hierarchisch gegliederten „imperialistischen Pyramide“. Kolonien, besetzte Länder oder „failed States“ wie Palästina, die Westsahara oder der Jemen „fallen“ aus dieser Pyramide und damit aus dem Weltsystem einfach „heraus“; davon abgesehen besteht zwischen allen anderen Staaten (z.B. Bangladesh und den USA) nur ein quantitativer, nicht aber mehr ein qualitativer Unterschied (Bangladesh könne also realistisch irgendwann die USA ablösen und an die Spitze der Pyramide treten). Analysen, die davon ausgehen, dass nach wie vor nur eine kleine Anzahl von Staaten imperialistisch ist, während Neokolonialismus bzw. halbkoloniale, unterdrückte, abhängige, rückständige usw. Länder, die nur formal eigenständig sind, weiterhin verbreitet sind, gelten entsprechend nicht nur als nicht (mehr) gültig, sondern vielmehr als Indiz für „(Rechts-)Opportunismus“ und „Revisionismus“.
Bei der Gleichsetzung von dieser Imperialismus-Auffassung und der Analyse Lenins wird nun gerne dessen Imperialismusschrift auf eine verfälschende Kurzdefinition zusammengestaucht: „Imperialismus [ist] das monopolistische Stadium des Kapitalismus“. Leider geht Lenins Satz aber anders:
„Würde eine möglichst kurze Definition des Imperialismus verlangt, so müßte man sagen, daß der Imperialismus das monopolistische Stadium des Kapitalismus ist. (…) Doch sind allzu kurze Definitionen zwar bequem, denn sie fassen das Wichtigste zusammen, aber dennoch unzulänglich, sobald aus ihnen speziell die wesentlichen Züge der zu definierenden Erscheinung abgeleitet werden sollen.“[2]
Anschließend listet er seine fünf Merkmale auf. Auch diese werden vom selbsternannten „KKE-Lager“ gerne angeführt, häufig mit dem Hinweis, dass zumindest die letzten zwei gar nicht auf einzelne Länder anzuwenden seien. Schlussfolgerung: Der Begriff „Imperialismus“ bezieht sich auf einen globalen Zustand, auf die Epoche des Kapitalismus nach der freien Konkurrenz und auf das herrschende Weltsystem. Beides ist richtig, aber offenbar eben nur ein Teil der Wahrheit. Denn zumindest diejenigen selbsternannten „KKE-Anhänger“, die der Argumentation der Genossen von der Schwedischen Kommunistischen Partei (SKP) folgen und behaupten, das Adjektiv „imperialistisch“ könne sich gar nicht auf einzelne Länder beziehen, werden schon von Lenin selbst in derselben Schrift widerlegt, denn dort spricht auch er wiederholt von „imperialistischen Ländern“, „Staaten“, „Nationen“ und „Mächten“. Nicht alle aus dem „KKE-Lager“ mögen dieser Behauptung der SKP folgen. (Schließlich gibt es ganz offensichtlich eklatante Unterschiede zwischen den Thesen der Türkischen Kommunistischen Partei (TKP) zum Imperialismus und jenen totalen Relativierungen, die der Genosse Sörensen in unserem Podcast und auf dem Kommunismus-Kongress von sich gegeben hat, auch wenn das „revolutionäre Lager“ in der KO diese Widersprüche klein redet.) Es ist aber interessant, dass diese Vorstellung so unwidersprochen toleriert wird, während die Behauptung, Imperialismus bedeutete auch heute noch, dass es eine „Handvoll besonders reicher und mächtiger Staaten“ gebe, die „die ganze Welt ausplündern“,[3] in der KO so vehement als absurd, „rechtsopportunistisch“ und „revisionistisch“ zurückgewiesen wird.
Das Problem ist, dass insbesondere unsere jüngeren Genossen, die vor der KO kaum oder gar keine politische Erfahrung gemacht und ML-Bildung erhalten haben, selbstverständlich von der bei uns vorherrschenden Vorstellung geprägt sind: KKE-Analyse, „imperialistische Pyramide“, kein „Etappismus“, verschiedene imperialistische Pole etc. Dass all dies in der KO sehr unterschiedlich verstanden, vermittelt und für bare Münze genommen wurde, wissen wir heute. (Ich z.B. fand die Pyramiden-Vorstellung von Anfang an falsch, weil ich die Vorstellung, dass alle Länder mehr oder weniger imperialistisch seien und es nur noch quantitative Unterschiede zwischen den Staaten gäbe, für absurd hielt; dass es Neokolonialismus, Kämpfe um nationale Befreiung und Souveränität noch heute gibt, war für mich selbstverständlich; die These, dass der Imperialismus nicht mit dem Westen gleichzusetzen sei, habe ich so verstanden, dass dies nicht an sich und für immer gültig sei, dass aber der Westen trotzdem nach wie vor die dominierende Macht in der Welt war, war für mich selbstverständlich – hätte mir je jemand das Gefühl gegeben, dass dies anders gemeint sei, hätte ich den Thesen nie zugestimmt, obwohl ich sie immer als Arbeitsthesen, nie als Light-Version eines Programms verstanden habe.) Gerade für die jüngeren Genossen hat das extrem schematische Imperialismus-Bild, das bei uns verbreitet wurde, den vermeintlichen Vorteil, dass es sehr einfach und daher eingängig ist; wer es sich angeeignet hat, konnte sich in trügerischer Selbstsicherheit wiegen, die Welt verstanden zu haben, ohne sich je mit irgendeiner konkreten Frage in Bezug auf einzelne Länder oder Konflikte tatsächlich beschäftigt zu haben. Und mit dieser Schablone im Kopf meint man dann nicht nur, die vermeintlich richtige Strategie für jedes Land benennen zu können, ohne sich mit den dortigen Klassenverhältnissen und Kampfbedingungen konkret auseinandersetzen zu müssen, sondern auch alle anderen als „Revisionisten“ abwatschen zu können.
2. 100 Jahre Imperialismus-Debatte auf den Müll?
Seit Lenins Imperialismusschrift ist vieles geschehen, gerade auch mit Blick auf die Imperialismus-Diskurse in der kommunistischen Bewegung: Für die Jahre zwischen 1916 und 1945 sind insbesondere die Debatten in der Komintern um die Imperialismus- und Kolonialismusfrage zu nennen. Ganze Bücher wurden über diese Diskussionen geschrieben, und trotzdem kann dieses (vergleichsweise eng gefasste) Kapitel nicht als ausführlich erforscht gelten, erst recht nicht aus ML-Perspektive.[4] Als in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg ein Drittel der Weltbevölkerung unter sozialistische Herrschaft geriet, bedeutete das auch, dass in der Phase bis 1990 systematisch nie dagewesene gigantische Ressourcen in die politische wie akademische marxistisch-leninistische Forschung und Debatte investiert werden konnten. Allein eine Auflistung aller Schriften, die in der DDR zum Thema Imperialismus, (Neo-)Kolonialismus und nationale Befreiung verfasst wurden, würde Bände füllen. Sich über die Diskussionen und Erkenntnisse dieser Zeit hinwegzusetzen, wäre absolut ignorant gegenüber unserer eigenen Geschichte und unserer Weltanschauung. Im Folgenden möchte ich hier nur ein paar wenige Schlaglichter auf die Debatten und Positionen in der internationalen kommunistischen Bewegung (IKB) zwischen 1916 und 1990 werfen.
a) Debatten in der Komintern
Die Komintern hat sich, wie gesagt, ausführlich der kolonialen Frage und der antikolonialen Strategie gewidmet und darüber auf jedem Kongress kontrovers diskutiert. Auf dem II. Weltkongress (1920) wurde u.a. beschlossen, dass man sich „nicht auf die bloße Anerkennung oder Proklamierung der Annäherung der Werktätigen verschiedener Nationen beschränken“ dürfe, sondern „eine Politik der Verwirklichung des engsten Bündnisses aller nationalen und kolonialen Freiheitsbewegungen mit Sowjetrussland“ verfolgen müsse, „wobei die Formen dieses Bündnisses von der Entwicklungsstufe der kommunistischen Bewegung unter dem Proletariat jedes Landes oder der revolutionären Freiheitsbewegung in den zurückgebliebenen Ländern und unter den rückständigen Nationalitäten bestimmt werden.“ Weiter unten heißt es: „Die Kommunistische Internationale soll ein zeitweiliges Zusammengehen, ja selbst ein Bündnis mit der [auch bürgerliche Kräfte umfassenden] revolutionären Bewegung der Kolonien und der rückständigen Länder herstellen“, wobei es allerdings „den selbständigen Charakter der proletarischen Bewegung“ aufrecht zu erhalten gelte.[5]
Übrigens wurde damals auch sehr weit- und einsichtig Verständnis für die Ressentiments der unterdrückten Nationen gegenüber den imperialistischen Ländern beschworen:
„Die jahrhundertelang andauernde Knechtung der kolonialen und schwachen Völkerschaften durch die imperialistischen Großmächte hinterließ in den werktätigen Massen der geknechteten Länder nicht nur Gefühle der Erbitterung, sondern auch Gefühle des Misstrauens gegen die unterdrückenden Nationen im allgemeinen, darunter auch gegen das Proletariat dieser Nationen. Der niederträchtige Verrat (…) durch die Mehrheit der offiziellen Führer dieses Proletariats in den Jahren 1914-19 (…) konnte dieses vollständig gerechte Misstrauen nur bestärken. Da dieses Misstrauen und die nationalen Vorurteile erst nach der Vernichtung des Imperialismus in den vorgeschrittenen Ländern und nach der radikalen Umformung der gesamten Grundlagen des wirtschaftlichen Lebens der rückständigen Länder ausgerottet werden können, so kann die Beseitigung dieser Vorurteile nur sehr langsam vor sich gehen. Daraus ergibt sich für das klassenbewusste kommunistische Proletariat aller Länder die Verpflichtung zu besonderer Vorsicht und besonderer Aufmerksamkeit gegenüber den an sich überlebten nationalen Gefühlen in den lange Zeit geknechteten Ländern und Völkerschaften und zugleich die Verpflichtung, Zugeständnisse zu machen, um dieses Misstrauen und diese Vorurteile desto rascher zu beseitigen.“[6]
Wenn ich in einem internen Diskussionsbeitrag der Fraktion der sog. Minderheit in der KO von „Antiamerikanismus“ und „Salafismus“ lese, habe ich das Gefühl, dass einige Genossen klar hinter diese Erkenntnisse von vor 100 Jahren zurückgefallen sind.
Auf dem IV. Weltkongress (1922) wurde – quasi als Pendant zur proletarischen Einheitsfront in den imperialistischen Metropolen – die „anti-imperialistische Einheitsfront“ als Taktik für die „kolonialen und halbkolonialen Länder“ ausgegeben, die eine „zeitweilige Verständigungen mit der bürgerlichen Demokratie“ mit einschloss.[7] Hierbei wird offensichtlich, dass die Komintern den Begriff des Antiimperialismus nicht einfach als Synonym für Antikapitalismus oder gar Sozialismus/Kommunismus benutzte, sondern den konkreten Kampf gegen die konkrete Herrschaft durch konkrete Imperialisten in Form der konkreten Unterwerfung konkreter Länder meinte.
Auch hier gab die KI einen – für uns noch heute – sehr spannenden Hinweis:
„Die Gefahr einer Verständigung zwischen dem bürgerlichen Nationalismus und einer oder mehreren sich einander befehlenden imperialistischen Mächten ist in den halbkolonialen Ländern (China, Persien) oder in den Ländern, die um ihre staatliche Selbständigkeit ringen, infolge der Rivalität der Imperialisten untereinander (Türkei) weitaus größer als in den Kolonien. Ein jedes derartiges Abkommen bedeutet eine recht ungleiche Teilung der Macht zwischen den einheimischen herrschenden Klassen und dem Imperialismus und belässt unter dem Deckmantel einer formalen Selbständigkeit das Land in seiner früheren Lage eines halbkolonialen Pufferstaates im Dienste des Weltimperialismus. Die Arbeiterklasse kann die Zulässigkeit und die Notwendigkeit von teilweisen und zeitweiligen Kompromissen zur Herstellung einer Atempause in dem revolutionären Befreiungskampf für den Imperialismus anerkennen, muss aber mit absoluter Unversöhnlichkeit gegen jeden Versuch einer offenen oder versteckten Teilung der Macht zwischen dem Imperialismus und den einheimischen herrschenden Klassen zur Aufrechterhaltung der Klassenprivilegien der letzteren auftreten.“[8]
In den Debatten der Komintern um die Frage des Imperialismus, Kolonialismus und der nationalen Befreiungsbewegung standen damals besonders Indien und China – ihr Charakter, die dortigen Unabhängigkeitsbewegungen und die Aufgaben der dortigen Kommunisten – im Mittelpunkt, ähnlich wie es bei uns heute Russland und China sind.[9] Auf dem II. KI-Kongress stritt Lenin mit dem indischen KI-Abgeordneten M.N. Roy über die Frage, inwiefern Indien und China als unterdrückt und abhängig bzw. als Kolonie und Halbkolonie zu betrachten seien, und ob die dortigen bürgerlichen Kräfte, die für die nationale Selbständigkeit kämpften, von den Kommunisten unterstützt werden müssten: Roy sprach sich gegen eine Unterstützung aus, weil er die nationalen Bourgeoisien in erster Linie als Feinde betrachtete, Lenin jedoch war dafür und setzte sich damit durch.[10] In Bezug auf China kam es ebenfalls zu vielseitigen Kontroversen: Sie betrafen die Fragen, inwiefern China eine Halbkolonie sei oder nicht, halb-feudal oder nicht, ob die KP ein Bündnis mit der bürgerlichen Guomindang eingehen solle oder nicht und ob die KPCh sich hauptsächlich auf die Arbeiter stützen solle oder nicht. Das folgende Zitat Stalins, das aus dieser Auseinandersetzung stammt, soll nur einmal dazu anregen, sich mit Fragen der Übergangsetappen im Generellen auseinanderzusetzen, da dieses Konzept bei uns in der KO mit der Antimonopolistischen Strategie der DKP (die ich in der Form, wie ich sie bislang verstanden habe, und erst recht in Bezug auf die BRD, tatsächlich für absoluten Quatsch halte) offenbar gänzlich entsorgt wurde:
„Ich glaube, daß die zukünftige revolutionäre Macht in China ihrem Charakter nach im allgemeinen der Macht ähneln wird, von der bei uns [in Russland] im Jahre 1905 die Rede war, das heißt, sie wird eine Art demokratische Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft sein, mit dem Unterschied jedoch, daß sie eine vorwiegend antiimperialistische Macht sein wird. Sie wird eine Übergangsmacht sein, die zur nichtkapitalistischen, oder genauer gesagt, zur sozialistischen Entwicklung Chinas hinüberleitet.“[11]
Der VI. Weltkongress der KI (1928) schließlich, (den die Trotzkisten bereits als „außerhalb der wirklich revolutionären kommunistischen Bewegung stehend“ und als „Schauplatz der stalinistischen Konterrevolution“ sehen,) gilt als Höhepunkt der Kolonialdebatte in der Komintern. Die dort verabschiedeten Thesen über die revolutionäre Bewegung in den Kolonien und Halbkolonien ist das umfassendste Dokument der KI zur Kolonialen Frage. Sie bestätigten eingangs zunächst die Thesen des II. Weltkongresses bestätigt.[12] Weiter hieß es, dass sich bei den revolutionären Bewegung in den kolonialen und halbkolonialen Ländern „um die bürgerlich-demokratische Revolution, d.h. um die Etappe der Vorbereitung der Voraussetzungen für die proletarische Diktatur und die sozialistische Revolution“ handle.[13] Zu den „Grundaufgaben“ gehöre in diesen Ländern an erster Stelle die
„Umgestaltung des Kräfteverhältnisses zugunsten des Proletariats; Befreiung des Landes vom Joche des Imperialismus (Nationalisierung der ausländischen Konzessionen, Eisenbahnen, Banken und dergI.) und Herstellung der nationalen Einheit des Landes dort, wo diese Einheit noch nicht erreicht worden ist“.[14]
An anderer Stelle heißt es:
„Die internationale Revolution des Proletariats besteht aus einer Reihe ungleichzeitiger Prozesse: rein proletarische Revolutionen; Revolutionen von bürgerlich-demokratischem Typus, die in proletarische Revolutionen umschlagen; nationale Befreiungskriege; koloniale Revolutionen. Erst am Ende seiner Entwicklung führt dieser revolutionäre Prozeß zur Weltdiktatur des Proletariats.
Die in der Epoche des Imperialismus gesteigerte Ungleichmäßigkeit der Entwicklung des Kapitalismus hat eine größere Verschiedenartigkeit seiner Typen, hat Unterschiede im Reifegrad und mannigfaltige, besondere Bedingungen des revolutionären Prozesses in den einzelnen Ländern erzeugt. Eine historisch unbedingt notwendige Folge dieser Umstände sind die Mannigfaltigkeit der Wege und die Unterschiede im Tempo der Machtergreifung des Proletariats wie die Unvermeidlichkeit gewisser Übergangsstadien zur proletarischen Diktatur in einer Reihe von Ländern. Infolgedessen nimmt auch der Aufbau des Sozialismus in einzelnen Ländern verschiedene Formen an.“[15]
Im Folgenden teilt die KI – explizit vereinfacht-schematisch – verschiedene Ländergruppen ein: hochentwickelte kapitalistische Länder (USA, Deutschland, England usw.), „Länder auf mittlerer kapitalistischer Entwicklungsstufe“ (Spanien, Portugal, Polen, Balkan usw.) sowie „koloniale und halbkoloniale Länder (China, Indien usw.) und abhängige Länder (Argentinien, Brasilien usw.)“. Besonders spannend für unsere Debatte heute ist die Tatsache, dass die Komintern nicht nur für die drei letztgenannten Ländertypen (Kolonien, Halbkolonien und abhängige Länder), sondern auch für die „Länder auf mittlerer kapitalistischer Entwicklungsstufe“ die mögliche Notwendigkeit von Übergangsetappen betont.[16]
Wichtig ist hier hervorzuheben, dass einerseits diese Aufgabenstellung und auch der hier von der KI formulierte „Etappismus“ – ein (abwertender) Begriff, den ich übrigens erst in der KO kennengelernt habe – nicht dogmatisch oder schematisch anzuwenden ist – denn bis „zu welchem Grade die bürgerlich-demokratische Revolution praktisch imstande sein wird, alle ihre Grundaufgaben durchzuführen, und welcher Teil dieser Aufgaben erst von der sozialistischen Revolution verwirklicht werden wird“ werde vom konkreten Verlauf der Kämpfe und der Kräfteverhältnisse, die sich in ihnen entwickelten, abhängen[17] –, sie andererseits aber eben doch genauso charakterisiert und benannt werden, und dabei nicht beliebig sind, sondern der damals gängigen Analyse der IKB entsprangen. Also auch hier noch einmal der dringende Appell, Etappen-Konzepte nicht einfach als „revisionistisch“ zu verwerfen, wie es viel zu lange viel zu leichtfertig bei uns praktiziert oder zumindest toleriert wurde.
b) Diskurse im Realsozialismus
Werfen wir nun einen Blick auf die Imperialismus-Diskurse in der DDR: In Grundlagen des Marxismus-Leninismus wird zunächst Lenins Imperialismusschrift zitiert: „Einzig und allein der Kolonialbesitz bietet volle Gewähr für den Erfolg der Monopole“, um dann zu ergänzen:
„Für den Imperialismus sind nicht nur die beiden Hauptgruppen von Ländern, die Kolonialmächte und die Kolonien, typisch, sondern auch die abhängigen Länder, die formal politisch selbstständig, im Grunde genommen jedoch in ein Netz finanzieller und diplomatischer Abhängigkeiten verstrickt sind. Ohne formal-juristisch auch nur eine einzige bedeutende Kolonie zu besitzen, sind heute die USA faktisch die größte Kolonialmacht.“[18]
Denn anders als in Teilen der KO ging man in den sozialistischen Ländern und der IKB in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht davon aus, dass unterdrückte und abhängige Länder mit dem Zerfall des klassischen Kolonialsystems einfach verschwänden. Vielmehr war das Konzept des Neokolonialismus ganz selbstverständlich anerkannt. So heißt es unter eben diesem Stichwort im Wörterbuch der Geschichte, er sei ein „internationales imperialistisches System der kolonialen Ausbeutung und politischen Bevormundung der Entwicklungsländer Asiens Afrikas und Lateinamerikas.“ Der Kapitalismus setze „den Kolonialismus mit veränderten ökonomischen, politischen, ideologischen und militärischen Methoden und Formen (…) fort.“ Er bilde eine „ständige Gefahrenquelle sowohl für die Souveränität und den gesellschaftlichen Fortschritt in den jungen Nationalstaaten als auch für die Erhaltung des Weltfriedens.“[19]
Dass der Imperialismus eben nicht einfach nur als Epoche oder als allumfassendes Wirtschaftssystem verstanden wurde, sondern vor allem (auch) als ein globales System der (Vor-)Herrschaft, der man quantitativ politische und ökonomische Souveränität entgegensetzen konnte, machen folgende Zitate deutlich:
„Im Ergebnis des zweiten Weltkrieges und des nationalen Befreiungskampfes der Völker bildete sich eine ausgedehnte Zone national befreiter Staaten, junger sich entwickelnder Länder heraus, die sich aus der politischen Abhängigkeit befreit haben. Infolge des Zusammenbruchs des Kolonialsystems konnten 1,6 Milliarden Menschen (…) der Sphäre der ungeteilten Herrschaft des Imperialismus entkommen.“[20]
Und:
„Aus dem zerfallenden Kolonialsystem bildeten sich bisher folgende hauptsächlichen Ländergruppen:
1. Länder, die das Joch des Imperialismus abgeschüttelt haben und zum sozialistischen Aufbau übergegangen sind. (…)
2. Länder, die ihre politische Unabhängigkeit erkämpft haben und eine selbstständige Außenpolitik betreiben. Diese Länder haben sich von der imperialistischen Unterdrückung befreit, sie sind aber innerhalb des kapitalistischen Wirtschaftssystems verblieben (…)“.[21]
Und:
„Selbst die Entwicklung kapitalistischer Verhältnisse in den befreiten Ländern, solange sie nicht das monopolistische Stadium erreicht haben, … dient nicht zwangsläufig der Sicherung der Positionen des Imperialismus … Auf jeden Fall (…) sind die vom Kolonialismus befreiten Länder ein realer Herd des Kampfes gegen den Imperialismus, auch wenn sie durch tausende Fäden – wirtschaftliche, politische, finanzielle und kommerzielle – an die kapitalistische Welt gebunden sind und von ihr abhängen.“[22]
Der Verweis auf das monopolistische Stadium im letzten Zitat zeigt einerseits, dass damals durchaus mit demselben Rüstzeug marxistisch-leninistischer Grundlagen an die Analyse herangegangen wurde, wie bei uns heute (hier konkret: das Monopol als Kern des Imperialismus); andererseits zeigt es doch, dass die Realität konkret offenbar sehr anders bewertet wurde, denn auch in den 1980er Jahren existierten sicherlich bereits indische, ägyptische, südkoreanische oder brasilianische Monopole und von einem dominierenden „freien Markt“ war auch in diesen Ländern wohl nicht mehr viel übrig. Trotzdem wurden sie nicht als imperialistische Mächte betrachtet. Auch eindeutig kapitalistische und pro-westliche Staaten wurden nicht als imperialistisch bezeichnet: die Golfmonarchien etwa galten als „pro-imperialistisch“, beispielsweise das Sadat-Regime in Ägypten wurde auch als „neokompradorisch“[23] bezeichnet; ebenso wenig sprach man in Bezug auf Territorialkonflikte zwischen Entwicklungsländern wie Marokko (mit Blick auf die Westsahara), Pakistan (mit Blick auf Bangladesh) oder dem Irak (bezüglich Iran) von imperialistischen Kriegen oder Aggressionen. Im Gegenteil: Die seit 1961 bestehende und insgesamt über 100 Staaten umfassende Bewegung der Blockfreien[24] galten als
„ein wesentlicher außenpolitischer Ausdruck der nationalen Befreiungsbewegung und die entscheidende außenpolitische Plattform einer Vielzahl von Entwicklungsländern; sie ist in ihrer Grundrichtung objektiv antiimperialistisch orientiert und verfolgt allgemeindemokratische Aufgaben. (…) Die Staaten der sozialistischen Gemeinschaft gehen davon aus, daß die Festigung der nationalen Souveränität der nichtpaktgebundenen Länder im untrennbaren Zusammenhang mit der Sicherung des Weltfriedens steht.“[25]
Es geht hier weder um sozialistische, noch um in ihrer Gesamtheit anti-westliche, geschweige denn pro-sowjetische Staaten, auch wenn die Blockfreien in ihrer Gesamtheit dem sozialistischen Lager tendenziell sehr viel näher standen, als dem imperialistischen Lager. Nicht nur weil einige dieser Staaten damals bei den Blockfreien mit dabei waren, sondern auch weil sie mehr oder weniger als Nachfolge-Bündnisse gelten, drängt sich ein Vergleich etwa mit dem ALBA-Bündnis oder den BRICS-Staaten auf, die beide von der KKE in der Vergangenheit als „imperialistische Pole“ bezeichnet wurden.[26] Während also die UdSSR, die DDR und Co. die Blockfreien als in der Tendenz „objektiv antiimperialistisch orientiert“ betrachtet hat, hat die KKE – zumindest in der Vergangenheit – ein vom sozialistischen Kuba gemeinsam mit dem links regierten Venezuela zwecks stärkerer ökonomischer Unabhängigkeit vom US-Imperialismus ins Leben gerufenes Kooperationsbündnis zwischen lateinamerikanischen Ländern als imperialistisch bezeichnet. Mittlerweile mag sie von dieser Position abgegangen sein – zumindest wurde mir das berichtet –, doch liegt darin eine gewisse Stringenz, wenn man konsequent die Welt schwarz-weiß in sozialistisch und imperialistisch einteilt.
Der antiimperialistische Kampf, wie er – anders als in Teilen der KO und möglicherweise auch von der KKE – traditionell in der IKB verstanden wurde, bezog sich, wie wir weiter oben in Bezug auf die Komintern schon gesehen haben, in erster Linie auf den Kampf der nationalen Befreiungsbewegungen. Darunter wurden jene Kräfte verstanden, die „für staatliche Selbstständigkeit, politische und ökonomische Unabhängigkeit vom Imperialismus und [für die] Überwindung der gesellschaftlichen Rückständigkeit“ kämpfen, was explizit auch bürgerliche Kräfte mit einbezog und sich nicht nur auf die Zeit vor der politischen Unabhängigkeit bezog, sondern – im Kampf gegen den Imperialismus und Neokolonialismus – auch darüber hinaus.[27] Neben dem Realsozialismus und der IKB wurde die nationale Befreiungsbewegung zudem zu den „revolutionären Hauptströmungen der Gegenwart“ gezählt.[28] Diese Bezeichnung mag erst in den 1960er oder 70er Jahren aufgekommen sein, sie ist jedoch keineswegs eine Erfindung der Breschnew- oder Chruschtschow-Zeit, sondern beruft sich zumindest auf Gedanken Lenins aus dem Jahr 1916[29] sowie auf die Komintern.[30]
Abschließend will ich noch einmal auf die Etappen-Strategien zurückkommen: Ein zentrales Konzept der sozialistischen Staaten für die sog. Entwicklungsländer war der sog. Nichtkapitalistische Entwicklungsweg.[31] Nach meinem Eindruck haben selbst belesenere Genossen bei uns bislang kaum je davon gehört, geschweige denn sich damit auseinandergesetzt. Dabei gibt es allein aus der DDR zahllose Bücher und Aufsätze zu diesem Thema und das Konzept ist zentral für die Debatten der 1960er bis 80er Jahre um Antiimperialismus, nationale Befreiung und den Übergang zum Sozialismus in unterentwickelten und abhängigen Ländern. Zwar hat Thanasis mal in einem öffentlichen Diskussionsbeitrag mit Blick auf die sog. Volksdemokratien in Europa festgestellt, dass diese nur unter der Bedingung der Besetzung durch die Rote Armee erfolgreich zum Sozialismus voranschreiten konnten.[32] Allerdings könnte doch gerade das Beispiel Kuba – das vielleicht letzte noch sozialistische Land auf Erden – ein Beispiel dafür sein, wie eine national-demokratische und antiimperialistische Volksrevolution in einem halbkolonialen Land, die (anders als in China oder Vietnam) nicht unter Führung einer KP stand, einen erfolgreichen Übergang zum Sozialismus erreicht hat.
c) Diskurse nach 1990
Die oben skizzierten Vorstellungen gingen weder mit dem Realsozialismus unter, noch verblieben sie nur innerhalb der Köpfe und Reihen von ehemals „moskau-treuen“ Parteien, die dem Verdacht des „Rechtsopportunismus“ unterliegen. Um das zu unterstreichen, ziehe ich im Folgenden als Beispiele bewusst keine Schriften aus der DKP heran, sondern drei Bücher von offen-siv sowie ein Artikel des Vorsitzenden der Partei der Arbeit (PdA) Österreichs.
Harpal Brar spricht in seinem von offen-siv mitherausgegebenen Werk Imperialismus im 21. Jahrhundert (1999) eindeutig von „imperialistischen Ländern“ (USA, Kanada, BRD, Großbritannien, Frankreich Japan, aber auch Schweden) auf der einen und „unterdrückten Ländern“ bzw. der Dritten Welt (wozu er sowohl Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa im Allgemeinen zählt, als auch etwa Indien ganz konkret[33]) auf der anderen Seite. Irland, Spanien, Portugal, Griechenland und die Türkei werden als kapitalistische, nicht aber als imperialistische Länder bezeichnet und in die Nähe von Brasilien, Venezuela und Chile gerückt; Russland wird für die Zeit der 1990er mit Blick auf die durchschnittliche Lebenserwartung mit Ägypten und Bangladesh verglichen.[34] Brar betont, dass die Spaltung in „ein Häuflein Wucherstaaten und in eine ungeheure Mehrheit von Schuldnerstaaten“, wie Lenin es ausdrückte, weiter zunehme: „Die Kluft, die die Reichen von den Armen sowohl innerhalb eines Landes als auch zwischen verschiedenen Ländern trennt, wird mit jedem Jahr größer.“[35]
In dem Protokollband Imperialismus und anti-imperialistische Kämpfe im 21. Jahrhundert (2000), der noch auf dem Kommunismus-Kongress verkauft wurde, können wir u.a. die folgende, unwidersprochen gebliebene Aussage lesen: „Polen ist in einen halbkolonialen, abhängigen Staat verwandelt worden“.[36]
Eine Vertreterin der KKE berichtet in diesem Band über den Aufbau einer „antiimperialistischen, antimonopolistischen und demokratischen Front in Griechenland“: Dort heißt es u.a.:
„Griechenland hat immer noch die Voraussetzungen dafür, eine eigenständige Volkswirtschaft zu bilden und zu entwicklen, obwohl das Großkapital und die internationalen Konzerne es jahrelang beraubt haben. (…) [Die Front] fordert internationale ökonomische Beziehungen, bilateral, multilateral, regional mit europäischen Ländern, mit mediterranen Ländern, aber auch weiteren auf der Welt, auf der Basis des gegenteiligen Vorteils.“[37]
Wohlgemerkt: Wenn ich sie richtig verstehe, redet sie hier nicht über die Zeit nach der sozialistischen Revolution, sondern davor. In Bezug auf die bürgerlichen Parteien heißt es: „Die KKE schätzt ein, dass es also noch keine Möglichkeit gibt zu einer politischen Übereinstimmung für den Aufbau der Front mit den anderen Parteien.“[38] Ein breites antiimperialistisches Bündnis unter Einbeziehung bürgerlicher Parteien wird also für ein Land wie Griechenland nicht prinzipiell ausgeschlossen. Das liegt offenbar nicht daran, dass die KKE zu dem Zeitpunkt an einem reformistischen Kurs festhielt, denn abschließend wird festgehalten:
„Es gibt einen internen ideologische Streit in der [kommunistischen] Bewegung zwischen opportunistisch-reformistischen und revolutionär-kommunistischen Kräften. (…) Bewiesen ist, dass die Theorien des sogenannten demokratischen Weges zum Sozialismus (…) schädlich gewesen sind“.[39]
In dem Sonderheft von offen-siv und der Kommunistischen Initiative zum Thema Antiimperialistischer Widerstand (2012) wird u.a. folgendes festgestellt:
„Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus zeichnet sich auch und vor allem dadurch aus, dass er alle nichtkapitalistischen und vorbürgerlichen, wie nicht gänzlich durchkapitalisierten Länder und Staaten unter seine allseitige politische, ökonomische und ideologische Herrschaft zu zwingen versucht, die alten ökonomischen, gesellschaftlichen, politischen, kulturellen, sozialen und religiösen Strukturen dabei zerstören und durch die Hegemonie des imperialistischen und bürgerlichen Überbaus ersetzen muss. (…)
Der Antagonismus zwischen Imperialismus und jenen Länder und Staaten, deren Strukturen und Lebensweisen mit Gewalt zerstört werden soll, ist also ein quasi automatisch sich vollziehender Prozess überall dort in der Welt, wo der Imperialismus tätig ist und mit extremistischer Energie die „alte Welt“ zerstört.
Die Frage des Bündnisses der anti-imperialistischen Kräfte der Metropolen, wie der Linken mit allen Kräften, die sich gegen die Angriffe die imperialistischen Mächte wehren, stellt sich also sozusagen automatisch, die Bündnispartner, die sich den Anti-Imperialisten in den imperialistischen Metropolen anbieten sind zu einem objektiven Faktor geworden“.[40]
Hier wird also 1. die Position vertreten, dass offenbar noch immer eine signifikante Zahl von Ländern nicht vollständig „durchkapitalisiert“ ist und 2., dass es Subjekte gibt, die objektiv antiimperialistisch sind, und dies – noch heute, nicht nur im vergangenen Zeitalter des Kolonialismus – nicht ausschließlich die Arbeiter eines jeden Landes seien, sondern alle Klassen, inklusive der Bourgeoisie, die dem Imperialismus zum Opfer fallen. Daraus werden „strategische und taktische Schlussfolgerungen“ für den antiimperialistischen Kampf gezogen:
„Weltweite anti-imperialistische Bündnispolitik kann nicht auf Basis ideologischer, politischer und klassenmäßiger Vereinheitlichung betrieben werden, ansonsten ist es keine Bündnispolitik: Bündnisse schließt man bekanntlich nicht mit sich selbst, sondern auch, wenn es notwendig ist, mit dem Klassenfeind: zum Beispiel im antifaschistischen Kampf. Wie unehrlich manche Linke sind in der Frage der anti-imperialistischen Bündnisse, zeigt sich auffallend stringent in der Frage des anti-faschistischen Kampfes: welcher Linke würde es wagen, ein anti-faschistisches Bündnis mit dem Klassengegner auszuschließen, (außer Trotzkisten, was tief blicken lässt hinsichtlich des konterrevolutionären Charakters dieser scheinbaren Linksradikalen), im anti-imperialistischen Kampf aber ist man nur mit einem „politisch korrekten“ Partner einverstanden.“[41]
Die KKE kommt auch in diesem Buch zu Wort, und zwar in Form der Thesen des ZK zum 17. Parteitag von 2005. Zwar bleibt die KKE leider auch hier schon allgemeiner in ihre Formulierungen, als es der oben zitierte Autor tut, insbesondere was den antiimperialistischen Kampf angeht; außerdem spricht sie bereits von einer „imperialistischen Pyramide“ und sieht Russland offenbar schon als einen imperialistischen Konkurrenten des Westens. Trotzdem zeichnen folgende Passagen weder das Bild einer multipolaren Welt verschiedenster imperialistischer Player, noch das eines „Kochtopfs“, in dem lauter verschiedengroßer imperialistischer „Kartoffeln“[42] schwimmen:
„Über eine Milliarde Menschen, das sind 21% der Weltbevölkerung, hatten im Jahre 2001 zum Leben weniger als 1 Dollar pro Tag. Über 50% der Weltbevölkerung hatten weniger als 2 Dollar pro Tag. Das Einkommen der 20% reichsten Geschäftsleute der Welt wuchs mit Rekordgeschwindigkeit, während das Einkommen von 50% der Weltbevölkerung zurückging. Das Einkommen von 1% der Weltbevölkerung oder 50 Millionen Menschen ist gleich groß wie das Einkommen von 2,7 Milliarden der ärmsten Menschen auf dem Planeten. Die Weltbank veröffentlichte Schätzungen, dass „sich selbst in Regionen, die sich in schnellem Tempo entwickeln, die Lebensqualität für die Armen nicht verändert hat, und zwar infolge des Mangels an ausreichenden sozialen Aufwendungen.
Das Umweltproblem, eine weitere schwerwiegende Folge der Politik des Monopolprofits und der imperialistischen Aggression im allgemeinen, hat sich erheblich verschlimmert. (…) Die Verlagerung vieler Umwelt verschmutzender Industrien in die Länder Süd- und Ostasiens und die Schaffung neuer Industrien in diesen Gebieten haben eine gewaltige braune Wolke von Kohlendioxyd, Ozon, Stickoxyden etc. erzeugt. Jedes Jahr werden weltweit 500 Millionen Tonnen Giftmüll produziert, während 500.000 Tonnen als gefährlich zurückgerufene Pestizide in Ländern der so genannten Dritten Welt abgesetzt wurden.“[43]
Angesichts der Diskussionen der letzten Monate bin ich mir nicht einmal mehr sicher, ob manche Genossen in der KO überhaupt noch von einer „Dritten Welt“ sprechen würden.
Wie gesagt bleibt der KKE-Text unkonkret, was den antiimperialistischen Kampf angeht. Allerdings fällt folgende Aussage:
„Objektiv ist der anti-imperialistische und anti-monopolistische Kampf zu einem festen Bestandteil des Kampfes für die Überwindung des Kapitalismus geworden. Dieser Kampf bringt schon aufgrund seiner Natur Brüche mit sich, welche die Grundlagen der kapitalistischen Herrschaft untergraben. Er schafft die Voraussetzungen für die Eroberung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse und ihre Verbündeten.“[44]
Das liest sich für mich überhaupt nicht so, dass der antiimperialistische nur der Kampf gegen den Imperialismus „an sich“, also zugleich immer auch bzw. nur gegen den Kapitalismus sein könne, wie es manche Genossen bei uns behaupten und wie sie die entsprechende Aussage in unseren Programmatischen Thesen verstehen – im Gegenteil: Ich lese diese Aussage so, dass der konkrete Kampf gegen imperialistische Vorherrschaft zugleich objektiv ein Teil des Kampfes zur Überwindung des Kapitalismus ist, so wie es auch oben in den Zitaten der Komintern zu lesen ist, und was auch der Formel entspricht, wonach die nationalen Befreiungsbewegungen eine der Hauptströme des revolutionären Weltprozesses geworden seien.
Insgesamt wirkt der KKE-Text recht widersprüchlich auf mich: Möglicherweise lese ich auch mehr hinein, als da ist, aber mir scheint er als das Produkt einer Art „Übergangsetappe“, in der sich das Imperialismus-Konzept der KKE damals befand, auf halben Weg zwischen der „klassischen“ Imperialismus-Analyse der IKB und der KKE-Vorstellung, die wir heute kennen bzw. zu kennen meinen. Interessanter Weise arbeitet die KKE sich in dem Text aber überhaupt nicht an Vorstellungen über „objektiv antiimperialistische“ Kräfte o.ä. ab. Ihre Kritik bezieht sich stattdessen auf Konzepte, die in den frühen 2000er Jahren neu und angesagt waren, wie der „Globalisierung“ einerseits und dem „Empire“ andererseits.
Im vierten und letzten Beispiel hält der PdA-Vorsitzende in einem Artikel von 2015 anlässlich der damals vom IS in Paris verübten Anschläge folgendes fest: »Wer den IS effektiv bekämpfen (…) will, der wird das – ob es einem nun gefällt oder nicht – gemeinsam mit Russland, dem Iran und der Assad-Regierung tun müssen.« Und weiter:
»Es sind der nordamerikanische und europäische Imperialismus und Neokolonialismus gegenüber den Ländern in Asien und Afrika sowie ihre verheerenden gesellschaftlichen, sozialen, wirtschaftlichen und kriegerischen Folgen, die es radikalen islamistischen Gruppierungen erleichtern, dort eine fehlgeleitete Anhängerschaft zu rekrutieren.«[45]
Der PdA-Vorsitzende spricht hier nicht nur eindeutig von (westlichem) Neokolonialismus, er begibt sich auch auf das »schmutzige« Feld der geostrategischen sowie den Frieden und die nationale Souveränität sichernden Realpolitik, auf das sich das »revolutionäre Lager« in der KO nicht einlassen will, indem er von der Notwendigkeit spricht, auf die bürgerlichen Regime Russlands, Irans und Syriens zu bauen, um den IS in der Region zu besiegen. Kein Wort fällt dabei über einen (vermeintlichen) „russischen“ oder gar „iranischen Imperialismus“.
3. Alles Revisionismus?
Ich habe genau diesen Vorwurf, dass das selbsternannte „revolutionäre“ Lager 100 Jahre Imperialisanalyse, -forschung und -debatte ignorieren würde – natürlich sehr viel weniger ausführlich – auch bei unserem letzten KO-Regionaltreffen erhoben. Besonders kritisiert habe ich dabei den Genossen Thanasis Spanidis, weil ich davon ausgehe, dass er sich bei seinem breiten Wissen um die Geschichte der kommunistische Bewegung selbstverständlich darüber im Klaren ist, dass die KKE eine sehr abseitige Position und eine „Weiterentwicklung“ der Leninschen Imperialismustheorie vertritt, und dass es absolut notwendig ist, sich darüber im Klaren zu sein, wenn man eine (in der eigenen (Ideologie-)Geschichte) fundierte Debatte um das Thema Imperialismus führen will. Dass er und andere, die es ebenso gut wissen dürften, es aber ebenfalls verschweigen, darüber kein Wort verlieren, kann meiner Ansicht nach nur daran liegen, dass sie die (vor allem unerfahreneren) Anhänger ihres Lagers in der KO nicht verunsichern wollen – denn Verunsicherung könnte zu Selbstkritik und Selbstkritik zur Einsicht in die Notwendigkeit der Klärung führen.
Thanasis hat meinen Vorwurf (selbstverständlich) zurückgewiesen, allerdings mit einem – je nach Interpretation – sehr schwachen oder aber sehr krassen Argument: Man dürfe schließlich nicht vergessen, dass der Revisionismus in der Sowjetunion (und der DDR und dem gesamten sozialistischen Lager) ein enormes Problem gewesen sei. Diese Aussage ist natürlich so wahr, wie sie allgemein ist. Was meint der Genosse aber damit? Entweder er will sagen, dass in diesem 100-jährigen Diskurs um den Imperialismus auch revisionistische Elemente enthalten waren. Dann müsste man diese aber konkret herausarbeiten und belegen, und dafür braucht es zunächst einmal überhaupt eine tiefergehende Beschäftigung mit den konkreten Analyse- und Strategie-Konzepten. Ein allgemeiner Hinweis auf das (vermutete) Vorhandensein revisionistischer Auffassungen in den „traditionellen“ Imperialismusanalysen ist jedenfalls ein extrem schlechtes Argument. Oder aber – und das will ich ihm nicht unterstellen, aber seine Argumentation lässt auch diese Interpretation zu – er hält die Politik, die gesamte ideologische Entwicklung und die gesamte Forschung ab 1956 für mehr oder weniger vom Revisionismus verdorben und daher unbrauchbar. Dabei ist doch aber ein wesentlicher Unterschied zwischen den Maoisten/Hoxhaisten und uns als Marxisten-Leninisten der, dass wir die Zeit des Realsozialismus nicht in die perfekte Zeit vor ’56 und die durch und durch „revisionistische Ära“ nach ’56 einteilen. Im Gegenteil: Wir haben uns doch gerade auch eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte der UdSSR und der DDR zur Aufgabe gemacht, die die widersprüchlichen, umkämpften und keineswegs linearen Entwicklungen in den Ländern des Sozialismus nach und nach herausarbeitet. Das ist bisher nicht passiert. Die Disqualifizierung der gesamten Imperialismus-Debatte nach 1956 als unbrauchbar oder „verdächtig“ ist bzw. wäre das genaue Gegenteil von dieser Beschäftigung – und damit das Abschließen mit einem weiteren zentralen Kapitel unseres Klärungsvorhabens, noch bevor es überhaupt wirklich begonnen wurde. Hinzu kommt, dass, wie oben dargelegt, gerade auch die Analyse und Strategie der Komintern, also vor 1956, eine wesentlich andere war, als die, die Thanasis und Co. vertreten. Auch diese wird ausgeblendet. Mit anderen Worten: der gesamte Diskurs der IKB seit 1916 (darunter 75 Jahre Realsozialismus) werden ignoriert.
Übrigens zeigt auch ein Blick auf den maoistischen/hoxhaistischen Teil der IKB, dass die Auffassungen, wonach ein Großteil der im Zuge des Zerfalls des Kolonialsystems formal unabhängig gewordenen Länder in Wahrheit Neo- und Halbkolonien bzw. unterdrückte Länder seien, nicht einfach auf den Chruschtschowschen Revisionismus in der UdSSR nach 1956 zurückgeführt werden kann. Als jemand, der während seiner Politisierung von der MLKP geprägt war, möchte ich hierzu einmal folgende Aussage aus ihrem 2019 beschlossenen Programm zitieren:
„20. Im Zeitalter des Imperialismus verschärften sich die Widersprüche zwischen den imperialistischen Staaten und den Gruppen des Finanzkapitals, die Widersprüche zwischen Bourgeoisie und Proletariat, zwischen den Imperialisten und den unterdrückten Völkern und Nationen der kolonialen und abhängigen Länder weltweit, in erster Linie aber in den entwickelten kapitalistischen Ländern. (…)
21. Heute, da die vollständige Kontrolle über Produktion, Handel und Kapitalexport der internationalen Monopole und der Größten unter diesen, also der Weltmonopole, auf dem integrierten Weltmarkt charakteristisch geworden ist, da auch der Produktionsprozess globalisiert ist, da das spekulative Kapital die Vormachtstellung innerhalb der gesamten Kapitalbewegung gewonnen hat, da die internationalen Monopole und die imperialistischen Staaten in einen gewalttätigen Konkurrenzkampf um den Weltmarkt eingetreten sind und auf Grundlage dieser Konkurrenz einen Kampf um die Neuaufteilung der Welt begonnen haben, da der Neokolonialismus in eine noch unterdrückendere Form der Knechtschaft, den finanz-ökonomischen Kolonialismus, umgewandelt worden ist, ist der Weltkapitalismus mit seinen spezifischen Besonderheiten in das Stadium der Imperialistischen Globalisierung, ein Stadium innerhalb des Imperialismus, eingetreten.“[46]
Zwar spricht die MLKP in ihrem Programm von China und Russland als imperialistischen Mächten, trotzdem ist die Existenz von Halb- und Neokolonien sowie die Notwendigkeit von antiimperialistischen und demokratischen Revolutionen zentral für ihre Analyse der Welt an der Schwelle zum dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts. Die Türkei, die in unseren Reihen von einigen als mittlere imperialistische Macht eingeschätzt werden dürfte, ist für die MLKP, wie auch für meines Wissens nach die allermeisten anderen maoistischen bzw. hoxhaistischen türkischen Parteien, eine Halbkolonie bzw. eine „finanz-ökonomische Kolonie des Imperialismus“ und „ein kapitalistisches Land mittlerer Entwicklung, in dem die Oligarchie des Kapitals regiert“.[47] Dass die MLKP von der „imperialistischen Globalisierung“ als einem neuen „Stadium innerhalb des Imperialismus“ spricht, war dagegen auch für mich neu (bzw. habe ich das früher eventuell einfach überlesen). Ich nehme das als einen Hinweis darauf, dass das Konzept des „Globalismus“, von dem wir vor allem bei der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation (KPRF) gelesen haben, eben nicht nur unter Parteien verbreitet ist, die des „Rechtsopportunismus“ bezichtigt werden, sondern offenbar auch auf der „linksradikalen“ Seite – für manche mag das noch abschreckender wirken, für mich ist es ein Ansporn, mich mit diesem Konzept mehr zu beschäftigen.
4. Links(radikal) blinken, rechts(opportunistisch) abbiegen
Abschließend möchte ich einmal dazu auffordern, sich konkret mit linksradikalen und linksopportunistische Fallstricken auf Seiten des „revolutionären Lagers“ auseinanderzusetzen: Das Anti-Klärungs-Lager hat in seinem Kampfmodus harte verbale und metaphorische Bandagen ausgepackt: neben dem Gerede über „Liquidatoren“, „Kadavergehorsam“ und „kastrierte Klärung“ wurden besonders gerne die Label „Rechtsopportunismus“ und „Revisionismus“ verteilt. Die Gefahr, dass diejenigen Teile der KO, die das russische Vorgehen in der Ukraine für richtig halten oder zumindest offen für dahingehende Argumente sind, über den rechtsopportunistischen Fallstrick in den Revisionismus hinein stolpern, ist also seit längerem – wenn auch auf sehr unsachliche, unsolidarische Art – in unsere Diskussion eingebracht worden und sehr präsent. Abgesehen von einzelnen Verweisen, dass das „revolutionäre Lager“ in der Beurteilung Russlands und des Ukraine-Kriegs seinerseits zahlreiche inhaltliche Schnittmengen mit Trotzkisten und Maoisten aufweist, wurde die Gefahr umgekehrt bislang kaum aufgemacht.
Ich habe in der Tat den Eindruck, dass sich manche Genossen angesichts der Tatsache, dass so lauthals von einem „rechten“ Lager einerseits und einem „revolutionären“ oder „linken“ Lager andererseits die Rede ist, auf der scheinbar sicheren Seite wähnen, solange sie nicht Gefahr laufen, in die „rechte Falle“ zu tappen, nach dem Motto: lieber ein bisschen zu links als ein bisschen zu rechts. Ganz abgesehen davon, dass ich grundsätzlich die Gefahr auf der linken Seite deshalb höher einschätze, weil der Fallstrick des linksradikalen oder linksopportunistischen Revisionismus offenbar überhaupt nicht gesehen wird, ist dieses ganze Links-Rechts-Gerede grundsätzlich ziemlicher Quatsch, und das nicht nur, weil diese Einteilung in der aktuellen Debatte in der KO nichts anderes als billige Polemik ist. Sondern auch deshalb, weil falsch immer falsch ist, egal ob man nun „links-falsch“ oder „rechts-falsch“ liegt. Überhaupt macht die Übernahme des bürgerlichen (und ziemlich eurozentrischen[48]) Links-Rechts-Schemas grundsätzlich nur sehr bedingt Sinn. Das merkt man schon allein daran, dass historisch gesehen Linksabweichler am Ende fast immer im bürgerlichen Lager landeten, also rechts von den Kommunisten (wobei sich natürlich auch immer die Frage stellt, was man überhaupt konkret unter dem Etikett „links“ versteht): Anarchisten, Trotzkisten, Maoisten gerieten alle über den linksradikalen Kurs objektiv ins opportunistische, konterrevolutionäre und pro-imperialistische Lager. Nicht umsonst schätzten die Kommunisten den Linksradikalismus stets als „kleinbürgerliche Strömung“ ein.
Ich will aber nicht bei diesen allgemeinen Verweisen stehen bleiben; und auch nicht bei dem Hinweis, dass das „revolutionäre Lager“ in der KO in der Tat nicht den Positionen bezüglich Russland und der Ukraine nach derzeit den allermeisten Trotzkisten und Maoisten näher steht als z.B. der DKP (was ja für sich genommen noch kein Argument für gar nichts ist). Vielmehr sollen drei konkrete Beispiele zeigen, wie gerade mit Blick auf die Kolonialismus- und Imperialismusfrage (scheinbar) von „Links“ chauvinistische Positionen bezogen werden.
1. Zwischen 1903 und 1918 fand eine Debatte zwischen Lenin und Luxemburg über die nationale Frage statt.[49] Lenin vertrat das unveräußerliche Recht der Nationen auf Selbstbestimmung bis hin zur Lostrennung und Unabhängigkeit – Luxemburg hielt das dagegen für eine „metaphysische Phrase“.[50] Für sie war die Zeit der nationalen Befreiungskämpfe abgeschlossen; die sozialistischen Arbeiterrevolutionen standen auf der Tagesordnung und nichts durfte von ihnen ablenken. Was Luxemburg da tat, war, wie Lenin ganz richtig kritisierte, mit linken Phrasen dem Chauvinismus und letztlich dem Kolonialismus und Imperialismus den Rücken freihalten. Für diesen „Antinationalismus“ wird sie noch heute von entsprechenden Kreisen gefeiert.[51] Und doch sollte jedem, der davon liest, die Parallele zu Positionen, die in der KO verbreitet sind, sofort ins Auge springen. Man mag nun einwenden, dass sie damals konkret Unrecht hatte, jetzt, 100 Jahre später aber alles anders sei, weil wirklich überall auf der Welt politisch unabhängige Nationalstaaten existieren. Aber genau über die Frage des Neokolonialismus, der nationalen Unterdrückung und der Abhängigkeit besteht ja ganz offensichtlich Unklarheit bei uns.
2. In einer – durchaus sehr lesenswerten – Arbeit über die sudanesische Arbeiterbewegung argumentiert Thomas Schmidinger, dass die KP des Sudan in ihrer Geschichte deshalb vergleichsweise erfolgreich gewesen sei, weil sie im Gegensatz zu den Kommunisten etwa im Irak, in Syrien und im Jemen den Klassenkampf im Sinne des Kampfes gegen die eigene sudanesische Bourgeoisie an die Spitze gestellt habe, während die Geschichte der anderen Parteien zeige, dass „die einseitige Fokussierung auf „nationale Befreiung“ und die in diesem Zusammenhang eingegangenen Bündnisse mit Strömungen der „nationalen Bourgeoisie““ zu deren Scheitern beigetragen habe.[52] Als ich das Buch vor einem Jahr gelesen habe, hatte ich in gewisser Weise eine „KO-Brille“ auf und habe es sehr positiv aufgenommen. Mehr irritiert als gestört hat mich dabei die Aussage des Autors, dass seine Arbeit „u.a. auch als Kritik [der] leninschen Imperialismustheorie zu verstehen“ sei.[53] Heute gibt mir die Parallele zwischen dem bisherigen (Anti-)Imperialismus-Diskurs innerhalb der KO und der Position des Soft-Antideutschen und Jungle World-Autors Schmidinger durchaus mehr zu denken, auch wenn sie vielleicht nur oberflächlich sein mag.
3. Ein letztes Beispiel ist mir in einem – gerade vor dem Hintergrund unserer derzeitigen Diskussionen ebenfalls sehr spannenden – Buch von Domenico Losurdo begegnet. Zur Einordnung: Losurdo war ein italienischer kommunistischer Philosoph, den das „revolutionäre Lager“ in der KO mit ziemlicher Sicherheit als „Rechtsopportunisten“ abstempeln würde. In der Tat vertrat er einige Positionen, die ich nicht teilen würde (etwa in Bezug auf die VR China), und sein Werk auf Fallstricke des Revisionismus zu untersuchen, wäre sicherlich sehr interessant und fruchtbar. Zugleich sind alle seine Bücher, die ich bisher gelesen habe, äußerst spannende Impulsgeber für Denk- und Reflexionsprozesse. In seinem hier angeführten Buch geht es um den sog. „westlichen Marxismus“ (westliche Sozialdemokratie, neomarxistische Strömungen, Kritische Theorie etc.), dessen Differenz zum revolutionären (ab dem Moment östlichen/leninistischen) Marxismus er nicht primär in der Frage der Revolution und der Utopie von der klassenlosen Gesellschaft als Ziel festmacht, sondern an der Frage, wie er sich zum Imperialismus und Kolonialismus, und damit verbunden zum Aufbau des Realsozialismus, verhielt.
Nachdem er zuvor dargelegt hat, wie u.a. Bloch, Adorno, Horkheimer und Althusser in Auseinandersetzung mit der Sowjetunion und mit der kolonialen Frage von links nach rechts marschiert sind und sich imperialismus- und kolonialismus-apologetische, mitunter auch offen rassistische Positionen zu eigen gemacht haben, geht Losurdo auf den sog. Operaismus ein, eine „neomarxistische“ Strömung, die in Italien in den 1960er Jahren aufkam, sich auf Arbeitskämpfe konzentrierte und sich deren Radikalisierung zur Aufgabe machte:
„Das Desinteresse an der kolonialen (und neokolonialen) Frage kann auch im Namen eines revolutionären Rigorismus eingefordert und praktiziert werden, der sich auf das kapitalistische Mutterland und die Kämpfe der antagonistischen Klasse schlechthin, der Arbeiterklasse, konzentriert, ohne sich von den Ländern und Klassen der Peripherie (…) stören zu lassen.“[54]
Losurdo zitiert im Weiteren Mario Tronti, einen der bedeutendsten Köpfe dieser Bewegung: Dieser warnte damals: „Es muss hier darauf geachtet werden, dass wir niemals in die Falle der Dritte-Welt-Bewegung (terzomondismo) tappen“.[55] Losurdo kritisiert, dass Tronti einen „Klassenkampf im Reinzustand“ propagierte und darüber die realen Kämpfe der unterdrückten Völker (damals akut Algerien, Kuba und Vietnam) völlig übersehe. Mit Blick auf Trontis Polemik gegen den nationalen Befreiungskrieg in China unter Mao schreibt Losurdo:
„Es wird hier zum Beispiel nicht erklärt, was die chinesischen Arbeiter hätten tun sollen, als ihr Land besetzt war: Weitermachen mit der Forderung nach Lohnerhöhungen, ohne sich um die Versklavung zu kümmern, die über sie und ihre Mitbürger kam? Die dualistische Lesart des gesellschaftlichen Konflikts, die nur einen einzigen Widerspruch sieht (den zwischen Arbeit und Kapital), verwandelt diesen Widerspruch selbst in ein Gefängnis im Zeichen des absolut kleinkarierten Korporatismus (…) In diesem Rahmen wird die weltweite antikoloniale Revolution zum Verschwinden gebracht.“[56]
Für sämtliche hier angeführten Beispiele – von der Komintern über die Debatten nach 1945 und nach 1990 – gilt, dass ich nur unvollständige Einblicke gewährt habe, die aber dennoch nicht einseitig waren, sondern (hoffentlich) einen realistischen Eindruck der vorherrschenden Meinungen und Debatten in der IKB gewähren konnten. Selbstverständlich ist es möglich, dass alle diese Ansichten gänzlich oder größten Teils falsch waren. Genauso ist es möglich, dass sie bis 1990 weitgehend richtig waren, aber sich die Weltlage aufgrund der Konterrevolution und des (weitgehenden) Verschwindens des Realsozialismus derart verändert hat, dass eine grundlegende Revision dieser Analysen und Strategien notwendig war bzw. ist; ob die KKE die richtigen Antworten darauf geliefert hat, steht dann aber nochmal auf einem anderen Blatt. Eine solche Revision ist allerdings in jedem Fall nur möglich anzustellen oder zu bewerten, wenn man die Ausgangslage kennt. Das gilt meinem Eindruck nach für weite Teile der KO überhaupt nicht.
Und auch für mein letztes Kapitel gilt: Weder ist ausgemacht, dass Schmidingers Beurteilung der KP des Sudan völlig falsch ist (nur weil er ein Antinationaler ist), noch will ich die KKE oder das „revolutionäre Lager“ einfach mit Trotzkisten, Maoisten, Neomarxisten oder Antideutschen gleichsetzen. Selbstverständlich können Parallelen zwischen Positionen nur oberflächlich sein und natürlich können auch Personen, Organisationen oder politische Strömungen konkret richtig liegen, und in (allen) anderen Punkten zugleich falsch. Das gilt aber eben auch für (vermeintliche) inhaltliche Überschneidungen auf Seiten der Militäroperations-Befürworter: weder sind sie „Putin-Fans“, noch rechts, noch „Knechte der Bourgeoisie“. Letzterer Vorwurf ist schon deshalb schräg, weil die Gefahr, dass Kommunisten oder allgemein Linke in das Lager einer Bourgeoisie wechseln, die nicht ihre eigene ist, wenige bis gar keine historischen Vorbilder kennt. In jedem Fall wäre der Schaden, den eine unkritische Unterstützung einer fremden Bourgeoisie gesellschaftlich-politisch, und damit auch politisch mit Blick auf das Standing der Kommunisten, anrichten würde, weitaus geringer, als wenn man „aus Versehen“ der eigenen herrschenden Klasse während eines Krieges in die Hände spielte.[57] Insofern mag es sein, dass KPRF und Russische Kommunistische Arbeiterpartei (RKAP) derzeit tatsächlich schlimme Fehler begehen, wenn sie die russische Militärintervention unterstützen; für Kommunisten in Deutschland gilt das aber nicht. Die Gefahr, hierzulande über einen vermeintlich revolutionären, in der Realität aber möglicherweise linksradikalen oder linksopportunistischen Kurs objektiv ins Lager des eigenen Imperialismus zu wechseln bzw. den eigenen Herrschenden de facto den Rücken zu stärken, ist dagegen sehr viel realer. Und diese Gefahr ist nicht abstrakt, sondern konkret: Wer gegen „Salafisten“ und „Dschihadisten“ wettert und den antimuslimischen Rassismus relativiert,[58] in Palästina „gemeinsame Aktionen“ der israelischen und palästinensischen Arbeiter fordert, statt nationale Befreiung,[59] wer den Fortschritt, den der Sieg der Taliban über die westliche Besatzungsmächte objektiv darstellt, in Abrede stellt[60] oder aber so tut, als sei es egal, ob in einem Land Besatzung und Krieg herrschen,[61] der hat meines Erachtens bereits erste Schritte auf dem Pfad gemacht, den Losurdo mit Blick auf den Westlichen Marxismus so eindrücklich beschreibt.
[1] Dieser Beitrag wurde intern veröffentlicht.
[2] Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, https://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1917/imp/kapitel7.htm.
[3] Ebd., https://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1917/imp/vorwort2.htm.
[4] Mir sind dazu folgende Schriften v.a. aus der DDR sowie von trotzkistischen und gewendeten DDR-Historikern bekannt: Arbeitsgruppe Marxismus: Koloniale Frage und Arbeiter/innen/bewegung (2003); Die Liga gegen Imperialismus und für nationale Unabhängigkeit 1927-1937. Zur Geschichte und Aktualität einer wenig bekannten antikolonialen Weltorganisation, Karl-Marx-Uni Leipzig 1987; Sobhanlal Datta Gupta: Komintern und Kommunismus in Indien 1919-1943, Dietz 2013; Mario Keßler: Die Kommunistische Internationale und der arabische Osten 1919-1929, Diss. Karl-Marx-Uni Leipzig 1982; Jürgen Mothes: Lateinamerika und der „Generalstab der Weltrevolution“. Zur Lateinamerika-Politik der Komintern, Dietz 2010; Hans Piazza: Die Kommunistische Internationale und die nationale Befreiungsbewegung, in: Studien zur Geschichte der Kommunistischen Internationale, Dietz 1974, S. 181-230; Uwe Rüdiger: Rolle und Inhalt der Dekolonisierungsdebatte in der Kommunistischen Internationale, in: Bergmann/Keßler (Hg.): Aufstieg und Zerfall der Komintern. Studien zur Geschichte ihrer Transformation (1919-1943), Podium Progressiv 1992, S. 226-29; Rudolf Schlesinger: Die Kolonialfrage in der Kommunistischen Internationale, Europäische Verlagsanstalt 1970; Kai Schmidt-Soltau: Eine Welt zu gewinnen! Die antikoloniale Strategie-Debatte der Kommunistischen Internationale zwischen 1917 und 1929 unter besonderer Berücksichtigung der Theorien von Manabendra Nath Roy (1994), http://www.schmidt-soltau.de/PDF/German/1994_Eine_Welt_zu_gewinnen.pdf.
[5] Komintern: 2. Weltkongress: Leitsätze über die Nationalitäten- und Kolonialfrage, https://sites.google.com/site/sozialistischeklassiker2punkt0/komintern-1/2-weltkongress/3-leitsaetze-ueber-die-nationalitaeten–und-kolonialfrage.
[6] Ebd.
[7] Komintern: 4. Weltkongress: Leitsätze zur Orientfrage, https://sites.google.com/site/sozialistischeklassiker2punkt0/komintern-1/weltkongress-4/5-leitsaetze-zur-orientfrage.
[8] Ebd. Hervorhebung von mir.
[9] Dabei ist mir natürlich klar, dass weder Russland heute eine Kolonie, noch dass China noch eine Halbkolonie ist.
[10] Uwe Rüdiger: Rolle und Inhalt der Dekolonisierungsdebatte in der Kommunistischen Internationale, in: Bergmann/Keßler (Hg.): Aufstieg und Zerfall der Komintern. Studien zur Geschichte ihrer Transformation (1919-1943), Podium Progressiv 1992, S. 226-29.
[11] Stalin: Über die Perspektiven der Revolution in China. Rede in der chinesischen Kommission des EKKI 30. November 1926, in: Stalin Werke S. 326 f.
[12] Thesen über die revolutionäre Bewegung in den Kolonien und Halbkolonien, in: Die Kommunistische Internationale in Resolutionen und Beschlüssen Band 2 (1925-43), https://www.verlag-benario-baum.de/WebRoot/HostEurope/Shops/es151175/MediaGallery/PDF-Dateien/Die_Kommunistische_Internationale_in_Resolutionen_und_Beschluessen_Band_2b.pdf, S. 253.
[13] Ebd. S. 260. Hervorhebung von mir.
[14] Ebd.
[15] Ebd. S. 317. Hervorhebung von mir.
[16] Ebd.
[17] Ebd. S. 261.
[18] Autorenkollektiv: Grundlagen des Marxismus-Leninismus. Lehrbuch, Dietz 1960, S. 291.
[19] Neokolonialismus, in: Wörterbuch der Geschichte, Dietz 1984, S. 748 f.
[20] I. J. Schawrow: Lokale Kriege. Geschichte und Gegenwart, Militärverlag der DDR 1983, S. 80. Hervorhebung von mir.
[21] Grundlagen des Marxismus-Leninismus, S. 473. Hervorhebung von mir.
[22] K. Brutene: Osovobodivšiesja Strany v načale 80ch godov, in: Kommunist 3/1984, S. 109 f. zitiert nach Autorenkollektiv: Arabische Staaten. Bilanz, Probleme, Entwicklungstendenzen, Akademie-Verlag 1988, S. 12. Hervorhebung von mir.
[23] Arabische Staaten, S. 11. Der Begriff dürfte daher rühren, dass unter as-Sadat das bis dahin als antiimperialistisch-kleinbürgerlich eingeschätzte „arabisch-sozialistische“ Regime, das unter Abdel Nasser in Ägypten errichtet wurde, einen pro-westlichen Kurs und eine Politik der „wirtschaftlichen Öffnung“ einschlug.
[24] Führend war u.a. Indien, dabei waren aber auch sozialistische Länder wie Kuba und die VR Jemen, sich als „sozialistisch“ verstehende Länder wie Jugoslawien, Algerien und Libyen sowie eindeutig pro-westliche Staaten wie die arabischen Monarchien Saudi Arabien, Marokko und Jordanien; Ägypten war sowohl unter dem Linksnationalisten Abdel Nasser, als auch unter den pro-westlichen Präsidenten as-Sadat und Mubarak und Indonesien sowohl unter dem mit den Kommunisten kooperierenden Präsidenten Sukarno als auch unter dem US-hörigen Diktator Suharto Mitglieder, genauso wie Afghanistan und Äthiopien sowohl unter monarchistischer als auch unter sozialistischer/pro-sowjetischer Herrschaft Teil der Blockfreien waren; der Iran dagegen trat den Blockfreien erst nach der Volksrevolution von 1979 bei, in der der pro-westliche Schah gestürzt wurde.
[25] Nichtpaktgebundene. Bewegung für Frieden, Abrüstung und Entwicklung, Staatsverlag der DDR 1989, S. 149 f. Hervorhebung von mir.
[26] A. Papariga: On Imperialism. The Imperialist Pyramid, https://inter.kke.gr/de/articles/On-Imperialism-The-Imperialist-Pyramid/.
[27] Nationale Befreiungsbewegung, in: Wörterbuch der Geschichte, S. 728.
[28] Ebd.
[29] Lenin: Über eine Karikatur auf den Marxismus und über den „imperialistischen Ökonomismus“, in: Lenin Werke 23, S. 53.
[30] So hielt der IV. Kongress fest, dass nationale Befreiungskriege und antikoloniale Aufstände „objektiv zu einem Bestandteil der proletarischen Weltrevolution“ geworden seien, „soweit sie die Herrschaft des Imperialismus erschüttern“. (Thesen über die revolutionäre Bewegung in den Kolonien und Halbkolonien, S. 305.)
[31] Es gibt aus der DDR unzählige Aufsätze und Bücher zum „Nichtkapitalistischen Entwicklungsweg“ und zur „Sozialistischen Orientierung“. Als Einführung eignet sich: Salim Ibrahim / Verena Metze-Mangold: Nichtkapitalistischer Entwicklungsweg. Ideengeschichte und Theorie-Konzept, Kiepenheuer & Wirtsch 1976.
[32] Thanasis Spanidis: Trotzki und der Trotzkismus, https://kommunistische-organisation.de/diskussion/trotzki-und-der-trotzkismus/.
[33] Harpal Brar: Imperialismus im 21. Jahrhundert. Sozialismus oder Barbarei, Pahl Rugenstein 1999, S. 121.
[34] Ebd. S. 193 f.
[35] Ebd. S. 117.
[36] Zbigniew Wiktor: Polen ist in einen halbkolonialen, abhängigen Staat verwandelt worden, in: Imperialismus und anti-imperialistische Kämpfe im 21. Jahrhundert. Protokollband der gleichnamigen Konferenz von RotFuchs und Offensiv (2000), S. 201.
[37] Anneke Ioannatou: Theorie und Praxis des Aufbaus einer antiimperialistischen, antimonopolistischen, demokratischen Front in Griechenland, in: Imperialismus und anti-imperialistische Kämpfe im 21. Jahrhundert, S. 243 f. Hervorhebung von mir.
[38] Ebd. S. 246. Hervorhebung von mir.
[39] Ebd. S. 247 f.
[40] Robert Medernach: Strategische und taktische Schlussfolgerungen aus der Beiruter Konferenz, in: Antiimperialistischer Widerstand (2012), https://www.offen-siv.net/2012/12-01_Anti-Imperialismus.pdf, S. 132 f.
[41] Ebd. S. 133 f.
[42] Diese Metapher kam auf dem Podium „Der gegenwärtige Imperialismus und die Kommunistische Bewegung“ auf dem Kommunismus-Kongress mit Blick auf die Imperialismus-Vorstellung des Genossen Sörensen von der SKP auf.
[43] ZK der Kommunistischen Partei Griechenlands: Entwicklungen im imperialistischen Weltsystem – der Kampf der Völker, in: Antiimperialistischer Widerstand, S. 53 f.
[44] Ebd. S. 54. Hervorhebung von mir.
[45] Tibor Zenker: Chaque jour à Paris, https://parteiderarbeit.at/themen/stellungnahmen/chaque-jour-a-paris/.
[46] Ergebnisse des 6. MLKP-Kongresses: PROGRAM der MLKP, https://icor.info/2019/ergebnisse-des-6-mlkp-kongresses-program-der-mlkp.
[47] Ebd.
[48] Die politische Bezeichnung „links“ und „rechts“ stammt aus der Verfassunggebenden Nationalversammlung der Französischen Revolution: links saßen die Progressiven (damals die demokratischen und sozial-liberalen Kräfte), rechts die Reaktionären (Konservative und Aristokraten). Dieses Konzept wurde in vielen bürgerlichen Parlamenten übernommen. Besonders außerhalb Europas wird diese Einteilung allerdings z.T. ad absurdum geführt bzw. trifft den Kern der politischer Konfliktlinien nicht: Wie würde man beispielsweise religiös-konservative und zugleich antiimperialistische Kräfte wie die Hamas oder die Hizbullah auf der Links-Rechts-Skala einordnen?
[49] Ulla Plener: Die Debatte zwischen Rosa Luxemburg und Lenin über die nationale Frage 1903 – 1918, http://zeitschrift-marxistische-erneuerung.de/article/3144.die-debatte-zwischen-rosa-luxemburg-und-lenin-ueber-die-nationale-frage-1903-1918.html.
[50] Interessanterweise hat der Genosse Tom Hensgen, dem ich, als er seinen letzten Diskussionsbeitrag zur Kurdischen Frage verfasst hat, dringend ans Herz gelegt habe, sich mit der Auseinandersetzung zwischen Luxemburg und Lenin zu beschäftigen, offenbar Lenins Position nicht nur schlechter verstanden als YoungStruggle; er benutzt bei seiner Negierung des bedingungslosen Rechts auf Selbstbestimmung interessanterweise fast dieselben Worte wie seinerzeit Luxemburg. (Tom Hensgen: Erwiderung an Young Struggle: Wer von der PKK und Rojava redet, darf nicht vom US-Imperialismus schweigen!, https://kommunistische-organisation.de/allgemein/erwiderung-an-young-struggle-wer-von-der-pkk-und-rojava-redet-darf-nicht-vom-us-imperialismus-schweigen/.)
[51] Olaf Kistenmacher: Selbstbestimmung als Phrase, https://jungle.world/artikel/2014/01/selbstbestimmung-als-phrase.
[52] Thomas Schmidinger: ArbeiterInnenbewegung im Sudan. Geschichte und Analyse der ArbeiterInnenbewegung des Sudan im Vergleich mit den ArbeiterInnenbewegungen Ägyptens, Syriens, des Südjemen und des Iraq, Peter Lang 2004, S. 16.
[53] Ebd.
[54] Domenico Losurdo: Der westliche Marxismus. Wie er entstand, verschied und auferstehen könnte, PapyRossa 2021, S. 87.
[55] Ebd.
[56] Ebd. S. 91.
[57] Das wurde auch bereits in der Einleitung zum Leitantrag der ZL der KO argumentiert.
[58] So geschehen in einem internen Diskussionsbeitrag der Fraktionierer der sog. Minderheit.
[59] In Jona Textor: Eine marxistische Kritik der „postmodernen Identitätslinken“ und des identitätspolitischen Antirassismus, https://kommunistische-organisation.de/diskussion/eine-marxistische-kritik-der-postmodernen-identitaetslinken-und-des-identitaetspolitischen-antirassismus/.
[60] Wie es nach der Veröffentlichung unserer Afghanistan-Stellungnahme im September 2021 auch innerhalb der KO zuhauf geschehen ist.
[61] So der Genosse Sörensen von der SKP auf dem Podium des Kommunismus-Kongresses mit Blick konkret auf Syrien.