English
русский
عربي

Mit dem Grundgesetz munter den Rattenfängern hinterher

Innerhalb kurzer Zeit sind in fast allen großen deutschen Städten Proteste gegen den „Corona-Lockdown“ aus dem Boden geschossen. Mit Schwerpunkten in Berlin und Stuttgart gehen mittlerweile jeden Samstag zehntausende Menschen in der BRD für schnellere Lockerungen der Corona-Maßnahmen auf die Straße. 

Es handelt sich hier um ein wilde Mischung von Esoterikern, ehemaligen Linken, christlichen Fundamentalisten, neoliberalen Hippies, aber auch organisierten Faschisten. 

Die „Anti-Lockdown“-Bewegung ist ein Phänomen, welches in fast allen imperialistischen Ländern zu beobachten ist: in Großbritannien, Brasilien oder den USA, wo sie von Präsidenten Donald Trump persönlich angefeuert wird.

Wer steht hinter den „Hygienedemos“?

Zuerst etabliert wurden die sogenannten Hygienedemos unter dem Label „Nicht ohne uns“ in Berlin, wo sie u.a. von Anselm Lenz und Hendrik Sodenkamp ins Leben gerufen wurden. Beide hatten davor in kapitalismuskritischen Theaterprojekten mitgearbeitet und Lenz zeitweise sogar in der Jungen Welt publiziert. Schnell tummelten sich auf den Demonstrationen allerlei Rechte, selbsternannte Antikapitalisten, aber auch jene Teile des Bürgertums, die nicht müde wurden zu betonen, wie sehr ihre „Freiheiten“ nun eingeschränkt würden. Videos von den Demonstrationen in Berlin gingen in der Bundesrepublik herum und schnell bildeten sich in vielen Städten unter Labels wie „Querdenken“ oder „Gegen die Notstandsdiktatur“ Proteste nach dem Vorbild in Berlin.

Einer der ersten bundesweiten Aufrufe für die wöchentlichen Samstagsspaziergänge stammte von der Anwältin Beate Bahner, dieser wurde in Telegram-Gruppen von Rechten und aus dem „Verschwörerspektrum“ breit geteilt. Mit der neu gegründeten „Partei“ Widerstand 2020 hat sich nun eine Struktur gebildet, auf die sich die verschiedenen losen Initiativen zunehmend zu zentrieren scheinen. Hierzu beigetragen hat v.a., dass einige Prominente wie Til Schweiger, Xavier Naidoo oder der Koch Attila Hildmann für diese Partei Werbung gemacht haben. Laut Berichten aus vielen Städten übernehmen bekannte rechte und faschistische Kräfte wichtige Funktionen in der Organisation und stellen sich an die Spitze der Proteste, darunter auch viele AfDler. Wenn sich die AfD-Parteiführung zunächst nicht zu den Protesten verhielt, tummelten sich von vornherein ein großer Teil ihrer Parteibasis und Vertreter des ehemaligen „Flügels“ bei den Protesten und initiierten teils auch eigene Anti-Corona Kundgebungen, wie zum Beispiel in Magdeburg. Mittlerweile hat sich auch der AfD-Fraktionsvorsitzende Gauland hinter die Demonstrationen gestellt. Auch der Mitbegründer der vermeintlich unpolitischen Widerstand 2020, Bodo Schiffmann, pflegt Kontakte zu offen faschistischen Kräften, wie dem Gründer der Identitären Bewegung Martin Sellner (1) und spricht in einem Interview vom Staat als „Volkskörper“ welcher von Bakterien gereinigt werden sollte (2). Wie sich das Verhältnis der AfD zum „Konkurrenten“ Widerstand 2020 entwickelt, wird sich erst in den nächsten Wochen absehen lassen. Entscheidend für den Erfolg der „Hygienedemos“ und die Mobilisierung vieler Menschen dürfte auch der Aufruf einflussreicher Youtuber wie dem Millionär Attila Hildmann und Ken Jebsen sein. 

Wird Deutschland von der Gates Stiftung gekapert?

Die Proteste richten sich gegen eine vermeintliche „Corona-Diktatur“ die gerade in der Bundesrepublik errichtet worden sei. Nun gelte es, das deutsche Grundgesetz zu verteidigen und „Widerstand“ gegen Maskenpflicht, „Ausgangssperre“, „Impfpflicht“ und 5G zu leisten. Angeblich sei das Grundgesetz durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie außer Kraft gesetzt worden und Deutschland befinde sich auf dem Weg in eine neue Diktatur. Gleichzeitig können in den meisten Städten die Proteste, von der Polizei ungestört, spontane Demonstrationen machen, bei denen jegliche Abstandsregelungen missachtet werden. In diesem Widerstand gegen den „neuen Faschismus“ würden Links und Rechts angeblich keine Rolle mehr spielen. Die Pandemie selbst sei nicht schlimmer „als eine gewöhnliche Grippe“; einige Teilnehmer leugnen sogar ihre Existenz.

Ein wichtiges Element bei den Protesten in Ost und West ist der Antikommunismus.  Denn zum Vergleich für Diktatur und Faschismus wird vor allem der erste deutsche Arbeiter- und Bauernstaat, die DDR, herangezogen. So ist auf vielen Protesten zu hören, dass mit den Maßnahmen der Regierung gleichsam der Sozialismus (!) in Deutschland heimlich eingeführt würde. Mit dem Grundgesetz soll gegen eine zweite DDR-Diktatur gekämpft werden. Maßnahmen zum Gesundheitsschutz sind also sozialistischer Freiheitsentzug? Eine schönere Bürgerbewegung können sich der BRD-Staat und das deutsche Kapital wohl nicht ausdenken.

Weite Verbreitung fand diese Argumentation über Ken Jebsens Video „Gates kapert Deutschland“, welches mittlerweile über drei Millionen mal angeklickt (Stand 20.05.20) wurde. Darin stellt er die unbelegte Behauptung auf, die Bill & Melinda Gates Foundation habe über die WHO die deutsche Regierung und die deutsche Presse gekauft, ebenso wie das Robert-Koch-Institut, um hierzulande eine Corona-Diktatur zu errichten, die u.a. einen Impfzwang einführe, wodurch sein Pharmaunternehmen wiederum Gewinne mache. Seine Impfprogramme seien außerdem in Wahrheit ein Sterilisationsprogramm, mit dem die „Überbevölkerung“ reguliert werden solle. Alle die sich nicht dieser Diktatur unterwerfen, drohe die Entrechtung, schon jetzt sei das deutsche Grundgesetz ausgehebelt. Jebsen setzt die DDR mit dem Hitler-Faschismus gleich, in dem er sagt, es gelte nun Widerstand zu leisten, wie 1933 und 1989. Er bezieht sich auch auf Boris Palmer (Grüne), der die Situation ähnlich kritisch sehe wie er.

Es ist richtig, dass es Spenden von der Bill & Melinda Gates Foundation an das Robert-Koch-Institut gegeben hat, ebenso wie, dass die Stiftung einer der größten Geldgeber der WHO ist. Bei ersteren Spenden handelt es sich jedoch um relativ kleine Beträge, wenn man den Haushalt des RKI zugrundelegt. Der größte Geldgeber der WHO waren bisher die USA. Danach folgten Spenden der Bill & Melinda Gates Foundation, welche 9,4 % der Finanzierung der WHO ausmachen. Diese Zahl ist weit von den von Jebsen behaupteten 80 % entfernt. Auch die „Unterwerfung“ der deutschen Regierung unter die WHO ist schlicht eine Lüge. Tatsächlich ist es sogar genau andersherum: Die Bundesregierung ignorierte Anfang des Jahres noch die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation zum Umgang mit der Pandemie und fing erst sehr spät an, diese umzusetzen. Auch jetzt warnt die WHO vor einer zweiten Pandemiewelle, während die Bundesregierung kräftig Lockerungen beschließt und diese Warnungen ignoriert. Das Robert-Koch-Institut trug die Linie der Bundesregierung von Anfang an mit, es ist nämlich entgegen Jebsens Thesen eine staatliche Einrichtung und ganz und gar den Interessen der Bundesregierung verpflichtet.

Jebsen schließt dann mit der Forderung, diese „illegale“ Regierung „hinwegzufegen“, und dem konkreten Aufruf an Beamte, den Gehorsam zu verweigern.Ein zentraler Punkt ist Jebsens Propagierung einer Querfront-Strategie. „Es spielt keine Rolle, ob du auf der rechten oder linken Seite marschierst“, die Bewegung solle sich nicht „spalten“ lassen. Ken Jebsen selbst ist ein Rechter, er hatte Jürgen Elsässer kräftig beim Aufbau des Compact-Magazins unterstützt, eine der wichtigsten Publikation der sogenannten Neuen Rechten.

Indem sich die Bewegung als „weder links noch rechts“ darstellt, versucht sie, den Warnungen von Antifaschisten vor den beteiligten Faschisten die Grundlage zu entziehen.

Seit Jahren gibt es die Versuche, die Begriffe „links“ und „rechts“ zu entleeren. So versuchten z.B. die Pegida-Proteste, sich als „wahre Antifaschisten“ darzustellen. Dass diese Argumente auf fruchtbaren Boden stoßen, zeigt eine massive politische Orientierungslosigkeit in großen Teilen der Bevölkerung. Es gibt mehrere Gründe, warum Demagogen wie Jebsen Zulauf haben: eine seit längerem anhaltende Entpolitisierung und Emotionalisierung, die Krise der Anti-Kriegs-Bewegung, der zunehmende Opportunismus der Linkspartei, sowie weitere Faktoren. Das Versagen der Friedensbewegung bei den Kriegen gegen die Ukraine, Libyen und Syrien rächt sich auch darin, dass falsche Propheten Zulauf bekommen.

Ein Problem ist auch, dass die Kritik an der Demagogie von Jebsen und anderen teilweise selbst unkritisch gegenüber der staatstragenden Verwendung der Bezeichnung „Verschwörungstheorien“ war und über die richtige und notwendige Entlarvung der Querfront von Jebsen die andere Querfront, die der „Antideutschen“ nicht kritisiert und beachtet wurde. 

Jebsen & Co. machen sich diese Schwäche bewusst zunutze. Durch die Umdeutung von Schlagwörtern aus der Arbeiterbewegung und eine vermeintliche Haltung „gegen Faschismus, Krieg & Diktatur, gegen den Abbau von Grundrechten und Überwachungsstaat“ sollen diese Begriffe neubesetzt, umfunktioniert und damit verbundene Kämpfe neutralisiert werden. Dies ist eine typische Strategie der Neuen Rechten. Bewusst wird an Versatzstücke antikapitalistischen Denkens, instinktives Misstrauen gegenüber der Regierung und dem Staat angeknüpft. 

Demagogen wie Jebsen schrecken nicht davor zurück, wichtige Themen wie z.B. Aufrüstung und Kriegspolitik, sowie soziale Fragen aufzugreifen (3). Diese können sie aber nicht erklären, weil sie hinter ihnen boshafte Machenschaften einzelner mächtiger Menschen vermuten und die Existenzbedrohung vieler Menschen durch Verlust ihrer Arbeit und Lohnkürzungen dem „Lockdown“ zuschieben. Doch Arbeitslosigkeit und Armut sind die Folgen der kapitalistischen Krise und der kapitalistischen Eigentumsverhältnisse, es gab sie vor dem Virus und wird sie auch danach geben. Auch jetzt während der Pandemie sind die Profite der Unternehmer wichtiger als die Sicherung der Existenz der arbeitenden Bevölkerung und weiterer Volksschichten.

Es kann von einer Querfront-Strategie verschiedener Akteure in der Organisation der „Anti-Lockdown“-Proteste gesprochen werden, nicht allerdings von einer faktischen Querfront, im Sinne einer Zusammenarbeit von linken oder kommunistischen Kräften mit Faschisten. So lautende Berichte von bürgerlichen Medien sind Versuche die alte Extremismusleier zu wiederholen, bilden aber kein reales Querfrontbündnis ab. 

Das gefährliche an diesen Theorien ist, dass sie mittlerweile massenhaft Menschen erreicht haben. Dass auch linke Einzelpersonen deren Argumentation folgen, ist Ausdruck einer massiven Orientierungslosigkeit und der Unfähigkeit, aktuelle politische Entwicklungen realistisch und konkret zu analysieren und einzuordnen (4). 

Wem nützt das alles?

Die „Hygienedemos“ sind also wahre Infektionsschleudern, für das Virus und für falsche Informationen. Doch wem nützen sie? Auch wenn die Proteste sich als radikale Opposition inszenieren, vertreten sie in großen Teilen die aktuelle Regierungslinie. Die sozialdarwinistischen und zynischen Argumente wurden in die Debatte eingeführt von Politikern wie Palmer und Schäuble, ebenso wie von Wirtschaftsvertretern und Investoren, die ihre „Argumente“ in millionenfacher Auflage in BILD, Handelsblatt und Welt drucken konnten. Es brauchte dafür keine Bewegung auf der Straße, die die „unterdrückte Wahrheit“ ans Licht brachte.

Die Proteste dienen der Regierung in mehrfacher Hinsicht. Ihre Lockerungspolitik bekommt eine außerparlamentarische Unterstützungsbewegung, die kritische Stimmen nach der Gesundheit der Bevölkerung übertönt und niederschreit. Auch wenn sie sich oppositionell geben, sind sie in ihrer inhaltlichen Ausrichtung identisch mit den Teilen des Staates und der bürgerlichen Parteien, die einen schnellen „Exit“ aus den Maßnahmen fordern und damit die Gesundheit der Bevölkerung den wirtschaftlichen Interessen des deutschen Kapitals opfern. Potenzielle soziale Proteste werden neutralisiert, indem von den Ursachen für Arbeitslosigkeit, soziale Not und die existenzbedrohenden Krisenauswirkungen abgelenkt und die Schuld daran auf einzelne Vertreter der kapitalistischen Klasse projiziert wird. Damit erfüllen sie eine ganz „klassische“ Funktion von rechten und faschistischen Bewegungen: Unzufriedenheit in der Krise einfangen, von den wahren Problemen und Schuldigen ablenken und schließlich in für den Staat ungefährliche Bahnen lenken. Viele kleinbürgerliche und selbständige Schichten fürchten jetzt um ihre Existenz. Anstatt aber die Regierung dafür anzugreifen, dass sie weitgehend auf sich alleine gestellt sind, leugnen sie die Existenz der Pandemie bzw. fangen an, sozialdarwinistische Positionen in Hinblick auf die potenziellen Opfer der Pandemie zu formulieren. D.h. sie versuchen, den Druck weiterzugeben, um nicht selbst als Schwächere den kapitalistischen Raubgesetzen zum Opfer zu fallen, während die Großkonzerne durch die Regierung vor der Krise geschützt werden.“

Auch einige Teile der Arbeiterklasse sind empfänglich für die Argumente der Rattenfänger. Ihre Ablehnung der Maßnahmen und Empfänglichkeit für den „Corona-Skeptizismus“ beruht auf einem tiefen und grundlegenden Misstrauen gegenüber dem Staat. Es ist dieser „Instinkt“, der sagt: Hier stimmt etwas nicht. Es bräuchte nun eine klassenkämpferische Kraft, die klar benennt, was nicht stimmt. Es werden Rechte beschnitten, aber das sind nicht die der Meinungsäußerung, sondern Arbeitsrechte und der Gesundheitsschutz. Die Regierung spielt mit unserer Freiheit – aber nicht der Freiheit einkaufen zu gehen, sondern mit unserem Leben. Nur weil es keine starke Arbeiterbewegung gibt, können die oben genannten Kräfte das Feld besetzen und können auch Arbeiter mitziehen, die tatsächlich gar nichts von einer baldigen Öffnung haben, außer ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen.

Mit den Protesten für das Grundgesetz wurde eine antikommunistische Bewegung mobilisiert, die aggressiv die „demokratische Grundordnung“ der kapitalistischen Diktatur der BRD verteidigt und gleichzeitig die DDR diskreditiert und mit dem Hitler-Faschismus gleichsetzt. Eine solche Bewegung wird auch den Herrschenden als Vorwand dienen, wenn die Zahl der Infizierten nach „Lockerungen“ wieder steigt, aber die Vertreter der Wirtschaft einen zweiten Lockdown um jeden Preis verhindern wollen. Die Lockerungspolitik entspricht den Forderungen der sogenannten Hygienedemos, auch wenn diese das Gegenteil behaupten. Allerdings könnte es auch zu einem Widerspruch kommen, wenn die Regierung gezwungen sein sollte, wieder Einschränkungen vorzunehmen, um die Ausbreitung zu verlangsamen.

Viele Menschen sind verunsichert und glauben nicht mehr an die Gefährlichkeit des Virus, weil die Maßnahmen widersprüchlich und halbherzig sind und von vielen nicht ernst genommen werden können. Da die Ausbreitung nicht konsequent verhindert wird, ziehen Menschen logischerweise den Schluss, dass es schon nicht so schlimm sein könne. Das ist der Nährboden für die Demagogie. Sie funktioniert nur, weil sie an reale Erfahrungswerte anknüpfen kann: Auf der einen Seite sollen wir normal arbeiten wie vor der Pandemie, auf der anderen Seite können wir unsere Angehörigen nicht besuchen. Die getroffenen Maßnahmen haben stets das Gesamtinteresse der Kapitalistenklasse verfolgt. Deshalb kam es zu diesem Widerspruch aus privater Isolation und beruflicher Normalität. So glauben viele Menschen zu Recht, in die Irre geführt zu werden.

Was tun?

Die „Anti-Lockdown“-Proteste gerieren sich als oppositionelle Widerstandsbewegung, vertreten in Wahrheit aber am aggressivsten das Öffnungsprogramm der Kapitalvertreter und richtet sich damit gegen das objektive Interesse der Arbeiterklasse nach Schutz ihrer Gesundheit. Sie verbreiten menschenverachtende Ideen, Irrationalismus und tragen insgesamt zur Verrohung der Bevölkerung bei. Es sind nicht nur Faschisten, die auf diese Demos gehen, sondern auch viele unorganisierte und irregeleitete Menschen. Dennoch werden die Demonstrationen zunehmend von organisierten Rechten beherrscht und genutzt.

Die Bewegung schafft es, vorhandenes Protestpotential in für den deutschen Staat ungefährliche Bahnen zu lenken, diesem eine Legitimationsbasis für eine schnellere Lockerungspolitik zu bieten, und gleichzeitig enthält sie ein gefährliches Spaltungspotenzial für die Arbeiterklasse.

Wir müssen organisierte Faschisten als solche benennen um zu verhindern, dass sie sich ein „demokratisches“ Mäntelchen anziehen können. Allerdings reicht es nicht „Nazis raus“ zu rufen, denn viele Menschen bei den Protesten sind keine Nazis oder begreifen sich selbst vielleicht sogar als Antifaschisten. Wir müssen auch inhaltlich die falschen Parolen angreifen, sonst werden Teile der Bevölkerung weiter in die Hände der Rechten getrieben, wenn diese „halt die Einzigen sind, die die Wahrheit aussprechen“. Die gesamtgesellschaftliche Verrohung muss benannt und ihr entschieden entgegengewirkt werden.

Gerade die Gewerkschaften können die Rolle einnehmen, eine wirkliche Arbeiteropposition zur Regierungspolitik zu schaffen, also diejenigen Teile der Bevölkerung zu mobilisieren, die nicht von den Lockerungen profitieren, und die soziale Lage der Arbeiterklasse in den Mittelpunkt zu rücken. So stellten sich z.B. in den USA Pflegekräfte einer Demonstration der Anti-Lockdowners in den Weg. 

Diejenigen, die gegen die Lockerungen sind und gegen die Abwälzung der Krise auf die Schultern der Arbeiterklasse protestieren, sind im Vergleich zu den „Corona-Demos“ noch zu leise. Sie müssen lauter werden, denn sie stehen objektiv auf der Seite der Interessen der Mehrheit.

Einzelnachweise 

1. https://twitter.com/ibdoku/status/1256686358908854276 und Martin Sellner über Schiffmannhttps://www.youtube.com/watch?v=MrKWAZbuShE

2) https://www.rnd.de/politik/was-ist-widerstand-2020-was-steckt-hinter-der-protestpartei-R2CPFI4ITJHU5DSZZXRPZXQFRM.html

3) Siehe Jebsens Rede am 9.05 in Stuttgart, wo er über Aufrüstungspolitik und das marode Gesundheitssystem etc. sprichthttps://www.youtube.com/watch?v=uwMUMhYsf54

4) So z.B. Rainer Rupp: https://kenfm.de/tagesdosis-15-5-2020-ken-jebsen-erz-boesewicht-des-tages/

Aktuelles

Palästina und die DDR – Befreiungskampf als Staatsräson?

Während in der BRD die bedingungslose Unterstützung Israels als „Ersatz- Antifaschismus" spätestens ab 1952 zunehmend zur „Staatsräson" wurde, erkannten sich die DDR und Israel bis zur Konterrevolution 1989/90 nicht gegenseitig an. Stattdessen wurde die DDR zu einem wichtigen Alliierten der palästinensischen Befreiungsbewegung.

Interview: „The crisis in Germany“

Two of our comrades were guests on the Marx, Engels, Lenin Institute podcast to discuss the current political and economic situation in Germany. Starting with the end of the ‘Ampel’ coalition government, and moving on to an assessment of the AfD and BSW and the development of the German economy, we talk about topics and issues that continue to cause controversy and raise questions within the left-wing and communist movement in Germany.