Was bringt uns der Leitantrag?

Beitrag zur Diskussion um den Leitantrag – keine Positionierung der Kommunistischen Organisation (siehe Beschreibung der Diskussionstribüne)

von Fjodor Pam

„Wir wandeln auf einem schmalen Grat und werden nicht vermeiden können, auch daneben zu treten. Aber wir müssen vermeiden, dass wir vom Weg abkommen und uns in den Anforderungen der Massenarbeit verlieren oder nur noch an die großen Fragen denken.“

(Leitantrag, Zeile 536 ff)

Als ich zum ersten Mal den Leitantrag an die Zweite Vollversammlung der Kommunistischen Organisation gelesen habe, war ich auf gut deutsch völlig ‚von den Socken‘! Ich habe mir gedacht: wenn dieses Dokument zur zentralen Grundlage der Arbeit in den Massen, sprich unserer politischen Praxis wird, dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Nun, nach wie vor halte ich den Leitantrag für das Beste, was bisher zu diesem Thema – zur kommunistischen Praxis heute in der BRD – existiert. In der sich entfaltenden Diskussion sowie in der alltäglichen Praxis, die ich hier bereits erlebe und gestalte, wurde mir aber auch wieder bewusst, dass der Leitantrag überwiegend allgemeine oder abstrakte Aussagen trifft. Das allein ist in meinen Augen kein Mangel, sondern im Gegenteil die für unsere Situation und die Rolle, die dem Leitantrag zukommt, notwendige Form: wir sind eine junge Organisation. Als KO, das heißt in diesem Zusammenhang, auf diesem Organisationslevel, fangen wir gerade erst an, in den Massen zu arbeiten. Uns fehlen wichtige Erfahrungen. Was wir zur Zeit tun, beschreibt der Leitantrag nicht umsonst als „Tuchfühlung“. Die vielfältigen Ansätze in der Praxis, die in letzter Zeit entstanden sind und weiter entstehen, muss der Antrag fassen. Er muss den theoretischen Ansatz für unsere zukünftige Praxis, das Wesentliche ausdrücken und kann sich nicht in spezifischen Details verfangen. Er muss den Weg skizzieren, den wir in Zukunft gehen wollen.

Dementsprechend muss uns aber klar sein, dass der Leitantrag allein nicht alle Fragen beantwortet und erst recht nicht alle Probleme der Massenarbeit löst, die uns auf diesem Weg begegnen werden. Auch wenn er auf einer allgemeinen Ebene die richtigen Weisungen vorgibt, erspart uns das nicht die – manchmal mühevolle, nervenaufreibende, riskante und ungewisse – Suche nach Lösungen im konkreten Fall. Also ist z.B. die Aussage „Wir werden auch auf Desinteresse, Ablehnung, Feindschaft, Egoismus und Ausnutzung der Arbeit stoßen. Auch hier gilt: Das Ziel nicht aus den Augen verlieren.“ richtig und spricht außerdem für die Weitsichtigkeit des Antrages. Sie ändert aber nichts daran, dass sich Ortsgruppe XY im Zweifelsfall selbst viele Gedanken dazu wird machen müssen, wie sie die Ablehnung ihrer lokalen Massenarbeit überwindet, um dann vielleicht trotzdem (erst einmal) auf die Schnauze zu fallen.

Dass der Leitantrag auf die richtigen Fehlerquellen und Schwierigkeiten hinweist, bewahrt uns nicht davor, von ihnen betroffen zu sein. Das gilt für die Gratwanderung zwischen Handwerkelei (also einer Praxis, die nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und einem Plan beruht, sondern beliebig ist) und Über-Professionalisierung genauso wie z.B. für die Gefahr des Stellvertretertums (dass Probleme nicht von der Klasse selbst, sondern über ihre Köpfe hinweg gelöst werden).

Ohne den Leitantrag allerdings kämen wir gar nicht dahin, bundesweit und planvoll eine breite Massenarbeit zu entwickeln, bei der wir dann auch Fehler machen. Die anschließende Korrektur und Aufarbeitung wäre erst recht erschwert, weil es ohne solch ein zentrales Dokument gar keine klare Diskussionsgrundlage geben würde.

Ein ausgeprägtes Berichtswesen, Kritik und Selbstkritik, das Sammeln und Aufbereiten von Erfahrungen, die Arbeit der wissenschaftlichen Arbeitsgruppen des Klärungsprozesses – das alles wird uns helfen, eine erfolgreiche Arbeit in den Massen zu entwickeln und dort Lösungen zu finden, wo sie der Leitantrag noch nicht geben konnte. Auf der Vollversammlung beschließen wir den Grundstein, das Haus müssen wir erst bauen.

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