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Zum Defensivschlag Russlands gegen die NATO

von Alexander Kiknadze

Einleitung

Die am 24.2.2022 begonnene Militäroperation der Russischen Föderation ist ein defensiver Präventivschlag gegen eine seit Jahren und im Februar bis zur militärischen Auseinandersetzung provozierte Aggression der NATO. Diese bedroht konkret die Souveränität und Existenz Russlands und seiner Bevölkerung. Ziel dieser Bedrohung ist eine Rekolonialisierung des Landes zurück zu seinem Status in den Jahren 1992-2000. Für diese Pläne dient die Ukraine mit einer Marionettenregierung, die mit Faschisten durchsetzt ist, als Aufmarschgebiet. Die Absetzung der ukrainischen Regierung und damit die Entnazifizierung und Entmilitarisierung der Ukraine ist in der Tat das Ziel der Militäroperation. Dieses Ziel fällt in dieser konkreten Auseinandersetzung mit dem Interesse der russischen und ukrainischen Arbeiterklasse zusammen. Wenn die kommunistische Bewegung Fehleinschätzungen zur Lage trifft, läuft die Arbeiterklasse Gefahr, sich vor den Karren des Imperialismus zu spannen. Dies geschieht bereits jetzt, vor allem in Deutschland. Es zeigt sich die Notwendigkeit, den Imperialismus heute einschätzen zu müssen.

Dafür habe ich die Form von Thesen, die jeweils argumentiert und begründet werden, gewählt.
In den Argumentationen habe ich mich, leider nicht ausführlich genug, kritisch auf die Beiträge der Genossen Thanasis Spanidis und Fatima Saidi bezogen.

  1. Die USA sind seit der Konterrevolution bis heute die vorherrschende imperialistische Nation weltweit. Sie vollziehen ihre Vorherrschaft maßgeblich durch ein starkes Militär und einer starken Ökonomie.

Trotz eines ökonomisch und militärisch aufstrebenden Chinas und eines militärisch starken Russlands sind die USA weiterhin die Nation, die der gesamten Welt ihre Politik diktieren kann. In Form von militärischer Kontrolle: Ihre Militärausgaben und -bestand international übertrifft bei weitem das, was andere große Nationen vorlegen können. So unterhalten sie weltweit fast 800 Militärbasen, im Gegensatz zu 20 von Russland. Sie bauen ihre strategische Raketeninfrastruktur in Osteuropa systematisch aus. Damit sind sie aufgrund ihrer strategischen Erstschlag- und Enthauptungsfähigkeit und der Verhinderung eines Zweitschlagszenarios imstande, ihre Interessen mit ebendieser Drohung zu erpressen.
Und in Form von ökonomischer Kontrolle: Aufgrund der Tatsache, dass ein Großteil des internationalen Handels, insbesondere der der strategisch wichtigen Rohstoffe, in Dollar abgewickelt werden, sind die USA als Hüter dieser Währung imstande, ebendiesen Handel nach ihren politischen Interessen zu steuern.
Die politischen Diktate der USA haben die Völker der Erde in den letzten Jahren, insbesondere nach der Konterrevolution ins Elend gestürzt. Sie hatten nicht nur schwere Auswirkungen auf die soziale Lage der Völker, sondern auch auf die Kampfbedingungen der Arbeiterklassen dieser Länder.
In der Regel haben die politischen Diktate der USA eine ökonomische Ausbeutung dieser Länder und/oder zum Ziel. Für diese Agenda braucht es in der Regel Regierungen/Militärdiktaturen, die den Widerstand der Völker dieser Länder zerschlagen und deckeln. Ein Beispiel neben vielen ist die ukrainische Regierung (das wird weiter unten ausgeführt).

  1. Russland war seit der Konterrevolution bis zum Regierungsantritt Wladimir Putins eine Kolonie, deren vornehmlicher Zweck die kostengünstige Rohstoffllieferung an die westliche Welt war. Der Kolonialstatus Russlands hatte für die russische Arbeiterklasse verheerende Auswirkungen, die bis heute zu spüren sind.

Die politische Programmatik der sowjetischen Konterrevolutionäre, den Kapitalismus in Russland einzuführen, wurde insbesondere in den 90er Jahren hin zu einem totalen Ausverkauf des Landes eskaliert; in einem solchen Maße, dass eine funktionierende nationale Kapitalakkumulation verunmöglicht wurde: Große Teile der sowjetischen Industrie wurden nicht etwa im Sinne einer ursprünglichen Akkumulation in konstantes Kapital transferiert, sondern schlicht und einfach außer Landes geschaffen, der Erlös ging an (nicht selten ehemaligen KpdSU-Funktionäre) sich persönlich bereichernde russische Schatzbildner, die manchmal „Neue Russen“ oder „Oligarchen“ genannt werden. Dies geschah im Sinne einer Schocktherapie (Naomi Klein) innerhalb weniger Jahre. Neben dem Ausverkaufs der Industrie war eine Folge die Zerstörung des variablen Kapitals im Sinne von Armut/Hunger/Krankheit, Desorganisierung und mangelnder Reproduktionsfähigkeit und Konsumtionsmöglichkeiten der Arbeiterklasse des neuen Russlands. Diese Politik wurde dem neuen Präsidenten Boris Jelzin, einem offenkundigen Alkoholiker, direkt von den USA diktiert.
Gleichzeitig eröffnete sich mit dem neuen Russland ein großer Absatz- und Investitionsmarkt für den westlichen Imperialismus. Sowjetische Industrie wurde zu Preisen, die einen winzigen Bruchteil des tatsächlichen Werts darstellten, verkauft (u.A. nachzulesen in Boris Kagarlitzki: Back in the USSR, Nautilus-Verlag), gleichzeitig eröffnete sich mit den vielen Millionen ehemaligen Sowjetbürgern ein potenzieller Markt für westliche Produkte. Rohstoffe wurden außer Landes geschafft und nicht weiter als Grundlage für eine ökonomische Entwicklung des Landes genutzt.
Es existierte mit der Regierung Jelzin und ihren Behörden damit kein ideeller Gesamtkapitalist, der Akkumulation und Zirkulation politisch organisierte. Es existierte eine Kompradorenbourgeoisie der USA mitsamt eines von dieser Politik direkt profitierenden Beamtenapparats. Der Raub des Eigentums von der Arbeiterklasse wurde vollzogen, nicht jedoch die Nutzbarmachung dieses Eigentums für kapitalistische Akkumulation. Dies führte zu verheerenden Folgen für das ehemalige sowjetische Volk und einer extremen Erschwerung von organisiertem Klassenkampf, auch vor dem Hintergrund der völligen Selbstaufgabe der Kommunistischen Partei.
Dies sind die Erfahrungen, die Russland und die russische Bevölkerung (und die Bevölkerungen der ehemaligen Sowjetrepubliken) selbst in den 90er-Jahren mit dem NATO-Imperialismus gemacht hat und nicht vergessen hat. Russlands vermeintliche Stärke und Größe heute darf über diese schwache und katastrophale Lage, in der es sich bereits befand, nicht hinwegtäuschen.

  1. Gegen diesen Kolonialstatus und seine Folgen wird seit dem Amtsantritt Wladimir Putins schrittweise vorsichtig, jedoch durchaus erfolgreich innen- und außenpolitisch gearbeitet. Diese Arbeit steht dem US-Anspruch auf Weltherrschaft diametral entgegen.

Zentrale politische Programmatik seit der Präsidentschaft von Wladimir Putin ist innenpolitisch die Verpflichtung der russischen Bourgeoisie auf ihren gesellschaftlichen Beitrag zu einem funktionierenden Kapitalismus. So werden diese auf konsequente Lohnzahlung und die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen verpflichtet, sodass es in Russland mittlerweile so etwas wie (jedoch noch sehr schwaches) Renten- und Sozialsystem gibt. Diese Programmatik wird z.T. stringent und mit wenig Rücksichtnahme auf die Interessen von Teilen der Bourgeoisie politisch durchgesetzt. Ein konkretes Beispiel dafür ist die Kampagne und Verhaftung des ehemaligen Lukoil-Oligarchen Michail Chodorkowski, der sich nicht nur dieser Politik verweigern wollte, sondern sich darüber hinaus anmaßte, dagegen zu agitieren und organisieren.
Diese Politik hat eine nicht von der Hand zu weisende Verbesserung der materiellen Lebenslage der russischen Arbeiterklasse zur Folge.1 Es handelt sich allerdings auch weiterhin um ein ökonomisch und politisch sehr instabiles Konstrukt. Genau auf diese Instabilität zielen die schon seit Jahren forcierten Sanktionen und ökonomischen Druckmittel gegenüber Russland ab. Ein wesentlicher Grund für diese ökonomische Instabilität ist die Abhängigkeit der russischen Ökonomie von den Erlösen des Verkaufs fossiler Brennstoffe. Dies wird vom Genossen Thanasis Spanidis durchaus erwähnt, jedoch nur auf die Problematik der Abhängigkeit der Weltmarktpreise zurückgeführt (These 3). Es wird nicht erwähnt, dass die Weltmarktpreise für fossile Brennstoffe aufgrund der Hauptabwicklung in US-Dollar maßgeblich politisch von den USA kontrolliert werden. Die politische Programmatik Putins ist damit materiell wesentlich von diesem Rohstofferlös und damit stark vom politischen Willen der USA abhängig.
Außenpolitisch war in Putins ersten Regierungsjahren die zentrale Programmatik der Regierung gegenüber großen und mächtigen Industrienationen, im Gegensatz zur offenen Prostitution an den Westen unter Jelzin, den westlichen Imperialismus als “Partner” für den nationalen Wiederaufbau nutzen zu wollen. Diese Programmatik wird insbesondere bei der Rede Putins am 21.9.2001 im deutschen Bundestag deutlich, in der den USA und Deutschland eine gemeinsame Sicherheitsstruktur und Wirtschaftspolitik angeboten wird. Diese Angebote wurden von den USA und EU systematisch ignoriert. Sie widersprachen diametral ihrer Programmatik, unilateral der ganzen Welt eine Politik nach ihren nationalen Interessen zu diktieren.
Gegenüber kleineren und international weniger mächtigen Nationen ist die außenpolitische Strategie Russlands die Stabilisierung der nationalstaatlichen Integrität und folglich Förderung der ökonomischen Eigenständigkeit und Stabilität. Es kann aufgrund der geringen Größe und Stärke der russischen Wirtschaft auch keine andere sein. Auch diese Strategie steht diametral gegen die Strategie der USA, Länder, die sich ihrem Diktat widersetzen, ökonomisch oder gar militärisch zu vernichten (bzw. sie damit zu bedrohen). Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass in der konkreten Auseinandersetzung zwischen diesen beiden Strategien die russische die ist, die mehr im Interesse der Bevölkerungen dieser Länder ist.
Ein konkretes Beispiel, an dem dies deutlich wird, ist der Kampf um die territoriale, politische und ökonomische Souveränität der Syrischen Arabischen Republik. Entsprechend des Greater Middle East Plans der USA sollte Syrien, wie bereits andere Staaten in der Region politisch zerstückelt werden, was eine ähnliches Schicksal der dortigen Bevölkerung zur Folge gehabt hätte wie das der Bevölkerung des Iraks und Afghanistans. Der andauernden militärischen Aggressionen der NATO, sei es direkt oder indirekt durch Unterstützung von Anti-Regierungstruppen, wurde durch die russische Militäroperation ein Riegel vorgeschoben.
Forderungen kommunistischer und anderer linker Gruppierungen nach einer Unterstützung der Anti-Assad-Opposition gegen den “russischen Imperialismus” waren damals wie heute fatal. Sie hätten eine politische und territoriale Zerstückelung Syriens zur Folge gehabt- mit fatalen Folgen für die soziale Lage und Kampf- und Organisationsbedingungen der syrischen Arbeiterklasse.

  1. Insbesondere aufgrund dieser außen- und innenpolitischen Agenda, sich den USA nicht weiter zu unterwerfen, kombiniert mit der Fähigkeit dies tatsächlich militärisch auch durchsetzen zu können, ist Russland nach China Hauptfeind Nr.2. Die Absetzung der russischen Regierung zurück zu einem Russland unter Jelzin ist das Ziel, welches praktisch durch ökonomische und militärische Erpressung erreicht werden soll.
    Das Ziel der USA ist es, Russland zu einem offen militärisch geführten Krieg zu zwingen, um es ökonomisch ausbluten zu lassen. Die militärische Stärke Russlands ist dabei überhaupt kein Problem, denn: Die NATO soll nicht in eine direkte Konfrontation mit Russland gehen, da der Fokus seit einigen Jahren auf den Hauptfeind China gerichtet ist. Dies schließt nicht aus, dass eine offene Konfrontation im Verlauf der unvorhersehbaren Kriegsdynamik doch auch möglich wäre. Sie ist aber zurzeit nicht geplantes Ziel der NATO. Dafür soll die Ukraine als Aufmarschgebiet herhalten. Und entsprechend ukrainische Arbeiter und Soldaten in den Tod gehen. Die Zahlen zur Aufrüstung der Ukraine, zuletzt 300 Mio. und in der Summe mehrere Milliarden USD sowie militärische Pläne und NATO-Ausbildungslager in der Ukraine sprechen eine deutliche Sprache.
    Die Umwandlung der Ukraine in ein antirussisches Aufmarschgebiet funktioniert allerdings nicht ohne weiteres, vor allem, da es in großen Teilen der Bevölkerung vor 2014 wenig gute Gründe gab, gegen Russland zu kämpfen, vor allem vor dem Hintergrund der jahrhundertelangen kulturellen und sprachlichen Gemeinsamkeiten beider Bevölkerungen, die ihren Höhepunkt in der gemeinsamen UdSSR hatten. Um diese Programmatik der Umwandlung der Ukraine in ein antirussisches Aufmarschgebiet praktisch zu vollziehen, brauchte es die alten Freunde2 gegen Russland: Eine extrem nationalistische und mit Faschisten durchsetzte Regierung. Diese Regierung führt seit Jahren einen militärischen, ideologischen und juristischen Krieg gegen die russische Bevölkerung, die organisierte Arbeiterbewegung und jeglich antinationalistische Opposition. Wir sollten mehr zur Geschichte und Bedeutung des ukrainischen Faschismus für den Kampf gegen Russland recherchieren, um eine realistische Einschätzung über die Aggression und Gefahr zu bekommen.
    Neben dieser Aufgabe als NATO-Aufmarschgebiet hat die EU, durchaus z.T. in widersprüchlichem Interesse zu den USA, das Interesse an der Ukraine als verlängerte Werkbank mit billigen Löhnen und Absatzmarkt. Dass Russland zuletzt sagte, diesen Plänen in Verhandlungen zustimmen zu können, zeigt, dass es ihnen bei ihrer Militäroperation nicht um wirtschaftliche Einflussnahme in der Ukraine ging- wie in der bürgerlichen Presse und von vielen Linken, die von einem „russischen Imperialismus“ ausgehen, behauptet wird.
    Diese beiden Aufgaben haben, ähnlich wie bereits oben für die russische Arbeiterklasse erläutert, seit 2014 verheerende Auswirkungen auf die ukrainische Arbeiterklasse- in allen Belangen: Ökonomisch hatte die EU-Integration bzw. Integration in den westlichen Wirtschaftsraum steigende Armut für den Großteil der Bevölkerung zur Folge. Als Beispiel sei nur die Bedingung des IWF für “Aufbaukredite”, die Energiepreise um 50% zu erhöhen, genannt.Diese hatten zur Folge, dass Millionen Ukrainer bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt nicht mehr heizen konnten. Weitere Probleme stellen die Konkurrenzschwäche ukrainischer Bauern auf dem europäischen Binnenmarkt und steigende Lebensmittelpreise in der Ukraine dar. Politisch hatte die Installierung der ukrainischen Regierung und ihrer Nachfolgeregierungen eine massive Zunahme antikommunistischer Repression bzw. noch weitgehender Repression gegen jegliche organisierte Arbeiterbewegung zur Folge. Die KPU (Kommunistische Partei der Ukraine) ist de facto verboten, Kommunisten werden umgebracht, ihre Geschichte und Tradition verboten und verfolgt, Gewerkschaften repressiert. Das Abfackeln des Gewerkschaftshauses in Odessa 2014 und damit das Massaker an 50 Menschen war der Beginn dessen, was bis heute an antikommunistischer und antigewerkschaftlicher Repression aufgebaut wurde. Zuletzt erlebt jedoch die russischsprachige Bevölkerung in der gesamten Ukraine, besonders jedoch in der Ostukraine, die schlimmsten Schrecken: Russisch wurde als Amtssprache verboten, russische Kultur dämonisiert. Durch die Artilleriebeschüsse der von Faschisten angeführten ukrainischen Nationalgarde wurden in der Ostukraine seit 2014 mehr als 14.000 Menschen, darunter 4000 Zivilisten, massakriert. Darüber wird in den hiesigen Medien einfach nicht berichtet.
  2. Das gezielte Drängen Russlands in einen Krieg ist Teil einer systematischen ökonomischen Schwächung und politischen Destabilisierung. Russland und seine Bevölkerung sind erneut in ihrer politischen, ökonomischen und territorialen Integrität und Existenz gefährdet.
    Die offenkundig ökonomische Schwäche Russlands ist für die ökonomisch dominanten USA die entscheidende offene Flanke. Nicht erst seit dem 24.2. überziehen sie und die EU das Land mit Sanktionen und gezielten Handelsembargos, die furchtbare Folgen insbesondere für die russische Bevölkerung haben. Der russische Rubel ist seit 2010 bis vor dem Beginn der Militäroperation um rund 100% abgestürzt.
    Begleitet wird diese ökonomische Schwächung mit einer politischen Destabilisierung. Es wird seit Jahren gezielt eine Anti-Regierungs-Opposition aufgebaut. Die Netzwerke dieser Opposition sind, bei aller Albernheit eines Alexej Nawalny, nicht zu unterschätzen. Es mehren sich Berichte über organisierte Oppoistion innerhalb des politischen Beamtenapparats und der ökonomisch mächtigen Leute im russischen Staat, nicht zuletzt in einem Interview des bereits vor vielen Jahren inhaftierten Michail Chodorkowski im Dlf (https://www.deutschlandfunk.de/kampf-gegen-putin-russische-oppositionelle-plaene-fuer-einen-machtwechsel-100.html). Es gab in den letzten Jahren mehrere Versuche von Terroranschlägen in Russland: Größere Aufmerksamkeit bekam wenigstens in der jungen Welt die Verhaftung von drei vom ukrainischen Geheimdienst SBU bezahlten Agenten (sie haben selbst gestanden). Diese wurden, ausgestattet mit Sprengstoff, in der Moskauer Metro vom russischen Inlandsgeheimdienst FSB verhaftet.
    Die in den westlichen Medien hochgepeitschten Gesetze gegen diese Opposition (das Lieblingsthema ist das „Ausländische-Agenten-Gesetz“) sind nur folgerichtig angesichts dieser Gefährdung. Die Berichterstattung über die Gesetze ist in Anbetracht der seit Jahren gegen russische Sender wie Russia Today stattfindende Repression (mittlerweile ist der Sender abgeschaltet) eine unerträgliche Heuchelei.
    Insofern haben Thesen, dass es sich bei Russland um eine “aufstrebende imperialistische Nation” handele, deren “imperialistische Interessen” gegenüber den USA nun militärisch durchsetzen wolle, wenig Grundlage. Die militärische und ökonomische Stärke Russlands steht in keinem Verhältnis zu der der USA.
  3. Russland hat in der Vergangenheit vergeblich versucht, über diplomatische Wege diese Angriffe abzuwehren. Diese diplomatischen Versuche wurden mit nur noch mehr Bedrohung und Schädigung beantwortet. Die Militäroperation ist ein offensichtlich unerwarter präventiver Defensivschlag, der der NATO praktisch aufzeigte, dass das Überschreiten der roten Linien nicht weiter geduldet wird.
    Die diplomatischen Versuche Russlands sind zahlreich: So wurden seit 2015 Treffen im Rahmen des im selben Jahr unterzeichneten Minsker Abkommen gefordert, um eine diplomatische Lösung über den Status der Volksrepubliken und einen Waffenstillstand zu erreichen. Nach weiterer Aufrüstung und konkreter ukrainischer Truppenkonzentration direkt an der russischen Grenze bei gleichzeitiger ständiger Meldungen aus den USA, ein Krieg stünde kurz bevor, verlangte Russland von den NATO-Staaten am 21.12.2021, seine Sicherheitsinteressen schriftlich zu garantieren. Die Inhalte sind bekannt- Garantie des Nicht-Beitritts der Ukraine in die NATO, Rückzug aller NATO-Truppen bis auf die Bereiche vor 1997 und eine vertragliche Begrenzung der NATO-Raketenstationierungen in Osteuropa. Auf diese Forderungen reagierte die NATO mit Ignoranz, Belächeln und zusätzlichen Aufstockungen der Militärkapazitäten. Das Russische Verteidigungsministerium berichtete von konkreten Vorbereitungen einer militärischen Auseinandersetzung, begonnen durch die ukrainischen Kräfte. Die Ankündigung Selenskijs auf der Münchner Sicherheitskonferenz, das Budapester Memorandum aufkündigen zu wollen und der Ukraine damit die atomare Bewaffnung zu ermöglichen, war der bisher öffentliche Höhepunkt der Vernichtungsdrohungen und- vorbereitungen. Es könnten hier noch weitere Belege für die direkte Provokation einer militärischen Auseinandersetzung durch die NATO über die Ukraine hinzugezogen werden, diese finden sich ausführlicher hier (https://kommunistische-organisation.de/diskussion-imperialismus/zur-kritik-am-joint-statement-und-zur-nato-aggression-gegen-russland/).
    Die am 24.2. begonnene Militäroperation ist entsprechend ein präventiver Defensivschlag in einem Krieg gewesen, der bereits seit 2014 aktiv von der NATO gegen Russland geführt und von ebendieser Seite Anfang 2022 zu dem eskaliert wurde, was er nun ist. Dass die Militäroperation ein rein defensiver Schritt war, wird auch deutlich an den massiven ökonomischen Folgen und der weiteren internationalen Isolation Russlands. Eine Folge, der sich die russische Regierung sicherlich bewusst war.
    Entsprechend ist es sehr schlecht, den russischen Einmarsch mit dem Argument zu verurteilen, er würde die Lage verkomplizieren oder verschlechtern. Dies ist eine Verwechslung von Wirkung und Ursache. Die Ursache der katastrophalen Lage der ukrainischen und russischen Arbeiterklasse ist nicht die Militäroperation vom 24.4., sondern die NATO-Politik. Nicht Russland führt einen Krieg gegen die Ukraine, erst recht keinen “Angriffskrieg”, sondern es ist die NATO, die mit der Ukraine als Aufmarschgebiet einen Krieg gegen Russland führt.
    Ein Beispiel für eine solche Verwechslung ist das folgende Zitat der Genossin Fatima Saidi: “Nicht zuletzt ist mit dem Einmarsch der russischen Truppen ein Schritt hin zu deutlich mehr Konfrontation und Aggression getan, dessen Auswirkungen letztendlich potenziell schlimme Konsequenzen für die Arbeiterklasse der gesamten Welt haben können, wenn sich hier die russische Armee einer durch die NATO unterstützten Macht gegenüberstellt. “
    Hier klingt es so, als sei die verstärkte Konfrontation und Aggression auf Russlands Einmarsch zurückzuführen und nicht auf die NATO. Soll das bedeuten, dass man besser die Füße stillhalten sollte, anstatt sich von einer “durch die NATO unterstützen Macht gegenüberzustellen”? Sollte Russland einfach dabei zusehen, wie die NATO bis an ihre Grenzen vorrückt, die russische Bevölkerung im Donbass durch die Nazibataillone endgültig vertrieben oder massakriert ist, die Krim militärisch zurückerobert ist, die Schwarzmeerflotte konfisziert und damit der Zugang zum Asow‘schen Meer gekappt ist? Ist es nicht so, dass auch ohne russische Militäroperation die Kriegsgefahr ständig erhöht wurde- von Seiten der NATO? Diese Verwechslung ist insbesondere deshalb gefährlich, da genau diese das Hauptinstrument der NATO-Propaganda gegen Russland ist: Sie funktioniert so, dass sie die Ursache für die berechtigten Sorgen der Bevölkerung über steigende Kosten und Kriegsgefahr verdreht und die Sorgen entsprechend ihres imperialistischen Interesses emotional instrumentalisiert.
    Dies gilt auch für die emotionalisierten Moralpredigten sozialdemokratischer und grüner Kriegsideologen, die auf die steigenden Energie- und Benzinpreise sowie den zunehmenden Hunger in der Welt durch fehlende Weizenimporte aufmerksam machen. Es sind eben die Habecks und Baerbocks, die für die Preise in Deutschland verantwortlich sind und es sind die von der Leyens und Draghis, die Afrika mit EU-Subventionen für europäische Agrarexportprodukte überziehen.

An dieser Stelle muss auch die 12. These von Thanasis Spanidis kritisiert werden, die ebenfalls genau solch eine Verwechslung vornimmt. Er behauptet:

„Es handelt sich dabei um einen Übergriff auf einen souveränen Staat, um eine Aktion, die weit über alles hinausgeht, was als „defensiv“ bezeichnet werden könnte. Mit der Entscheidung, die Abschreckungsstreitkräfte inklusive sämtlicher nuklearer Streitkräfte in Alarmbereitschaft zu versetzen, hat die russische Regierung den Konflikt weiter eskaliert und auf eine gefährlichere Ebene gehoben. Diese Entscheidung diente dazu, eine massivere Unterstützung der ukrainischen Armee durch die NATO-Staaten zu blockieren und damit Hindernisse für die Invasion aus dem Weg zu räumen.”

Zunächst muss die “Souveränität” der Ukraine hier hinterfragt werden. Es ist offensichtlich, dass bzgl. des Begriffs der nationalen Souveränität und – Befreiung jetzt sehr großer Klärungsbedarf besteht. Dieses Thema muss unbedingt ein wichtiger Gegenstand der Klärung der Imperialismusfrage werden. Es ist aus meiner „nur“ empirischen Sicht auf die Dinge infrage zu stellen, inwiefern die Ukraine souverän ist. Der Blick in die Geschichte seit 2014 macht sehr deutlich, dass die Regierung und ihre Nachfolgeregierungen nicht nur eine “westlich orientierte” ist, sondern eine vor allem von den USA, z.T mit widerstreitenden Interessen zur EU, installierte Marionettenregierung ist. Das 2014 in einem Telefonat abgehörte „diplomatische Fauxpas“ der damaligen US-Europabeauftragen des US-Außenministeriums, Victoria Nuland zeigt, als Beispiel diesen Charakter: Sie bekundete ihren Unmut darüber, dass der EU-freundliche Vitali Klitschko in die neue ukrainische Regierung eintreten sollte und befürwortete „ihren“ Kandidaten Arsenij Jazenjuk mit dem Zitat „Fuck the EU“. Jazenjuk wurde dann auch Ministerpräsident der Übergangsregierung. Dass spätere ukrainische Regierungen nach der zur Macht geputschten Regierung 2014 demokratisch gewählt wurden, macht für diese Charakterisierung keinen Unterschied. Der ukrainische Staat und die politische Kultur wurde nach dem Putsch so systematisch und stark auf antirussische Politik umgestellt, dass es kaum Möglichkeiten für eine Organisierung von Opposition gegen diesen Kurs gab und gibt (dazu auch weiter unten).
Darüber hinaus wird behauptet, dass Russland mit dem Schritt seine Abschreckungsstreitkräfte in Alarmbereitschaft zu setzen den Konflikt weiter eskaliere und auf eine gefährlichere Ebene hebe. Die aktive Rolle wird hier Russland zugeschoben, was aber den offenkundigen Tatsachen widerspricht und entsprechend auch nicht mit konkreten Fakten argumentiert wird, sondern einfach behauptet. Der Genosse sollte diese These besser mit den konkreten Fakten begründen.
Auf Grundlage dieser Verwechslung findet dann folgerichtig diese sehr falsche Einschätzung statt:
“Weder der Krieg, noch der Schritt, die Abschreckungsstreitkräfte in Alarmbereitschaft zu versetzen, diente der Verteidigung Russlands gegen einen potenziellen Angriff auf sein Territorium. Zwar war und ist die Bedrohung Russlands durch die NATO real und ernst. Doch war ein Angriff der NATO-Streitkräfte auf russisches Territorium zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen und die propagandistische Behauptung Russlands, mit seinem Krieg unter dem Druck einer unmittelbaren existenziellen Bedrohung zu handeln, entspricht nicht den Tatsachen. “

und

“Das Dekret des ukrainischen Präsidenten Selenski vom 24.3.2021 zur „Ent-Besatzung und Reintegration“ der Krim in den ukrainischen Staat stellt eine Provokation Russlands und ein Beispiel nationalistischer Rhetorik dar, für einen tatsächlich geplanten Angriff der ukrainischen Armee fehlten jedoch alle Anzeichen und dem ukrainischen Militär auch die Fähigkeiten. Zudem kann es als sehr unwahrscheinlich betrachtet werden, dass die NATO sich an einem solchen Krieg gegen Russland beteiligt hätte “

Der tatsächlich geplante Angriff der Ukraine wurde vorbereitet und er hätte früher oder später stattgefunden. Belege dafür werden hier angeführt (https://kommunistische-organisation.de/diskussion-imperialismus/zur-kritik-am-joint-statement-und-zur-nato-aggression-gegen-russland/). Eine Darstellung, dies sei nur nationalistische Rhetorik (wofür?) gewesen, ist eine krasse Verharmlosung. Des Weiteren ist hier völlig unklar, warum der Genosse behauptet, dass die NATO sich an einem Krieg gegen Russland nicht beteiligen würde, bei allen Darlegungen der NATO-Politik gegen Russland, die er vorher getätigt hat. Wieso findet die Schlussfolgerung, dass die NATO de facto Krieg gegen Russland führt, nicht statt? Geht es darum, dass es nicht deutsche und US-Flugzeuge sind, die in einer direkten Konfrontation stehen? Ist es das, was er unter „Krieg“ versteht? Das wäre in Anbetracht der vielen tausenden Militärausbildungslager der NATO in der Ukraine und der massiven Waffenlieferungen eine starke Verharmlosung und tatsächlich ein Zurückfallen auf eine Betrachtung der Außenpolitik, vor der der Autor selbst warnt. Dies geschieht übrigens auch in These 10, in der sich Spanidis um eine Darstellung der russischen Beteiligung in Libyen und Kasachstan bemüht.
Darüber hinaus sollte der Genosse folgende Aussage unbedingt belegen und nicht einfach behaupten:

„Doch war ein Angriff der NATO-Streitkräfte auf russisches Territorium zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen und die propagandistische Behauptung Russlands, mit seinem Krieg unter dem Druck einer unmittelbaren existenziellen Bedrohung zu handeln, entspricht nicht den Tatsachen“ (These 13).

In These 12 wird behauptet, die Aktivierung der nuklearen Streitkräfte Russland habe dazu gedient, die Ukraine von einer weiteren Aufrüstung abzuhalten, um selbst in die Ukraine einzumarschieren. Abgesehen davon, dass dies nicht richtig ist- die Aktivierung der nuklearen Streitkräfte war eine Reaktion auf den Schritt der USA, atomwaffenfähige Kampfjets einzusetzen- streitet er hier gar nicht ab, dass es eine massive Aufrüstung der Ukraine gab. Die Aufrüstung fand trotz dieser von ihm behaupteten Abschreckungsmaßnahme weiter statt. Die Militäroperation anschließend ebenfalls. Es findet hier also eine Verdrehung der Tatsachen statt, damit am Ende das Ergebnis, die Militäroperation könne gar kein defensiver Akt gewesen sein, rauskommen soll. Die von ihm geschilderten Tatsachen belegen viel mehr Folgendes: Es waren die Aufrüstung der ukrainischen Armee und die Aufstellung dieser Armee für einen Angriff auf die Volksrepubliken und die Krim (und damit ein Angriff auf das Territorium der Russischen Föderation), die einer der Auslöser für diesen defensiven Präventivschlag waren.

  1. Die Absetzung der ukrainischen Regierung und Entmilitarisierung des Landes ist in der Tat das Ziel der russischen Intervention. Dieses Ziel fällt in dieser konkreten Situation mit dem Interesse der ukrainischen und russischen Arbeiterklasse zusammen.

Grund für den unbedingten Willen, den Faschismus in der Ukraine zu beseitigen ist nicht ein wesentlich friedliebender oder antifaschistischer gesellschaftlicher Charakter Russlands. Dies ist ein polemischer und interessierter Vorwurf gegen Vertreter dieser Position, der keine Grundlage hat. Es entspricht den faktischen Sicherheitsinteressen Russlands, da die ukrainische Regierung und ihre praktische Politik faktisch seine Existenz gefährdet. Es fällt jetzt in dieser konkreten Situation zusammen mit dem Interesse der ukrainischen und russischen Arbeiterklasse nach staatlicher Souveränität und der Absetzung einer arbeiter- und kommunistentötenden Regierung, die einerseits Russland bedroht und andererseits die Ukraine zu einer von den USA kontrollierten Aufmarschgebiet macht- mit allen Gefahren, die dies für die Bevölkerung mit sich bringt.
Weiterhin belegt die Art und Weise, wie Russland diese Militäroperation vollzieht, ihre Zielstellung. Die Militäroperation wird sehr präzise und unter höchster Rücksichtnahme auf die Zivilbevölkerung durchgeführt. Zivile Tote werden vor allem durch Aktionen des ukrainischen Militärs und/oder Nazibataillonen provoziert, um sie anschließend öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen. Mit Präzisions- und Luftschlägen wird lt. Russischen Verteidigungsministerium, aber nach Berichten westlicher Medien vor allem militärische Infrastruktur und NATO-Ausbildungs- und Waffenlager zerstört.
Entsprechend sind Argumentationen schädlich, die behaupten, Russland könne gar nicht antifaschistisch agieren, da es ein kapitalistisches Land ist. Diese Behauptung gründet auf dem logischen Zirkelschluss, dass kapitalistische Staaten nicht konkret das Interesse an einem Kampf gegen den Faschismus haben, weil der Kapitalismus ja die Wurzel für den Faschismus sei. Es sei hier daran erinnert, dass es auch französische, britische und amerikanische Truppen waren, die Deutschland von Hitler befreit haben und Kommunisten im Exil auch für diese Staaten gearbeitet haben.

  1. Die Arbeiterbewegung in der Ukraine ist massiv repressiert und desorganisiert. Entsprechend ist die allgemeine Losung des Kampfes gegen “den Imperialismus” nicht nur eine zu unklare, sondern auch in der praktischen Konsequenz schädliche Losung.

Eine solche allgemeine Losung, deren “Qualität” ausschließlich wieder im Zirkelschluss besteht, dass der Imperialismus gegen die Arbeiter ist und die Arbeiter deshalb gegen den Imperialismus sein müssen, mangelt an einer konkreten Einschätzung der Lage. Dies ist kein akademisches Problem, sondern entscheidet über Leben und Tod. Würde die ukrainische und russische Arbeiterklasse dieser Losung, dem Kampf gegen den “russischen Imperialismus” folgen, so müsste sie tatsächlich gegen das russische (und ukrainische) Militär kämpfen. Sie würde sich damit notwendig zum Gehilfen der ukrainischen Militärs machen. Sie würde unter der falschen Flagge des Antiimperialismus praktisch eine Regierung unterstützen, die sie selbst massakriert und unterdrückt und entsprechend einen sinnlosen Tod sterben.
Die Charakterisierung der Militäroperation als eine Aktion des „russischen Imperialismus“, wie es zuletzt bspw. im Joint Statement eingeschätzt wurde, ist nicht den Tatsachen entsprechend und hat eine desorientierende Wirkung auf die Arbeiterklasse und die weitere Betrachtung des Themas. Zuletzt wurde das Narrativ des sogenannten „Massakers von Bucha“, von dem es bezüglich der Täter große Unklarheiten gibt, noch nicht einmal kritisch hinterfragt, sondern einfach verurteilt und lässt entsprechend mindestens Interpretationsspielraum offen.

  1. Ganz im Gegenteil sollten die Absetzung der Regierung, Entmilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine als Ziele der russischen Intervention daher von der IKB nicht abgelehnt werden. Eine solche Ablehnung birgt Gefahr, die Arbeiterklasse unter dem falschen Deckmantel des Antiimperialismus auf den Standpunkt des NATO-Imperialismus zu stellen. Die russische Arbeiterklasse in dieser konkreten Situation der existenziellen Gefährdung Russlands auf den revolutionären Umsturz der Regierung zu orientieren, ist ebenfalls ein gefährliches Unterfangen.

Sehr deutlich wird dieses Problem an der Teilnahme ukrainischer Anarchisten an den Kämpfen gegen Russland. Ohne eine Einschätzung der Lage vornehmen zu können, wird begriffsleer zum Kampf gegen Russland aufgerufen. Notwendig müssen sich die Anarchisten deshalb auf die Seite des ukrainischen Militärs schlagen und deshalb gemeinsame Sache mit diesen Nazibataillonen machen.

  1. Das Einspannen der Arbeiterklasse vor einen imperialistischen Akteur ist in der Tat eine Gefahr. Vor allem, wenn man die Aggression und Kriegspolitik der einen nationalen Bourgeoisie falsch einordnet.

Dies bezieht sich konkret auf die Diskussionen in der KO und ihre Bedeutung. So argumentiert Spanidis in seiner 7. These auf dieser Diskussionstribüne: „Die eskalierenden Spannungen bergen für die Arbeiterklasse eine riesige Gefahr, dass sie sich für die Pläne des einen oder anderen imperialistischen Pols einspannen lässt“ und meint damit Gefahren, die sich aus einer anderen als seiner Bewertung Russlands ergeben. Konkret ist damit gemeint, die Arbeiterklasse nicht politisch auf den „imperialistischen Akteur“ Russland zu orientieren, weil man ihn für „objektiv antiimperialistisch“ hält.
Die andere Seite ist jedoch die, dass die Arbeiterklasse sich vor den Karren des eigenen Imperialismus spannen lässt, da sie die Aggression und Kriegspolitik der eigenen nationalen Bourgoeisie falsch einordnet, relativiert, für unrealistisch und harmlos einschätzt oder mit der Politik des anderen imperialistischen Akteurs (hier Russland) gleichsetzt. Das ist es, was gerade tatsächlich stattfindet, bspw. in der Friedensbewegung und im DGB, mit der katastrophalen Folge, dass sich beide auf die Seite des NATO-Imperialismus stellt. Die hier zitierte große Gefahr, die Arbeiterklasse würde sich hinter Russland stellen, steht in keinem Verhältnis zu diesen konkret stattfindenden Desorientierungen. Die Kommunisten tragen ihren Teil dazu bei, wenn sie keine klare Einschätzung von der Situation haben.

Schluss

Es zeigt sich, dass eine Klärung dessen, was wir unter Imperialismus verstehen, notwendig ist. In dieser Krisensituation wird deutlich, wie schwach unser kollektiver Diskussionsstand in Form der Programmatischen Thesen ist: Es leiten sich in der Einschätzung der konkreten Situation diametral unterschiedliche Standpunkte ab. Wollen wir unseren Anspruch der Formierung einer Kommunistischen Partei, die in der Lage ist, die Arbeiterklasse in ihrem Kampf gegen den Krieg anzuführen, gerecht werden, so brauchen wir diese Klarheit.
Besonders in Spanidis Beitrag wird deutlich, dass die konkrete Einschätzung Russlands von einer in den ersten Thesen dargelegten Imperialismustheorie ausgeht. In diesen konkreten Einschätzungen finden sich einige Widersprüchlichkeiten, auf die ich versucht habe einzugehen. Möglicherweise liegen diesen Widersprüchlichkeiten auch Widersprüchlichkeiten in der zugrunde liegenden Imperialismustheorie zugrunde.
Deshalb werden wir die Klärung der Imperialismusfrage in unserer Organisation so angehen müssen, unterschiedliche Imperialismustheorien aus der IKB auch auf ihre Tauglichkeit für die Analyse der konkreten Vorkommnisse im hier und jetzt prüfen. Sind Lenins fünf Kriterien so auf heute anwendbar oder hat sich der Imperialismus zu Lenins Zeiten nicht etwa so bedeutend verändert, dass diese kritisch überprüft werden müssen. Können mit Dependenztheorien die Abhängigkeiten der Länder wirklich richtig beschrieben und erklärt werden? Sind USA nur die Spitze der von Aleka Papariga begründeten imperialistischen Pyramide oder SIND sie die Pyramide mit ihrer immer noch weltweit deutlichen militärischen Überlegenheit und und Währung? Was bedeutet dies für die Eigenständigkeit anderer imperialistischer Staaten und welche konkrete Bedeutung haben diese Beziehungen für die internationale Arbeiterklasse?
Diese Klärung ist kein akademisches Problem. Sondern sie entscheidet im Klassenkampf über die richtige oder falsche Orientierunug der Arbeiterklasse und damit über Leben und Tod.


1So stiegt das russische Bruttoinlandsprodukt seit 1999 jährlich zwischen 5 und 10% zu, 2007 war der nach der Konterrevolution erlittene Produktionseinbruch wieder ausgeglichen. Darüber hinaus konstatieren die meisten (russischen) Sozialforscher für Russland einen deutlichen sinkenden Gini-Koeffizienten und damit eine sinkende Ungleichverteilung der Einkommen seit 2000 (https://www.laender-analysen.de/russland-analysen/390/ungleichverteilung-der-einkommen-in-russland/, letzter Aufruf 8.4.22). Außerdem konstatiert CEICdata eine Steigerung des monatlichen Durchschnittseinkommens in Russland seit dem Tiefpunkt 1999 von unter 50 USD/Monat bis zu 1205 USD/Monat im Jahre 2013. (https://www.ceicdata.com/de/indicator/russia/monthly-earnings), letzter Aufurf 8.4.22
2Auf die Geschichte der Unterstützung ukrainischer Faschisten und Nationalisten vom 1., bis zum 2. Weltkrieg bis 2014 geht Reinhard Lauterbach in seinem Buch “Bürgerkrieg in der Ukraine” (edition berolina) sehr ausführlich ein

Aktuelles

Gegen den Frieden der Unterdrücker!

Eine Friedens- bzw. Anti-Kriegs-Bewegung, welche die aggressive Rolle der NATO, oder der Besatzungsmacht Israel nicht erkennt und das Narrativ der Kriegstreiber bedient, wird damit in letzter Konsequenz eine Pro-Kriegs-Bewegung. Sie verurteilt die Gewalt der Unterdrückten so wie es die Unterdrücker tun.

Bericht zum 5. Mitgliederkongress der Kommunistischen Organisation

Der 5. Mitgliederkongress der KO hat stattgefunden. Erfahrungen aus unserer Spaltung und der akti-ven Beteiligung in Kämpfen gegen den Krieg der NATO und den Völkermord in Palästina geben nachdrücklich Aufgaben für uns selbst und die Bewegung auf. Sie erfordern praktische Konsequen-zen. Ein zentraler Beschluss: Die Organisierung eines umfassenden und öffentlichen Studienganges zur Geschichte des Kommunismus.