English
русский
عربي

Ohne Kommunistische Partei keine klassenkämpferischen Gewerkschaften

Stellungnahme zum 1. Mai 2021

Über die Notwendigkeit und den Weg zur Überwindung der Krise der Arbeiterbewegung 

Ohne Kommunistische Partei ist der Kampf der Arbeiterklasse ziellos und wird auch im Kleinen immer wieder verloren gehen. 

Wir brauchen keine Utopien, sondern einen konkreten Weg zur Macht der Arbeiterklasse. Wer keine klare Perspektive auf den Sozialismus hat, muss sich auf Reformforderungen beschränken oder mit radikalen Phrasen in die Irre führen. 

Wer den Kampf in den DGB-Gewerkschaften ablehnt, serviert der Arbeiterklasse Illusionen. Wer sich an den Opportunismus der Gewerkschaftsführung anpasst, kann den Kampf nicht führen. 

Die aktuelle Entwicklung zeigt: Die Gewerkschaften sind nicht die Kampforganisationen, die die Arbeiterklasse braucht. Die sozialdemokratische Führung hat die Konkurrenzfähigkeit des Kapitals im Blick und setzt die Spaltung der Klasse fort. 

In der Corona-Pandemie, die besonders die Arbeiterklasse trifft, trägt die Gewerkschaftsführung den Kurs der Regierung mit und überlässt es weitgehend den Betriebsräten, für Maßnahmen zu sorgen. Der Schutz vor Infektionen wird dem Ziel untergeordnet, das Geschäft am Laufen zu halten. Die Strategie der „kontrollierten Durchseuchung“ wird akzeptiert. Scheinzugeständnisse wie das „Recht auf Home-Office“ und die Verpflichtung der Unternehmen, den Arbeitern Tests anzubieten, deren Umsetzung nicht kontrolliert wird, sollen beruhigen. 

Durch die Wirtschaftskrise steigt die Arbeitslosigkeit, die Löhne vor allem der einfachen Arbeiter sinken und größere Teile der Arbeiterklasse sind von Armut und Existenzunsicherheit betroffen. Mit der Umstrukturierung zentraler Bereiche der Industrie werden hunderttausende Arbeitsplätze bedroht und das Kapital wird die Ausbeutung der Arbeitskraft durch Rationalisierung verschärfen.  

Wie reagiert die Gewerkschaftsführung darauf? Durch lange Tarifabschlüsse mit sehr niedrigen oder keinen Lohnsteigerungen wird Ruhe an der Front der ökonomischen Auseinandersetzungen geschaffen. Der Tarifabschluss der IG Metall für die wichtigsten Branchen des deutschen Kapitals stellt einen weiteren Vorstoß zur Zerstückelung und Flexibilisierung dar. Damit wird die Kampfkraft der Arbeiterklasse weiter geschwächt und gespalten, sie wird noch direkter den Interessen der einzelnen Betriebe untergeordnet. Die „Transformation“, die zu erheblichen Verwerfungen führen kann, soll durch die von den Arbeitern selbst bezahlte Arbeitszeitverkürzung „gestaltet“ werden. 

Dominanz der Sozialdemokratie 

Die politische Dominanz der Sozialdemokratie in den Gewerkschaften gründet sich darauf, dass Teile der Arbeiterklasse mit relativ besseren Bedingungen rechnen können. Sie sind die objektive Voraussetzung für den Opportunismus in der Arbeiterbewegung. In der Geschichte hat sich gezeigt, dass die Imperialisten aufgrund ihrer ökonomischen Stärke und ihrer Stellung in der innerimperialistischen Konkurrenz einen Teil der Arbeiterklasse mit Geld aus ihren Extraprofiten bestechen können. Dieser Teil der Arbeiterklasse – die Arbeiteraristokratie – wirkt objektiv als Agent der herrschenden Kapitalistenklasse in den Reihen des Proletariats. Ihre politische Organisationsform ist die Sozialdemokratie, und in den Gewerkschaften und den Betriebs- und Personalräten sitzt sie oft an den zentralen Schaltstellen. 

Das Problem besteht nicht nur in den Führungen, die einfach etwas durchsetzen. Das Bewusstsein weiter Teile der Basis ist davon geprägt, dass die eine oder andere Form der Klassenzusammenarbeit richtig sei und die Spaltung der Klasse hingenommen wird. 

Zugleich sind einige Teile der besser gestellten Schicht der Arbeiterklasse selbst unter Druck und durch die Entwertung ihrer Arbeitskraft vom Abstieg gefährdet. Die Versprechen der Sozialdemokratie auf eine Verbesserung der Lage wirken weniger. Die herrschende Klasse versucht, durch Verhetzung und Verbreitung chauvinistischer Ideologie die Arbeiter an sich zu binden.  

Spaltung der Klasse 

Die Gewerkschaftsführungen befördern die Spaltung durch die Isolierung und Neutralisierung der Teile der Klasse, die von stagnierenden Löhnen, Rationalisierung, Verarmung und Niedriglohn betroffen sind. Diese Teile der Klasse sind aber meistens nicht organisiert, vor allem auch nicht politisch. So kann die Arbeiteraristokratie ihren Einfluss ungehindert, ohne Gegenwehr, ausüben. Das heißt nicht, dass es in den DGB-Gewerkschaften keinerlei Organisierung der betroffenen Arbeiter gibt und alle Gliederungen gleichermaßen diesen Kurs tragen. Allerdings wird jede Regung von Arbeitern, die gegen die sozialpartnerschaftliche Politik eine Politik der Konfrontation mit dem Kapital einfordern, im Keim erstickt, desorganisiert oder in ungefährliche Bahnen gelenkt. Diese Regungen zeigen die Bereitschaft zum Kampf, offenbaren aber auch den fast gänzlichen Mangel an strategischen und taktischen Überlegungen im Kampf mit dem Kapital und seinen Agenten in der Arbeiterklasse. 

Wie und wozu organisieren? 

Die Frage, welche Teile der Arbeiterklasse organisiert sind und welche Teile in ihnen das Sagen haben, ist keine beliebige – es ist eine zentrale politische Frage für den Kampf in den Gewerkschaften. In den Gewerkschaften politisch für eine klassenkämpferische Orientierung wirken zu wollen, ohne diese Frage auch nur im mindesten beantworten zu können, mündet entweder im Einrichten im gewerkschaftlichen Apparat in der Rolle des „linken Kritikers“ oder in Aktionismus und Kampagnenpolitik. 

Die DGB-Gewerkschaften 

Eine der zentralen Fragen ist das Verhältnis zu den DGB-Gewerkschaften als aktuell größte Organisationen der Arbeiterklasse. Scheinradikale Parolen gegen die DGB-Gewerkschaften mögen zwar vielleicht dem berechtigten Zorn einiger Arbeiter entsprechen, aber sie lenken ihn ins Nichts. Illusionen in den Aufbau von unabhängigen Arbeiterzirkeln oder „freien Gewerkschaften“ umgehen die politisch gestellte Frage. Sie ignorieren, dass die DGB-Gewerkschaften Organisationen der Arbeiterklasse sind, die sie im harten Kampf aufgebaut hat, und in denen um die politische Orientierung gerungen werden muss.  

Die kämpferischen Teile der Arbeiterklasse in den Gewerkschaften erkennen die politisch verräterische Rolle der Führung und zugleich die Notwendigkeit, sich in möglichst großen und einheitlichen Organisationen zusammenzuschließen. Ihr politisches Problem, wie der Kampf in den Gewerkschaften organisiert werden kann, wird missachtet, wenn man auf den Austritt aus den DGB-Gewerkschaften und den Aufbau kleiner Zirkel setzt. 

Zugleich sind Illusionen in die DGB-Gewerkschaften ein Hindernis für das Führen der Kämpfe. Sie übersehen, dass große Teile der Klasse nicht organisiert sind und dass die DGB-Gewerkschaften keine Einheitsgewerkschaften, sondern de facto sozialdemokratische Richtungsgewerkschaften sind. Es ist richtig und notwendig, eine möglichst einheitliche Organisierung der Arbeiter anzustreben und in diesem Sinne das Prinzip der Einheitsgewerkschaft zu verteidigen. In konkreten Auseinandersetzungen zeigt sich aber, dass eine Antwort auf den Opportunismus gefunden werden muss, um zu verhindern, dass weitere Teile von den Gewerkschaften abgestoßen werden.  

Gewerkschaftlicher Kampf und Sozialismus 

Das Verhältnis zu den DGB-Gewerkschaften und überhaupt zur Organisierung der Massen ist vom politischen Ziel nicht zu trennen. Das Ziel der Sozialdemokratie ist der Klassenkompromiss. Um diesen herzustellen, muss sie den gewerkschaftlichen Kampf auf die Ebene der Tagesforderungen und Reformen beschränken und durch Scheinzugeständnisse am Leben erhalten. Ein direktes oder indirektes Bündnis mit den politischen Kräften der Sozialdemokratie – SPD und Linkspartei – anzustreben, hindert daran, den Kampf gegen sie in den Gewerkschaften führen zu können. Damit wird man die Dominanz bestimmter Teile der Klasse und die eigene Isolation von der Arbeiterklasse nicht überwinden können.   

Die Frage beantworten, wohin der Kampf führen muss 

Wenn der gewerkschaftliche Kampf nicht vom politischen Kampf, also vom Klassenkampf, abgetrennt werden kann, dann kann er auch nicht von der revolutionären Strategie des Kampfes abgetrennt werden. Er kann nicht vom Ziel des Klassenkampfes, dem Sozialismus, abgetrennt werden, ohne dass die Arbeiterklasse gespalten, niedergehalten, irregeführt wird oder im schlimmsten Falle harte Niederlagen erleiden muss. Der Klassenkampf wiederum kann nicht vom Inhalt des Zieles isoliert werden. Für die heutigen Kämpfe ist es zentral zu verstehen, wohin die Kämpfe steuern müssen: Wie soll die Revolution vor sich gehen? Was heißt Sozialismus? Das sind wichtige strategische Fragen für die Führung der Kämpfe hier und heute. Wer sie in die weite Ferne schiebt, wer sie falsch beantwortet oder der Arbeiterklasse vorenthält, wird letztlich die Klasse nicht auf ihre Aufgaben vorbereiten. 

Wenn der Sozialismus in eine utopische Vorstellung verwandelt wird, die erst nach einer Weltrevolution stattfinden kann und in scharfem Kontrast zum real existierenden Sozialismus der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Staaten dargestellt wird, dann wird die Arbeiterklasse zum Verharren im Kapitalismus gezwungen, weil sie ein praktisch unerreichbares Ziel anstrebt. Die Verteufelung und Bekämpfung des real existierenden Sozialismus entweder als „Sozialimperialismus“ oder als „stalinistische Bürokratendiktatur“ ist nicht nur falsch und unwissenschaftlich, sondern sie verwehrt der Arbeiterklasse den Zugang zur Erkenntnis ihrer eigenen Geschichte, sowohl was die Erfolge als auch was die Niederlagen anbetrifft und verhindert damit den Weg zu einer konkreten Strategie zum Sozialismus und fabuliert nur vom „wahren Sozialismus“.  

Eine Verschiebung der Antwort ist es, wenn der Sozialismus erst nach einer undefinierten Übergangsetappe in Form einer „echten Demokratie“ erreicht werden soll und damit die Machtfrage ungenau bleibt. Oder wenn der Sozialismus als eine andere Variante der Marktwirtschaft vermittelt und die zentrale Planwirtschaft als unmöglich erklärt wird. Dann muss die Arbeiterklasse in den grundsätzlichen Widersprüchen des Kapitalismus gefangen bleiben und wird sich nicht von reformistischen Ideen eines „gesteuerten“ oder demokratisierten Kapitalismus befreien können. 

Die Rolle der Kommunistischen Partei 

Der ökonomische Kampf ist nicht vom politischen zu trennen und man kann sie auch nicht „nacheinander“ führen. Wer die Arbeiterklasse auf den ökonomischen Kampf reduzieren will, überlässt sie der politischen Führung durch die bürgerliche Klasse und führt auch die „kleinen Kämpfe“ kurz- oder mittelfristig in die Niederlage. 

Ohne Kommunistische Partei, die den Kampf auf Grundlage des wissenschaftlichen Sozialismus anführt, kann die Arbeiterklasse das Niveau der Einzelkämpfe nicht überwinden und die Gewerkschaften nicht zu Kampforganisationen formen. Diejenigen, die die Gewerkschaften klassenkämpferischer wollen, müssen sich politisch organisieren und den Arbeitern auch sagen können, wie sie sich organisieren sollen. Das Ziel und die Art der Organisation ist dabei nicht beliebig. 

Wenn die Organisierung des bewusstesten Teils des Proletariats in der Kommunistischen Partei und ihre zentrale, führende Rolle abgelehnt werden, dann wird die Arbeiterklasse gezwungen, auf der Ebene der Tageskämpfe zu bleiben und politisch der Bourgeoisie ausgeliefert zu bleiben. Wenn die bewusstesten Arbeiter als „radikaler“ Teil in sozialdemokratischen Parteien agieren sollen, werden sie nur deren Anhängsel bleiben und keine eigenständige politische Kraft werden. Wenn sie sich als lose Gruppen auf spontaner Ebene organisieren sollen, werden sie zersplittert und ohne Kopf der geballten Macht der herrschenden Klasse gegenüberstehen. Wenn die Erkenntnisse der Arbeiterbewegung über ihre notwendige Organisationsform im Imperialismus – die Partei neuen Typs – abgelehnt werden, kann die Organisation, auch wenn sie sich Partei nennt, nicht den Zweck der Kampforganisation erfüllen. 

Die Orientierung auf die „Selbstbewegung“ der Arbeiter als Argument gegen die „Bevormundung“ durch die Partei überlässt die Arbeiter – im Namen der Arbeiter – ohne politische Führung der Herrschaft des Kapitals. Unter Losungen des „Anti-Autoritarismus“ liefert diese Vorstellung die Arbeiterklasse der Autorität der Bourgeoisie aus und entfremdet sie von ihrer politisch notwendigen Organisation. 

Es gibt zahlreiche Kämpfe der Arbeiterklasse in Deutschland, die aufzeigen, dass es Potential für eine klassenkämpferische Ausrichtung der Gewerkschaften gibt. Um dieses Potential auszuschöpfen und zu entfalten, ist die Kommunistische Partei notwendig. Diesen Anspruch erfüllt im Moment keine Organisation. Deshalb ist die Frage der Organisierung der Kommunisten die aktuell wichtigste der Arbeiterbewegung – sie muss praktisch beantwortet werden. 

Wir haben einen Klärungs- und Aufbauprozess eingeleitet, um die Kommunistische Partei in Deutschland zu formieren. Um die nächsten konkreten Schritte auf dem Weg zur Partei zu bestimmen und sie ins Verhältnis sowohl zu uns als auch zur kommunistischen und Arbeiterbewegung zu setzen, werden wir demnächst Thesen zu unserem Selbstverständnis veröffentlichen. Diese wollen wir öffentlich diskutieren und damit die Auseinandersetzung um die Frage der politischen Organisation schärfen. 

Aktuelles

Podcast #45 – On the 20th Anniversary of the CPGB-ML and the Current Situation in Britain

We talked with Ella Rule, chair of the Communist Party of Great Britain (Marxist - Leninist), about the current political situation in Britain after the general election, the party’s work in the Palestine movement, and the repression against them. Additionally, we learned about the party’s development, their origins, challenges, and achievements.

Schönfärberei des Imperialismus: Die westliche „Linke“ und Venezuela

Wir spiegeln einen Debattenbeitrag von Lukas Koerner und Ricardo Vaz, der sich mit einer "linken" Kritik an der Maduro-Regierung im Kontext der jüngsten Wahlen in Venezuela beschäftigt, die uns auch in Deutschland begegnet: "Jedes Mal, wenn die Bolivarische Revolution in Venezuela erneut mit Bedrohungen ihres Überlebens konfrontiert ist, ist eine Schicht von in den USA ansässigen Intellektuellen immer bereit, "linke" Kritik zu üben, die die permanente imperialistische Belagerung des Landes absichtlich verschleiert."