Wir haben am 18. November 2023 als Gast an der Konferenz der World Anti-imperialist Platform in Athen teilgenommen.
Dabei hatten wir die Gelegenheit mit verschiedenen kommunistischen Parteien und Organisationen aus aller Welt ins Gespräch zu kommen. Wir unterstützen die scharfe Position gegen die NATO und die klare Solidarität für den palästinensischen Widerstand, die von der Konferenz ausgingen. Wir begrüßen den Impuls der Platform (WAP) zur vertieften Diskussion und Analyse, der vor dem Hintergrund der Fragmentierung und Unklarheiten innerhalb der internationalen Kommunistischen Bewegung umso nötiger wird.
In unserem Redebeitrag zur Konferenz machten wir auch deutlich, dass wir denken, dass es unbedingt die Offenheit zur Debatte und Auseinandersetzung mit den Parteien des Solidnet braucht, und dass die Kritik an Positionen wie der imperialistischen Pyramide umfassend und genau geführt werden muss, damit sich die Kommunistische Bewegung als Ganzes weiterentwickeln kann.
Wir wollen uns auch in Zukunft in die Diskussionen und politischen Auseinandersetzung der Platform einbringen von den Analysen lernen und darüber streiten wie die kommunistische Weltbewegung sich im Kontext der imperialistischen Aggression aufstellen und stärken kann. Wir dokumentieren im Folgenden den Redebeitrag, den wir auf der Konferenz gehalten haben, der auf Englisch auch auf der Website der Platform gelesen werden kann.1https://wap21.org/?p=4660 Der Bericht zur Konferenz und alle weiteren Redebeiträge finden sich ebenfalls auf der Homepage der Platform.2https://wapnews.org/?p=3713
Redebeitrag der Kommunistischen Organisation auf der Konferenz der World Anti-imperialist Platform in Athen (18.11.2023)
Liebe Genossen,
die Kommunistische Organisation freut sich sehr zum ersten Mal an einer Konferenz der Platform als Gast teilnehmen zu können. Wir wollen in unserem kurzen Redebeitrag Überlegungen aus der Perspektive unserer eigenen Entwicklungsgeschichte über die Entwicklungen der internationalen kommunistischen Bewegung zur Diskussion stellen und freuen uns darüber uns mit euch dazu intensiver austauschen zu können.
Gegründet wurde unsere kleine und junge Organisation 2018 mit dem Ziel einen kommunistischen Klärungsprozess anzustoßen und zu organisieren. Was meinen wir damit? Wir hatten erkannt, dass die kommunistische Bewegung in Deutschland und im Kern auch weltweit, trotz einiger großer und einflussreicher Parteien, in einer tiefen Krise steckt. Die Erscheinungen dieser Krise, sind bis heute offensichtlich: Die kommunistische Bewegung ist zersplittert, vielfach isoliert von der Arbeiterklasse, das Wissen über die weltweite Geschichte der Arbeiterbewegung und die Kenntnisse des wissenschaftlichen Kommunismus liegen verschüttet. Weder ein umfassendes Verständnis der Niederlage des Sozialismus noch eine revolutionäre Strategie für die Klassenkämpfe unserer Zeit konnten wir in der kommunistischen Bewegung in Deutschland und international ausmachen. Auch wir selbst waren dazu nicht in der Lage.
Als zentrale Ursache der Krise verstehen wir den Revisionismus, d.h. den Einfluss und das Eindringen bürgerlicher Ideologie in die Weltanschauung der Arbeiterklasse. Auf dieser Grundlage konnten Theorien und Strategien erwachsen, die die Arbeiterbewegung als Ganzes von einer revolutionären Linie im epochenmäßigen Kampf gegen den Kapitalismus abgebracht haben. Den Einfluss des modernen Revisionismus, der Anti-Stalinismus, die Auflösung und das Abrücken von Positionen der zentralen Planwirtschaft, der Partei neuen Typs, der Diktatur des Proletariats, den Einfluss des Eurokommunismus und weiterem mehr, konnten wir nicht zuletzt in der deutschen kommunistischen Bewegung vielfach erkennen.
Zu Beginn waren wir insbesondere interessiert an der KKE, der Kommunistischen Partei Griechenlands. Wir erkannten in ihrem Bemühen nach 1990 das Treffen der Kommunistischen und Arbeiterparteien wieder zu gründen, den Analysen zur Niederlage des Realsozialismus, dem Kampf gegen die Einflüsse des Eurokommunismus, dem Aufbau der Europäischen Initiative der Kommunistischen Parteien und der Kommunistischen Rundschau viele der Elemente, die wir mit dem Vorhaben eines Kommunistischen Klärungsprozesses verbunden hatten. Nicht zuletzt blickten wir interessiert auf die praktischen Erfolge der KKE, im Aufbau der PAME und ihrer anhaltenden, historisch gewachsenen Verankerung im griechischen Volk.
Aus unserer Sicht war die Initiative zur Debatte, zur scharfen, aber offenen Auseinandersetzung innerhalb der weltweiten Bewegung genau richtig und die einzige Möglichkeit die Grundlage der Krise der Bewegung zu identifizieren und zu bekämpfen. Umso tragischer, dass diese Tendenz abgebrochen wurde.
Schon längst vor dem Beginn der Speziellen Militäroperation Russlands im Februar 2022, war wohl mit das zentralste Anliegen der KKE innerhalb der internationalen kommunistischen Bewegung die Position durchzusetzen, dass China nicht sozialistisch sei und sich um China und Russland ein aufstrebender imperialistischer Pol organisieren würde. Die offene Debatte ist zunehmend einer Abgrenzung und Sammlung um einen vermeintlich „revolutionären Pol“ und der Diffamierung dem großen Teil der Kommunistischen Parteien als „revisionistisch“ gewichen.
Mit dem Beginn der Speziellen Militäroperation wurde die schädliche Wirkung der Vorstellung der „imperialistischen Pyramide“ und die Position der KKE, dass sich die Kommunisten hinter einem „neuen, aufstrebenden imperialistischen Pol“ sammeln würden, anstatt eigenständig die sozialistische Revolution auf die Tagesordnung zu setzen in seiner gefährlichen Tragweite erkennbar. Diese Linie der angeblichen Äquidistanz führt zur Desorientierung und erschwert einen konsequenten politischen Kampf gegen die NATO, auch wenn die Aktionen der KKE und PAME gegen die Waffenlieferungen und NATO-Stützpunkte dabei nicht übersehen werden dürfen und wichtige Beiträge bleiben. Ihre Analysen über die Rolle Chinas und Russlands sind einseitig, verzerrt und irreführend. Indem sie diese Länder de facto mit dem Imperialismus gleichstellen, entlasten sie nicht nur den Westen, sondern stellen ein gefährlich falsches Bild insbesondere über China und seinen Charakter her. Das Verständnis vom Imperialismus als Ganzes wurde dadurch entkernt, dass man behauptete, es gebe keine qualitativen Unterschiede zwischen den Ländern mehr, in denen monopolkapitalistische Verhältnisse herrschten. Es gäbe keine unterdrückenden und keine unterdrückten Länder, sondern nur einen Mengenunterschied im Anteil der global organisieren Ausbeutung, ein Rückfall in den Kapitalismus der freien Konkurrenz bedeutet. Das wesentliche aus der Imperialismustheorie wurde von ihnen gestrichen.
In unserer Organisation haben diese Ereignisse zu scharfen Auseinandersetzungen und schließlich zu einer Spaltung geführt, wobei ein Teil der Organisation sich den vermeintlich revolutionären und radikalen Losungen und Linien der KKE anschloss. Im Rahmen dieser Spaltung haben wir nicht nur die Falschheit und schädliche Wirkung der Imperialismusvorstellung der KKE und anderer Parteien erkannt, sondern insbesondere erkannt, dass die Sammlung um einen vermeintlich revolutionären Pol, die guten und richtigen Impulse der KKE in eine spalterische Tendenz für die internationale Bewegung auflöst. Anstatt die notwendige und interessante Auseinandersetzung zwischen KKE und RKAP über die Frage des „exportierten Faschismus“ sachlich und kontrovers in der Öffentlichkeit der Bewegung auszutragen, wurde sie beendet. Anstatt das Internationale Treffen der Kommunistischen und Arbeiterparteien zum Austausch und zur scharfen Diskussion zu nutzen, um die Bewegung als Ganzes zu entwickeln, wurde versucht die Parteien mit Statements zu polarisieren. Die Europäische Initiative der Kommunistischen und Arbeiterparteien wurde kurzerhand einseitig und ohne Absprache von der KKE für aufgelöst erklärt. Wir sehen hier eine Entwicklung, in der die KKE, die ursprünglich mit dem Aufbau von solidnet den Austausch und Diskussion innerhalb der Kommunistischen Bewegung führend vorangetrieben hat, mittlerweile den Austausch und Entwicklung auf weltweiter Ebene behindert. Wir fragen uns, wie es zu diesem Kurswechsel in der KKE kommen konnte. Sie formuliert einen ideologischen und politischen Führungsanspruch, den sie nicht in der Lage ist, einzulösen.
Wir wollen hingegen betonen, dass wir die gemeinsame Diskussion mit allen Teilen der Kommunistischen Bewegung anstreben und insbesondere auch mit Parteien wie der KKE. Wir brauchen die offene und kontroverse Diskussion zur Entwicklung und Klärung. Scharfe Kritik und bohrende Fragen sind notwendig, aber sie müssen und sollten gegenwärtig nicht zur Beendigung von Gesprächen und der möglichen Arbeit auf Grundlage gemeinsamer Positionen führen. Wir müssen die Probleme und Widersprüche innerhalb der kommunistischen Weltbewegung umfassend erkennen und dürfen auch an uns selbst vor diesen Mängeln nicht die Augen verschließen. Schädliche und falsche politische Positionen von kommunistischen Parteien bedeuten nicht zugleich, dass sie als Ganzes als revisionistisch verstanden werden können. Ein vereinfachtes Abschreiben und Etikettieren, kann einen Zugang zu der widersprüchlichen und komplizierten Lage und historischen Entwicklung der kommunistischen Kräfte verstellen. Diese Problematik erkennen wir insbesondere auch innerhalb der kommunistischen Bewegung in Deutschland und in unserer eigenen Entwicklung.
Wir sehen, dass die Diskussionen, die von der Platform angestoßen werden, wichtig sind und starke Impulse für die kommunistische Bewegung sein können. Der Hauptstoß der fortschrittlichen Kräfte und der unterdrückten Völker weltweit muss sich gegen die US-geführte NATO richten, die einen Krieg gegen Russland führt und gegen China vorbereitet. Weltweit formieren sich in rasanter Dynamik die schärfer konturierten Lager des Klassenkampfes. Der heroische Widerstand des palästinensischen Volkes zeigt in aller Deutlichkeit die zunehmende Isolation und zugleich völlig enthemmte Aggressivität des Imperialismus. Der Kampf für den Sozialismus ist Teil dieser Auseinandersetzungen, Teil des Kampfes gegen imperialistische Unterdrückung und für nationale Befreiung. Erst inmitten und durch diese Kämpfe werden wir in der Lage sein die revolutionäre Arbeiterbewegung zu formieren. Die Notwendigkeit zur internationalen Organisierung wird ganz praktisch und mit Nachdruck von den Kämpfen auf die Tagesordnung gesetzt. Wir brauchen nicht einen losen Diskussionszusammenhang, sondern zunehmend verbindlicher werdende und politisch einheitlich werdende internationale Verbindungen der Kommunisten. Aber wie kann diese Aufgabe gelingen?
Wir denken, dass ein Bezug zu den Diskussionen und Entwicklungen des Internationalen Treffens der Kommunistischen und Arbeiterparteien hergestellt unabdingbar ist. Wenngleich wir in eine dynamischere Phase des internationalen Klassenkampfes eintreten, wird die Krise der weltweiten kommunistischen Bewegung sich nicht einfach aufheben oder beenden lassen. Erst durch scharfe, aber offen geführte Auseinandersetzungen mit und in der weltweiten Bewegung, werden sich die revolutionären Linien und Kräfte der Arbeiterbewegung durchsetzen können. Dafür braucht es nicht zuletzt intensive Arbeit, um den Wissenschaftlichen Kommunismus in unseren Reihen zu stärken. Eine neue Internationale, wird sich nicht neben und abseits der historisch gewachsenen Parteien der Bewegung herausbilden. In vielen von ihnen gibt es Debatten und Auseinandersetzungen, die wir nicht einfach übergehen dürfen, auch in Parteien wie der KKE. Viele spielen keine unwichtige Rolle in den politischen Kämpfen, in vielen sind die historischen Erfahrungen unserer Kämpfe aufgehoben. Wir meinen, dass in einem vorschnellen Abschreiben der Kräfte, die sich beispielsweise in solidnet zusammengeschlossen haben, eine Gefahr liegt, die wir gerne weiter mit euch diskutieren und zu der wir uns besser austauschen wollen.
Gleichzeitig beobachten wir interessiert Entwicklungen die sich in so pluralen Zusammenhängen wie der International Peoples Assembly (IPA) entwickeln, in denen kommunistische Kräfte gemeinsam mit Gewerkschaftsorganisationen, Bauernverbänden und anderen auch sozialdemokratischen Organisationen über die strategischen Linien im internationalen Klassenkampf streiten. Kurzum: Eine scharfe und klare Position und Stellung zu den brennenden politischen Fragen unserer Zeit, die insbesondere auch von Vertretern in der Platform richtigerweise eingefordert wird, darf uns zum einen nicht über unsere eigenen Schwächen hinwegtäuschen und zum anderen nicht daran hindern die Dynamik und Unabgeschlossenheit der Entwicklungen in der weltweiten kommunistischen Bewegung zu erkennen und produktiv auf sie einzuwirken. Wir brauchen ideologische Debatte, bessere und umfassendere marxistische Analysen. Nur auf dieser Grundlage werden wir letztlich die Einheit der revolutionären Arbeiterbewegung weltweit voranbringen können.
Zum Verständnis des Anti-imperialismus, zum Zusammenhang aus nationalem Befreiungs- und Klassenkampf haben sich zuletzt viele Debatten und Fragen deutlicher herausgeschält. Die Begrenztheit und Widersprüchlichkeit der Rolle der BRICS, die Beschränktheit von bürgerlichen Vorstellungen zur Multipolarität und auch die Notwendigkeit zur umfassenden und historisch-konkreten Analyse der Kräfteverhältnisse, wie sie die komplizierte Lage der Kommunisten in Venezuela beispielhaft verdeutlicht. In Deutschland erkennen wir eine gefährliche Tendenz darin, die Abhängigkeit des deutschen Imperialismus zu den USA zu absolut und einseitig zu betrachten. Fortschrittliche Positionen zur nationalen Befreiung werden leichtfertig auf die Lage eines imperialistischen Landes übertragen, mit weitreichenden Schlussfolgerungen für eine Bündnispolitik mit chauvinistischen Kräften. Über all diese Fragen werden wir uns weiter und viel genauer austauschen und diskutieren müssen, innerhalb der kommunistischen Bewegung und sehr gerne auch konkret in der Platform.
Liebe Genossen, in der Bundesrepublik sind wir aktuell mit einer der heftigsten Repressionswellen der jüngeren Geschichte der BRD konfrontiert. Mit der militärischen Sonderoperation Russlands und zusätzlich verschärft seit dem heroischen Widerstand vom 7. Oktober, werden Grundrechte massiv ausgehebelt. Den Krieg gegen Gaza als Völkermord zu bezeichnen wird verboten, eine Zustimmung zum sogenannten „Existenzrecht“ Israels zur Bedingung für Pro-Palästinensischen Protest und evtl. gar zur Voraussetzung für Asylanträge und die deutsche Staatsangehörigkeit gemacht. Die palästinensische Gefangenensolidaritätsorganisation Samidoun wurde mit absurden Argumenten verboten. Es ist die innenpolitische Seite eines in vorderster Kriegsfront befindlichen imperialistischen Staates, die der Arbeiterbewegung in Deutschland entgegenschlägt. In Eiltempo soll die Kriegsfähigkeit Deutschlands potenziert, militärische Kapazitäten aufgebaut, die Bevölkerung aufgehetzt und jeglicher Widerstand im Keim erstickt werden. Unter dem Schirm der NATO sucht der BRD-Imperialismus seine Dominanz in Europa zu sichern und auszubauen, wirtschaftliche Transformationsprozesse auf dem Rücken der Arbeiterklasse auszutragen, militärische Führung an der NATO-Ostflanke einzunehmen. Der deutsche Faschismus wird im Kontext des Krieges gegen Russland rehabilitiert, glühende Naziverehrer gefeiert, eine widerliche Opfer-Täter Umkehr des zweiten Weltkrieges betrieben und mit anti-russischer Hetze vermischt.
Die Kräfte, die an einem konsequenten antiimperialistischen Kurs festhalten, sind in der BRD rar gesät. Über Jahrzehnte haben pro-zionistische Kräfte daran gewirkt Gewerkschaften und Linke auf pro-imperialistischen Kurs zu bringen. Mit Beginn der Spezialoperation Russlands haben sich etablierte und organisierte Kräfte wie die sozialliberale „Linkspartei“ vollends in den Schoß der NATO begeben. Dennoch regt sich Widerstand in der arbeitenden Bevölkerung. Großdemonstrationen gegen den Völkermord in Gaza und Protest gegen den Krieg gegen Russland haben trotz medialer Verhetzung und Repression stattgefunden. Vielfach treten diese politischen Kämpfe unorganisiert und politisch diffus auf. Ein Nährboden auch für faschistische Kräfte in Deutschland. Eine politische Kraft, verwachsen und verbunden mit der Arbeiterklasse und tief verankert im wissenschaftlichen Kommunismus und proletarischen Internationalismus muss erst noch formiert werden. Hierin sehen wir unsere Aufgabe, die wir auch gerne im gemeinsamen Prozess mit euch und der internationalen kommunistischen Bewegung angehen wollen.
Hoch die internationale Solidarität!
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