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11. Die revolutionäre Praxis

Eine erfolgreiche kommunistische Praxis kann nur auf Grundlage einer korrekten, wissenschaftlich erarbeiteten Strategie entwickelt werden. Diese Praxis ist selbst wiederum die Grundlage und Bedingung für die Entwicklung und ständige Weiterentwicklung einer revolutionären Strategie. Sie knüpft an den konkreten, alltäglichen Problemen der Massen an, die sich aus dem gesellschaftlichen Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital ergeben. Kennzeichnend für eine erfolgreiche kommunistische Praxis ist die Selbstaktivierung, Selbstermächtigung und Bewusstseinsbildung der daran Beteiligten: Die Arbeiter lernen darin, für ihre Interessen selbst einzustehen, selbst aktiv zu werden, dabei Kampferfahrungen zu sammeln und diese in den allgemeinen Zusammenhang der gesellschaftlichen Verhältnisse zu stellen. Die sozialistische Revolution ist nur möglich, wenn die Arbeiterbewegung sich entsprechende Organisationsstrukturen schafft und in Organisationsfragen ihre Erfahrungen sammelt und systematisch auswertet.

Es müssen offene Angebote zur Massenorganisierung geschaffen werden, in der Erfahrungen des Klassenkampfs und der Klassensolidarität gesammelt werden können, relativ unabhängig von den allgemeinpolitischen Ansichten der Beteiligten. Dies können entweder schon bestehende Organisationen sein, in denen die Kommunisten dafür kämpfen müssen, Möglichkeiten und Bedingungen für eine klassenorientierte Organisierung zu schaffen. In anderen Fällen, wo die Kräfteverhältnisse zugunsten der bürgerlichen, insbesondere der sozialdemokratischen Ausrichtung, dies auf Dauer nicht zulassen, müssen neue Organisationen geschaffen werden. Beispiele dafür sind Vereine für gegenseitige Hilfe, Nachbarschaftsräte und Ähnliches.

In jedem Fall müssen diese Formen der Organisierung unabhängig vom Staat und reformistischen oder anderen bürgerlichen Organisationen sein und die Arbeiter an ihren Arbeits- und Lebensschwerpunkten sammeln. Ihr Charakter muss zuallererst klassenorientiert sein. Eine Zustimmung zum Kommunismus und unserer Weltanschauung darf nicht zur Voraussetzung für die Teilnahme gemacht werden. Die Grundlage für die Teilnahme sollte hingegen die Bereitschaft zum gemeinsamen Kampf für gemeinsame (Klassen-)Interessen sein. Dem Prinzip der gegenseitigen Hilfe, als Möglichkeit, Solidarität erfahrbar zu machen, kommt dabei besondere Bedeutung zu. Die Kommunisten müssen in diesen Massenorganisierungen arbeiten und durch ihre praktische Konsequenz, ihre überzeugenden Argumente und ihre Kampferfahrung ihre Führungsrolle erkämpfen, statt sie einfach nur zu beanspruchen.

Die Gewerkschaften haben dabei seit jeher die zentrale Rolle bei der Organisierung der Arbeiterklasse gespielt. Sie sind die ältesten und bedeutendsten Organisationen der Arbeiterklasse, die als direkte Folge der Entstehung der kapitalistischen Produktionsweise gegründet wurden. Sie sind für die Arbeiterklasse notwendige Schulen des Klassenkampfes und das Mittel, mit dem historisch zahlreiche Erfolge erkämpft werden konnten. Von Beginn an gab es zwei grundlegend unterschiedliche Linien innerhalb der Gewerkschaften: auf der einen Seite die „sozialpartnerschaftliche“ Orientierung, die auf Kompromisse zwischen den Kapitalisten und Arbeitern aus ist und heute von der Führung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) und seinen Einzelgewerkschaften vertreten wird; auf der anderen Seite klassenkämpferische Kräfte innerhalb der Gewerkschaften, die ökonomische Reformkämpfe nur als notwendigen Schritt zur selbstständigen Organisierung der Arbeiterklasse auf dem Weg zur proletarischen Revolution sehen.

Der Großteil der Arbeiterklasse ist heute allerdings unorganisiert. Auch der Teil, der in bürgerliche und reformistische Organisationsstrukturen wie die Gewerkschaften des DGB eingebunden ist, wird selten erfolgreich für ökonomische, soziale oder politische Ziele mobilisiert. Die heute im DGB zusammengeschlossenen Gewerkschaften werden von sozialdemokratischen und anderen bürgerlichen Kräften geführt. Ihr Ziel ist nicht die Organisierung der Arbeiterklasse unabhängig vom Kapital für ihre Interessen, sondern eher ihre Einbindung in das sozialpartnerschaftliche Kapitalismusmodell der BRD, die Herstellung von „Ruhe und Ordnung“ und ununterbrochenen Produktionsabläufen. Aufgabe der Kommunisten ist es, diese Zielsetzung und die Kräfte, die sie vertreten, insbesondere die DGB-Führung, in den Gewerkschaften zu bekämpfen. Der betriebliche Kampf kann und darf auf die Gewerkschaften nicht verzichten, darf allerdings auch nicht auf die Arbeit in den Organen der DGB-Gewerkschaften reduziert werden. Der Aufbau klassenkämpferischer proletarischer Gewerkschaftsorganisationen ist für die Kommunisten das zentrale Ziel des betrieblichen Kampfes, auch wenn der genaue Weg dorthin sich erst im Ergebnis des Kampfes erweisen wird. Auf welchem Weg die sozialdemokratische Hegemonie zu brechen ist, müssen wir herausarbeiten.

In diesen Ansätzen der Massenorganisierung müssen die Kämpfe verschiedener Klassen, Schichten und gesellschaftlicher Gruppen auf verschiedenen Themenfeldern zusammengeführt und auf das gemeinsame Ziel ausgerichtet werden: den Kampf gegen den Feind, den Kapitalismus/ Imperialismus und für den Sozialismus. Diesen antikapitalistisch-antiimperialistischen Charakter der Massenkämpfe zu sichern und zu stärken, ist die ständige Aufgabe der Kommunisten darin.

Die Orientierung auf Organisationenbündnisse von Parteien, Vereinen und Organisationen stellt faktisch eine sektiererische Verengung der Praxis auf wenige organisierte Personen dar und schließt weite Teile der Arbeiterklasse aus. Zusätzlich sind sie meist ein Hindernis dafür, den Charakter der bürgerlichen reformistischen und opportunistischen Kräfte gegenüber den Massen zu entlarven. Im Gegensatz dazu ist ein notwendiger Bestandteil kommunistischer Praxis ein klarer Klassenstandpunkt und damit die Aufgabe, Illusionen über den Kapitalismus und seinen Staat konsequent zu benennen und aufzudecken.

Über diese grundsätzlichen Punkte hinaus werden viele weitere Fragen zu beantworten sein. Beispielsweise: Welche Formen der Massenorganisierung eignen sich am besten? Unter welchen Bedingungen können wir die Kollegen in den DGB-Gewerkschaften klassenorientiert organisieren und wie kann der Kampf für die Schaffung von klassenorientierten Gewerkschaften geführt werden? Wie können Kommunisten um einen antikapitalistischen, antiimperialistischen Charakter dieser Organisierungen kämpfen und dabei trotzdem dem realen Bewusstseinsstand Rechnung tragen? Auf welchen Schichten der Arbeiterklasse sollte der Fokus liegen? Wie ist die Rolle der relativ gut gestellten Teile der Klasse, der „Arbeiteraristokratie“ einzuschätzen? Arbeiten wir überhaupt in Organisationenbündnissen und wenn ja, in welcher Form und unter welchen Bedingungen?

Aktuelles

Palästina und die DDR – Befreiungskampf als Staatsräson?

Während in der BRD die bedingungslose Unterstützung Israels als „Ersatz- Antifaschismus" spätestens ab 1952 zunehmend zur „Staatsräson" wurde, erkannten sich die DDR und Israel bis zur Konterrevolution 1989/90 nicht gegenseitig an. Stattdessen wurde die DDR zu einem wichtigen Alliierten der palästinensischen Befreiungsbewegung.

Interview: „The crisis in Germany“

Two of our comrades were guests on the Marx, Engels, Lenin Institute podcast to discuss the current political and economic situation in Germany. Starting with the end of the ‘Ampel’ coalition government, and moving on to an assessment of the AfD and BSW and the development of the German economy, we talk about topics and issues that continue to cause controversy and raise questions within the left-wing and communist movement in Germany.