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Spezialoperation gegen den Imperialismus

Diskussionsbeitrag von Yana, verfasst im September 2023.

Die russische Sonderoperation in der Ukraine hat die Welt verändert. Die westliche Presse war seit Februar 2022 voll von Schreckensmeldungen über „beispiellose Verbrechen“ Russlands, die Friedensbewegung klagte über einen „schweren Schlag“. Sie hatten doch an Russland geglaubt, dass es immer nur Opfer, immer nur ein friedliches Osterlamm bleiben will, und das ist es jetzt nicht mehr, und Mitleid können diese westlichen bürgerlichen Politiker nur für zerschmetterte Opfer empfinden: Es ist wichtig, dass es Angriffe auf euer Territorium gibt, dass NATO-Bomben eure Häuser zerstören, dass euer Präsident von der NATO ermordet wird, dann gehen die guten Menschen aus der Friedensbewegung auf die Straße, um euch zu unterstützen. Wenn Sie selbst versuchen, die NATO abzuwehren – dann gehören Sie zu den Bösen, und die Friedensbewegung wird auf die Straße gehen, um Sie zu verurteilen.

Die Reaktion der kommunistischen Bewegung war auch nicht eindeutig und zeigte all die theoretischen Probleme, die seit Jahren nicht gelöst worden waren. Die Bewegung spaltete sich, der Spaltungsprozess ist bis heute nicht zu Ende, in einigen Organisationen gehen die theoretischen Kämpfe sogar in ganz materielle, wenn nicht sogar körperliche Auseinandersetzungen über.1Bei der gespaltenen Organisation KO in Deutschland ging es schon um die körperlichen Angriffe seitens der „echten Marxisten“, die keine Diskussion wünschen Keine Diskussion erwünscht | Kommunistische Organisation (kommunistische-organisation.de)

Worin besteht diese Spaltung? Auf dem einen Pol steht die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) mit ihrer „Theorie der imperialistischen Pyramide“. Auf der anderen Seite – das normale Verständnis des Imperialismus, das im Laufe des 20. Jahrhunderts mit seinen Kämpfen und Revolutionen, mit den theoretischen Ausarbeitungen der Marxisten der Sowjetunion, Lateinamerikas, Südostasiens usw. entstanden ist und sich entwickelt hat, und das jetzt als „Revisionismus“ und „Opportunismus“ beschimpft wird. Diese theoretischen Unterschiede wurden bereits in einem anderen Artikel von mir beschrieben und werden weiter unten noch ausführlicher beschrieben. Wir beschränken uns hier explizit auf Russland und die Bewertung der Spezialoperation. Denn die Bestimmung der Rolle Russlands in der Welt ist auch aus „traditioneller“ Sicht nicht so einfach.

Gibt es überhaupt qualitative Unterschiede zwischen kapitalistischen Ländern?

Nach der Theorie der „imperialistischen Pyramide“ sind alle Länder, die eine kapitalistische Wirtschaft betreiben, die gleichen „Räuber“: Sie handeln nach der „gleichen Logik“, nämlich der imperialistischen Logik. Es gibt nur quantitative Unterschiede: die Länder haben unterschiedliche materielle Ressourcen, Armeen, ein höheres oder niedrigeres BIP usw. Die imperialistische Logik besteht darin, die anderen Länder auszubeuten, und das versucht jeder Staat, nur gelingt es dem einen besser, dem anderen schlechter. Aber auch die Staaten, denen das nicht gelingt (es ist schwer vorstellbar, dass Somalia oder Bangladesch noch ein anderes Land ausbeuten können), können irgendwann in der ZUKUNFT groß werden, und dann werden sie zweifellos, ohne Rücksicht auf ihre Geschichte, Kultur und Traditionen, „genauso ausbeuterisch und brutal“ wie die NATO-Staaten. Und wenn sie das in Zukunft vielleicht können, dann SIND sie schon jetzt „die Räuber“. So gesehen ist jeder Krieg auf der Erde jetzt „zwischenimperialistisch“.

Wenn wir uns im Bereich der bürgerlichen „Meinungen“ bewegen würden, könnte eine solche Theorie neben anderen existieren. Aber als Marxisten müssen wir berücksichtigen, was unsere Vorgänger, vor allem die Klassiker, darüber geschrieben haben und ob diese „Logik“ mit der marxistischen Lehre vereinbar ist.

Ein Studium der Werke Lenins zeigt, dass er dies ganz anders sah.

„Der Imperialismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat die Aufteilung der Welt unter einige wenige Staaten zu Ende geführt, von denen jeder gegenwärtig einen nicht viel kleineren Teil der „ganzen Welt“ ausbeutet (im Sinne der Gewinnung von Extraprofit) als England im Jahre 1858; jeder nimmt eine Monopolstellung auf dem Weltmarkt ein dank den Trusts, den Kartellen, dem Finanzkapital und dem Verhältnis des Gläubigers zum Schuldner; jeder besitzt bis zu einem gewissen Grade ein Kolonialmonopol (wir sahen, daß von den 75 Mill. Quadratkilometern aller Kolonien der Welt 65 Mill., d.h. 86% in den Händen von sechs Mächten konzentriert sind; 61 Mill., d.h. 81%, sind in den Händen von 3 Mächten konzentriert)“.2W.I.Lenin „Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ von: W.I. Lenin: Der Imperialismus VIII (marxists.org)

Noch deutlicher wird Lenin in seinen späteren Reden und Schriften. Interessant für das Thema dieses Artikels sind z.B. Lenins Äußerungen in dem Artikel „Über eine Karikatur auf den Marxismus“, wo er schreibt:

„Ein Krieg gegen imperialistische, d. h. unterdrückende Mächte von Seiten der unterdrückten (z. B. kolonialen Völker) ist ein wirklich nationaler Krieg. So ein Krieg ist auch heute möglich. Die „Vaterlandsverteidigung“ seitens eines national unterdrückten Landes gegen ein national unterdrückendes ist kein Betrug, und die Sozialisten sind keineswegs gegen die „Vaterlandsverteidigung“ in einem solchen Kriege.“ 3Wladimir I. Lenin: Über eine Karikatur auf den Marxismus und über den Imperialistischen Ökonomismus“ Sämtliche Werke, Band 19, 1930, S. 229-288

In diesem Sinne waren die Marxisten im 20. Jahrhundert erfolgreich. Die Revolutionen in Kuba, Vietnam, China, Korea gingen vor allem aus nationalen Befreiungsbewegungen hervor und wurden von der Sowjetunion und der DDR unterstützt. Die sozialistische Bewegung ging immer davon aus, dass es unter den Staaten „Ausbeuter“ und „Ausgebeutete“ gibt und war immer eng mit der antiimperialistischen Bewegung verbunden. Heute will die KKE nicht nur auf Lenin verzichten, sondern auf die ganze ruhmreiche Geschichte des antiimperialistischen Kampfes im 20. Jahrhundert. Praktisch bewegen sich die diese Theoretiker hier auf der Grundlage des bürgerlichen Pazifismus: alle Kriege sind „imperialistisch“, also schlecht, es wird argumentiert, dass „die Proletarier im Krieg sterben müssen“ und dass ihre Familien leiden, ohne die Alternative zu sehen: was passiert, wenn die Proletarier nicht in diesen Krieg ziehen. Es kann keinen gerechten Krieg mehr geben, weil alle Länder imperialistisch sind. Die „Verteidigung des Vaterlandes“, der Kampf für die Unabhängigkeit – all das existiert einfach nicht und ist nur ein Betrug der Bourgeoisie.

Im 20. Jahrhundert wurden die Grundlagen der leninschen Imperialismus-Theorie weiter ausgearbeitet. Wir können hier nicht detailliert auf alle Theorien und die Geschichte eingehen, aber es ist notwendig, die Hauptthesen dieser Theorie darzustellen:

  1. Nicht jedes Land mit einer kapitalistischen Wirtschaft ist sofort ein imperialistischer Ausbeuter: viele hatten einfach nie die Möglichkeit, sich überhaupt zu entwickeln, weil sie selbst massiv ausgebeutet wurden und ihre Entwicklung mit allen Mitteln – finanziell, politisch, militärisch – von den Imperialisten gebremst wurde.
  2. Nach dem Zusammenbruch des kolonialen Systems des Imperialismus blieb jedoch die Abhängigkeit einiger Länder von anderen, und diese Abhängigkeit und Ausbeutung nennt man Neukolonialismus.
  3. Neokolonialismus gab es auch zu Lenins Zeiten, als die Länder Lateinamerikas bereits keine Kolonien waren, aber trotzdem von den USA massiv ausgebeutet wurden.
  4. Heute gibt es die Länder des „Zentrums“ (die Ausbeuter) und die ausgebeutete „Peripherie“.
  5. Die Mechanismen der neokolonialen Ausbeutung der Peripherie sind vielfältig:

5a. Finanzielle und wirtschaftliche Mechanismen:

  • Staatsverschuldung.
  • Künstlich niedriger Kurs der nationalen Währung.
  • Dollar als Reservewährung.
  • IWF-Politik: ein Land bekommt Kredite, dafür wird die ganze Politik vom IWF diktiert, Sozialabbau, Verschlechterung der Lebensbedingungen und natürlich die ewige Anstrengung, diese Kredite zurückzuzahlen, die auf den Schultern der Werktätigen lastet.
  • Auferlegung einer Monoproduktion, Zerstörung der Umwelt des betroffenen Landes durch diese Produktion.
  • Internationale Arbeitsteilung: Die Länder der Peripherie produzieren die Waren mit der geringsten Wertschöpfung: Agrarproduktion. Rohstoffe, billige Waren. Die Zentrumsländer produzieren die komplexen Güter mit hoher Wertschöpfung, oder die so genannte „geistige Produktion“ wie Software und Filme, und verdienen damit viel mehr und effizienter als die Peripherieländer.
  • Direktinvestitionen, d.h. Kapitalexport nach Lenin. Die KKE weist darauf hin, dass es heute in fast jedem Land Kapitalisten gibt, die auch im Ausland investieren, aber man sollte nicht die Einzelfälle betrachten, sondern die gesamten Kapitalströme.
  • Direkte Beteiligung imperialistischer Konzerne an der Wirtschaft der Peripherie.
  • Migration und „Brain Drain“: Nutzung der billigen Arbeitskraft der Peripherie, einschließlich gut ausgebildeter Fachkräfte, direkt in den Kernländern.

5b. Politische und Militärische Mechanismen. Diese Mittel werden benutzt, damit die Länder der Peripherie nicht versuchen, als Subjekt zu handeln und selbständig die eigenen Ressourcen für die eigene Wirtschaft zu nutzen:

  • Sanktionen.
  • Geheimdienstoperationen.
  • Direkte militärische Interventionen.
  • Stellvertreterkriege (als Beispiel werden jetzt die Länder der ECOWAS von Frankreich provoziert, Niger anzugreifen).
  • Bunte Revolutionen, gezielte Stiftung der Unruhen und Unzufriedenheit gegen die unabhängigen Regierungen.
  • Direkte imperialistische Propaganda, „sanfte Macht“ des Hollywoods und andere Unterhaltungsindustrie.
  • Ausnutzung der UNO, EuGH und anderer Institutionen, sowie nicht kommerziellen Organisationen wie z.B. Green Peace für die imperialistischen Zwecke.

Die Erlangung der Unabhängigkeit und Souveränität, der Kampf für die nationale Befreiung ist für die Proletarier eines Landes nicht weniger wichtig als der Kampf für den Sozialismus und in Wirklichkeit die Voraussetzung für den sozialistischen Kampf. Unter der doppelten Ausbeutung – einerseits durch die eigene Bourgeoisie, andererseits noch durch das imperialistische Zentrum – ist der Kampf der Arbeiterklasse unmöglich.

Die Bourgeoisie der Peripherie ist zum großen Teil eine Kompradorenbourgeoisie, die in Wirklichkeit Ausbeutung betreibt und die Kapitalströme in die imperialistischen Zentren lenkt. Sie fühlt sich kosmopolitisch, international und benutzt ihr eigenes Land nur als lukrative Geschäftsquelle, wo man billige Arbeitskräfte bekommt.

Aber es gibt auch die national orientierte Bourgeoisie, die oft mit den verstaatlichten Wirtschaftszweigen verbunden ist, die an einem starken Nationalstaat und an Unabhängigkeit interessiert ist. Mit Vorsicht und unter ganz konkreten Bedingungen kann und sollte die Arbeiterklasse auch mit dieser Bourgeoisie zeitlich begrenzte Bündnisse eingehen.

Natürlich gibt es kaum so hundertprozentige „Ausbeuter“ und „Ausgebeutete“ unter den Nationen, sondern viele Varianten, Grautöne: Die Wahrheit im Marxismus ist immer konkret, und jedes Mal dürfen wir nicht so pauschal die fertigen Antworten haben, sondern müssen ganz konkret die Situation betrachten.

Schauen wir uns Russland aus dieser Perspektive an: Es ist wirklich kein einfacher Fall wie Bolivien oder Niger, aber um die Situation in der Ukraine zu verstehen, müssen wir Russland genau analysieren.

Zu welcher Gruppe von Ländern gehört Russland?

Die Russische Föderation scheint groß und mächtig zu sein, und allein aus diesem Grund wurde sie von vielen Theoretikern als imperialistisch bezeichnet.

Imperialismus wird jedoch nicht durch Größe bestimmt – so wurde China, einer der größten Staaten der Erde, bis 1949 imperialistisch ausgebeutet und abhängig gemacht, das große Indien wurde vom „kleinen“ Großbritannien unterdrückt.

Was die Zugehörigkeit zu den imperialistischen Ländern bestimmt, ist die Richtung der Kapitalströme.

Die Kapitalisten jedes Landes investieren im Ausland, das ist normal. Entscheidend ist aber, wie groß die Ströme ins Ausland sind (ob es sich um Investitionen handelt, also Kapitalexport nach Lenin, oder nur um den Kauf von Schlössern und Villen im Ausland) und wie groß der Rückfluss ist. Beim Kapitalexport (wie von Lenin beschrieben) fließen die Gewinne zurück ins Land, die Steuern werden bezahlt, die inländischen Banken können dieses Geld für Finanzoperationen verwenden etc. Bei der Kapitalflucht verschwindet das Kapital einfach im Ausland und das Heimatland sieht es nie wieder. Der Unterschied zwischen Kapitalabfluss (Export und Kapitalflucht zusammen) und Kapitalzufluss ins Land wird als reiner Kapitalabfluss bezeichnet. Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung des Kapitalabflusses in Russland über die Jahre.4Отток капитала из России по годам: 1994 – 2022 (global-finances.ru)

2010 – 30,8 (Mrd USD)
2011 – 81,4
2012 – 53,9
2013 – 60,3
2014 – 152,1
2015 – 57,1
2016 – 18,5
2017 – 24,1
2018 – 65,5
2019 – 22,6
2020 – 50,4
2021 – 72,0
2022 – 227,0

Es gibt die Erwiderungen z.B. seitens Andreas Sörensen, dem Vorsitzenden des Schwedischen Kommunistischen Partei.5Anders Carlsson, Ryssland och imperialismen – RiktpunKt.nu Dies ist eine wichtige Erwiderung, auf die wir unbedingt eingehen müssen. Sörensen erklärt, dass das Geld aus dieser Kapitalflucht, das z.B. in Zypern (als Steuerparadies) angelegt wird, auch nicht aus dem Umlauf genommen wird, sondern weiter reinvestiert wird, in vielen Ländern und auch in Russland selbst (die Zahlen kann man der Quelle entnehmen). Damit möchte er beweisen, dass die russischen Kapitalisten in Wirklichkeit reine Imperialisten sind und Russland somit ein imperialistisches Land ist.

Dieser Idee liegt ein allgemeines Missverständnis zugrunde, nämlich was genau der Unterschied zwischen dem Staat und seiner Kompradorenbourgeoisie ist. Niemand behauptet, dass das Geld in den Steueroasen einfach „verschwindet“, natürlich „arbeitet“ es weiter, zum Nutzen der Kapitalisten, die es investieren. Und da diese Kapitalisten vor allem russische Arbeiter ausbeuten, „investieren“ sie auch viel in Russland – schließlich müssen sie diesen Arbeitern noch den Lohn zahlen, sowie die Teile des konstanten Kapitals, die Infrastruktur und die Maschinen erneuern. Dabei bleibt die Geldmasse im Ausland, in US-Dollar, und der Kapitalist macht einen Extraprofit, wenn er dieses Kapital in Rubel (mit einem künstlich niedrigen Wechselkurs) umtauscht, um die Arbeiter zu bezahlen. Die russischen Banken bekommen dieses Geld nicht und können es nicht für Finanzoperationen verwenden, der Staat bekommt keine Steuern davon (obwohl die Steuern in Russland sowieso sehr niedrig sind). Und obwohl dieses Geld weltweit zirkuliert und seine Besitzer russische Namen und manchmal (nicht immer!6Unter 100 reichsten Kapitalisten Russlands haben 40 einen ausländischen Pass, unter Reichen mit dem Einkommen über 50 Mio sind das 58%. «Чья это элита – ваша или уже наша»: 40 из топ-100 миллиардеров России – граждане других государств | Равенство.Медиа | Дзен (dzen.ru)) auch die russische Staatsbürgerschaft haben, hat das mit Russland als Staat und mit dem russischen Volk nichts zu tun. Die Kompradorenbourgeoisie ist ein Teil der internationalen Bourgeoisie und versteht sich als solche, der eigene Staat, die eigene Armee, die eigene Infrastruktur, die Bildung und der Wohlstand des eigenen Volkes interessieren sie genauso wenig, wie es die wirklich ausländischen Kapitalisten interessieren würde – also rein gar nicht.

Genau aus diesem Grund haben diese guten Männer, anstatt in die Rüstungsproduktion und in die nationale Produktion zu investieren, im Jahre 2022 ihr Kapital noch schneller und massiver ins Ausland transferiert. Die nationale Bourgeoisie dagegen, die vor allem auch mit dem verstaatlichten Sektor verbunden ist, investiert jetzt in die Rüstung, um Russland die Möglichkeit zu geben, den Krieg zu gewinnen. Das ist natürlich nur ein vereinfachtes Schema, denn die Wirtschaft eines kapitalistischen Landes, das noch dazu an der Peripherie liegt, ist in sich sehr komplex und widersprüchlich.
Und nicht zu vergessen: Der „bereinigte“ Kapitalabfluss ist ein reines Minus zwischen all dem Kapital, das ins Land fließt (und auch wieder „reinvestiert“ wird), und dem, was aus dem Land abfließt, um den Wohlstand des Westens auf Kosten der russischen Arbeiter zu vermehren7Im Allgemeinen kann ich auf den Artikel von russischem marxistischen Wissenschaftler O.Komolov verweisen, der diese Zusammenhänge erklärt: Отток капитала из России в контексте мир-системного анализа – тема научной статьи по экономике и бизнесу читайте бесплатно текст научно-исследовательской работы в электронной библиотеке КиберЛенинка (cyberleninka.ru).

Es gibt noch weitere Unterscheidungskriterien. Zum Beispiel wird der Rubel, die russische Währung, künstlich niedrig gehalten, weil das den Rohstoffexporteuren (auch der Staat ist ein großer Rohstoffexporteur) erlaubt, die Löhne der Arbeiter unter ihrem Wert zu halten (sie werden in nationaler Währung bezahlt) und ihre Profite zu erhöhen, indem sie das Produkt für US-Dollar verkaufen. Dies ist ein typisches Zeichen für ein Land an der Peripherie (zu Beginn der Spezialoperation (MSO) stieg der Wechselkurs des Rubels aufgrund der Sanktionen plötzlich stark an! Jetzt, da Russland weiterhin Rohstoffe exportiert, ist der Kurs noch mehr gefallen als vor der MSO).

Ich muss hier die empörten Erwiderungen erwähnen: angeblich versuchen wir, die „bösen Opportunisten“, einen Unterschied zwischen „guten und bösen“ Ländern oder zwischen „gutem und schlechtem Kapitalismus“ zu machen. Solche Argumente werden normalerweise in der Kirche verwendet: Gute und Böse sind eine Frage der Moral und der Religion. Wenn es einen wirklich „schlechten“ Kapitalismus gibt, dann ist es der in der Peripherie: Gerade dort werden die Arbeiter viel stärker ausgebeutet, ihre Lebensbedingungen sind schlecht, soziale Garantien sind weniger oder gar nicht vorhanden, die Sicherheit am Arbeitsplatz ist nicht gewährleistet. Die rein wissenschaftliche Tatsache ist, dass einige wenige Länder auf Kosten der anderen ein besseres Leben für die eigene Bevölkerung schaffen können, indem sie die anderen einfach über den Tisch ziehen und alle politischen, legalen und geheimen Mittel sowie militärische Macht einsetzen, damit dieser Status quo für immer erhalten bleibt.

Und Russland ist nicht „gut“, nicht „friedlich“, nicht „besser“ als die anderen: Es wurde seit den 1990er Jahren zu einem ausgebeuteten Land der Peripherie degradiert. Dabei haben die Machthaber dort lange Zeit die Illusion genährt, dass, wenn ein Elefant groß ist, er auch in die Gemeinschaft der Raubtiere aufgenommen werden kann – Russland strebte zweimal die NATO-Mitgliedschaft an, der Antrag wurde 1991 von Jelzin und 2000 von Putin gestellt. Russland war Mitglied der G8, die jetzt zur G7 geworden ist.

Aber die Raubtiere, auch wenn sie den Elefanten etwas mehr respektieren als einen Hirsch, sind eher dafür, diesen Elefanten irgendwann zu fressen, aber dazu ist es notwendig, ihn zuerst in kleine Teile zu zerlegen. Und da sich die allgemeine Krise des Kapitalismus immer mehr bemerkbar macht, suchen die Imperialisten immer mehr nach neuen Absatzmärkten und nach den Quellen der wirklich billigen Rohstoffe, und das bedeutet Krieg.

„Meinst du, die Russen wollten Krieg?“

Dieses alte sowjetische Lied klingt in unserer Zeit seltsam: Wir alle wissen, dass die Russen die bösen, monströsen Aggressoren sind. Natürlich wollen sie Krieg! Schließlich haben sie ihn angefangen.
So sagen es zumindest unsere bürgerlichen Medien. In Russland sagt man: „Die Menschen teilen sich in 2 Gruppen: für die einen hat der Krieg 2014 begonnen, für die anderen 24.02.2022“. Nur wer sich ausschließlich aus der Bild-Zeitung informiert, kann glauben, dass der 24.02.22 ein Anfang war. Nein, das war nicht einmal der Anfang einer Eskalation! Die Eskalation des Krieges im Donbass fand Mitte Februar 2022 statt, Russland war daran überhaupt nicht beteiligt. Diese Eskalation können wir z.B. den Berichten der OSZE entnehmen8OSCE Special Monitoring Mission to Ukraine (SMM) Daily Report 24/2022 issued on 2 February 2022:

Kurz: In der Region Donezk verzeichnete die Mission 75 Waffenstillstandsverletzungen, darunter drei Explosionen. Im vorangegangenen Berichtszeitraum wurden in diesem Gebiet 194 Verstöße verzeichnet. In der Region Luhansk verzeichnete die SMM 118 Waffenstillstandsverletzungen, darunter 20 Explosionen. Im vorangegangenen Berichtszeitraum wurden in diesem Gebiet 146 Verstöße verzeichnet9 OSCE Special Monitoring Mission to Ukraine (SMM) Daily Report 41/2022 issued on 22 February 2022 :

In der Region Donezk verzeichnete die SMM 703 Verstöße gegen die Waffenruhe, darunter 332 Explosionen. In den vorangegangenen 24 Stunden wurden in diesem Gebiet 579 Verstöße registriert. In der Region Luhansk verzeichnete die Mission 1.224 Verstöße gegen die Waffenruhe, darunter 1.149 Explosionen. In den vorangegangenen 24 Stunden wurden in diesem Gebiet 333 Verstöße registriert.

Insgesamt hat sich der Beschuss durch die Ukraine verzehnfacht. Auf menschlicher Ebene bedeutete dies, dass die Menschen im Donbass uns sagten: „Es ist wieder so schlimm wie 2014… ganz schrecklich. Es donnert die ganze Zeit.“ Und wir haben darüber gesprochen, wenigstens unsere guten Freunde da rauszuholen, weil wir nicht glaubten, dass sie geschützt werden und wir Angst um das Leben dieser Menschen hatten. In diesen Tagen begann Russland mit einer großen Evakuierung von Kindern und Zivilisten aus dem Donbass.

Das war die Eskalation und der eigentliche Beginn des Krieges. In diesen Tagen hatte die russische Regierung die Wahl: einfach hinnehmen, dass die Ukraine in die Offensive geht, Donezk und vielleicht beide Republiken erobert und sich damit die Möglichkeit eröffnet, die Krim und die angrenzenden russischen Gebiete anzugreifen, nichts zu tun und abzuwarten, bis es noch schlimmer wird. Die zweite Option war, etwas zu tun.

Wahrscheinlich hatte die bürgerliche Regierung Russlands nicht die hehre Absicht, die Russen im Donbass zu schützen. Darüber kann man spekulieren. Aber wenn es um die Sicherheit des Landes geht, ja, dann besteht die Aufgabe der Regierung auch im Kapitalismus darin, das Land vor möglichen Angriffen zu schützen.

Die russische Regierung hat in diesen Tagen bereits sehr viele diplomatische Schritte unternommen, um diese Eskalation zu beenden. Sie haben es aufrichtig auf dem Verhandlungsweg versucht. Der letzte Versuch wurde am 21. Februar unternommen, als Russland die Donbass-Republiken anerkannte. Das war das Knurren des Bären, der in die Ecke getrieben wurde. Vielleicht hoffte Putin, mit diesem Schritt deutlich zu machen, dass die Republiken den Schutz Russlands genießen würden. Das hat nicht geholfen und die MSO sollte beginnen.

Wir werden jetzt nicht auf die Details und Fehler der MSO eingehen, die es zweifellos gab. Aber es ist wichtig zu verstehen, dass Russland wirklich zu diesem Schritt gezwungen war. In Russland und im Donbass sind übrigens viele unzufrieden, dass dieser Schritt nicht schon 2014 gemacht wurde, als die ukrainische Armee noch nicht so vorbereitet und ausgerüstet war. Auch wenn das „Krim-Szenario“ für die gesamte Ukraine unmöglich ist, hätte die russische Armee diese Aufgabe damals schneller, effizienter und mit weniger Blutvergießen lösen können.

Die russische Bourgeoisie wollte damals wie heute keinen Krieg. Genau aus diesem Grund hat Putin 2014 nichts weiter unternommen und die Donbass-Republiken nicht wirklich unterstützt – nicht anerkannt, keine regulären Truppen und Waffenlieferungen organisiert (die Hilfe kam eher von Privatpersonen, Freiwilligen und Patrioten, obwohl die russischen Beamten fast alles unter Kontrolle hatten). Putin wollte sich nicht weiter mit der sogenannten „zivilisierten Weltgemeinschaft“ streiten, es reichte, die Sanktionen und die Skandale um die Krim zu ertragen. Die Krim ist für die Sicherheit des Landes unverzichtbar, Ukrainer können dort gerne leben, aber keine NATO-gesteuerte Banderiten – Russenhasser.

Dann folgten 8 Jahre „Minsker Abkommen“, nach dem der Donbass offiziell zur Ukraine gehörte, 8 Jahre, in denen die Ukraine keine Sozialleistungen, keine Renten in den Donbass zahlte, dafür aber ununterbrochen auf die LDVR schoss: selbst die nicht objektive OSZE sollte das bestätigen.

Selbst wenn Russland in dieser Zeit wirklich Truppen im Donbass stationiert hätte, würde das die Notwendigkeit von MSO heute verhindern. Aber die russische Regierung hat bis zum Schluss versucht, das „Völkerrecht“, die Abkommen und die Prinzipien der UNO und der OSZE einzuhalten.

Was in westlichen Medien als „Kampf des ukrainischen Volkes um Unabhängigkeit“ bezeichnet wird (welche Unabhängigkeit? Seit 1991 war die Ukraine bereits völlig autonom und löste langsam und ohne Zwang auch ihre wirtschaftlichen Bindungen, die aus der SU stammten), war in Wirklichkeit ein Vordringen der NATO an die Grenzen Russlands.

Es gibt eine Erwiderung, z.B. von Thanasis Spanidis: Es wäre sowieso unmöglich, einen direkten Krieg gegen eine Atommacht zu führen. Sicher, man muss nicht sehr klar im Kopf sein, um nach den Unternehmungen von Napoleon und Hitler zu versuchen, das moderne Russland mit Atomwaffen auf die gleiche Weise zu erobern. Wahrscheinlich hatte die NATO auch nie solche Pläne gehabt. Es handelte sich um einen hybriden Krieg: Russland mit einem Netz von NATO-Stützpunkten zu umzingeln und im Land einen Informationskrieg und Geheimdienstoperationen durchzuführen, um die Regierung zu stürzen und Menschen an die Macht zu bringen, die selbst auf Atomwaffen verzichten und das Land in Stücke schneiden würden. Möglicherweise würden Teile Russlands wie der Kuban schon im ersten Schritt abgetrennt: Die ukrainischen Nationalisten betrachten den Kuban als Teil der Ukraine. Natürlich würde die Krim abgetrennt und in Sewastopol ein US-Militärstützpunkt eingerichtet. Eines ist klar: Die NATO-Stützpunkte an der Grenze zu Russland und die gut ausgebildeten ukrainischen Nationalbataillone mit der Einstellung „Russen töten“ waren eine klare und konkrete Bedrohung für das Land selbst, nicht nur für die „Profite der Bourgeoisie“, wie einige „echte Marxisten“ behaupten.

Ich möchte auch kurz auf die Ereignisse eingehen, die unmittelbar vor der MSO stattfanden. Philipp Kissel hat sie in seinem Artikel „Zur Kritik an Joint Statement und zur NATO-Aggression gegen Russland“ hervorragend zusammengefasst. Ich stelle diese Ereignisse in tabellarischer Form dar.

ZeitUkraineNATORussland
Februar 2019NATO-Mitgliedschaft wird in der Verfassung verankert. Teilnahme in Aktionen und Manöver  
Juni 2020 Ukraine wird der Status eines NATO-Partners verliehen 
März 2021Dekret über die Rückeroberung von Krim und DonbassErhöhung der Anzahl der Truppen in der Ukraine (wahrscheinlich als Ausbilder und Berater) 
April 2021 Verurteilung der Truppenverstärkung RusslandsVerstärkung der Truppen an der Grenze. Forderung, die Minsker Verhandlungen wieder aufzunehmen. Danach Abzug der Truppen
Juni 2021 USA: 150 Mio USD als militärische Hilfe für die Ukraine. NATO-Gipfel: China und Russland sind die Feinde, Truppenpräsenz an den Grenzen Russlands wird erhöht.Treffen zwischen Putin und Biden. Russland verlangt Dialog.
30 Juni 2021 Britische Provokation in russischem Hoheitsgewässer 
Oktober 2021 Weiterer NATO-Gipfel: Zusammenarbeit mit EU 
November 2021 Kurz- und Mittelstreckenraketen werden in Europa stationiert. Keine Reaktion auf Warnungen und Angebote.Russland warnt vor Eskalation. Angebot der Abrüstung.
November 2021 Eine Hysterie in den Medien über die angebliche Pläne Russlands, die Ukraine zu überfallen.Russische Außenministerium veröffentlicht Briefwechsel, wo russische Friedensposition dargestellt wird.
08.12.2021Verlegung von 120 000 Soldaten an die Grenze zu VolksrepublikenVideogipfel Putin-Biden.
Biden Position – Androhung von Sanktionen.
Russische Position: keine Osterweiterung der NATO, Dialog zwischen den Volksrepubliken und Kiew, Einhaltung von Minsk II durch Kiew und Stopp des Beschusses der Volksrepubliken. Russland hat keine Pläne zum Angriff.
14.12.2021Gesetz über ausländische Truppenbewegungen auf ukrainischem BodenFür 2022 10 Manöver in der Nähe von Russland geplant. „Die Anrainerstaaten Russlands sollen die Föderation mit einem Gürtel von antiballistischen Abwehrraketen umgeben, die auch die neuen russischen Überschallraketen und damit jede russische Abwehr- und Angriffsfähigkeit blockieren“ (s. Ph.Kissel) 
17.12.2021 Forderungen Russlands werden komplett abgelehnt.Russland veröffentlicht Forderungen an NATO: keine Osterweiterung, keine Raketen in Europa und Truppen an der russischen Grenze.
10.01.2022 Treffen zwischen USA und Russland: ohne Erfolg. 
12.01.2022 Forderungen abgelehntTreffen NATO-Russland, Forderungen: keine neuen Mitglieder, keine Osterweiterung
13.01.2022 Keine Reaktion auf die WarnungTreffen OSZE – Russland, russische Warnung vor Eskalation
26.01.2022 Treffen in Paris, Normandie-Format. Keine Reaktion. USA und NATO antworten auf die Vorschläge Russlands: NEIN. Mitgliedschaft Ukraine in NATO ist nicht verhandelbar.Russland beklagt, dass die ukrainische Seite nicht mit Volksrepubliken verhandelt.
Januar 2022 Deutliche Erhöhung der NATO-Truppen in der Ukraine. Manöver im Mittelmeer. 
24.01.2022 Verlegung von 8500 Soldaten in Osteuropa, Vorbereitung für noch 50.000. Räumung der Botschaften der USA und anderen Westländer, Aufrufe an die Bürger, Russland zu verlassen.Russland führt Meeresmanöver an allen Meeren durch. Kündigt die Manöver mit Belarus im Februar an.
Januar 2022 Dialog wird abgelehntRussland verneint die Absicht anzugreifen und fordert Dialog und Verhandlungen, schriftliche Antwort auf die Forderungen.
Januar-Februar 2022Ankunft von ca. 50 Flugzeugen mit 2000 Tonnen Waffen von NATO  
Februar 2022Baerbock fliegt nach Ukraine und verspricht „Beistand“ Treffen Putins mit Orban, Macron, mehrere Telefonate mit Macron. Scholz besucht Moskau und „tröstet“, dass die Ukraine nicht in EU kommt.
02. – 05.02.2022 4000 Soldaten nach Osteuropa verlegt 
10.02.2022  Vorher angekündigte Manöver RF und Belarus
11.02.2022Die Verletzungen von Waffenstillstand zu LDVR sind mehrfach gestiegen. Permanenter Beschuss. Viele Waffen sind in die Ukraine angekommen.Mehrere Länder verlangen von ihren Staatsbürgern, die Ukraine zu verlassen. USA verlegt weitere Truppen und Kampfflugzeuge nach Osteuropa. Steigerung der Propaganda „Russland wird angreifen“ 
15.02.2022  Anerkennung von LDVR (Duma)
Putin spricht mit Scholz, Hinweis auf Völkermord in Donbass, Bereitschaft zu Gesprächen.
Die russische Truppen werden von der Grenze abgezogen.
16.02.2022 NATO-Gipfel: Präsenz in Osteuropa wird erweitertRussland antwortet auf die Antwort USA auf Sicherheitsforderungen: Stellt fest, dass sie nicht ernst genommen wurden.
18.02.2022 Erhöhte Alarmbereitschaft für die Truppen. Die Bereitschaftszeiten auf 7 Tage drastisch verkürzt. Innerhalb von nur sieben Tagen wäre eine Verlegung der schnellen Eingreiftruppe NRF („NATO Response Force“) möglich, die beträgt 40.000 Soldaten.Test der strategischen Nuklearwaffen (vorher angekündigt). Massive Evakuierung der Bevölkerung aus LDVR (bis 700 000 Menschen).
19.02.2022Weiterhin massive Verstöße gegen Waffenruhe (OSZE, viele nicht gemeldet) Rede von Selenskyj auf Münchener Sicherheitskonferenz: Ukraine wird Atomwaffen bauen („schmutzige Bombe“)Keiner hatte etwas gegen Selenskyjs Ankündigung.LDVR beginnen mit Mobilisierung
20.02.2022  Russland und Belarus setzen Manöver fort aufgrund der Eskalation
21.02.2022  Offizielle Anerkennung der Volksrepubliken
22.02.2022 Sanktionen, Nord Stream 2-Arbeiten gestoppt 
23.02.2022Verkündigung Ausnahmezustand, Gesetz erlaubt das Tragen von Schusswaffen.Keine Anzeichen zu Änderung 
24.02.2022  Beginn der MSO. Ziele: Schutz der Bevölkerung im Donbass, die Entmilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine mit einem neutralen Status.

Die Absurdität des Arguments „die russischen Kapitalisten wollten nur expandieren und sich die ukrainische Wirtschaft unter den Nagel reißen“ wird angesichts dieser Ereignisse sehr deutlich. Ja, sicher, einige russische Kapitalisten verdienen dabei Geld, wir leben eben im Kapitalismus, hier passiert nichts, ohne dass sich eine Privatperson etwas in die Tasche steckt. Aber die russische Kompradorenbourgeoisie ist zu einem großen Teil aus dem Land ausgewandert, hat sich gegen die MSO gestellt und ihr eigenes Kapital in großen Mengen aus dem Land „gerettet“. Der angebliche Wunsch der Bourgeoisie, „sich auszudehnen“, kam irgendwie genau zu dem Zeitpunkt, als die NATO und die Ukraine Russland massiv bedrohten und in die Ecke getrieben haben.

Putin-Regierung versuchte immerhin, den Frieden wiederherzustellen, auch nach dem Beginn der MSO.

Bei den Verhandlungen in Istanbul wurde ein Dokument verabschiedet, das Putin erst 2023 bei einem Treffen mit afrikanischen Präsidenten zeigte: Russland zieht seine Truppen ab, die Ukraine lässt den Donbass und die Krim in Ruhe und begrenzt ihre Truppenstärke. Russland wurde zur MSO nicht provoziert, sondern gezwungen. Die MSO ist ein Verteidigungskrieg, der nicht einmal von Russland begonnen wurde, auch wenn er nicht auf formell russischem Territorium stattfindet (historisch gesehen ist das alles russisches Territorium, Novorossia und Malorossija, mit überwiegend russischsprachiger und zu Russland loyaler Bevölkerung, und so empfinden es alle, die dort kämpfen).

Interessant wäre hier auch die Frage: Warum ist die westliche Presse so voll von Beschreibungen der „schrecklichen Kriegsverbrechen“, die die Russen angeblich begangen haben? Das meiste davon, vor allem die „Massenvergewaltigungen“, entpuppten sich als Phantasien ganz konkreter Damen, die damit Geld verdienten.10«Мы работаем на информационном фронте» «Украинская правда» рассказала историю омбудсмена Людмилы Денисовой, которая обвиняла россиян в массовых изнасилованиях. Но ее заявления не удалось подтвердить — Meduza. Gute Schilderung der Situation von russischer oppositionellen Zeitung, die gegen MSO ist und auch am Ende ohne Beweise „doch die Vergewaltigungen“ erwähnt. Dann kam die Inszenierung von „Bucha“, wo die Leichen der von den Ukrainern oder durch ukrainischen Beschuss Getöteten einfach auf die Straße geworfen und gefilmt wurden, oder in die Massengräber gelegt und monatelang (waren sie nicht schon verwest?) den hohen Gästen aus dem Ausland vorgeführt wurden. Aber warum sollte die westliche Presse unbedingt solche „Beweise“ bekommen?

Weil sonst die Heuchelei der NATO offensichtlich würde: Wie kann man einen Angriffskrieg verurteilen, wenn man selbst regelmäßig, alle 5-10 Jahre, solche Kriege anzettelt? Warum darf sich die BRD in Afghanistan oder Mali einmischen und Russland nicht in der Ukraine, an der eigenen Grenze?

Dann würden auch die Bild-Leser sagen: Na ja… das ist russische Sache, vielleicht haben die ihre Gründe, wir mischen uns ja auch ein!

Ein Krieg reicht nicht aus, um Russenhass zu erklären. Und ohne Russenhass, wie kann man der Bevölkerung Waffenlieferungen, riesige Summen für die Aufrüstung rechtfertigen? Deshalb sollen die Russen nicht nur Aggressoren sein, sondern auch besonders brutale Mörder und Vergewaltiger, die es noch nie gegeben hat, die man vielleicht nur mit Hitler vergleichen kann…

So hat sich die Situation entwickelt, und so sind wir heute da, wo wir sind.

Wer unterstützt die eigene Bourgeoisie?

Die Marxisten, die den „russischen Imperialismus“ verurteilen, halten sich für sehr links und revolutionär. Sie unterstützen „keine imperialistischen Regierungen“. Sie sind nur für die Arbeiterklasse, gegen alle Bourgeoisien. Auch gegen die chinesische und die russische. Sie sind wie Lenin 1914! (nur dass es nicht 1914 ist, aber das macht nichts). Sie kämpfen sehr hart gegen „Revisionisten und Opportunisten“, die es wagen, eine andere Meinung zu haben. Und ja, sie sind nur wissenschaftlich! (egal, dass die Realität nicht mit ihren Theorien übereinstimmt) und sehen die Welt dialektisch, im Vergleich zu anderen, Metaphysikern (ob sie Hegel gelesen haben, ist eine andere Frage).

Gerne wiederholen sie den Satz von Karl Liebknecht: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“

Für russische Kommunisten wäre das vielleicht noch verständlich. Die russischen Kommunisten stehen oft vor einer ungewohnten Situation: Sie haben Jahre und Jahrzehnte gegen die eigene Bourgeoisie und den bürgerlichen Staat gekämpft, und was nun? Das ist die Situation, auf die jeder anders reagiert. Ob sie die Regierung von einer „patriotischen“ Seite aus kritisieren (wie es die KPRF tut) oder ob sie auch gegen die MSO sind (das sind die wenigsten), für sie bleibt der Hauptfeind im eigenen Land. Auch wenn die NATO es bedroht: dennoch das größte Gefahr kommt von der eigenen verräterischen Bourgeoisie.

Aber was ist mit den europäischen, mit den deutschen oder auch griechischen Kommunisten, die jetzt „gegen alle Imperialismen“ sind?

Sie sind zwar gegen die NATO (wenn sie nicht wirklich alle Kräfte nur für den „Kampf gegen die Opportunisten“ einsetzen), aber die NATO ist an diese Proteste längst gewöhnt. Das ist normal. Die Friedensbewegung in Deutschland hat ihre Traditionen: Ostermärsche, eine Ramstein-Demonstrationswoche im Juni… Wann hat sich NATO oder Regierungen jemals besonders für diese Bewegung interessiert, die längst nicht mehr die Ausmaße der 1960er Jahre hat, als sie auch von der BRD-Regierung verfolgt wurde. Ein paar Dutzend Leute vor den Toren von Ramstein, na, das zeigt doch nur, dass wir eine „Demokratie“ haben, dass hier jeder seine Meinung sagen darf und nicht gleich ins Gefängnis kommt. Die machen ja nichts Schlimmes, die stören ja nicht.

Da fällt mir ein Satz ein: „Was ist Demokratie? Das ist die Situation, in der der Mensch selbst merkt, dass er gegen die Staatsmacht kämpft, und die Staatsmacht merkt es nicht“.

Ihr „Kampf gegen die NATO“ ist also rein symbolisch.

Die andere Seite ist viel schwächer, zumindest war sie das im Jahr 2022. Sie wurde z.B. durch die Russen repräsentiert, die in der BRD leben (und das sind die Proletarier!) und den ganzen Russenhass ertragen müssen. Haben die „echten Marxisten“ wenigstens Solidarität mit diesen Menschen gezeigt? Mitnichten. Das hat die rechtspopulistische AfD übernommen, die sogar einen Rechtsbeistand für die Russen eingerichtet hat. Damit macht sich AfD zusätzliche Werbung bei der unzufriedenen Bevölkerung und verdeckt die Tatsache, dass ihr Programm die Mitgliedschaft in der NATO unterstützt, und die Leitung komplett proimperialistisch ist.

Dafür waren diese „Kommunisten“ solidarisch mit „verfolgten Kriegsgegnern in Russland“. Wer sind diese Kriegsgegner? Entweder Anhänger der liberalen, prowestlichen Ideologie um die Nawalny-Bewegung oder russische Nazis, die die Ukraine massiv unterstützen (und sogar terroristische Aktionen organisieren). Aber es interessiert sie nicht, mit wem sie „solidarisch“ sind, es ist nicht wichtig: Hauptsache, nach ihrer Theorie, gibt es diese „verfolgten Kriegsgegner”.

Sie wiederholen die ganze bürgerliche Propaganda oder widersprechen ihr nicht. Angriffskrieg? Ja, natürlich – wir haben die NATO für ihre Angriffskriege kritisiert, jetzt kritisieren wir Russland, weil das „dasselbe“ ist. „Kriegsverbrechen“? – Wir sind sicher, dass Kriegsverbrechen von beiden Seiten begangen werden”. Beweise brauchen wir nicht oder wir glauben den „Beweisen” der eigenen Medien.

So erweisen sich diese „Kommunisten“ als nützliche und bequeme Unterstützer der eigenen Regierung. Dass sie dabei „NATO-Gegner“ sind, ist noch besser, so kann die bürgerliche Propaganda behaupten, dass auch die Friedensfreunde, auch die NATO-Gegner doch Russland verurteilen. Ihr Protest gegen die NATO oder gegen Waffenlieferungen (wenn überhaupt!) hat genau null Wirkung. Das interessiert niemanden, weil die Leute schon von der „Ampel“-Regierung, die aus angeblich „linken“ Parteien wie der PdL besteht, die Nase voll haben. Diese Position ist nicht gefährlich – die Regierung sieht diese Position als Unterstützung (Hauptsache, gegen Russland) und bestraft sie nicht. Im Gegensatz zu den „bösen“ prorussischen Kämpfern, die es wagen, ein georgisches (übrigens, sowjetisches) Band zu tragen, irgendwo den Buchstaben Z zu malen oder zu behaupten, Russland habe seine Gründe, sich zu verteidigen. Dafür gibt es bereits mehrere Strafverfahren – mit denen die „Kommunisten“ keineswegs solidarisch sind. Schließlich sind sie gute Bürger. Sie fallen nicht unter den § 140 und rechtfertigen nicht den „russischen Imperialisten“, brauchen also keine Angst vor dem eigenen „Hauptfeind“ zu haben.

Ich will damit nicht sagen, dass sie diese Überzeugung nur aus Bequemlichkeit, aus Angst vor „blauen Bohnen“ oder weil sie Opportunisten sind, pflegen. Nein, ich hoffe, dass ihre Verurteilung Russlands zumindest ehrlich gemeint ist.

Aber man kann nicht leugnen – es ist auch sehr bequem, in Europa solche Ansichten zu haben. Es wäre nicht so bequem, wenn wir wirklich eine Arbeiterbewegung hätten, dann würden Tausende von Arbeitern zu ihnen kommen und Fragen stellen, das wäre schwierig und sehr gefährlich, denn dann hätten sie wirklich ihr Leben riskiert, wie Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Aber zu sagen, wir sind nur für die Arbeiterbewegung, wenn es keine Arbeiterbewegung gibt, ist wirklich sehr einfach. Ich wiederhole: Ich glaube nicht, dass sie das aus Bequemlichkeit tun, nein, sie glauben aufrichtig, dass sie „keine Imperialisten“ unterstützen wollen.

Nur, dass es eine sehr passende Überzeugung ist, und dass sie damit massiv diesen „Hauptfeind“ unterstützen, der für sie angeblich „im eigenen Land“ steht. Ihr erbitterter Kampf gegen den „Opportunismus“ derer, die doch Russland unterstützen, ihre spalterische Tätigkeit kommt noch hinzu: So helfen sie dem Hauptfeind noch einmal, indem sie fähige und kämpferische Genossen einfach abstoßen und wegmobben, dass die Organisationen sich spalten und teilen. Ich wünsche mir diese Spaltung nicht. Aber de facto ist sie bereits eingetreten. Und es hat keinen Sinn, sie zu verbergen.

Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Die Völker der Welt sind in Bewegung gekommen, nicht so, wie es die „Marxisten-Leninisten“ vielleicht erwartet haben, aber die Geschichte, das wirkliche Leben ist viel reicher und komplizierter als jede theoretische Konstruktion, und unsere Aufgabe ist es schließlich, diese lebendige Bewegung, diese Geschichte zu verstehen und zu erklären, und nicht, sie um jeden Preis in die Enge der Theorie zu zwingen. Ich möchte diesen Artikel mit den Worten des Verteidigungsministers der sozialistischen DVRK, Kang Sun-Nam, schließen:

„Ich bin fest davon überzeugt, dass der Tag kommen wird, an dem die heldenhafte russische Armee mit der geistigen und materiellen Unterstützung gerechter und fortschrittlicher Kräfte, die größer sind als der kollektive Westen unter Führung der USA, eine weitere ruhmreiche Seite in der Geschichte des großen Sieges im Krieg schreiben wird.“11Presseerklärung des Verteidigungsministers der DVRK, Kang Sun-nam

Quellen

Aktuelles

„Der nationale Befreiungskampf ist eine Form des Klassenkampfes“. Interview mit Anwar Khoury – Teil 1 / “The national liberation struggle is a form of...

In Teil 1 des Interviews mit Anwar Khoury, Mitglied des ZK der Palästinensischen Kommunistischen Partei (PalCP), geht um die jüngere Geschichte der kommunistischen Bewegung in Palästina, um die sog. Zweistaatenlösung, um die Strategie der nationalen Befreiung und um die Alliierten im antikolonialen und antiimperialistischen Kampf in der Region.Part 1 of the interview with Anwar Khoury, member of the Central Committee of the Palestinian Communist Party (PalCP), introduces the PalCP, discusses the so-called two-state solution, the strategy of national liberation and the allies in the anti-colonial and anti-imperialist struggle in the region.

Spendet für Gaza! Ein Aufruf und eine Kritik

Wir teilen hier drei ausgewählte Spendenaufrufe für Gaza. Zugleich wollen wir konkret über die Probleme der humanitären Hilfe aufklären, wie sie sich derzeit im Gazastreifen stellen. Denn klar ist: So notwendig humanitäre Hilfe auch ist – die Menschen in Gaza und in ganz Palästina brauchen neben Brot auch Freiheit, und die kriegen sie nicht gespendet.