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8. Mai 2020: 75 Jahre Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus

Am 8. Mai 1945 kapitulierte die faschistische deutsche Wehrmacht vor den alliierten Siegermächten. Der Zweite Weltkrieg war damit in Europa beendet. Bereits zum zweiten Mal nach 1918 war der deutsche Imperialismus geschlagen. Diesmal endgültig, wie es schien. Nicht nur die deutschen Kommunisten hofften darauf, dass dem Sozialismus in Deutschland die Zukunft gehören würde. Heute wissen wir es besser. Nach 40 Jahren Sozialismus hat die Konterrevolution 1989 die DDR beseitigt. Der deutsche Imperialismus hat erneut eine führende Rolle in Europa eingenommen.

Geschichtsfälschende Positionen wie die des AfD-Fraktionschefs Alexander Gauland, der den Faschismus unlängst als „Fliegenschiss in der Geschichte“ bezeichnete und im Hinblick auf den 8. Mai 1945 argumentierte, dass dieser „ein Tag der absoluten Niederlage, ein Tag des Verlustes von großen Teilen Deutschlands und des Verlustes von Gestaltungsmöglichkeit“ sei, machen deutlich, dass um die Geschichte gerungen werden muss.

Doch werfen wir zunächst einen Blick in die Geschichte. Wie konnte es nur 21 Jahre nach dem 1. Weltkrieg überhaupt wieder zu einem neuen großen Krieg kommen?

Die Situation vor dem Zweiten Weltkrieg

Das Kriegsende 1918 hatte weitreichende Folgen – politisch wie ökonomisch.

In Russland hatte sich mit der Oktoberrevolution die Sowjetunion (SU) als erster sozialistischer Staat gegründet und trotz aller Versuche der imperialistischen Länder die SU zu vernichten, hatte sich der Sozialismus dort konsolidiert. Das Vorbild des russischen Proletariats, das sich des Zarismus entledigt hatte und nun den eigenen Staat aufbaute, strahlte in die Welt hinaus. In zahlreichen Ländern organisierten sich die Arbeiter in (neu gegründeten) kommunistischen Parteien. International schufen sie sich mit der Kommunistischen Internationalen eine Struktur, um den Klassenkampf zu organisieren.

Auch in Deutschland hatte sich mit der KPD eine kommunistische Partei gegründet. Trotz der gescheiterten Novemberrevolution konnte sie ihren Einfluss in der Arbeiterklasse schnell ausbauen. Denn sie benannte klar die Widersprüche des kapitalistischen Systems, die in den 1920er und 1930er Jahren offen zutage traten.

Das deutsche Kapital hingegen war nach dem Frieden von Versailles in seiner Handlungsfähigkeit zunächst eingeschränkt. Der neu gegründeten Weimarer Republik wurden strenge wirtschaftliche Beschränkungen auferlegt und auch politisch war ihr Handlungsrahmen eng. Revanchistische Kräfte nutzten diese Situation für sich, um beispielsweise mit der Dolchstoßlegende – nach der die revolutionären Matrosen, Soldaten und Arbeiter Schuld an der Niederlage des deutschen Reiches im 1. Weltkrieg hätten – Oberwasser zu gewinnen. Spätestens seit dem Hitler-Ludendorff-Putsch 1923 tat sich auch Adolf Hitler mit seiner faschistischen Partei, der NSDAP, hervor.

Aber auch international spitzten sich die Widersprüche zwischen den imperialistischen Staaten zu. Die Neuaufteilung der Welt war in vollem Gange. Die USA waren durch den 1. Weltkrieg zu einer Weltmacht aufgestiegen, auch wenn sie keine Kolonialmacht darstellten. Deutschland hingegen hatte seine Kolonien weitestgehend verloren und auch Japan und Italien sahen sich durch die Nachkriegsordnung benachteiligt. Alle imperialistischen Staaten verfolgten außerdem das Ziel, die Sowjetunion als sozialistischen Staat zu beseitigen.

Ökonomisch zeichnete sich in den 1920er Jahren bereits die kommende Krise des kapitalistischen Systems ab. Am 25. Oktober 1929 war es schließlich so weit: der sogenannte „Schwarze Freitag“, ein Börsencrash an der Wallstreet in New York, löste die bis dato schwerste Krise aus. Die Folgen dieser Wirtschaftskrise sind uns bis heute im Gedächtnis geblieben und erscheinen vor dem Hintergrund der aktuellen Krise erschreckend vertraut: weite Teile der Arbeiterklasse weltweit verelendeten, überall in Europa und den USA erlebten faschistische und reaktionäre Kräfte einen Aufschwung. In Deutschland wurde den Faschisten 1933 die Macht übertragen.

Aber auch schon vor 1933 zeichnete sich ab, dass die NSDAP die Partei des Kapitals ist. Die anhaltende Krisensituation und eine starke Arbeiterbewegung hatten zur Folge, dass das Kapital mit dem Faschismus auf eine anderen Form bürgerlicher Herrschaft zugriff.

Unterstützt wurde die NSDAP vor allem von verschiedenen Großindustriellen – spätestens nach der Machtübergabe 1933 dann auch ganz offen.

Unmittelbar nach ihrem Machtantritt zerschlugen die Faschisten die Arbeiterbewegung und begannen mit der Aufrüstung für den Krieg. Denn letztlich stellte der Zweite Weltkrieg den einzigen Ausweg aus der Krise für die Herrschenden dar.

Er markiert für die Menschheit das dunkelste Kapitel ihrer Geschichte, für die Kapitalisten war er jedoch der Heilsbringer, der Anschub, der die kapitalistische Maschinerie auf Kosten von Millionen Opfern wieder zum Laufen brachte.

Zum Kriegsverlauf

Das faschistische Deutschland begann den Krieg am 1. September 1939 mit dem Überfall auf Polen. Frankreich und England erklärten dem deutschen Reich daraufhin den Krieg, blieben jedoch passiv. Nach dem für das deutsche Reich positiven Kriegsverlauf 1940 an der Westfront und der Besetzung Frankreichs, überfielen die faschistischen Truppen schließlich am 22. Juni 1941 die Sowjetunion.

Der Krieg gegen die Sowjetunion hatte von Anfang an einen anderen Charakter als der Krieg im Westen. Hier trat der Konflikt zwischen Sozialismus und Imperialismus offen zu Tage. Deshalb gingen die Faschisten mit brutaler Härte auch gegen die Zivilbevölkerung vor – erklärtes Ziel des „Vernichtungskrieges“ im Osten war die Auslöschung des Sowjetvolkes und die Schaffung von „Lebensraum im Osten“. So verloren letztlich mehr als 25 Millionen Sowjetbürger ihr Leben im „Großen Vaterländischen Krieg“, wie der 2. Weltkrieg bis heute in Russland genannt wird.

Tatsächlich konnten die Faschisten zunächst auch die Rote Armee bis vor die Tore Moskaus zurückzudrängen. Einen Wendepunkt im Krieg stellte die Schlacht um Stalingrad zur Jahreswende 1942/1943 dar, denn auch wenn die Sowjetunion einen schrecklichen Blutzoll für die Verteidigung Stalingrads zahlen musste – mehr als eine Millionen Soldaten und Zivilisten fanden den Tod – gelang es, die faschistische 6. Armee und damit auch den Mythos der Unbesiegbarkeit der Faschisten zu zerschlagen.

Der Krieg war nach der Schlacht um Stalingrad und dem Kriegseintritt der USA für das deutsche Reich im Grunde verloren. Die Hauptlast des Krieges hatte auch in seinem weiteren Verlauf die Sowjetunion zu tragen, auch weil die Westalliierten sich zunächst lange verweigerten, die „Zweite Front“ im Westen zu eröffnen. Als auch die Faschisten erkannten, dass der Krieg verloren war, begannen sie Verhandlungen mit den Westalliierten über einen Separatfrieden, um den Krieg gegen die Sowjetunion und den Sozialismus gemeinsam fortzuführen.

So dauerte es noch mehr als zwei Jahre bis die Rote Armee Berlin erreichte und die Rote Fahne über dem Reichstag gehisst werden konnte.

Lieber ein halbes Deutschland ganz als ein ganzes Deutschland halb“ – Folgen des 8. Mai 1945

Unmittelbar nach dem militärischen Sieg über den deutschen Faschismus zerbrach das Bündnis der Anti-Hitler-Koalition. Der Systemkonflikt zwischen den kapitalistischen Siegermächten Großbritannien, Frankreich, USA und der sozialistischen Sowjetunion trat bereits auf der Potsdamer Konferenz offen zutage. So wurde Deutschland in vier Besatzungszonen unter den Siegermächten aufgeteilt. Und auch wenn man sich hier mit den „4 D´s“ (Denazifizierung, Demilitarisierung, Demokratisierung, Dezentralisierung) auf ein gemeinsames Vorgehen im Bezug auf das zerstörte und besiegte Deutschland einigte, wurde dieser Beschluss lediglich in der sowjetischen Besatzungszone umgesetzt. Hier wurden allein bis 1948 insgesamt 520.734 Ex-NSDAP-Mitglieder aus ihren Positionen entfernt und so Justiz, Verwaltung und Betriebe von Faschisten gesäubert. Die Bodenreformen und Enteignungen nahmen den Kapitalisten außerdem auch ihre ökonomische Macht. In den westlichen Zonen hingegen kamen die Faschisten und alte Eliten schnell wieder in Amt und Würden und auch in der Industrie hatten schnell wieder die alten Kapitalisten das Sagen. Die Folge war, dass zahlreiche Kommunisten und Antifaschisten nur kurz nach Ende des Faschismus erneut inhaftiert wurden. Schließlich war von Anfang an klar, dass die Sowjetunion und die mit ihr verbündeten sozialistischen Staaten nun wieder der Hauptfeind waren.

Während die Sowjetunion trotz dieser Situation mehrere Versuche unternahm, sich für ein vereintes freies und demokratisches Deutschland einzusetzen, verweigerten die Imperialisten dies. Adenauer brachte die Haltung der kapitalistischen Staaten 1952 als Antwort auf die sogenannte Stalin-Note, ein weiteres Angebot zur Vereinigung der beiden deutschen Staaten, mit dem Ausspruch „Lieber ein halbes Deutschland ganz als ein ganzes Deutschland halb“ auf den Punkt.

1949 kam es also zunächst zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland (BRD) auf dem Gebiet der westlichen Zonen und kurz darauf auch zur Gründung der Deutschen Demokratischen Republik in der sowjetischen Zone. Berlin wurde geteilt und somit zur Frontstadt im Systemkonflikt. Über 40 Jahre hinweg stand das geteilte Deutschland für den Systemkonflikt zwischen Sozialismus und Kapitalismus.

Auch international hatte das Ende des Zweiten Weltkrieges gewaltige Folgen. Der militärische Sieg über den Faschismus nicht nur in Deutschland, war die Grundlage für den Aufstieg der Sowjetunion zur Weltmacht. In zahlreichen Ländern gelang es den kommunistischen und Arbeiterparteien mit Unterstützung der Sowjetunion, den Aufbau des Sozialismus oder zumindest die Organisierung der Arbeiterklasse voranzutreiben. Die Befreiungsbewegungen in den ehemaligen Kolonien erhielten enormen Auftrieb und konnten sich der Solidarität der sozialistischen Staaten gewiss sein. Der Sozialismus befand sich auf dem Vormarsch und es sah aus, als ob es den Imperialisten nicht gelingen würde, die Befreiung der Menschheit aufzuhalten. Der Imperialismus reagierte auf diese neue Situation in verschiedenen historischen Phasen unterschiedlich. Einerseits wurden, vor allem natürlich durch die USA, zahlreiche (Stellvertreter-)Kriege geführt, wie beispielsweise in Korea oder in Vietnam, um den Sozialismus zurückzudrängen. Andererseits gab es teilweise eine Politik der Entspannung, die ebenfalls das Ziel verfolgte, den Sozialismus zu beseitigen. Der Sozialismus geriet so natürlich unter Druck von außen.

Auf der anderen Seite müssen wir konstatieren, dass sich im Laufe der Zeit revisionistische Vorstellungen und Positionen in der internationalen kommunistischen Bewegung durchsetzen konnten. Dies zeigte sich inhaltlich beispielsweise in verschiedenen Vorstellungen eines friedlichen Übergangs zum Sozialismus, aber auch organisatorisch bereits sehr früh, beispielsweise in der Auflösung der kommunistischen Internationale und der Überbetonung der Idee der „nationalen Besonderheiten“ im Kampf um den Sozialismus. Dennoch besteht kein Zweifel daran, dass die Sowjetunion und die DDR bis 1989 sozialistische Staaten waren und ihre Entwicklung Teil unserer Geschichte sind, die wir aufarbeiten werden.

Der 8. Mai 2020 – Erinnern heißt Kämpfen

Die Konterrevolution in der DDR und der Sowjetunion bedeutete das vorläufige Ende des Sozialismus in Deutschland und Europa. Die Krisenhaftigkeit des Kapitalismus macht aber deutlich, dass die Zeit für einen neuen Anlauf zum Sozialismus mehr als reif ist.

Die kommende Krise wird die Arbeiterklasse hart treffen. Längst ziehen auch bürgerliche Ökonomen Vergleiche zur Weltwirtschaftskrise von 1929. Tatsächlich wurde bereits (Stand heute) für mehr als 10 Millionen Menschen in Deutschland in Kurzarbeit beantragt, das sind deutlich mehr als in der Krise von 2009. Auch die Arbeitslosenzahlen steigen bereits – und das trotz der Milliardenhilfen für das Kapital durch die Regierung. Bezieht man die Situation in anderen Ländern wie den USA mit ein, so ist klar, dass die Arbeiterklasse sich auf schwere Angriffe durch das Kapital vorbereiten muss.

Hinzu kommt der katastrophale Umgang der Regierungen mit der Corona-Pandemie. Die Maßnahmen zum Gesundheitsschutz sind mangelhaft und alle Maßnahmen sind möglichst den Bedürfnissen der Industrie angepasst. Das Beispiel Kubas führt uns hier gerade deutlich vor Augen, was es in einer Pandemie bedeutet, wenn ein System für die Menschen da ist und nicht für das Kapital. Denn nur der Sozialismus ist in der Lage, Probleme wie eine Viruspandemie planvoll, auf wissenschaftlicher Basis und mit dem Fokus auf die Gesundheit und die Sicherheit der Menschen zu lösen. Denn nur der Sozialismus ist in der Lage uns von Krise, Krieg und Ausbeutung zu befreien.

Aber auch im Hinblick auf die steigende Kriegsgefahr durch die sich zuspitzenden innerimperialistischen Widersprüche und die Verschiebungen auf dem Weltmarkt wird der Kampf um den Sozialismus immer dringlicher. Bereits vor der aktuellen Krise war offensichtlich, dass die Spannungen zunehmen. So hat beispielsweise der Handelskrieg zwischen China und den USA offen gelegt, dass die USA um ihre Rolle als führendes imperialistisches Land bangen müssen. Aber auch das gegen Russland gerichtete geplante NATO-Manöver Defender 2020 oder die Diskussion um die Erhöhung des Militäretats auf 2% des BIP zeigen deutlich, dass die Herrschenden sich bereits auf den nächsten Krieg vorbereiten. Auch die momentan in Deutschland geführte Diskussion um die Anschaffung neuer Kampfjets, die auch Atom-Sprengköpfe tragen können, weist in diese Richtung.

Unsere Aufgabe ist es, ihnen das Handwerk zu legen und zu verhindern, dass sie die Arbeiterklasse weltweit erneut in einen Krieg stürzen. Für einen neuen Anlauf zur Revolution und zum Sozialismus ist es notwendig, dass wir uns organisieren und den Aufbau einer schlagkräftigen kommunistischen Partei und einer kommunistischen Internationale vorantreiben. Von grundlegender Bedeutung für dieses Ziel ist der Klärungsprozess. Denn nur die Klarheit in den inhaltlichen Streitfragen der kommunistischen Weltbewegung, aufbauend auf einer selbstkritischen Auswertung unserer Erfahrungen, schafft die Grundlage für diesen Aufbauprozess (siehe unser BolscheWiki).

Die Rote Armee hat die Grundlage dafür geschaffen, dass über 40 Jahre der Sozialismus in Deutschland geherrscht hat. Durch den Einsatz und den Kampfeswillen des sowjetischen Proletariats wurde der Sozialismus in die Welt getragen und mehr als 1/3 der Welt den Klauen des Imperialismus entrissen. Seine Bereitschaft für den Sozialismus zu kämpfen, war der Arbeiterklasse in den Ländern der Welt ein Vorbild.

Sein Andenken ehren wir am besten, indem wir dafür kämpfen, dass die rote Fahne erneut über dem Reichstag weht und wir in einer befreiten, sozialistischen Gesellschaft leben.

Aktuelles

Podcast #45 – On the 20th Anniversary of the CPGB-ML and the Current Situation in Britain

We talked with Ella Rule, chair of the Communist Party of Great Britain (Marxist - Leninist), about the current political situation in Britain after the general election, the party’s work in the Palestine movement, and the repression against them. Additionally, we learned about the party’s development, their origins, challenges, and achievements.

Schönfärberei des Imperialismus: Die westliche „Linke“ und Venezuela

Wir spiegeln einen Debattenbeitrag von Lukas Koerner und Ricardo Vaz, der sich mit einer "linken" Kritik an der Maduro-Regierung im Kontext der jüngsten Wahlen in Venezuela beschäftigt, die uns auch in Deutschland begegnet: "Jedes Mal, wenn die Bolivarische Revolution in Venezuela erneut mit Bedrohungen ihres Überlebens konfrontiert ist, ist eine Schicht von in den USA ansässigen Intellektuellen immer bereit, "linke" Kritik zu üben, die die permanente imperialistische Belagerung des Landes absichtlich verschleiert."