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Das Ende der INF-Verträge als Ausdruck der wachsenden Kriegsgefahr
Wie US-Präsident Trump vor einigen Tagen erklärte, werden die USA aus den INF-Verträgen mit Russland aussteigen. Die „Intermediate Range Nuclear Forces“-Verträge (also kurz „INF-Verträge“) sind ein Abrüstungsabkommen über atomare Waffen, das 1987 zwischen den USA und der Sowjetunion geschlossen wurde. Genauer ging es damals um die Vernichtung aller nuklearen landgestützten Flugkörper mit einer mittleren, das heißt zwischen 500 und 5500 km weiten Reichweite, sowie die Einstellung von deren Produktion und Testversuchen. Damals war es ein bedeutender Schritt hin zu genereller Abrüstung zwischen den USA und der Sowjetunion, die mit der jahrzehntelangen Bedrohung durch die NATO ihrerseits zu militärischer Aufrüstung genötigt war — was im bürgerlichen Sprachgebrauch verzerrend auch als „Wettrüsten“ bezeichnet wird, obwohl der Drang zur Aufrüstung eindeutig vom US-Imperialismus ausging und auch eine bewusste Strategie darstellte, um die Sowjetunion ökonomisch zu untergraben. Nach dem Ende der Sowjetunion wandelte der Vertrag seine Gestalt von einem Zügel der Aggression gegen die sozialistischen Länder hin zu einem Ausdruck des internationalen imperialistischen Kräfteverhältnisses: das Abkommen existierte zwischen den USA, Russland und anderen aus der Sowjetunion hervorgegangenen Staaten fort.
Nachdem Trump es schon in den letzten Monaten immer wieder angekündigt hatte, wollen die USA das Abkommen nun tatsächlich kippen. Begründet wird das Ganze mit dem Vorwurf, Russland habe die Verträge in der Vergangenheit bereits nicht mehr befolgt, indem es landgestützte Marschflugkörper mit mittlerer Reichweite hergestellt und stationiert habe. Russland weist dies zurück, reagiert seinerseits ebenfalls mit dem Vorwurf, die USA hätten das Abkommen mit dem Einsatz ballistischer Mittelstreckenraketen verletzt und kündigte nun auch seinen Ausstieg an. Damit werden aller Wahrscheinlichkeit nach die INF-Verträge nach Ablauf der sechsmonatigen Frist im Laufe dieses Jahres Geschichte sein.
Ohne sich tiefer in die gegenwärtige Schlammschlacht um die Fragen, welcher der beiden imperialistischen Staaten den Vertrag jetzt wie und wann verletzte, zu begeben, schätzen wir ein, dass der von den USA geäußerte Vorwurf lediglich ein Vorwand ist, um aus dem Abkommen auszusteigen. Das ist allein schon daran erkennbar, dass die USA das Angebot Russlands, an Inspektionen ihrer Raketen teilzunehmen, abgelehnt haben.
Der Schritt des Austritts war vorhersehbar und notwendig für den US-Imperialismus. Die Widersprüche im imperialistischen Weltsystem spitzen sich seit Langem und in letzter Zeit immer extremer zu. Da militärische Interventionen und Kriege ein reales Mittel der imperialistischen Einflusssicherung und Neuaufteilung der Welt sind, besteht eine Notwendigkeit zur Aufrüstung. Nukleare Waffen spielen dabei mit ihrer Abschreckung und unvergleichlichen Auswirkung eine besondere Rolle für die imperialistischen Staaten und Bündnisse.
Die USA tragen bis dato das Alleinstellungsmerkmal, Raketen außerhalb ihres eigenen Territoriums stationiert zu haben — für sie ein strategischer Vorteil, für die Völker der Welt eine akute Bedrohung. Doch die Kräfteverhältnisse verändern sich: gerade der aufstrebende chinesische Imperialismus, der nicht von den Richtlinien des INF-Abkommens betroffen ist, stellt für die um ihren Weltmachtstatus bangende USA einen Konkurrenten im atomaren Wettrüsten dar. Nicht zuletzt deshalb wurde auch trotz der INF-Verträge Aufrüstung betrieben. Denn auch wenn sie bei ihrer Entstehung für die sozialistischen Länder eine Eindämmung der imperialistischen Aggression bedeuteten, ist die Hoffnung in solche Verträge als den Frieden sichernde Mittel illusorisch. Mit der Aufkündigung des INF-Abkommens geht der US-Imperialismus nun klar in die Offensive.
Die imperialistische Aufrüstung und Mobilmachung wächst weltweit und führt uns vor Augen, dass die Gefahr imperialistischer Auseinandersetzungen — also auch eines neuen großen imperialistischen Krieges mit verheerenden Folgen — wächst. Es ist klar, dass diese steigende Kriegsgefahr nicht im Interesse der Arbeiterklasse und der breiten Volksmassen liegt. Zunehmende Aggression, kriegerische Auseinandersetzungen und erst recht der Einsatz nuklearer Waffen bedeuten für uns nichts als Tod und Zerstörung. Wollen wir aber dies verhindern, müssen wir die Wurzel der Kriegsgefahr klar benennen: es ist der Imperialismus selbst. Er trägt den Krieg notwendigerweise in sich, solange es Imperialismus gibt, kann es keinen dauerhaften Frieden geben. Folglich ist es zwecklos, Illusionen in die Friedensfähigkeit der imperialistischen Länder zu hegen, ob mit oder ohne Abrüstungsverträgen.
Gerade seitens der Bundesregierung hören wir derzeit besorgte Stimmen und Aufforderungen an die USA, die INF-Verträge doch noch irgendwie zu retten. Es ist verlogen, diese Statements als Einsatz für den Frieden zu deklarieren, angesichts der Tatsache, dass die BRD ebenfalls seit Jahren aufrüstet. Es ist heuchlerisch, wenn sich die SPD mit Abrüstungs-Aufrufen in Szene setzt, während sie vor Kurzem noch den größten Rüstungshaushalt für die Bundesrepublik seit 1990 absegnete. Aus der CDU wie auch aus diversen Institutionen des Imperialismus häufen sich die Stimmen, die für eine atomare Bewaffnung Deutschlands plädieren, sollte der US-„Schutzschild“ wegfallen bzw. die eingeschätzte Bedrohungslage zu groß werden. Unschwer lässt sich erkennen, wie der deutsche Imperialismus unverfroren die Situation nutzt, um seine eigene Aufrüstung voranzutreiben.
Aber auch die Hoffnung, andere imperialistische Länder wie Russland oder China könnten Frieden garantieren oder würden gar „objektiv antiimperialistisch“ agieren, ist zum Scheitern verurteilt. Zwar werden beide Länder von der NATO bedroht und in die Defensive gedrängt. Diese Kräfteverhältnisse anerkennend setzen wir sie in dieser Situation nicht etwa gleich mit den USA. Doch die Kapitalisten, die auch in diesen Ländern die herrschende Klasse darstellen, handeln entsprechend ihrer ökonomischen und nicht allgemein-menschlicher Interessen. Wenn die imperialistischen Staaten mit den Säbeln rasseln, wenn sie die Waffen gegeneinander richten, dürfen sich die Völker nicht auf diese oder jene Seite ihrer Auseinandersetzung schlagen, auch nicht auf die vermeintlich oder tatsächlich unterlegene.
Neben einer genaueren Analyse der Interessen und Pläne der BRD im Zuge des Scheiterns der INF-Verträge muss unsere jetzige Aufgabe sein, über die imperialistische Kriegsgefahr aufzuklären. Jedoch können wir nicht bei Warnungen und Appellen stehenbleiben, wir müssen aufzeigen, dass nur die Arbeiterklasse selbst letztendlich den Krieg abwenden kann: mit dem Kampf gegen die Aufrüstung und Mobilmachung, mit der Zerschlagung des Imperialismus, mit der Entmachtung der Kriegsprofiteure, mit der Errichtung ihrer eigenen Herrschaft. Nur so kann sie dem Imperialismus Schläge versetzen, wie die Sowjetunion und die anderen real existierenden sozialistischen Länder schon einmal in der Geschichte bewiesen.
Krieg dem imperialistischen Kriege! Sozialismus oder Barbarei!