Anmerkung der Redaktion der Kommunistischen Organisation (KO): Am 2. November 2023 wurde das palästinensische Gefangenensolidaritätsnetzwerk Samidoun vom Bundesinnenministerium unter Nancy Fauser (SPD) per Exekutivakt in Deutschland verboten. Mitte Oktober erklärten dann sowohl die USA als auch Kanada die Organisation in einer konzertierten Aktion zur „Terrororganisation“.
Wir veröffentlichen hier eine ins Deutsche übersetzte Solidaritätserklärung, die unmittelbar nach dieser Einstufung als „terroristisch“ von Unity of Fields veröffentlicht wurde. Wir halten diesen Text für ein wichtiges Dokument, weil er sich angesichts der Kriminalisierung von Samidoun und der damit verbundenen drohenden Kontaktschuld entschieden gegen jegliche Distanzierungen ausspricht und zudem eine starke Haltung in Bezug auf den antiimperialistischen Kampf in den imperialistischen Metropolen vertritt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir alle in diesem Text vertretenen Positionen – wie etwa die Einschätzung, dass in den USA Faschismus herrsche – teilen bzw. bewerten könnten.
Anmerkung der Redaktion von Unity of Fields: Die folgende Erklärung wurde am 16. Oktober 2024 von Unity of Fields aus Solidarität mit dem Samidoun – Palästinensisches Gefangenensolidaritätsnetzwerk abgegeben, nachdem das Finanzministerium der Vereinigten Staaten eine Liste mit sanktionierten Organisationen und Einzelpersonen veröffentlicht hatte und Kanada die Organisation als „terroristische Vereinigung“ einstufte.
Der Angriff auf Samidoun ist ein Angriff auf die gesamte antiimperialistische Bewegung und markiert den Beginn einer Welle der umfassenderen Kriminalisierung und Repression von Äußerungen, die den Widerstand unterstützen.
Am 15. Oktober 2024 stuften die USA das Palästinensische Gefangenensolidaritätsnetzwerk (Samidoun) unbegründet als Specially Designated National [„Besonders benannte Staatsangehörige“, Anm. KO] (SDN) ein, indem sie es kurzerhand auf die Liste der sanktionierten Organisationen und Einzelpersonen des Finanzministeriums setzten. Gleichzeitig erklärte Kanada Samidoun gemäß dem kanadischen Strafgesetzbuch zu einer „terroristischen Vereinigung“. Samidoun, seit Langem Ziel staatlicher Repression und liberal-zionistischer Aufstandsbekämpfung innerhalb der Bewegung, ist eine prinzipientreue und unnachgiebige internationale Stimme für Tausende palästinensische politische Gefangene. Wir lehnen diese unrechtmäßige „Terroristen“-Bezeichnung kategorisch ab und rufen die progressiven Kräfte international dazu auf, sich an die Seite von Samidoun zu stellen.
Imperialisten haben schon immer das Etikett „Terrorist“ als Waffe eingesetzt, um Befreiungsbewegungen zu delegitimieren. Aber die Einstufung von Samidoun, einer unbewaffneten Solidaritätsbewegung, ist eine qualitative Eskalation. Ob es darum geht, dass Kuba als „staatlicher Sponsor des Terrorismus“ eingestuft wird, ob Demonstranten von Stop Cop City wegen inländischen Terrorismus angeklagt werden oder ob Anklagen wegen material support to terrorism [„materieller Unterstützung des Terrorismus“, Anm. KO] (MST) gegen Antizionisten als Waffe eingesetzt werden – diese Terrorlisten und Einstufungen müssen vollständig abgelehnt und abgeschafft werden. Die USA, Kanada und die zionistische Entität sind die wahren „Terroristen“, die völkermordenden Siedlerstaaten, die auf Bergen von Leichen und Flüssen von Blut errichtet wurden, verbrennen in diesem Moment Palästinenser bei lebendigem Leibe in Krankenhauszelten und verleumden diejenigen als „Terroristen“, die es wagen, sich dagegen zu wehren.
Da der von den USA unterstützte zionistische Völkermord in Palästina und im Libanon sich verschärft, ist die zunehmende Aufstandsbekämpfung gegen die antiimperialistische Bewegung keine Überraschung. Machen wir uns nichts vor: der Faschismus ist bereits da. Dieser Angriff auf Samidoun ist ein Angriff auf die gesamte antiimperialistische Bewegung und markiert den Beginn einer Welle der umfassenderen Kriminalisierung und Unterdrückung von Pro-Widerstand-Äußerungen, bei der Gesetze wie MST und RICO [Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act, „Gesetz über von Schlägern beeinflusste und korrupte Organisationen“, Anm. KO] als Waffe eingesetzt werden, um die Solidarität zu brechen. Als antiimperialistische Kräfte müssen wir unsere Strategien rigoros an diese neue Phase der Repression anpassen. Es ist wichtiger denn je, unsere Unterstützung für den Widerstand zu bekunden. Denn je mehr von uns dies tun, desto schwieriger ist es für den Staat, uns zu spalten und zu desorganisieren. Wenn wir jetzt klein beigeben, kritische Solidarität verweigern und dem Staat erlauben, Organisationen durch Lawfare [Gesetzgebung und Rechtsprechung als Mittel innenpolitischer Kriegsführung, Anm. KO] und falsche Einstufungen als „terroristisch“ zu isolieren, geben wir nur unsere kollektive Stärke auf. Wir müssen die Rechtmäßigkeit der Achse des Widerstands bekräftigen, ebenso wie die Rechtmäßigkeit des militanten Widerstands im imperialen Kern.
Wie Samidouns internationale Koordinatorin Charlotte Kates 2023 sagte: „Wir sollten verstehen, dass der Grund für die Existenz von Terrorismusgesetzen darin besteht, die imperialistische Vorherrschaft in der Region aufrechtzuerhalten und einen kriminellen Mechanismus zu schaffen, der die Verbindung der Diaspora zu ihrem eigenen Befreiungskampf untergräbt und jegliche Form bedeutender internationaler Solidarität für diejenigen unterbindet, die an vorderster Front stehen und einen grundlegenden politischen Wandel in der Art und Weise herbeiführen, wie Menschen für Palästina und andere Befreiungsbewegungen eintreten und über sie sprechen…
Wir müssen dafür kämpfen, dass Widerstandsorganisationen von der Liste gestrichen werden, aber wir müssen auch dafür kämpfen, dass diese Strukturen insgesamt beseitigt werden. Denn der einzige Grund für ihre Existenz ist die Ausweitung der imperialen Macht. Sie existieren aus keinem anderen Grund. Sie existieren, um unsere Bewegungen zu zerstören. Sie existieren, um uns zu demobilisieren. Sie existieren, um uns voneinander zu trennen, und wir müssen uns dieser Trennung, dieser Spaltung, diesem Versuch, eine akzeptable Alternative für die Zukunft innerhalb des Imperialismus zu schaffen, widersetzen.“
Wie Samidoun in ihrer Stellungnahme „Wir leisten weiterhin Widerstand: USA und Kanada sanktionieren Samidoun“ vom 16. Oktober erklärte: „Als Samidoun – Palästinensisches Gefangenensolidaritätsnetzwerk bekräftigen wir unsere Unterstützung für das palästinensische Volk, die Gefangenen und den palästinensischen, arabischen und islamischen Widerstand, die täglich dem Völkermord und Besatzung entgegenstehen.
Gleichzeitig möchten wir betonen, dass Samidoun keine materiellen oder organisatorischen Verbindungen zu Organisationen hat, die auf den Terrorlisten der Vereinigten Staaten, Kanadas oder der Europäischen Union aufgeführt sind.
Wir bekräftigen unsere Worte anlässlich der Ankündigung des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz, Samidoun verbieten zu wollen: Im Arabischen bedeutet das Wort „Samidoun“: diejenigen, die standhaft sind. Wir verwenden diesen Namen, um uns auf die palästinensischen Gefangenen zu beziehen, die hinter Gittern bleiben und für die Freiheit kämpfen. Heute bekräftigen wir, dass wir standhaft und dem palästinensischen Volk verpflichtet bleiben werden, bis zum Sieg, zur Rückkehr und zur Befreiung.“
Ein Angriff auf einen von uns ist ein Angriff auf uns alle.
Wir alle sind Samidoun!
„Terroristen“-Listen abschaffen!
Lasst die Repression mehr Widerstand hervorbringen.