Nicht nur in Berlin erinnerten wir beim diesjährigen 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom Hitler-Faschismus, an den großen Dienst der Sowjetunion und ihrer Verbündeten. Auch in anderen Städten bemühten wir uns, dieses Gedenken hochzuhalten, um dem zunehmenden Geschichtsrevisionismus in der BRD etwas entgegenzusetzen und uns die heutigen Aufgaben im Kampf gegen Kriegstreiber und für den Sozialismus zu vergegenwärtigen.
Frankfurt a.M.
Der Morgen der Frankfurter Ortsgruppe startete mit der Teilnahme am Unsterblichen Regiment, bei dem traditionellerweise am 8. Mai der im 2. Weltkrieg gefallenen Sowjetsoldaten gedacht wird. Wie jedes Jahr brachten in Frankfurt viele Angehörige – sowohl Russen als auch Ukrainer – Fotos von ihren gefallenen Vorfahren mit. Wir nahmen ausschließlich mit Sowjetfahnen teil, um der 28 Millionen toten Sowjetbürgern im zweiten Weltkrieg zu gedenken, von denen viele starben, um Deutschland vom Faschismus zu befreien. Auch angesichts des Ukrainekriegs war die Teilnahme an der Gedenkveranstaltung wichtig, da die Sowjetunion eine vorbildliche Völkerfreundschaft pflegte, die den von kapitalistischen Widersprüchen zerrissenen Nationen der heutigen Zeit weit voraus war. Auf diesen Rückschritt wurde auch in einigen Redebeiträgen hingewiesen. Insgesamt wurden die vielen Sowjetfahnen sehr begrüßt und einige Teilnehmende fragten uns, ob sie mit den Fahnen Fotos machen können. Es gab eine kleine Gegendemonstration von etwa 15 Personen, welche faschistische ukrainische Sprüche rief und dadurch versuchte, die Teilnehmenden einzuschüchtern und das Gedenken zu stören.
Anschließend haben wir bei der Befreiungsfeier der VVN/BdA vorbeigeschaut. Ironischerweise wurde dazu auch von der SPD, den Grünen und der Linkspartei aufgerufen, obwohl vor allem die beiden Regierungsparteien SPD und Grüne mitverantwortlich sind für NATO-Kriege, 100 Milliarden Aufrüstung und das Anwachsen faschistischer Kräfte in Europa. Vor Ort war vor allem die Linkspartei präsent und auch ihr Antifaschismus und Bezug auf die Befreiung sind scheinheilig: Neben ihrer arbeiterfeindlichen Politik in Regierungsbeteiligung wie in Berlin und Thüringen hat sie auch keine klare Haltung gegen die NATO. Mit ihrer reformistischen Politik trägt sie zur Integration der Arbeiterklasse in den bürgerlichen Staat bei. Durch diese integrierende Rolle schützt sie letztlich den Staat und das System, welches den Faschismus überhaupt hervorbringt.
Anschließend haben wir an der Kundgebung der DKP und SDAJ an der Deutschherrenbrücke teilgenommen. In unmittelbarer Nähe zur Gedenkstätte für die Deportationen aus der Großmarkthalle wurde mit Redebeiträgen und Musik den Befreiern gedacht. Auch hier waren wir mit vielen Sowjet-Fahnen präsent, nicht zuletzt, um gegen die Verbotsverfügung in Berlin zu demonstrieren und dem Geschichtsrevisionismus der BRD etwas entgegenzusetzen. Die Redebeiträge erinnerten an die Befreiung Deutschlands vom Faschismus und in welchem Kontrast diese zur heutigen Aufrüstung im Krieg gegen Russland steht. Unser Redebeitrag fokussierte sich auf den Geschichtsrevisionismus, der besonders perfide auch von der rot-rot-grünen Regierung Berlins durchgesetzt wird. Einige Passanten blieben stehen und wollten wissen, was der Inhalt der Kundgebung war und warum wir Sowjet-Fahnen dabeihatten. Es wurde deutlich, dass bei der Aufklärung der Massen noch viel zu tun ist.
Hamburg
Am 7. Mai nahmen wir in Hamburg an der jährlichen Kundgebung der DKP Bergedorf teil. Auf dem Ehrenfriedhof wurde mit Musik und Reden der sowjetischen Soldaten, die im KZ Neuengamme ermordet wurden, gedacht. Die Veranstaltung gab Anlass, sich über den aktuellen Krieg in der Ukraine und die unterschiedlichen Positionen dazu auszutauschen und zeigte wie wichtig es ist, in der heutigen Zeit deutlich zu machen, dass eine Gesellschaft ohne Kriege nur im Sozialismus möglich ist.
Am 8. Mai lud das große 8.-Mai-Bündnis zu einer Demonstration ein. Begleitet von Redebeiträgen über Zeitzeugen-Erfahrungen und Hintergrundinformationen startete die Demonstration mit einem großem Jugendblock am „Hannoverschen Bahnhof“ – der zentralen Deportationsstelle für Juden, Sinti und Roma – an dem heute, anstelle der geplanten Ausstellungsräume zum Gedenkort, die Firma Wintershall DEA, die an Zwangsarbeit und Krieg viel Geld verdiente, ihren Sitz hat. Diese Privatisierung wurde von der Hamburger Bürgerschaft abgesegnet. Über das Kontorviertel, in dem italienischer Zwangsarbeiter gedacht wurde, ging es zum Rathausmarkt, wo die Demo in ein Befreiungsfest überging. Das Motto der Demo und die wichtigste Forderung des Bündnisses an die Politik war: 8. Mai soll Feiertag werden! Das finden wir nicht ausreichend. Wir verteilten unsere Stellungnahmen und diskutierten mit den Anwesenden über den aktuellen Geschichtsrevisionismus der Regierung und der Medien sowie über die Gefahr eines oberflächlichen Verständnisses von Antifaschismus. Denn nur ein Antifaschismus, der die kapitalistischen Produktions- und Eigentumsverhältnisse als Grundlage des Faschismus bekämpft, kann mehr als nur Symptombekämpfung sein.
Der 9. Mai war für uns ein Höhepunkt an Eindrücken: Bürger der ehemaligen Sowjetrepubliken sowie Deutsche feierten gemeinsam den Sieg der Roten Armee über den deutschen Faschismus. Der Demozug, angeführt vom Unsterblichen Regiment, war eingerahmt von zahlreichen roten Sowjetfahnen und Bildern von Kämpfern der Roten Armee und bewegte sich vom umstrittenen Kriegsdenkmal am Dammtor zur Fontaine des Jungfernstiegs. Aus vielen Kehlen wurde das beliebte „Katjuscha“-Lied gesungen, beendet mit lauten „Hurra“-Rufen. Trotz unterschiedlicher Meinungen zum aktuell stattfindenden Krieg waren sich die Demoteilnehmer einig in ihrem Gedenken an die Heldentaten der Roten Armee und dass die ganze Demo im Zeichen dieses Gedenkens stand. Der aktuelle Krieg spielte in Gesprächen insofern eine Rolle, dass betont wurde, dass die Völker in der Sowjetunion friedlich zusammengelebt hatten.
Gießen
In Gießen haben wir zum Tag der Befreiung und in Gedenken an die Opfer des deutschen Faschismus einen Spaziergang organisiert. Zu Beginn lasen wir gemeinsam unsere Stellungnahme, gingen anschließend zur Gedenkstätte der Landes-Heil- und Pflegeanstalt auf dem Gelände der heutigen Vitosklinik und beschäftigten uns mit der Geschichte des Ortes. Dieser Ort war Teil der systematischen Vernichtung von politischen Gegnern des Faschismus und als nicht lebenswert geltenden Menschen. An diesem Ort wurden durch den Faschismus hunderte Menschen ermordet. 1911 wurde hier die Landes-Heil- und Pflegeanstalt Gießen eröffnet. Ab 1933 wurde sie als psychiatrisches Krankenhaus in die NS-„Euthanasie“- Verbrechen einbezogen. Bereits im Laufe des Jahres 1933 wurde all jenes Personal entlassen, das kommunistisch, gewerkschaftlich und sozialdemokratisch aktiv war. In den folgenden Jahren wurden an diesem Ort unter dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ massenweise Menschen zwangssterilisiert. Ab 1940 wurde die Gießener Heil- und Pflegeanstalt zur sogenannten „Sammelstelle für jüdische Patienten und Heimbewohner“ aus Nordhessen und dem westlichen Westfalen. Nur wenige Monate später wurden 100 Menschen von hier aus nach Brandenburg verschleppt und ermordet. 1941 wurden im Zuge des Mordprogramms, der sogenannten „T4-Aktion“, mindestens 261 Menschen, die an diesem Ort eingesperrt waren, nach Hadamar deportiert und ermordet. Über ein Drittel der Gießener Patienten verlor dabei ihr Leben. Das hier ansässige „SS-Lazarett“ wurde auf 150 Betten erweitert und zusätzlich eine Sanitäts-Ausbildungs-Kompanie der Waffen-SS angegliedert. Im Laufe der Jahre starben immer mehr Menschen an Hunger, Überbelegung, bewusster Vernachlässigung und Unterversorgung. Im hinteren Teil der damaligen Heil- und Pflegeanstalt wurde ab 1944 das Außenkommando Gießen des Konzentrationslagers Buchenwald eingerichtet. Es war eines von 87 Außenlagern des KZ Buchenwald. Mindestens 80 Zwangsarbeiter wurden in diesem sogenannten „festen Haus“ inhaftiert. Es waren politische Gefangene aus Polen, der Sowjetunion, Böhmen und Deutschland. Im Zuge der „Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat“ von 1933 wurden tausende Menschen, die sich mit allen Mitteln dem Faschismus entgegenstellten, ohne Gerichtsurteil in „Schutzhaft“ genommen und später als Zwangsarbeiter interniert. Mindestens 3 der Gefangenen des Außenlagers Gießen starben an diesem Ort.
Berlin
In Berlin haben wir zum Tag des Sieges am 9. Mai Nelken am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park niedergelegt. Nach den Erfahrungen des Vortages hatten wir bereits mit Verboten und polizeilicher Willkür gerechnet – und tatsächlich wollte uns die Polizei zunächst daran hindern, die Gedenkstätte mit KO-Fahnen zu betreten. Wir weigerten uns, unsere Fahnen einzurollen und konnten uns dabei auf die Unterstützung vieler Anwesender verlassen, die die Auflagen des Berliner Senats ebenfalls skandalös fanden. Während die Polizisten offensichtlich verunsichert Absprachen mit ihren Vorgesetzten trafen, verteilten wir unsere Stellungnahmen und klärten über den Geschichtsrevisionismus der Herrschenden auf. Schließlich musste die Polizei unseren Aufzug inklusive KO-Fahnen erlauben. Hier zeigt sich, wie dünn die antikommunistischen Verbote der letzten Tage sind: Jeder entschlossene Widerstand dagegen lohnt sich!
NRW
In NRW beteiligten wir uns in Aachen, Köln und Duisburg an verschiedenen Kundgebungen und Gedenkveranstaltungen der kommunistischen Bewegung und antifaschistischen Gedenkvereinen. In Duisburg nahmen wir an der Gedenkveranstaltung auf dem Waldfriedhof teil, die von DKP, VVN/BdA, „Duisburg stellt sich quer“ und dem örtlichen Friedensforum organisiert wurde und an der auch Hinterbliebene und Nachkommen von ermordeten Rotarmisten aus Moldau teilnahmen. Dabei wurden die Gräber sowjetischer Zwangsarbeiter geputzt und Blumen niedergelegt.
Chemnitz
Am 8. Mai kam die Chemnitzer Ortsgruppe mit vielen interessierten Jugendlichen im Rahmen unseres Bildungskollektives in den Austausch. Anhand verschiedener Texte kamen wir über die sogenannte „Stalin Ära“ in der Sowjetunion ins Gespräch. Grundlage dafür waren verschiedene Texte, u.a. zu den Themen Säuberungen und Diktatur des Proletariats. Hier konnten wir viele spannende Diskussionen führen sowie bürgerliche Diffamierungen der Sowjetunion entschlüsseln und entkräften. Außerdem machten wir deutlich, in welch engem Zusammenhang die Sowjetunion und die Bedeutung des 8. Mai stehen. Als Bildungskollektiv entschlossen wir uns dazu, uns in einer weiteren Sitzung tiefgründiger mit dieser Thematik zu befassen.
Wir begingen unsere Gedenkveranstaltung auf dem Chemnitzer Ehrenfriedhof für die gefallenen Sowjetsoldaten: Im Jahre 1946 wurden hier 1130 Sowjetbürger beigesetzt, die zuvor an anderen Stellen beerdigt waren. Wir verlasen unsere Stellungnahme zum 8. Mai, legten Blumen nieder und führten im Rahmen der Besichtigung der Gedenkanlage in viele spannende Diskussionen.
Jena
In Jena haben wir uns an einer Gedenkkundgebung beteiligt. Morgens besuchten wir das Mahnmal am Heinrichsberg und sind anschließend, am Gedenkstein für den Todesmarsch vorbei, zum Nordfriedhof gegangen. Dort haben wir den Grabstein der Familie Schumerus besucht. Die drei Söhne dieser Familie sind im Februar 1942, 1943 und 1944 im vom faschistischen Deutschland angezettelten Weltkrieg gefallen. Der unscheinbare Grabstein der Familie ist so zu einem eindrücklichen Mahnmal gegen Krieg und Faschismus geworden.
Anschließend haben wir die Gedenkstätte für die gefallenen Sowjetsoldaten besucht. Dort haben wir unsere Stellungnahme verlesen und über die aktuelle Situation der Friedensbewegung und unsere Aufgaben darin diskutiert. In weiteren Redebeiträgen wurde die sowjetische Nationalhymne rezitiert und die aktuelle kriegstreiberische Politik und antirussische Propaganda in der BRD angeprangert.
Bereits am Vorabend hatten wir im Rahmen einer Filmveranstaltung von „Ich war neunzehn“ über die besondere Rolle der Friedensmacht Sowjetunion aufgeklärt und uns dem heute offensiv betriebenen Geschichtsrevisionismus entgegengestellt.
Leipzig
In Leipzig unterstützten wir am Vortag des 8. Mai mit zwei Personen das vom VVN/BdA organisierte Putzen der Gräber der Opfer des Faschismus auf dem Leipziger Südfriedhof.
Das offizielle Gedenken der Stadt Leipzig am 8. Mai auf dem Ostfriedhof fand nicht wie in den Jahren zuvor zusammen mit dem Russischen Generalkonsulat statt: Der hinter Oberbürgermeister Burkhard Jung versammelte Tross mied sogar die Gräber der gefallenen Antifaschisten und Sowjetsoldaten und hielt sein Gedenken am Ehrenmal für die Leipziger polnischen Opfer des Zweiten Weltkrieges ab.
Die Leipziger Ortsgruppe veranstaltete am Tag der Befreiung einen Rundgang durch den Osten der Stadt, bei dem wir an verschiedenen geschichtlichen Orten an die Profiteure der Zwangsarbeit in Leipzig (u.a. HASAG) und den Widerstand der Kommunisten in der Stadt während des Faschismus erinnerten. Wir beendeten den Rundgang am Ostfriedhof, wo wir mit etwa 30 Leuten einen Kranz und Nelken am sowjetischen Ehrenhain niederlegten. Wir verlasen einige Namen der getöteten Sowjetsoldaten sowie von Leipziger und internationalen Widerstandskämpfern, die auf dem Ostfriedhof beigesetzt sind und schlossen das Gedenken vor Ort mit dem „Lob der Dialektik“ von Bertolt Brecht (1934):
Das Unrecht geht heute einher mit sicherem Schritt.
Die Unterdrücker richten sich ein auf zehntausend Jahre.
Die Gewalt versichert: So, wie es ist, bleibt es.
Keine Stimme ertönt außer der Stimme der Herrschenden.
Und auf den Märkten sagt die Ausbeutung laut:
Jetzt beginne ich erst.
Aber von den Unterdrückten sagen viele jetzt:
Was wir wollen, geht niemals.
Wer noch lebt, sage nicht: niemals!
Das Sichere ist nicht sicher.
So, wie es ist, bleibt es nicht.
Wenn die Herrschenden gesprochen haben,
Werden die Beherrschten sprechen.
Wer wagt zu sagen: niemals?
An wem liegt es, wenn die Unterdrückung bleibt? An uns.
An wem liegt es, wenn sie zerbrochen wird?
Ebenfalls an uns.
Wer niedergeschlagen wird, der erhebe sich!
Wer verloren ist, kämpfe!
Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?
Denn die Besiegten von heute sind die Sieger von morgen,
Und aus Niemals wird: Heute noch!