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Nachlese: Vor 80 Jahren wurde Ernst Thälmann ermordet

Wir veröffentlichen an dieser Stelle drei Reden, gehalten bei Gedenkveranstaltungen zur Ermordung von Ernst Thälmann vor 80 Jahren. In Berlin haben wir gemeinsam mit dem Freundeskreis Ernst Thälmann e.V. Ziegenhals-Berlin und der Ortsgruppe Pankow der DKP eine Filmvorführung organisiert. Beide Thälmann-Filme von Kurt Maetzig aus den Jahren 1954 und 1955 sind Online verfügbar. Ihre Sichtung lohnt, nicht nur weil sie die verlogene Erzählung blamieren, nach der die Kommunisten Schuld am Aufstieg des Faschismus hätten, sondern auch weil sie vielfältige Anregungen für die Aufgaben und Probleme unserer Zeit geben, in denen Militarisierung, Repression und Chauvinismus große Kriege vorbereiten.

Die Rede vom Freundeskreis gibt einen kurzen, pointierten Einblick in die Biografie Thälmanns, als Sohn und Führer seiner Klasse. Die Rede der KO vom 16.08. baut eine Brücke zwischen den Klassenkämpfen der Zeit Thälmanns und heute. Beide Reden machen stark, dass eine Beschäftigung mit Leben und Wirken Thälmanns und der KPD im Kampf gegen Faschismus und Krieg not tut.

Am Jahrestag der Hinrichtung Thälmanns haben wir uns an einer Gedenkveranstaltung im Konzentrationslager in Buchenwald beteiligt. Nach elf Jahren Einzelhaft wurde Ernst Thälmann auf direkten Befehl Adolf Hitlers ins KZ gebracht und am Krematorium des Lagers hingerichtet. In dem Redebeitrag eines Genossen vom 18.08. wird der Frage des Faschismus damals und heute nachgegangen.


Rede vom Freundeskreis Ernst Thälmann e.V.

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,

Ernst Thälmann wurde am 16. April 1886 in Hamburg geboren. Seine Eltern besaßen einen kleinen Gemüse- und Steinkohlenladen. Thälmann war ein überdurchschnittlich guter Schüler. (Dieses Detail erwähnen wir hier, weil ja zahlreiche bürgerliche Historiker versuchen Thälmann als dummen Arbeiter oder Provinzpolitiker zu diskreditieren.) Thälmann wollte gerne die Schule weiter fortsetzen, danach Handwerker oder Lehrer werden. Seine Eltern verweigerten ihm das. Mit 14 Jahren folgt er dem Aufruf der SPD zu einer Feier für Arbeiterkinder. Die Reden und die kämpferische Atmosphäre begeistern ihn. Er kauft sich eine Broschüre „Wie werde ich Mitstreiter am Sozialismus?“. Der Kontakt zur Arbeiterbewegung ist hergestellt.

Doch erst mal geht es um ihn selbst: Er wird von seinen Eltern ausgebeutet, 10 Stunden Arbeit am Tag für wenig Geld. Es reicht ihm: Er verlässt das Elternhaus, landet erst mal buchstäblich auf der Straße, schläft im Nachtasyl, hat Hunger. Er schlägt sich mit Jobs durch, findet dann feste Arbeit: Knochenarbeit für die Herstellung von Fischknochen-Mehl. Aus dem von den Eltern ausgebeuteten Krämersohn ist ein vom Kapital ausgebeuteter Arbeiter geworden.

Thälmann wird mit 17 Jahren Mitglied der SPD, mit 18 Jahren Mitglied in der Transportarbeiter-Gewerkschaft. Und er wird sofort aktiv und organisiert 1905 mit anderen jungen Kollegen zusammen eine Jungarbeiterversammlung – ohne den Segen der Gewerkschaftsführung. Sie legen Geld zusammen, mieten einen Saal. Die Versammlung wird ein Riesenerfolg: 700 junge Arbeiter und Auszubildende kommen, 200 treten noch am gleichen Abend in die Gewerkschaft ein. Und er bleibt weiter aktiver Gewerkschafter, der sich mit seiner Führung anlegt und auch bei seiner neuen Arbeit – Kutscher für einen großen Wäschereibetrieb – ist bald die gesamte Belegschaft gewerkschaftlich organisiert. Sein Chef versucht es mit Bestechung: Er bietet Thälmann einen Job als Filialleiter an – einzige Bedingung: er soll aufhören mit der Gewerkschaftsarbeit. Dieses „Angebot“ ist für Thälmann eine Beleidigung. Er lehnt ab.

Auch in der SPD wird er aktiv und übernimmt auch dort bald erste Funktionen. Noch vor dem I. Weltkrieg wird Thälmann aus seiner gewerkschaftlichen und politischen Arbeit herausgerissen: er muss seinen Wehrdienst ableisten. Hier lernt er das Militär kennen und vor allem hassen. 1915 wird er als Kanonier in den Krieg eingezogen. Er erlebt das ganze Grauen des Völkermordens. Thälmann ist nicht tatenlos, beschafft sich illegale Zeitungen (darunter das Flugblatt des Spartakusbundes: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“) er  nimmt dafür doppelt und dreifach Schikanen in Kauf: Kriegsgericht, Arrest und Strafexerzieren. Thälmann muss an der Front kämpfen, er wird viermal verwundet, erhält die ersten 2 ½ Jahre keinen Heimaturlaub.

1917, endlich sein erster Heimaturlaub. Jedoch: keine Zeit zum Ausruhen. Seine Urlaubstage nutzt er um sich über die wichtigsten politischen Fragen zu informieren und Verbindungen mit Kriegsgegnern aufzubauen. Während dieses Heimaturlaubs wirft Ernst Thälmann sein SPD-Parteibuch weg und wird Mitglied der im April 1917 gegründeten USPD. Eigentlich fühlt er sich politisch mehr mit dem Spartakusbund, mit Liebknecht und Luxemburg verbunden, aber er folgt der Mehrheit der Hamburger Hafenarbeiter, die alle in der USPD organisiert sind. Er nimmt aktiv an der Novemberrevolution in Hamburg teil. 

Nach Krieg, Revolution, Konterrevolution wird Ernst Thälmann 1919 zum Ersten Vorsitzenden der Hamburger USPD gewählt. Hamburg ist mit 44.000 Genossen einer der mitgliedsstärksten Verbände der USPD in ganz Deutschland. Es ist seine Leistung, dass 42.000 von 44.000 Hamburger USPDlern mit der KPD zusammengehen, zur VKPD (Vereinigte KPD, kurze Zeit später KPD). Thälmann wird Vorsitzender der Hamburger VKPD, wird in den Hamburger Senat gewählt, im Sommer 1921 wird er Delegierter der deutschen Kommunisten auf dem III. Weltkongress der Kommunistischen Internationale, KI. Zum ersten Mal im Land der Oktoberrevolution, zum ersten Mal sieht er Lenin, sieht er den sozialistischen Aufbau mit eigenen Augen.

Es reicht die Zeit hier nicht, um die Umstände des Hamburger Aufstands und sein Scheitern darzustellen. Aber zu Thälmanns vielfältigen Fähigkeiten kommt nun auch die des politischen Aufstandsleiters in Hamburg dazu. Die militärische Leitung unterlag dem Gen, Kippenberger. Es folgt dem mutigen, aber gescheiterten Aufstand: Verbot der KPD, knapp 1000 Verhaftungen, die Klassenjustiz verurteilt 876 zu hohen Gefängnisstrafen. Auch gegen Thälmann läuft ein Haftbefehl, aber er verkriecht sich nicht, sondern taucht überall wieder auf: Mal als Seebär, mal als Kutscher, mal als Hamburger Pfeffersack mit steifem Hut. Seit den Tagen des Hamburger Aufstands wird Ernst Thälmann von den Arbeitern und Genossen „Teddy“ genannt. Anfangs mag er es gar nicht hören, aber er kann nichts machen. „Unser Teddy“ heißt es von nun an überall.

Am 20. August 1925 wird Thälmann zum Vorsitzenden der KPD gewählt. Hinein in die Massen, raus aus der sektiererischen Ecke, dafür steht Thälmann von Anfang an. Hinein in die Gewerkschaften, das wird in den kommenden Jahren eine Hauptaufgabe für die KPD. Thälmann erkennt, dass die KPD die Betriebszellen als Grundlage für die Parteiorganisation braucht – nicht mehr die Wohngebiete wie bei der SPD. Thälmann steht auch für die Einheitsfrontpolitik, er steht für die Unterscheidung zwischen SPD-Führung und SPD-Mitgliedern. Er fordert seine Genossen auf den SPDlern an der Basis stets die Hand zu reichen, den Opportunismus der SPD-Führung dagegen aufs schärfste zu bekämpfen. Thälmann steht für eine umfassende Schulungsarbeit im ZK der KPD, aber auch für die Mitglieder: Elementarschulungen (Die erste Elementarschulung im Frühjahr 1926 beschäftigt sich mit Einheitsfront und Bündnispolitik, ein halbes Jahr später im Herbst das Thema „Probleme der proletarischen Diktatur – der Aufbau des Sozialismus in der SU“), die Marxistische Abendschule (MASCH), die Herausgabe der Werke der Klassiker für wenig Geld, dafür steht Thälmann. 

Aber es geht nicht nur um Schulung und Bildung. Vor 100 Jahren gründete sich der Rote Frontkämpferbund. Auch hier erlaubt es die Zeit nicht näher darauf einzugehen. Aber der Schwerpunkt unseres „Ziegenhalser Rundbriefs“ handelt davon. 

Mit dem Blutmai 1929, gefolgt von Verboten und Verhaftungen beginnt die Phase des Aufstiegs des deutschen Faschismus. Immer weitere Teile des deutschen Kapitals setzen auf die Nazis. 30.1.1933: Der von der SPD so genannte „Garant gegen Hitler“, von Hindenburg, beauftragt Hitler mit der Regierungsbildung. Der Aufruf des ZK der KPD zum politischen Generalstreik, wird von der SPD-Führung abgelehnt. Der Aufruf gemeinsam Massendemonstrationen, Massenstreik und Generalstreik zu organisieren, lehnen die SPD-Führer ab: sie wollen weiterhin mit „beiden Füßen auf der Verfassung und der Gesetzlichkeit“ stehen.

Am 7. Februar 1933 hält Thälmann seine letzte Rede auf einer ZK-Sitzung der KPD im Sporthaus Ziegenhals, bei Berlin, die als Ziegenhalser Rede in die Geschichte eingeht. 

Am 3. März 1933 wird er verhaftet. Es beginnen Folter, Verhör, Isolationshaft und eine Odyssee durch die faschistischen Kerker. Das mutige Auftreten des bulgarischen Genossen Georgi Dimitroff, hindert die Nazis daran einen Prozess gegen Thälmann zu eröffnen, um ein zweites Desaster zu vermeiden. Die Flut an Solidarität weltweit für die Freilassung Thälmanns ist riesig. Deutschland wird überschwemmt mit Protest- und Solidaritätsschreiben. Überall in der Welt wird für Thälmanns Freilassung demonstriert. Drei Ausbruchsversuche misslingen nur knapp. Am 18. August 1944 wird Ernst Thälmann nach 11 Jahren Einzelhaft in das Krematorium des KZ Buchenwald geführt und durch drei Schüsse in den Rücken ermordet.

Ernst Thälmann Sohn seiner Klasse, Führer seiner Klasse hat uns auch heute noch viel zu sagen: Einheit der Arbeiterklasse und Massenkampf, Unversöhnlichkeit gegen Kapital, imperialistischen Krieg und Faschismus, Unversöhnlichkeit gegen Opportunismus und Reformismus. 

Und: Siegen wollen! Das ist wohl das größte Vermächtnis unseres Genossen Thälmann.


Rede der Kommunistischen Organisation vom 16. August

Genossinnen und Genossen! 

Danke an die Vorredner. Danke für die interessanten Informationen zum Genossen Ernst Thälmann und zur Geschichte des Gedenkortes hier, seit 35 Jahren auch eine immer wieder nervende Geschichte von Abrissdrohungen und Schändungen –  durch Schmierereien (von Einzeltätern, die hier einen rechtsfreien Raum für Sachbeschädigungen haben) oder durch sogenannte Kontextualisierung, politisch großzügig finanziert, ausgeführt von gehorsamen  Auftragskünstlern, die bewusst oder ahnungslos am Ende nichts anderes tun, als auf städtebaulich/kultureller Ebene die Arbeit der vier SS-Auftrags-Mörder von 1944 im Vorraum des Krematoriums von Buchenwald fortzusetzen. 

Den Gegnern dieses Denkmals geht es darum, mit der Erinnerung an Thälmann auch die Rolle der deutschen Kommunisten zwischen den beiden Weltkriegen in der Erinnerung der Menschen zu bearbeiten, zu verfälschen und in ihrem wesentlichen Kern auszulöschen. Die zentrale Forderung der KPD, ihr zentraler Anspruch an die Partei, Grundlage und Zielpunkt ihrer Politik: Die Arbeiterklasse zum Subjekt der Geschichte zu machen, soll aus dem Gedächtnis der Menschen ausradiert werden und auf keinen Fall jemals wieder, von nichts und niemandem, auf die politische Tagesordnung gesetzt werden. 

Ernst Thälmann steht für eine Generation von revolutionären Arbeitern, die vom ersten Weltkrieg bis zum Aufbau des Sozialismus an der kampfreichsten Phase der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung teilgenommen haben. Und sie haben sich in dieser Phase zu herausragenden politischen Führern entwickelt. Zu ihnen gehören Walter Ulbricht, John Schehr und die etwas Älteren rund um Wilhelm Pieck. Gewerkschaftliche Organisierung, die Novemberrevolution, der Kampf in der Weimarer Republik und der Kampf gegen Faschismus und Krieg und schließlich der Aufbau des Sozialismus in der DDR – in diesen Situationen mussten sie sich politisch bewähren. Der Aufbau der KPD zu einer kampfstarken, in der Arbeiterklasse verankerten Partei, die eine wichtige Rolle in der Kommunistischen Internationale gespielt hat, war dabei zentrale Aufgabe, um die Kämpfe zu bestehen. Und in diesem Rahmen hat Thälmann die wichtigste Rolle gespielt. Das um ihn herum gebildete Zentralkomitee bildete ein starkes Kollektiv, das für Stabilität und Wachstum der Partei sorgte und mit dem die KPD Anfang der 30‘er Jahre zu der großen revolutionären Partei wurde.

Das war genau der Kern der politischen Arbeit Ernst Thälmanns als Vorsitzender der KPD ab 1925 bis zu seiner Verhaftung im März 1933, es ist die Periode des Aufstiegs zur einflussreichen revolutionären Massenpartei, Berlin dabei als roter Vorposten – bei der Reichstagswahl am 06.11.1932 mit einem Stimmanteil von 37,7 % und 450.000 Wählern die KPD mit Abstand stärkste Partei mit einem Vorsprung von 165.000 gegenüber der SPD und, mehr als 180.000 gegenüber den NSDAP-Faschisten.  

Die Reden Thälmanns aus dieser Zeit haben es in sich! Viele von ihnen reflektieren sehr klarsichtig historische Prozesse und die Rolle der Arbeiterklasse in diesen Kämpfen. Die Rede von Ziegenhals, seine letzte vor der Verhaftung, ist ein spannendes Beispiel für die Analyse einer Kampfsituation. Thälmann unterstreicht nur wenige Tage nach Bildung der Regierung von Papen/Hitler den dramatischen Wechsel zum Faschismus und arbeitet heraus, dass der Sturz der Hitler-Diktatur die wichtigste Aufgabe ist, auf die alle Kräfte konzentriert werden müssen. Er führt aus, dass damit nicht unbedingt der revolutionäre Sturz der bürgerlichen Herrschaft verbunden sein muss, sondern Kampfergebnis zunächst auch die Herstellung bürgerlich-demokratischer Verhältnisse sein kann. 

Wie ein roter Faden durchzieht dabei alle Reden Thälmanns auch bei der Beschäftigung mit Details und tagespolitischen Fragen der Blick auf den „klassenmäßigen Hintergrund“, welche Klassen stehen mit welchen materiellen Interessen als wahre Akteure hinter den Parteien auf der politischen Bühne, was steckt wirklich hinter dem Theaterdonner und dem Nebel der Politik, hinter den Phrasen von Vaterland, Nation, Rasse usw. usw. 

Im Aufruf des Politbüros der KPD vom 04. Juni 1930, den „Kampf gegen die faschistische Gefahr auf das Äußerste zu verschärfen“, werden die Hitlerfaschisten als bewußte und skrupellose Agenten des Finanzkapitals attackiert. Auf einer Wahlkundgebung in Hamburg am 8.August 1930 charakterisiert Thälmann die NSDAP als „das gefährlichste und schmutzigste Werkzeug des deutschen Finanzkapitals“. In der Programmerklärung der KPD (mit Unterstützung der Komintern ausgearbeitet) vom 24.08.1930 wird ausgeführt, dass die Nazi-Partei die Politik der extremen, reaktionärsten und aggressivsten Kräfte des deutschen Monopolkapitals ist und dass die faschistische Gefahr ihrem Inhalt nach eine imperialistische Gefahr ist. Das Programm hebt hervor, dass die Kommunisten die einzige Kraft sind, die sich den Sturz des Imperialismus zum Ziel setzt. 

Das Ziel wurde nicht erreicht. Das deutsche Monopolkapital hat genau den barbarischen Raubkrieg vom Zaun gebrochen, vor dem die Kommunisten frühzeitig warnten, u.a. zur Reichspräsidentenwahl 1932 mit den Worten:  Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler, wer Hitler wählt, wählt den Krieg. Am Ende eines beispiellosen Blutvergießens haben Abermillionen Menschen dafür sterben müssen. Der deutsche Imperialismus erlitt lediglich eine militärische Niederlage. Mehr nicht. Auch wenn die propagandistische Begleitmusik zeitgemäß aktualisiert wurde, blieb das deutsche Monopolkapital (wenn auch auf reduziertem Territorium) im Sattel und ist längst wieder damit beschäftigt, seinen Interessen weltweit Geltung auch mit militärischen Mitteln und Kriegseinsätzen zu verschaffen. 

Und dabei bleibt es nicht. Die Mobilmachung der Gesellschaft für einen großen Krieg läuft auf Hochtouren. Das erklärte Ziel: in 5 Jahren Krieg gegen Russland führen zu können, ganz offiziell. Dafür wird auf unsere Kosten millionenschwere Infrastruktur ausgebaut, das Gesundheitssystem kriegstüchtig gemacht, die Bundeswehr zu Werbeeinsätzen losgeschickt. Währenddessen rollen bereits unter Beifall der Leitmedien Deutsche Panzer nach Osten, die laut Bundestagsbeschluss Russland auch direkt angreifen dürfen. Auf dem Berliner Kongress für „wehrhafte Demokratie“ betont die Regierungsberaterin Jessica Däbritz, dass Deutschland unverkrampfter über Krieg sprechen muss. Eine Kriegswirtschaft soll laut Verteidigungsminister Pistorius auch aufgebaut werden. Rheinmetall und Co. arbeiten bereits seit Monaten an einer Vergrößerung ihrer Produktionskapazitäten.

Die DGB-Führung freut sich über neu geschaffene Arbeitsplätze und unterstützt solche Vorhaben in Absprache mit dem Bundesverband der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Unter dem Etikett der „wehrhaften Demokratie“ werden Grundrechte abgebaut und die Repressionen gegen den Widerstand täglich ausgeweitet.

Der zionistische Völkermord in Palästina und die offene Kollaboration Deutschlands zeigt die brutale Fratze des Imperialismus, der immer noch den Kolonialismus in sich trägt und mit ihm das Herrenmenschentum. Thälmann und die KPD waren erbitterte Feinde des Kolonialismus. Der Internationalismus und die Solidarität mit den unterdrückten Völkern war Herzstück der Partei. Der ekelhafte Rassismus, der heute den Palästinensern entgegen schlägt, die mutig und standhaft für ihre Freiheit kämpfen, schlug auch den Chinesen, den Südafrikanern, den Ghanaern und allen anderen entgegen. Die Berichte von großen Kundgebungen der KPD gemeinsam mit chinesischen, sowjetischen und anderen internationalen Genossen sind nicht nur spannend – sie zeigen: Die Kommunisten standen und stehen auf der Seite der Zukunft der Menschheit.

Militarismus und Nationalismus sind bei uns heute Staatsdoktrin. Die Zeitenwende ist dabei nicht nur ein militärisches Projekt zur Aufrüstung und ein ökonomisches Projekt hin zur Kriegswirtschaft, um den Feldzug gegen Russland, China und die Achse des Widerstands abzusichern.  Durch Ausweitung der Repressionen und reaktionären Staatsumbau soll die Ruhe an der Heimatfront sichergestellt werden. 

Dass der aggressive Kriegskurs des Imperialismus mit ungeheuren Risiken für die übergroße Bevölkerungsmehrheit verbunden ist und die enormen Kosten des Kriegskurses am Ende aus der Tasche der Arbeiterklasse finanziert werden, liegt auf der Hand. Deshalb stehen wir vor ähnlichen Aufgaben, wie die Kommunisten vor 90 Jahren.

Viele Arbeiter in Deutschland sind gegen den Kriegskurs und Völkermord. Aber die Klasse ist auch gespalten und zum Teil unter dem Einfluss von sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaftsführungen, die Krieg und Aufrüstung unterstützen. Wir haben also noch viele Hindernisse zu überwinden. Die Erfahrungen und Erkenntnisse von Thälmann und seinen Genossen können uns dabei helfen.

Ob in Palästina oder im Donbass – Solidarität mit dem weltweiten antiimperialistischen Widerstand!     

Stoppt den Krieg der NATO ! 

Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg! 


Rede am KZ Buchenwald (18. August)

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Gäste,

wir sind heute hier, um dem 80. Jahrestag der Ermordung Ernst Thälmanns im KZ Buchenwald zu gedenken – stellvertretend für alle anderen politischen Gefangenen, Gefolterten und Ermordeten des faschistischen Regimes. In der linken und kommunistischen Bewegung wird zu solchen Anlässen wie heute häufig der Spruch „Erinnern heißt kämpfen“ genannt. Er soll auf Notwendigkeit der Weiterführung politischer Kämpfe hinweisen und die auf dem Weg Gefallenen ehren. Ich glaube, dass dieser Ausspruch aber noch eine tiefere Ebene hat. Zum einen drückt er für mich aus, dass wir auch um die Geschichte kämpfen müssen; dass wir uns mit der Geschichte auseinandersetzen und sie gegen moderne Verfälschungen verteidigen müssen. Zum anderen heißt der Ausspruch für mich, für die Zukunft zu lernen. „Erinnern heißt kämpfen“ bedeutet Gedenken, Ehrung, aber auch Bildung, Aufarbeitung und Reflexion. Mit diesem Blick will ich kurz auf die heutige politische Situation eingehen und einen Zusammenhang mit der Faschismusforschung der Kommunistischen Internationale in den 1930er Jahren eingehen.

Schon vor der Machtübertragung an die Faschisten in Deutschland im Jahr 1933 standen die Zeichen international auf Krieg. Die Weltwirtschaftskrise, die Nachkriegsordnung nach dem Ersten Weltkrieg inklusive der Demütigung Deutschlands durch den Versailler Vertrag, der Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion und Unruhen in den Kolonien sorgten für viel Sprengkraft auf dem politischen Parkett Ende der 20er/Anfang der 30er Jahre. Anders ausgedrückt: Zur Überwindung der kapitalistischen Krise teilten sich die imperialistischen Länder das Interesse an Krieg. Die Kriegsvorbereitungen in Deutschland beinhalteten folgende politische Schritte: Aufrüstung nach Innen und Außen, Sozialabbau und Aufbau der Heimatfront. Der Aufbau der Heimatfront geschah durch die Spaltung der Arbeiterbewegung und ihrer Organisationen, durch Hass und Hetze gegen Kommunisten, Sozialdemokraten, Migranten, Juden – gegen jegliche sogenannten Volksverräter. Darüber hinaus sollte das deutsche Nationalgefühl gestärkt werden, um die widersprüchlichen Interessen zwischen der deutschen Bourgeoisie und der deutschen Arbeiterklasse zu verwischen und durch ein gemeinsames Interesse an Krieg zu ersetzen.

Die Vorbereitung eines nächsten großen Krieges durch Aufrüstung, Sozialabbau und Aufbau einer Heimatfront erleben wir auch heute. Im Deutschland der 30er Jahre war es notwendig, für diese Politik der Kriegsvorbereitung, die faschistische Bewegung aufzubauen und schließlich auch den Faschismus an die Macht zu bringen.

Die Kommunisten heute sind damit konfrontiert, Antworten auf die aktuellen Entwicklungen zu finden. Eine Frage, die sich auf Grund der aufgezeigten Parallelen aufdrängt: Braucht es zur Vorbereitung eines imperialistischen Raubkrieges Deutschlands wieder den Faschismus? Sind wir „auf dem Weg“ in den Faschismus? Findet eine „Faschisierung“ statt? Und was gilt es für Kommunisten deshalb heute zu tun?

In diesem Sinne kommen wir zurück zum Anfang: „Erinnern heißt kämpfen“. Um uns diesen Fragen zu stellen, müssen wir den Aufbau des Faschismus in Europa und speziell in Deutschland erforschen und unsere Analyse schließlich auf die heutige Lage anwenden.

Die Kommunistische Internationale setzte sich seit ihrer Gründung 1919 unter anderem mit der Frage auseinander, wie ein neuer großer Krieg der Imperialisten zu verhindern ist. In diesem Zusammenhang forschte sie zum aufkommenden Faschismus als politische Bewegung und später zum Faschismus an der Macht in Europa. Die Kommunistische Internationale begründete damit die Faschismusforschung und erarbeite bemerkenswerte Erkenntnisse. Das XIII. Plenum des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale definiert den Faschismus an der Macht im Dezember 1933 wie folgt: Der Faschismus ist „die offene terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“. Georgi Dimitroff – einer der bedeutendsten Faschismusforscher dieser Zeit und seit 1935 Generalsekretär der Kommunistischen Internationale – bestätigte diese Definition in seinem Referat auf dem VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale im August 1935. Neben dieser Definition nannte er weitere Merkmale des Faschismus an der Macht:

Der Faschismus ist ein Staatsformwechsel und kein bloßer Regierungswechsel. Er ist eine andere Form der bürgerlichen Herrschaft; eine qualitative Änderung und keine rein quantitative. 

Die terroristische Diktatur wird durch die Bourgeoisie auf Grund einer historischen Notwendigkeit angestrebt. Die Entwicklung zum Faschismus ist keine Automatismus.

Der Faschismus wird von der faschistischen Partei und Teilen der herrschenden Klasse systematisch vorbereitet.

Und: Der Faschismus bedeutet Kriegspolitik und ist eng mit der Vorbereitung eines imperialistischen Krieges verbunden.

Als Ursachen für den Faschismus nannte Dimitroff die Schwäche der Bourgeoisie – ihre Angst vor einer sozialistischen Revolution und das Versagen ihrer herkömmlichen Methoden zur Unterdrückung der Arbeiterklasse. Aber auch die Schwäche des Proletariats, welches gespalten und desorganisiert ist – vor allem durch die Politik der Sozialdemokratie.

Zurück zu heute: Die BRD und die westlichen Staaten sind in einer politischen Krise, die aus einer ökonomischen resultiert. Die deutsche Bourgeoisie steht heute allerdings keiner organisierte Arbeiterklasse wie in den 30er Jahren gegenüber – Arbeiterklasse und Kommunisten sind gespalten und schwach. Ich würde daher sagen, dass die herkömmlichen Methoden der Bourgeoisie zur Unterdrückung der Arbeiterklasse aktuell sehr gut funktionieren. Chauvinismus, Rassismus, Identitätspolitik, Illusionen in die bürgerliche Demokratie und vieles weitere lenken die Gesellschaft sehr effektiv von den Ursachen unserer Lage und von unseren Problemen ab. Braucht es deshalb heute überhaupt den Faschismus in Deutschland zur Durchsetzung der imperialistischen Interessen der deutschen Bourgeoisie? Braucht der deutsche Imperialismus den Faschismus zur Vorbereitung des nächsten großen Krieges? Ist die AfD die faschistische Kraft, die mit Teilen der herrschenden Klasse den Faschismus vorbereitet? 

Wir als kommunistische Bewegung und ich hier im Besonderen kann keine vollständige Analyse dessen liefern. Ich will aber betonen, dass es eine Analyse braucht, die an die neuen Umstände angepasst ist und dass deshalb jetzt die Zeit ist, sich mit dem Faschismus, seinen Ursachen und ebenso mit Gegenstrategien zu befassen. 

Dimitroff weist in seinem Referat zum VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale auf verschiedene linke und rechte Abweichungen des Faschismusverständnis hin, die uns auch heute häufig begegnen und die wir unbedingt berücksichtigen sollten. Als linke Abweichung beschreibt er das Verständnis des Wechsels der Herrschaftsform zum Faschismus als einen stufenlosen Übergang, bei dem es lediglich einige quantitative Verschärfungen in der Kriegsvorbereitung, dem Sozialabbau und der Repression gebe. Diese Ansicht führe zur Verharmlosung des Faschismus und zum Sektierertum im antifaschistischen Kampf. Darin ist zum Beispiel enthalten, dass der Antifaschismus nur echt sei, wenn er auch den Sozialismus zum Ziel habe oder auch die Ablehnung des Kampfes um bürgerlich-demokratische Grundrechte. Als rechte Abweichung beschreibt Dimitroff die Überzeichnung des Übergangs der Herrschaftsform von bürgerlicher Demokratie und Faschismus und damit die Darstellung des Faschismus als etwas Gegensätzliches zur bürgerlichen Demokratie. Diese Ansicht führe zur Verharmlosung der Sozialdemokratie und anderer potentieller Bündnispartner und zur Aufgabe des strategischen Ziels der proletarischen Revolution. Beide Formen des Opportunismus resultieren aus einem mangelhaften Verständnis von den Unterschieden zwischen Strategie und Taktik. Für die Bekämpfung des europäischen Faschismus der 30er Jahre bedeutete das für Dimitroff: Schaffung der Einheitsfront – also Überwindung der Spaltung der Arbeiterklasse zwischen kommunistischem und sozialdemokratischem Teil und Zusammenarbeit in der Aktionseinheit gegen die Offensive des Kapitals – gegen Sozialabbau, Repression, Krieg und damit gegen Faschismus; gegen den Klassenfeind. Ein zentraler Punkt ist dabei die Verteidigung demokratischer Grundrechte.

Heute Gedenken wir Ernst Thälmann – stellvertretend für all die heldenhaften Kämpfer gegen den Faschismus in Deutschland. Sie haben es nicht geschafft, den deutschen Faschismus, seinen imperialistischen Raubkrieg und den Völkermord zu verhindern. Lasst uns gemeinsam lernen, forschen und kämpfen. Darauf, dass wir den Kapitalismus in Deutschland abschaffen, bevor die Bourgeoisie erneut zu diesen Mitteln greifen wird.

Aktuelles

Palästina und die DDR – Befreiungskampf als Staatsräson?

Während in der BRD die bedingungslose Unterstützung Israels als „Ersatz- Antifaschismus" spätestens ab 1952 zunehmend zur „Staatsräson" wurde, erkannten sich die DDR und Israel bis zur Konterrevolution 1989/90 nicht gegenseitig an. Stattdessen wurde die DDR zu einem wichtigen Alliierten der palästinensischen Befreiungsbewegung.

Interview: „The crisis in Germany“

Two of our comrades were guests on the Marx, Engels, Lenin Institute podcast to discuss the current political and economic situation in Germany. Starting with the end of the ‘Ampel’ coalition government, and moving on to an assessment of the AfD and BSW and the development of the German economy, we talk about topics and issues that continue to cause controversy and raise questions within the left-wing and communist movement in Germany.