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Podium Imperialismus – Ein Überblick

Wir haben die Teilnehmer des Abendpodiums zum Thema des gegenwärtigen Imperialismus gebeten, zwei Fragen zu beantworten. Die erste Frage betrifft das imperialistische Weltsystem, die Abhängigkeiten und wie die herrschende Ordnung im Moment einzuschätzen ist. Die zweite dreht sich um die Nationale Frage im Imperialismus und die Frage, welche Rolle sie heute spielt.

Dima Alnajar (Partei des Volkswillens, Syrien)

Die leninistische Definition des Imperialismus ist inhaltlich immer noch richtig, was sich geändert hat, ist die Form. In seiner neuen Form gibt es zwei entscheidende Elemente:

Erstens: Die Verflechtung zwischen der Sonderstellung des Dollars als Weltwährung und dem ungleichen Tauschsystem (Schulden, Preisschere, technologische Abhängigkeit, Abwanderung von Fachkräften) gab den Besitzern des Dollars eine größere Möglichkeit, nicht nur die Länder der Peripherie zu plündern, sondern auch alle anderen Länder der Welt. Es entstand ein Zentrum des Zentrums.

Zweitens: der Post-Neokolonialismus, eine Negation der Negation in der kolonialen Entwicklungsform. Es ist eine Kombination der Methoden zwischen der alten militärischen und der neuen ökonomischen Form des Kolonialismus. Die direkte Intervention durch militärische Gewalt kehrte zurück bei gleichzeitiger Fortsetzung der Mechanismen der indirekten Plünderung. Diese neue Form wird durch eine Reihe von Stellvertreterkriegen ergänzt.

Auf diese Weise ist die ganze Welt geteilt zwischen einem Plündererzentrum (dem globalen imperialistischen Club) und der ausgeplünderten Peripherie. Mit der sich vertiefenden Macht des globalen Finanzkapitals mit seinem Dollarzentrum, aber einem transnationalen Charakter, sind die Staaten und Regierungen innerhalb des Clubs bloße Instrumente in den Händen des globalen Finanzkapitals. Mit der Krise des Kapitalismus ist der historische Horizont für die Völker, auch für die europäischen, sich von der Macht des globalen Finanzkapitals zu befreien, geöffnet.

Diese Plünderung umfasst sowohl Russland als auch China, die wie andere auch, den ungleichen Austauschbeziehungen unterliegen. Sie sind als abhängige Länder einzustufen. Der Kampf gegen die heftige imperialistische Ausplünderung, der parallel zur globalen kapitalistischen Krise verläuft, die auch Russland und China einschließt, wird zu einem existenziellen Kampf dieser Länder. In der gegenwärtigen Situation gilt Lenins Spruch: Die Völker werden sich im Rahmen ihres Kampfes gegen den Imperialismus wenden, gegen den Kapitalismus in ihren Ländern. Zeichen davon sieht man sowohl in Russland als auch in China.

In Syrien müssen die revolutionären Kräfte für eine zeitgemäße demokratische und nationale Revolution kämpfen, in der die Aufgaben der nationalen Befreiung mit den sozioökonomischen und demokratischen Aufgaben verflochten und parallel erkämpft werden. Ausgangspunkt ist eine politische Lösung der Syrienkrise durch die Umsetzung der UNO-Sicherheitsratsresolution 2254.

Andreas Sörensen (SKP, Schweden)

Wir verstehen den Imperialismus zuerst als System. Das heißt, dass wir den Imperialismus als höchste Stufe des Kapitalismus an sich verstehen. Wir sehen den Imperialismus nicht als eine Entwicklungsstufe, die einzelne Länder erreichen.

Die Entwicklung des Kapitalismus in den Imperialismus bedeutet eine starke Zuspitzung der Widersprüche. Es bedeutet, dass die Kriege global geworden sind und dass Umverteilungskriege die logische Konsequenz sind. Der Kampf zwischen den Kapitalisten wird blutiger als bisher.

Die einzelnen Nationen können wir aber nicht als entweder ‚imperialistisch‘ oder ‚kapitalistisch‘ bezeichnen. Wenn wir so etwas versuchen würden, stünden wir vor vielen wissenschaftlichen Problemen: Welche Maßstäbe sollten wir verwenden, um die Nationen zu beurteilen? Was wir aber sehen können, ist, wie jede Nation ihre eigene Position zu stärken versucht. Egal ob groß oder klein, jede kapitalistische Nation kämpft um Vorteile für ihre eigenen Monopolgruppen; für bessere Bedingungen und stärkere Positionen. Hier gibt es keinen Unterschied zwischen stärker und schwächer.

Die Unterschiede zwischen den Nationen sehen wir eher als quantitativ, aber nicht qualitativ: Der Charakter der verschiedenen Nationen ist gleich, die Stärke aber ist es nicht. Das hat Folgen für die Positionierung der Kommunisten. Wir stellen uns nicht an die Seite des einen Räubers gegen den anderen, eben weil wir wissen, dass sie für das gleiche Ziel kämpfen. Unsere Position ist bei den Völkern, gegen das Kapital.

So ist die Situation in jeder kapitalistischen Nation und kann nicht anders sein. Mit Lenins Worten: Im Kapitalismus liegt ein „stark entwickelte[r] Antagonismus zwischen Proletariat und Bourgeoisie vor uns“. Diesen Antagonismus müssen wir erkennen als den wichtigsten in jeder kapitalistischen Nation, weil es der einzige revolutionäre Antagonismus ist, der den Weg zum Sozialismus öffnet.

Wir verstehen deshalb die nationale Frage als abgeschlossen für die kapitalistischen Nationen. Das heißt, in den kapitalistischen Nationen führt die Illusion der nationalen Frage zu falschen Schlussfolgerungen. Wo einige die Mitgliedschaft Schwedens in der EU oder der NATO als nationale Unterwerfung sehen, sehen wir es als eine Klassenfrage. Die schwedische Bourgeoisie hat nach ihrem eigenen Interesse agiert und die Lösung dieser Frage ist nicht eine nationale Befreiung, sondern ein Kampf gegen die schwedische Bourgeoisie und gegen den Kapitalismus als solchen.

Björn Blach (DKP)

Die inneren Gesetzmäßigkeiten führen dazu, dass der Kapitalismus parasitär, sterbend wird. Obwohl der Monopolkapitalismus in einigen Bereichen die Produktivkräfte weiterentwickelt, sind diese im gesamtgesellschaftlichen Maß in Destruktivkräfte umgeschlagen. Sie dienen ausschließlich zur Absicherung der Monopolprofite. In den einzelnen Staaten zwingt die Monopolbourgeoisie ihre Interessen allen anderen Klassen auf.
Sie erreicht dies über ihre ökonomische Macht und durch die Verschmelzung mit dem bürgerlichen Staat. Nach innen verfügt das Monopolkapital über die Repressionsorgane, nach außen über das Militär. Dieses dient dazu, andere nicht-imperialistische Staaten unter die Vorherrschaft des Imperialismus zu zwingen. Weitere Mittel dazu sind die Sanktionspolitik, die Vorherrschaft in den internationalen Organisationen, der Dollar als Leitwährung oder die Verfestigung ökonomischer Abhängigkeiten.

Der US-Imperialismus konnte sich aufgrund der Stärke der Sowjetunion nach der Befreiung vom Faschismus als ‘ideeller Gesamtimperialist’ etablieren. Mit der Konterrevolution fiel das sozialistische Weltsystem, das im Rahmen des internationalen Klassenkampfes den Imperialismus zum Frieden zwingen konnte, weg. Der deutsche Imperialismus stieg zur Führungsmacht in der EU auf.

Die inneren Widersprüche des Imperialismus haben zu seiner ökonomischen Schwächung geführt und lassen seine Vorherrschaft brüchig werden. Insbesondere die VR China stellt das System der imperialistischen Vorherrschaft und Abhängigkeit in Frage. Der Imperialismus kann die Krise, die er selbst hervorruft, nur mit Unterdrückung und Krieg „lösen“.

Koloniale Unterdrückung und Ausbeutung gehören zum Imperialismus wie der Krieg. Er ist nicht in der Lage, ohne diese auszukommen. Die nationale Frage bildet eine dialektische Einheit mit der Klassenfrage. Die Lösung dieses Widerspruchs kann nur konkret erfolgen. Die konsequenteste Vertreterin der nationalen Frage ist die Arbeiterklasse. Die Bourgeoisie der unterdrückten Länder kann ihre kurzfristigen Interessen als Handlanger der Imperialisten, als Kompradorenbourgeoisie durchsetzen.
Sie verrät damit ihre nationalen Interessen. Als nationale Bourgeoisie kann sie eine progressive Rolle spielen. Eine Reihe von Ländern sind heute gezwungen, ihre nationale Souveränität militärisch gegenüber dem Imperialismus zu sichern. Viele andere Länder kämpfen um die Überwindung der ökonomischen Abhängigkeit. Am effektivsten gelang dies Ländern, die die nationale und soziale Frage gemeinsam angegangen sind und einen sozialistischen Entwicklungsweg eingeschlagen haben.

Torsten Schöwitz (KPD)

Lenin hat die Wesenszüge des Zeitalters des Imperialismus herausgearbeitet und dargestellt. Dies ist für uns Orientierung. Vorstellungen in der Richtung, es gäbe heutzutage ein einziges herrschendes imperialistisches Land (USA) und ansonsten nur Vasallen und eine Peripherie halten wir für falsch – und in ihrem Hintergrund für leicht durchschaubar: Russland soll unter allen Umständen von imperialistischen Interessen freigesprochen werden, und dafür sind manche Genossinnen und Genossen bereit, Lenin zum alten Eisen zu werfen.

Die Frage der nationalen Befreiung aus kolonialer Abhängigkeit zu trennen von der sozialen Frage, also der Klassenfrage, halten wir für sehr kurzsichtig. Die Geschichte zeigt: dort, wo die nationale Befreiung aus kolonialer Abhängigkeit mit der Überwindung des Kapitalismus verbunden werden konnte, konnten langfristig Erfolge erzielt werden. Beispiele: China, Korea, Kuba, Vietnam. Dort, wo dies nicht gelang, sondern der Kapitalismus nach der nationalen Befreiung bestehen blieb, wurden anfängliche Verbesserungen der sozialen Lage der Bevölkerung sehr bald zerschlagen. Beispiele: Indien, Algerien, Ägypten, Südafrika, Angola, leider auch Venezuela.

Deshalb halten wir die zu diskutierende Frage, ob die nationale Befreiung „progressiven Charakter“ tragen kann – für eben keine Frage. Nationale Befreiung unter Beibehaltung des Kapitalismus bringt kurzfristig manchmal etwas Erleichterung, langfristig aber keine wesentlichen Verbesserungen für die Bevölkerung.

Aktuelles

Warum gründet man eine KP?

Die KO/ML hat bekannt gegeben, die "KP" gegründet zu haben. Anlass war vor allem die Verwechslung mit uns. Der Schritt führt das Vorhaben der KO ad absurdum und ist Ausdruck einer gewissen Ignoranz gegenüber den Verhältnissen und seinen eigenen Potentialen. Der gewählte vermeintliche Ausweg wird aber tiefer ins Labyrinth führen, denn Selbstüberschätzung wird nicht dazu führen, die Probleme besser zu erkennen. Das größte Problem besteht aber in den Inhalten der Gruppe, die vor allem in Äquidistanz und dem Irrweg des "gegen alle Imperialismen" bestehen.

Von der Demokratiebewegung zur kriegstüchtigen Volksgemeinschaft

Der Beitrag von Milo Barus beleuchtet, wie die neue `Demokratie-Bewegung` zum Ausdruck einer neuen Burgfriedenpolitik geworden ist. Gewerkschaften und „linke“ Organisationen werden darin zu Kettengliedern einer neuen Gesinnungsgemeinschaft. Einer Gemeinschaft, in der es keine Klassengegensätze, sondern nur noch „liberale Demokraten“ gibt und in der die Kritik an Krieg und Verarmung einer unerschütterlichen und klassenübergreifenden Kriegsbegeisterung und Opferbereitschaft weicht. Eine Gemeinschaft, in der die rassistische Hetze gegen Araber und Muslime, aber auch gegen Russen und Chinesen als Voraussetzung für die Zustimmung zu den gegenwärtigen und zukünftigen Kriegsprojekten normalisiert wird. Bei Beiträgen handelt es sich nicht zwangsläufig um Positionen der Kommunistischen Organisation.