Ben Barka über Neokolonialismus und Sozialismus (1963)

Themen: Imperialismus und Neokolonialismus, Sozialismus

CC BY-NC-SA 4.0

Schon im frühen Teenageralter schloss sich Mehdi Ben Barka der marokkanischen Unabhängigkeitsbewegung an und war 1944 an der Gründung der Istiqlal-Partei (Unabhängigkeitspartei) beteiligt. Im selben Jahr wurde er vom französischen Kolonialregime verhaftet, weil er – mit gerade 24 Jahren als jüngster Unterzeichner – seine Unterschrift unter die Unabhängigkeitserklärung gesetzt hatte, die das französische und spanische „Protektorat“ einseitig aufkündigte und Marokkos nationale Souveränität als konstitutionelle Monarchie forderte. Er gehörte nicht nur zu deren jüngsten Mitgliedern, sondern auch zu den Köpfen ihres radikalen bzw. linken Flügels: Als sich der Unabhängigkeitskampf 1953-55 zuspitzte, gehörte er zu den Organisatoren des bewaffneten Kampfes. Nachdem das Land 1956 schließlich seine politische Souveränität errungen hatte, differenzierten sich die Klassenkräfte und politischen Parteien aus. 1959 trennte sie sich der linke Istiqlal-Flügel von der Partei, bald darauf entstand die Nationalunion der Volkskräfte (UNFP). Dort fanden sich Linke aus der Istiqlal sowie der Demokratischen Unabhängigkeitspartei. Die UNFP stützte sich besonders auf das Kleinbürgertum und die Arbeiterklasse und war in der Gewerkschaftsbewegung stark verankert.

Als Reaktion auf das Erstarken der linken Opposition griff das monarchistische Regime zunehmend zu Repression: Ehemalige Freiheitskämpfer und UNFP-Mitglieder wurden Ende 1959 und Anfang 1960 verhaftet, die Kommunistische Partei im Februar 1960 verboten. Ben Barka floh ins Ausland, von wo er jedoch weiter für die UNFP arbeitete und ihre Entwicklung vorantrieb. 1962 kehrte er zurück und entging bald darauf knapp einem Anschlag. Bei den Parlamentswahlen im Mai 1963 wurde die UNFP trotz Fälschungen drittstärkste Kraft und konnte mit der Istiqlal die Mehrheit der Sitze auf sich vereinen – eine Niederlage für die Partei des Königs. Daraufhin ließ dieser die UNFP-Führung und zahlreiche Mitglieder verhaften: Rund 200 Funktionäre und 5000 Anhänger landeten im Gefängnis, 11 wurden zum Tode, viele weitere zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Außerdem wurde das Eigentum der Partei beschlagnahmt. Ben Barka gelang es erneut, sich abzusetzen: Er ging nach Algerien, Ägypten und schließlich Frankreich. In Algier und Kairo traf er u. a. Che Guevara, Amílcar Cabral und Malcolm X. In Paris bereite er federführend die 1. Konferenz der Tricontinentale in Havana vor, die im Januar 1966 stattfinden sollte.1 Doch erlebte er sie nicht mehr: Wegen seines Aufrufs an die Marokkaner, sich gegen die vom König angeordnete Aggression gegen Algerien zu stellen, war er 1964 in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. In der Nacht vom 29. auf den 30. Oktober 1965 wurde er vom marokkanischen Geheimdienst, vermutlich mit Unterstützung französischer und israelischer Agenten,2 in Paris entführt und ermordet.

Obwohl die UNFP auf Distanz zur Kommunistischen Partei blieb und sich nicht öffentlich zum Marxismus-Leninismus bekannte, trat sie ab 1962 für einen „sozialistischen Weg“3 ein und ihre Mitglieder waren begeistert von den Entwicklungen in der VR China. Bassam Tibi – damals noch der Neuen Linken, heute dagegen der Neuen Rechten zuzurechnen – betonte, dass Ben Barka „äußerst vorsichtig“ war, und zeigte sich überzeugt, dass es ihm darauf ankam, „seine Vorstellungen ohne großen Lärm in die Praxis umzusetzen, um dadurch der antikommunistischen Hetze der sozialen Kräfte um das königliche Schloß zu entgehen, die sich bemühten die frommen Gefühle der Marokkaner gegen den ‚atheistischen Marxismus‘ aufzuwiegeln.“4 Ben Barka selbst erklärte, es sei „besser, die Grundlagen des Sozialismus zu schaffen, ohne darüber zu sprechen“, als darüber zu sprechen, ohne sie zu schaffen.5

Der folgende Text ist der Entwurf eines Artikels, den Ben Barka im Dezember 1963 schriebEr war für eine Zeitschrift gedacht, die jedoch nie realisiert wurde. Die Idee für dieses Projekt entstand im Rahmen seiner trikontinentalen Vernetzungen und, wie er notierte, in „Gesprächen mit führenden Persönlichkeiten aus Tanganjika6, Guinea, der Vereinigten Arabischen Republik7, Algerien und Marokko“. Sie sollte „als Sprachrohr der afrikanischen nationalen Revolution dienen“, was konkret bedeutete: Debattieren und ein „ernsthaftes und gründliches Studium“. Er benannte „die Notwendigkeit, die Phase der Spontaneität und Improvisation hinter sich zu lassen, die die meisten nationalen Befreiungsbewegungen geprägt hat“, und erklärte, es sei an der Zeit, sich „nicht länger mit einem Pragmatismus zufrieden geben“. Vielmehr seien „theoretische Bildung und ein revolutionäres ideologisches Wissen […] für Kader und Aktivisten absolut notwendig, damit sie den Imperialismus und seine Verbündeten in all ihren Formen entlarven können.“8

Angesichts der anhaltenden Krise der kommunistischen Weltbewegung und des immer aggressiveren Auftretens des imperialistischen Westens scheinen diese mahnenden Worte Ben Barkas heute – wenn auch unter anderen Vorzeichen – so aktuell wie damals. Konkret wollen wir mit der Veröffentlichung unsere Auseinandersetzung mit afrikanischen marxistischen Denkern fortsetzen. Der Text erschien kurz nach Nkrumahs panafrikanischem Manifest Africa Musst Unite und nicht lange vor Cabrals Vortrag auf der Tricontinentalen Konferenz in Havana, aus denen wir bereits Auszüge veröffentlicht haben. Aufgrund der damaligen, einschneidenden historischen Umstände behandelt er ähnliche Themen: den Übergang vom Kolonialismus zum Neokolonialismus, die richtige revolutionäre Strategie angesichts dieser neuen Herausforderung und am Rande auch die Frage der Afrikanischen Einheit. Er argumentiert, ähnlich wie Cabral, dass die afrikanische Bourgeoisie nicht in der Lage sei, dem Neokolonialismus die Stirn zu bieten. Unter Verweis vor allem auf China als positives Beispiel argumentiert er für den Sozialismus als einzige Möglichkeit der Entwicklung und des Fortschritts für die afrikanischen Staaten.

Der Text erschien 1969 beim westdeutschen Trikont-Verlag, allerdings auf Grundlage der englischen Übersetzung, die bereits in Teilen vom französischen Original abweicht. Tibi neigte dazu, beim Übertragen ins Deutsche auch noch seine eigenen Interpretationen einfließen zu lassen. Daher haben wir den Artikel erneut und diesmal direkt aus dem Französischen übersetzt.

Redaktion der KO

Afrika nach der Unabhängigkeit

Mit Beginn der 60er Jahre sind wir in eine neue Phase der Geschichte Afrikas und seines Kampfes für Freiheit und Fortschritt eingetreten.

Vor 1960 hatten nur wenige Länder, vor allem im Norden, ihr Recht auf nationale Existenz und Teilnahme am internationalen Leben errungen. In weniger als zwei Jahren sind die meisten Länder West-, Zentral- und Ostafrikas denselben Weg gegangen, und trotz Tragödien wie der in Südafrika9 oder der von der Geschichte verurteilten törichten Hartnäckigkeit Portugals10 ist bereits abzusehen, dass Afrika insgesamt eines Tages der direkten Herrschaft entkommen wird. Diese Tatsache an sich ist zweifellos von entscheidender Bedeutung, da sie bereits eine gewisse Veränderung im strategischen und politischen Gleichgewicht auf internationaler Ebene bewirkt hat, während sie gleichzeitig eine tiefergreifende Veränderung in den Strömungen des internationalen Handels fördert und damit die Grundlagen des Imperialismus selbst untergräbt.

Gerade weil dieser Befreiungskampf kurz vor seinem Abschluss steht, können wir versuchen, ihn objektiv zu beurteilen und seine Leitlinien zu verstehen.

Zu diesem Zweck müssen wir uns auf die folgenden beiden Punkte konzentrieren:

1. Der Kontrast zwischen der relativ langen Zeit, die für die Befreiung der Länder Südostasiens, des Nahen Ostens und Nordafrikas benötigt wurde, und der relativ kurzen Zeit, in der die Staaten des übrigen Afrikas entstanden sind;

2. Die strukturellen Auswirkungen dieser Befreiung auf den Weltimperialismus und seine Grundlage, den Kapitalismus.

Es wäre wenig sinnvoll, sich auf den vagen Begriff der Beschleunigung der Geschichte oder des Verfalls des Kolonialismus zu berufen, da dies nur eine andere Möglichkeit wäre, das Phänomen zu beschreiben, ohne es allerdings zu erklären.

Die einzige Frage, die sich stellt, ist, ob all diese Befreiungen durch den Sieg über den Kolonialherren oder in Zusammenarbeit mit ihm erreicht wurden. Zweifellos braucht es zwei, um einen gnadenlosen Krieg zu beenden, aber es ist ein weiter Weg von einer Einigung zur Beilegung eines Streits bis hin zu einer Hilfe, die inspiriert und leitet. Man muss sich ganz klar darüber sein, dass das, was zwischen den beiden Weltkriegen nur eine Tendenz des Imperialismus war (zum Beispiel die Gründung des unabhängigen Königreichs Irak im Jahr 193211), zu einer klar konzipierten und beharrlich umgesetzten Politik geworden ist.

Nach der Unabhängigkeit

Dies lässt sich jedoch nicht auf eine einfache Entscheidung im Bereich der Außenpolitik reduzieren, sondern ist Ausdruck eines tiefgreifenden Wandels in den westlichen kapitalistischen Strukturen. Es ist kein Zufall, dass der Liberalismus in der Kolonialpolitik der europäischen Länder einen Aufschwung erlebt hat und dass dieser Liberalismus mit der Verfeinerung und Modernisierung des Kapitalismus zunimmt.

In Wahrheit war es nur natürlich, dass Westeuropa, nachdem es sich nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Marshall-Hilfe und eine immer stärkere Verflechtung mit der amerikanischen Wirtschaft von der Struktur des 19. Jahrhunderts entfernt hatte, um sich an den von Schumpeter12 beschriebenen amerikanischen Kapitalismus anzupassen, auch die Beziehungen Amerikas zur Welt übernahm; mit anderen Worten: dass es ebenfalls sein eigenes „Lateinamerika”13 schuf.

Ist Afrika das Lateinamerika Europas? Das ist die eigentliche Frage, die wir uns derzeit stellen müssen.

Aber welches Lateinamerika? Dasjenige, das seit über einem Jahrhundert sowohl Unabhängigkeit als auch Stagnation erlebt hat, die eng miteinander verbunden sind? Dasjenige, das alle Ökonomen vor Fidel Castro mehrfach kritisiert haben? Oder dasjenige, das sich aus der nationalen und sozialen Revolution herauskristallisiert, die gewaltsam durch den Castrismus ausgelöst oder vorsichtig durch die Allianz für den Fortschritt14 angestrebt wurde?

Aus Angst, dass Unabhängigkeit nur Armut und Elend mit sich bringt und dass internationale Anerkennung Abhängigkeit und Unterwerfung begünstigt, muss man dem Wort „Entwicklung“ ab sofort dieselbe emotionale Bedeutung beimessen wie dem Wort „Unabhängigkeit“. Die Mystik des einen muss die des anderen ersetzen. Oder genauer gesagt, es muss gezeigt werden, dass die bisher verborgene, aber wesentliche Wahrheit der Unabhängigkeit tatsächlich die Entwicklung ist.

Die einzige Möglichkeit, zu verhindern, dass die afrikanischen Massen sich in der Freude über eine gewährte und künstliche Unabhängigkeit demobilisieren, besteht darin, ihnen verständlich zu machen, dass die Unabhängigkeit ein Ziel hat, dass ihr Wert daran gemessen wird, wie sie zur Förderung von Wachstum und Entwicklung genutzt wird.

Die Bedeutung von Entwicklung

Um das Wort „Entwicklung“ jedoch zu einem Mittel der Agitation und Bewusstseinsbildung zu machen, muss es zunächst zu einem Konzept werden.

Diese Notwendigkeit einer strengen Konzeption zeigt sich in der Verwirrung der Definitionen und vor allem ihrer politischen Konsequenzen.

Ein Land, das gut mit Straßen, Luxus- und Super-Luxushotels, Vergnügungsstätten und Seebädern ausgestattet ist, wird von manchen als ein Land dargestellt, das die Schwelle der Entwicklung überschritten hat. Ein anderes Land, das eine höhere Grundschulbesuchsquote als seine Nachbarländer hat, wird als Vorbild für eine kluge und harmonische Entwicklung dargestellt. Ein gewisser Wohlstand, der aus dem Anbau eines Produkts entsteht, kann ebenfalls täuschen.

Wenn man nur einen sekundären Aspekt oder eine Folge der Entwicklung im Blick hat, selbst wenn dieser Aspekt so wichtig ist wie der Lebensstandard oder das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen, entsteht ein falsches Bild von der Entwicklung, und die politischen Konsequenzen, die man daraus zieht, können sehr schädlich sein.

Andererseits erlaubt es der derzeitige Zustand der wirtschaftlichen Abhängigkeit, in dem sich die meisten afrikanischen Länder befinden, nicht, sich mit einer rein arithmetischen Darstellung der Entwicklung zufrieden zu geben.

Es gibt einen menschlichen, sozialen und kulturellen Aspekt, den man unbedingt berücksichtigen muss, wenn man eine ordnungsgemäße Analyse vornehmen will.

Ägypten hatte lange Zeit weniger Krankenhausbetten, weniger Kilometer Straßen und im Allgemeinen einen niedrigeren Lebensstandard als Marokko. Dennoch hat Ägypten mehr Hochschulabsolventen, Techniker, Schreibkräfte und Lehrer, was einen Vergleich zwischen beiden Ländern viel schwieriger macht, als wir bisher angenommen haben.

Wir müssen uns nicht nur der rein wirtschaftlichen Defizite der Entwicklung bewusst sein, sondern auch ein umfassendes soziologisches Verständnis haben, wenn wir uns nicht von den über Afrika verstreuten Inseln des Wohlstands täuschen lassen wollen.

Dies ist keineswegs eine akademische Kontroverse. Im Gegenteil, darin liegt der wesentliche Unterschied zwischen der technokratischen Sichtweise, die mehr oder weniger ideologisch mit dem Imperialismus verbunden ist, und der Sichtweise der progressiven Afrikaner. Nur auf dieser Grundlage können wir die verschiedenen Projekte für eine wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika objektiv kritisieren.

Möglicherweise könnten solche Zusammenschlüsse den Lebensstandard in bestimmten Ländern erhöhen, aber dieser Anstieg würde keine reale Grundlage haben und nur einer kleinen Schicht der afrikanischen Gesellschaft zugute kommen.

Die objektive Basis der Entwicklung ist nichts anderes als die Produktivität der menschlichen Arbeit in einer bestimmten Gesellschaft. Diese lässt sich zweifellos nur anhand ihrer technischen Mittel und sozialen Folgen erfassen und messen. Diese Arbeitsproduktivität kann einerseits durch die Ausweitung der Produktion und der industriellen Organisation und andererseits durch die „Anhebung des Lebensstandards“ erreicht werden. Bei unserer politischer Beurteilung geht es jedoch darum, Ursachen und Folgen nicht zu verwechseln, und zu verhindern, dass diese Verwechslung für ideologische Zwecke missbraucht wird. Genau das tun manche, wenn sie abstrakt vom Glück des „Menschen” sprechen.

Zweifellos ist das ultimative Ziel jeder wirtschaftlichen Entwicklung das Wohlergehen und das individuelle Glück, aber die Art und Weise, wie dies erreicht wird – vorausgesetzt, dass alle Wege dorthin führen – ist sehr wichtig. Wenn alle Straßen-, Hafen- und Wasserkraftinfrastrukturen von ausländischen Technikern finanziert und gebaut werden, wenn der Wohlstand des Außenhandels mit dem Verkauf von Produkten verbunden ist, die die Wirtschaft der imperialistischen Länder benötigt, wenn die gesamte industrielle Entwicklung als einfache Ansiedlung von Niederlassungen großer europäischer Unternehmen verstanden wird, müssen wir ganz objektiv sagen, dass Unabhängigkeit keine Veränderungen bringen kann. Wenn die Einwohner eines Landes homogen genug und zahlenmäßig so gering sind, dass der durch diese Struktur geschaffene Wohlstand alle Schichten der Gesellschaft umfasst, umso besser. Es muss jedoch gesagt werden, dass dieser Wohlstand im Wesentlichen auf dem Wohlstand der Kolonialmächte beruht und nicht auf alle afrikanischen Länder übertragen werden kann.

Der gesündeste Weg ist der, der gleichzeitig die Menschen und die materiellen Strukturen auf eine unabhängige und damit sicherere und nachhaltigere Entwicklung vorbereitet.

Dieser Gedanke sollte präzisiert werden, damit der relative Erfolg der USA in Puerto Rico15 und der US-europäische Erfolg in Israel16 nicht als weiterer Weg zur Entwicklung angeboten werden kann. Dies ist nur ein Mittel, um ideologische Verwirrung zu stiften und die große Mehrheit der unterentwickelten Länder daran zu hindern, unmittelbar nach Erlangung der Unabhängigkeit den einzig wahren Weg zur Entwicklung und wirtschaftlichen Befreiung einzuschlagen.

Die Realität des Neokolonialismus

Auf dieser Grundlage können wir mit einer gewissen Genauigkeit definieren, was wir als „Neokolonialismus“ bezeichnen.

Es handelt sich um eine Politik, die

  • einerseits leichtfertig politische Unabhängigkeit gewährt und bei Bedarf Scheinstaaten schafft, die nicht die geringste Chance haben, echte Unabhängigkeit auszuüben. Die Folgen sind die Balkanisierung Afrikas, die Schaffung und Verschärfung künstlicher innerafrikanischer Konflikte;
  • und andererseits eine „Zusammenarbeit” anbietet, deren Ziel ein angeblicher Wohlstand ist, und eine Anhebung des Lebensstandards verspricht, deren objektive Grundlagen außerhalb Afrikas liegen.

Jede politische Position innerhalb oder außerhalb Afrikas, die bewusst oder unbewusst zu solchen Ergebnissen führt, ist objektiv neokolonialistisch.

Ist das wirklich ein neues Phänomen? Im Grunde genommen war es schon immer die Definition des Imperialismus.17 Es war bereits in der Praxis die kapitalistische Politik des am weitesten entwickelten Landes der Welt.

Aber in den Beziehungen Afrikas zu den Kolonialmächten Europas ist es eine neue Tendenz im Vergleich zur direkten Herrschaft und Ausbeutung und im Vergleich zur Kolonisierung der Besiedlung.

Deshalb müssen wir die Vorschläge der Kolonialmächte und die Position der afrikanischen Politiker, sei es einzeln, im Namen regionaler Gruppierungen oder sogar im Namen des gesamten Kontinents, neu bewerten.

Die Zeit, in der die Forderung nach schlichter Unabhängigkeit fortschrittlich war, ist vorbei. Die einzige revolutionäre Forderung ist heute die echte, umfassende und harmonische Entwicklung Afrikas.

Der sozialistische Weg

Es wäre falsch zu glauben, dass diese Forderung von den afrikanischen Massen noch nicht aufgegriffen worden ist. Sie muss nur ideologisch geklärt werden. Aber bereits jetzt wird die wesentliche Wahrheit, dass Unabhängigkeit an sich nur eine Form ist, die eines Inhalts bedarf, von einer immer größer werdenden Zahl von Kadern und Aktivisten erkannt. Ein Indiz dafür ist die zunehmende Faszination, die das chinesische Phänomen auf die Vorstellungskraft aller Länder Afrikas ausübt.

Diese Faszination lässt sich dadurch erklären, dass die Menschen intuitiv spüren, dass das einzige Land seit dem Krieg,18 das seine Unabhängigkeit vom Ausland errungen und entschlossen den Weg der realen Entwicklung eingeschlagen hat, die Volksrepublik China ist, und dies trotz der Schwankungen der ausländischen Hilfe und der Naturkatastrophen19 seit 1960.

Trotz Naturkatastrophen, trotz statistischer Korrekturen und trotz des überstürzten Abzugs sowjetischer Techniker20steht die Realität dieser Entwicklung außer Frage. Wesentlich ist zu verstehen, dass nicht die Anhebung des Lebensstandards beeindruckt, sondern dass dieser durch chinesische Hände und Intelligenz, durch chinesische Kraft und Technik erreicht wurde.

Dieser Erfolg entfaltet seine volle Bedeutung erst im Vergleich zu anderen Erfahrungen, die gescheitert sind.

Das chinesische System ist nicht aus dem Nichts entstanden, also aus reinem Feudalismus. Es folgte auf eine fünfzehnjährige Periode, in der die Stagnation Chinas nicht nur durch die Feindseligkeit und Gier Japans21 und Englands22, die Verkommenheit, Unfähigkeit und Käuflichkeit der Kuomintang23 zu erklären war, sondern auch durch interne, fast angeborene Spaltungen, die mit entschlossener Beharrlichkeit beseitigt werden mussten. Diese Wahrheit wird immer deutlicher, je mehr andere Experimente ihre Versprechen nicht einlösen.

Das einzige Problem: die Akkumulation

Wenn die Anhebung des Lebensstandards durch eine Integration mit weiter entwickelten Ländern keine echte Lösung ist, wenn der einzige Weg die Selbstentwicklung ist, dann stellt sich nur noch die Frage der ursprünglichen Akkumulation und der Möglichkeit für jede soziale Schicht, diese zu verwirklichen oder nicht. Es stimmt, dass die Wirtschaftspolitik der UdSSR in den ersten zehn Jahren der Revolution auf diese Akkumulation abzielte,24 aber die politische und militärische Position des zaristischen Russland und die relative Entwicklung des europäischen Teils Russlands verschleiern diese Wahrheit. Die Stärke des chinesischen Beispiels liegt hingegen darin, dass China offensichtlich vom gleichen Punkt der Armut aus gestartet ist, an dem sich derzeit die meisten afrikanischen Länder befinden.

Nach fünfzehn Jahren des völligen Zerfalls, die die Unfähigkeit der Kuomintang deutlich gemacht haben, ist es der derzeitigen Führung Chinas gelungen, alle Kräfte des Landes zu mobilisieren, die für den Beginn der Entwicklung notwendig sind.

Viele Erfahrungen in unabhängigen, unterentwickelten Ländern haben jedoch gezeigt, dass diese notwendigen Kräfte nicht mobilisiert werden können, wenn sie nicht von einer authentisch volksnahen und fortschrittlichen revolutionären Gruppe vorangetrieben werden. Die Erfolgsbeispiele in Kuba und Algerien sind neue Erfahrungen, die aufmerksam verfolgt werden, ebenso wie die Beispiele Ghana und der Vereinigte Arabische Republik seit 1961.25

Bettelheim26 sagt über Indien:

Das Drama besteht darin, dass die Industrialisierungsbemühungen aufgrund des fehlenden Fortschritts in der Landwirtschaft nicht auf einer soliden wirtschaftlichen Grundlage beruhen. [] Dieser fehlende Fortschritt in der Landwirtschaft macht jeden weiteren Aufschwung der Industrie unmöglich. [] Die Ursache für diese Situation liegt in der sozialen Lage Indiens.27

In dieser Perspektive zeigt sich die ganze Bedeutung einer revolutionären Agrarpolitik: Agrarreform in Ländern, in denen die feudale oder kapitalistisch-koloniale Struktur gebrochen werden muss, kollektivistische Organisation in Ländern, in denen die dünn besiedelte Bevölkerung den Boden nicht wirklich stabil bewirtschaften kann.

Der Imperialismus ist aus rein technisch-wirtschaftlichen Gründen gezwungen, die Notwendigkeit einer Agrarreform anzuerkennen, die die einzige Grundlage für eine beschleunigte Entwicklung darstellt, wie die Theorie der Allianz für den Fortschritt gezeigt hat.28 Gleichzeitig fürchtet er jedoch die Mittel, um dies zu erreichen. Er widersetzt sich dieser Reform, sobald sie revolutionär in Angriff genommen wird, da er klar erkennt, dass sie seine politischen Positionen untergräbt, insofern als seine natürlichen Verbündeten und seine stärksten Stützen davon betroffen sind.

Jede Politik in Afrika, die nicht mit einer radikalen Zerstörung der feudalen und kapitalistisch-kolonialen Strukturen einhergeht, kann trotz ihrer Ansprüche auf Industrialisierung und Planung nur dem Neokolonialismus in die Hände spielen, denn all diese Projekte sind Luftschlösser.

Der Fall Ägyptens ist in dieser Hinsicht noch deutlicher, denn bis vor wenigen Jahren war die herrschende Klasse nicht in der Lage, die Grundlagen für eine effiziente Industrialisierung zu schaffen, bis sie begann, entschlossen gegen ausländische Monopole und ihre lokalen Verbündeten vorzugehen.

Es ist jedoch anzumerken, dass alle diese Länder – Nationalchina29, Indien und Ägypten – Länder mit einer recht starken nationalen Kultur- und Verwaltungstradition sind, in denen gewisse Kreise der Bourgeoisie eine embryonale Industrie, insbesondere Textilindustrie, geschaffen hatte. Aber diese aufkeimenden nationalen Industrien konnten nie einen wirklichen Aufschwung bewirken. Sie blieben am Rande der Gesamtwirtschaftsstruktur.

Es ist offensichtlich, dass der von dieser Bourgeoisie eingeschlagene Weg ein liberaler Weg war, den sie jedoch nicht lange aufrechterhalten konnte, da sie gezwungen war, sich an die Staatsführung zu wenden, als sie ihre Unterlegenheit gegenüber dem weiter entwickelten und fest etablierten westlichen Kapital erkannte.

Es ist unmöglich, nicht zu folgendem Schluss zu kommen: Das Scheitern dieser Politik ist gleichzeitig das Scheitern der nationalen Bourgeoisie.

Der Beweis dafür ist, dass die Entwicklung überall vom Staat in die Hand genommen wird, wobei dieser natürlich keineswegs immer Ausdruck der arbeitenden Massen ist und oft von internen oder externen Interessengruppen abhängig ist.

Aber wenn die nationale Bourgeoisie in ihren Versuchen gescheitert ist, eine liberale Entwicklung in dem Land zu fördern, in dem sie solide Traditionen hatte, muss man umso mehr mit einem Scheitern in den Ländern rechnen, in denen die Bourgeoisie noch aufgebaut werden muss.

Inhalt des Sozialismus

Bislang war die Annäherung an den Sozialismus negativ: auf der einen Seite völliger oder teilweiser Misserfolg, auf der anderen Seite Erfolg; die Notwendigkeit des Sozialismus wurde durch das Absurde30 demonstriert.

Aber es müsste noch erklärt werden, warum China erfolgreich war, warum Algerien von Anfang an große Erfolgschancen hat, was genau der Begriff Sozialismus beinhaltet, da selbst dort, wo die Entwicklung noch nicht wirklich begonnen hat, von sozialistischer Erfahrung die Rede ist.

Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt, um auf die verschiedenen Techniken der sozialistischen Entwicklung im Detail einzugehen. Das einzige Kriterium besteht darin, einen Weg zu finden, die nationalen Ressourcen zu mobilisieren, um die notwendige Kapitalakkumulation zu erreichen.

Zweifellos wird man sagen, dass diese Mobilisierung abstrakt durch geeignete Techniken erfolgen kann und dass es keinen Grund gibt, diese Techniken als sozialistisch und nicht als kapitalistisch zu bezeichnen, da sich beispielsweise die keynesianischen31 Theoretiker in vielen Punkten mit den marxistischen Theoretikern einig sind.

Es bleibt jedoch die Tatsache, dass in der Praxis die einzige wirksame Mobilisierung rund um den Sozialismus stattfand; und dass jedes Mal, wenn man versucht, das Wort lediglich als ideologischen Ansporn zu verwenden, ohne auch seinen Inhalt anzuwenden,32 das Ergebnis immer enttäuschend ist.

Zweifellos nähern sich die Planungstechniken ab einem bestimmten Stadium einander so weit an, dass sie miteinander verschmelzen, und ein gewisser „Staatskapitalismus“ kann die Notwendigkeit des Sozialismus vergessen lassen, doch die objektiven Ergebnisse beweisen immer wieder, dass dies nur ein Notbehelf ist, der nur akzeptiert wird, wenn die Volkskräfte daran gehindert werden oder die Gelegenheit verpasst haben, ihren Willen durchzusetzen. Es ist also das Problem der Macht selbst, das richtig gelöst werden muss, bevor man sich ernsthaft für den Aufbau des Sozialismus engagieren kann.

Schlussfolgerungen

Daher erscheint es absolut notwendig, gegen Abweichungen und Mystifizierungen des Sozialismus anzukämpfen, so wie es auch im Falle der Unabhängigkeit notwendig war.

Es ist besser, die Grundlagen des Sozialismus zu schaffen, ohne darüber zu sprechen, als darüber zu sprechen und dabei den Zielen des Neokolonialismus zu dienen. Der Sozialismus als Etikett hat keine Bedeutung, da er ebenso gut ein halb-faschistisches Regime, einen feudalen Staat oder eine Schöpfung des Imperialismus rechtfertigen kann.

In der gegenwärtigen Phase des antiimperialistischen Kampfes lässt sich der Inhalt des Sozialismus unserer Meinung nach grob wie folgt charakterisieren:

a) durch eine korrekte Lösung des Machtproblems, die sich in politischen Institutionen niederschlägt, die eine demokratische Kontrolle der Massen über den Staatsapparat sowie über die Verteilung der Ressourcen und des Nationaleinkommens ermöglichen;

b) durch eine Wirtschaftsstruktur, die die Grundlagen der wirtschaftlichen Herrschaft des Imperialismus und der nationalen Bourgeoisie als herrschende Klasse der Wirtschaft beseitigt;

c) durch eine soziale und politische Organisation, die die Massen organisiert und bildet, um die für die Akkumulation notwendigen nationalen Ressourcen zu mobilisieren.

Das Ganze ergänzt von einer zufriedenstellenden Wachstumsrate.

Im heutigen Afrika kann sich derjenige, der konsequent für ein solches Ziel arbeitet, wirklich als Sozialist bezeichnen. Wenn er sich auf den Begriff „Sozialismus“ beruft, der jeglichen Inhalt verloren hat, oder wenn er den nationalen Ruhm, das Glück des Menschen oder die Befriedigung seiner abstrakt definierten Grundbedürfnisse in den Vordergrund stellt, läuft er in Wirklichkeit Gefahr, letztlich die nun klar erkennbaren Ziele des Neokolonialismus zu fördern und Afrika zu Stagnation und Elend zu verdammen, wie sie die Länder Lateinamerikas seit mehr als einem Jahrhundert erleben.

Abschließend sei noch auf die Bedeutung hingewiesen, die in diesem Zusammenhang der Perspektive der Afrikanischen Einheit zukommt, die seit der Gründung der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) in Addis Abeba Gestalt angenommen hat.33

Dieses Motto der Einheit vereint sicherlich alle afrikanischen Staaten, trotz ihres unterschiedlichen Grades an Unabhängigkeit von imperialistischen Interessen, für die vollständige Abschaffung des traditionellen Kolonialsystems und der Rassenpolitik auf dem gesamten Kontinent. Ebenso bietet sie einen wirksamen Rahmen für die Lösung innerafrikanischer Probleme, insbesondere Grenzprobleme, die ein Erbe der Fremdherrschaft sind und vom Neokolonialismus ausgenutzt werden, um die Spaltungen zu verschärfen und die Balkanisierung Afrikas zu festigen.

Am wichtigsten wird es jedoch sein, dieser Parole eine positive Rolle im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklung und des Aufbaus zuzuweisen. Zunächst einmal, indem jedem einzelnen afrikanischen Staat ein Selbstbewusstsein eingeflößt wird, das es ihm ermöglicht, seine wirtschaftliche Befreiung zu vollenden und sich dem Einfluss des Neokolonialismus zu entziehen. Dann, indem ein Ansprechpartner auf kontinentaler Ebene gegenüber den externen Wirtschaftsblöcken geschaffen wird, die zur Verteidigung ihrer eigenen Interessen gezwungen sein werden, die Erfordernisse der Entwicklung und des Aufbaus der afrikanischen Völker zu berücksichtigen.

Es wird Aufgabe der revolutionären Kräfte sein, dafür zu sorgen, dass dieser afrikanische Ansprechpartner Ausdruck des über die formale Unabhängigkeit hinausgehenden wahrhaft afrikanischen Willens zur Befreiung, zum Wohlstand und zum Fortschritt wird.

1 Siehe unsere Einleitung zu Cabrals Text über Neokolonialismus, https://kommunistische-organisation.de/klaerungunddebatte/amilcar-cabral-ueber-neokolonialismus-und-nationale-befreiung-1966/

2 https://www.jungewelt.de/artikel/510762.held-der-dritten-welt.html

3 Second Congress of the UNFP:Resolution on principles and purpose, https://www.marxists.org/subject/africa/ben-barka/unfp-2nd-res-1.pdf

4 Bassam Tibi: Vorwort. In: Mehdi Ben Barka: Revolutionäre Alternative, München: Trikont Verlag 1969, S. 14. 

5 Siehe unten.

6 Heute Tanzania.

7 Damals offizieller Name Ägyptens.

8 The Political Thought of Ben Barka, Havana: Tricontinental 1968, S. 159.

9 1960 fand das Massaker von Sharpeville statt, bei dem mindestens 91 Menschen von der Polizei des Apartheid-Regimes ermordet wurden.

10 Ab Ende der 1950er Jahre eskalierte die portugiesische Kolonialmacht die Repression vor allem in Angola, woraufhin die MPLA 1961 den bewaffneten Kampf aufnahm. 1963 folgte die PAIGC in Guinea-Bissau. Ab 1960 verurteilte die UNO zudem wiederholt Portugals Kolonialherrschaft.

11 1932 wurde der Irak zwar offiziell in die Unabhängigkeit entlassen und als eines der wenigen Länder des Trikont Mitglied im Völkerbund. Doch behielt die Iraq Petroleum Company die Kontrolle über die Ölförderung und die britische Armee blieb im Land stationiert. Beides änderte sich erst mit der Revolution von 1958.

12 Joseph Schumpeter (1883-1950) war ein bürgerlicher Ökonom.

13 1823 erklärte US-Präsident Monroe Lateinamerika politisch und militärisch zum „Hinterhof“ der USA, was gleichzeitig eine Kampfansage an die europäischen Konkurrenten und ein Vorherrschaftsanspruch gegenüber den südlichen Nachbarn war. Beim Aufkommen des Imperialismus Ende des Jahrhunderts hatten die USA ihre ökonomische Vorherrschaft in Lateinamerika bereits gefestigt und die Region auch ökonomisch zum „Hinterhof“ degradiert.

14 Von den USA unter Kennedy als Antwort auf die Kubanische Revolution vorangetriebenes Projekt, lateinamerikanische Staaten durch „Entwicklungshilfe“ an sich zu binden und von den Sowjetunion fernzuhalten. Das Programm sah u. a. Bildungsprogramme, Steuer- und Landreformen vor. Es wurde unter Nixon Anfang der 1970er Jahre eingestellt.

15 Puerto Rico ist bis heute de facto eine Kolonie der USA. In den 1940er bis 1970er Jahren kam es aufgrund finanzieller Hilfe aus Washington jedoch zu einem „Wirtschaftswunder“.

16 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die zionistische Bewegung propagandistisch von einer siedlerkolonialen Bewegung in eine angeblich antikoloniale Bewegung umgemünzt. Der Abzug der Briten aus Palästina und die Ausrufung des Staates Israels wurden und werden bis heute entsprechend als „Entkolonisierung“ dargestellt. Statt Israel als die Siedlerkolonie und die Handlangerin des Imperialismus zu bezeichnen, die es ist, wird sie stattdessen als „einzige Demokratie des Nahen Osten“, als Militärmacht und mittlerweile als „Start up“-Nation verklärt.

17 Lenin beschrieb bereits in seinem 1916 verfassten Werk Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus das Phänomen der Halbkolonien. https://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1917/imp/kapitel6.htm

18 Gemeint ist der Zweite Weltkrieg.

19 Während des „Großen Sprungs nach vorn“ (1958-61) kam es zu Naturkatastrophen, die in Verbindung mit politischen Fehlern zu Hungersnöten führten.

20 Ab 1960 zog die Sowjetunion im Zusammenhang mit dem Sino-sowjetischen Konflikt ihre Experten aus China ab. 

21 1894-1945 überfiel Japan China mehrfach und besetzte und annektierte weite Teile des Landes.

22 Seit dem späten 18. Jahrhundert dominierte Großbritannien China zunehmend, erst ökonomisch, später militärisch und politisch. Erst 1949 endete die britische Vorherrschaft in fast ganz China. Allerdings bliebt Hongkong noch bis 1997 britische Kolonie. 

23 1912 gegründet, ursprünglich progressive, antikoloniale bürgerliche chinesische Partei, die sich später zu einer reaktionären, antikommunistischen und vom westlichen Imperialismus abhängigen Kraft entwickelte. Sie unterlag 1948 im Bürgerkrieg der KP Chinas. 

24 Gemeint sind die Jahre der Neuen Ökonomischen Politik ab etwa 1918/21 bis 1928.

25 Die VAR war ab 1958 ein Zusammenschluss aus Ägypten und Syrien, der allerdings 1961 auseinanderbrach. Im Sommer 1963 gab es einen erneuten, kurzzeitigen Versuch, Ägypten, Syrien und Irak zusammenzuschließen. Ägypten behielt den Namen offiziell bis 1972.

26 Charles Bettelheim (1913-2006) war ein französischer Ökonom, der großen Einfluss auf die Neue Linke im Westen hatte. Er sympathisierte insbesondere mit der VR China und dem dortigen sozialistischen Aufbau unter Mao, während er die Sowjetunion kritisierte.

27 Ben Barka gibt hier keine Quelle an, aber vermutlich bezieht er sich auf Bettelheims Buch Independent India, das 1962 auf Französisch erschienen war. Das genau Zitat konnten wir dort allerdings nicht finden.

28 Siehe Fußnote 14.

29 Gemeint ist China unter der Kuomintang, im Gegensatz zu „Volkschina“ oder „Rotchina“ unter der Kommunistischen Partei.

30 In Tibis Übersetzung ist die Rede von der „Absurdität des Kapitalismus“. (Ben Barka: Revolutionäre Alternative, S. 107.)

31 John Maynard Keynes (1883-1946) war ein britischer bürgerlicher Ökonom. Der Keynesianismus ist eine reformistische Theorie, die versucht, die Krisen und Widersprüche des Kapitalismus durch staatliche Nachfragepolitik abzumildern.

32 Ben Barka spielt hier auf die Tatsache an, dass „Sozialismus“ zu der Zeit ein Modewort wurde und dass verschiedene Regime eine Form von „Sozialismus“ propagierten, um die massen zu mobilisieren, obwohl es sich dabei teilweise sogar um offen kapitalistische und neokolonialistische Konzeptre handelte. 

33 Siehe hierzu unsere Einleitung zu Nkrumahs Text über Afrikanischen Einheit, https://kommunistische-organisation.de/klaerungunddebatte/kwame-nkrumah-ueber-afrikanische-einheit-und-balkanisierung-1963/