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Die KO/ML erstellt eine „Gift-Mappe“

Unbequeme Stellungnahmen und Diskussionsbeiträge wurden in eine „Sammelmappe“ gesteckt und sind nicht mehr direkt auf der website lesbar – was sagt das aus?

Die Abspaltung der KO, die KO/ML*, hat zahlreiche Stellungnahmen und Diskussionsbeiträge von ihrer Website genommen und in eine „Gift-Mappe“ gepackt. Statt des jeweiligen Textes ist nun lediglich eine Redaktionsnotiz zu lesen. Darin heißt es, dass man „sich erfolgreich von einer revisionistischen Fraktion gelöst“ habe. Im Zentrum der Diskussion um diese „Lösung“ hätten die Imperialismusfrage, die revolutionäre Strategie und die Organisationsprinzipien gestanden. Im Januar 2023 habe man einen „Schlussstrich unter diese Auseinandersetzungen gezogen“. Die nun als falsch bezeichneten Positionen schlügen sich in Stellungnahmen und Diskussionsbeiträgen nieder, die nicht die Positionen der KO seien und den Programmatischen Thesen widersprächen. „Um diesbezüglich keine Missverständnisse aufkommen zu lassen haben wir uns dazu entschlossen, schädliche Beiträge von der Website zu entfernen, sie aber in gesammelter Form (der Link zur Giftmappe) zu archivieren.“ (Hier die Redaktionsnotiz). Diese bemerkenswerte Veröffentlichung findet man – bisher – nur, wenn man einen der „schädlichen“ Beiträge sucht. Das ist übrigens die zweite Löschung bzw. Zensur, nachdem bereits die der KO/ML unliebsamen Beiträge vom ersten Kommunismus-Kongress bei Youtube gelöscht wurden.

In dieser „Falsche Positionen-Mappe“ finden sich Veröffentlichungen im Umfang von etwa 264 Din A4-Seiten, darunter die Diskussionsbeiträge von Yana von der KPD, Nasrin Düll, Paul Oswald, Klara Bina und Philipp Kissel. Daran ist fast schon belustigend, dass es zahlreiche Diskussionsbeiträge gibt, die sich explizit auf diese abgehefteten Beiträge beziehen (z. B. ein Diskussionsbeitrag von Fatima Saidi). Ein interessierter Leser, der es genauer wissen will, könnte auf die Idee kommen, nachzunachfragen, wo denn dieser oder jener Artikel nachzulesen sei. Dann muss man die „Giftmappe“ öffnen. Das gilt auch für einen Beitrag von Thanasis Spanidis, der sich explizit auf eine Stellungnahme zu Afghanistan bezieht – und für sich allein stehen bleiben muss. (Ebenfalls gelöscht wurde eine Diskussionsbeitrag von Noel Bamen, der sich ebenfalls auf die Afghanistan-Stellungnahme bezog.)

Auffallend ist, dass sich unter den „falschen“ Beiträgen auch einer von Nasrin Düll zum Bandera-Faschismus befindet, der erst bei kürzlich von der KO/ML abgehaltenen Seminaren diskutiert wurde, für interessierte Leser wohl aber nicht ohne Weiteres und ohne „Begleitung“ der KO/ML zu finden sein soll. Wohl auch deshalb hat man die Autorin mit allen Mitteln daran gehindert, an einem der besagten Seminare teilzunehmen. Fruchtbarer wäre es wohl gewesen, hätte sie sich der Kritik direkt stellen können.

Bezeichnend ist, dass auch die Stellungnahme vom 24. Januar 2022 eingesackt wurde. Sie trägt den schlichten Titel: „Die NATO ist der Aggressor“. Das sieht die KO/ML offensichtlich nicht (mehr?) so. Sie sollte die Frage beantworten, warum sie diese Stellungnahme gelöscht hat und was aus ihrer Sicht die NATO sonst ist.

Die Stellungnahme „NATO und G7 – Herrscher einer morschen Welt“ vom 22. Juni 2022 wurde bereits kurz nach ihrer Veröffentlichung (von Teilen der späteren KO/ML) massiv intern kritisiert. Die KO/ML traut sich aber scheinbar nicht, die Argumente gegen die Stellungnahme in der Öffentlichkeit anzuführen. Wir gehen davon aus, dass das daran liegt, dass sie bereits in der internen Debatte, als sie noch Teil der KO war, nur sehr schwach gegen den Text argumentieren konnte. (Der Anhang zu dieser Stellungnahme ist übrigens eine kurze Geschichte der NATO – lesenswert.)

Ziemlich erschreckend ist, dass auch die Stellungnahme „Zum 9. November: Wie sich der deutsche Imperialismus von seiner faschistischen Vergangenheit befreit“ vom 9.11.2022 in der als „Falsche Position“ gelabelten Mappe gelandet ist. Sie zeigt sehr gut nachvollziehbar auf, wie der deutsche Imperialismus das zionistische Kolonial-Regime in Palästina nutzt, um sich von der historischen Schuld des Nazi-Faschismus, des Weltkriegs und der Völkermorde reinzuwaschen und Antifaschismus durch Zionismus zu ersetzen, und wie er zugleich die Ukraine benutzt, um den Faschismus ganz offen und direkt zu rehabilitieren. Der Text endet mit der klaren Feststellung: „So widersprüchlich die staatsoffizielle Erinnerungskultur und der zelebrierte Philosemitismus auf der einen und die Rehabilitierung von Nazi-Kollaborateuren und Neofaschistischen auf der anderen Seite auf den ersten Blick erscheinen, so sehr dienen beide dem Zweck, den deutschen Imperialismus von seinen Altlasten aus der NS-Zeit propagandistisch zu befreien.“ Die KO/ML sollte erklären, was daran den Programmatischen Thesen widerspricht und was daran falsch ist!

Mut zur Debatte statt Angst und Selbstüberschätzung

Einerseits ist dieser Schritt ein Zeichen der Schwäche und der Angst. Man will vermutlich nicht mehr mit Argumenten und Fragen konfrontiert werden, die neue Leser durch die Lektüre dieser Texte stellen könnten. Es geht also gar nicht so sehr darum, die Inhalte der Inhalte wegen zu zensieren, sondern der Leser wegen, die dadurch unbequem werden könnten. Andererseits scheint die Hauptmotivation darin zu liegen, ein Bild der „Reinheit“ und „Klarheit“ von der KO im Nachhinein und von der jetzigen KO/ML herstellen zu wollen. Damit beschreiten die Abspalter einen Weg der Selbstüberschätzung und der Arroganz gegenüber der tatsächlichen, schwierigen Lage der internationalen kommunistischen Bewegung. Es ist die Abwendung von Debatte und Klärung, die wir uns damals noch gemeinsam bei der Gründung der KO doch als Notwendigkeit erkannt und uns zur Aufgabe gemacht haben, und die Selbstinszenierung als „fertige“ Organisation, die damit auch längst für sich beanspruchen könnte, Partei zu sein. Damit unterscheidet die KO/ML sich nicht mehr von den vielen anderen roten Kleingruppen in Deutschland und international, die für sich in Anspruch nehmen, die Wahrheit bereits gefunden zu haben und die „wahren Revolutionäre“ zu sein.

Auf unserer Website, www.kommunistische-organisation.de, finden sich alle Beiträge und Stellungnahmen (auch die der späteren Fraktionierer und Abspalter), und das werden wir definitiv nicht ändern. Zum einen, weil wir ja gerade die Diskussion wollen und eben nicht die verengte Sichtweise. Zum anderen, weil wir den Lesern ermöglichen wollen, alle Seiten und Argumente zu verstehen und nachzuvollziehen – sonst wäre es eine ziemlich schräge „Diskussion“. Wir stehen zu unserer Geschichte stehen, wir wollen sie zugänglich machen und wir wissen, dass man falsche Positionen nicht durch Verstecken überwindet, sondern nur durch die besseren Argumente und Analysen.

* Da die ehemaligen Genossen für sich in Anspruch nehmen, die „wahren“ Marxisten-Leninisten zu sein, während sie uns – und weiten Teilen der kommunistischen Bewegung – dieses Selbstverständnis und diesen Anspruch absprechen und stattdessen als „Rechtsopportunisten“ und „Revisionisten“ bezeichnen, nennen wir sie KO/ML mit Bezug zu den K-Gruppen in den 1970er Jahren, bei denen ähnliche Phänomene zu beobachten waren, die wir als KO immer vermeiden wollten.

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