English
русский
عربي

Offener Brief an die KPD

Stellungnahme vom 10. Februar 2023

Den Krieg Deutschlands bekämpfen – die Gefahr der Spaltung erkennen.

Liebe Genossen der KPD,

wir wollen uns an euch mit einem offenen Brief wenden, weil wir denken, dass unser Verhältnis und die damit verbundenen politischen Fragen öffentliche Fragen sind. Das trifft unserer Ansicht nach für alle Kommunistischen Parteien und Organisationen zu und wir empfinden es als schädlich, dass vieles „unter sich“ hinter verschlossenen Türen verhandelt wird und man sich dadurch auch leichter heraus- oder drumherum reden kann. Dass wir dabei nichts öffentlich machen, was nicht dorthin gehört, ist selbstverständlich. Nun zu unserem Anliegen.

Die Kriegshysterie in den deutschen Medien nimmt kein Ende. Es ist die unerträgliche Wiederholung der Geschichte. Neue deutsche Panzer sind auf dem Weg nach Osten. Ihr Einsatz verfolgt das alte Ziel der Unterwerfung Russlands.

Obwohl von den Hetzern und Antreibern längst offen ausgesprochen, scheint es in den Köpfen noch nicht angekommen zu sein – dass Deutschland einen Krieg gegen Russland führt. Es ist dringend notwendig, dagegen Widerstand zu leisten und Aufklärung zu betreiben über die Verdrehung der Geschichte, die den Aggressor zum Verteidiger macht, die den Faschismus zur Freiheit verklärt. Wir wollen dabei mit der DKP und mit euch und allen anderen, die das zum Ziel haben, zusammenarbeiten und an einem Strang ziehen.

Das Motto der Zeit scheint die Entkontextualisierung der Geschichte zu sein. Der Zweck ist ihre Verkehrung in das Gegenteil. Die Hauptfeindlosung – damals dazu geeignet den deutschen Imperialismus in den Fokus zu nehmen – dient heute dazu die Existenz eines „Nebenfeindes“ zu betonen: Der deutsche Krieg ist schlimm, aber Russlands Krieg auch, heißt es dann. Das Ergebnis ist eine neutralisierte Linke, unfähig zur Benennung von Ross und Reiter.

In sein Gegenteil verkehrt wird auch der Kampf gegen den Revisionismus. Es wäre nicht das erste Mal, dass er sich als Autoimmunreaktion entpuppt, dass also aus einem richtigen Anliegen ein falscher Kampf mit den falschen Mitteln wird. Was die Reihen der Kommunisten angeht, frisst sich der Spaltkeil der Äquidistanz unter dem Banner des angeblich antirevisionistischen Standpunkts durch die Bewegung. Wortgewaltig aber inhaltsleer ist das Auftreten derjenigen, die in verdächtig simplifizierter Weise die reine Lehre propagieren. Ausgestattet mit schablonenartigen Gewissheiten, hilflos darin, auch nur den richtigen Gegner auszumachen.

Die „Logik“ des fehlgeleiteten antirevisionistischen Kampfs liegt nun darin, eine Abspaltung von Teilen, die man als opportunistisch „entlarvt“ hat, zur Notwendigkeit zu erklären. Das ist nicht nur schädlich, sondern auch eine Verzerrung des tatsächlich notwendigen Kampfs gegen Abweichungen des Marxismus. Denn um die Erkenntnis und richtige Einschätzung muss gerungen werden, die Zerstörung von Organisationen ist dafür sicher nicht nützlich.

Die KO wurde bereits zu einem Austragungsort dieses fehlgeleiteten antirevisionistischen Kampfes. Im Ergebnis wurde die Organisation gespalten und stark geschwächt. Den Hergang und unsere Fehler in der Spaltung versuchen wir derzeit noch besser zu verstehen. Eines haben wir aber erkannt: Die Zersetzung der Organisation ist die Erscheinung – Absprachen im Geheimen, Fakten schaffen entgegen den Absprachen, Fraktionieren und denunzieren. Die Ursache von all dem ist letztendlich der verschärfte Kampf der Herrschenden, die längst in den Kriegsmodus gewechselt haben. Ein Kampf, der sich gegen alle ihre Gegner richtet.

Wir gehen davon aus, dass ein erhöhter Druck das Ergebnis ist, der nicht nur auf der KO lastet, sondern auf allen, die sich in diesem Land als Kommunisten organisieren. Die Gefahr der Spaltung liegt in der Notwendigkeit, sich in einer zugespitzten politischen Lage positionieren zu müssen. Je nach Verfasstheit und Programmatik zeigt sich der damit verbundene Aushandlungsprozess in verschiedener Weise in den unterschiedlichen Organisationen.

Liebe Genossen der KPD, aus euren Verlautbarungen entnehmen wir, dass ihr euch schwer damit tut, mit der nun gespaltenen KO umzugehen. Es ist uns nicht entgangen, dass im Namen der KPD bereits öffentlich und für die Bewegung sehr sichtbar Position für die sich als „antirevisionistisch“ verstehende Abspaltung der KO bezogen wurde:

Ihr habt einen Vertreter mit einem offiziellen Grußwort der KPD zum Kongress der Spalter geschickt. Dieser beglückwünschte die dort Anwesenden zum erfolgreichen „Kampf gegen den Revisionismus“ und formulierte zugleich, welche Positionen auch in der KPD zukünftig als “revisionistische Abweichung” bekämpft werden müssten.1

Ihr habt die Resolution der Spalter, die ein Vorzeigeexemplar der indirekten Bekämpfung Russlands darstellt, auf eurer Homepage veröffentlicht, während ohnehin in der Offen-siv, einem euch nahestehenden Organ, seit Monaten ausschließlich die Publikationen der Spalter veröffentlicht werden, die darin offen zum Kampf gegen uns aufrufen.

Schließlich habt ihr auf der RLK den Spaltern sogar einen gemeinsamen Aufritt ermöglicht, womit ihr an einem sehr zentralen Ort eine unmissverständliche Positionierung im Konflikt der KO eingenommen habt.

Angesichts dieser Umstände halten wir die von euch erklärte Haltung der KPD gegenüber dem Spaltungsprozess der KO für nicht nachvollziehbar. Stattdessen haben wir diese Positionierungen mit großem Bedauern wahrgenommen. Einerseits natürlich, weil wir auf eine gute Zusammenarbeit mit der KPD zurückblicken, die wir stets für fruchtbar und wichtig erachtet haben. Andererseits weil wir diese Vorgänge als einen Ausdruck davon verstehen, dass auch in euren Reihen der Versuch unternommen wird, das als antirevisionistisch verbrämte Spaltungsprogramm als „Lösung“ für die angespannte Situation durchzusetzen. Es scheint, als sollten mit der positiven Bezugnahme auf die Spalter der KO Fakten geschaffen werden.

Ihr erklärt dennoch, nicht den Schiedsrichter spielen zu wollen. Daher habt ihr uns zu euren ZK-Sitzungen eingeladen, ebenso wie die Spalter. Das ist aus unserer Sicht keine gute Idee. Wir fragen uns, welche andere Rolle, als den Schiedsrichter ihr in diesem Setting überhaupt einnehmen könntet. Welche andere Rolle als den Gegenspieler zu den selbsternannten “Antirevisionisten” könnten wir dort einnehmen? Eine solche fortgesetzte Auseinandersetzung mit den Spaltern kann aus unserer Sicht nicht produktiv sein. Auch für die Auseinandersetzung innerhalb der KPD sehen wir die Gefahr der weiteren Polarisierung. In diese Auseinandersetzung wollen wir nicht in dieser Weise involviert werden.

Liebe Genossen, wie wir in diesem Brief deutlich gemacht haben, blicken wir mit Sorge auf die politische Entwicklung in diesem Land. Umso mehr wünschen wir uns, mit euch auch weiterhin zusammen arbeiten zu können, um uns möglichst wirksam gegen den Krieg zu stellen.

Wir hoffen auf eine produktive inhaltliche Diskussion, zu der wir immer bereit sind. Wir sind der festen Überzeugung, dass nur durch die ernsthafte und wissenschaftliche Klärung der moderne Revisionismus identifiziert und dann auch bekämpft werden kann. Die Einheit der Kommunisten kann nur in der ehrlichen, solidarischen und selbstkritischen Auseinandersetzung geschaffen und gefestigt werden.

Und natürlich sind wir auch zur Diskussion über diesen offenen Brief und unsere Entscheidung bezüglich der ZK-Sitzung bereit. Wir würden uns über eine Antwort freuen und wollen euch außerdem gerne vorschlagen, rund um den 24.02. gemeinsam gegen die NATO und die deutschen Panzerlieferungen auf die Straße zu gehen.

Solidarische Grüße

ZL der KO


1 Die Spalter veröffentlichten das Grußwort hier: https://kommunistische.org/vollversammlung/grussbotschaft-der-kpd-beim-kongress-der-ko-in-goettingen-am-7-8-januar-2023/

Aktuelles

Warum gründet man eine KP?

Die KO/ML hat bekannt gegeben, die "KP" gegründet zu haben. Anlass war vor allem die Verwechslung mit uns. Der Schritt führt das Vorhaben der KO ad absurdum und ist Ausdruck einer gewissen Ignoranz gegenüber den Verhältnissen und seinen eigenen Potentialen. Der gewählte vermeintliche Ausweg wird aber tiefer ins Labyrinth führen, denn Selbstüberschätzung wird nicht dazu führen, die Probleme besser zu erkennen. Das größte Problem besteht aber in den Inhalten der Gruppe, die vor allem in Äquidistanz und dem Irrweg des "gegen alle Imperialismen" bestehen.

Von der Demokratiebewegung zur kriegstüchtigen Volksgemeinschaft

Der Beitrag von Milo Barus beleuchtet, wie die neue `Demokratie-Bewegung` zum Ausdruck einer neuen Burgfriedenpolitik geworden ist. Gewerkschaften und „linke“ Organisationen werden darin zu Kettengliedern einer neuen Gesinnungsgemeinschaft. Einer Gemeinschaft, in der es keine Klassengegensätze, sondern nur noch „liberale Demokraten“ gibt und in der die Kritik an Krieg und Verarmung einer unerschütterlichen und klassenübergreifenden Kriegsbegeisterung und Opferbereitschaft weicht. Eine Gemeinschaft, in der die rassistische Hetze gegen Araber und Muslime, aber auch gegen Russen und Chinesen als Voraussetzung für die Zustimmung zu den gegenwärtigen und zukünftigen Kriegsprojekten normalisiert wird. Bei Beiträgen handelt es sich nicht zwangsläufig um Positionen der Kommunistischen Organisation.