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»Die weißen Herrscher wurden gegen schwarze Herrscher getauscht«

Beitrag aus der Zeitung zum Kommunismus Kongress 2023


Anfang Mai sprachen wir mit Booker Omole, dem Vizepräsidenten der Kommunistischen Partei Kenias über die Geschichte des (Neo-) Kolonialismus in Kenia, die nationale Entwicklung und Machtkämpfe zwischen USA und Großbritannien, sowie die Rolle Chinas im Land. Ein kleiner Ausschnitt des Interviews ist hier übersetzt.

Könntest du uns erklären, wie sich das neokoloniale System bzw. die Unabhängigkeit in Kenia entwickelt hat?

Ich würde sagen, dass der neokoloniale Staat seine Angriffe in den letzten Jahren nur perfektioniert hat, aber seit der Unabhängigkeit 1963 existiert. Die Taktik vieler politischer Kräfte in Afrika hat sich kaum verändert. Aus Perspektive der Kommunistischen Partei Kenias (CPK) ordnen wir unser Land nicht als unabhängig ein. Die CPK hat deshalb drei Säulen ihrer Arbeit: Die erste ist, für eine vollständige Unabhängigkeit und Souveränität zu kämpfen. Zweitens, die Bewahrung des Vermächtnisses von Befreiungshelden wie Dedan Kimathi, der kein Kommunist, sondern ein progressiver Nationalist war. Und schließlich der Kampf für den Sozialismus. Das sind also die drei wesentlichen Elemente unserer Partei.

Die Briten wollten Kenia nicht mit einer Demütigung und Niederlage verlassen. Also wollten sie die Unabhängigkeit aushandeln, um die Interessen der weißen Minderheit, der Großgrundbesitzer, zu wahren. Das war der zentrale Grund, warum sie damals verhandelten. Man muss bedenken, dass der Kampf 1963 bereits bipolar war, es gab Leute, die bereits mit der UdSSR verbündet waren. […]

Die progressiven Nationalisten weigerten sich, sich an die Briten zu verkaufen. Sie sagten, die Briten müssten weg. Das Land muss der Mehrheit des Volkes gehören, denn im Zentrum des Kampfes stand die Frage von Land und Arbeit. Dedan Kimathi weigerte sich, selbst als ihm die Möglichkeit der Führung und eine Amnestie angeboten wurden. Er blieb dabei, dass die Briten das gesamte Land, das sie dem kenianischen Volk geraubt hatten, abtreten müssten. Also töteten sie ihn. […]

Was sind die Taktiken des Neokolonialismus? Die neokoloniale Regierung ist nur eine Fortsetzung der kolonialen Regierung und ihrer Instrumente. Zuerst gab es eine Diskussion, die Taktik zu ändern. Aber dann wurden die weißen Herrscher gegen schwarze Herrscher getauscht und sie anhand von Stammeszugehörigkeiten gespalten. Es gab die Fehlannahme, dass wir den weißen Mann angreifen, weil er weiß ist, aber das war nie das Thema. […]

Aber der neokoloniale Staat als Fortsetzung der politischen Herrschaft hatte auch einen wirtschaftlichen Charakter, denn das Wichtigste war, Reichtum aus Afrika, Reichtum aus Kenia zu gewinnen. Alles andere in diesem Überbau, was die Politik und den Rassismus anbelangt, war also nur etwas, um eine noch gefährlichere wirtschaftliche Unterdrückung zu verbergen, die sich noch verstärken sollte. Traurigerweise gibt es immer noch weiße britische Großgrundbesitzer, die sich seit der Unabhängigkeit verstecken und ihr gestohlenes Land behalten. Und der größte von ihnen tötet weiterhin Arbeiter in unserem Land und heißt Finlay. Er ist der größte Exporteur von Tee, Kaffee und Blumen und betreibt das, was die CPK als moderne Sklaverei bezeichnet. Das ist typisch für ein neokoloniales System: Die Wirtschaft des eigenen Landes wird reduziert und in den Dienst der Länder der Metropole gestellt. Das wurde getan, denn alle unwürdigen Arbeiten werden in Kenia erledigt, und alle würdigen Arbeiten werden im Ausland erledigt. […]

In diesen Plantagenunternehmen gibt es keine lokalen Regelungen, die sicherstellen, dass die Verarbeitung oder Wertschöpfung im eigenen Land erfolgt. Das bedeutet, dass die gesamte kenianische Wirtschaft und das Plantagensegment auf einen Rohstoffexporteur reduziert wurde. Das kann die Industrialisierung nicht aufrechterhalten. Auch wenn Schwarze an der Macht sind, wird sichergestellt, dass alle Industrien, die ihre Materialien verarbeiten im Westen liegen. Hauptsächlich bei den Briten zu dieser Zeit. Sogar im Dienstleistungssektor, wie dem Tourismus, der hauptsächlich für die britische, privilegierte Klasse gemacht wurde, fanden sie einen Weg, sicherzugehen, dass alle Tourunternehmen im Westen operieren und all die Zahlungen der Touristen dort gemacht werden. Die Touristen kamen nur noch mit Trinkgeld für die Fahrer, alles andere wurde im Ausland bezahlt. […]

Vielleicht kann ich kurz den Aspekt des Wettbewerbs zwischen den USA und den Briten hervorheben, denn es gab einen Moment, in dem die britische Vorherrschaft in unserem Land bedroht war. Erinnern Sie sich: Jomo Kenyatta wurde von den Briten von Herzen unterstützt. Das britische Empire hatte sogar das, was wir Batuk nennen, die britische Armee, geschaffen, um sich gegen die Mau Mau oder andere Kommunisten zu schützen, die sie zu jener Zeit stürzen wollten. Damals finanzierten die Vereinigten Staaten bereits eine Offensive, um auch in Kenia den Durchbruch zu schaffen. Und dafür wollten sie den Kenianern Demokratie verkaufen. Sie kamen nach Kenia und sagten, dass die Briten eine Einparteiendiktatur unterstützten. Und jetzt braucht Kenia die Demokratie. Wir wollen Kenia demokratisieren. Das geschah in den frühen achtziger Jahren. Was im Grunde genommen geschah, war der Kampf der Briten für die „Demokratie“ in Kenia. Sie hatten so viele Oppositionsführer, die dies als Gelegenheit sahen, ihre politischen Parteien zu gründen. Aber dieser Kampf für die Demokratie in Kenia war kein Kampf für die Demokratie. Es war ein Kampf für die Demokratie unter den kapitalistischen politischen Parteien, denn sie sorgten dafür, dass Kommunismus weiterhin illegal war. Es war also nur Demokratie, solange keine kommunistische Organisation zugelassen wurde. Auf diese Weise wurde die Einparteiendiktatur besiegt und die Mehrparteiendemokratie wieder eingeführt, für die kapitalistischen politischen Parteien. Die USA gewannen den Krieg um die Vorherrschaft in der kenianischen Politik vor allem 1982 bis 1990. Es gibt eine wirtschaftliche Entsprechung dazu. Das war der Eintritt des IWF und der Weltbank, und das war auch der Höhepunkt dieses Angriffs, der damals das so genannte Experiment der Weltbank war, nämlich die SAPs (social adjustment programmes). Was geschah, war, dass sie uns durch die Politik Washingtons dazu zwangen, alle unsere Industrien zu schließen und sie in den Dienst des Kapitals zu stellen. Und das war die Politik der Privatisierung. So überlebten nur einige britische Unternehmen, aber auch die einheimischen Unternehmen wurden aufgekauft, und die amerikanischen multinationalen Konzerne kamen in unser Land, und die Strukturanpassungspläne sind uns noch gut in Erinnerung. Wenn sich die Vereinigten Staaten fragen, wieso sie in Kenia verhasst sind, das ist der Grund. Vor allem bei Menschen, die ihre Arbeit verloren haben, die Menschen, die ihre Eltern verloren haben. Unser Gesundheitssystem ist wegen der Privatisierung völlig zusammengebrochen. Auch die illegalen Schulden begannen sich zu dieser Zeit anzuhäufen. Das ging also bis 1990 so weiter. […]

Sie können sehen, wie viele Reisen der Präsident seit seiner Wahl nach Washington unternommen hat. Und jetzt spricht er über das, was er die Wiedereröffnung nennt, Obama hat es auch in unserem Land versucht: Das AGOA-Programm. Dabei werden Sonderwirtschaftszonen geschaffen, in die amerikanische multinationale Unternehmen kommen und Dinge produzieren, und sie verhandeln über subventionierten Strom. Sie bekommen subventioniertes Wasser, sie bekommen Steuererleichterungen für 30 Jahre und mehr. Sie setzen alle Arbeitsrechte aus, im Namen der Schaffung von Arbeitsplätzen für die Menschen. Aber in Wirklichkeit ist es die totale Sklaverei. Jetzt haben wir eine Rückkehr dieser Politik erlebt, weil Präsident Ruto den armen Menschen versprochen hat, dass er Arbeitsplätze schaffen will. Eines der Dinge, die er mit seinen amerikanischen Brüdern plant, ist die Vermehrung dieser Arbeitslager, um die kenianische Wirtschaft weiter auszusaugen. Auf diese Weise beherrscht uns das neokoloniale System auch heute noch. […]

Kannst du etwas darüber sagen, inwiefern sich eine nationale Bourgeoisie in Abgrenzung zur Kompradorenbourgeoisie entwickelt hat, wie die Kräfteverhältnisse und Abhängigkeit zu den alten Kolonialmächten und der USA sind?

Der Widerspruch zwischen der nationalen Bourgeoisie und der internationalen Bourgeoisie ist in der neokolonialen Umgebung noch schärfer. Denn die internationalen Budgets, das sind vor allem die multinationalen Konzerne, die von ihren Regierungen unterstützt werden, wollen nicht, dass überhaupt etwas produziert wird. Für sie muss jede Produktion, jede Herstellung außerhalb des Landes stattfinden, in dem die Rohstoffe gewonnen werden. Das ist ein starker Widerspruch, der zwischen der nationalen Bourgeoisie und der internationalen Bourgeoisie besteht. Die nationale Bourgeoisie hat in Kenia um ihre Entwicklung gekämpft. Die Angriffe auf sie sind sogar noch aggressiver geworden. Manchmal haben wir gemeinsam gekämpft. Vor allem aufgrund unserer Idee, dass wir die Industrie vor Ort entwickeln müssen. Während der Mwai Kibaki Regierung gab es eine große Kampagne unter dem Dach der nationalen Bourgeoisie „Kauf kenianisch, baue kenianisch“. Sie zwangen die damalige Kibaki Regierung, eine Politik zur Sicherung der Produktion in Kenia zu schaffen. Kibaki war Wirtschaftswissenschaftler und die Regierung war eine Zeit lang sehr am Aufbau des Landes interessiert, denn sogar Kibaki selbst war damals Teil der nationalen Bourgeoisie. Sogar die Ölimporteure und die Ölvermarkter waren in Schwierigkeiten, weil sie gezwungen waren, Öl von der nationalen Ölraffinerie zu kaufen. Auch die Leute, die Zucker importieren, bekamen Probleme, weil sie sagten, die Zuckerindustrie sei teuer. Sie wollten importieren aber das war die Kompradorenbourgeoisie mit der internationalen Bourgeoisie, die billigen Zucker einführen wollten, statt ihn zu produzieren. Das hat es also gegeben. Aber für den Moment glaube ich, dass sie den Krieg verloren haben und beschlossen haben, dass sie ihre Unternehmen öffnen werden, um teilweise von der internationalen Bourgeoisie durch ihre Kompradorenklasse in Kenia aufgekauft zu werden. Die größte nationale Bourgeoisie, die wir je in unserem Land hatten, war asiatischen Ursprungs, es war der Managementbereich. Ein Teil dieser Unternehmen wurde an multinationale Konzerne verkauft, und das hauptsächlich, um zu überleben, weil die lokalen Unternehmen durch die Aktien den Charakter der internationalen Unternehmen annahmen. Das war also der Kampf zwischen der nationalen Bourgeoisie und der Kompradorenklasse, die wir haben. Leider ist es der nationalen Bourgeoisie in der Geschichte unseres Kampfes nur ein einziges Mal gelungen, die Macht zu übernehmen, und zwar 2002 unter Mwai Kibaki. Die ganze Zeit über war die Kompradorenklasse diejenige, die die kenianische Wirtschaft verwaltet hat, auch jetzt noch.

Seit Anfang der 2000er wurde China ein wichtigerer Handelspartner für China. Es gibt große Debatten in der kommunistischen und linken Bewegung über Chinas Rolle in der Welt, wie ist die Perspektive der CPK?

Die Ankunft des chinesischen Kapitals in Afrika wurde sowohl von den Progressiven als auch von den Reaktionären begrüßt. Sie verspürten ein Gefühl der Freiheit. Zum ersten Mal in ihrem Leben konnten sie mit der Weltbank verhandeln und ihr sagen, sie solle zur Hölle fahren. Zum ersten Mal werden sie dem IWF sagen: Wir wollen nicht, dass ihr euch in unsere Innenpolitik einmischt. Und sie werden nach China gehen, und China wird Geld in die Entwicklung der Infrastruktur investieren. In den letzten zehn Jahren, besonders in Nairobi hat sich die Infrastruktur extrem verbessert. Was ist mit den Verträgen, die vor 30, 40 Jahren mit amerikanischen multinationalen Unternehmen unterzeichnet wurden? Die machen immer noch Machbarkeitsstudien. Kein Stein steht nach vierzig Jahren. Und jetzt sehen wir, wie chinesisches Geld in Afrika Menschen aus extremer Armut befreit. Ich erinnere mich, dass 1999, als Kenia sich in einer schwierigen Situation befand, die politischen Führer versuchten, mit der Weltbank über unsere Kreditbedingungen zu verhandeln. Man hat ihnen nicht zugehört. Sie wurden verspottet und man sagte ihnen, ihr könnt eure Wirtschaft nicht führen. Wir haben gesehen, dass die chinesische Regierung gegenüber Afrika eine Politik der Freundschaft verfolgt.

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Two of our comrades were guests on the Marx, Engels, Lenin Institute podcast to discuss the current political and economic situation in Germany. Starting with the end of the ‘Ampel’ coalition government, and moving on to an assessment of the AfD and BSW and the development of the German economy, we talk about topics and issues that continue to cause controversy and raise questions within the left-wing and communist movement in Germany.