Suche

Start Blog Seite 14

Resolution des Kommunismus Kongresses 2023/Communism Congress 2023

0

Alle Informationen zum Kommunimus Kongress 2023 finden sich hier.

The English version of the resolution can be found below.

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Teilnehmer des Kommunismus-Kongresses,
wir haben diesen Kongress organisiert, um einen Beitrag zum Kampf gegen den Imperialismus, gegen die NATO, gegen diese Räuberbande und Schlächter der Menschheit zu leisten.

Wir wollen eine gemeinsame Resolution dieses Kongresses vorschlagen und würden uns freuen, wenn Ihr sie mit Applaus annehmt und unterstützt.

Palästina hat sich erhoben! Palästina schlägt zurück! Der Befreiungskampf des palästinensischen Volks bricht durch! Buchstäblich: Gaza hat seine Gefängnismauern gesprengt! Eine lang ersehnte und notwendige Antwort auf über 100 Jahre Kolonialismus und 75 Jahre Besatzung, Vertreibung und Auslöschung der palästinensischen Nation!

Alle Unterdrückten der Welt und alle Befreiungsbewegungen stehen an der Seite des Widerstands gegen das zionistische Besatzungsregime.

Der Kommunismus-Kongress spricht seine volle Solidarität und Verbundenheit mit dem mutigen und entschlossenen Kampf Palästinas aus! Er ist ein leuchtendes Signal für den weltweiten Kampf gegen die Barbarei und für die Befreiung der Menschheit! Es ist eine historische Notwendigkeit, der aktiv zum Durchbruch verholfen wird: Ganz Palästina wird frei sein! Der zionistische Siedlerkolonialismus wird besiegt werden!

Der Kommunismus-Kongress spricht seine Solidarität mit unserem Referenten und Genossen Zaid Abdulnasser aus, dessen Aufenthalt entzogen werden soll. Unsere Botschaft ist unmissverständlich:  Zaid wird bleiben! Bis Palästina frei ist! Es lebe die palästinensische Befreiungsbewegung — in Palästina und in Deutschland!

Wer den Kampf gegen diese gut organisierten Verbrecher aufnimmt, wer sich den Kriegstreibern der NATO entgegenstellt, muss mit Isolation und Repression rechnen. Der wird lächerlich oder verächtlich gemacht. Wer für die Freiheit der Unterdrückten kämpft, wird von ihren Schergen verfolgt.

Der Kommunismus-Kongress spricht seine Solidarität mit den Kononovich-Brüdern aus, die vom Kiewer Regime als Geiseln genommen wurden und öffentlich mit dem Tode bedroht werden. Wir solidarisieren uns auch mit unserem Genossen und Referenten Alexej Albu, der von den ukrainischen Faschisten aus seiner Heimat vertrieben wurde und dem die europäischen Behörden die Einreise in die EU verweigern. Sie wollen ihn damit zum Schweigen bringen.

Der antifaschistische Kampf gegen die Bandera-Bande, die von den NATO-Staaten finanziert und bewaffnet wird, wird weiter gehen!

In Deutschland sitzen die Gesinnungsrichter preußischer Tradition in den Startlöchern, um alle zu drangsalieren, die nicht in den Kriegschor gegen Russland einstimmen. Die Bundesrepublik zeigt offen, was sie immer war: Das anti-kommunistische Bollwerk in Europa, dem Faschismus entwachsen.

Es sind die Ewiggestrigen kleingeistigen Pickelhaubenträger. Geben wir sie der Lächerlichkeit preis, denn sie sind nichts anderes als lächerliche Gestalten. Sie wollen mit Gewalt verhindern, dass die einfachsten Wahrheiten über die Kriegspläne und Kriegstreiberei der NATO ausgesprochen werden.

Setzen wir ihnen Mut und Entschlossenheit entgegen, das zu sagen, was ist! Es ist die NATO, die Faschismus und Krieg in die Ukraine und viele andere Länder der Welt gebracht hat. Sie ist der Aggressor!

Der Kommunismus-Kongress spricht seine Solidarität mit allen aus, die von der bundesdeutschen Gesinnungsjustiz verfolgt werden, weil sie gegen ihre Kriegstreiberei aufstehen. Stärken wir alle, die der NATO-Propaganda entgegen treten.

Wir rufen dazu auf, die Kampagne der Deutschen Kommunistischen Partei, DKP, gegen den Maulkorb für Kriegsgegner zu unterstützen und gegen den Paragraphen 130 anzukämpfen, der uns den Mund verbieten und einschüchtern soll.

Gestern war der 7. Oktober: Der Gründungstag der Deutschen Demokratischen Republik! Der Staat der deutschen Arbeiterklasse, der gegen den Imperialismus gekämpft hat, der brüderlich mit den Befreiungsbewegungen verbunden war, der den Internationalismus gelebt hat!

Lernen wir von der DDR, nehmen wir diesen Schatz unserer Geschichte für unsere heutigen Kämpfe!

Der Kampf gegen die imperialistischen Unterdrücker ist ein internationaler Kampf, es muss ein gemeinsamer Kampf der unterdrückten Völker und der Arbeiterklasse in den imperialistischen Zentren sein.

Wir wissen, dass die Herrschenden in den Zentren alle Mittel des Terrors und der Vernichtung gegen unsere Genossen in den unterdrückten Ländern anwenden. Viele Freiheitskämpfer fielen ihren Meucheltaten zum Opfer. Und auch heute werden viele verfolgt und mit dem Tode bedroht.

Der Kommunismus-Kongress sendet internationalistische Grüße an alle Kämpfer gegen Kolonialismus, Unterdrückung und Imperialismus.

Es lebe die internationale Solidarität — die Zärtlichkeit der Völker! 

Communism Congress Resolution 2023

Dear comrades, dear participants of the Communism Congress,

we have organized this congress to contribute to the fight against imperialism, against NATO, against this gang of robbers and butchers of humanity. We would like to propose a joint resolution for this congress and would be pleased if you approved and supported it with applause.

Palestine has risen! Palestine strikes back! The liberation struggle of the Palestinian people is breaking through! Literally: Gaza has blown up its prison walls! A long-awaited and necessary response to over 100 years of colonialism and 75 years of occupation, expulsion and extinction of the Palestinian nation! All the oppressed in the world and all liberation movements stand on the side of the resistance against the Zionist occupation regime.

The Communism Congress expresses its full solidarity and attachment to the courageous and determined struggle of Palestine! It is a shining signal for the global fight against barbarism and for the liberation of humanity! It is a historical necessity that is being actively helped to achieve a breakthrough: All of Palestine will be free! Zionist settler colonialism will be defeated!

The Communism Congress expresses its solidarity with our speaker and comrade Zaid Abdulnasser , whose stay is to be revoked. Our message is unmistakable: Zaid will stay! Until Palestine is free! Long live the Palestinian liberation movement – in Palestine and in Germany!

Anyone who takes up the fight against these well-organized criminals and opposes NATO’s warmongers must expect isolation and repression. He is ridiculed or despised. Anyone who fights for the freedom of the oppressed will be persecuted by their minions.

The Communism Congress expresses its solidarity with the Kononovich brothers, who were taken hostage by the Kiev regime and are publicly threatened with death. We also express our solidarity with our comrade and speaker Alexei Albu , who was expelled from his homeland by the Ukrainian fascists and to whom the European authorities are refusing entry into the EU. They want to silence him.

The anti-fascist fight against the Bandera gang, which is financed and armed by the NATO states, will continue!

In Germany, the judges of the Prussian tradition are waiting in the starting blocks to harass everyone who does not join in the war chorus against Russia. The Federal Republic is openly showing what it has always been: the anti-communist bulwark in Europe, which has outgrown fascism.

They are the old-fashioned, small-minded, spiked helmet wearers . Let’s expose them to ridicule,
because they are nothing but ridiculous figures. They want to use force to prevent the simplest truths about NATO’s war plans and warmongering from being spoken. Let us show them courage and determination, to say what is! It is NATO that brought fascism and war to Ukraine and many other countries around the world. She is the aggressor!

The Communism Congress expresses its solidarity with all those who are being persecuted by the Federal German justice system because they stand up against their warmongering. Let us strengthen everyone who opposes NATO propaganda. We call on you to support the campaign of the German Communist Party (DKP) against the muzzle of war opponents and to fight against paragraph 130, which is intended to forbid us from speaking up and intimidate us.

Yesterday was October 7th: the founding day of the German Democratic Republic! The state of the German working class, who fought against imperialism, who was fraternally connected to the liberation movements, who lived internationalism!

Let’s learn from the GDR, let’s use this treasure of our history for our struggles today!

The fight against the imperialist oppressors is an international struggle, it must be a common struggle of the oppressed peoples and the working class in the imperialist centers. We know that those in power in the centers use all means of terror and destruction against our comrades in the oppressed countries. Many freedom fighters fell victim to their assassinations. And even today many are persecuted and threatened with death.

The Communism Congress sends internationalist greetings to all fighters against colonialism, oppression and imperialism.
Long live international solidarity – the tenderness of peoples!

Stand up against the ban on Samidoun! Shame on the betrayal of “Red Aid”

0

The federal government has announced that it will ban Samidoun!

Stand up and protest against this repression! It is intended to stifle the anti-colonial voice of Samidoun.

We stand firmly with the entire resistance of Palestine and all its parts. Resistance to occupation and colonization is not terrorism!

The agitation and hysteria of those in power in Germany want to prevent masses of people from taking to the streets against the crimes of Zionism. This is the reason why Samidoun should be banned.

“Red aid” withdraws solidarity at the moment of harshest repression!

While Palestine Solidarity is confronted with the harshest repression from the German state in decades, “Red aid” stabs it in the back and withdraws support for the campaign for Samidoun’s Zaid Abdulnasser. Shame on this servile sycophancy! The “Red Aid” participates in the defamation and agitation against Samidoun and Palestine solidarity. We call on “Red Aid” to reverse this decision and make every effort to support Samidoun! All members of the “Red Aid” should protest and exert pressure against this betrayal of the cause of Palestine!

Hamas, PFLP, Islamic Jihad are not terrorist organizations!

We also oppose a ban on Hamas‘ activities and the ban on the PFLP in Germany. Hamas is part of the Palestinian resistance and the only elected force in Palestine to emerge victorious in the 2006 elections. The defamation of Hamas as anti-Semitic or Islamist is not only a lie, it also shows more than clearly how little respect there is for democratic elections in this country. The defamation of Hamas, Islamic Jihad and the PFLP as terrorist organizations is a lie from the imperialists. They are all liberation organizations of the Palestinian people.

The decades-long resistance of the Palestinians is a crucial problem for the imperialists and it must be defamed and combated by all means possible. A very important aspect of the classification as a terrorist organization in Germany is to divide resistance and solidarity with the anti-colonial struggle worldwide into supposedly legitimate and illegitimate support. This means the resistance as a whole is to be broken.

It is the task of the revolutionary, communist and workers‘ movements in the imperialist countries, in the spirit of proletarian internationalism, to understand the struggle of the oppressed nations as part of their own struggle. Anyone who fights for the liberation of Palestine today is fighting for the liberation of their own working class. The working class must understand that the repression against Samidoun and the Palestinian resistance in general, as a repression against their own rights to assembly, freedom of expression, to international unification of struggle.

With their lies, their agitation and repression they want to suppress the fight against settler colonialism and Zionism!

We stand firmly with Samidoun and will fight against a ban!

Nobody can prohibit Palestine’s just struggle!

Steht auf gegen das Verbot von Samidoun! Schande über den Verrat der „Roten Hilfe“

0

Die Bundesregierung hat angekündigt, Samidoun zu verbieten!
Steht auf und protestiert gegen diese Repression! Sie soll die antikoloniale Stimme von Samidoun ersticken.
Wir stehen fest an der Seite des gesamten Widerstands Palästinas und aller seiner Teile. Widerstand gegen Besatzung und Kolonisierung ist kein Terrorismus!
Die Hetze und Hysterie der Herrschenden in Deutschland will verhindern, dass massenhaft Menschen gegen die Verbrechen des Zionismus auf die Straße gehen. Das ist der Grund, warum Samidoun verboten werden soll.

Rote Hilfe entzieht Solidarität im Moment der härtesten Repression!
Während die Palästina-Solidarität mit der härtesten Repression des deutschen Staates seit Jahrzehnten konfrontiert ist, fällt ihr die „Rote Hilfe“ in den Rücken und entzieht die Unterstützung für die Kampagne für Zaid Abdulnasser von Samidoun. Schande über diese untertänige Kriecherei! Die „Rote Hilfe“ beteiligt sich an der Diffamierung und Hetze gegen Samidoun und die Palästina-Solidarität. Wir fordern die „Rote Hilfe“ auf, diese Entscheidung zurückzunehmen und alle Anstrengungen zur Unterstützung von Samidoun zu unternehmen! Alle Mitglieder der „Rote Hilfe“ sollten dagegen protestieren und Druck ausüben gegen diesen Verrat an der Sache Palästinas!

Hamas, PFLP, Islamischer Dschihad sind keine Terrororganisationen!
Wir stellen uns auch gegen ein Betätigungsverbot der Hamas sowie gegen das Verbot der PFLP in Deutschland. Die Hamas ist Teil des palästinensischen Widerstands und die einzige gewählte Kraft Palästinas, die aus den Wahlen 2006 als Wahlsieger hervorgegangen ist. Die Diffamierung der Hamas als antisemitisch oder islamistisch ist nicht nur eine Lüge, sie zeigt auch mehr als deutlich wie wenig Respekt vor demokratischen Wahlen hierzulande herrscht. Die Diffamierung der Hamas, des Islamischen Dschihad und der PFLP als Terrororganisationen ist eine Lüge der Imperialisten. Sie sind alle Befreiungsorganisationen des palästinensischen Volkes.

Der Jahrzehnte währende Widerstand der Palästinenser ist für die Imperialisten ein entscheidendes Problem und er muss mit allen Mitteln diffamiert und bekämpft werden. Eine sehr wichtige Seite der Einstufung als Terrororganisation in Deutschland ist, den Widerstand und die Solidarität mit dem antikolonialen Kampf weltweit zu spalten, in vermeintlich legitime und illegitime Unterstützung. Mit diesem Mittel soll der Widerstand als Ganzes gebrochen werden.

Es ist die Aufgabe der revolutionären, kommunistischen und Arbeiterbewegung in den imperialistischen Ländern im Sinne des proletarischen Internationalismus den Kampf der unterdrückten Nationen als Teil ihres eigenen Kampfes zu verstehen. Wer heute für die Befreiung Palästinas kämpft, kämpft für Befreiung der eigenen Arbeiterklasse. Die Arbeiterklasse muss verstehen, dass die Repressionen gegen Samidoun und den palästinensischen Widerstand im Allgemeinen, als Repression gegen ihre eigenen Rechte auf Versammlung, Meinungsfreiheit, auf internationale Vereinigung des Kampfes gerichtet ist.

Mit ihren Lügen, ihrer Hetze und Repression wollen sie den Kampf gegen den Siedlerkolonialismus und dem Zionismus unterdrücken!

Wir stehen fest an der Seite von Samidoun und werden gegen ein Verbot kämpfen!
Niemand kann den gerechten Kampf Palästinas verbieten!

Solidarität mit dem kämpfenden Palästina! Kampf der anti-palästinensischen Repression in Deutschland!

0

Stellungnahme zum Aufstand des 7. Oktober und zu Repression gegen Demos sowie Diffamierung des Kommunismus Kongresses

Der Aufstand des palästinensischen Widerstands hat aller Welt vor Augen geführt, dass die zionistische Ordnung in Palästina auf Sand gebaut ist. Die Palästinenser leisten dem übermächtigen Feind seit mehr als 100 Jahren Widerstand. Und obwohl jedem klar sein muss, dass kein Unterdrückungsregime auf ewig Bestand haben kann, obwohl bekannt war, dass der Widerstand in Gaza militärisch immer stärker wird, und obwohl die palästinensische Freiheitsbewegung mit der seit 2021 anhaltenden Intifada in der Westbank eine neue Qualität gewonnen hat, kam dieser Schlag nun überraschend. Für die Zionisten und ihre Verbündeten, die westlichen Imperialisten, ist diese Überraschung ein Alptraum. Sie merken, wie fragil ihre Herrschaft ist. Tausende Siedler verlassen derzeit fluchtartig das Land. Das siedlerkoloniale Projekt, das die Zionisten mittels brutalster, genozidaler Gewalt und Landraub wahr werden lassen wollen, wird zutiefst erschüttert.

Für uns und alle Freiheit und Gerechtigkeit liebenden Menschen auf der Welt ist es dagegen eine großartige Überraschung! Wir können diesen Aufstand nur bewundern, ihm Erfolg wünschen und uns mit ihm voll und ganz solidarisieren! Wir distanzieren uns nicht ein Stück vom Widerstand und von keinem seiner Teile! Er ist in Gänze legitim, genau wie all seine Mittel!

Der Aufstand vom 7. Oktober ist ein historisches Ereignis – ein massiver Anschub antiimperialistischer und antikolonialer Kämpfe.

Diese Position wird von den Millionenmassen und von vielen Regierungen weltweit vertreten. Doch im Westen und insbesondere in Deutschland wird sie kriminalisiert und diffamiert: Die Palästinenser und alle, die mit ihnen solidarisch sind, werden als Terroristen und als Antisemiten beschimpft, Räume werden entzogen, Demos verboten und mit Gewalt aufgelöst. All das geschah am vergangenen Wochenende in Berlin.

Repression und Polizeigewalt in Neukölln

Eine spontane Demonstration im Berliner Stadtteil Neukölln, die ihre Solidarität mit den Menschen in Palästina ausdrücken wollte, wurde von der Polizei nicht zugelassen und die Versammelten wurden mit Gewalt auseinander getrieben. Dabei demonstrierten die Berliner Beamten nicht nur ihren offensichtlichen Rassismus gegenüber Palästinensern und ihre Gewaltgeilheit. Sie zeigte auch offen, dass sie demokratische Grundrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit mit Füßen treten. Die Gründe für das Verbot der Demonstration waren politisch motiviert und widersprachen eindeutig dem Recht auf freie Meinungsäußerung: So wurde wieder einmal mit der Parole „From the River to the Sea: Palestine will be free!“, aber auch mit Sprechchören, die „Panzer zerstören!“ skandierten, argumentiert. Die Anmelderin der Demonstration hat mittlerweile Anzeige gegen die Polizei wegen der Einschränkung ihres Grundrechts auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit erstattet.i Weitere Anzeigen wegen Körperverletzung und Nötigung sind ebenfalls gegen die Beamten rausgegangen.

Wieder einmal waren und sind die Genossen von Samidoun besonders von der Repression und der rassistischen Gewalt der Polizei betroffen. Die Berliner Polizei wollte sogar das Zeigen der Fahne Palästinas unterbinden. Aber auch Genossen von uns sowie von anderen kommunistischen Organisationen wurden am Samstagabend eingekesselt, einzeln abgeführt, durchsucht und zum Teil über Stunden festgehalten.

Schon Stunden vor der Demo wurden Palästinenser, die — wie es nach erfolgreichen Widerstandsoperationen üblich ist — in Berlin süße Backwaren verteilten, von der Polizei schikaniert und angezeigt. Am gestrigen Sonntag wurde eine weitere Versammlung unterbunden.

Am Montag wurde ein Aktivist am helllichten Tag mitten auf der Straße in Berlin festgesetzt, weil vermutet wird, dass er bei Samidoun aktiv ist. Gegen ihn wurde auf offener Straße gewaltsam vorgegangen und er wurde für mehrere Stunden in Gewahrsam genommen.

Am Montag Abend fand eine Demonstration in Duisburg statt, die, begleitet von medialer Hetze, vor Ort durch massive Polizeipräsenz eingeschüchtert werden sollte.ii

Medienhetze und Diffamierung des Kommunismus-Kongress

Die deutsche Presse von BILD bis Tagesspiegel stimmte die übliche rassistische und pro-zionistische Hetze gegen angebliche „Terrorunterstützer“ und „Antisemiten“ an. Besonders widerwärtig ist, dass das Neue Deutschland (nd), einst die Parteizeitung der SED, später der Linkspartei, heute „unabhängig“, in die anti-palästinensische Hetze mit einstimmte.iii Gegen die Junge Welt dagegen, die einen soliden Artikel unter dem Titel „Gaza schlägt zurück“ veröffentlichte,iv wurden im Internet bereits Verbotsforderungen erhoben.

Die Verwaltung des nd-Gebäude, in dem wir am vergangenen Wochenende unseren Kommunismus Kongress zum Thema antiimperialistische Kämpfe und nationale Befreiung abhielten, distanzierte sich öffentlich von uns. Vorausgegangen war eine Diffamierungskampagne im Internet gegen unsere Soli-Aktion im Innenhof des nd-Gebäudes für unseren Genossen und Referenten Zaid Abdulnasser. Eine lächerliche Anzeige wegen „Antisemitismus“ wurde gegen uns erstattet. Die Grundstücksgesellschaft Franz-Mehring-Platz 1 mbH erklärte uns, das Gebäude künftig nicht mehr zur Verfügung stellen zu wollen.vi

Wir erklären noch einmal entschieden:

Wir stehen an der Seite der Palästinenser! Ihr Widerstand ist legitim und gerecht!

Unsere volle Solidarität gilt allen Fraktionen des Widerstands und allen Palästinensern innerhalb wie außerhalb Palästinas!

Wir unterstützen ihr Recht auf Freiheit, Rückkehr und Souveränität über ihr gesamtes Land zwischen Jordan und Mittelmeer!

Das zionistische Kolonial- und Apartheid-Regime namens „Israel“ hat kein Existenzrecht! Seine Abschaffung ist die Voraussetzung für die Befreiung Palästinas!

Wir verfolgen begeistert die derzeitige Offensive des Widerstands in Palästina und hoffen, dass sie ihre Ziele erreicht! Unsere Gedanken sind zugleich bei den Menschen in Gaza und der Westbank, die jetzt unter dem verstärkten zionistischen Terror zu leiden haben.

Unsere Solidarität gilt selbstverständlich auch den von Rassismus betroffenen und den politisch kämpfenden Palästinensern in Deutschland, allen voran den Genossen von Samidoun! Sie sind Teil unserer Klasse, Teil unserer Bewegung für die Befreiung der Menschheit, unsere Genossen und Geschwister. Für uns ist jeder Angriff auf sie ein Angriff auf uns!

Wir solidarisieren uns mit der Jungen Welt, die wieder einmal Angriffen ausgesetzt ist, weil sie eine reale Alternative zur bürgerlichen und imperialistischen Propaganda bietet!

Wir verurteilen die rassistische, pro-zionistische und antikommunistische Hetze des Neuen Deutschland aufs Schärfste! Damit verabschiedet es sich endgültig ins Lager der Kriegstreiber, Rassisten und NATO-Imperialisten!

Ungeachtet dieser geballten Reaktion, die wir in Deutschland erleben, wollen wir abschließend betonen: Die „Ordnung“ der Imperialisten und ihrer Handlanger, der Zionisten und Faschisten, ist auf Sand gebaut. Die Palästinenser beweisen gerade jetzt genau das! Fassen wir also Mut für unseren Kampf für ihre Niederlage — in Palästina und weltweit!

i https://twitter.com/aitakbarani/status/1711390874699960584

ii https://www.waz.de/staedte/duisburg/palaestina-aktivisten-wollen-jetzt-in-duisburg-demonstrieren-id239759585.html

iii https://www.nd-aktuell.de/artikel/1176842.israel-berlin-neukoelln-hass-auf-der-strasse-nach-hamas-attacke.html

iv https://www.jungewelt.de/artikel/461022.gaza-schl%C3%A4gt-zur%C3%BCck.html

v https://www.franzmehringplatz.de/zu-einer-veranstaltung-am-07-10-2023/

Palästina: Der Widerstand erhebt sich zu Revolution, Rückkehr und Befreiung

0

Wir veröffentlichen eine Erklärung von Samidoun in der Übersetzung der „Linken Zeitung“

Am Morgen des 7. Oktober 2023 erhebt sich der Widerstand im gesamten besetzten Palästina und zerschlägt die Belagerung des Gazastreifens mit einer umfassenden Offensive gegen die Besatzer zu Lande und in der Luft, indem er palästinensisches Land unter seine Kontrolle bringt, Siedler und Soldaten der Besatzer festnimmt und Tausende von Raketen abschießt, während palästinensische Widerstandskräfte für die Rückkehr und die Befreiung Palästinas kämpfen.

Die neue Widerstandsoperation, die von Mohammed Deif, dem Oberbefehlshaber der Izz el-Din al-Qassam-Brigaden, dem militärischen Flügel der Hamas, als “Al-Aqsa-Flut” bezeichnet wurde, findet am 50. Jahrestag des Krieges von 1973 statt, in dem Ägypten den besetzten Sinai von der zionistischen Besatzung zurückeroberte, und soll die Richtung des Kampfes im besetzten Palästina ändern, weg vom Widerstand hin zu Revolution und Befreiung.

Die Widerstandsoperation ist eine Reaktion auf die anhaltenden Verbrechen gegen das palästinensische Volk, die tägliche Ermordung von Palästinensern auf den Straßen des Westjordanlandes im besetzten Palästina, die Belagerung des Gazastreifens, den Landraub für Siedlungen, die Verweigerung des Rechts der Flüchtlinge auf Rückkehr, die Auferlegung des Exils für mehr als 75 Jahre, die Folterungen und Angriffe auf die palästinensischen Gefangenen, die anhaltenden Invasionen der Al-Aqsa-Moschee und die 75 Jahre zionistischer Besatzung und mehr als 100 Jahre imperialistischer Herrschaft und Kolonialismus im gesamten besetzten Palästina.

Es geht auch um die Befreiung der palästinensischen Gefangenen, die ein Teil des palästinensischen Volkes und Landes sind. Die Besatzung hat einen Gefangenenaustausch mit dem Widerstand wiederholt hinausgezögert, und nun hat der Widerstand bekannt gegeben, dass er eine beträchtliche Anzahl von Gefangenen aus den Reihen der Besatzungssoldaten und Siedler entführt hat, um die 5.250 palästinensischen Gefangenen in den Gefängnissen der Besatzung zu befreien, einschließlich der 1350 ohne Anklage oder Gerichtsverfahren unter Verwaltungshaft Inhaftierten, 39 Frauen und 170 Kinder. Der Widerstand unternimmt neue Schritte, um palästinensisches Land zu befreien, sich dem Siedlungsprojekt entgegenzustellen und die Gefangenen aus einer Machtposition zu befreien.

Die Nachrichten entwickeln sich schnell, aber es ist klar, dass der palästinensische Widerstand entschlossen ist, den Status quo in der Region neu zu bestimmen und die Realität aufzudecken, dass das zionistische Regime sich nicht länger auf seine technologische Stärke und seine imperialistischen Waffen verlassen kann, um seine Herrschaft über das palästinensische Volk durchzusetzen. Jahrestag des Krieges von 1973, ist es eine entschiedene Absage an den gesamten Weg von Oslo und Normalisierung, der dem palästinensischen und arabischen Volk in den letzten 50 Jahren aufgezwungen wurde, und zeigt einen neuen Weg mit einem klaren Ziel auf: Befreiung, und nichts anderes. Sie baut auf der Befreiung des Südlibanon von der Besatzung durch den libanesischen Widerstand unter Führung der Hisbollah im Jahr 2000 und der Niederschlagung der zionistischen Invasion im Libanon im Jahr 2006 sowie auf den aufeinander folgenden heldenhaften Kämpfen des palästinensischen Widerstands im gesamten besetzten Palästina und insbesondere in seinem Basisgebiet im Gazastreifen auf.

In seiner Erklärung, mit der er die Operation ankündigte, sagte Deif: “Von heute an endet die Sicherheitskoordination. Heute fordert das Volk seine Revolution zurück, korrigiert seinen Weg und kehrt zum Marsch der Rückkehr zurück”. Er rief alle auf, sich am Widerstand zu beteiligen, insbesondere alle Widerstandskräfte in der Region, im Libanon, in Syrien, im Iran und im Jemen sowie alle arabischen Völker vom Golf bis zum Ozean, sich diesem Kampf anzuschließen, der ihr Kampf für Freiheit, Würde und Befreiung ist, und erklärte: “Es ist an der Zeit, dass sich die Kräfte des arabischen Widerstands vereinen.”

Samidoun schließt sich der Masar Badil, der palästinensischen Bewegung des alternativen revolutionären Weges, an und ruft “die Massen unseres palästinensischen Volkes, die Unterstützer des Widerstands im Exil und in der Diaspora, die Verbündeten der Befreiungskräfte und -bewegungen und die Solidaritätskomitees mit dem palästinensischen Volk überall dazu auf, ihre Unterstützung für den heldenhaften palästinensischen Widerstand zum Ausdruck zu bringen, die Fahne Palästinas und die Banner des Widerstands zu hissen und populäre, politische und mediale Demonstrationen und Veranstaltungen zu organisieren, um die zionistischen Verbrechen gegen unser Volk im besetzten Palästina aufzudecken. Der heldenhafte palästinensische Widerstand hat im Morgengrauen des 7. Oktober 2023 ein Kapitel von Kämpfen der Würde und des Stolzes aufgeschlagen und antwortet nun auf die jahrzehntelange und wiederholte zionistische, amerikanische und europäische Aggression gegen die Massen unserer arabischen und islamischen Nation vom Ozean bis zum Golf und angesichts der Hunger- und Belagerungskriege, die die Vereinigten Staaten und ihre Agenten gegen unsere Völker in der Region, insbesondere in Syrien, im Libanon, im Jemen und im Iran, angezettelt haben.”

Da der palästinensische Widerstand den Besatzungsmächten gegenübersteht, ist es von entscheidender Bedeutung, dass Internationalisten überall ihre Stimme erheben, mobilisieren und handeln, um das von den USA geführte imperialistische System, einschließlich der EU-Staaten, Großbritanniens und aller mitschuldigen Mächte zu konfrontieren, damit sie ihre andauernden Verbrechen gegen das palästinensische Volk beenden und den Widerstand verteidigen. Diese Verbrechen spiegeln sich nicht nur in der Balfour-Erklärung und der jährlichen US-Militärhilfe in Höhe von 3,8 Milliarden Dollar für das Besatzungsregime wider, sondern auch in den rassistischen Angriffen auf das palästinensische Volk im Exil und in der Diaspora in ganz Europa und insbesondere in Deutschland, weil es seine Stimme erhebt und sich organisiert, um seine Rolle in der Sache zu übernehmen, für seine Rückkehr nach Palästina und die Befreiung seines Landes.

Der Hauptfeind der palästinensischen Sache ist der Imperialismus, der das zionistische Projekt ins Leben gerufen und bis an die Zähne bewaffnet hat, um die arabischen und iranischen Völker anzugreifen, zusammen mit dem Zionismus, dem “israelischen” Besatzungsregime und den reaktionären, mitschuldigen arabischen Kräften.

Heute macht der Widerstand deutlich, dass trotz der Bewaffnung und Brutalität der Besatzer das Versprechen der Befreiung näher ist als je zuvor.

Vom Fluss bis zum Meer wird Palästina frei sein.

Wir empfehlen, dem Resistance News Network auf Telegram zu folgen, https://t.me/PalestineResist, um immer auf dem neuesten Stand zu sein.

https://samidoun.net/2023/10/palestine-the-resistance-rises-toward-revolution-return-and-liberation/

Rezension: Antiimperialismus konkret: Ami go home!

0

Von Noel Bamen

Wilhelm Langthaler / Werner Pirker: Ami go home. Zwölf gute Gründe für einen Antiamerikanismus, Wien: Promedia 2003. 159 Seiten.

Auf dem Zenit der Macht

Vor 20 Jahren erschien im Wiener Promedia-Verlag das Buch „Ami go home“, gemeinsam verfasst von Wilhelm Langthaler und Werner Pirker (1947-2014). Letzterer war zwischen 1975 und 1991 Redakteur der Wiener Volksstimme, anschließend als Korrespondent in Moskau tätig und in den Jahren 1997-2000 stellvertretender Chefredakteur der jungen Welt. Danach arbeitete er als freier Journalist in Wien. Willi Langthaler, aus dem trotzkistischen Spektrum stammend, war um die Jahrtausendwende herum vor allem aktiv gegen die Zerstörung Jugoslawiens durch die NATO, gegen die US-Invasion im Irak und in der Palästina-Solidarität. Später engagierte er sich u. a. für den Euro-Exit und in der Donbas-Solidarität. Als Vertreter der Antiimperialistischen Koordination (AIK) wird er an unserem Kommunismus Kongress auf dem Podium zur antiimperialistischen Strategie und dem Verhältnis zwischen Antiimperialismus und Kampf für den Sozialismus sitzen.

Das Buch erschien im Hochsommer 2003, ein halbes Jahr nachdem die US-Imperialisten und ihre Verbündeten in den Irak einmarschiert waren und knapp zwei Jahre nachdem die NATO in Afghanistan eingefallen war. Vier Jahre zuvor hatte der Westen Jugoslawien endgültig den Rest gegeben und seit drei Jahren wurden die Palästinenser, die sich zur Zweiten Intifada erhoben hatten, von den Zionisten wieder reihenweise abgeschlachtet. Putin, seit vier Jahren an der Macht, versuchte noch, Russland auf Augenhöhe in den Westen zu integrieren, und China galt weithin als verlängerte Werkbank Europas und als Zulieferer von Billigprodukten. Moskau wie Peking nahmen die Kriege des Westens in Südosteuropa und im Nahen und Mittleren Osten hin, arrangierten sich sogar mit ihnen. Mit anderen Worten: Die USA und der Westen waren auf dem Zenit ihrer Macht und konnten tun und lassen, was sie wollten, ohne auf zwischenstaatlicher Ebene auf nennenswerten Widerstand zu stoßen.

Antiamerikanismus gleich Antisemitismus?

Diese mit Gewalt abgesicherte globale Vorherrschaft war im Westen selbst durch ideologische Hegemonie auf dem Gebiet der sog. Zivilgesellschaft gegen ihre zahlenmäßig immer geringeren Kritiker gerüstet: „Antiamerikanismus“ lautete jener Kampfbegriff, den transatlantisch ausgerichtete (Neo-)Konservative, (Links-)Liberale und „Antideutsche“ gegen „Globalisierungskritiker“, Antiimperialisten und Friedensaktivisten in Stellung brachten. Er galt (und gilt vielfach noch bis heute) als „Amoklauf der Irrationalität und des dumpfen Ressentiments“, wie die Autoren einleitend festhalten. Und noch schlimmer: „Damit ist seine Geistesverwandtschaft mit dem Antisemitismus quasi per Definition belegt.“ (S. 7)

So abstrakt und absurd dieser Zusammenhang erscheint: Wer sich je in die Schusslinie der Transatlantiker begeben hat, weiß, dass diese Brücke tatsächlich ganz konkret geschlagen wird. Die ideologischen Wurzeln für diese Behauptung liegen wohl darin, dass Israel (fälschlicherweise) mit dem Judentum gleichgesetzt und die USA und ihre Vorherrschaft in der Welt (korrekterweise) als Garant für die Existenz des zionistischen Regimes angesehen wird. Wenn dann noch mit einer völlig verqueren Brille auf die Tatsache geschaut wird, dass ganz allgemein der Aufstieg des liberalen Bürgertums im Westen die Emanzipation der Juden vorangetrieben hat, dass in den USA der Rassismus gegen Juden angesichts anderer, dominierender Feindbilder (Schwarze, Latinos, Asiaten, Iren, Italiener, Katholiken, …) nie so stark war wie in Europa und daher viele Juden dort Schutz suchten, und dass es in der Folge in der herrschenden Klasse der USA vergleichsweise viele Personen mit jüdischem Background gibt, dann kommt man schnell zu dem im Grunde antisemitischen, allerdings philosemitisch gewendeten Bild, wonach die USA und der Kapitalismus mit dem Judentum gleichzusetzen seien. Dann ist Occupy Wall Street die Wiederholung des Judenboykotts der Nazis, die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon sind „antisemitische Pogrome“ und jeder Protest gegen die Kriege von Washington (und Tel Aviv sowieso) ist die Wiederholung der Appeasement-Politik der Westmächte gegenüber dem faschistischen Deutschland. Von derlei Propaganda konnten die Autoren wohl schon damals ein Liedchen singen: beide wurden selber wiederholt als „Antisemiten“ beschimpft. 

Amerikanismus“ als realexistierender Imperialismus

Mit dem Büchlein stellten sie dem Anti-Antiamerikanismus eine Sammlung von Fakten entgegen. Dabei betonen sie: „Der Antiamerikanismus, den wir meinen, ist nicht gegen das amerikanische Volk gerichtet. (…) Einer der Gründe, die wir für den Antiamerikanismus anführen, ist die innere Repression, die sich gegen Amerikaner richtet.“ (Ebd.) Was der „Amerikanismus“, gegen den sich die Autoren richten, im ideologischen Sinne aus ihrer Sicht ist, versuchen sie im letzten Kapitel zu fassen: eine „direkte Demagogie des Kapitalismus“ (S. 134), zwar durchaus mit allerlei religiösem (konkret protestantischem) und patriotischem Firlefanz geschminkt und mit Rassismus und Chauvinismus abgesichert, aber im Gegensatz etwa zu Faschismus oder Sozialdemokratie ohne soziale oder völkische Demagogie verschleiert und verleugnet. Dafür jedoch mit einem von Grund auf universalistischen Anspruch, der die Rolle der Herrschenden in den USA als Weltpolizei legitimiert. Im Vorwort heißt es mit Blick auf die politische Manifestation dieser Amerikanismus-Ideologie in den letzten Jahrzehnten: „Zwar sind die USA mit dem System des neoliberalen Globalismus nicht identisch, doch sie sind sein Hegemon, gewalttätiger Vollstrecker und Hauptnutznießer.“ (S. 7) An diese Aussage ließe sich indes folgende, erst kürzlich von Willi Langthaler geäußerte Einschätzung bezüglich der Frage, ob China und Russland imperialistische Konkurrenten der USA seien, anschließen: „Der Kapitalismus-Imperialismus ist um die USA organisiert. Keine Macht ist nur annähernd dazu fähig, Washington zu ersetzen.“i

Was der hier noch sehr allgemein bzw. auf ideologischer Ebene gefasste „Amerikanismus“ ganz real für hunderte Millionen weltweit bedeutet, beleuchten die Kapitel 1 bis 11 des Buchs. Dabei wird der Bogen von der durch die siedlerkolonialistische, auf Rassismus, Genozid und Sklaverei beruhende Geschichte der USA bedingte Kultur der Gewalt, die strukturellen Mängel der US-Demokratie und die hemmungslose Ausbeutung von Mensch und Natur über die Dollarhegemonie und die gezielte Zerstörung und Unterwerfung anderer Nationalökonomien mittels IWF und Weltbank bis hin zur zügellosen Kriegspolitik geschlagen. Die Kapitel 7 bis 10 sind gleichsam eine Chronik der Übernahme der Weltherrschaft durch die USA: angefangen bei der Konterrevolution in der Sowjetunion, bei der die USA ihre Finger im Spiel hatten, über die Zerstörung Jugoslawiens, bei der sich die Westeuropäer und vor allem Deutschland laut den Autoren wie „Zauberlehrlinge“ verhielten, die schließlich den „Meister“ (die USA) riefen, (S. 78) um das von ihnen verursachte Chaos wieder zu ordnen (natürlich nicht in Form eines Bundes-, sondern vieler Kleinstaaten), bis hin zu den Invasionen in Afghanistan und Irak.

Im elften Kapitel werfen die Autoren eine in der kommunistischen Bewegung und der antiimperialistischen Linken hoch umstrittenen Frage auf: Sind Deutschland und die EU ein Vasall der USA oder Konkurrenten? Ihr Antwort lautet, dass sich künftige Entwicklungen zwar kaum vorhersagen ließen, die bisherige Geschichte seit 1945 aber klar die Unterordnung Westeuropas unter die USA belege. „Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es nur zwei größere Versuche einer von den USA unabhängigen Politik in Europa: de Gaulles Frankreich in den 1960er Jahren und das wiedervereinigte Deutschland Anfang der 1990er Jahre. (…) Beide Versuche scheiterten, beide erwiesen sich als zu schwach.“ (S. 116) Dabei werden diese Versuche von den Autoren durchaus nicht als automatisch positiv dargestellt. So betonen sie etwa, dass Deutschland unter Kohl die Aggressionen gegen Jugoslawien vom Zaun gebrochen hat. Es handelt sich also erst einmal um eine simple Feststellung. Die halbherzige Opposition Deutschlands und Frankreichs gegen den Irak-Krieg 2003 wird ebenfalls in diese Reihe gestellt. Daher schlussfolgern sie: „Der Irakkrieg hat bewiesen: Die Europäische Union ist entweder proamerikanisch oder sie kann nicht als politische Einheit funktionieren.“ (S. 116 f.)

Aktualisierungsbedürftig, aber lesenswert

Das Büchlein ist durchaus noch heute spannend: Gerade für frisch politisierte Menschen oder Personen, die sich noch nicht besonders mit dem US-Imperialismus auseinandergesetzt haben, gibt es viele Impulse und nennt Fakten, die heutzutage noch unbekannter sein dürften als noch vor 20 Jahren. Allerdings wären mehr Belege und Literaturverweise, bevorzugt in Fußnotenform, hilfreicher als die wenigen verstreuten Hinweise, die in Oxford-Manier in Klammern im Fließtext versteckt sind.

In seinen Entstehungskontext eingebettet kann die Schrift zudem als interessante zeitgenössische Quelle gelesen werden, die Einblick in die damaligen Debatten gibt. Den Jugoslawien-Krieg beispielsweise haben die meisten jüngeren Genossen gar nicht mehr miterlebt und es gibt leider wenig aktuelle Literatur, die dieses für die Weltpolitik, aber gerade auch für die deutsche Friedensbewegung wichtige Kapitel aus einer antiimperialistischen Perspektive mit größerem Abstand und für Einsteiger leicht verständlich aufbereitet. Dieser Krieg steckte den Autoren jedoch erkennbar noch tief in den Knochen. Auch der Irak-Krieg scheint nach Syrien und dem Aufstieg und Niedergang des IS ein abgeschlossenes Kapitel, das jedoch ebenfalls den meisten Jüngeren wenig bekannt sein dürfte. Und das, obwohl die Wurzeln des IS doch genau in diesem Krieg liegen. Die Zweite Intifada ist heute ebenfalls halb vergessen, obwohl es gerade angesichts der aktuell laufenden Dritten Intifada so wichtig wäre, sich mit ihr zu beschäftigen. Zu all diesen Themen findet man Informationen und Einschätzungen in diesem Buch, wenn auch nur jeweils wenige Seiten. Sie sollten zum weiteren Lesen anregen.

Dieser zeitgenössische Charakter ist zugleich die offensichtlichste — und natürlich unumgängliche — „Schwäche“, wenn man dieses Buch heute liest. Vieles müsste aktualisiert werden. So beispielsweise die angehängte Liste der Einrichtungen der US-Streitkräfte im Ausland, die damals weit über 700 Standorte umfasste. Erfreulicherweise darf man heute die vier ersten auf der nach Ländern in alphabetischer Reihenfolge gelisteten Aufzählung, nämlich die in Bagram, Kandahar, Khost und Mazar-e-Sharif, wegstreichen. Auch einige der US-Army-Stützpunkte in Deutschland, die damals noch ganze sechs von insgesamt 14 Seiten füllten, mit dem Verweis, dass es 73 weitere gebe, die aber nicht öffentlich benannt würden, wurden mittlerweile dicht gemacht. 2005 beschloss der Oberste Gerichtshof in den USA zudem endlich, dass die Hinrichtung von Minderjährigen, auf die das Buch in Kapitel 4 eingeht, verfassungswidrig sei. Noch immer gültig ist hingegen der 2001 beschlossene American Service-Members’ Protection Act. Dieses Gesetz befähigt die jeweilige US-Regierung, ihre Soldaten, Politiker und sonstigen Handlanger mit militärischer Gewalt aus Den Haag zu befreien, sollten sie jemals dort wegen Kriegsverbrechen vor den Internationalen Strafgerichtshof gestellt werden.

Es wäre zudem spannend, zu erfahren, wie zumindest der noch lebende Autor die auf das Jahr 2003 folgenden Jahre verarbeiten würde. Der Irak-Krieg beispielsweise hatte, wie gesagt, eben erst begonnen, als das Buch erschien. Die irakische Armee hatte bereits kapituliert. Der Widerstand der sunnitischen irakischen Bevölkerung, den vor allem die AIK später politisch und auch finanziell unterstützte, stand dagegen noch an seinem Anfang. Zwar diskutierten die Autoren schon damals, dass es auch im schiitischen Klerus „radikale antiamerikanische Anführer“ gäbe, (S. 96) der Name Muqtada as-Sadr schien damals jedoch noch nicht so geläufig, dass er hier schon genannt würde. Trotzdem wird der irakische Widerstand bereits als eine Intifada charakterisiert, „die dem Amerikanismus als globales Gegenmodell zu erwachsen“ drohe. (S. 98) Vor dem Hintergrund, dass sowohl der Widerstand im Irak als auch die Zweite Intifada letztlich niedergeschlagen bzw. „befriedet“ wurden, dass es 2011 in verschiedenen arabischen Länder zu Aufständen kam, die teilweise Errungenschaften brachten, teilweise die Region in Chaos stürzten (Libyen und Syrien), und dass es in Palästina derzeit zu einer neuen Intifada kommt, die gewisse Parallelen, aber auch große Unterschiede zu 2000-06 aufweist, wäre eine Fortschreibung hier besonders spannend. Aber auch mit Blick auf Russland und den Ukraine-Krieg: Schließlich erhofften sich die Autoren vom Widerstand im Irak und in Palästina damals, dass diese zum Katalysator für den Verfall der US-Welthegemonie würden. Eine Hoffnung, die nun viele mit dem Krieg zwischen Russland und der NATO in der Ukraine verbinden.

i https://kommunistische-organisation.de/kommunismus-kongress/vom-antiimperialismus-zum-sozialismus-internationale-strategien-der-arbeiterklasse/

Letzte Infos zum Kongress: Streams, Programm, Tagestickets

0

Diesen Freitag (06.10.) beginnt der Kommunismus Kongress in Berlin.

Die Livestreams zu den drei Podien und der Eröffnungsveranstaltung am Freitagabend findet ihr auf unserem YouTube-Kanal, bzw. am Ende dieser Seite.

Am Freitagabend gibt es eine kleine Änderung des Programms – hier der aktuelle Stand: Wir starten mit dem Vortrag von Vashna Jagarnath um 18:30 Uhr. Der Eröffnungsvortrag der KO folgt direkt im Anschluss um 20:00 Uhr. Das aktuelle Programm findet ihr weiterhin hier.

Wir möchten euch hier außerdem mitteilen, dass ihr das ganze Wochenende über Tagestickets zum Kongress zu untenstehenden Preisen kaufen könnt. Kommt also gerne spontan vorbei, auch wenn ihr euch noch nicht angemeldet habt:

Freitag: 5€
Samstag: 20€
Sonntag: 10€

Wir sehen uns am Wochenende!


Podcast #40 – Tings Chak on the development and contradictions of China

0

We talked with Tings Chak, internationalist activist, writer, and artist about the development of China, especially the eleviation of poverty. She is the co-founding editor of ⁠“Dongsheng News“⁠, a collective of international researchers interested in Chinese politics and society. We asked her why China is not just another rising capitalist country and about the role of China in the fight for national liberation and sovereignty in the global South. We also talked about the contradictions linked with the politic of opening and reform.

Deutschland der Zeitenwende

0

Wir spiegeln hier die Kurzbeiträge der Teilnehmer des Podiums III des Kommunismus-Kongresses 2023, die in der Zeitung zum Kongress veröffentlicht wurden.


Podium III: Sonntag 08.10.23, 13:00 Uhr

Harri Grünberg, Klaus Hartmann, Susann Witt-Stahl, Rainer Perschewski

Wir haben den Teilnehmern des Podiums III folgende Fragen gestellt. Erstens: Was zeichnet das „Deutschland der Zeitenwende“ eigentlich aus? Wo stehen die Friedensbewegung und die (außer-)parlamentarische Linke? Zweitens: Was sind die wichtigsten Ansatzpunkte vor diesem Hintergrund, um in der aktuellen Situation Schritte vorwärts zu machen?


Deutsche Ambitionen

Harri Grünberg war bis 2021 im Parteivorstand der Partei die LINKE, aus der er 2022 austrat. Heute ist er im Bundesvorstand von „Aufstehen“ und wirbt für eine „Wagenknecht-Partei“.

Über ein Jahr tobt bereits der NATO-Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine. Wenn wir Friedenskräfte dazu beitragen wollen, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden, müssen wir auch über die Verantwortung des Westens sprechen, über die Vorgeschichte und die größeren geopolitischen Zusammenhänge. Die Weigerung, die russischen Sicherheitsinteressen anzuerkennen, hat die Lage zugespitzt, die zum Kriegsausbruch führte. Eine Friedensbewegung, die dies nicht mitdenkt, wird niemals ihrer Aufgabe gerecht werden, sondern Sprachrohr der herrschenden Interessen, gefiltert durch die Politik von SPD und Grünen, teils auch der Partei DIE LINKE sein. Die Friedensbewegung wurde von jenen Parteien gespalten, die sich selbstgerecht als Fortschrittsblock verstehen, sich aber im Wesentlichen auf die Seite der NATO gestellt haben.

Die in Russland herrschende Staats-Bürokratie im Bündnis mit dem entstandenen kapitalistischen Sektor vertritt weder die Interessen der russischen Arbeiterklasse noch die des russischen Volkes. Dennoch ist es falsch von einem imperialistischen Russland zu reden und Russland als klassisch kapitalistisch zu bezeichnen ist nur bedingt tauglich. Wir sagen weder Putin noch die NATO. Dennoch müssen wir trotz unserer Kritik an Putin deutlich sagen, dass die NATO diesen Krieg niemals gewinnen darf, denn ein Sieg der NATO heißt finstere Zeiten für den globalen Süden, für Russland und China. Dieser im Wesentlichen antiimperalistische Aspekt ist den meisten sich links nennenden Teilen der Friedensbewegung, vor allem innerhalb der Partei DIE LINKE, verloren gegangen.

Das Deutschland der Zeitenwende und die EU handeln als treue Vasallen der USA. Sie gefährden mit ihrem Kriegskurs die Existenz unserer Länder und Europas insgesamt. Deutschland will an der Seite der USA zur Führungsmacht in Europa aufsteigen und riskiert dabei unter anderem den Konflikt mit Frankreich. Aber vor allem richtet sich Deutschland auf einen langen Konflikt mit Russland ein. Es geht um die geopolitische Herrschaft des deutschen Imperialismus im euroasiatischen Raum als Juniorpartner der USA. Die Ukraine ist der Schlüssel dazu. Folge des Krieges ist auch der wirtschaftliche Abstieg der imperialistischen Mittelmacht Deutschland. Deutschland deindustrialisiert sich zugunsten einer Stärkung des US-Imperialismus. Die sich bereits abzeichnende Krise des Kapitalismus wird durch den Krieg verschärft und damit der Generalangriff auf die über Jahrzehnte erkämpften Errungenschaften der Arbeiterklasse in Europa beschleunigt. Überall in Europa verschlechtert der Krieg die Lebenssituation der Arbeiterklasse und der populären Schichten. Soziales weicht zugunsten der Kriegsausgaben. Das Gesundheitswesen wird demontiert, Rentner werden ärmer, die Bildung für die Volksschichten wird schlechter und die Inflation, auch Folge des entfesselten Krieges, frisst die Löhne auf. Der Reallohn der populären Schichten Europas sinkt. Die Bevölkerung trägt die Kosten für Inflation sowie hohe Lebensmittel- und Energiepreise. Die Gewerkschaften sind kaum in der Lage und willens, den Reallohnverlust zu stoppen. Nicht nur der Krieg, sondern auch der Wirtschaftskrieg müssen beendet werden. Sie schaden der europäischen Industrie und damit auch der Arbeiterklasse in Europa.

Heizung Brot und Frieden sind untrennbar miteinander verknüpft. SPD, Grüne, die Gewerkschaften und auch die sich linksliberal entwickelnde Partei DIE LINKE weigern sich, die soziale Frage mit der Kriegsfrage zu verknüpfen. Wir brauchen aber eine breite Friedensbewegung, die beide Fragen miteinander verknüpft. Die Breite dieser Bewegung muss sich über linke, bürgerlich humanistische Kräfte und alle Menschen, die guten Willens sind und die keinen Krieg und sozialen Krieg wollen, erstrecken. Das schließt organisierte rechte Kräfte aus. Wir brauchen, um einen historischen Vergleich heranzuziehen, eine Volksfront mit antikapitalistischer, antimonopolistischer Ausrichtung. Um den Krieg zu beenden und den Sozialstaat zu verteidigen.

Ein Deutschland der Zeitenwende?

Klaus Hartmann ist Bundesvorsitzender des deutschen Freidenker Verbandes und aktiv in der Friedens- und Antikriegsbewegung. Er arbeitet inhaltlich u.A. zur „Zeitenwende“ in der deutschen Außenpolitik.

igentlich kommt die „Wende“ alle paar Jahre wieder. Bundeskanzler Helmut Kohl verhieß in den 1980er Jahren eine „geistig-moralische Wende“, das meinte den Abbau des Sozialen, die Jugend sollte sich nicht mehr „politisieren“, also sich nicht mehr um gesellschaftliche Probleme kümmern, sondern ihr Glück in der Individualisierung finden. Die nächste „Wende“ kam 1989, so wurde die Konterrevolution in der DDR genannt. Mit ihr wurde der erste und einzige deutsche Friedensstaat begraben. Und zuletzt hat Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung am 27. Februar 2022 „eine Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents“ ausgerufen. Den alten und neuen Kalten Kriegern wurde warm ums Herz, den Anhängern der Entspannungspolitik eines Willy Brandt fuhr der Schreck in die Glieder, und den meisten verschlug es bis heute die Sprache.

Doch wir sollten uns hüten, die Scholz’sche Zeitenwende nur aus der bundesdeutschen Froschperspektive zu betrachten. Der Freidenker-Vorsitzende Sebastian Bahlo sieht das so: „Als Zeitenwende muß man es in der Tat ansehen, daß die Russische Föderation nach dreißigjähriger fortschreitender geographischer Einkreisung, wirtschaftspolitischer Eindämmung, militärischen Provokationen einschließlich des acht Jahre währenden Abschlachtens der russischstämmigen Bevölkerung im Donezbecken die militärische Beantwortung der NATO-Aggression aufgenommen hat. Wir wissen, daß dieser Zeitenwende eine historische Notwendigkeit innewohnt. Die imperialistischen Räuber, deren Weltbeherrschung auf der jahrhundertelangen Ausplünderung der Menschheit beruht, müssen einer neuen Weltordnung weichen, die auf der souveränen Gleichheit aller Völker beruht.“

Wo steht die Friedensbewegung?

Von solcher Einsicht ist die Mehrheit der Friedensbewegung und auch der tatsächlichen oder vermeintlichen „Linken“ leider weit entfernt. In vielen Texten ist weiterhin vom „völkerrechtswidrigen“ oder „verbrecherischen Angriffskrieg Russlands“ und von einem „unprovozierten Überfall“ die Rede. Wer so redet, hat entweder die NATO-Propaganda total verinnerlicht, oder meint aus Opportunismus an die Kriegstreiber in der SPD und der Grünen Partei „anschlussfähig“ bleiben zu müssen. Oder um das viel ge- und missbrauchte Wort noch einmal ins Spiel zu bringen: Die sind tatsächlich „rechtsoffen“. Denn geht es „noch rechter“, als den NATO-Krieg gegen Russland mit immer neuen Waffen zu befeuern? Wir werden weiterhin mit allen zusammenarbeiten und demonstrieren, die den Standpunkt „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“ vertreten.

Selbstverständlich halten wir das Vermächtnis „Die Waffen nieder!“ der Freidenkerin und ersten Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner in Ehren. Doch das ist kein abstraktes moralisches Postulat, das über der konkreten geschichtlichen Realität schwebt. Wir wären niemals auf die Idee gekommen, „Die Waffen nieder!“ den Verteidigern von Leningrad oder den Sowjetsoldaten in der Schlacht um Stalingrad zuzurufen, weil dies nichts weniger als eine Sabotage des antifaschistischen Befreiungskampfes bedeutet hätte. Gleichermaßen waren wir solidarisch mit dem Vietcong im Kampf gegen die US-Invasoren, mit den Kämpfern gegen die NATO-Aggression gegen Jugoslawien, dem palästinensischen und dem irakischen Widerstand und mit den Verteidigern des freien Syriens. Deshalb sind wir auch solidarisch mit Russland in seinem Kampf gegen den Faschismus und die NATO, gegen das Bestreben des Imperialismus, die ganze Welt zu dominieren.

Was zeichnet das Deutschland der Zeitenwende eigentlich aus?

Susann Witt-Stahl arbeitet als freie Journalistin (Junge Welt u.A.), ist Buchautorin und Chefredakteurin des Kulturmagazins „Melodie & Rhythmus“.

Die Zeitenwende markiert einen historischen Zielpunkt der bereits in der Endphase des Zweiten Weltkriegs eingeleiteten deutschen Normalisierung. Seit ihrer Ausrufung am 27. Februar 2022 kann und muss der deutsche Imperialismus, der sich seit der Beteiligung an dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der NATO gegen Jugoslawien 1999 wieder bellizistisch entfaltet, als erfolgreich und vollständig restauriert betrachtet werden. Und so kann auch offen der deutsche Führungsmachtanspruch formuliert werden, was der Kanzlerparteichef auch vor mehr als einem Jahr getan hat. Der Weg ist jetzt frei, imperiale Langzeitprojekte, wie sie Zbigniew Brzeziński in seiner Abhandlung Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft skizziert hat, umzusetzen. Das etwa geschieht derzeit in der Ukraine, die Hauptkampffeld der NATO-Ostexpansion gegen Russland ist. Die Propagierung des „Holodomor“-Narrativs (der Versuch, der von Hitlerdeutschland überfallenen Sowjetunion nachträglich ein Genozid anzulasten), die Enttabuisierung von nationalistischem Heldenkult und Nazi-Symbolik (wie sie zum Beispiel in der euphemistischen Medienberichterstattung über das Asow-Regiment zu beobachten ist) und das aggressive Marketing für Militainment zeigen: Auf der ideologischen Ebene gehört zu dem unter Hochdruck vorangetriebenen Prozess der vollständigen „Erlösung“ des Täterlands von der auferlegten Bürde der „deutschen Zurückhaltung“ die Exkulpierung durch Geschichtsrevisionismus und Projektion deutscher Schuld auf den neuen alten Todfeind Russland, ebenso die Rehabilitierung des Faschismus und die mit kulturindustriellen Mitteln realisierte Ästhetisierung von Militarismus und Krieg.

Wo steht die Friedensbewegung und die (außer-)parlamentarische Linke?

Die hegemoniale deutsche Linke hat kapituliert und ist weitgehend im NATO-Korporatismus aufgegangen. Karriereorientierte Akteure – vor allem in der Partei Die Linke, des auf Ampelregierungskurs gebrachten Antifa- und Gewerkschaftsestablishments –, die an die Erfolgsstrategie der neokonservativen Grünen-Partei anknüpfen wollen, liefern sogar bereitwillig die Legitimationsideologie für Waffenlieferungen und die Eskalation des Ukraine-Kriegs. Immer häufiger sorgen sie auch für die Weißwaschung und Verharmlosung von im Dienst der NATO stehenden Faschisten. Nicht wenige arbeiten daran, dass nach der Aufspaltung des welthistorischen Imperativs „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“ und Suspendierung seines ersten Teils, wie in den 1990er-Jahren geschehen, nun auch der zweite Teil entsorgt wird. Zum affirmativen Einschwenken dieser mittlerweile zu Funktionslinken verkommenen Kräfte auf die deutsche Normalisierung gehört die Bekämpfung der ohnehin von Medien und Politik mit Trommelfeuer belegte und stark geschwächte Friedensbewegung und der Antifaschisten, die noch an den – heute wie damals unverzichtbaren – Erkenntnissen der marxistischen Faschismustheorien festhalten.

»Unser Hauptkampf gilt den Großgrundbesitzern und dem Monopolkapital in Indien«

0

Beitrag aus der Zeitung zum Kommunismus Kongress 2023


Im Juli führten wir ein Interview mit dem Genossen Arun Kumar, Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Indiens (Marxistisch) und unter anderem zuständig für internationale Fragen.

Das vollständige Interview kann ab sofort auch hier gelesen werden.

Wie beurteilen Sie die Entscheidung Indiens, die militärische Intervention Russlands in der Ukraine nicht zu verurteilen? Nimmt die indische Politik unter Modi eine anti-amerikanische und somit antiimperialistische Position ein?

Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir den Charakter des indischen Staates verstehen. Das Verständnis der Kommunistischen Partei Indiens [CPIM] über den indischen Kapitalismus ging von jeher davon aus, dass die Großbourgeoisie und die Landbesitzerklasse gelernt haben, ihre Widersprüche durch Kompromisse zu überbrücken. Zur Durchsetzung ihrer Interessen arbeiten die konkurrierenden Fraktionen der Ausbeuterklasse regelmäßig zusammen. Diese Position haben wir seit Gründung der CPIM vertreten; daran hat sich nichts geändert.

Die indische Politik agiert seit der Unabhängigkeit ambivalent. Indien verblieb im Commonwealth und das britische Kapital wurde nicht enteignet. Zuerst wollte Indien seinen wirtschaftlichen Aufbau über die westlichen, kapitalistischen Staaten finanzieren. Als das vom Westen abgelehnt worden war, bat Indien die sozialistischen Länder um Unterstützung und erhielt von dort bereitwillig die gewünschte Hilfe. Die IITs, die Indian Institutes of Technology, sind ein Beispiel dafür, wie die Sowjetunion, die Tschechoslowakei und die DDR Indien geholfen haben, eine technologische Souveränität zu erlangen. Für vier von fünf IITs kam die Hilfe von den sozialistischen Ländern. Als die Imperialisten das sahen, kamen sie und haben das fünfte unterstützt. Indiens Blockfreiheit war die perfekte Maske, um von beiden Seiten Hilfe zu erhalten, die eine gegen die andere Seite auszuspielen und die eigenen Interessen durchsetzen zu können.

Indiens Positionierung zum Ukraine-Krieg ist Ergebnis dieser Strategie. Diesen Hintergrund müssen wir berücksichtigen, wenn wir den Charakter der indischen Politik erklären wollen. Nein, Indien ist nicht als antiimperialistisch zu bezeichnen. Indiens Bourgeoisie verfolgt einzig seine eigenen Interessen.

Wenn Indien russisches Öl kauft, verhandelt es anschließend mit dem Westen über bessere Handelskonditionen. Für neue Abkommen erhält der Westen dann die indische Loyalität.

Warum hat der Westen Indien nicht bei seinem ersten Fünfjahresplan unterstützt?

Der Imperialismus verhindert notwendigerweise die Entwicklung der Produktivkräfte in Ländern, deren Märkte er dominieren will. Die Kolonialmächte haben von Anfang an dafür gesorgt, dass die ehemaligen Kolonien weiterhin von ihnen abhängig bleiben. Dazu mussten sie vor allem die Entwicklung der Produktivkräfte verhindern. So produziert Lateinamerika heute immer noch hauptsächlich Rohstoffe für den Konsum in den hochentwickelten Ländern. Genau dasselbe trifft auch auf Afrika und Asien zu. Die wenigen Industrien in diesen Teilen der Welt haben keinerlei Bedeutung für den Westen, für den Weltmarkt sind sie überflüssig.

Wie war die Beziehung zwischen der indischen Bourgeoisie und den westlichen Imperialisten in den vergangenen siebzig Jahren?

Wie bereits erwähnt, die indische Bourgeoisie verfolgte ihre eigenen Interessen und spielte die kapitalistischen Länder gegen die sozialistischen Länder und umgekehrt aus. Z.B. 1961, im Krieg zwischen Indien und China, waren die USA der Helfer. 1971, im Krieg gegen Pakistan, half die Sowjetunion Indien, weil die USA damals Pakistan militärisch unterstützten. Erst in den 1990er Jahren, als dieses Doppelspiel nicht mehr möglich war, konnte sich Indien nur an die USA wenden – und tat dies vollumfänglich. Aus diesem Grund hatte es keine Probleme, die vom IWF und der Weltbank vorangetriebenen neoliberalen Reformen umzusetzen. Im Jahr 2008 schloss Indien dann ein Atomabkommen mit den USA ab, und zum ersten Mal wurde der Dienstleistungssektor, zu dem Bildung, Finanzdienstleistungen, Gesundheit usw. gehören, für die imperialistische Durchdringung geöffnet. Die Finanzkrise von 2008 spielte eine wichtige Rolle, da die Imperialisten gezwungen waren, sich nach neuen Finanzsektoren umzusehen, in die sie investieren konnten.

Was waren die Ursachen für die Gründung der staatlichen Unternehmen in den wirtschaftlichen Kernbereichen Indiens?

Aus Sicht der Bourgeoisie war das eine Notwendigkeit, weil für solche Investitionen einfach nicht genügend Kapital und technisches Know-how vorhanden waren. Also musste der Staat einspringen und den öffentlichen Sektor finanzieren: die Energieversorgung, die Stahlproduktion, den Bergbau, den Verkehr, die Banken usw. Die indischen Kapitalisten nutzten anfänglich die staatlichen Ressourcen für ihre eigene Entwicklung, bis sie selbst diese Bereiche übernehmen konnten.

Auch hinsichtlich Ernährungssicherheit versuchte Indien, sich unabhängig zu machen.

Hungersnöte waren in Indien keine Seltenheit und die Not nahm von Jahr zu Jahr zu. Ein öffentliches Verteilungssystem (Public Distribution System – PDS), bei dem der Staat die Nahrungsmittel direkt von den Landwirten aufkaufte, wurde eingerichtet. Es gab Mindestpreisgarantien für die Ernten. Das PDS verteilte die Nahrungsmittel zu sehr geringen Preisen an die Armen des Landes. Das bedeutete ein gewisses Maß an Ernährungssicherheit für die Mehrheit der Bevölkerung. Und schützte die Landwirte vor den Preisschwankungen auf dem Weltmarkt. Heute wird dieses System demontiert. Die Bauern und die Verbraucher sind wieder der Willkür des Weltmarktes ausgesetzt.

Trotz des kapitalistischen Charakters des indischen Staates hat er dennoch eine Politik betrieben, die die indischen Massen vor dem Weltmarkt schützte.

Das geschah nicht trotz, sondern wegen der herrschenden Klassen. Zudem: wer hat von der grünen Revolution profitiert? Die reichen Großgrundbesitzer! Eben jene, die über das Kapital und das Land verfügten und nicht die große Mehrheit der landlosen Bauern. Dem revolutionären, antikolonialen Kampf versuchte man mit einer internationalen Wohlfahrtspolitik zu begegnen. Indien war da keine Ausnahme.

Was war die Ursache, dass Indien 1991 die LPG-Reformen (Liberalisierung, Privatisierung und Globalisierung) durchführte?

Neben der Stärkung des Imperialismus im globalen Kräfteverhältnis war eine Zahlungsbilanzkrise entstanden; die Kaufkraft der indischen Bevölkerung hatte sich nahezu aufgelöst. Das imperialistische Finanzkapital nutzte diese Krise und erzwang die Öffnung der indischen Märkte. Die indische Währung wurde abgewertet, Staatsbetriebe wurden verkauft und es wurde dem Privatkapital erlaubt, in den indischen Markt einzudringen. Zudem wurden Einfuhrbeschränkungen aufgehoben. Ausländische Produkte wie Kokosnüsse, Gewürze, Baumwolle usw. wurden in Indien zu Dumpingpreisen auf den Markt geworfen. Dadurch wurden die indischen Landwirte ruiniert, was vermehrt zu Selbstmorden unter den Bauern führte. Die Banken gaben vermehrt Kredite an Großkapitalisten statt an Bauern und Kleinhändler.

Wo steht die indische kommunistische Bewegung heute?

Der Großteil der Mitglieder der CPIM kommt aus der Arbeiterklasse, der armen Bauernschaft und den Landarbeitern. Die Basisklassen sind also heute bei uns. Das ist gut so. Aber die indische kommunistische Bewegung steht auch vor einer Menge Schwierigkeiten. Wir sind nicht in der Lage, mit der Jugend des Landes in Kontakt zu treten, die im Zeitalter des Neoliberalismus geboren wurde. Deshalb müssen wir an unseren Kommunikationsstrategien arbeiten. Außerdem sind die Massen enttäuscht darüber, dass es keine Vorteile bringt zu kämpfen. All dem müssen wir entgegentreten.

Werden die Widersprüche zwischen dem Imperialismus und der indischen Bourgeoisie durch die intensivere Kooperation geringer?

Das ist ein Missverständnis über die Stärke der indischen Bourgeoisie. Sie hat immer versucht, ihre Interessen zu wahren. So wurde beispielsweise der jüngste Bauernkampf in Indien nicht nur von der Opposition, sondern auch von verschiedenen Fraktionen der Regierungspartei unterstützt. Das ist Ausdruck des Bestrebens der gesamten Bourgeoisie, ihre Unabhängigkeit zu bewahren.

Wir können also nicht einfach sagen, dass die Widersprüche zwischen der indischen Bourgeoisie und dem Imperialismus aufgehört haben zu existieren. Diese Widersprüche existieren auch heute noch. Wenn sie zum Ausdruck kommen, dann auf verschiedene Weise – und das müssen wir ausnutzen. Wenn wir es nicht verstehen, diese Widersprüche zu erkennen, werden wir uns im Kampf gegen den Imperialismus isolieren. Aber wir wollen uns nicht isolieren. Wir müssen für unseren Kampf gegen den Imperialismus so viel Unterstützung wie möglich mobilisieren.

Gibt es Fälle der Interessenüberschneidung zwischen der Arbeiterklasse und der Bourgeoisie in Indien?

Nein. Die Interessen der Arbeiterklasse stimmen nicht mit den Interessen der indischen Bourgeoisie überein. Wenn die Bourgeoisie den Kampf der Arbeiterklasse gegen das ausländische Kapital unterstützt, begrüßen wir diese Unterstützung. Aber das ist etwas anderes als eine Angleichung. Gleichschaltung bedeutet, dass wir der Bourgeoisie die Führungsrolle überlassen. Nein, das wollen wir nicht. Wir haben während des indischen Freiheitskampfes gesehen, dass die indische Bourgeoisie den Kampf anführte, ohne ihn zu Ende zu führen.

Was meinen Sie damit, dass der Kampf nicht zu seinem logischen Ende geführt wurde?

Im eigentlichen Sinne hat Indien keine nationale Souveränität erlangt. Wenn die herrschende Klasse ihre Interessen formuliert, vertritt sie nicht die Interessen der Massen. Sie hat sich zudem mit dem Imperialismus verbündet. Wir als CPIM haben die indische Nationalbewegung (den Freiheitskampf) als die erste Etappe unserer Revolution bezeichnet, weil wir sagten, dass es ein Kampf gegen den Kolonialismus und die Kolonialherren war. In dieser Phase des Kampfes waren alle Klassen beteiligt, die Bourgeoisie, die Arbeiterklasse und die Bauernschaft. Aber unsere Losung ist, dass wir jetzt, da die Kolonialmächte verschwunden sind, gegen die Großbourgeoisie kämpfen müssen, gegen den Landbesitzerstaat, der mit dem Imperialismus kompromissbereit kollaboriert. Die zweite Phase unserer Strategie bezeichnet den Kampf gegen den Imperialismus, die Großbourgeoisie und die Gutsherrn.

Wer wird die Kämpfe gegen diese Kräfte anführen?

Die Arbeiterklasse zusammen mit den Landarbeitern und den armen Bauern werden die Führer sein. Dies wird der Kern sein und wir erwarten, dass sich die Mittelschichten aufgrund der Stärke der Kämpfe dieser Klassen um diese Sektion scharen werden. Denn die Interessen der Mittelschichten sind meistens mit diesen Sektionen verbündet, denen sie sich anschließen werden. Mit dieser erweiterten Front wollen wir die reiche Bauernschaft neutralisieren. Wir wollen nicht, dass sich die reiche Bauernschaft den Grundbesitzern und der Bourgeoisie anschließt, wir wollen sie neutralisieren. Diese Strategiebezeichnen wir als die volksdemokratische Phase der Revolution.

In dieser Phase ist der Kampf nicht gegen die gesamte Bourgeoisie und die gesamte reiche Bauernschaft gerichtet. Unser Kampf richtet sich auch nicht gegen das gesamte Privateigentum, denn auch die Bauernschaft besitzt Privateigentum. Unser Hauptkampf ist auf verbreiterter Front gegen die Großgrundbesitzer und das Monopolkapital gerichtet. Dabei werden wir keinen Großgrundbesitz zulassen. Eine wichtige Rolle wird der Staat spielen, der das Kapital verstaatlichen wird. Das verstaatlichte Eigentum des Staates wird von den Arbeitern verwaltet. Das ist unsere Vorstellung von der demokratischen Volksrevolution. Davon ausgehend wollen wir zum Sozialismus übergehen, in dem es kein Privateigentum mehr geben wird. Das ist die logische Schlussfolgerung.

Indien nimmt heute geopolitisch eine kritische Position ein. Was bedeutet das für die CPIM in ihrem Kampf gegen den Imperialismus?

Wir sagen ganz bescheiden, dass wir die größte kommunistische Partei in Indien sind. Aber insgesamt sind wir immer noch eine kleine Kraft und wir wollen in diesem Land wachsen. Indien hat heute in der globalen Arena eine strategische Bedeutung. Wir denken, dass, wenn die kommunistische Bewegung in Indien gestärkt wird, als logische Folge davon auch die antiimperialistischen Gefühle im indischen Volk gestärkt werden. Das wird ein wichtiger Beitrag der indischen Kommunisten im weltweiten Kampf gegen den Imperialismus sein.

Die demokratische Revolution des Volkes in Indien – The People’s Democratic Revolution in India

0

Vollständiges Gespräch mit Genosse Arun Kumar, Vollzeit-Mitglied der Kommunistischen Partei Indiens – Marxistisch (CPIM) seit 30 Jahren über den Klassenkampf in Indien. Arun Kumar ist Mitglied des Zentralkomitees der CPIM mit Amt in der Außenpolitikabteilung. Das Gespräch wurde im Juli 2023 geführt. Eine gekürzte Version wurde in der Zeitung zum Kommunismus Kongress 2023 veröffentlicht.

Inhalt des Interviews

Teil 1: Der Charakter des indischen Staates, die Imperialisten und die globale Position Indiens

Teil 2: Entwicklungen in Indien nach der Unabhängigkeit

Teil 3: Die indische kommunistische Bewegung und der Kampf für nationale Souveränität


Teil 1: Der Charakter des indischen Staates, die Imperialisten und die globale Position Indiens

Was halten Sie von der Entscheidung Indiens, die militärische Intervention Russlands in der Ukraine nicht zu verurteilen? Hat Indien unter Modi eine anti-amerikanische/ antiimperialistische Haltung eingenommen?

Um diese Frage zu beantworten und Indiens Position in der Welt zu verstehen, ist es sehr wichtig, den Charakter des indischen Staates zu verstehen und seine historische Entwicklung zu betrachten. Die CPIM hat Indien immer als einen Staat charakterisiert, der von der Großbourgeoisie und der Grundbesitzerklasse geführt wird und in dem diese beiden mit den Imperialisten zusammenarbeiten und Kompromisse schließen. Das war immer unser Verständnis und das ist auch heute noch unser Verständnis. 

Wenn wir also in diesem Zusammenhang von Indiens Position zu Russland, seiner blockfreien Politik oder seiner „unabhängigen“ Außenpolitik sprechen, sollten wir dies mit gewissen Vorbehalten tun. Das ist aus verschiedenen Gründen sehr wichtig.

1. Indien entschied sich nach der Unabhängigkeit, im britischen Commonwealth zu bleiben, und war nicht bereit, das britische Kapital im Land zu verstaatlichen. Und in der Tat versuchte es zunächst, die Briten und die Amerikaner um Unterstützung für seinen ersten Fünfjahresplan zur Industrialisierung des Landes zu bitten. Aber nachdem die imperialistischen Länder sich weigerten, die für den Aufbau der Schwerindustrie in unserem Land notwendige Technologie zur Verfügung zu stellen, wandte sich die indische Regierung an die Sowjetunion und die anderen osteuropäischen sozialistischen Länder. Und diese Länder erklärten sich bereit, Indien bei seiner industriellen Entwicklung zu unterstützen.

2. Und obwohl das neu befreite Indien immer seine Gefühle mit anderen kolonisierten Ländern hatte und immer seine Solidarität mit den anderen antikolonialen Kämpfen, einschließlich des Kampfes für die palästinensische Sache, zum Ausdruck gebracht hatte, war seine Entscheidung, sich dem Block der Blockfreien anzuschließen, das Ergebnis der indischen herrschenden Klassen. Diese verfolgten ihre eigenen Interessen, nachdem sie erkannt hatten, dass die imperialistischen Länder nicht bereit waren, eine unabhängige Entwicklung der indischen Bourgeoisie zuzulassen. Daher wandte sie sich an die Sowjetunion und andere sozialistische Staaten, die Indien gerne unterstützen wollten. In der Tat sind die IITs, die Indian Institute of Technology, die dem Land aufgrund des technologischen Fortschritts und der Beiträge, die diese Institute für die indische Gesellschaft geleistet haben, so viel Ansehen eingebracht haben, ein Beispiel dafür, wie die Sowjetunion, die Tschechoslowakei und die DDR Indien in seinem Streben nach technologischer Souveränität geholfen haben. Ursprünglich gab es fünf IITs, in Delhi, Mumbai, Chennai, Kanpur und Kharagpur. Von diesen fünf IITs wurden vier durch den sozialistischen Block unterstützt. Als die Briten und Amerikaner das sahen, kamen sie und unterstützten das fünfte. Die indische herrschende Klasse verstand, dass es nicht ratsam ist, sich völlig von einer Seite abhängig zu machen. So wurde die Außenpolitik als nicht auf einen der Blöcke ausgerichtet erklärt.

Auf diese Weise schloss sich Indien der Bewegung der Blockfreien an. Und dann gibt es noch die anderen blockfreien Länder wie Ägypten usw., die alle erst kürzlich befreit wurden. Sie alle waren der Meinung, dass es für sie besser ist, sich keinem Block anzuschließen, weil sie ihre eigenen Interessen verfolgen. Heute ist die Entscheidung Indiens, weiterhin russisches Öl zu kaufen und Russland nicht zu verurteilen, die Fortsetzung einer Außenpolitik, die ausschließlich die Interessen der indischen herrschenden Klassen verfolgt. All diese Dinge müssen berücksichtigt werden, bevor wir zu dem Schluss kommen können, dass Indien heute aufgrund seiner Haltung zum Ukraine-Krieg antiimperialistisch geworden ist. Nein, das ist es nicht. Es verfolgt ausschließlich seine eigenen Interessen.

Können Sie einen kurzen Überblick darüber geben, wie sich diese „unabhängige“ Außenpolitik in den letzten sieben Jahrzehnten entwickelt hat?

Die indische herrschende Klasse hat in Verfolgung ihrer eigenen Interessen immer versucht, einen Block gegen den anderen auszuspielen. So hat Indien 1962 im Krieg zwischen Indien und China sofort die USA um Hilfe gebeten und um Lieferungen in Form von Munition, schweren Waffen usw. gebeten. Selbst nachdem es sich für die Blockfreiheit und die Unabhängigkeit der kolonisierten Länder eingesetzt hatte, war es also immer bereit, die imperialistischen Mächte um Hilfe zu bitten. Doch als die USA 1971 im Krieg mit Pakistan zur Befreiung Bangladeschs ihre Flugzeugträger zur Unterstützung Pakistans in den Golf von Bengalen schickten, wandte sich Indien erst an die Sowjetunion, die daraufhin ihre eigene Flotte entsandte, um den US-Streitkräften entgegenzutreten. So hat Indien immer gespielt.

Und dann, zu Beginn der 1990er Jahre, als der gesamte Sowjetblock und die osteuropäischen sozialistischen Staaten einen Rückschlag erlitten und zusammenbrachen, zu diesem Zeitpunkt verschob sich, wie die CPIM es nennt, das Gleichgewicht der Kräfte in Richtung Imperialismus. Daher gab es für die indischen herrschenden Klassen natürlich keine andere Möglichkeit, als sich vollständig von der US-geführten imperialistischen Ordnung abhängig zu machen. Aber auch hier ist es sehr wichtig zu bedenken, dass zu diesem Zeitpunkt bereits ein hohes Maß an Integration zwischen Indien und der Sowjetunion in den Bereichen des Verteidigungssektors und der technologischen Unterstützung für Schwerindustrien wie Stahl, dem Bau von Staudämmen usw. stattgefunden hatte. Aufgrund dieser Abhängigkeiten ist es für die indische herrschende Klasse heute nicht einfach, die Beziehungen zu Russland zu kappen. Diese Beziehungen spielten und spielen immer noch eine Rolle für Indiens Position im Ukraine-Krieg.

Da sich jedoch das Kräfteverhältnis insgesamt zugunsten des Imperialismus verschob, hatten die indischen herrschenden Klassen 1991 keine Probleme, die neoliberalen Reformen, die auf Geheiß der Weltbank und des IWF vorangetrieben wurden, sofort in Angriff zu nehmen. Die natürliche Entwicklung ab 1992 ist also, dass sich die indischen herrschenden Klassen immer mehr den USA und den imperialistischen Mächten annähern. Zum Beispiel hatten wir bis 1992 keine Beziehungen zu Israel, aber nach diesen Reformen nahm Indien Beziehungen zu Israel auf. Jetzt ist die Situation so weit, dass Modi der erste indische Premierminister ist, der nicht einmal nach Ramallah gefahren ist, als er nach Israel reiste. Dies ist ein wichtiger Wandel in der indischen Außenpolitik.

Die andere wichtige Entwicklung fand 2008 statt, als Indien beschloss, das Atomabkommen mit den USA fortzusetzen. Wir als CPIM waren dagegen, nicht nur wegen des Atomabkommens an sich, sondern weil es viele andere Bedingungen enthielt, die Indien mit Sicherheit in die Arme der USA treiben würden.

Wie lauteten diese Bedingungen?

Der Atomdeal zwischen Indien und den USA enthielt Bestimmungen für engere Verteidigungsbeziehungen und eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Indien und den USA in der Landwirtschaft und bei der Öffnung des Dienstleistungssektors. Obwohl Indien 1992 mit der Liberalisierung und Öffnung seiner Wirtschaft begonnen, wurde der Dienstleistungssektor, zu dem Bildung, Gesundheit und Finanzdienstleistungen gehören, bis 2008 nicht für das Kapital geöffnet. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der indische Staat zwar verschiedene Verträge mit den Imperialisten geschlossen und verschiedene Sektoren geöffnet, aber wir haben uns immer geweigert, eine Liberalisierung des Dienstleistungssektors zuzulassen. Wir waren auch nicht bereit, dem Druck der Imperialisten zur Änderung des Patentgesetzes nachzugeben und unseren Bankensektor vor allem für das internationale Finanzkapital zu öffnen. Diese Schritte, die gewissermaßen als Puffer für die indische Wirtschaft dienten, halfen Indien, die Finanzkrise von 2008 zu überstehen, die die ganze Welt getroffen hatte.

Es ist wichtig, das Atomabkommen von 2008 im Zusammenhang mit der Finanzkrise von 2008 zu sehen. Im Jahr 2008 war der Kapitalismus in eine tiefe Krise geraten. Anstatt die produzierten Güter herzustellen und zu exportieren, wurden immer mehr wirtschaftliche Aktivitäten in die Finanzspekulation verlagert. Für das internationale Finanzkapital war es von entscheidender Bedeutung, neue Märkte zu erschließen und in Bereiche vorzudringen, die es bisher noch nicht erreicht hatte. Indien war bis dahin ein Markt für Industriegüter, aber die indischen Märkte für Industriegüter reichten nicht aus und der Atomdeal wurde genutzt, um Druck zur Öffnung des Finanzsektors auszuüben.

Das war der Zeitpunkt, als im Versicherungssektor, der bis dahin zu 100 % unter staatlicher Kontrolle stand, langsam die Deregulierung und Privatisierung begann. Bis dahin gab es keine privaten Versicherungsunternehmen, doch dann schloss sich TATA (ein indisches Unternehmen) mit der amerikanischen Versicherungsgesellschaft AIG zusammen, und so kam die Maruti-Suzuki-Versicherung ins Spiel. Suzuki und Maruti schlossen sich nicht nur zusammen, um Autos zu produzieren, sondern auch, um in den Finanzsektor einzusteigen. Die Bajaj-Alliance-Versicherung ist ein weiteres Beispiel für das Vordringen des imperialistischen Finanzkapitals, das mit der indischen Bourgeoisie zusammenarbeitete. All diese Entwicklungen haben sich also nach 2008 verstärkt.

Seit dieser Phase der Öffnung haben wir auch eine wachsende Zahl privater Universitäten erlebt. Obwohl in den späten 1990er Jahren Versuche unternommen wurden, private Universitäten zu gründen, konnte dies nicht vollständig umgesetzt werden. In mehreren indischen Bundesstaaten hat man es versucht, aber die Projekte sind gescheitert. Doch jetzt sieht man entlang der großen Autobahnen, die aus Delhi herausführen, viele verschiedene private Universitäten. Jede neue Universität im privaten Sektor wurde in dieser Zeit gegründet. Bis dahin wurde Bildung immer als etwas angesehen, das in den Zuständigkeitsbereich des Staates fällt, da es sich dabei um regulierende Sektoren handelt. Der Staat entschied und regelte die Lehrpläne und Fächer und bewertete die Bildungspolitik. Außerdem betrug der Wert des indischen Bildungssektors im Jahr 2008 mehr als 1 Milliarde Dollar, und heute dürfte er noch höher sein. Bildung war also ein wichtiger Markt, in den man eindringen konnte, sowohl für die indische Bourgeoisie als auch für die Imperialisten.

Bis zu diesem Zeitpunkt ging nur eine Handvoll indischer Studenten zum Studium an ausländische Universitäten. Dies war nur für den begrenzten Teil der Inder möglich, die finanziell gut gestellt waren. Doch stattdessen wollten die Imperialisten nach Indien kommen und in Indien Universitäten gründen. Sie waren sich sicher, dass sie mit dem Wert ihrer „Marke“ des Westens, den sie allein aufgrund der Tatsache besitzen, dass sie aus einem entwickelten Land kommen, weiterhin viele weitere Studenten aus Indien locken würden. Das Eindringen der Imperialisten in den Bildungssektor erfolgt auf zweierlei Weise. Erstens: Zusammenarbeit zwischen einer indischen und einer ausländischen Universität, was zu Studentenaustauschprogrammen zwischen diesen beiden Universitäten führt. Zweitens: Die Imperialisten kommen direkt hierher und gründen ihre Niederlassung in Indien. Die Öffnung des Bildungssektors ist also dem Atomabkommen zu verdanken, das die indische Regierung unter Druck gesetzt hatte, ihren Dienstleistungssektor zu öffnen.

Auch im Agrarsektor werden die Landverhältnisse zugunsten der indischen Bourgeoisie und der Imperialisten aufgelöst. Dieser Wandel in der Agrarpolitik bedroht Indiens Selbstversorgung im Lebensmittelbereich und macht das Land abhängig von Importen der Imperialisten, um seine Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Dasselbe gilt für den Verteidigungssektor. Obwohl ein Großteil der indischen Rüstungsbeschaffung heute immer noch aus Russland stammt, baut Indien seine Rüstungsbeziehungen zu den Imperialisten aus.

Wenn man sich Indiens Position zum Ukraine-Krieg ansieht, könnte man dann behaupten, dass die indische herrschende Klasse sich gar nicht vollständig von Russland lösen will, weil es im Interesse Indiens ist, immer zwei Blöcke zu haben, die es gegeneinander ausspielen kann?

Ja, aber es ist wichtig zu verstehen, dass Russland über einen gewissen Zeitraum hinweg nicht Teil eines Blocks war. Insbesondere während der Jelzin-Periode und in den ersten Jahren von Putin. Russland wurde sogar eingeladen, der G7 beizutreten und sie zur G8 zu entwickeln. Russland war mit diesem Arrangement zufrieden. Aber erst als Russland begann, sich zu behaupten und wirtschaftlich zu wachsen, wurde es für den Westen zum Problem. Deshalb findet Indien es jetzt problematisch, seine Beziehungen zu Russland fortzusetzen. Solange Russland mit den USA zusammen war, hatten die USA auch keine Probleme damit, dass Indien seine Beziehungen zu Russland aufrechterhielt. Aber jetzt, da sich ihre Beziehungen verschlechtert haben, wollen sie, dass auch die indischen Beziehungen abgebrochen werden. Aber es ist nicht so einfach für Indien, seine Beziehungen abzubrechen, weil sich über all die Jahre Abhängigkeiten entwickelt haben. Deshalb muss Indien jetzt sicherstellen, dass es seine Beziehungen zu Russland aufrechterhält. Aber auch hier gilt, dass Indien einerseits seine Beziehungen zu Russland aufrechterhalten muss, andererseits aber auch den USA beweisen will, dass es sich nicht auf Kosten der USA oder des Westens von Russland abwendet oder mit ihm zusammenarbeitet. Deshalb findet jedes Mal, wenn ein Dialog zwischen Indien und Russland stattfindet, sofort ein QUAD-Treffen statt, ein 2+2-Dialog mit den USA – oder ihr Außenminister kommt hierher, oder unser Verteidigungsminister reist dorthin, oder der Premierminister reist in den Westen, und sie kommen zu einer neuen Vereinbarung, um die USA zu beruhigen, indem sie sagen, wir sind bei euch. Deshalb wurde Indien auch zum G7-Gipfel in Hiroshima eingeladen, als dieser stattfand. Wie ich bereits sagte, ist Indien nicht antiimperialistisch geworden, sondern verfolgt ausschließlich die Interessen der herrschenden Klassen.

Außerdem kauft Indien Öl aus Russland, aber der größte Teil davon wird hier verarbeitet und an die Europäische Union und die USA verkauft. Das ist ein doppelter Vorteil für indische Unternehmen. Und auch die USA und die EU profitieren davon, denn obwohl sie Sanktionen verhängt haben, benötigen sie russische Energie, um sich selbst zu versorgen. Sie finden einen einfachen Weg, die von ihnen selbst verhängten Sanktionen zu umgehen, und Indien hilft ihnen auch dabei. Schauen Sie sich auch die Position Indiens zu China an, es ist Teil von QUAD, es ist Teil von I2U2 (Indien-Israel-USA-UAE), das westliche QUAD, das sie aufbauen wollen. Indien ist in all diese imperialistischen Spielpläne eingebunden. Die großspurigen Erklärungen, die Modi abgibt, zum Beispiel, dass „dies keine Ära des Krieges ist“, und all diese Dinge, in Wirklichkeit tut er nicht viel, er kann nicht viel tun. Jaishankar, der indische Außenminister, geht auch nach Europa und sagt, dass man nicht alles aus europäischer Sicht sehen sollte, wir haben auch unsere eigenen Interessen, all das ist nur Gerede, Lärm, aber es steckt keine Substanz hinter diesem Lärm.

Sie sagen, dass die Herrschaft über Indien in die Hände der Großbourgeoisie und des Großgrundbesitzers gelangte, die gleich darauf ein Bündnis mit dem Imperialismus eingingen. Sie hat zum Beispiel auch das britische Kapital, das in Indien vorhanden war, nicht verstaatlicht, auch für ihren ersten Fünfjahresplan der Industriepolitik hat sie sich zuerst an die Imperialisten gewandt und ihnen wurde die Hilfe verweigert. Das ist eine sehr interessante Sache – wäre es dann richtig zu sagen, dass die Imperialisten die Entwicklung der Produktivkräfte in den Ländern, in denen sie präsent sind, nicht zulassen?

Das ist absolut richtig, aber ich muss eine wichtige Korrektur vornehmen, und diese Korrektur ist Teil einer sehr wichtigen Debatte, die es in der indischen kommunistischen Bewegung gibt. Sie haben gesagt, dass die indische herrschende Klasse im Bündnis mit den Imperialisten steht. Sie ist nicht im Bündnis mit den Imperialisten, sie kollaboriert nur mit den Imperialisten und geht Kompromisse mit ihnen ein. Denn wenn sie ein Verbündeter wäre, dann wäre sie nie in die Sowjetunion gegangen. Sie kollaboriert nur, sie verfolgt vorrangig ihre Eigeninteressen, sie war damals eine aufstrebende Bourgeoisie und wollte sich etablieren, sie wollte den indischen Markt erobern und will das immer noch tun. Sie will Unterstützung für diese Expansionen, die sie allein nicht bewältigen kann. Aber sie will nicht die zweite Geige gegenüber den Imperialisten spielen. Das war der ganze Grund, warum sie sich überhaupt am Freiheitskampf gegen den britischen Kolonialismus beteiligt hat. Und nachdem sie den Kampf gegen die Kolonialisten gewonnen hat, kann sie das Projekt nicht wieder in die Hände der Imperialisten fallen lassen, indem sie ein Verbündeter der Imperialisten ist. Das ist sehr wichtig. Sie ist kein Verbündeter. Die Herrschaft des indischen Staates nach der Unabhängigkeit fiel in die Hände der Großbourgeoisie und der Grundbesitzerklasse, die mit den Imperialisten kollaborieren und Kompromisse eingehen.

Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Sie haben völlig recht. Sehen Sie, wo auch immer die Kolonialmächte herrschten, sei es in Afrika, Lateinamerika oder Asien, sorgten sie dafür, dass sie immer noch von diesen Kolonialmächten abhängig bleiben. Das ist der Grund, warum sie alle immer noch unterentwickelt sind, warum ihre Produktivkräfte immer noch nicht fortgeschritten sind, außer in den Ländern, die diese bürgerlich-kapitalistische Phase durchbrochen haben und sich auf den Weg zum Sozialismus gemacht haben. Die osteuropäischen Länder, das heutige China und Vietnam sind diejenigen, die in der Entwicklung ihrer Produktivkräfte vorangekommen sind. Der Imperialismus hingegen würde ihnen niemals erlauben, sich zu entwickeln. Sehen Sie sich ganz Lateinamerika an, das immer noch Rohstoffe für den Verbrauch der entwickelten Länder produziert. Afrika ist in einer ähnlichen Situation, Asien ist in einer ähnlichen Situation, und was auch immer wir in diesen Teilen der Welt an Industrien haben, ist für die Imperialisten bereits überflüssig. Das ist richtig.

Teil 2: Entwicklungen in Indien nach der Unabhängigkeit

Gehen wir etwas tiefer auf die Entwicklungen in Indien ein. Die indische herrschende Klasse ist Kompromisse eingegangen und hat mit den Imperialisten kollaboriert, aber in den ersten Jahrzehnten hat Indien eine bestimmte Politik verfolgt, indem es zum Beispiel im Kernsektor öffentliche Unternehmen gegründet hat. Können Sie darüber sprechen?

Nach dem Verständnis der CPIM ist der öffentliche Sektor eine Notwendigkeit, die von der Bourgeoisie empfunden wurde, weil es sich um eine aufstrebende Bourgeoisie handelte, die nicht in der Lage war, so viel Kapital zu investieren, und die nicht die Fähigkeit besaß, eine so lange Reifezeit abzuwarten, bevor die Gewinne realisiert werden konnten, sie hatte diese Fähigkeit nicht. Es handelte sich also um eine Eselsarbeit, die nur von der öffentlichen Hand geleistet werden kann. Außerdem fehlte es der indischen Bourgeoisie nicht nur an Kapital, sondern auch an technologischem Know-how. In beiderlei Hinsicht war sie nicht bereit, in diese Sektoren zu investieren. Daher wurde beschlossen, dass der Staat in bestimmte Sektoren investieren sollte. Für den Staat ist es einfacher, als Bürge aufzutreten, der ins Ausland gehen kann, um sich technologisches Know-how zu beschaffen oder sich um Kapitalfragen zu kümmern. So entstanden in dieser Zeit in allen Kernsektoren der Wirtschaft wie Energie, Stahl, Bergbau, Verkehr, Banken usw. staatliche Unternehmen. Das Ziel der indischen Bourgeoisie war es, diese Plattform für ihre eigene Entwicklung zu nutzen, bis sie in diese Sektoren eintreten und sich durchsetzen konnte.

Zur gleichen Zeit leitete Indien die „grüne Revolution“ ein, mit der der indische Staat versuchte, sich selbst mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Was waren die Gründe dafür und welches System wurde eingeführt?

Dafür gab es mehrere Gründe. Als Indien die Unabhängigkeit erlangte, kam es in mehreren Regionen zu großen Hungersnöten. Darüber hinaus wurden während der Teilung viele Gebiete, die die wichtigsten Erzeuger von Nahrungsmittelgetreide waren, an Pakistan abgetreten.

Zur gleichen Zeit nahm der Hunger zu, und die hungernden Menschen konnten nicht darauf warten, dass Indien technologische Autarkie erlangte. Man musste die Menschen jeden Tag ernähren. Tatsächlich wurde der erste indische Premierminister dafür kritisiert, dass er der grünen Revolution vor der industriellen Revolution hätte Vorrang einräumen sollen. Aber erst im zweiten Fünfjahres-Plan wurde der Landwirtschaft Vorrang eingeräumt. Das lag daran, dass der Landwirtschaft vor der industriellen Revolution kein Vorrang eingeräumt werden konnte, ohne dass die Infrastruktur wie Bewässerungsanlagen, Technologie für Dämme, Düngemittel usw. vorhanden war. Ohne dieses technologische Know-how und die vorhandene Infrastruktur hätte der Staat die grüne Revolution nicht ohne weiteres vorantreiben können. Andererseits stieg die Lebenserwartung der Menschen in Indien aufgrund der geringen Entwicklung, die dort stattfand, und damit auch der allgemeine Nahrungsmittelbedarf. 

Außerdem sah sich die indische Regierung unter der Herrschaft des Kongresses mit einer Abelhnung konfrontiert, weil sie es nicht schaffte, die Bedürfnisse des Volkes zu erfüllen. Im Jahr 1967 verlor die Kongresspartei zum ersten Mal Wahlen in sieben bis neun Bundesstaaten. Auch intern hatte der Kongress mit Schwierigkeiten zu kämpfen, da Nehru (der erste Premierminister) gestorben war und sich die Frage stellte, ob sich seine Nachfolgerin Indira Gandhi als starke Führungspersönlichkeit etablieren könnte.

Aufgrund verschiedener Faktoren, darunter die Ablehnung der Regierung und die Tatsache, dass die herrschenden Klassen die Kolonisatoren nicht mehr für die miserablen Bedingungen der Massen verantwortlich machen konnten, musste die indische Regierung bestimmte politische Maßnahmen ergreifen, um bestimmte Grundbedürfnisse der Menschen zu gewährleisten. Dies war der Hintergrund der grünen Revolution. Und als Ergebnis dieser Revolution wurde ein gewisses „Public Distribution System“ (PDS) eingeführt, bei dem der Staat die Nahrungsmittelkörner direkt von den Landwirten aufkaufte, wobei er einen Mindestpreis für die Ernte garantierte, und sie direkt an die große Mehrheit der armen Bevölkerung des Landes zu einem sehr niedrigen Preis verkaufte. Dadurch wurde ein gewisser Grad an Selbstversorgung in Bezug auf die Ernährungssicherheit gewährleistet.

Trotz des bürgerlichen Charakters des Landes hat die herrschende Klasse einige Maßnahmen ergriffen, darunter die Einrichtung von Industrien im öffentlichen Sektor und die grüne Revolution, wodurch der Staat für die Bevölkerung des Landes eine Art Puffer gegenüber dem Weltmarkt darstellte. Würden Sie sagen, dass Indien durch diese Maßnahmen ein gewisses Maß an nationaler Souveränität erlangt hat?

Wissen Sie, die Frage der Souveränität ist viel größer, aber es ist nicht trotz der herrschenden Klassen, sondern WEIL die herrschenden Klassen Indien auf diesen Weg der Industrialisierung gebracht haben. Und zweitens, wer hat von der grünen Revolution profitiert? Es sind nicht die armen Kleinbauern, die von der Revolution profitiert haben, sondern es sind die reichen Bauern, die von der grünen Revolution profitiert haben. Natürlich gab es einen kleinen Spillover-Effekt für einige wenige Randbauern, die ebenfalls profitierten. Aber es waren immer die reichen Grundbesitzer, die in erster Linie profitierten. Denn obwohl der Staat die Betriebsmittel subventionierte, war es nur diese Klasse von Landwirten, die über das Kapital verfügte, um Düngemittel zu kaufen und die Betriebsmittelkosten zu decken, um in die Landwirtschaft investieren zu können.

Außerdem, wer hatte überhaupt Land für die Landwirtschaft? Indien ist das Land einer großen Mehrheit von Landarbeitern, die kein Land besitzen. Diese „Revolution“ kam wiederum den reicheren Teilen der herrschenden Klasse in der indischen Bauernschaft zugute. Die wirkliche demokratische „grüne“ Revolution wäre die gewesen, bei der das Land unter den Massen verteilt worden wäre, aber die Großgrundbesitzer wollten ihr Land nicht abtreten, sie wollten sich nicht von ihrem Land trennen, sie wollten ihr Land und vor allem wollten sie das Land nutzen, um die landlosen Bauern zu kontrollieren. Landverteilung war nicht ihre Vorstellung von Reformen, und auch die besagte grüne Revolution diente dazu, die reichste Schicht zu begünstigen. Der Staat hat also auch hier nicht trotz, sondern wegen der herrschenden Klassen als Puffer fungiert.

Darüber hinaus war sie gezwungen, als Puffer zu fungieren, da international auch eine Phase der Wohlfahrtspolitik im Gange war. Warum? Zwei Gründe: Erstens erwies sich die frühere Laissez-faire-Politik als nicht ausreichend, um den Fortschritt der Produktivkräfte zu ermöglichen. Zweitens gab es jetzt auch einen sozialistischen Block, der sich als Alternative darstellte. Um das kapitalistische System in anderen Ländern zu schützen und sicherzustellen, dass die Befreiungskämpfe und die Kolonialstaaten, die zu diesem Zeitpunkt ihre Unabhängigkeit erlangt hatten, nicht den Weg der sozialistischen Revolution einschlugen, wurde diese Wohlfahrtspolitik weltweit betrieben. Und der indische Staat bildete bei diesem internationalen Phänomen keine Ausnahme.

All diese Maßnahmen, einschließlich der öffentlichen Unternehmen und der grünen Revolution, wurden im Interesse der herrschenden Klasse ergriffen. Die große Wende in der indischen Politik kam 1991, als weitreichende Privatisierungen und Liberalisierungen durchgeführt wurden. Aber schon vorher hatte die Liberalisierung in bestimmten Wirtschaftssektoren begonnen. Was waren die Gründe dafür?

In den 1980er Jahren erlebte Indien seine erste Wirtschaftskrise. Infolge verschiedener Entwicklungen im internationalen Finanzsektor sah sich Indien in den 1980er Jahren mit einer Zahlungsbilanzkrise konfrontiert, in der die indische Bevölkerung die Kaufkraft verloren hatte, um Waren zur Befriedigung ihrer Mindestbedürfnisse zu kaufen. Daher nahm Indien 1980-82 unter Premierministerin Indira Gandhi zum ersten Mal ein Darlehen des IWF in Anspruch. Dieser Kredit war an bestimmte Bedingungen geknüpft, die akzeptiert werden mussten. Nach dem Tod von Indira Gandhi im Jahr 1984 wollte ihr Nachfolger Rajiv Gandhi Reformen durchführen, insbesondere im Bildungsbereich, um Indien ins 21. Jahrhundert zu bringen. In dieser Zeit begann Indien auch mit der Einfuhr von Computern in das Land. Dies stieß auf den Widerstand der Gewerkschaften, da sie die Computer nicht als etwas ansahen, das den Arbeitnehmern bei ihrer Arbeit helfen würde, sondern als etwas, das ihre Beschäftigungsmöglichkeiten aufzehren würde. So begann also die Öffnung des Landes.

An welche Bedingungen war das IWF-Darlehen von 1982 geknüpft?

Es wurden verschiedene Bedingungen gestellt, z.B. wurde uns gesagt, dass der öffentliche Sektor nicht in allen Bereichen präsent sein kann. Es war auch die Zeit, als Indien 1982 die Asienspiele ausrichtete, für die der indische Staat Hotels in Delhi gebaut hatte. Es war auch die Zeit, in der wir Gastgeber der internationalen Gipfeltreffen waren. Für all diese Veranstaltungen brauchten wir Infrastruktur. Und so tätigte der Staat Ausgaben in diesen Bereichen. Als wir uns an den IWF wandten, sagte der IWF der indischen Regierung, dass der Staat das Geld des IWF nicht für unnötige Ausgaben in diesem Bereich verwenden dürfe, und forderte den indischen Staat auf, dies dem Privatsektor zu überlassen.

Darüber hinaus wurden gemäß den Leitlinien des IWF Änderungen im indischen Gesellschaftsrecht vorgenommen, in deren Rahmen bestimmte Einfuhrbeschränkungen aufgehoben wurden. In diese Zeit fällt auch der Aufstieg des indischen Industriellen Dhirubhai Ambani, dessen erste Investition in die Textilindustrie erfolgte.

1991 ist der Zeitraum, in dem Indien offiziell eine groß angelegte LPG-Politik einleitete – Liberalisierung, Privatisierung und Globalisierung. Können Sie uns etwas über die Krise, die dazu führte, und die ergriffenen Maßnahmen erzählen?

Das war eine Zahlungsbilanzkrise, weil die indische Bevölkerung keine Kaufkraft hatte. Andererseits nahm die Abhängigkeit Indiens von Importen stetig zu, da diese Politik der indischen Bourgeoisie entgegenkam. Der indische Markt und die indische Produktion waren jedoch noch nicht bereit, sich in den internationalen Handel einzugliedern.

Um sicherzustellen, dass Indien Teil des internationalen Marktes wird, wurde diese Zahlungsbilanzkrise von der internationalen Finanzwelt als Gelegenheit genutzt, um Druck auf Indien auszuüben, sich zu öffnen. Das erste, was sie von Indien verlangten, war eine Abwertung der Währung. Sie verlangten sogar ein vollständiges Floaten der Währung auf dem Weltmarkt, dem die Regierung glücklicherweise nicht zustimmte, sondern sie erheblich abwertete. Das Argument war, dass dies die Ausfuhr indischer Waren auf den Weltmarkt erleichtern würde, was Indien Devisen einbringen würde, mit denen wir unsere Schulden bezahlen und unsere Importe bezahlen könnten. Unter diesem Vorwand forderten sie uns auf, bestimmte Bedingungen zu erfüllen. Eine davon war die Abwertung der Rupie. Dann verlangten sie auch die Öffnung bestimmter öffentlicher Sektoren, und so begannen wir mit dem Verkauf einiger öffentlicher Unternehmen. Wir haben auch damit begonnen, privates Kapital in verschiedenen Segmenten zuzulassen, in die der private Sektor nicht vorgedrungen war. Dann gestatteten wir diesen privaten Sektoren auch verschiedene Zugeständnisse bei der Einfuhr von Waren aus anderen Ländern und förderten den Export auf dem internationalen Wettbewerbsmarkt, wozu die indische Bourgeoisie zu diesem Zeitpunkt bereit war.

So sah die Anfangsphase der Privatisierung aus. Wir begannen mit dem GATT-Abkommen und verschiedenen anderen internationalen Abkommen, darunter auch Abkommen über die Landwirtschaft. In dieser Zeit wurden zum Beispiel bestimmte Sektoren der Landwirtschaft geöffnet. Wir begannen zum Beispiel, Kokosnüsse aus Indonesien und Malaysia zu importieren, obwohl wir in Indien Kokosnüsse anbauen. Dies wirkte sich vor allem auf den Süden des Landes aus, da diese Staaten die größten Kokosnussproduzenten waren. Die Kokosnüsse wurden aus Malaysia und Indonesien zu Dumpingpreisen nach Indien eingeführt, sodass die Kokosnussproduzenten in Kerala, Tamil Nadu und Andhra Pradesh Verluste erlitten. Gewürze durften eingeführt werden und die Beschränkungen für Sri Lanka, Malaysia und Indonesien wurden aufgehoben, was wiederum die indischen Gewürzproduzenten ruinierte. Als nächstes war die Baumwolle an der Reihe. Die Kommerzialisierung der indischen Landwirtschaft ruinierte die indischen Landwirte, weshalb es in dieser Zeit zu den ersten Selbstmorden von Landwirten kam.

In der Industrie erlebten die großen Unternehmen wie Ambani, Tatas, Goodridge usw. in dieser Zeit ein starkes Wachstum. Außerdem wurden ihnen Erleichterungen bei der Kreditvergabe gewährt. Bis dahin war es für die Banken vorrangig, einen Kredit an jemanden in dem Gebiet zu vergeben, in dem die Bank tätig war. Die meisten Banken befanden sich in ländlichen Gebieten. Dies wurde als vorrangige Kreditvergabe an die Landwirtschaft bezeichnet, da diese Banken im ländlichen Bereich tätig waren. Die Bedingung der vorrangigen Kreditvergabe der Banken wurde zwar dem Namen nach beibehalten, aber von Amts wegen abgeschafft. So begannen die meisten Banken, statt Kredite an Landwirte, Kleingewerbetreibende und andere zu vergeben, die Bedürfnisse all dieser Industrien und Großkapitalisten zu befriedigen.

Danach wurden, wie bereits erwähnt, ab 2008 auch die Dienstleistungssektoren geöffnet.

Die Reformen von 1991 werden manchmal als „wirtschaftlicher Staatsstreich“ bezeichnet. Würden Sie dem zustimmen?

Die Reformen von 1991 so zu sehen, würde bedeuten, dass wir wieder in das Verständnis verfallen, dass die indische Bourgeoisie kein Rückgrat oder einen eigenen Verstand hat, was wiederum bedeutet, dass sie ein Verbündeter des Imperialismus geworden ist. Das ist die indische Bourgeoisie aber nicht. Die indische Bourgeoisie war ursprünglich eine aufstrebende Bourgeoisie, jetzt ist sie eine wachsende Bourgeoisie. Sie wollte den Markt übernehmen, aber sie hatte noch nicht die Fähigkeit, den Markt selbst zu übernehmen. Warum hat sie die Öffnung zugelassen? Diese Öffnung geschah, weil sie diese Technologie wollte, sie wollte diese Zusammenarbeit zwischen ihr und dem internationalen imperialistischen Kapital. Damals schloss sich Maruti mit Suzuki zusammen, was dazu führte, dass die Autos von Maruti Suzuki die indischen Straßen in großem Stil eroberten. Es war auch die Zeit, als Hero mit Honda fusionierte. Honda durfte seine Fabriken in Indien nicht selbst gründen, sondern war gezwungen, sich mit einem indischen Unternehmen zusammenzuschließen und ein Kooperationsabkommen zu schließen. Wenn es sich um einen wirtschaftlichen Coup gehandelt hätte, dann hätte es vor Honda kapituliert, es hätte vor Suzuki kapituliert, und das war nicht die Absicht des indischen Kapitals. Die indische Bourgeoisie nutzte diese Kooperationen, um zu wachsen. Jetzt sehen wir, dass Hero Honda nur noch Hero ist. Honda stellt seine eigenen Fahrzeuge her. Aber jetzt ist Hero ein großer Akteur auf dem Zweiradmarkt geworden. Aber im Fall von Maruti Suzuki war das indische Unternehmen Maruti nicht in der Lage, seine Dominanz zu etablieren, weshalb jetzt nur noch Suzuki in Indien tätig ist.

Das ist ein sehr wichtiger Punkt, den Sie klarstellen, da bestimmte Teile der indischen kommunistischen Bewegung, insbesondere die Naxaliten-Bewegung, die indische Bourgeoisie als Kompradoren-Bourgeoisie bezeichnen. Allerdings wurde diese Politik auch auf Drängen der Imperialisten betrieben.

Ja, es gibt einen weiteren internationalen Kontext, den wir nicht vergessen sollten. 1991 war die Zeit des Zusammenbruchs der Sowjetunion. Die Sowjetunion war nicht mehr da, um uns beim Wachstum zu helfen. Es gibt jetzt nicht mehr zwei Seiten, die man spielen kann, man muss nur eine Seite akzeptieren, wenn man wachsen will. Die indische herrschende Klasse muss sich also auf die Imperialisten verlassen. Infolgedessen wurde es für den Imperialismus einfach, die indische Bourgeoisie zu zwingen, bestimmte Bedingungen zu akzeptieren. Was hätte unsere wachsende Bourgeoisie zum Beispiel getan, wenn es die Sowjetunion noch gegeben hätte, und natürlich gibt es in der Geschichte kein Wenn und Aber. Sie hätte mit beiden Seiten verhandelt; sie hätte nicht allen Bedingungen zugestimmt, die die Imperialisten gestellt haben, und auch nicht den meisten von ihnen auferlegten Bedingungen. Sie hätte sie gegeneinander ausgespielt. Aber da die Sowjetunion nicht mehr existiert, ist sie nun gezwungen, dem imperialistischen Eindringen aus eigener Kraft zu widerstehen. Früher hatten sie die äußere Stärke der Sowjetunion, um dem Imperialismus zu widerstehen. Zumindest um sicherzustellen, dass ihre Interessen gewahrt werden. Aber jetzt leisten sie mit ihrer eigenen Kraft Widerstand. Aber sie sind diesem Druck nicht völlig erlegen, sie haben ihm widerstanden.

Wir werden etwas konkreter über die Liberalisierung sprechen, die derzeit in den Sektoren Landwirtschaft und Eisenbahn stattfindet. Diese beiden Sektoren bilden in verschiedener Hinsicht das Rückgrat der indischen Wirtschaft. Während der erste Sektor die Ernährungssicherheit gewährleistet, sorgt der zweite für die Mobilität der breiten Masse des Landes, was wiederum den Zugang zu grundlegenden Annehmlichkeiten sicherstellt. Darüber hinaus sind beide Sektoren die direkte Lebensgrundlage für eine große Zahl von Arbeitskräften in Indien. 

Im Agrarsektor versucht der indische Staat auf Geheiß der indischen Bourgeoisie und der Imperialisten, das öffentliche Verteilungssystem, von dem Sie vorhin sprachen, abzuschaffen. Er öffnet nun den indischen Agrarsektor für die Profitbedürfnisse der Imperialisten und der indischen Bourgeoisie. Sie versucht, Indien von der Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln wegzubringen und will, dass die indischen Bauern kommerzielle Feldfrüchte produzieren, die auf dem Weltmarkt geschätzt werden. So werden die Landverhältnisse umgestaltet, wodurch die Bauern unter die direkte Kontrolle des internationalen Kapitals geraten und ihr Lebensunterhalt von den Schwankungen des Weltmarktes abhängt. Auf der anderen Seite sehen die Imperialisten Indien als Exportziel für die überschüssigen Nahrungsmittelgetreidebestände, die diese imperialistischen Länder produzieren. Sie wollen also, dass die indischen Verbraucher für ihre Konsumbedürfnisse importabhängig werden. Dies wäre wiederum von den Preisschwankungen auf dem Weltmarkt abhängig.

Ja. Die Food Corporation of India (FCI) verfügt über Lagerhallen, in denen wir stets Pufferbestände an Weizen gelagert haben, um für alle Eventualitäten wie Dürre, Überschwemmungen oder schwere Wirbelstürme gerüstet zu sein. Der Puffervorrat in diesen Lagerhallen wurde immer über das erforderliche Maß hinaus aufrechterhalten. Diese mit Nahrungsmittelkörnern gefüllten Lager sind Ausdruck der Selbstversorgung Indiens. Aber diese FCI-Godowns werden jetzt abgebaut.

Und mit den neuen Handelsabkommen wird das Beschaffungsverhältnis geändert und die Verteilung demontiert, anstatt die Nahrungsmittel direkt bei den Bauern zu beschaffen und sie an die hungernden indischen Massen zu verteilen. Man lässt die Nahrungsmittel einfach verrotten. Wir haben immer gesagt, dass die Menge an Nahrungsmittel, die von Mäusen, Ratten und Nagetieren in den FCI-Godowns gefressen wird, selbst wenn sie gerettet und an die Menschen im Land verteilt wird, den Hunger weitgehend beseitigen kann. Aber die Regierung ist dazu nicht bereit, sie will nur die Verteilung verhindern.

Wie haben sich die Landnutzungsbeziehungen in der Zeit der Neoliberalisierung entwickelt?

Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich viele Veränderungen vollzogen. Indien befindet sich in einem raschen Wandel, das globale Finanzkapital hat sich ebenfalls verändert, und auch die indische Führungsschicht hat einen Wandel erlebt. Die grüne Revolution und die neuen Produktionstechnologien, die in der Landwirtschaft Einzug gehalten haben, haben ebenfalls zu Veränderungen geführt und die marktorientierte Landwirtschaftspolitik hat auch Auswirkungen auf die indischen Landwirte.

Früher produzierte ein Großteil der indischen Landwirtschaft zum Beispiel Nahrungsmittelgetreide. Doch das hat sich langsam geändert. Die Anbauflächen für Handelsgewächse wie Baumwolle, Zuckerrohr usw. haben sich zunehmend vergrößert. Auch die Gartenbauproduktion von Früchten wie Äpfeln usw., die auf dem internationalen Markt einen Handelswert haben, nimmt zu. Auch die Blumenzucht nimmt zu, wobei in Orten wie Bangalore riesige Farmen zu finden sind, die verschiedene Rosensorten für den Export in andere Länder produzieren. Insgesamt steigt also die Produktion von Nutzpflanzen in Indien.

Außerdem eignet sich kleiner Landbesitz nicht für den Anbau von Nutzpflanzen. Pepsi zum Beispiel kam in der Anfangsphase der Öffnung nach Indien. Doch Pepsi begann nicht nur mit der Produktion von Cola, sondern auch von Kartoffelchips. Das Unternehmen stellte jedoch fest, dass die indischen Kartoffeln für die Produktion nicht geeignet sind. Deshalb hat Pepsi immer wieder Druck auf die Regierung ausgeübt, damit sie ihm Hunderte von Hektar Land überlässt, auf denen es selbst Kartoffeln anbauen kann. Außerdem wurden private Anreize für den Kartoffelanbau geschaffen, um die indischen Landwirte in bestimmten Gebieten von der Getreideproduktion zum Kartoffelanbau zu bewegen. Auf diese Weise werden die Landverhältnisse in Indien schrittweise umgestaltet.

Im Jahr 2000 sind wir in eine Situation geraten, in der die kapitalistischen Verhältnisse zunehmend in die Landwirtschaft eingedrungen sind. Früher gab es Großgrundbesitzer und diejenigen, die Geld verliehen haben. Mit dem zusätzlichen Kapital, das diese Grundbesitzer durch die Produktion für den Weltmarkt erwirtschaftet haben, haben diese Grundbesitzer nun auch begonnen, Geld als Kredit an Kleinbauern zu vergeben. Früher gab es zwei verschiedene Berufe, jetzt werden sie langsam zu einem einzigen Beruf verschmolzen.

Früher wurde der kleine Kapitalüberschuss, der erwirtschaftet wurde, wieder in die Landwirtschaft investiert. Aber jetzt gibt es neue Investitionsmöglichkeiten für einen Grundbesitzer. Das überschüssige Kapital kann jetzt in eine Zuckerrohrmühle oder eine Reismühle investiert werden oder man kann ein Unterhaltungskino bauen. Sie haben also begonnen, in nicht-landwirtschaftliche Tätigkeiten zu investieren, was wiederum noch mehr Überschüsse generiert. Nicht-landwirtschaftliche Tätigkeiten werden zu einer wesentlichen Aktivität und langsam dringen diese kapitalistischen Beziehungen in die ländlichen Gebiete Indiens ein.

Das ist der eine Aspekt, den wir berücksichtigen müssen, der andere Aspekt ist der internationale. International stellen wir fest, dass die Häufigkeit der Krisen zugenommen hat. Früher waren es alle paar Jahrzehnte, dann alle zehn Jahre, und jetzt sind es nur noch alle zwei bis drei Jahre. Heute gerät man, bevor man aus einer Krise herauskommt, bereits in die nächste Krise. Daher hat das internationale Finanzkapital auch begonnen, sich nach neuen Sektoren umzusehen, in die es investieren kann. Die Industrie ist raus, die traditionellen Finanzsektoren sind auch raus, wie man beim Zusammenbruch von Lehman Brothers usw. gesehen hat. Der indische Immobilienmarkt hingegen ist ein Neuland, das noch nicht erschlossen wurde. Und dann ist da noch die indische Landwirtschaft, die noch nicht vollständig für ausländisches Kapital geöffnet ist.

Gleichzeitig wurden die drei Landwirtschaftsgesetze nicht nur für das imperialistische Kapital, sondern auch für das indische Kapital eingeführt, weil der indische Kapitalismus ebenfalls in einer Krise steckt. Denn das, was der indische Kapitalist produziert, wird von den indischen Massen nicht konsumiert, da sie nicht über die nötige Kaufkraft verfügen. Auf der anderen Seite sind sie nicht in der Lage, es auf dem internationalen Markt zu verkaufen, da der indische Kapitalist nicht in der Lage ist, mit den Produzenten auf anderen Märkten zu konkurrieren. Außerdem ist der Markt in anderen Ländern bereits gesättigt. So wurde es auch für die indischen Kapitalisten notwendig, dass der indische Staat die Landwirtschaft und den Boden für Investitionen öffnet, da die indischen Immobilien und die Landwirtschaft die beiden Bereiche sind, die sich als neu und lukrativ erwiesen haben, die für Investitionen unerschlossen sind und ein großes Expansionspotenzial haben.

Führt diese Expansion nicht zu Widersprüchen zwischen den Kapitalisten und den Grundbesitzern in Indien?

Ja, das ist der Punkt, auf den die Dinge hinauslaufen. Warum haben die reichen Bauern in Punjab und Haryana so massiv protestiert und waren bereit, sich jahrelang zu wehren? Weil es für die Großgrundbesitzer eine Frage des Überlebens ist. Aber warum ist der indische Staat andererseits so unnachgiebig, diese Reformen durchzuführen? Weil es für ihn um das Überleben des Kapitalismus geht. Daher waren die Großgrundbesitzer gezwungen zu protestieren, und aufgrund der Klassenzusammensetzung des indischen Staates war der Staat gezwungen, die Protestierenden nicht anzugreifen. Wann immer die Arbeiterklasse auf die Straße geht, wendet der Staat maximale Gewalt gegen die Arbeiterklasse an. Aber gegen die Bauern war der Staat nicht bereit, diese Art von Gewalt anzuwenden. Er erlaubte ihnen, ein Jahr lang an den Grenzen Delhis zu sitzen, weil sie auch als Freunde der herrschenden Klassen angesehen werden.

Im Streben nach maximalen Gewinnen werden also die gesamten Anbaumuster hier verändert. Das indische Volk wird für seine Ernährung von Getreideimporten aus anderen Ländern abhängig gemacht, in diese Abhängigkeit wollen sie Indien bringen. Die Kapitalisten, die in den indischen Landwirtschaftssektor einsteigen, wollen Nutzpflanzen produzieren, die auf dem internationalen Markt lukrativ sind. Es ist nicht die Notwendigkeit der Gesellschaft, die die Produktion bestimmt. Es ist die Höhe des Profits, den man erwirtschaftet, die bestimmt, welche Art von Produktion stattfindet.

Derzeit findet im Eisenbahnsektor ein massiver Privatisierungsprozess statt. Der Eisenbahnsektor hat bewiesen, dass er in der Lage ist, die gesamte Industrie selbst zu betreiben, sei es bei der Herstellung, Wartung, Reparatur usw. Er hat auch bewiesen, dass er in der Lage ist, neue Technologien zu übernehmen. Aber die Frage ist: Wenn der Staat die Fähigkeit hat, die gesamte Industrie selbst zu betreiben, warum geht dann bei der Privatisierung nicht die gesamte Kontrolle über die Eisenbahn in die Hände der indischen Bourgeoisie über? Warum kollaboriert die indische Bourgeoisie stattdessen mit den Imperialisten, wenn erstere einfach die ganze Sache übernehmen können? So hat sie z.B. General Motors, einem amerikanischen Unternehmen, den Auftrag erteilt, jedes Jahr etwa 100 Lokomotiven zu liefern. Wozu ist diese Zusammenarbeit nötig?

Die indische Eisenbahn ist immer noch ein riesiger öffentlicher Sektor und die Aufrechterhaltung dieses Ungetüms ist für die indische Bourgeoisie allein nicht möglich. Erstens, weil es sich um einen öffentlichen Sektor handelt, der seine Wurzeln in entlegene Teile des Landes ausgedehnt hat und wenn die indische Bourgeoisie ihn in Gänze übernimmt, werden diese Strecken völlig unrentabel und unproduktiv sein. Marx sagt, dass das Kapital, wenn es etwas nicht produktiv findet oder nicht in der Lage ist, die Produktionsverhältnisse zu ändern, bestimmte Produktivkräfte abtötet, um seine Hegemonie zu erhalten. Auf diese Weise wurden die COVID-Sperren in gewisser Weise für die Interessen des Kapitals eingesetzt, insbesondere bei den Eisenbahnen. Wie Sie sehen, wurde im Namen der Abriegelung der gesamte Eisenbahnverkehr für eine gewisse Zeit stillgelegt. Aber bis heute sind bestimmte Züge, die vor COVID verkehrten, noch nicht wieder in Betrieb genommen worden. Viele Züge wurden gestrichen, viele Stillstände wurden beseitigt und viele neue Züge werden eingeführt. Auf diese Weise wurde der Zeitraum des COVID-Notstands von etwa einem Jahr genutzt, um sicherzustellen, dass sich die Menschen langsam an solche Veränderungen gewöhnen. Heute gibt es keine neuen Personenzüge mehr. Was man sieht, ist die Einführung dieser sehr teuren Schnellzüge wie „Vande Bharat“ oder „Gatimaan Express“. Die Einführung dieser teuren Züge wird sich auf die Anbindung der ländlichen Gebiete auswirken.

Die neue Infrastruktur, die gebaut wird, ist auf die Bedürfnisse eines Teils der finanziell gut gestellten indischen Bevölkerung zugeschnitten. Um diesen Teil der Bevölkerung zu überzeugen, muss der Staat „moderne“ Lokomotiven einführen, die derzeit nur ausländische Unternehmen liefern können. Bei der Metro in Delhi beispielsweise stammt die gesamte Technologie aus Deutschland und Japan. Daher geht die indische Bourgeoisie derzeit eine Zusammenarbeit mit den Imperialisten ein.

Können Sie mehr darüber sagen, wie die Privatisierung der Eisenbahnen abläuft und welche Veränderungen sie für die Arbeiterklasse mit sich bringt?

Abgesehen von der Produktion neuer Lokomotiven, die in die Hände des Privatsektors übergehen, werden jetzt auch die Bahnhöfe privatisiert. Ich glaube, einige Bahnhöfe in Delhi sind bereits privatisiert worden. Wenn Sie den Bahnhof betreten wollen, müssen Sie jetzt eine Einfahrtsgebühr für Ihr Fahrzeug bezahlen. Das bedeutet, dass die Leute weit weg halten werden, aber wie sollen die Leute mit dem schweren Gepäck kommen, das sie mit sich führen? Langsam werden die Menschen von diesem Verkehrsmittel verdrängt. Nur bestimmte rentable Bahnhöfe und Segmente werden erhalten bleiben.

Die Privatisierung und die Umstellung auf eine profitorientierte Eisenbahninfrastruktur wirken sich auch auf die Arbeitsbedingungen aus. Wenn man zum Beispiel Züge in Superschnellzüge umwandelt, erhöht man die Geschwindigkeit von, sagen wir, 90 Kilometern pro Stunde auf 130 Kilometer pro Stunde. Daher passierte ein Zug früher in einer Stunde 90 Zugsignale, was bedeutet, dass man jede Minute ein Signal passiert. Mit der Erhöhung der Geschwindigkeit legen Sie nun eine längere Strecke zurück. So passieren Sie pro Stunde 130 Signale, was bedeutet, dass Sie etwa alle 40 Sekunden ein Signal passieren. Dies erfordert eine höhere Konzentration des Fahrers. Der Fahrer muss immer wach sein; er darf weder ein Handy noch eine andere Ablenkung im Fahrzeug haben. Auf der anderen Seite muss der Fahrer 8 Stunden ununterbrochen arbeiten. Früher konnte ein Fahrer in einer 8-Stunden-Schicht 6 Stunden arbeiten und 2 Stunden Pause machen, oder er konnte 4 Stunden arbeiten, eine Pause machen und dann den Rest der Schicht beenden. Die Zeit zum Entspannen fällt weg, was die Wahrscheinlichkeit von Unfällen erhöhen wird.

Um sicherzustellen, dass der Fahrer nicht zu erschöpft ist, gibt es ein Pedal, das in der Nähe des Fußes des Fahrers platziert wird, und der Fahrer muss jede Minute auf dieses Pedal drücken, was an einem zentralen Kontrollpunkt registriert wird, um sicherzustellen, dass er wach und konzentriert ist. Während der gesamten Schicht darf der Fahrer nicht sitzen, sondern muss die ganze Zeit stehen und das Pedal jede Minute betätigen. Wenn der Fahrer versehentlich vergisst, das Pedal zu betätigen, wird er bestraft.

Wenn sich jedoch Unfälle ereignen, was größtenteils auf eine bröckelnde Infrastruktur, fehlende Investitionen in Sicherheitsmechanismen und eine erhöhte Arbeitsbelastung der Fahrer zurückzuführen ist, wird der Fahrer für die Unfälle verantwortlich gemacht. Sie sehen also, dass wir bereits begonnen haben, fahrerlose Lokomotiven in den Metrosystemen einzuführen. Im Namen der Sicherheit werden Arbeitnehmer entlassen.

Heute ist die Eisenbahn in Indien immer noch der größte Arbeitgeber in allen Sektoren. Aber durch den Abbau von Personal wird der Eisenbahnsektor für die Übernahme durch den Kapitalismus lukrativ gemacht. Der Staat hat den privaten Akteuren bereits erlaubt, ihre eigenen Waggons zu betreiben, der Containertransport ist nahezu privatisiert, und die meisten Dienstleistungen in den nicht zum Kerngeschäft gehörenden Bereichen wie die Reinigung der Waggons und der Bahnsteige, die Versorgung mit Lebensmitteln und dergleichen sind jetzt alle privatisiert, und die meisten von ihnen werden unter Vertrag genommen bzw. Sub-Vertrag.

Diese Untervergabe von Arbeiten führt zu einem Anstieg der Praxis der Schuldknechtschaft. So fallen beispielsweise die Gleisinstandhaltungsarbeiten in den Bereich der Vertragsarbeit. Das spielt sich folgendermaßen ab: Angenommen, ich nehme den Auftrag zur Instandhaltung eines Gleises an. Ich hole mir meine eigenen Arbeiter aus Bihar (einem der rückständigsten Bundesstaaten Indiens) oder von irgendwo anders her. Ich verpflichte mich, dem Arbeiter 12.000 Rupien für zwei oder drei Monate Arbeit zu zahlen. Als Teil der Abmachung bin ich verpflichtet, dem Arbeiter, sagen wir, 133 Rupien pro Tag zu zahlen. Ich würde aber nur 111 Rupien pro Tag für den Zeitraum von drei Monaten zahlen. Anstatt die gesamten 12.000 Rupien zu zahlen, zahle ich dem Arbeiter also am Ende 10.000 Rupien. Nach Ablauf der besagten Arbeitsperiode schicke ich den Arbeiter mit 10.000 Rupien nach Hause und sage ihm, dass er den Rest der 2.000 Rupien erst bei seiner nächsten Rückkehr erhalten wird. Die 2.000 Rupien behalte ich als Kaution, um sicherzustellen, dass der Arbeiter zurückkehrt und nicht zu einem anderen Job flieht. Das sind einige der wenigen Entwicklungen, die durch die zunehmende Privatisierung eingetreten sind.

Können Sie kurz zusammenfassen, worüber wir bisher gesprochen haben?

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Kapital heute auf der Suche nach neuen Bereichen für seinen Profit ist, weil es sich in einer Krise befindet. Grundstücke, Immobilien, Eisenbahnen oder die Landwirtschaft sind solche Bereiche, die es in Indien als lukrativ für seinen Einstieg empfindet. Der Dienstleistungssektor, und damit meine ich nicht nur Dienstleistungen wie die Lieferung von Lebensmitteln, ich spreche von Wasser, Elektrizität, Abfallentsorgung, Abwasserentsorgung, Bildung, Gesundheit, Versicherungen usw., das sind einige der Dienstleistungen, die jetzt für ihren Einstieg offen sind. Und diese Politik der Privatisierung und Öffnung solch wesentlicher Wirtschaftssektoren erweist sich als sehr nachteilig für die Menschen. Die Gesundheit zum Beispiel ist nach der Ernährung eine der wichtigsten Ausgaben für die Menschen. Wenn es keine öffentlichen Gesundheitseinrichtungen gibt, sind die Menschen gezwungen, in ein privates Krankenhaus zu gehen, auch wenn sie sich nicht sicher sind, ob sie dort eine gute Behandlung bekommen. Aber zumindest haben die Menschen dort die Gewissheit, dass sie einen Arzt oder eine Person finden, die sich um sie kümmern kann. Doch anstatt den öffentlichen Gesundheitssektor zu stärken, indem sie ihn mit einem ausreichenden Budget ausstattet, fördert die Regierung die Privatversicherung. Sie sagt, dass man sich in jedem privaten Krankenhaus behandeln lassen kann, das normalerweise hohe Gebühren verlangt, und dass die Behandlung von der privaten Versicherung übernommen wird.

Sowohl die privaten Versicherungen als auch die privaten Krankenhäuser profitieren auf Kosten der Bürger. Sie schlagen damit zwei Fliegen mit einer Klappe. Der öffentliche Gesundheitssektor wird vollständig abgebaut, und der öffentliche Versicherungssektor wird zunehmend für alle privaten Akteure, sowohl indische als auch ausländische, geöffnet.

Teil 3: Die indische kommunistische Bewegung und der Kampf für nationale Souveränität.

Wo steht die indische kommunistische Bewegung heute?

Die indische kommunistische Bewegung hat heute leider mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Wir als Marxistische Kommunistische Partei Indiens haben selbstkritisch geprüft und prüfen weiterhin, welche Mittel und Methoden wir anwenden müssen, um unseren Einfluss zu vergrößern. Denn erstens ist die Zeit reif und die objektiven Bedingungen sind gegeben, weil die Menschen vielen Angriffen auf ihre Lebensgrundlage ausgesetzt sind. Aber die Unzufriedenheit, die dadurch entsteht, wird von den spaltenden Kräften mit allen möglichen sektiererischen Ideologien ausgenutzt. Daher ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Menschen kommen und sich gegen die Angriffe wehren und nach einer echten Alternative suchen, und wir als Kommunisten glauben, dass wir dazu voll und ganz in der Lage sind. In dieser Hinsicht wollen wir zunächst versuchen, unsere Basis unter den jungen Menschen in diesem Land zu vergrößern. Für uns als Partei kommt ein wesentlicher Teil unserer Mitglieder aus der Arbeiterklasse, der armen Landbevölkerung und den Landarbeitern. Von der Klasse her sind wir in einer guten Position, aber vom Alter her wollen wir die Zusammensetzung der Jugend in unserem Land verbessern. Deshalb müssen wir unsere Kommunikationsstrategien ausarbeiten, um die jungen Menschen anzusprechen.

Der zweite wichtige Aspekt, mit dem wir uns heute auseinandersetzen müssen, ist die Enttäuschung, die viele empfinden, nämlich, dass es keinen Sinn hat zu kämpfen, dass es keinen Gewinn in irgendeiner Art von Kampf gibt. Wir müssen uns dieser Enttäuschung stellen. Und die materielle Basis für diese Auseinandersetzung ist bereits vorhanden. Die Kämpfe, die die Bauernschaft vor kurzem geführt hat, haben beispielsweise die Pläne zur Deregulierung des Agrarsektors vereitelt. Auch die Kämpfe in bestimmten Sektoren der Arbeiterklasse wie der Elektrizitätswirtschaft waren erfolgreich, wo sich die Elektrizitätsarbeiter den Bestrebungen der Regierung widersetzt haben, den gesamten Prozess der Produktion und Verteilung von Elektrizität vollständig zu privatisieren. Auf diese Weise gibt es jetzt einige Beispiele, mit denen wir die Menschen inspirieren können. Außerdem stellen wir fest, dass die Menschen auch die Nase voll haben von spaltender Politik. Die Menschen haben sich eine gewisse Zeit lang mitreißen lassen. Aber wir sehen zum Beispiel in mehreren Bundesstaaten, darunter Delhi, Karnataka und einigen anderen Orten, dass die Menschen, wenn es eine echte Alternative gibt, diese auch wählen.

Aber wie gesagt, die Grundkurse sind bei der kommunistischen Bewegung, und das ist eine positive Sache, die wir weiter ausbauen müssen.

Sie haben vorhin erwähnt, dass die Frage der nationalen Souveränität ein großes Thema ist. Können Sie erläutern, was Sie damit meinen? Ist die nationale Souveränität bereits erreicht?  

Nationale Souveränität bedeutet, dass das Volk vollständig in die Entscheidung über sein Heute und Morgen eingebunden ist. Die Souveränität liegt beim Volk, sie ist kein abstraktes Konzept des Staates, sondern sie liegt beim Volk. Das Volk wird nur dann in der Lage sein, seine Souveränität auszuüben, wenn ihm bestimmte Mindestgrundlagen vermittelt werden, z. B. das Wissen, eine Situation mit Verstand zu beurteilen, zu analysieren und zu verstehen. Das wiederum bedeutet, dass Ihr Bildungssystem demokratisiert sein sollte, dass es für jeden zugänglich sein sollte, dass es wissenschaftlich genug ist und dass es eine sichere Zukunft garantiert. Das ist nicht das Bildungssystem, das wir heute haben und das wir nie hatten. Dann bedeutet es auch, dass wir als Volk mit anderen externen Mächten auf Augenhöhe umgehen, das ist nicht der Fall. Darüber hinaus wird das indische Volk nie an den Entscheidungen beteiligt, die die Regierung in seinem Namen trifft, wenn sie über diese Politiken entscheidet. Die indische Bevölkerung wurde von der Regierung nie konsultiert, als sie diese neoliberale Politik verfolgen wollte. Das Volk wurde von Nehru (dem ersten Premierminister) nie konsultiert, als er entscheiden wollte, welchem Fünfjahresplan und welchen Aspekten der Wirtschaft Vorrang eingeräumt werden sollte. All diese Dinge wurden im Namen des Volkes getan, aber das Volk wurde nie wirklich in all diese Entscheidungen einbezogen. In diesem Sinne können wir nicht sagen, dass wir die Souveränität erlangt haben. Wir waren dabei, als Land wirklich souverän zu werden, aber die Erlangung der Souveränität ist immer noch eine Reise, die wir fortsetzen müssen.

Kommen wir nun zu der konkreten Strategie und Taktik der CPIM. Wenn man sieht, wie sehr die Imperialisten und die indische Bourgeoisie bei ihren Versuchen, in jeden Sektor der indischen Wirtschaft vorzudringen, zusammenarbeiten, entsteht in der indischen kommunistischen Bewegung das Argument, dass der Kampf gegen den Imperialismus und der Kampf gegen unsere eigene Bourgeoisie zu ein und derselben Sache werden.

Wieder eine Missachtung der Stärke der indischen Bourgeoisie. Als der US-Botschafter sich zu den aktuellen Unruhen in Manipur äußerte, war es die Kongresspartei, die scharf darauf reagierte. Sie kritisierte, dass er kein Recht habe, sich in die inneren Angelegenheiten Indiens einzumischen. Dies ist nicht nur eine politische Äußerung, sondern auch eine Äußerung der gesamten Bourgeoisie, um ihre Unabhängigkeit zu bewahren. Der Kongress hat sich zwar nicht aktiv gegen die Korporatisierung der indischen Landwirtschaft durch die drei von der Modi-Regierung eingebrachten Landwirtschaftsgesetze gewehrt, aber in Wirklichkeit war der Kongress dagegen. Dies ist ein wichtiger Punkt, den wir im Auge behalten müssen: Die Kongresspartei vertritt einen bestimmten Teil der indischen Bourgeoisie und der Grundbesitzerklasse, deren Interessen nicht mit denen der Imperialisten übereinstimmen.

Selbst innerhalb der BJP [Bharatiya Janata Party, dt. „Indische Volkspartei“. Aktuell seit 2014 Regierungspartei unter Premierminister Narendra Modi.] gibt es prominente Mitglieder, die sich gegen diese Landwirtschaftsgesetze ausgesprochen haben, denn die BJP vertritt auch jene Teile der herrschenden Klasse, die gegen die Veränderungen im Agrarsektor waren. Wir können also nicht einfach sagen, dass der Widerspruch zwischen Großgrundbesitzern und Kapitalismus in Indien nicht mehr existiert oder dass der Widerspruch zwischen der indischen Bourgeoisie und den USA/Imperialismus nicht mehr existiert. Diese Widersprüche existieren auch heute noch, sie kommen auf unterschiedliche Weise zum Ausdruck, und wenn sie zum Ausdruck kommen, müssen wir sie nutzen. Wenn wir uns weigern, diese Widersprüche anzuerkennen, würde das bedeuten, dass wir uns im Kampf gegen den Imperialismus isolieren. Wir wollen uns nicht isolieren; wir wollen so viel Unterstützung wie möglich für unseren Kampf gegen den Imperialismus mobilisieren. Das heißt aber nicht, dass wir die Großbourgeoisie nicht durchschauen. Wir wissen, dass sie in ihrem Kampf nicht ehrlich sind und Kompromisse mit den Imperialisten eingehen werden. Wir müssen auch die Kleinbourgeoisie oder die Bourgeoisie mobilisieren, die aufgrund der imperialistischen Durchdringung in Indien den Kürzeren zieht. 

Seit COVID haben beispielsweise viele KKMU (Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen) aufgrund von Verlusten geschlossen, und die Regierung ist nicht bereit, sie zu unterstützen. Daher kämpfen diese Teile der Bourgeoisie gegen die Regierung und fordern von ihr Zugeständnisse. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass die kleinere Bourgeoisie bereit ist, die Monopolbourgeoisie in Frage zu stellen und ihr entgegenzutreten. Es ist also unsere Aufgabe, sie in diesem Kampf zu mobilisieren.

Selbst für die Monopolbourgeoisie gibt es starke Widersprüche. So wird beispielsweise der Eintritt ausländischen Kapitals in den Versicherungssektor und andere Einzelhandelssektoren von der Monopolbourgeoisie nicht ohne weiteres akzeptiert. Warum haben wir hier in Indien keinen Walmart? Weil die Großbourgeoisie Walmart nicht in Indien haben will. Warum hat Amazon so viele Probleme mit dem indischen Staat? Weil Reliance (ein großer Konzern) mit der Existenz von Amazon nicht einverstanden ist. Reliance-Jio will den Online-Einzelhandelsmarkt erobern, in den Amazon einsteigen will. Es gibt also diese Widersprüche, die wir erkennen und akzeptieren müssen.

Würden Sie also sagen, dass es Momente gibt, in denen die Interessen der indischen Arbeiterklasse mit den Interessen der indischen Bourgeoisie übereinstimmen?

Nein, sie stehen nicht im Einklang mit den Interessen der indischen Bourgeoisie. Wenn sie sagen, dass sie den Kampf der Arbeiterklasse gegen den Eintritt des ausländischen Kapitals unterstützen wollen, begrüßen wir ihre Unterstützung. Das ist etwas anderes als eine Angleichung. Bündelung bedeutet, dass wir der Bourgeoisie die Führungsrolle überlassen, und wir beteiligen uns daran. Nein, das wollen wir nicht, denn wir haben während des indischen Freiheitskampfes gesehen, dass die indische Bourgeoisie, die den Kampf anführte, ihn nicht zu Ende geführt hat. Wir wollen heute nicht die Führung im Kampf gegen den Imperialismus abgeben. Der Kampf wird heute unter indischen Bedingungen von der Arbeiterklasse geführt werden, wir würden die Bourgeoisie begrüßen, wenn sie bereit ist, uns zu unterstützen.

Was meinen Sie damit, dass der Kampf nicht zu seinem logischen Ende geführt wird?

Wir als CPIM haben die indische Nationalbewegung (den Freiheitskampf) als die erste Etappe unserer Revolution bezeichnet, weil wir sagten, dass es sich um einen Kampf gegen den Kolonialismus und die Kolonialherren handelte, in dem es einen Widerspruch zwischen den Kolonialmächten und Indien gab. In dieser Phase des Kampfes waren die indische Bourgeoisie und alle anderen Klassen in Indien, einschließlich der Arbeiterklasse, der Bauernschaft und der Landarbeiter, alle beteiligt. Wir konkurrierten im Namen der Arbeiterklasse mit der Bourgeoisie um die Führung dieses Kampfes, aber die Bourgeoisie konnte die Führung übernehmen. Sie war in der Lage, die Partei zu werden, die die Unabhängigkeit errungen hatte. Aber unsere Idee ist, dass wir jetzt, da die Kolonialmächte verschwunden sind, gegen die Großbourgeoisie kämpfen müssen – gegen den Landbesitzerstaat, der mit dem Imperialismus Kompromisse eingeht oder kollaboriert. Dies ist die zweite Phase unserer Strategie, in der wir gegen den Imperialismus, die Großbourgeoisie und den Gutsherren kämpfen müssen.

Wer wird der Anführer im Kampf gegen diese Kräfte sein?

Die Anführer werden die Arbeiterklasse sein, zusammen mit den Landarbeitern und den armen Bauern. Dies wird der Kern sein, und wir erwarten, dass sich die Mittelklasse aufgrund der Stärke der Kämpfe dieser Klassen um diese Sektion scharen wird, da die Interessen der Mittelklasse meistens mit diesen Sektionen verbündet sind und sie sich ihnen anschließen werden. Mit dieser erweiterten Front wollen wir die reiche Bauernschaft neutralisieren, wir wollen nicht, dass sich die reiche Bauernschaft den Grundbesitzern und der Bourgeoisie anschließt, wir wollen sie neutralisieren. Wenn sie bereit sind, sich dem Kampf anzuschließen, sind sie willkommen, aber sie sollten neutral bleiben. Das ist die Strategie, die wir in dieser Phase, die wir die volksdemokratische Phase der Revolution nennen, verfolgen.

In dieser Phase richtet sich der Kampf nicht gegen die gesamte Bourgeoisie und die gesamte Bauernschaft. Unser Kampf richtet sich auch nicht gegen das gesamte Privateigentum, da die Bauernschaft Privateigentum besitzt. Mit der verbreiterten Front richtet sich unser Hauptkampf gegen die Großgrundbesitzer und das Monopolkapital. Dabei werden wir keinen Großgrundbesitz zulassen. Eine wichtige Rolle wird der Staat spielen, der das Kapital verstaatlichen wird, wobei das verstaatlichte Eigentum des Staates von den Arbeitern verwaltet werden wird. Das ist unsere Vorstellung von der demokratischen Volksrevolution. Davon ausgehend wollen wir zum Sozialismus übergehen, in dem es kein Privateigentum mehr geben wird. Das ist die logische Schlussfolgerung. Wir haben die erste Etappe der indischen Revolution abgeschlossen, zwei weitere Etappen liegen noch vor uns.

Indien nimmt heute geopolitisch eine kritische Position ein. Was bedeutet das für die CPIM in ihrem Kampf gegen den Imperialismus?

Für uns als Kommunisten in Indien können wir in aller Bescheidenheit sagen, dass wir die größte kommunistische Partei in Indien sind. Aber die Verantwortung, obwohl wir die größte Partei im Lande sind, ist enorm, denn gemessen an der Bevölkerung unseres Landes sind wir immer noch eine kleine Kraft. Wir wollen in diesem Land wachsen und das ist heute in unserem Land eine Notwendigkeit. Angesichts der strategischen Bedeutung, die Indien heute in der globalen Arena hat, wenn die kommunistische Bewegung in Indien gestärkt wird, denken wir, dass als logische Folge davon auch die antiimperialistischen Gefühle im indischen Volk gestärkt werden, was ein wichtiger Beitrag der indischen Kommunisten im weltweiten Kampf gegen den Imperialismus sein wird. Wir denken, dass dies gegenwärtig eine viel wichtigere Aufgabe für die indischen Kommunisten ist, die sie erfüllen müssen.

Wie ist die Stimmung der indischen Massen in Bezug auf den Kampf für nationale Souveränität oder den Kampf gegen den Imperialismus?

Wir sind der Meinung, dass trotz der Schwächen, in denen sich die Vereinigten Staaten heute befinden, sei es wirtschaftlich oder politisch, das Verhältnis der Klassenkräfte immer noch zugunsten des Imperialismus ist. Die antiimperialistische Stimmung, die das Erbe des Freiheitskampfes war, verblasst langsam, da wir die Generation, die diesen Kampf geführt hat, langsam verlieren. Die Zeitspanne beträgt nun 75 Jahre. Für die neue Generation gibt es keine Verbindung mehr zu der Generation, die gegen den Kolonialismus gekämpft hat und eine antiimperialistische Ideologie hatte. Jetzt ist es eine völlig neue Generation, die in einer neoliberalen Ordnung geboren und aufgewachsen ist. In der Amerika als ein engerer Verbündeter angesehen wird als jeder andere. In einer solchen Situation ist es eine wirklich schwierige Aufgabe für uns. Aber wir haben konkrete Schritte unternommen, um verschiedene Lücken zu schließen. Im Jahr 2015 haben wir drei Studiengruppen gebildet, um verschiedene Aspekte des Neoliberalismus zu untersuchen. Die erste Studiengruppe befasste sich mit den landwirtschaftlichen Verhältnissen auf dem Land, die zweite mit den Veränderungen am Arbeitsplatz. Und die dritte befasste sich mit der Urbanisierung und der städtischen Mittelschicht. So untersuchte die erste Gruppe die Bauernschaft, die zweite die Arbeiterklasse und die dritte die Mittelschicht.

Und als Ergebnis dieser Studien sind wir zu bestimmten Schlussfolgerungen darüber gekommen, welche Veränderungen stattfinden, wie sich die Art der Arbeit verändert und wie sich die Gewerkschaftsbewegung an diese Veränderungen anpassen muss. Aus diesem Grund versuchen wir jetzt, die Gig-Arbeiter zu organisieren, deren Arbeitsplatz nicht die traditionelle Fabrikhalle ist, sondern verstreut liegt. Wir arbeiten also daran, neue Ansätze für die Gewerkschaftsbewegung zu entwickeln, um sich an die neuen Umstände anzupassen.

In ähnlicher Weise, und das ist sehr wichtig, versuchen wir, der Jugend, die in einer völlig fremden Atmosphäre geboren und aufgewachsen ist, in der sie nichts mit dem Freiheitskampf zu tun hat, die Ideen des Freiheitskampfes zu vermitteln. Die Geschichte des indischen Freiheitskampfes ist das gesamte Terrain, auf dem die BJP heute kämpft. Die BJP will diesen Teil unserer Geschichte auslöschen, weil sie im Freiheitskampf keine Rolle gespielt hat. Wir hingegen wollen, dass der Freiheitskampf zu einem wichtigen Studienbereich der indischen Geschichte wird, denn hier können wir den Studenten von heute Antiimperialismus und Antikolonialismus beibringen und ihnen zeigen, wie eine frühere Generation von Menschen für eine bessere Gesellschaft gekämpft hat.

Können Sie von den Erfahrungen der kommunistischen Bewegung in Indien berichten, was ihre Bemühungen angeht, die Praxis der echten Souveränität zu vermitteln?

Zurzeit haben wir unsere Regierung in Kerala. Bevor wir über politische Maßnahmen entscheiden, versuchen wir, die Entscheidungsfindung so weit wie möglich zu dezentralisieren, soweit es die Verfassung zulässt. Wir versuchen, auf die Menschen zuzugehen und mit ihnen über die Probleme zu sprechen, mit denen sie konfrontiert sind, und darüber, wie die Regierung ihre Politik gestalten soll, um die von ihnen vorgebrachten Anliegen anzugehen. Seit wir in Kerala an der Macht sind, haben wir zum Beispiel mindestens dreimal alle Häuser dort besucht, mit den Menschen gesprochen, sie nach ihren Problemen gefragt und versucht, sie auf diese Weise an der Regierung zu beteiligen. Die kommunistische Bewegung in Indien versucht, sich an solchen Entscheidungsprozessen zu beteiligen, um den indischen Massen die wahre Bedeutung von Souveränität und Demokratie zu vermitteln.

Dann haben wir das Beispiel des Kampfes der Bauern. Wie wurden die Entscheidungen während des Kampfes getroffen? Die Entscheidungen wurden nicht von der Führung getroffen, sondern auf den Versammlungen der Menschen, die an den Grenzen versammelt waren und über die Diskussionen mit der Regierung informiert wurden. Die Meinungen der Menschen wurden aufgenommen und angehört, und dann setzte sich die Führung zusammen und formulierte die Vorschläge, zu denen die Menschen erneut befragt wurden. Erst dann wurde eine bestimmte Entscheidung an die Regierung weitergeleitet. Dies ist wiederum ein Ausdruck der Souveränität der Menschen durch demokratische Beteiligung.

Das ist etwas, das wir in die Art und Weise, wie unsere Organisationen Kämpfe führen, besser einbeziehen wollen. Derzeit führen wir viele Studien durch, wir haben Ausschüsse, die sich treffen und nach Konsultationen Entscheidungen treffen. Aber wir wollen diese Prozesse weiter verbessern, so dass die Arbeiter auch das Gefühl haben, dass sie Teil der Entscheidungsfindung sind. So sind sie nicht nur Ausführende der Entscheidungen, sondern werden auch Teil der Entscheidungen, die von allen umgesetzt werden. Wir glauben, dass diese Ausbildung nützlich sein wird, wenn wir die Regierung mit verschiedenen Themen konfrontieren, damit wir sagen können, dass wir uns auf der Grundlage des demokratischen Prozesses gegen eine bestimmte Politik wenden.

Dann haben wir ein entferntes Beispiel, zum Beispiel in Kuba. Kuba hat vor kurzem ein Familiengesetz verabschiedet, zu dem mehr als eine Million Menschen der Regierung schriftlich ihre Vorschläge unterbreitet haben. Viele weitere Millionen nahmen an den Diskussionen teil, die in den Stadtvierteln und über verschiedene Plattformen geführt wurden. Auf der Grundlage dieser Vorschläge wurde von der Regierung zunächst ein Entwurf ausgearbeitet und erneut an die Bevölkerung gesandt. Auf der Grundlage dieses Entwurfs wurde dann eine weitere Diskussion geführt, und auf der Grundlage dieser Diskussion setzte sich das Parlament erneut zusammen, formulierte ein Gesetz und brachte dieses Gesetz zur Volksabstimmung ein.

Das ist ein Beispiel, das wir hier verwenden, wenn wir über Demokratie und Souveränität sprechen und darüber, wie sie funktionieren sollte. Aber so etwas ist nur in einem sozialistischen System möglich. Deshalb versuchen wir, das Bewusstsein der Menschen in diesen Fragen zu schärfen, eine nach der anderen.

»Die weißen Herrscher wurden gegen schwarze Herrscher getauscht«

0

Beitrag aus der Zeitung zum Kommunismus Kongress 2023


Anfang Mai sprachen wir mit Booker Omole, dem Vizepräsidenten der Kommunistischen Partei Kenias über die Geschichte des (Neo-) Kolonialismus in Kenia, die nationale Entwicklung und Machtkämpfe zwischen USA und Großbritannien, sowie die Rolle Chinas im Land. Ein kleiner Ausschnitt des Interviews ist hier übersetzt.

Könntest du uns erklären, wie sich das neokoloniale System bzw. die Unabhängigkeit in Kenia entwickelt hat?

Ich würde sagen, dass der neokoloniale Staat seine Angriffe in den letzten Jahren nur perfektioniert hat, aber seit der Unabhängigkeit 1963 existiert. Die Taktik vieler politischer Kräfte in Afrika hat sich kaum verändert. Aus Perspektive der Kommunistischen Partei Kenias (CPK) ordnen wir unser Land nicht als unabhängig ein. Die CPK hat deshalb drei Säulen ihrer Arbeit: Die erste ist, für eine vollständige Unabhängigkeit und Souveränität zu kämpfen. Zweitens, die Bewahrung des Vermächtnisses von Befreiungshelden wie Dedan Kimathi, der kein Kommunist, sondern ein progressiver Nationalist war. Und schließlich der Kampf für den Sozialismus. Das sind also die drei wesentlichen Elemente unserer Partei.

Die Briten wollten Kenia nicht mit einer Demütigung und Niederlage verlassen. Also wollten sie die Unabhängigkeit aushandeln, um die Interessen der weißen Minderheit, der Großgrundbesitzer, zu wahren. Das war der zentrale Grund, warum sie damals verhandelten. Man muss bedenken, dass der Kampf 1963 bereits bipolar war, es gab Leute, die bereits mit der UdSSR verbündet waren. […]

Die progressiven Nationalisten weigerten sich, sich an die Briten zu verkaufen. Sie sagten, die Briten müssten weg. Das Land muss der Mehrheit des Volkes gehören, denn im Zentrum des Kampfes stand die Frage von Land und Arbeit. Dedan Kimathi weigerte sich, selbst als ihm die Möglichkeit der Führung und eine Amnestie angeboten wurden. Er blieb dabei, dass die Briten das gesamte Land, das sie dem kenianischen Volk geraubt hatten, abtreten müssten. Also töteten sie ihn. […]

Was sind die Taktiken des Neokolonialismus? Die neokoloniale Regierung ist nur eine Fortsetzung der kolonialen Regierung und ihrer Instrumente. Zuerst gab es eine Diskussion, die Taktik zu ändern. Aber dann wurden die weißen Herrscher gegen schwarze Herrscher getauscht und sie anhand von Stammeszugehörigkeiten gespalten. Es gab die Fehlannahme, dass wir den weißen Mann angreifen, weil er weiß ist, aber das war nie das Thema. […]

Aber der neokoloniale Staat als Fortsetzung der politischen Herrschaft hatte auch einen wirtschaftlichen Charakter, denn das Wichtigste war, Reichtum aus Afrika, Reichtum aus Kenia zu gewinnen. Alles andere in diesem Überbau, was die Politik und den Rassismus anbelangt, war also nur etwas, um eine noch gefährlichere wirtschaftliche Unterdrückung zu verbergen, die sich noch verstärken sollte. Traurigerweise gibt es immer noch weiße britische Großgrundbesitzer, die sich seit der Unabhängigkeit verstecken und ihr gestohlenes Land behalten. Und der größte von ihnen tötet weiterhin Arbeiter in unserem Land und heißt Finlay. Er ist der größte Exporteur von Tee, Kaffee und Blumen und betreibt das, was die CPK als moderne Sklaverei bezeichnet. Das ist typisch für ein neokoloniales System: Die Wirtschaft des eigenen Landes wird reduziert und in den Dienst der Länder der Metropole gestellt. Das wurde getan, denn alle unwürdigen Arbeiten werden in Kenia erledigt, und alle würdigen Arbeiten werden im Ausland erledigt. […]

In diesen Plantagenunternehmen gibt es keine lokalen Regelungen, die sicherstellen, dass die Verarbeitung oder Wertschöpfung im eigenen Land erfolgt. Das bedeutet, dass die gesamte kenianische Wirtschaft und das Plantagensegment auf einen Rohstoffexporteur reduziert wurde. Das kann die Industrialisierung nicht aufrechterhalten. Auch wenn Schwarze an der Macht sind, wird sichergestellt, dass alle Industrien, die ihre Materialien verarbeiten im Westen liegen. Hauptsächlich bei den Briten zu dieser Zeit. Sogar im Dienstleistungssektor, wie dem Tourismus, der hauptsächlich für die britische, privilegierte Klasse gemacht wurde, fanden sie einen Weg, sicherzugehen, dass alle Tourunternehmen im Westen operieren und all die Zahlungen der Touristen dort gemacht werden. Die Touristen kamen nur noch mit Trinkgeld für die Fahrer, alles andere wurde im Ausland bezahlt. […]

Vielleicht kann ich kurz den Aspekt des Wettbewerbs zwischen den USA und den Briten hervorheben, denn es gab einen Moment, in dem die britische Vorherrschaft in unserem Land bedroht war. Erinnern Sie sich: Jomo Kenyatta wurde von den Briten von Herzen unterstützt. Das britische Empire hatte sogar das, was wir Batuk nennen, die britische Armee, geschaffen, um sich gegen die Mau Mau oder andere Kommunisten zu schützen, die sie zu jener Zeit stürzen wollten. Damals finanzierten die Vereinigten Staaten bereits eine Offensive, um auch in Kenia den Durchbruch zu schaffen. Und dafür wollten sie den Kenianern Demokratie verkaufen. Sie kamen nach Kenia und sagten, dass die Briten eine Einparteiendiktatur unterstützten. Und jetzt braucht Kenia die Demokratie. Wir wollen Kenia demokratisieren. Das geschah in den frühen achtziger Jahren. Was im Grunde genommen geschah, war der Kampf der Briten für die „Demokratie“ in Kenia. Sie hatten so viele Oppositionsführer, die dies als Gelegenheit sahen, ihre politischen Parteien zu gründen. Aber dieser Kampf für die Demokratie in Kenia war kein Kampf für die Demokratie. Es war ein Kampf für die Demokratie unter den kapitalistischen politischen Parteien, denn sie sorgten dafür, dass Kommunismus weiterhin illegal war. Es war also nur Demokratie, solange keine kommunistische Organisation zugelassen wurde. Auf diese Weise wurde die Einparteiendiktatur besiegt und die Mehrparteiendemokratie wieder eingeführt, für die kapitalistischen politischen Parteien. Die USA gewannen den Krieg um die Vorherrschaft in der kenianischen Politik vor allem 1982 bis 1990. Es gibt eine wirtschaftliche Entsprechung dazu. Das war der Eintritt des IWF und der Weltbank, und das war auch der Höhepunkt dieses Angriffs, der damals das so genannte Experiment der Weltbank war, nämlich die SAPs (social adjustment programmes). Was geschah, war, dass sie uns durch die Politik Washingtons dazu zwangen, alle unsere Industrien zu schließen und sie in den Dienst des Kapitals zu stellen. Und das war die Politik der Privatisierung. So überlebten nur einige britische Unternehmen, aber auch die einheimischen Unternehmen wurden aufgekauft, und die amerikanischen multinationalen Konzerne kamen in unser Land, und die Strukturanpassungspläne sind uns noch gut in Erinnerung. Wenn sich die Vereinigten Staaten fragen, wieso sie in Kenia verhasst sind, das ist der Grund. Vor allem bei Menschen, die ihre Arbeit verloren haben, die Menschen, die ihre Eltern verloren haben. Unser Gesundheitssystem ist wegen der Privatisierung völlig zusammengebrochen. Auch die illegalen Schulden begannen sich zu dieser Zeit anzuhäufen. Das ging also bis 1990 so weiter. […]

Sie können sehen, wie viele Reisen der Präsident seit seiner Wahl nach Washington unternommen hat. Und jetzt spricht er über das, was er die Wiedereröffnung nennt, Obama hat es auch in unserem Land versucht: Das AGOA-Programm. Dabei werden Sonderwirtschaftszonen geschaffen, in die amerikanische multinationale Unternehmen kommen und Dinge produzieren, und sie verhandeln über subventionierten Strom. Sie bekommen subventioniertes Wasser, sie bekommen Steuererleichterungen für 30 Jahre und mehr. Sie setzen alle Arbeitsrechte aus, im Namen der Schaffung von Arbeitsplätzen für die Menschen. Aber in Wirklichkeit ist es die totale Sklaverei. Jetzt haben wir eine Rückkehr dieser Politik erlebt, weil Präsident Ruto den armen Menschen versprochen hat, dass er Arbeitsplätze schaffen will. Eines der Dinge, die er mit seinen amerikanischen Brüdern plant, ist die Vermehrung dieser Arbeitslager, um die kenianische Wirtschaft weiter auszusaugen. Auf diese Weise beherrscht uns das neokoloniale System auch heute noch. […]

Kannst du etwas darüber sagen, inwiefern sich eine nationale Bourgeoisie in Abgrenzung zur Kompradorenbourgeoisie entwickelt hat, wie die Kräfteverhältnisse und Abhängigkeit zu den alten Kolonialmächten und der USA sind?

Der Widerspruch zwischen der nationalen Bourgeoisie und der internationalen Bourgeoisie ist in der neokolonialen Umgebung noch schärfer. Denn die internationalen Budgets, das sind vor allem die multinationalen Konzerne, die von ihren Regierungen unterstützt werden, wollen nicht, dass überhaupt etwas produziert wird. Für sie muss jede Produktion, jede Herstellung außerhalb des Landes stattfinden, in dem die Rohstoffe gewonnen werden. Das ist ein starker Widerspruch, der zwischen der nationalen Bourgeoisie und der internationalen Bourgeoisie besteht. Die nationale Bourgeoisie hat in Kenia um ihre Entwicklung gekämpft. Die Angriffe auf sie sind sogar noch aggressiver geworden. Manchmal haben wir gemeinsam gekämpft. Vor allem aufgrund unserer Idee, dass wir die Industrie vor Ort entwickeln müssen. Während der Mwai Kibaki Regierung gab es eine große Kampagne unter dem Dach der nationalen Bourgeoisie „Kauf kenianisch, baue kenianisch“. Sie zwangen die damalige Kibaki Regierung, eine Politik zur Sicherung der Produktion in Kenia zu schaffen. Kibaki war Wirtschaftswissenschaftler und die Regierung war eine Zeit lang sehr am Aufbau des Landes interessiert, denn sogar Kibaki selbst war damals Teil der nationalen Bourgeoisie. Sogar die Ölimporteure und die Ölvermarkter waren in Schwierigkeiten, weil sie gezwungen waren, Öl von der nationalen Ölraffinerie zu kaufen. Auch die Leute, die Zucker importieren, bekamen Probleme, weil sie sagten, die Zuckerindustrie sei teuer. Sie wollten importieren aber das war die Kompradorenbourgeoisie mit der internationalen Bourgeoisie, die billigen Zucker einführen wollten, statt ihn zu produzieren. Das hat es also gegeben. Aber für den Moment glaube ich, dass sie den Krieg verloren haben und beschlossen haben, dass sie ihre Unternehmen öffnen werden, um teilweise von der internationalen Bourgeoisie durch ihre Kompradorenklasse in Kenia aufgekauft zu werden. Die größte nationale Bourgeoisie, die wir je in unserem Land hatten, war asiatischen Ursprungs, es war der Managementbereich. Ein Teil dieser Unternehmen wurde an multinationale Konzerne verkauft, und das hauptsächlich, um zu überleben, weil die lokalen Unternehmen durch die Aktien den Charakter der internationalen Unternehmen annahmen. Das war also der Kampf zwischen der nationalen Bourgeoisie und der Kompradorenklasse, die wir haben. Leider ist es der nationalen Bourgeoisie in der Geschichte unseres Kampfes nur ein einziges Mal gelungen, die Macht zu übernehmen, und zwar 2002 unter Mwai Kibaki. Die ganze Zeit über war die Kompradorenklasse diejenige, die die kenianische Wirtschaft verwaltet hat, auch jetzt noch.

Seit Anfang der 2000er wurde China ein wichtigerer Handelspartner für China. Es gibt große Debatten in der kommunistischen und linken Bewegung über Chinas Rolle in der Welt, wie ist die Perspektive der CPK?

Die Ankunft des chinesischen Kapitals in Afrika wurde sowohl von den Progressiven als auch von den Reaktionären begrüßt. Sie verspürten ein Gefühl der Freiheit. Zum ersten Mal in ihrem Leben konnten sie mit der Weltbank verhandeln und ihr sagen, sie solle zur Hölle fahren. Zum ersten Mal werden sie dem IWF sagen: Wir wollen nicht, dass ihr euch in unsere Innenpolitik einmischt. Und sie werden nach China gehen, und China wird Geld in die Entwicklung der Infrastruktur investieren. In den letzten zehn Jahren, besonders in Nairobi hat sich die Infrastruktur extrem verbessert. Was ist mit den Verträgen, die vor 30, 40 Jahren mit amerikanischen multinationalen Unternehmen unterzeichnet wurden? Die machen immer noch Machbarkeitsstudien. Kein Stein steht nach vierzig Jahren. Und jetzt sehen wir, wie chinesisches Geld in Afrika Menschen aus extremer Armut befreit. Ich erinnere mich, dass 1999, als Kenia sich in einer schwierigen Situation befand, die politischen Führer versuchten, mit der Weltbank über unsere Kreditbedingungen zu verhandeln. Man hat ihnen nicht zugehört. Sie wurden verspottet und man sagte ihnen, ihr könnt eure Wirtschaft nicht führen. Wir haben gesehen, dass die chinesische Regierung gegenüber Afrika eine Politik der Freundschaft verfolgt.

Vom Antiimperialismus zum Sozialismus? Internationale Strategien der Arbeiterklasse

0

Wir spiegeln hier die Kurzbeiträge der Teilnehmer des Podiums II des Kommunismus-Kongresses 2023, die in der Zeitung zum Kongress veröffentlicht wurden.


Podium II: Samstag 07.10.23, 18:30 Uhr

Joti Brar, Pawel Wargan, Renate Koppe, Willi Langthaler

Auf dem Podium wollen wir darüber diskutieren, wo in einer Zeit, in der alles auf einen erneuten großen Krieg hindeutet, die Linien unseres Kampfes liegen, d.h. wie wir Gegner und potenzielle Bündniskräfte bestimmen und wie wir unter diesen Bedingungen einen Kampf für den Sozialismus führen können. Wir haben Kurzbeiträge von unseren vier Referenten zu folgenden Fragen erbeten:

Welche Bedeutung hat der aktive Kampf um nationale Souveränität vieler Länder der sogenannten Dritten Welt für den Kampf um den Sozialismus in der gegenwärtigen Kampfetappe der weltweiten Arbeiterklasse? Wie kann der Kampf gegen die imperialistische Ordnung der USA in einen Kampf für den Sozialismus geführt werden und welche Rolle können Russland und China dabei spielen?


»Der Kapitalismus-Imperialismus ist um die USA organisiert«

Willi Langthaler ist Sprecher der Antiimperialistischen Koordination (AIK) in Österreich und Autor: „Ami go home“ (2004), „Befreiung weltweit“ (2010), „Europa zerbricht am Euro“ (2016).

Das siegreiche US-Empire hat die Form der Globalisierung angenommen; teils weil seine Dominanz so überwältigend war, dass sie niemanden zu fürchten hatten; teils zum Zweck der Integration der ehemaligen Gegner, überwiegend auf der Basis des Linksliberalismus.

Der antiimperialistische Widerstand flutete zwar zurück, kam aber nie zum Erliegen.

Es ist kein Zufall, dass die Palästinenser (auch symbolisch) dessen Speerspitze bildeten. Denn der Zionismus setzte den alten Nationalismus ungebrochen fort und zeigte sich auch zu keinerlei integrativer Tarnung bereit (siehe Oslo).

Die Globalisierung versuchte jegliche dem westlichen Kapital gesetzte Schranken niederzureißen, insbesondere jene der gegen den Kolonialismus erkämpften Nationalstaaten, die bei aller Verselbständigung der Eliten dennoch auch die Interessen der Volksmassen reflektieren mussten. Daher bleibt die nationale Souveränität gegen den Imperialismus insbesondere im globalen Süden ein entscheidendes Ziel und Werkzeug des Widerstands und Voraussetzung der Befreiung und Entwicklung.

Doch selbst im Westen erlangt die nationale Souveränität zunehmend an Bedeutung. Hatte der Klassenkompromiss nach dem Zweiten Weltkrieg auch die relative nationale Souveränität zumal kleiner Völker bedeutet, so hat die EU eine supranationale Diktatur des Kapitals mit dem Ziel der Zerstörung der sozialen und politischen Errungenschaften unter Führung der USA (manchmal loser, zuletzt im Krieg gegen Russland ganz eng) etabliert.

Die Befreiung Griechenlands vom Joch des Neoliberalismus wäre nur mit dem Bruch mit Brüssel möglich gewesen. Die Herstellung der nationalen Souveränität hätte unmittelbar darauf protosozialistische Maßnahmen erfordert.

Österreich wiederum ist einer der Kleinstaaten, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg durch den gewährten Spielraum (vor allem die Neutralität) zur vollen Nation wurden. Mit dem Beitritt zur EU wurde der Neoliberalismus einzementiert und die sozialen Errungenschaften demontiert. Die Eliten, die Teil der globalen Herrschaft sind, versuchen uns möglichst weit an die NATO heranzuführen und in den Krieg gegen Russland hineinzuzwingen. Ein demokratisches, neutrales, selbstbestimmtes Österreich ist das Gebot der Stunde.

Aber selbst für das imperialistische Kernland BRD ist die Forderung nach Austritt aus der NATO/EU, der engen gleichberechtigten Kooperation mit Russland und China und einem neutralen Status, so wie ihn die UdSSR seinerzeit vorgeschlagen hatte, eine progressive Forderung.

Russland und China hatten versucht, sich im Rahmen der kapitalistischen Globalisierung zu entwickeln. Russland ist daran gescheitert, weil Washington dem Kreml nicht traute. China ist in sensationeller Weise gelungen, was das ganze 20. Jahrhundert gescheitert war, nämlich periphere Entwicklung durch Kapitalismus (natürlich nur unter Missachtung der neoliberalen Gebote). Doch jetzt ist Schluss mit lustig. Das US-Reich verlangt vollständige Unterordnung und wird dafür alle Mittel einsetzen.

Die Rede von den innerimperialistischen Widersprüchen ist irreführend. Der Kapitalismus-Imperialismus ist um die USA organisiert. Keine Macht ist nur annähernd dazu fähig, Washington zu ersetzen. Das ist auch kein gradueller Prozess. Um das Zentrum zu besiegen, wird es die Beteiligung der Volksmassen brauchen – was man ex negativo auch im Krieg um die Ukraine sieht. Die Schwächung der USA, eine multipolare Ordnung, ist keineswegs gleichbedeutend mit Gerechtigkeit oder gar Sozialismus. Sie eröffnet aber qualitativ mehr Spielräume. Nicht nur für den Widerstand, sondern auch für das Projekt der Emanzipation.

Vom Sozialismus sind wir gegenwärtig weit entfernt und noch ist die Niederlage nicht aufgearbeitet, auch nicht intellektuell. Doch die neosozialistische Aufgabenstellung wird schneller kommen als wir denken, denn mit dem Niedergang des US-Empires werden die Kämpfe der unteren Klassen und unterdrückten Nationen einen enormen Aufschwung finden. Dass sie sich nicht gegeneinander richten (siehe zuletzt Irak), ist eine der antiimperialistischen Aufgaben, die auch den Weg zum Sozialismus bereiten.

Befreiung von neokolonialer Abhängigkeit ist Voraussetzung für sozialistische Veränderung

Renate Koppe ist internationale Sekretärin der DKP, nimmt am Internationalen Treffen der Kommunistischen und Arbeiterparteien teil (IMCWP) und war vor kurzem mit einer weltweiten Delegation in China.

Kampf um nationale Souveränität hat für neokolonial (oder auch kolonial) vom Imperialismus abhängige Länder eine große Bedeutung. Der Klassenkampf läuft zu einem entscheidenden Teil im nationalen Rahmen ab. Die Veränderung von Kräfteverhältnissen und die Durchsetzung fortschrittlicher, antikapitalistischer bis hin zu sozialistischen Veränderungen erfordert Möglichkeiten zu deren Umsetzung innerhalb des jeweiligen Landes, d.h. eine Befreiung von neokolonialer Abhängigkeit  – vom Imperialismus. Dies zeigt sich an einem Land wie Kuba, dass schon sozialistische Veränderungen erkämpft hat, zu deren Erhalt es aber auf den Erhalt seiner nationalen Souveränität angewiesen ist (wobei den Kämpfen um sozialistische Veränderungen die um die nationale Souveränität vorausgegangen sind). Es zeigt sich auch im Fall von Ländern wie Nicaragua, wo der weitere Kampf nur dann geführt werden kann, wenn die nationale Souveränität erhalten bleibt. Das zeigt sich auch in vielen Ländern Afrikas, wo erste Schritte zur Befreiung von neokolonialer Abhängigkeit gegangen werden können, auch wenn die weitere Entwicklung noch offen ist. Hinzu kommt, dass der Kampf um nationale Souveränität nur gegen den Imperialismus geführt werden kann, was die Bedingungen für konsequent antiimperialistische – d.h. antikapitalistische – Kräfte verbessert.

Im imperialistischen Stadium gibt es für den Kapitalismus keine Möglichkeiten der Weiterentwicklung mehr, jedenfalls nicht langfristig und perspektivisch. Der Kampf gegen den Imperialismus kann für die Arbeiterklasse und die übrigen Werktätigen nur in Richtung Sozialismus gehen, wenn sie ihre Lebensbedingungen dauerhaft verbessern wollen. Dieser Kampf kann dann am erfolgreichsten geführt werden, wenn die Spielräume für Veränderungen in den einzelnen Ländern größer werden, wenn es leichter für sie wird, ihre nationale Souveränität zu erreichen (oder zu erhalten) und nicht mehr unter dem Diktat des Imperialismus zu stehen. China, das seit 1949 die mit der Revolution erlangte Souveränität verteidigt und einen sozialistischen Entwicklungsweg fortsetzt und seine Produktivkräfte aufbaut, ist durch seine erfolgreiche Entwicklung zu einer Systemalternative zum Imperialismus geworden, die tatsächlich geopolitisch ein Gegengewicht bildet. Seine Außenpolitik ist auf friedliche Koexistenz und eine multipolare Weltordnung gerichtet und es betreibt langfristige Projekte der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, gerade auch mit neokolonial abhängigen Ländern, die dadurch die Möglichkeit erhalten, einen vom Imperialismus unabhängigen Entwicklungsweg einzuschlagen und ihre Infrastruktur aufzubauen, ohne einem politischen Diktat des Westens zu unterliegen. Ob und wie diese Möglichkeiten genutzt werden, hängt vom Klassenkampf innerhalb dieser Länder ab.

Das kapitalistische Russland kämpft derzeit einen Kampf gegen imperialistische Aggression um seine nationale Souveränität, gegen seine nach der Konterrevolution vorgesehene Aufteilung durch den Imperialismus. Dies verbessert die Möglichkeiten des Klassenkampfes für die Arbeiterklasse in Russland und leistet gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Einschränkung der imperialistischen Hegemonie. Das Bündnis zwischen China und Russland spielt dabei eine wichtige Rolle, genauso wie die zunehmende wirtschaftliche Zusammenarbeit Russlands mit Ländern der sogenannten Dritten Welt.

Für uns, die wir den Kampf in einem imperialistischen Hauptland führen, heißt das vor allem, dass wir unsere Kräfte einsetzen müssen, um den aggressiven Kurs des Imperialismus zu stoppen. Eine wichtige Rolle kann dabei die Zusammenführung von sozialen und Antikriegsforderungen spielen.

Der Hauptwiderspruch in der Welt

Joti Brar ist stellvertretende Vorsitzende der Kommunistischen Partei Großbritanniens Marxistisch-Leninistisch (CPGB-ML) und internationale Sprecherin der „World Antiimperialist Platform“.

Für Sozialisten in imperialistischen Ländern ist es zentral zu verstehen, dass unser Kampf für den Sozialismus niemals erfolgreich sein kann, wenn er nicht mit dem Kampf der unterdrückten Massen für die nationale Befreiung verbunden ist.

Lenin hat schon vor langer Zeit aufgedeckt, wie ein Teil der imperialistischen Superprofite aus den Kolonien (heute sind die meisten Neokolonien, aber sie werden weiterhin finanziell und politisch vom Imperialismus beherrscht) dazu verwendet wird, die Arbeiter im eigenen Land zu bestechen und so den sozialen Frieden zu erkaufen.

Dies hat dazu geführt, dass ein Teil der Arbeiterklasse den Eindruck hat, dass sie am System beteiligt ist und dass eine wirkliche gesellschaftliche Veränderung unmöglich, unnötig und unerwünscht wäre. Der Begriff Sozialismus wird von vielen führenden Vertretern der Arbeiterklasse als „Kapitalismus mit freundlicheren Zügen“ verstanden. Die Revolution ist von ihrer Agenda verschwunden.

Die Unterstützung, die Kommunisten den nationalen Befreiungsbewegungen bieten, geschieht nicht aus Nächstenliebe oder Mitleid. Sie basiert vielmehr auf ihrem tiefen und wissenschaftlichen Verständnis. Sie erkennen, dass, wenn die Fähigkeit der Imperialisten, im Ausland zu plündern, geschwächt wird, dies auch ihre Fähigkeit beeinträchtigt, sozialen Frieden im eigenen Land zu bewahren.

Aus dieser Feststellung folgt, dass es unsere Aufgabe ist, jegliche Bewegung zu unterstützen, die objektiv daran arbeitet, die Position der Imperialisten im Ausland zu schwächen. Dies hängt nicht von den subjektiven Beweggründen der Führungen dieser Bewegungen ab. Die reaktionärsten Führungen können einen objektiven historischen Fortschritt bewirken – wie Stalin 1924 in seinem Werk Grundlagen des Leninismus betonte und wie Marx, Engels und Lenin in ihren Schriften immer wieder betont haben.

Der Widerspruch zwischen den imperialistischen und den nichtimperialistischen Ländern ist der Hauptwiderspruch in der Welt seit dem Entstehen des ersten sozialistischen Staates 1917. Es ist nun klar, dass der Weltkrieg, in den uns ein destabilisiertes und stark geschwächtes imperialistisches System stürzt, zwischen diesen beiden Lagern stattfinden wird. In diesem Fall ist es die Aufgabe der Marxisten, den Charakter des Konflikts deutlich zu machen und den Massen zu erklären, dass wir verpflichtet sind, an der Seite des antiimperialistischen Lagers zu kämpfen.

Wenn die Arbeiterklasse auf dem Weg zum Sozialismus vorankommen will, muss sie darauf hinarbeiten, die Niederlage der Imperialisten zu beschleunigen und zu erzwingen, indem sie sich weigert, mit ihnen zusammenzuarbeiten – ja, indem sie ihre Fähigkeit, aggressive imperialistische Kriege zu führen, aktiv sabotiert.

Die Imperialisten versuchen, uns in dieser wichtigsten Frage unserer Zeit Sand in die Augen zu streuen, indem sie pseudo-marxistische Propaganda über den „russischen Imperialismus“, den „chinesischen Imperialismus“ usw. verbreiten. Einige so genannte Marxisten treiben dies auf absurde Weise auf die Spitze und erklären jedes große Land mit einer wachsenden Wirtschaft in der unterdrückten oder unabhängigen Welt für „imperialistisch“. Solche Lügen lassen sich mit ein wenig ernsthaftem Studium und einer umfassenden Betrachtung der Frage leicht widerlegen.

Es gibt keine Daten, die belegen, dass Russland oder China von den Extraprofiten leben, die durch den Export von Finanzkapital erzielt werden. Diese Länder verfügen nicht über große Kohorten von hoch bestechlichen Funktionären, die ihre Maschinerie des Kapitalexports bedienen, wie wir sie in der Londoner City oder an der Wall Street sehen. Ihre Volkswirtschaften sind nicht auf diese Ausplünderungsmaschinerie zugeschnitten. Sie setzen ihre finanzielle Macht nicht ein, um andere Länder zu erpressen, oder führen Angriffskriege, um den Willen ihrer allmächtigen Monopolisten durchzusetzen und ihre Vorherrschaft zu festigen.

Die starken militärischen, technischen, wissenschaftlichen und landwirtschaftlichen Grundlagen Russlands und Chinas wurden als Ergebnis der sozialistischen Revolution aufgebaut – im Interesse des Menschen und zur Verteidigung der Revolution. Die Übernahme der Sowjetunion durch die Kapitalisten ändert nichts an der Art und Weise, wie Russlands Stärke zustande gekommen ist, und es gibt keine Beweise für die These, dass sich Russland auf der Weltbühne wie ein Imperialist verhält – selbst wenn es die finanziellen Möglichkeiten dazu hätte, was nicht der Fall ist.

Es ist natürlich, dass die Imperialisten versuchen, die Tatsachen zu verdrehen, aber es ist ein schwerer Verrat, wenn führende Vertreter der kommunistischen Bewegung dies ebenfalls tun.

»Es ist eine Zeit gewaltiger Möglichkeiten«

Pawel Wargan ist Koordinator des Internationalen Sekretariats der „Progressive International“ und hat zuletzt Delegationsreisen in die Westsahara und nach Palästina durchgeführt.

Der so genannte Kalte Krieg hat uns gelehrt, dass es ungeheuer schwierig ist, den Sozialismus angesichts der unerbittlichen Gewalt des Imperialismus aufzubauen. Die imperialistischen Mächte, die versucht haben, das Streben der Menschheit nach einer demokratischen, souveränen und sozialistischen Zukunft zu vernichten, haben im Laufe des 20. Jahrhunderts zig Millionen von Menschen das Leben genommen. Wo sie gegen die Aufbrüche in die Unabhängigkeit intervenierten, machten sie auch die umfassende soziale Neuordnung unmöglich, die für den Aufbau einer würdigen, sozialistischen Gesellschaft erforderlich war. Diese Epoche der Revolution und Konterrevolution hat die fragile Gegenwart geprägt.

Die Lehren aus dieser Zeit sind für uns heute nicht verloren. Die imperialistischen Staaten haben ihre Macht inzwischen weitgehend in dem gebündelt, was Samir Amin die Triade nennt – die von Deutschland geführte Europäische Union (plus ihr früheres Mitglied, das Vereinigte Königreich), Japan und, in der Hauptrolle, die Vereinigten Staaten. Diese Mächte zehren weiterhin von der Ausplünderung und Ausbeutung der großen globalen Mehrheit. Sie verwandeln souveräne Nationen in Exportmärkte, Quellen für billige Ressourcen und Arbeitskräfte sowie in Investitionsstandorte. Auf diese Weise entziehen die imperialistischen Staaten der Menschheit eine Fülle von Reichtümern und zwingen die Völker in einen Zustand permanenter Unterentwicklung.

Dieses neokoloniale System wird durch die einzigartige Fähigkeit des Westens durchgesetzt, denen, die sich seinem Diktat nicht beugen wollen, wirtschaftliche und militärische Gewalt aufzuzwingen. Nahezu ein Drittel der Menschheit erstickt unter dem Druck der US-Sanktionen. Diese sind, wie das US-Außenministerium im Falle der Kuba-Blockade ausdrücklich einräumte, darauf ausgerichtet, „die monetären und realen Löhne zu senken, Hunger, Verzweiflung und den Sturz der Regierung herbeizuführen“.

Für das Projekt der Hegemonie ist kein menschlicher Preis zu hoch. Weder die 500 000 irakischen Kinder, die unter den US-Sanktionen verhungerten – ein Preis, von dem US-Außenministerin Madeleine Albright sagte, er sei „es wert“ –, noch die Million Iraker, die später im US-Krieg getötet wurden. Ein Holocaust nach dem anderen wurde verübt, um das krebsartige Fortschreiten der imperialistischen Globalisierung zu sichern. Mit der Niederlage der Sowjetunion hat dieses Projekt die totale Herrschaft ins Visier genommen – mit Russland und China als seine letzten Stationen. Die Gefahr, der wir heute ausgesetzt sind, ist größer als je zuvor in der Geschichte der Menschheit.

Aber es ist auch eine Zeit gewaltiger Möglichkeiten. Die wachsende Forderung nach nationaler Souveränität durch die Nationen und Völker der Welt stellt eine enorme Bedrohung für die fortgesetzte Hegemonie der imperialistischen Mächte dar. Sie hat das Potenzial, die Arterien der imperialistischen Ausbeutung, die sie stützen und es ihnen ermöglichen, sich die Komplizenschaft ihrer arbeitenden Klassen zu erkaufen, endgültig zu durchtrennen. Der Untergang des Imperialismus wiederum kann Möglichkeiten für grundlegendere soziale, kulturelle und politische Veränderungen in den Nationen eröffnen, die mit den Hinterlassenschaften einer anhaltenden Unterentwicklung zu kämpfen haben.

Diese Hinterlassenschaften mit ihrer Spur der Zerstörung bedeuten, dass wir uns unsere antiimperialistischen Kräfte nicht aussuchen können – oder unsere Solidarität auf der Grundlage von Reinheitskriterien bestimmen können. In Ländern, die sich im Fadenkreuz des Imperialismus befinden, kann politische und sogar wirtschaftliche Souveränität erlangt werden, ohne die Handels- und Finanzinfrastrukturen in Frage zu stellen, die eine einheimische Bourgeoisie stützen. Vielerorts ist diese Bourgeoisie selbst ein Produkt des Imperialismus, der die Entwicklung des Industriekapitalismus zugunsten eines exportorientierten Handelskapitalismus aufgehalten hat. Mit anderen Worten, die Grundlage einer Bewegung für Souveränität kann, zumindest anfangs, durchaus nicht-sozialistisch sein.

Was bedeutet das für Kommunisten und Sozialisten, die sich in den imperialistischen Ländern organisieren? Es bedeutet, dass wir nicht nur die Staaten unterstützen müssen, die gegenwärtig den Sozialismus aufbauen, sondern auch diejenigen, die sich dem Vormarsch des Imperialismus widersetzen. Es könnte nicht mehr auf dem Spiel stehen. Wird sich das Projekt der Souveränität durchsetzen und den jahrhundertealten Würgegriff der imperialistischen Mächte gegenüber der großen Mehrheit der Weltbevölkerung brechen und zumindest die Möglichkeit eines anderen Weges eröffnen? Oder werden die Kräfte des Imperialismus uns weiterhin auf einen Weg des Krieges und der Umweltzerstörung treiben? Die Antwort hängt von unserem festen und entschlossenen Einsatz für den antiimperialistischen Internationalismus ab.

»Die NATO ist das Hauptproblem in unserer Region.«

0

Beitrag aus der Zeitung zum Kommunismus Kongress 2023


Ende Juli sprachen wir mit Aleksandar Djenic, Exekutivsekretär der „Neuen Kommunistischen Partei Jugoslawiens“ über die Rolle der NATO auf dem Balkan.

Hallo Aleksandar. Wie ist die aktuelle Situation der serbischen Arbeiterklasse? Worin liegen die zentralen Konflikte und Probleme in den ehemaligen Republiken Jugoslawiens?

Das Hauptproblem in unserer Region stellt die Präsenz der NATO dar. Wir können schlecht über soziale Gerechtigkeit reden, ohne die Besatzung zu thematisieren. Diese zu bekämpfen, stellt momentan die oberste Priorität dar. Dabei sind zwar Serbien und Bosnien-Herzegowina als einzige Staaten nicht Teil der NATO, aber insbesondere in Bosnien übt sie auch durch internationale Missionen und „Peace building“-Programme Einfluss aus. Der südliche Teil Serbiens – Kosovo und Metochien – ist darüber hinaus durch die NATO besetzt. Dort befindet sich die größte NATO-Militärbasis auf dem Balkan.

Somit stehen alle Länder des ehemaligen Jugoslawiens unter der Kontrolle der NATO. Die westlichen Staaten sagen zwar, sie würden unsere Region entwickeln wollen, aber praktisch beuten sie unsere Ressourcen aus. Für die arbeitende Bevölkerung bedeutet dies Verarmung und ein großer Teil emigriert nach Westeuropa, um dort zu arbeiten. In unseren Ländern haben wir somit zu wenige arbeitsfähige Menschen. Auch höher Qualifizierte verlassen nach ihren Abschlüssen häufig unsere Länder. Die imperialistischen Staaten wollen somit unsere Region in einer Art „Entwicklungsstadium“ halten. Früher war Serbien der verbliebende „Rumpf Jugoslawiens“,  heute sind wir Teil des „westlichen Balkans“. Derartige Toponyme erinnern mich an die Sprache der Nazis. Es erinnert mich an einen Klassiker, welcher den Klassenkampf auch als Klassenkampf der Begrifflichkeiten verstand. Die Besatzung unserer Länder geht darüber hinaus auch einher mit der Entwicklung von klientelistischen staatlichen Strukturen. So wenden die bestochenen Regierungen häufig „Gangster-Methoden“ an und es ist in diesen Umständen äußerst schwer, beispielsweise Gewerkschaften zu gründen. Es gibt jedoch auch viele Gewerkschaften, welche selbst mit der herrschenden Klasse eng verbunden ist. In Serbien übernahm unter anderem die größte Gewerkschaft große Teile der ehemals sozialistischen Infrastruktur und ist selbst Teil der Bourgeoisie. Darüber hinaus ist unser politisches System seit der zweiten Konterrevolution Anfang der 2000er Jahre sehr undemokratisch. Damit eine Partei an Wahlen teilnehmen kann, müssen seitdem in ungefähr zwei Wochen 10.000 Menschen bei den Behörden ihre Unterstützung für diese melden. Die damals an die Macht gekommene, prowestliche Opposition wollte sich durch solche Reformen kontinuierlichen politischen Einfluss sichern und seitdem haben wir nur liberale, prowestliche Regierungen gehabt. Unsere herrschende Klasse konnte so ungestört durch Privatisierungen unsere gesamte Wirtschaft und Finanzsektoren zerstören. In den 90er Jahren konnten unsere Industrie und Wirtschaft noch das Sanktionsregime des Westens überleben, heute ist von den früheren sozialistischen Strukturen nichts mehr übrig. Länder wie Rumänien oder Bulgarien sind in einer ähnlichen Lage, aber im Unterschied zu Serbien auch Mitgliedsstaaten der NATO. Wir verfügen somit noch vergleichsweise über ein gewisses Maß an Souveränität. Unsere Regierung kann noch Beziehungen führen mit Kuba, Venezuela und anderen sozialistischen bzw. progressiven Staaten. Dies führt jedoch auch dazu, dass die imperialistischen Staaten weiterhin Druck auf unser recht kleines Land ausüben. Unsere Regierung möchte eigentlich einen prowestlichen Kurs fahren, aber die Bevölkerung ist mehrheitlich dagegen. Im Juni ergab eine Meinungsumfrage, dass 70 Prozent der serbischen Bevölkerung gegen Sanktionen gegen Russland sind und 47 Prozent einen Beitritt Serbiens in die EU kategorisch ablehnen. Bei einer Anerkennung des Kosovos als Bedingung wären gar 70 Prozent gegen einen Beitritt und 86 Prozent sprechen sich gegen einen potentiellen NATO-Beitritt aus. Unsere Regierung muss also stets die Balance zwischen den Interessen des westlichen Imperialismus und der serbischen Bevölkerung halten. Die NATO droht jedoch mit Eskalationen der Konflikte in der Region, wenn die serbische Regierung sich nicht an ihre Vorgaben hält. Die NATO ist somit das Hauptproblem in unserer Region und wir versuchen sämtliche progressive Kräfte zu vereinen, um ihre Präsenz zu beenden. Dies stellt auch die Grundbedingung dafür dar, um eine sozialistische Revolution erkämpfen zu können, wobei wir natürlich auch momentan für die soziale Gerechtigkeit im alltäglichen Leben kämpfen.

Kannst du uns vielleicht ebenso erläutern, was aktuell im Kosovo und der Republik Srpska vor sich geht?

Beide Fälle sind anschauliche Beispiele für die Auswirkungen der NATO-Besatzung auf dem Balkan. Bei dem „Dayton-Abkommen“ entschieden die Imperialisten, was mit Bosnien-Herzegowina geschehen sollte. Heute wollen sie die damals erschaffene Republika Srpska zerstören, da sie gemeinsam mit Serbien gute Beziehungen zu Russland haben. Sie nehmen die Region als eine Art potenzielles „Trojanisches Pferd“ auf dem Balkan wahr. Es soll sowohl dort als auch im Kosovo Druck auf die serbische Regierung ausgeübt werden. Personen wie der sogenannte Premierminister des Kosovo Albin Kurti sind nicht das Problem in den Fällen. Er kann selbst ohne die Erlaubnis der USA und Europäischen Union keine Entscheidungen treffen. Unsere Bourgeoisie will uns aber weiß machen, die Albaner oder Kurti seien das Problem. Niemand von ihnen benennt die NATO als das Problem. Ich sehe die letzten Konflikte in Kosovo und der Republika Srpska in erster Linie als Folge der Enthaltung der serbischen Regierung bei der Sanktionierung der Russischen Föderation. Die westlichen Imperialisten haben die Konflikte dabei angezettelt, um Druck auszuüben. Die Türkei und andere Regierungen verkauften Waffen an die Terroristen oder sogenannte „Befreiungsarmee“ des Kosovos. Dabei sind die westlichen Imperialisten momentan zu eingespannt, um in Europa einen zweiten Krieg gegen Serbien führen zu können. Die NATO- Militärbasen in Kosovo, Bosnien und andernorts auf dem Balkan dienen somit momentan lediglich der Entfachung kleinerer Konflikte. Unsere Regierung nutzt diese wiederrum zur Legitimierung der Kooperation mit den westlichen Staaten. Nach ihrer Logik sollen so weitere Eskalationen verhindert werden. Der Kosovo ist wiederum dank des westlichen Imperialismus heute komplett von Mafia-artigen Regierungsstrukturen bestimmt. Die Regierung kontrolliert fast alles in der Region. Obwohl es dort ein Wasserkraftwerk gibt, welche ganz Serbien versorgen könnte, ist die örtliche Stromversorgung unzureichend, da der produzierte Strom hauptsächlich an andere Staaten verkauft wird. Außerdem gibt es große Probleme mit dem Handel von Drogen und ähnlichen Dingen.

Kannst du bitte noch mehr Hintergründe bezüglich der Konflikte in den 90ern geben? Was sieht du als die entscheidenden Dynamiken, welche dazu führten und wie ist die NATO damals genau vorgegangen?

Zu Zeiten der Konterrevolution in den 90ern in Jugoslawien sollte das Land endgültig zerstört werden. Ein Hauptgrund für das Handeln der NATO stellte wohl die militärische Stärke des unabhängigen Landes mitten in Europa dar. Unser sozialistisches Projekt hatte einige Fehler, war aber dennoch für den Großteil der Menschen besser als Konterrevolution und Kapitalismus. Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierten viele Nazikollaborateure und andere antikommunistische Kräfte in den Westen. Verschiedene Geheimdienste wie der BND und die CIA organisierten im Verbund mit diesen nationalistischen Kräften viele Terroranschläge in Jugoslawien. Als dann in den 90er Jahren konterrevolutionäre Proteste begannen, kehrten viele dieser sogenannten „politischen Emigranten“ zurück nach Jugoslawien. Mit westlicher Hilfe gelang es diesen dann, großen Einfluss auf die Bevölkerung auszuüben und diese zu radikalisieren. Während beispielsweise im September 1990 noch 86 Prozent der Bevölkerung Kroatiens gegen die Unabhängigkeit der Republik von Jugoslawien waren, unterstützen bereits im Mai 1991 86 Prozent die Loslösung. Serbische Nationalisten hatten in dem gesamten Prozess ein Interesse an einem weiteren Bestehen Jugoslawiens, in welchem die serbische Nation weiterhin vereint sein werden könne. Der erste kroatische Präsident Franjo Tuđman entfernte dann die seit der Begründung Jugoslawiens bestehende Anerkennung der Serben als Teil Kroatiens aus der Verfassung. Nicht nur dieses Vorgehen weckte Erinnerungen an das Vorgehen kroatischer Nationalisten im Zweiten Weltkrieg. Es tauchten im öffentlichen Leben auch erneut die Symbole der „Ustascha“ und Monarchisten auf. Der erste Krieg in Slowenien dauerte nur vier Tage an, da die jugoslawische Führung durch die immense Präsenz der NATO zur Anerkennung der Sezession Sloweniens gezwungen wurde. Slowenien, Kroatien und Mazedonien wurden so alle zu NATO-Mitgliedstaaten. Zuerst intervenierte die NATO mit der Erklärung den Bürgerkrieg beenden zu müssen und heute ist sie noch immer in der Region, mit der Legitimation, die „wilden Stämme“ voneinander fernhalten und Friedensprozesse initiieren zu müssen. Serbien und Montenegro bildeten zunächst, Mitte der 90er Jahre, eine Art „Atomkern“ zur bezweckten Reintegration Jugoslawiens. Das war jedoch in der Wahrnehmung der Imperialisten nicht das einzige Problem. Unsere Regierung schloss ebenso keine Abkommen mit demInternationalen Währungsfond und der Weltbank ab, da sie nicht bereit war, ihren Finanzsektor zu privatisieren. Zu Zeiten des „Neoliberalen Triumph“ konnte es nicht geduldet werden, dass Jugoslawien 1996 und 1997 ein Wirtschaftswachstum von 7 Prozent verzeichnen konnte und somit eine Alternative zu damals vorherrschenden Paradigmen darstellte. Es folgten die NATO-Intervention in 1999 und eine neue Welle der Konterrevolution Anfang der 2000er Jahre.

Wie müssen wir uns als Kommunisten hinsichtlich der aktuellen NATO-Aggression gegen Russland positionieren?

Wir erachten es als zentral für den antiimperialistischen Kampf gegen die NATO, dass Russland die NATO in der Ukraine besiegt. Dass bedeutet nicht, dass wir Putins Regime in Russland grundsätzlich unterstützen. Ein Sieg Russlands in der Ukraine wäre nicht gleichbedeutend mit einer Auflösung der globalen Widersprüche, aber in diesem Kontext ist es sehr wichtig, dass sämtliche Kommunisten und progressive Kräfte Russland unterstützen. Eine Niederlage der NATO in der Ukraine wäre gleichbedeutend mit einer Schwächung der US-Hegemonie. Der Konflikt in der Ukraine sagt zudem viel über Dynamiken der Konterrevolutionen in den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion aus. Das Vorgehen des „Teilen & Herrschen“ in diesen Regionen erinnert mich sehr an die Vorgänge in unseren Regionen. In der Ukraine wurden mit der Konterrevolution kontinuierlich faschistische Kräfte durch die westlichen Imperialisten gestärkt. Heute ist es offensichtlich, dass der Krieg für die Ukraine nicht zu gewinnen ist. Besonders die diesjährige „Gegenoffensive“ dient offensichtlich nur den Interessen der westlichen Imperialisten einer Schwächung Russlands.

Was sind die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine auf die Arbeit eurer Partei?

Für progressive Kräfte in unserem Land hat der aktuelle Konflikt positive Auswirkungen. Die antiimperialistische Bewegung wächst und auch für die antifaschistische Bewegung ist dies sehr wichtig. Früher hatten wir unter anderem Probleme mit rechtsextremen Hooligan-Gruppierungen, aber seit dem Beginn der Militäroperation der Russischen Föderation, unter dem Label der „Denazifizierung“, sind diese Bewegungen im öffentlichen Leben verschwunden. Inszenierungen als Faschist und damit einhergehende Praktiken wie die Zerstörungen von Partisanen-Denkmälern sind in unserer Gesellschaft sehr unpopulär geworden. Wer sich heute zu Nazikollaborateuren bekennt, kann eher lächerlich gemacht werden, nach dem Motto „Ah, du unterstützt also Zelenskiy, welcher Kinder umbringen lässt?“

»Jeder Aspekt der ghanaischen Wirtschaft wird von ausländischem Kapital beherrscht.«

0

Beitrag aus der Zeitung zum Kommunismus Kongress 2023


Im Juli haben wir Kyeretwie Opoku vom „Socialist Movement of Ghana (SMG)“ interviewt. Mit ihm sprachen wir über die aktuelle politische Situation in Ghana und Westafrika. Darüber hinaus gab er uns wichtige Einblicke in die Rolle des US-Imperialismus und der VR China in der Region, wie auch in die konkreten Vorstellungen von Strategie und Taktik der SMG im Hinblick auf die antiimperialistischen Kämpfe der ghanaischen und afrikanischen Arbeiterklasse. Wir drucken hier auf Deutsch übersetzte Auszüge aus unserem Interview mit ihm ab.

Könnten Sie uns zunächst einen Überblick über die derzeitige politische Situation in Ghana geben? Welchen Kurs verfolgt die Regierung um Nana Akufo-Addo? Was sind die entscheidenden Kämpfe und welche Rolle spielt die SMG in diesen Kämpfen?

Ich denke, es ist zunächst wichtig, hervorzuheben, dass Ghana eine intensiv ausgebeutete Neokolonie des von den USA dominierten westlichen Kapitalismus ist. Das muss klar sein. Die wichtigsten Sektoren unserer Wirtschaft werden von ausländischem Kapital dominiert. Ganz gleich, ob es sich um natürliche Ressourcen, Finanzen, Infrastruktur oder andere Dienstleistungssektoren handelt, die den Export natürlicher Ressourcen erleichtern, ob es sich um Energie oder das Baugewerbe handelt. Selbst wenn wir über die Landwirtschaft sprechen. Es gibt oft den Mythos, dass die Landwirtschaft ein Sektor ist, der unter einheimischer Kontrolle bleibt, weil das Land in Ghana nicht in ausländischer Hand ist.

Die Wahrheit ist, ja, wir haben ein Landbesitzsystem, was bedeutet, dass der formale Rechtsanspruch in den ghanaischen Gemeinden verbleibt. Aber die Handelsbedingungen sind so, dass sowohl die Märkte, auf denen wir verkaufen, als auch die Märkte, auf denen wir kaufen, vollständig vom Kapital beherrscht werden. Es handelt sich also nicht um einen Austausch auf Augenhöhe. Noch wichtiger ist, dass im Laufe der Jahre seit der Kolonialzeit der Aufbau der Landwirtschaft gestört wurde, da die Gemeinden gezwungen waren, sich immer weiter von der Produktion von Nahrungsmitteln und Rohstoffen, die wir im Lande verbrauchten, wegzubewegen und stattdessen Exportprodukte zu produzieren, die an Fabriken in Europa und Amerika, Japan usw. geliefert werden. Jeder Aspekt der ghanaischen Wirtschaft wird also von ausländischem Kapital beherrscht. […]

Nun zur nationalen Politik. Sie wird von einer Kompradoren-Elite beherrscht. Sie wird von Leuten beherrscht, deren persönliches Vermögen und deren soziales Ansehen vollständig von der Unterwerfung unter den Imperialismus abhängt. Und das sind Leute, die sich wirklich keine andere Welt, keine andere Art der Organisation der Gesellschaft vorstellen können. Und das gilt selbst für die liberale Linke, die ein Lippenbekenntnis zu Fragen der nationalen Unabhängigkeit, ein Lippenbekenntnis zum Panafrikanismus und ein Lippenbekenntnis zur Eigenständigkeit ablegt. Das Wirtschaftsmanagement und die wirtschaftspolitische Ausrichtung sind also keine wirkliche Trennlinie in der ghanaischen Wahlkampfpolitik. Es gibt zwei große Parteien, die beide die neoliberale Demontage des ghanaischen Staates unterstützen und das Eindringen des Kapitals in alle verschiedenen Sektoren unserer Wirtschaft, sowohl im kommerziellen als auch im sozialen Bereich, befördern. Beide großen Parteien, eigentlich alle großen Parteien, unterstützen die Unterordnung der wirtschaftlichen Entscheidungsfindung unter das, was sie die internationalen Märkte nennen, oder unter die Institutionen, die die Wertentwicklung auf diesen internationalen Märkten kontrollieren. Auf die Art und Weise wie der IWF die Finanzmärkte kontrolliert, sorgen sie beispielsweise dafür, dass einige Länder der Rückzahlung von privaten Schulden Vorrang vor der Befriedigung der Bedürfnisse ihrer Bürger geben. Das gesamte politische Establishment ist in seiner Einstellung und in seinen Praktiken liberal.

Welchen Einfluss hatte der Kolonialismus auf die Bevölkerung in Ghana und wie konnte unter diesen Umständen die Unabhängigkeit unter Nkrumah erreicht werden? Auch im Hinblick auf die Probleme und Herausforderungen, mit denen Nkrumah und die Convention People‘s Party (CPP) in den 60er Jahren konfrontiert waren, was ihre Vision von afrikanischer Einheit und dem Erreichen echter Souveränität anstelle einer „Flaggensouveränität“ angeht.

Die Erfahrung in Ghana und in vielen anderen Teilen Afrikas war, dass die Mobilisierung für die nationale Unabhängigkeit, die Mobilisierung für die Rückeroberung unseres Landes aus fremden Händen usw. in gewisser Weise viel einfacher war als die Mobilisierung gegen die Imperialisten und die neokolonialen Strukturen der Wirtschaft. In diesem Fall haben Sie es mit Menschen zu tun, die wie Sie aussehen, die Ihre Sprache sprechen und so weiter, und die Tatsache, dass sie jetzt an Ihrer Ausbeutung und Unterdrückung beteiligt sind, ist nicht immer offensichtlich, insbesondere in den Ländern Afrikas, in denen so wenig investiert wurde. Die Briten haben an der Goldküste [Anm. d. Red.: Goldküste war der Name einer britischen Kolonie auf dem Gebiet des heutigen Ghana] sehr wenig in die Bildung investiert – über viele, viele Jahre. Sie hatten also eine große analphabetische Bevölkerung und eine sehr kleine koloniale Elite. Die meisten dieser Eliten waren Kompradoren, und selbst die Nationalisten und linksgerichteten Eliten hatten keine Vorstellung davon, was ein antiimperialistischer Kampf bedeutete und wie weit er über die Unabhängigkeitserklärung hinausging. Dieser Kampf würde weitergehen müssen. Daher befand sich Nkrumah an vielen Punkten des Kampfes, insbesondere ab 1960, in einer schwierigen Lage. […] Er versuchte, den Panafrikanismus aufzubauen und eine neue afrikanische Kolonie zu stabilisieren, er versuchte, auf der globalen Bühne zu intervenieren. Zum Beispiel seine Beteiligung an den Kämpfen in Vietnam und seine Friedensmissionen nach Hanoi und seine Beteiligung am Aufbau einer blockfreien Bewegung und so weiter. Die Forderungen des Internationalismus führten zwangsläufig dazu, dass er einige Probleme in seiner Heimat aus den Augen verlor, und das schuf Raum für seine Feinde, von denen einige nicht einmal wussten, dass sie seine Feinde waren, um sich einzumischen.

Heute ist das Afrika-Kommando des US-Militärs (AFRICOM) immer noch auf dem gesamten Kontinent präsent – speziell in Westafrika. Zudem fand kürzlich die Militäroperation Flintlock in Ghana und Cote d‘Ivoire statt. Konnten die USA nach Nkrumahs Sturz ihre massive militärische Präsenz in der Region aufbauen und wie gestalten sich demnach die Verhältnisse in Westafrika?

Es gibt Ereignisse wie die Operation Flintlock, die, wie ich denke, die größte gemeinsame imperialistische Militäroperation auf afrikanischem Boden in der Geschichte ist. Alle Europäer, die Amerikaner und sogar die Japaner waren vor Ort und führten Marine-, Luftwaffen- und Landoperationen durch. Und sie tun dies in aller Öffentlichkeit, fahren in ihren Uniformen durch die Stadt usw. Was Sie also sehen, ist, wie wir es manchmal analysieren: das koloniale Unternehmen. Es hat sich nie geändert, nie verloren. Es ist eine gewalttätige verdeckte Unternehmung und manchmal eine offene. Und das ist, was passiert ist: Das Versagen von US-Untergebenen wie Frankreich, ihre kolonialen Besitztümer zu verwalten, hat zu einer Situation geführt, in der der Imperialismus das Potenzial einer direkten Wiederaufnahme der kolonialen, direkten politischen Herrschaft über alle unsere Länder in Betracht zieht und erforscht.

Ich weiß, es klingt weit hergeholt, aber die Realität ist, dass Truppen in unserem Land operieren und diese Truppen nicht unserem Recht unterworfen sind. Ich meine, unser Vertrag mit der US-Regierung besagt, dass Straftaten, die von US-Militärangehörigen in Ghana begangen werden, nicht von unserer Polizei untersucht und nicht von unseren Gerichten verfolgt werden können. Wenn also ein US-Soldat morgen ein Schulkind erschießt, können unsere Behörden es nur dem US-Militär übergeben, das es dann mitnimmt, und Sie würden wahrscheinlich nie erfahren, was passiert ist. Wenn sie Eigentum zerstören, wenn sie Gebäude, Brücken usw. in die Luft jagen, können sie dafür nicht haftbar gemacht werden. Das ist eine Negation der Souveränität. Das ist die Situation, in der man sich in die Kolonialzeit zurückversetzt sieht. Der Imperialismus in Form der Regierung der USA übt Rechte aus, die selbst die Briten während der früheren Kolonialzeit nicht zu nutzen wagten.

Wie sehen Sie die Rolle Chinas in Ghana und Afrika? Sowohl in unserer Presse als auch in der linken Bewegung wird der Volksrepublik oft eine Art Wiederholung der altbekannten kolonialen Schuldenfalle vorgeworfen und das Agieren Chinas als Mechanismus der Aufrechterhaltung kolonialer Abhängigkeiten angesehen.

Wenn wir bei der Rückzahlung von Krediten in Schwierigkeiten geraten, ist China immer bereit, sich zusammenzusetzen und zu verhandeln. Das ist keine Wohltätigkeit. Es handelt sich um geschäftliche Transaktionen, bei denen China auch andere Vorteile erwartet. China verschenkt nicht nur seine Ressourcen. Es versucht, fairen Handel und faire Investitionen zu schaffen. China steckt Geld in Dinge wie die Neue Seidenstraße. Diese Initiative leistet einen großen Beitrag dazu, die Infrastruktur der Welt zu vereinen und Transaktionen mit Afrika zu ermöglichen, die bisher nicht realisierbar waren. China spielt also eine konstruktive Rolle in Afrika. Es gibt eine Menge Propaganda, die suggeriert, dass China einfach nur Ressourcen abgibt und so weiter, und die Probleme, die es gibt, aufbläht. Und es gibt Probleme. Wie ich schon sagte, ist China ein Entwicklungsland, das meiner Meinung nach einen Weg einschlägt, der sowohl innovativ als auch klassisch sehr fundiert ist, was die Schriften der großen marxistischen Theoretiker, Marx selbst, Lenin und so weiter, angeht. China hat seinen eigenen Klassenkampf. In China gibt es eine große Kapitalistenklasse, die innerhalb seiner Grenzen operiert. Und das sind Kapitalisten, die kapitalistische Instinkte haben. Überall gibt es den gleichen Ansatz. Die gleichen Dinge, die einen Kapitalisten in Nordamerika antreiben, treiben auch einen Kapitalisten in China an. Sie mögen innovativer sein und so weiter, aber sie haben dieselben grundlegenden Instinkte, was die Akkumulation, den Wettbewerb usw. angeht. Es gibt also chinesische Unternehmen, die sich in Afrika danebenbenommen haben. Daran besteht kein Zweifel. In meinem eigenen Land gab es zum Beispiel chinesische Firmen, die in den illegalen Goldabbau verwickelt waren. Das waren nicht wenige. Das Problem ist aber übertrieben worden. Es wurde maßlos aufgeblasen. Aber das gibt es, und wir sollten das nicht leugnen. […] Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass es sich um einzelne private Akteure handelt. Es handelt sich nicht um die Kommunistische Partei Chinas. Es ist nicht der chinesische Staat, der sich an der Ausbeutung von Afrikanern beteiligt. Und es ist kompliziert, damit umzugehen. Es ist unsere Pflicht als Länder und als Menschen, diese Praktiken zu stoppen, egal ob es sich um Chinesen, Ghanaer, Nigerianer oder andere handelt.

Was ist aus der Perspektive der SMG die Strategie für den Klassenkampf heute? Wie ist der Kampf gegen die neokolonialen Strukturen mit dem Kampf für den Sozialismus verbunden? Gibt es etwas fortschrittliches an den nationalen bürgerlichen Kräften, oder wer wird das Subjekt des sozialen Fortschritts in Ghana oder allgemeiner in Afrika sein?

Je nach dem Stand der Entwicklungen sind in den jeweiligen Ländern natürlich unterschiedliche Kräfte im Spiel. Und in vielen dieser Länder gibt es bedeutende nationale Bourgeoisien, nationale Kapitalisten, die sich mit uns verbünden würden – im Rahmen des Wettbewerbs mit globalen Versicherern, weil ihre eigenen Bestrebungen als aufstrebende Kapitalisten durch die Operationen der globalen transnationalen Unternehmen eingeengt und erdrückt werden. Der globale Kapitalismus ist, was er ist. Er expandiert, er verschlingt, er vernichtet, er formatiert sich neu. Es gibt also kaum eine Chance für afrikanische kapitalistische Formationen zu überleben, ohne einen direkten Konflikt mit den imperialistischen Kräften einzugehen. Also gibt es Bündnisse, die hierauf basieren. Das müssen wir fördern. Diese Bündnisse müssen wir aufbauen. Und wir arbeiten daran. Sowohl innerhalb der sozialen Bewegungen der direkten Opfer des Kapitalismus als auch unter den Konkurrenten des Kapitalismus, die mehr auf ein nationalistisches Bestreben ausgerichtet sind. Dieses gehört nicht zu unseren vordergründigen Zielen, aber jeder Kampf hat sein Gesicht und seine Taktik.

Eine Weltordnung im Wanken?

0

Wir spiegeln hier die Kurzbeiträge der Teilnehmer des Podiums I des Kommunismus-Kongresses 2023, die in der Zeitung zum Kongress veröffentlicht wurden.


Podium I: Samstag 07.10.23, 13:00 Uhr

Arnold Schölzel, Jörg Kronauer, Dimitrios Patelis

Der Abstieg des US-Imperialismus sowie eine sich verändernde Weltordnung ist in der Debatte der Kommunistischen Bewegung ein konstantes Thema. In diesen Diskussionen geht es häufig um den Charakter der VR China und einer sich entwickelnden sogenannten „multipolaren Weltordnung“. Häufig scheint es dabei gesetzt zu sein, dass die USA absteigen, sich die Weltordnung bereits verändert oder dies in absehbarer Zeit tun wird. Mit Blick auf die Geschichte der USA und der amerikanischen Weltordnung fällt jedoch auf, dass es mindestens seit den 1970ern wiederkehrend eine Diskussion über einen Abstieg der US-Herrschaft gibt. Stichwörter sind der Vietnamkrieg, die Öl-Krise, die Asienkrise, die Weltfinanzkrise 2008/2009, die verlorenen Kriege in Irak und Afghanistan usw. In Reaktion darauf gab es Veränderungen im Herrschaftssystem der USA, wie die Ablösung des Bretton-Woods Abkommens, Verlagerungen von US-Truppen, Veränderungen beim IWF und anderen Finanzinstitutionen – die Vormachtstellung der USA an sich blieb jedoch unangetastet.

Es stellt sich also die Frage, ob heute etwas anders geworden ist. Können BRICS und andere internationale Bündnisse Gegenspieler sein, die die US-Herrschaft soweit herausfordern, dass die USA diese Herrschaft nicht mehr retten kann? Was würde dies für den Imperialismus insgesamt bedeuten und was lässt sich konkret über einen „Multipolarismus“ mitteilen? Was haben wir bezüglich kriegerischer Auseinandersetzungen zu erwarten? Auf dem ersten Podium unseres Kongresses wollen wir uns diesen Fragen widmen und konnten dafür drei spannende Referenten gewinnen. Durch kurze Einblicke in ihre Standpunkte zu den Themen des Podium möchten wir einen Vorausblick auf die Diskussion bieten.


Neue Sophismen

Arnold Schölzel war bis 2016 Chefredakteur der jungen Welt und ist Chefredakteur des RotFuchs. Der promovierte Philosoph ist langjähriges Mitglied der DKP und schreibt regelmäßig zur politischen Einschätzung des Ukrainekriegs.

Krieg ist nach Clausewitz und Lenin die Fortsetzung einer bestimmten Politik mit anderen Mitteln, nämlich denen des  Zwangs und der Gewalt. Lenin sah darin eine richtige, wissenschaftliche These, weil es in ihr um die Klassenkräfte geht, die eine jeweilige Politik bestimmen. Er wandte sich daher 1915 gegen die Auffassungen Plechanows und Kautskys, der Weltkrieg habe nichts mit der Politik der Vorkriegszeit zu tun, er sei gewissermaßen ein bedauerlicher Unfall der Geschichte, und warf ihnen vor, die materialistische Dialektik durch Sophistik zu ersetzen: „Die Dialektik verlangt die allseitige Erforschung einer gegebenen gesellschaftlichen Erscheinung in ihrer Entwicklung sowie die Zurückführung des Äußerlichen und Scheinbaren auf die grundlegenden Triebkräfte, auf die Entwicklung der Produktivkräfte und den Klassenkampf.“ (LW, Seite 211)

Lenin kritisierte aber 1916 auch den Mangel an Dialektik in Rosa Luxemburgs „Junius“-Broschüre. Er unterstützte sie bei der Zurückweisung der These von der „Vaterlandsverteidigung“, der fast alle Parteien der II. Internationale gefolgt waren. Er lehnte aber ihre Auffassung ab, deswegen nationale Befreiungskriege im Imperialismus für ein „Phantom“ und letztlich für unmöglich zu erklären. (LW 22, Seiten 314/315). Seine Gegenthese: Jeder imperialistische Krieg kann in einen nationalen, jeder nationale Krieg in einen imperialistischen umschlagen.

Seit dem Eingreifen Russlands in den Krieg der Nationalisten und Faschisten, die 2014 vom Imperialismus in Kiew an die Macht gebracht wurden, tauchen Sophismen der von Lenin genannten Art in der kommunistischen Bewegung erneut auf. Die von einigen Parteien vertretene Behauptung, es handele sich auf beiden Seiten um einen imperialistischen Krieg, ist ein solcher Sophismus. Die Analyse der KPRF oder der RKAP oder anderer Parteien stört dabei offenbar nicht. Mit Internationalismus hat das nichts zu tun, aber sehr viel mit Spaltung.

Die Tatsachen besagen Mitte 2023: Zahlreiche Länder des globalen Südens folgen mehr der konkreten Analyse. Sie treten für eine Verhandlungslösung ein, die der Imperialismus im Frühjahr 2022 vom Tisch gefegt hat. Es deutet sich die Bildung mindestens zweier politischer Lager an. Dazu gehören: Die Mehrheit der UN-Vollversammlung, die BRICS-Staaten, etwa 35 Länder der 55 Staaten umfassenden Afrikanischen Union, der Vatikan und große Teile der Bevölkerung in den imperialistischen Staaten. Deren Meinung kommt nur in Umfragen zum Ausdruck oder manifestiert sich auf Kundgebungen: 50 000 in Berlin am 25. Februar, Zehntausende bei den Ostermärschen.

Das andere Lager bilden rund 30 Mitgliedstaaten von EU und NATO plus etwa weitere 15 Länder. Sie verfolgen das Ziel, Russland dauerhaft zu schwächen und zu kolonisieren. Die Herausbildung des Friedenslagers wird zu Recht als Niederlage des Westens betrachtet. Russland hat sich mit seiner Aktion vom 24. Februar 2022 militärisch verkalkuliert, der Westen hat offenbar einen strategischen Fehler begangen – beginnend mit der NATO-Osterweiterung Mitte der 90er Jahre und der Aufrüstung der Ukraine zu einem antirussischen Vorposten. Die Fehlkalkulation ist mit der des deutschen Imperialismus in beiden Weltkriegen vergleichbar.

Der neue Schematismus ist ein Ausdruck des von Domenico Losurdo so bezeichneten „Westlichen Marxismus“. Unkenntnis und Missachtung der kolonialisierten Völker und ihrer Kämpfe ließen diesen um 1900 entstehen – mit der Ausnahme des „östlichen Marxismus“ Lenins. Aber mit der außerordentlichen, bis heute stattfindenden Entwicklung Chinas, so Losurdo zu recht, geht das „kolumbianische Zeitalter“ zu Ende, werden erstmals rechtlich gleiche Beziehungen für die Mehrheit der Staaten möglich. Und sie nutzen diese neuen Spielräume. Die Kommunisten sollten dieses Ende einer 500jährigen Geschichte nicht verpassen.

Der Krieg gegen die Hegemonie des euroatlantischen Machtblocks hat begonnen

Dimitrios Patelis ist Professor für Philosophie an der Technischen Universität Kreta, Mitglied der World Antiimperialist Platform und des griechischen „Kollektiv des Kampfes für die revolutionäre Vereinigung der Menschheit“.

Die traditionellen Hegemonialmächte – also Nordamerika unter Führung der USA, die Europäische Union unter Führung Deutschlands und das japanisch geführte fernöstliche Machtzentrum – greifen inzwischen zu immer gewaltförmigeren Mitteln der Umverteilung ihrer Einflusssphären, aber auch der Umverteilung ihrer Kontrollmöglichkeiten über unbotmäßige Staaten oder andere politische Akteure und Bündnisse. Durch hybride Beeinflussung oder direkte militärische Einmischung streben sie danach, die Entfaltung eines alternativen Entwicklungspols auf der Erde zu vereiteln, ja überhaupt beliebige Möglichkeiten alternativer Entwicklung zu verhindern. Sie sind bestrebt, mit aller Macht die Herausbildung von Subjekten jeglicher alternativer Varianten der wirtschaftlichen, politischen, militärischen, selbst kulturellen Tätigkeiten verschiedener Länder und Völker zu blockieren.

In meinen Augen handelt es sich also bei diesem Krieg nicht um einen Krieg zwischen Russland und der Ukraine, nicht einmal zwischen Russland und der NATO, sondern um einen beginnenden Krieg gegen den Hegemonialanspruch des alten – noch starken, aber im Abstieg befindlichen – euroatlantischen imperialistischen Machtblocks, der insbesondere in den letzten 30 Jahren der Welt seine neoliberale Ordnung aufzuzwingen vermochte.

„Im Abstieg befindlich“ ist nicht im militärischen Sinne gemeint, denn da steht bekanntlich ein gigantisches Potenzial bereit, das bis zuletzt ausgereizt werden wird, worin die große Gefahr der aktuellen Konfrontation liegt. Es ist vielmehr gemeint im Sinne des Verlustes seiner wirtschaftlichen Position im globalen Kräfteverhältnis – gegenüber dem anderen, aufsteigenden Pol.

Hat der endgültige Abstieg der USA begonnen?

Jörg Kronauer ist Journalist, Mitherausgeber der Nachrichtenseite german-foreign-policy und Autor zahlreicher Bücher – u.a. zum Machtkampf zwischen USA, China und Russland.

Dieser Frage stellte sich Samuel Huntington, der Direktor des Center for International Affairs an der renommierten Harvard University, Ende 1988 in einem Beitrag für die US-Fachzeitschrift Foreign Affairs. Die Tatsache, dass die US-Wirtschaft schwächer werde, treibe zur Zeit viele um, stellte Huntington fest. Hieraus zögen nicht wenige den Schluss, dass mit dem ökonomischen auch der politische Einfluss der USA schrumpfen werde. Zudem werde darauf hingewiesen, dass die wirtschaftliche Schwäche aus einem übermäßigen Militärhaushalt resultiere, den die Vereinigten Staaten benötigten, um ihre globale Macht zu sichern – ein klassisches Zeichen „imperialer Überdehnung“. Traf das zu? Unfug, meinte Huntington. Es stimme, dass keine Macht auf Dauer die Weltpolitik dominieren könne. Manche Staaten schafften dies aber außerordentlich lange. Der Harvard-Professor war sich nach reiflicher Überlegung vollkommen sicher: Die USA zählten dazu.

Vorläufig hat Huntington mit seiner Prognose Recht behalten. Der Zusammenbruch der sozialistischen Systeme in Ost- und Südosteuropa und vor allem der Zerfall der Sowjetunion haben es den Vereinigten Staaten ermöglicht, sich eine zeitlang zur global dominierenden Supermacht aufzuschwingen. Bis vor kurzem konnte den USA niemand wirklich Paroli bieten – nicht die deutsch dominierte EU, mit der die herrschende Klasse der Bundesrepublik so gern zur Weltmacht auf Augenhöhe mit den USA aufsteigen würde, und erst recht keine andere Macht. Inzwischen ändert sich das. Der Grund ist der Aufstieg Chinas. Dessen Wirtschaft ist, wenn man sie nach Kaufkraftparität misst, schon heute stärker als diejenige der USA; in absoluten Dollarwerten wird sie es wohl um das Jahr 2030 herum sein. Der Volksrepublik gelingt es zunehmend, auch technologisch mit den Vereinigten Staaten gleichzuziehen; sogar in einem Krieg, warnen US-Militärs, könnte sich Beijing mit einiger Wahrscheinlichkeit gegen Washington behaupten. Und: Auf lange Sicht haben 1,4 Milliarden Chinesen, sofern sie technologisch gleichziehen können, ein in jeder Hinsicht größeres Potenzial als 330 Millionen US-Amerikaner. Ihr Gewicht brachte noch kein Rivale der USA auf.

Hat also jetzt wirklich der endgültige Abstieg der Vereinigten Staaten begonnen, der schon des öfteren vorhergesagt wurde, aber nie eingetreten ist? Klar ist: Washington hat den Kampf dagegen aufgenommen. Es hat einen Wirtschaftskrieg gegen China gestartet; es versucht, die USA zu reindustrialisieren; es bringt sich militärisch offensiv gegen die Volksrepublik in Stellung; es sammelt Verbündete in Asien, und es dringt darauf, dass auch seine Verbündeten in Europa gegen Beijing die Reihen schließen. Die Spannungen eskalieren, und mit ihnen steigt die Kriegsgefahr.

Krieg tobt bereits jetzt in der Ukraine – faktisch zwischen Russland und dem Westen, der Kiew gegen Moskau mit allen Mitteln unterstützt. Nicht ohne Grund; denn gelänge es ihm, Russland zu besiegen, dann wäre ein anderer Rivale ausgeschaltet, und man müsste nicht mehr damit rechnen, dass er im großen Kampf gegen China Beijing unterstützt. Im Ukraine-Krieg ist nun aber das Unerwartete geschehen: Der Globale Süden unterstützt die westlichen Mächte nicht, beteiligt sich nicht an den Russland-Sanktionen, weigert sich, Moskau zu isolieren. Er wagt, wenn man so will, den politischen Aufstand gegen die bisherige westliche Dominanz. Für Washington verkompliziert das zusätzlich den Versuch, seinen Abstieg zu verhindern; er kommt näher.


Die Texte der Referenten wurden für diese Zeitung verfasst, nur der Text von Dimitrios Patelis ist ein Zitat aus: „Die ukrainische Phase eines dritten Weltkriegs? Interview mit Dimitrios Patelis“, in: Marxistische Blätter (4) 2022, S. 1-12.

Was kostet ein Kommunismus Kongress? Spendenaufruf aktuell! 

0

Aktuell sammeln wir Spenden für die Durchführung des Kommunismus Kongresses 2023 in Berlin. Seit Mitte August ist bereits ein beachtlicher Betrag zusammengekommen, wofür wir uns herzlich bedanken möchten! Dieses Geld ermöglicht erst den diesjährigen Kommunismus Kongress, mit dem wir in Deutschland einen Beitrag leisten wollen zum Kampf gegen den Imperialismus und für den Sozialismus. Dafür haben wir ein vielseitiges Programm zusammengestellt, um zu diskutieren, zu lernen und Klarheit zu gewinnen. Wir freuen uns, mit euch allen Anfang Oktober in Berlin diskutieren zu können! Unsere Einnahmen decken aber leider bei weitem noch nicht unsere Ausgaben. Wir haben keine Kosten und Mühen gescheut, um Experten, Aktivisten und Autoren aus aller Welt an einen Ort zu holen.  

Um euch zu zeigen, was die Durchführung eines Kongresses in dieser Form kostet, d. h. wofür Ticketeinnahmen und Spenden eingesetzt werden, haben wir hier eine kleine Aufstellung der Ausgaben für den Kongress für euch: 

Miete der Veranstaltungsräume: 6210 € 
Übersetzung vor Ort und Technik dafür: 2650 € 
Unterbringung und Reisekosten Referenten: 3361 € 
Druck der Zeitung zum Kommunismus-Kongress: 957 € 
Weitere Flyer und Werbung: ca. 2500 € 
Sonstige Kosten (Material vor Ort, Technik,…): 600 € 

Der Kongress kostet also ca. 16.278 €. Auf der Einnahmen-Seite stehen vor allem die Ticketeinnahmen – und eure Spenden!  

Kauft jetzt euer Ticket, wenn ihr es noch nicht getan habt und spendet auf folgendes Konto, um die Durchführung des Kongresses zu ermöglichen – auch kleine Beträge helfen! 

Kontoinhaber: Verein für internationale Bildung und Solidarität 
IBAN: DE88 8605 5592 1090 3249 91 
BIC: WELADE8LXXX 
Verwendungszweck: Spende Kongress 

Oder via Paypal an kongress2023@gmx.de 

Auf einen erfolgreichen Kongress! 

Solidarity with Zaid means fighting imperialism and the colonial asylum regime!

0

The German authorities want to set an example of our comrade Zaid Abdulnasser, a member of the Palestinian prisoner solidarity network Samidoun. They have withdrawn the right of residence of the young Palestinian, who fled from Syria to Germany and has been waiting here for years for his naturalisation. He is defending himself legally and politically. We and many others are behind him.

Upswing of the Palestinian liberation struggle

The comrades of Samidoun have been the focus of state repression and anti-Palestinian agitation in Germany for a long time: again and again their demonstrations are banned and stopped by force, the media spread lies against them and in June this year the German-Israeli Society demanded the banning of the organization according to paragraph 129b (an „anti-Terror-Paragraph“). We see the main reason for these attacks in the fact that Samidoun, as a young organization with young activists who did not grow up in the West but mostly in the Arab Diaspora, most strongly embodies the Palestinians‘ and especially the younger generations‘ urge for unity of resistance and for uncompromising against Zionist colonialism.

This urge is also the Palestinians‘ greatest hope and is currently fuelling the struggle for liberation in Palestine to an extent that we have not seen since the Second Intifada: In Jenin, Nablus, Tulkarem and other places in the West Bank, cross-organisational and cross-currents of brigades have formed, which have taken up the armed struggle against the occupation regime and are carrying it out on a daily basis. In Gaza, too, the factions of the resistance are cooperating ever more closely. While the Gaza Strip has been a no-go area for the Zionists for a decade and a half, the West Bank has now also turned into a dangerous terrain for settlers and soldiers, and resistance actions are also taking place again and again in the 48 Areas, i.e. in Israel.

Imperialist asylum system

Even though the „postmodern“ bourgeois discourse likes to proclaim that migration is something „quite normal“ that has always existed: most people do not voluntarily leave their homes, families and friends, and many „migrants“ are refugees, whether they flee because of war, displacement, persecution or poverty. At the same time, the European asylum system was indeed a consequence of the Second World War and thus an achievement. But it was also a treaty between the colonial powers and the other imperialist states of Western Europe and North America, and therefore never intended for the colonized peoples of Africa, Asia and Latin America. Nevertheless, it is above all millions of people from the poor countries who have had to make use of the right to asylum and the right to stay in the last 75 years – and who have fought for it even against the will of the rulers! Hundreds of thousands have paid for this with their lives.

The reason why especially people from the South and East had to lay claim to this right is, of course, that the imperialist West covered and still covers their countries with war and (neo)colonial exploitation. In Palestine in particular, with the onset of the ongoing Nakba in 1947, a large part of the indigenous population was turned into refugees, who to this day live in camps inside and outside Palestine and have no citizenship.

These people from Asia, Africa and Latin America are pushing into the centers of global exploitation and oppression in Europe and North America to enjoy some of the wealth stolen from their countries and the relative peace based on that wealth. In doing so, they are rebelling, whether consciously or unconsciously, against the basic laws of imperialism, which are: The over-exploited have to stay in the periphery, except when they are called to the center as cheap labor. If these people then also speak out politically here, denounce the injustice of the imperialist world system, name the reasons for their flight and attack the imperialist state, they become the enemy that must be fought and smashed.

It is therefore no wonder that state repression in Germany hits migrant revolutionary organizations particularly hard. Palestine, as the last colony openly occupied by Europeans, where the indigenous people bitterly resist, where the imperialism of the West is most openly revealed, must seem particularly dangerous to the ruling class in this country. In addition, the pro-Zionist raison d’état is an enormously important part of the legitimisation of the ruling class in Germany. And finally: the Palestinians enjoy great sympathy among the peoples of the so-called Third World and especially the Muslim world. On the issue of Palestine, therefore, most migrant communities in Germany, which can otherwise unfortunately all too often be played off against each other according to the divide and rule principle, are united.

For the right to stay and the right to return!

The Zaid case impressively shows how the German authorities use migration and asylum law as a political weapon: They can apparently neither simply ban Samidoun nor prove that comrade Zaid has committed a concrete crime. Instead, they use his „status“ as a refugee, which is ultimately nothing more than a racist legal construct that deprives him of his basic rights. As with all repression, it is not about him alone, but above all about intimidating all of us. The message is clear: Palestinians are not allowed to express themselves politically in the FRG, they are not allowed to denounce colonialism in their home country and they are not allowed to fight against it. Those who do risk not only never being naturalized and thus being able to live here with equal rights, but even losing their asylum and being deported. We advocate that the Palestinians‘ struggle for their national liberation in all its forms can be openly supported and propagated in this country, that Palestinians not only get security and residence, but that they can fully exercise their political rights!

The political oppression of the Palestinians in Germany by means of criminal and migration law is the counterpart of their oppression and expulsion in their homeland, they are two edges of the same sword, that of the imperialists and colonial masters. Accordingly, both sides must also be fought by us: The struggle for the right to stay for Zaid and all other Palestinians and their right to naturalization in Germany does not contradict the struggle for the liberation of their homeland and the right of return of the Palestinians, but is rather its flip side! In both cases, it is about the very concrete rights of the Palestinians: the freedom to stay here and the freedom to return to Palestine. And in both cases, victory means a blow against imperialism, which wants the Palestinians neither there nor here.

At the same time, the attack on the democratic rights of the Palestinians is an attack on the democratic rights of all: all those who fight against oppression and occupation, against imperialism, exploitation and war are to be intimidated. Zaid is hit, but all those who fight for the liberation of Palestine, who fight against (neo)colonial oppression, against racism, are meant! They are using Zaid’s precarious legal situation to isolate and break him. Let’s show that he is not alone, not isolated. Let’s show that an attack on him is an attack on all of us! Solidarity is our strongest weapon against their repression, their racism, their terror!

Solidarity with Zaid! Fight state racism! Down with imperialism!

Solidarity with Samidoun! Freedom for Palestine – from the river to the sea!

Kein Berufsverbot für Luca! 

0

Der angehende Lehrer Luca steht kurz vor seinem Referendariat. Nun soll aus politischen Gründen verhindert werden, dass er Lehrer wird. Was ist passiert? Auf der 1. Mai Demonstration 2021 in Frankfurt kam es zu Angriffen der Polizei auf die Demo. Mehrere Demonstranten wurden dabei schwer verletzt. Als ein Rauchtopf neben dem Kopf eines verletzten Demoteilnehmers am Boden landete, hat Luca den Rauchtopf zur Seite geworfen, um diesen zu schützen. Jetzt steht er wegen des Vorwurfs des schweren Landfriedensbruchs und Körperverletzung vor dem Landgericht Frankfurt. Im ersten Urteil wurde Luca zu einer hohen Geldstrafe verurteilt und vorbestraft. Die Staatsanwaltschaft legte unverzüglich Revision ein, um ein noch höheres Urteil zu erwirken. Die Unverhältnismäßigkeit dieses harten Urteils ist politisch motiviert, denn Luca soll wegen seiner Vorstrafe nun sein Referendariat nicht mehr antreten dürfen. 

Wir fordern die sofortige Einstellung des Verfahrens und Freispruch für Luca!

Luca soll Lehrer werden!

Unterschreibt die Petition auf change.org

Kommt zur Soli-Kundgebung beim Gericht in Frankfurt/Main!

Am 27.09. um 9 Uhr findet vor dem Landgericht Frankfurt der nächste Gerichtstermin und eine Soli-Kundgebung mit Luca statt. 

Solidarität mit Luca! Gemeinsam gegen ihre Repression! 

Hier der Link zur Petition: https://chng.it/7LLKWKkxSG

Mehr Infos zum Fall: https://www.unsere-zeit.de/kein-berufsverbot-fuer-luca-4783675/

Solidarität mit Zaid heißt Kampf dem Imperialismus und dem kolonialen Asylregime!

0

An unserem Genossen Zaid Abdulnasser, Mitglied des palästinensischen Gefangenen-Solidaritätsnetzwerks Samidoun, soll ein Exempel statuiert werden: Die deutschen Behörden haben dem jungen Palästinenser, der aus Syrien nach Deutschland geflohen ist und hier seit Jahren auf seine Einbürgerung wartet, das Aufenthaltsrecht entzogen. Er setzt sich juristisch und politisch zur WehrWir und viele andere stehen hinter ihm.

Aufschwung des palästinensischen Befreiungskampfs

Die Genossen von Samidoun stehen schon länger im Fokus der staatlichen Repression und der anti-palästinensischen Hetze in Deutschland: Immer wieder werden ihre Demos verboten und mit Gewalt unterbunden, Medien verbreiten Lügen gegen sie und im Juni diesen Jahres forderte die Deutsch-Israelische Gesellschaft das Verbot der Organisation nach Paragraph 129 b. Wir sehen diese Angriffe vor allem darin begründet, dass Samidoun als junge Organisation mit jungen Aktivisten, die nicht im Westen, sondern größtenteils in der arabischen Diaspora aufgewachsen sind, den Drang der Palästinenser und besonders der jüngeren Generationen nach Einheit des Widerstands und nach Kompromisslosigkeit gegenüber dem zionistischen Kolonialismus am stärksten verkörpert

Dieser Drang ist zugleich die größte Hoffnung der Palästinenser und befeuert den Befreiungskampf in Palästina derzeit in einem Maße, wie wir es seit der Zweiten Intifada nicht mehr erleben konnten: In Jenin, Nablus, Tulkarem und anderen Orten in der Westbank haben sich organisations- und strömungsübergreifende Brigaden gebildet, die den bewaffneten Kampf gegen das Besatzungsregime aufgenommen haben und tagtäglich austragen. Auch in Gaza kooperieren die Fraktionen des Widerstand immer enger. Während der Gaza-Streifen für die Zionisten schon seit anderthalb Jahrzehnten eine No Go-Area ist, hat sich auch die Westbank mittlerweile in ein gefährliches Terrain für Siedler und Soldaten verwandelt, und auch in den 48er Gebieten, also in Israel, kommt es immer wieder zu Widerstandsaktionen.

Imperialistisches Asyl-System

Auch wenn der „postmoderne“ bürgerliche Diskurs so gerne verkündet, dass Migration etwas „ganz normales“ ist, das es schon immer gab: Die meisten Menschen verlassen nicht freiwillig ihre Heimat, ihre Familien und Freunde und viele „Migranten“ sind Geflüchtete, ob sie nun wegen Krieg, Vertreibung, Verfolgung oder Armut fliehen. Zugleich war das europäische Asylsystem zwar eine Konsequenz aus dem Zweiten Weltkrieg und somit eine Errungenschaft. Aber es war auch ein Vertrag zwischen den Kolonialmächten und den anderen imperialistischen Staaten Westeuropas und Nordamerikas, und daher nie gedacht für die kolonisierten Völker Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Trotzdem sind es vor allem Millionen Menschen aus den Ländern des Trikonts, die das Recht auf Asyl und Bleiberecht in den letzten rund 75 Jahren in Anspruch nehmen mussten – und die es sich auch gegen den Willen der Herrschenden erkämpft haben! Dafür haben Hunderttausende mit ihrem Leben bezahlt.

Der Grund, warum vor allem Menschen aus dem Süden und Osten Anspruch auf dieses Recht erheben mussten, liegt natürlich darin, dass der imperialistische Westen ihre Länder mit Krieg und (neo)kolonialer Ausbeutung überzogen hat und noch immer überzieht. Gerade in Palästina wurde mit Beginn der anhaltenden Nakba 1947 ein Großteil der einheimischen Bevölkerung zu Flüchtlingen gemacht, die bis heute in Lagern innerhalb und außerhalb Palästinas leben und keine Staatsangehörigkeit haben. Diese Menschen aus Asien, Afrika und Lateinamerika drängen in die Zentren der globalen Ausbeutung und Unterdrückung in Europa und Nordamerika, um hier in den Genuss eines Teils der Reichtümer zu kommen, die aus ihren Ländern geraubt wurden, und des relativen Friedens, der auf diesem Reichtum basiert. Damit rebellieren sie, ob bewusst oder unbewusst, gegen die grundlegenden Gesetze des Imperialismus, die lauten: Die Überausgebeuteten haben in der Peripherie zu bleiben, außer wenn sie als billige Arbeitskräfte ins Zentrum gerufen werden. Wenn sich diese Menschen hier dann auch noch politisch zu Wort melden, die Ungerechtigkeit des imperialistischen Weltsystem anprangern, die Gründe für ihre Flucht benennen und den imperialistischen Staat attackieren, werden sie zum Feind, der bekämpft und zerschlagen werden muss.

Daher ist es kein Wunder, dass die staatliche Repression in Deutschland migrantische revolutionäre Organisationen besonders hart trifft. Palästina, als letzte offen von Europäern besetzte Kolonie, wo die Indigenen erbittert Widerstand leisten, wo der Imperialismus des Westens am offensten zutage tritt, muss den Herrschenden hierzulande als besonders gefährlich erscheinen. Hinzu kommt, dass die pro-zionistische Staatsräson ein enorm wichtiger Bestandteil der Legitimierung der herrschenden Klasse in Deutschland ist. Und schließlich: Die Palästinenser genießen große Sympathie unter den Völkern der sogenannten Dritten und vor allem der muslimischen Welt. In Sachen Palästina sind daher die meisten migrantischen Communities in der BRD, die sonst leider allzu häufig nach dem Prinzip teile und herrsche gegeneinander ausgespielt werden können, einig.

Für Bleiberecht und Rückkehrrecht!

Der Fall Zaid zeigt eindrücklich, wie die deutschen Behörden das Migrations- und Asylrecht als politische Waffe einsetzen: Sie können offenbar weder Samidoun einfach verbieten, noch dem Genossen Zaid eine konkrete Straftat nachweisen. Stattdessen nutzen sie seinen „Status“ als Flüchtling, der letztlich nichts anderes ist, als ein rassistisches juristisches Konstrukt, das ihm seine Grundrechte vorenthält. Wie bei jeder Repression geht es nicht um ihn allein, sondern vor allem auch darum, andere einzuschüchtern. Die Ansage ist klar: Palästinenser dürfen sich in der BRD nicht politisch äußern, sie dürfen den Kolonialismus in ihrem Heimatland nicht anprangern und nicht dagegen ankämpfen. Wer es doch tut, riskiert nicht nur, niemals eingebürgert zu werden und so gleichberechtigt hier leben zu können, sondern sogar sein Asyl zu verlieren und deportiert zu werden. Wir treten dafür ein, dass der Kampf der Palästinenser für ihre nationale Befreiung in all seinen Formen hierzulande  offen unterstützt und propagiert werden kann, dass Palästinenser nicht nur Sicherheit und Aufenthalt bekommen, sondern dass sie ihre politischen Rechte voll und ganz ausüben können!

Die politische Unterdrückung der Palästinenser in Deutschland mittels Straf- und Migrationsrecht ist das Gegenstück zu ihrer Unterdrückung und Vertreibung in ihrer Heimat, es sind zwei Schneiden ein- und desselben Schwertes, dem der Imperialisten und Kolonialherren. Entsprechend müssen auch beide Seiten von uns bekämpft werden: Der Kampf für das Bleiberecht für Zaid und alle anderen Palästinenser und ihr Recht auf Einbürgerung in Deutschland steht nicht im Widerspruch zum Kampf für die Befreiung ihrer Heimat und das Rückkehrrecht der Palästinenser, sondern ist vielmehr dessen Kehrseite! In beiden Fällen geht es um die ganz konkreten Rechte der Palästinenser: die Freiheit hier zu bleiben und die Freiheit nach Palästina zurückzukehren. Und in beiden Fällen bedeutet ein Sieg einen Schlag gegen den Imperialismus, der die Palästinenser weder dort noch hier haben will.

Zugleich ist der Angriff auf die demokratischen Rechte der Palästinenser ist ein Angriff auf die demokratischen Rechte aller: Alle, die gegen Unterdrückung und Besatzung, gegen Imperialismus, Ausbeutung und Krieg kämpfen, sollen eingeschüchtert werden. Zaid ist getroffen, aber alle die für die Befreiung Palästinas kämpfen, die gegen (neo)koloniale Unterdrückung, gegen Rassismus kämpfen, sind gemeint! Sie nutzen die prekäre rechtliche Lage von Zaid, um ihn zu isolieren und zu brechen. Zeigen wir, dass er nicht allein, nicht isoliert ist. Zeigen wir, dass ein Angriff auf ihn, ein Angriff auf uns alle ist! Solidarität ist unsere stärkste Waffe gegen ihre Repression, ihren Rassismus, ihren Terror!

Solidarität mit Zaid! Kampf dem staatlichen Rassismus! Nieder mit dem Imperialismus!

Solidarität mit Samidoun! Freiheit für Palästina – vom Fluss bis zum Meer!

Stoppt die Sanktionen gegen Niger – panafrikanische Resolution

0

Redaktionsnotiz: Wir veröffentlichen hier die Übersetzung der „Erklärung der revolutionären, panafrikanischen Organisationen zu den unrechtmäßigen und unmenschlichen Sanktionen, die die ECOWAS gegen Niger verhängt hat“. Sie wurde zuerst am 26. August 2023 von drei westafrikanischen Organisationen veröffentlicht. Am 7. September wurde sie vom „Thomas Sankara Center“ erneut veröffentlicht mit mittlerweile 55 unterzeichnenden Organisationen. Wir unterstützen die Forderungen der panafrikanistischen und revolutionären Organisationen nach dem sofortigen Ende der Sanktionen durch ECOWAS und das Ende der (neo)kolonialen Unterwerfung der Völker Westafrikas.

Zuletzt wurde berichtet, dass auch die EU Sanktionen gegen Niger plant. Dagegen gilt es zu protestieren! Wir waren in verschiedenen Städten bereits auf der Straße und werden den Protest gegen den Neokolonialismus unserer Regierung und für die Solidarität mit den Völkern Westafrikas fortsetzen. Während Deutschland, Frankreich und die USA so tun, als würde es um das Wohl der Bevölkerung gehen, zeigen ihre Taten, dass es offensichtlich nicht so ist: Hilfslieferungen wurden direkt nach dem Putsch eingestellt und nun wird über weitere Sanktionen beraten. Sanktionen sind ein besonders perfides Mittel der Kriegsführung, unter dem die lokale Bevölkerung leidet und das oft nicht als solches benannt wird, wie wir bereits in Bezug auf Syrien darstellten.

Baerbock, von der Leyen und Co. sind diejenigen, die Hunger als Waffe einsetzen! Eine militärische Intervention, die Frankreich und die ECOWAS bereits planen, wäre fatal für die Region. Hände weg von Niger!

Kameraden im Kampf, Kämpfer für die Befreiung Afrikas, Freunde der afrikanischen Völker

Wir, die revolutionären panafrikanischen Organisationen, erheben unsere Stimme mit unerschütterlicher Entschlossenheit, um die unmenschlichen und illegitimen Sanktionen anzuprangern, die von der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) und der Währungsunion Westafrikanischer Staaten (UEMOA) gegen Niger verhängt und von den imperialistischen und ausbeuterischen Ländern, die unseren Kontinent weiterhin ausbluten lassen, sklavisch inszeniert wurden.

Nach dem Militärputsch in Niger beschloss die ECOWAS am Ende der Konferenz der Staatsoberhäupter in Abuja am 30. Juli, demütigende und illegitime Sanktionen gegen Niger zu verhängen. Diese Sanktionen führten schnell zu steigenden Lebensmittelpreisen im Land, einer verringerten Stromversorgung und der Unzugänglichkeit Arzneimittel, Schwierigkeiten bei Bankgeschäften, Einschränkungen des Waren- und Personenverkehrs usw. Diese unmenschliche Situation verschlimmert die Lage der Bevölkerung, die bereits unter der Regierungskrise unserer neokolonialen Staaten leidet.

Die ECOWAS, die sich in der Vergangenheit als Bollwerk afrikanischer Solidarität verkleidet hat, hat die Massen verraten, indem sie behauptete, im Namen der regionalen Stabilität zu handeln. In Wirklichkeit handelt es sich um ein Instrument im Dienst kapitalistischer Interessen, denen das Leid des nigrischen Volkes egal ist. Diese ungerechten Sanktionen zielen lediglich darauf ab, den Widerstand zu ersticken und die Ausbeuter auf Kosten der Unterdrückten zu schützen.

Der barbarische Imperialismus hat unsere Institutionen infiltriert und die Führer korrumpiert, die die Zukunft unserer Brüder und Schwestern für eine Handvoll Münzen verkaufen. Wir sagen laut und deutlich, dass es an der Zeit ist, die Ketten dieser wirtschaftlichen Tyrannei zu sprengen. Die imperialistischen Länder werden nicht über unser Schicksal entscheiden, denn unser Schicksal liegt in unseren eigenen Händen, in denen eines stolzen und vereinten Afrikas.

Wir starten einen lautstarken Aufruf zum Widerstand und Ungehorsam gegenüber den Diktaten derer, die sich von unserem Elend ernähren. Wir werden die Machtspiele, die unserem Kontinent seines Reichtums und seines Rechts auf Selbstbestimmung berauben, nicht länger hinnehmen. Die Ausbeuter werden vor der kollektiven Stärke des afrikanischen Volkes erzittern.

Dies ist für uns als engagierte panafrikanische Organisationen eine Gelegenheit, die aktive Solidarität der algerischen, burkinabeischen, guineischen und malischen Behörden mit der kämpfenden Bevölkerung Nigers zu begrüßen. Wir laden die Völker Afrikas ein, sich im Kampf für die völlige Befreiung und Vereinigung Afrikas durch Massenbildung zusammenzuschließen.

An die ECOWAS fordern wir die Aufgabe der Absicht einer militärischen Intervention und die sofortige Aufhebung der gegen Niger verhängten Sanktionen sowie die kategorische Ablehnung ausländischer Einmischung in unsere Angelegenheiten. Unser Kampf wird nicht durch die hinterhältigen Taktiken der Neokolonialisten erstickt. Wir erklären unsere unerschütterliche Unterstützung für die Menschen in Niger, die sich mutig der Unterdrückung widersetzen.

Als Hüter des Erbes vergangener Kämpfe verpflichten wir uns, eine bessere Zukunft für unseren Kontinent aufzubauen. Wir verkünden unser Bekenntnis zur panafrikanischen Solidarität und zum Kampf gegen alle Formen der Ausbeutung und Unterdrückung. Wir sind die würdigen Erben der afrikanischen Freiheitskämpfer und wir werden unsere heilige Pflicht nicht vernachlässigen.

Wir rufen unsere Brüder und Schwestern, Jung und Alt, Bauern und Arbeiter, Studenten und Intellektuelle auf, aufzustehen und Unterdrückung in all ihren Formen abzulehnen. Unsere Revolution ist nicht verhandelbar. Wir fordern die völlige Befreiung Afrikas von der imperialistischen Herrschaft!

Ouagadougou

7. September 2023

Thomas Sankara Zentrum für afrikanische Befreiung und Einheit (Burkina Faso)

For revolutionary Pan-African organizations

Burkina Faso

  • Le Cadre deux heure pour nous, deux heures pour Kamita
  • Collectif Burkim-Bii Pour le Renouveau Démocratique 
  • Union des jeunes pour une nouvelle vision
  • Convergence nationale pour la renaissance

Niger

  • Fédération syndicale mondiale du Niger
  • L’Union des syndicats libres des travailleurs du Niger
  • Tous Pour La République

Mali

  • Forum des Organisations de la Société Civile du Mali
  • Mouvement des Sans Voix

Nigeria

  • Movement for African Emancipation
  • Amilcar Cabral Ideological School Movement

Ghana

  • Economic Fighters League
  • Pro-Nkrumah Unity Movement, West Afrika

Senegal

  • Front pour une Révolution Anti-impérialiste Populaire et Panafricaine

Benin

  • Conseil Général de la Jeunesse Patriotique
  • Union de la Jeunesse Communiste du Bénin

Gambia

  • Gom Sa Bopa Movement

Guinea-Bissau

  • Associação de Jovens Pan-Africanistas e Revolucionários

Democratic Republic of the Congo

  • Mouvement Citoyen BISO PEUPLE
  • Cercle des Pan Africanistes congolais
  • Congo Ubuntu
  • Mouvement des PanAfricanistes pour la libération du Congo et de l’Afrique
  • le populaire de citoyen et du Pan Africanisme
  • Quatrième voie

Kenya

  • Githurai Social Justice Center
  • African Stream

Azania

  • Black House Kollective Soweto

The Americas

  • Left Alliance for National Democracy and Socialism- LANDS (Jamaica) 
  • Troïka Collective (The Americas)
  • Firoze Manji – Daraja Press (Canada)
  • United African Diaspora (Canada)
  • United for Change (Canada) 
  • African Pride Club (US)
  • Lowcountry Action Committee (US) 
  • Black Alliance for Peace- BAP (US)
  • Mass Emphasis Children’s History & Theatre Company (US)

Europe

  • Assata Bibliothèque Activiste (Norway) 
  • ARISE (Norway)
  • Black Liberation Alliance (UK)
  • Aya Afrikan Learning (UK)
  • Stop the Maangamizi: We Charge Genocide/Ecocide Campaign- SMWECGEC (UK)
  • Pan-Afrikan Reparations Youth Forum- PARYF (UK) 
  • Black Power Frankfurt (Germany)
  • Africa United Sports Club (Germany)
  • Migrantifa Mainz (Germany) 
  • Migrantifa NRW(Germany) 
  • l’Association NOUS (France)

International

  • La Ligue Panafricaine – UMOJA
  • Parti révolutionnaire de tous les peuples africains- PRTPA/ All-African People’s Revolutionary Party- A-APRP
  • MAATUBUNTUBUSUAFO-PAGNOCOR, Pan-Afrikan Grassroots Network of
  • Communities of Resistance
  • Mwamko
  • Coalition for the Elimination of Imperialism in Africa

Quelle: https://hoodcommunist.org/2023/09/07/55-pan-african-organzations-oppose-sanctions-on-niger/