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Spaltung und Selbstzensur: Der Antikriegstag 2023

Rund um den diesjährigen Antikriegstag waren wir in BerlinBremenChemnitzDresden, Duisburg, DüsseldorfErfurtEssenFrankfurt am MainLeipzigMannheim und Neuss auf der Straße. Wir traten mit kämpferischen Positionen gegen die NATO auf, warben für den anstehenden Kommunismus Kongress, verteilten unsere Kongress-Zeitung und unsere diesjährige Stellungnahme zum Weltfriedenstag, hielten Reden, trugen das Grußwort des ukrainischen Genossen Alexej Albu von Borotba vor und führten Diskussionen. Außerdem organisierten wir an diesem Wochenende mehrere Veranstaltungen zu den Themen Antiimperialismus und nationaler Befreiung in Bezug auf Westafrika, die Ukraine und das BRICS-Bündnis sowie zu unserem Vorhaben eines kommunistischen Klärungsprozesses.

Zwischen NATO-Sprech und Selbstzensur 

Wie schon im letzten Jahr und zuletzt bei vielen Ostermärschen war auch auf den allermeisten Kundgebungen zum diesjährigen Antikriegstag die Rede vom „russischen Angriffskrieg“. Zudem wurde häufig eine konkrete Auseinandersetzung mit dem Ukrainekrieg eher vermieden, um stattdessen auf die sozialen Folgen der Aufrüstung und des Wirtschaftskriegs für Deutschland zu sprechen zu kommen. Interessanter- und umso bedauerlicherweise waren dafür nicht nur Kräfte verantwortlich, die selbst eine äquidistante Position vertreten, sondern auch solche, die eigentlich eine starke Anti-NATO-Haltung an den Tag legen. Derlei Selbstzensur wurde meist damit begründet, man „müsse die Leute da abholen, wo sie stehen“. Wir halten Selbstzensur und die Wiederholung von NATO-Floskeln allerdings nicht für die korrekte Anwendung dieser grundsätzlich richtigen Devise. In verschiedenen Städten hatten wir zudem den Eindruck, dass die Teilnehmer und das Publikum der Proteste durch diese Politik eher enttäuscht und gelangweilt wurden und mit der Zeit abgeschreckt werden.

Es gab jedoch auch Veranstaltungen, die explizit eine äquidistante Position vertraten und die somit in der Konsequenz den antirussischen Kurs der Bundesregierung von ‘links’ aus mit vermeintlich friedenspolitischen Positionen legitimieren. So etwa in BerlinFrankfurt am Main und Leipzig. Das Hauptanliegen dieser Veranstaltungen bestand in der Gegnerschaft zum „russischen Angriffskrieg“. Die Forderung an die Bundesregierung zum Stopp der Waffenlieferung muss vor diesem Hintergrund notwendig widersprüchlich ausfallen, auf jeden Fall verhallt sie.

Linkspartei: vor der Spaltung oder der Zersplitterung?

Die Rolle und die bevorstehende Spaltung der Partei Die Linke (PdL) begegnete uns in mehreren Städten. In Berlin etwa nahmen führende Persönlichkeiten der PdL eine zentrale Rolle bei einer Demonstration ein, die sich dezidiert mit ihrer äquidistanten Positionierung als Alternative zur traditionellen Antikriegstags-Kundgebung inszenierte. In anderen Städten, wie etwa Bremen oder Neuss, traten mit Amira Mohamed Ali und Andrej Hunko dagegen PdL-Vertreter als zentrale Redner auf, die dem sog. Wagenknecht-Lager zugerechnet werden. Teile der Friedensbewegung scheinen auf die Kräfte dieses „Lagers“ zu hoffen. Doch wie wir bereits an anderer Stelle kritisierten, kommen auch von Wagenknecht und Co. vor allem pazifistische Phrasen, während man den Ukrainekrieg und seine politische Bedeutung selbst weitgehend ausklammert, um sich auf soziale Fragen zu fokussieren.

Angesichts der Gerüchte um die Auflösung von Marx21i scheint es mit Blick auf die PdL richtiger zu sein, von einer Zersplitterung denn von einer Spaltung zu sprechen, die sich aktuell anbahnt: Neben den beiden großen Lagern, auf die auch die bürgerlichen Medien schauen, gibt es in der Linkspartei zahlreiche kleinere, meist linksradikale und trotzkistische Zusammenhänge, die in der Auseinandersetzung zwischen dem sog. Wagenknecht- und den sog. linksliberalen Lager sozusagen zwischen den Stühlen stehen. Das Zerfallen der PdL wird wahrscheinlich einige Kräfte freisetzen, die bisher in dieser Partei gebunden waren. Dennoch zeigt die Tatsache, dass Teile von Marx21 offenbar mit Parolen über einen „nationalen Befreiungskampf“ der Ukraine gegen Russland kokettieren, dass es sich nicht zwangsläufig um die fortschrittlicheren oder linkeren Kräfte innerhalb der Partei handelt.

Berichte aus einzelnen Städten

In Berlin trat die Spaltung der Friedenskräfte in diesem Jahr ganz offensichtlich zu Tage. Neben der Kundgebung zum 1. September, die traditionell von der Friedenskoordination Berlin (FriKo) ausgerichtet wird, organisierten Kreise aus der Linkspartei (PdL), der Interventionistischen Linken (iL), der Antifa Nord-Ost (NEA) und weiterer Organisationenii eine Demonstration am 2. September, die sich explizit politisch von der Veranstaltung der FriKo abgrenzte. Neben Janine Wissler und Gesine Lötzsch trat u. a. auch Christine Buchholz (alle drei PdL) mit einer Rede vor Ort auf. Sie brachte den politisch diffusen und gefährlichen Kurs der Versammlung in einem Tweet auf den Punkt: „Weder Putin noch NATO. Solidarität mit dem Widerstand gegen den Krieg in Russland, der Ukraine und anderswo.iii Zuvor hatte sie auch in der jungen Welt erklärt, das Bündnis positioniere „sich unmissverständlich gegen den russischen Krieg in der Ukraine (…) und genauso unmissverständlich gegen die Eskalation seitens der NATO und der Bundesregierung“.iv Die Kundgebung zog im Unterschied zur Kundgebung der FriKo wahrnehmbar mehr junges Publikum an, vorrangig aus dem Umfeld linksradikaler Kräfte aus Berlin und „roter Gruppen“. Überschneidungen zur Kundgebung der FriKo tags zuvor bildeten lediglich Einzelpersonen. Zahlenmäßig waren beide Veranstaltungen mit etwa 700 Teilnehmern etwa gleich stark.

Als KO traten wir sichtbar mit Transparent und unserer KoKo-Zeitung auf der FriKo-Kundgebung auf. Von vielen Teilnehmern gab es Zuspruch zu unserer sehr klaren Losung „Stoppt den Krieg gegen Russland!“ und Interesse am Kommunismus Kongress. Auch hier wurde in den Reden deutlich, dass es zur Einschätzung des Krieges und der Rolle Russlands weiterhin große Unklarheiten und verschiedene Sichtweisen gibt. Es ist eine gemeinsame Aufgabe, diesen Dissens anzupacken, um den Krieg, die damit zusammenhängenden weltweiten Entwicklungen und die Rolle Deutschlands darin besser zu verstehen. Das Hauptanliegen der FriKo-Kundgebung, gegen Aufrüstung in der BRD und Waffenlieferungen in die Ukraine mobil zu machen, wurde dennoch sehr deutlich und wurde übereinstimmend geteilt.

In Bremen nahmen wir mit etwa 300 weiteren Demonstranten an der Kundgebung des Friedensforums unter dem Titel „Alle Kriege beenden“ teil. Auf Schildern trugen wir die Forderungen „Stoppt den Krieg gegen Russland!“ und „NATO raus aus der Ukraine!“ auf die Straße.

Obwohl relevante Teile des Friedensforums eine klare Anti-NATO Position vertreten, wurde diese nicht klar nach außen vertreten. Teilnehmer, die sich eine konsequente Kritik an der NATO wünschten, versuchte man, mit Verweisen auf „die Vorgeschichte“ des Ukrainekriegs abzuspeisen. So war die Veranstaltung leider von linksradikaler Äquidistanz einerseits und hohlem Pazifismus andererseits geprägt. Durch beides war das gesamte Auftreten weitgehend entpolitisiert: Die Linksradikalen boten ihre revolutionär klingenden Phrasen feil, die Pazifisten warnten vor einer eher abstrakten Weltkriegsgefahr, hatten aber keine konkreteren Vorschläge als die Parole „Frieden jetzt!“ anzubieten.

In Chemnitz führten wir gemeinsam mit der Chemnitzer Friedensinitiative und der DKP eine Kundgebung in der Innenstadt durch. In den Reden wurde immer wieder auf die Kriegstreiberei der NATO-Staaten hingewiesen, wie auch auf die sozialen Verschlechterungen in Deutschland. Auch diesmal kamen unsere klaren Positionen gegen die NATO und den Kriegskurs der Bundesregierung bei der Mehrheit der Teilnehmer sehr gut an. 

In Dresden versammelten wir uns gemeinsam mit DKP, SDAJ und einer lokalen Friedensinitiative am 1. September vor der Frauenkirche, um unsere Positionen gegen die deutsche Kriegspolitik und die weltweite NATO-Aggression an die Bevölkerung heranzutragen. Während NATO-Apologeten unter den Passanten sich nur selten auf Gespräche einließen, konnten wir viele spannende Diskussionen rund um die Rolle des Westens in der Welt führen. Auch die Bedeutung rechter Kräfte für die sächsische Friedensbewegung wurde häufig zum Thema. Eine Diskussion um die Rolle Russlands in der Ukraine am Ende der Veranstaltung zeigte allerdings noch einmal deutlich die Notwendigkeit von vertiefter Klärung unter uns Kommunisten zugunsten einheitlicher und kämpferischer Positionen.

Anschließend haben wir an einer Versammlung der Linkspartei zum Weltfriedenstag teilgenommen. Nicht wenige Redner blieben sehr allgemein und wichen damit den kontroversen Themen aus – oder aber sie verschafften sich mit einer Verurteilung des „russischen Angriffskrieges“ eine Eintrittskarte in den herrschenden Pro-NATO-Diskurs. Da dies absehbar war, fokussierten wir uns in unserem Redebeitrag inhaltlich auf Niger und die Notwendigkeit internationaler Solidarität mit den Kämpfen der Völker gegen den Neokolonialismus und die westliche Vorherrschaft. Die Reaktionen auf die Rede waren sehr positiv und einige Teilnehmer kamen danach auf uns zu und drückten ihre Zustimmung zu unserem Beitrag und zu unseren klaren Anti-NATO-Positionen aus, die im Kontrast zur Mehrheit der teilnehmenden Organisationen standen.

Am 2. September stellten wir bei einer Veranstaltung zahlreichen Teilnehmern, die tags zuvor die Kundgebungen besucht hatten, sowie Genossen aus der kommunistischen- und Friedensbewegung unseren Klärungsprozess vor und diskutierten auf einem Podium die nationale und koloniale Frage vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs und der Ereignisse in Westafrika.

In Duisburg fand am 1. September eine Kundgebung des lokalen Bündnisses Heizung, Brot und Frieden statt, an der sich etwa 40 Leute beteiligten. Die Aktiven im Bündnis vertreten klare Anti-NATO-Positionen, auch im Ukrainekrieg. Allerdings lag der Fokus der Kundgebung eher allgemein auf der postulierten „Weltkriegsgefahr“, der Verantwortung Deutschlands und des Westens für Kriege in der ganzen Welt, auf dem Zusammenhang zwischen Krieg, Aufrüstung und Sozialabbau oder auch auf dem Befreiungskampf der Palästinenser. In den Redebeiträgen von Vertretern der Linkspartei, dem Friedensforum und von ATIF war die Rede vom „russischen Angriffskrieg“. Dagegen setzte das Grußwort von Alexej Albu, das einer unserer Genossen vortrug, andere Akzente: „Russland hat uns, die Menschen im Donbass, vor der ukrainischen Armee gerettet.“ Das Grußwort des Genossen zog die Teilnehmer sichtlich in Bann und erntete lauten Applaus. 

In Frankfurt beteiligten wir uns an der Kundgebung zum Antikriegstag, zu der der DGB, die Naturfreunde, die Friedens- und Zukunftswerkstatt sowie weiteren Organisationen aufgerufen hatten. Die Kundgebung mit etwa 200 Teilnehmern war geprägt von pazifistischen Redebeiträgen, die Krieg im Allgemeinen verurteilten und das Leid der betroffenen Menschen beklagten. Der Demo-Aufruf ist ein Ausdruck für den anhaltenden, wohl aber seit Februar 2022 beschleunigten Niedergang der deutschen Friedensbewegung. Er fordert als erstes Russland auf, alle Truppen zurückzuziehen, und bekräftigt das „Selbstverteidigungsrecht“ der Ukraine. Damit ist jede Frage nach der Rolle der NATO vom Tisch, keine Rede davon, welche Gründe es für den Krieg gibt und erst recht keine Verurteilung der NATO als Aggressor. Konsequenterweise werden Waffenlieferungen nicht abgelehnt. Es wurde zwar beklagt, dass in den Medien „wahllos nach immer mehr Waffen“ gerufen werde, aber zugleich gelte es auch, „alte Gewissheiten immer wieder zu überprüfen, um nicht in Dogmen zu verharren: wir müssen Fakten, Argumente und Überzeugungen abwägen, ausgewogen argumentieren und solidarisch diskutieren.“v Das ist in der Konsequenz nichts anderes als eine Rechtfertigung für Waffenlieferungen. „Solidarisch diskutieren“ heißt hier, in der Friedensbewegung Positionen durchzusetzen, die Waffen an die NATO-Marionetten befürworten!

Die Friedens- und Zukunftswerkstatt veröffentlichte einen eigenen Aufruf, in dem sie zumindest eindeutig die Ablehnung von Waffenlieferungen betonten.vi Es ist anzunehmen, dass sie sich mit dieser Forderung im gemeinsamen Aufruf mit dem DGB und anderen Organisationen nicht durchsetzen konnten, weshalb sie einen eigenen Aufruf formulierten.

Der Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD hatte ebenfalls einen Aufruf veröffentlicht und eine eigene Demo organisiert. Dieser Aufruf bringt es fertig, kein einziges Wort zum aktuellen Krieg in der Ukraine zu verlieren, und nur allgemeine Phrasen zu dreschen. Entsprechend fehlen hier auch Positionen gegen Waffenlieferungen oder gegen die NATO-Aggression gegen Russland.vii

Nach der zentralen Kundgebung gab es eine kleinere Demo der Föderation klassenkämpferischer Organisationen, einer Sammlung von Vorfeldstrukturen des Kommunistischen Aufbaus, an der sich u. a. auch Young Strugglebeteiligte. Der Aufruf stellt NATO und Russland bzw. China gleich. Er wendet sich zwar gegen Aufrüstung und die Etablierung einer Kriegswirtschaft und die NATO-Staaten Türkei, Deutschland und USA werden für „blutige Angriffskriege“ kritisiert. Zu einer eindeutigen Position gegen die NATO-Aggression gegen Russland und gegen die Waffenlieferungen an die Ukraine kann er sich jedoch nicht durchringen.viii

Politisch war dieser 1. September in Frankfurt ein Ausdruck der Misere der Friedensbewegung, die nicht einmal in der Lage dazu ist, sich klar und eindeutig gegen die Waffenlieferungen an die Ukraine zu stellen. Grund dafür ist, dass die herrschende Propaganda, die Ukraine und die NATO verteidigten sich, weitgehend übernommen wurde und kaum auf Widerspruch gestoßen ist. 

Dabei ergänzen sich einerseits pazifistische Positionen, die Kriege generell ablehnen und dabei nicht explizit die NATO als Aggressor benennen, sowie andererseits äquidistante bzw. linksradikale Parolen, die allgemein gegen Kriege aufrufen und betonen, die Arbeiterklasse sollte sich nicht instrumentalisieren lassen. Jedoch unterlassen sie es, die konkrete Aggression seitens des deutschen Imperialismus und der NATO klar anzusprechen.

Unsere Genossen vor Ort haben Flyer und KoKo-Zeitungen verteilt und viele Gespräche geführt. Dabei fiel auch hier auf, dass viele mit dem Zustand der Friedensbewegung unzufrieden sind und ebenso viele der Meinung sind, dass die NATO verantwortlich für den Ukrainekrieg ist. Wie wir erfahren haben, gibt es mittlerweile auch einige eher informelle Diskussionszirkel und Austauschrunden, in denen versucht wird, sich ein wirkliches Bild über die Lage zu machen. Ansätze für eine konsequente Anti-NATO-Bewegung gibt es also, wenn auch vermutlich noch eher sehr kleine.

In Leipzig organisiert seit mehr als 15 Jahren der Personenkreis rund um das Bündnis Leipzig gegen Krieg (LgK) die zentrale Kundgebung zum Weltfriedenstag. Auch wir nahmen an der diesjährigen Veranstaltung teil und gestalteten sie aktiv mit. In diesem Jahr meldeten jedoch Vertreter der PdL schon weit im Voraus eine eigene Veranstaltung an dem Ort an, der üblicherweise auch von LgK genutzt wird. Wohlwissend, dass Leipzig gegen Krieg bereits mit den Vorbereitungen begonnen hatte, hielten es die Vertreter der PdL nicht für nötig, ihre Veranstaltung gemeinsam mit dem Bündnis zu organisieren bzw. sich – wie auch in den Jahren zuvor – im Rahmen des Bündnisses in die gemeinsamen Vorbereitungen des Weltfriedenstages einzubringen. Stattdessen lud die PdL das Bündnis ein, sich an ihrer Veranstaltung zu beteiligen – vorausgesetzt natürlich, man stimme der Verurteilung Russlands als „Hauptkriegstreiber“ zu. Denn in ihrem Aufruf hatten die Initiatoren den wichtigsten Störfaktor für den Weltfrieden schnell ausgemacht, wo es einleitend heißt: „Der aktuelle 1. September wird überschattet vom Angriffskrieg Russlands in der Ukraine“.ix Unterstützung erhielt die PdL von ihrem Studierendenverband, dem SDS, aber auch vom Kommunistischen Aufbau und dessen Vorfeldorganisationen sowie von der ehemaligen Fraktion der KO (von uns als „KO-ML“ bezeichnet). 

Vor dem Hintergrund dieses unsolidarischen Verhaltens und der Gefahr, sich auf der Kundgebung der PdL in der Redefreiheit einschränken zu müssen, zog es das Bündnis vor, eine eigene Kundgebung anzumelden und ein klares Zeichen gegen die Aggression der NATO und des deutschen Imperialismus zu setzen. Mit dabei waren die DKP, die SDAJ, einige Vertreter der DFG-VK, AufstehenFriedenswende 2023 und der MLPD sowie zahlreiche Einzelpersonen, die im Bündnis aktiv sind. Trotz Regens kamen etwa 150 Leute zusammen. In unserer Rede betonten wir die Gefahren, die von der NATO und dem deutschen Imperialismus für die Völker der Welt ausgehen und stellten heraus, dass der Krieg nur eines der Mittel der westlichen Imperialisten ist, die Massen zu unterwerfen, während hunderttausende den Folgen von Sanktionen zum Opfer fallen. In anderen Redebeiträgen wurde der Kriegskurs der Bundesregierung kritisiert, die Einschnitte in die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse und die Rolle der NATO als gefährliche Kriegstreiberin herausgestellt. Lediglich die MLPD warnte vor dem „imperialistischen Kriegskurs Russlands und Chinas“.

Am Rande der Demonstration, welche im Anschluss an die Kundgebung durch die Leipziger Innenstadt zog, kam es zu verbalen Auseinandersetzungen mit zum Teil organisierten Rechten. Vorfälle wie diese zeigen, dass die Auseinandersetzung mit rechten Kräften in der Friedensbewegung, die im Windschatten linker Forderungen Agitationsfläche suchen, sehr wichtig ist.

Unsere Kongress-Zeitung stieß auf großes Interesse und in Gesprächen wurden immer wieder interessierte Fragen zu unserem bevorstehenden Kommunismus-Kongress und unseren Positionen zum Ukraine-Krieg und den Kämpfen in Afrika gestellt. Einzelne Mitglieder der Linkspartei äußerten sich darüber hinaus verärgert über den Kurs ihrer Partei in der Kriegsfrage und deren unsolidarische Gegenveranstaltung.

Am 2. September veranstalteten wir eine Diskussion zum Thema BRICS. Bis in den späten Samstagabend wurde in einem gut gefüllten Saal über die Chancen, aber auch über die Grenzen des BRICS-Bündnisses im Kampf der internationalen Arbeiterklasse für Sozialismus und nationale Befreiung diskutiert. Insbesondere die BRICS-Bank als ein Gegenmodell zur Herrschaft des westlichen Finanzkapitals wurde immer wieder als Beispiel für den unterschiedlichen Charakter zwischen dem trikontinentalen Staatenbündnis und den G7 hervorgehoben. Trotzdem wurde in vielen Redebeiträgen deutlich, dass die von den BRICS erreichten Fortschritte nur ein kleiner, wenn auch wichtiger, Beitrag für den Kampf der Arbeiterklasse sein können, deren Befreiung selbstverständlich nur ihr eigenes Werk sein kann.

An der Kundgebung in Neuss beteiligten sich lediglich 18 Leute, was angesichts der Tatsache, dass das Friedensbündnis NRW, das die Veranstaltung beworben hatte, sonst regelmäßig deutlich mehr Leute nach Düsseldorf mobilisiert, verwundert. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass das Bündnis sonst Personen aus der Region anzieht, die am 1. September lokal eingebunden waren. Vor Ort traten die Linkspartei, DKP, DFG-VK und die Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) erkennbar auf. 

Hauptredner war Andrej Hunko (Die Linke). Er kritisierte in erster Linie die Bundesregierung für die Waffenlieferungen an die Ukraine, den Wirtschaftskrieg gegen Russland und das Fehlen von Verhandlungsbereitschaft. Über die Vorgeschichte des Ukraine-Kriegs wurde so gut wie gar nicht gesprochen und auch die Kriegsziele der beiden Seiten wurden nicht thematisiert. Dies würde erfordern, die Frage nach der Schuld und der Verantwortung für den Krieg in Ukraine und nach dem wahren Aggressor zu beantworten, etwas, wovor die Friedensbewegung zurückschreckt und was bekanntlich in Deutschland mittlerweile schnell juristisch geahndet wird. 

i https://www.klassegegenklasse.org/marx21-vor-der-spaltung/

ii Unterzeichner des Aufrufs: „Rheinmetall Entwaffnen Berlin, DIE LINKE, AG Krieg und Frieden der IL Berlin, Naturfreunde Berlin, Internationale der Kriegsdienstgegner:innen, Internationalistische Jugendkommune Berlin, Revolutionäre Perspektive Berlin, North East Antifa [NEA], solid Berlin, Internationale Jugend Berlin, Internationalistischer Abend Berlin, Informationsstelle Militarisierung e.V., Solinetzwerk Berlin, Hände weg vom Wedding, SDS Berlin“.

iii https://twitter.com/ch_buchholz/status/1697999181216899481?s=20

iv https://www.jungewelt.de/artikel/458104.krieg-und-frieden-machtkampf-zwischen-nato-und-russland.html

v https://frankfurter-info.org/news/frankfurter-aufruf-zum-antikriegstag-2023

vi https://frankfurter-info.org/news/antikriegstag-es-darf-kein-vergessen-geben

vii https://frankfurter-info.org/news/krieg-dem-krieg

viii https://föderation-klassenkampf.org/antikriegstag-am-1-september-kein-frieden-mit-dem-kapitalismus/

ix https://www.die-linke-in-leipzig.de/home/home/aktuell/detail/fuer-frieden-und-solidaritaet-2/

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„Der nationale Befreiungskampf ist eine Form des Klassenkampfes“. Interview mit Anwar Khoury – Teil 1 / “The national liberation struggle is a form of...

In Teil 1 des Interviews mit Anwar Khoury, Mitglied des ZK der Palästinensischen Kommunistischen Partei (PalCP), geht um die jüngere Geschichte der kommunistischen Bewegung in Palästina, um die sog. Zweistaatenlösung, um die Strategie der nationalen Befreiung und um die Alliierten im antikolonialen und antiimperialistischen Kampf in der Region. Part 1 of the interview with Anwar Khoury, member of the Central Committee of the Palestinian Communist Party (PalCP), introduces the PalCP, discusses the so-called two-state solution, the strategy of national liberation and the allies in the anti-colonial and anti-imperialist struggle in the region.

Spendet für Gaza! Ein Aufruf und eine Kritik

Wir teilen hier drei ausgewählte Spendenaufrufe für Gaza. Zugleich wollen wir konkret über die Probleme der humanitären Hilfe aufklären, wie sie sich derzeit im Gazastreifen stellen. Denn klar ist: So notwendig humanitäre Hilfe auch ist – die Menschen in Gaza und in ganz Palästina brauchen neben Brot auch Freiheit, und die kriegen sie nicht gespendet.