Suche

Start Blog Seite 7

Vortrag zur Geschichte des Zionismus

0

Im Oktober hielten wir als KO in Leipzig im Rahmen der Aktionswoche des Kufiya-Netzwerks einen Vortrag zur Geschichte des Zionismus.

Dabei ging unser Genosse vor allem auf die Beziehung und Verstrickung von Antisemitismus und Zionismus ein, unter anderem am Beispiel des deutschen Faschismus.

Der Vortrag soll einen Einstieg in das Thema leisten und uns Argumentationshilfen für den politischen Diskurs an die Hand geben.

Lenin und seine Imperialismus-Broschüre

0

Beitrag von Paul Oswald

Der folgenden Artikel setzt sich mit Teilen des Quellenmaterials von Lenins Imperialismus-Broschüre auseinander. Anhand eines vergleichenden Blicks zwischen Lenins Broschüre und vorangegangenen theoretischen Auseinandersetzungen innerhalb der Arbeiterbewegung sowie der bürgerlichen Wissenschaft wird das Alleinstellungsmerkmal von Lenins Untersuchung herausgearbeitet. Durch diesen Vergleich wird insbesondere Lenins Entwicklung des Begriffs des Imperialismus aufgezeigt, wodurch ein Zugang zur Imperialismus-Broschüre eröffnet wird, der in der gängigen Lenin-Rezeption unterrepräsentiert ist.

Bei Beiträgen handelt es sich nicht zwangsläufig um Positionen der Kommunistischen Organisation.

Hinweis für den Leser

Der Hauptteil dieser Arbeit konzentriert sich auf einen Quellenvergleich verschiedener Werke des 20. Jahrhunderts zum Thema Imperialismus, wobei der Schwerpunkt auf dem zweiten Kapitel liegt. Dieses Kapitel ist zentral für die Argumentation des Textes. Für Leser, die sich inhaltlich für die Argumente interessieren, denen das zweite Kapitel jedoch zu umfangreich erscheint, besteht die Möglichkeit, nur die Einleitung, das erste und dritte Kapitel sowie die Schlussbemerkungen zu lesen. Um die wesentlichen Punkte des zweiten Kapitels zu erfassen, genügen bereits die Kurzzusammenfassungen, die am Ende jedes Unterkapitels eingefügt wurden.

Für Leser, die einen umfassenden Überblick über die Imperialismus-Diskussion des 20. Jahrhunderts gewinnen möchten und insbesondere an den Theorien führender Vertreter der Arbeiterbewegung interessiert sind, wird jedoch empfohlen, das gesamte zweite Kapitel eingehend zu lesen.

Einleitung

Mit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine entfachte sich die schon lange bestehende Diskussion über das Verständnis von Imperialismus neu. Schnell wurden Lenin-Zitate in Stellung gebracht, Schützengräben bezogen und mit sorgfältig gesammelten Zitaten geschossen – alles, um die vermeintlich richtige Position im Ukraine-Krieg zu behaupten. Doch nach dieser kurzen Phase intensiver Auseinandersetzungen ist es wieder relativ ruhig geworden, zumindest in Deutschland. Die grundlegenden Fragen und Kontroversen bestehen jedoch nach wie vor.

Es scheint paradox, dass eine so kurze Broschüre von Lenin, mit dem Ziel die „grundlegenden ökonomischen Besonderheiten des Imperialismus in aller Kürze und in möglichst gemeinverständlicher Form darzustellen“ (Lenin 1917, S. 200), in diametral entgegengesetzten Weisen ausgelegt wird. Wie ist es möglich, dass etwas vermeintlich „gemeinverständliches“ zu sich gegenseitig ausschließenden Auslegungen führt?

Lenins Anliegen mit seiner Broschüre war keine konkrete empirische Arbeit. Konkrete empirische Auseinandersetzungen waren allerdings für Lenins Arbeit eine notwendige Voraussetzung. Was auf den ersten Blick wie eine banale Beobachtung scheint, bedeutet allerdings einen gewissen Umgang mit Lenins Broschüre. Dieser kann nicht dazu führen, seine Broschüre als eine einfache Antwort auf aktuelle Fragen zu sehen. Vielmehr ist er eine Momentaufnahme einer Bewegung – spiegelt diese also wider – und es geht darum an diese Bewegung anzuknüpfen.

Die Kernthese des folgenden Textes lautet, dass Lenin mit seiner Imperialismus-Broschüre eine Begriffsentwicklung und -bestimmung des Imperialismus vornimmt. Darin liegen die Besonderheit und die Leistung seiner Arbeit, im Unterschied zu vorhergegangenen Arbeiten über den Imperialismus. In einem Großteil von Rezeptionen über Lenins Imperialismus-Broschüre ist diese Perspektive, die Lenin einnahm, nicht klar. Dies führt dazu, dass viele Missverständnisse in Bezug auf Lenins Verständnis von Imperialismus bestehen, was eine aktuelle und auf ihn aufbauende Untersuchung erschwert. Ausgehend von dieser Annahme soll der folgende Text einen ersten groben Überblick über das durch Lenin verwendetes Quellenmaterial geben. Dazu werden verschiedene theoretische und empirische Auseinandersetzungen mit dem Imperialismus vorgestellt, die vor Lenins Imperialismus-Broschüre erschienen sind. Lenins Text wird anschließend im Kontrast zu diesen Quellen betrachtet.

Die hier in Ansätzen begonnene Arbeit halte ich aus mindestens drei Gründen für relevant: erstens gelangt man durch die Beschäftigung mit den historischen Quellen, die Lenins Imperialismus-Broschüre zugrunde liegen, zu einem besseren Verständnis von seiner Arbeitsweise. Es wird greifbarer, wie Lenin zu seinen Erkenntnissen gekommen ist, aber auch worin die Besonderheit und Bedeutung seiner Arbeit liegt. Zweitens werden dadurch die Aufgaben klarer, vor denen wir stehen, wenn wir den Imperialismus heute analysieren und verstehen wollen. Es verdeutlicht, wo wir als Kommunistische Bewegung mit unserem Arbeitsstand stehen und welche Aufgaben wir noch zu lösen haben. Gleichzeitig macht es aber diese Aufgaben auch greifbarer/nahbarer, da deutlich wird, dass es keine unüberwindbaren Hürden sind. Beides zusammengenommen sorgt schließlich drittens dafür, Lenin nicht messianisch zu behandeln. In dem Sinne, dass einzelne Zitate Lenins so genutzt werden, als könnten sie uns im hier und jetzt eine klare politische Orientierung in unseren Kämpfen geben. So, als bräuchte es keine Anstrengungen mehr, weil Lenin vor über 100 Jahren bereits alles gesagt habe. Es geht also darum, nicht in religiöse Dogmen zu verfallen, sondern den Kommunismus als eine Wissenschaft zu verstehen, die (wie jede Wissenschaft) mit sehr viel Arbeit verbunden ist. Der Text verfolgt somit ein durchaus praktisches Anliegen: eine größere Sensibilisierung für die eigene Geschichte, die Geschichte der Arbeiterbewegung, ihre Kämpfe (sowohl politisch als auch ideologisch), verbunden mit einer tiefer gehenden Auseinandersetzung mit der Gegenwart.

Verwendetes Material

Für die Erstellung seiner Broschüre untersuchte und verallgemeinerte Lenin eine große Menge an historischem Material, zu verschiedenen Fragen der Ökonomie und Politik des Imperialismus. In seinen Heften zum Imperialismus sind Auszüge und Notizen von 148 Büchern und 232 Artikeln aus 49 verschiedenen periodischen Schriften (Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED 1972, S. VII f.). Aus den Heften ist Lenins Arbeitsprozess bis zur Imperialismusschrift nachvollziehbar. Angefangen bei einem ersten Entwurf, einer groben Aufzählung der Probleme und schließlich einem ausführlichen Forschungsprogramm und einem detaillierten Aufbau des Buches, inklusive einer Inhaltsangabe für jedes Kapitel (Lenin 1972, S. 96f; S.85f.; S.219-233).

Durch seine Hefte zum Imperialismus wird deutlich, welchen Stellenwert bürgerliche Ökonomen und ihre empirischen Auseinandersetzungen mit der Ökonomie einzelner Länder, den ökonomischen Problemen und Fragen, die sich durch diese Arbeiten ergaben, für Lenins Untersuchung hatten. In Empiriokritizismus und historischer Materialismus machte Lenin eine Bemerkung über den Umgang mit bürgerlichen Wissenschaftlern, der sich in seinen Vorarbeiten zu der Imperialismus-Broschüre deutlich wiederfindet. Im Empiriokritizismus ist zu lesen:

Im großen und ganzen sind die Professoren der politischen Ökonomie nichts anderes als die gelehrten Kommis der Kapitalistenklasse und die Philosophieprofessoren die gelehrten Kommis der Theologen.

Die Aufgabe der Marxisten ist nun hier wie dort, zu verstehen, sich die von diesen „Kommis“ gemachten Errungenschaften anzueignen und sie zu verarbeiten (man kann zum Beispiel, wenn man die neuen ökonomischen Erscheinungen studieren will, keinen Schritt tun, ohne sich der Werke dieser Kommis zu bedienen), und zu verstehen, die reaktionäre Tendenz derselben zu verwerfen, der eigenen Linie zu folgen und die ganze Linie der uns feindlichen Kräfte und Klassen zu bekämpfen (Lenin 1909, S. 347).“

In den Heften zum Imperialismus zeigt sich diese Herangehensweise. In seinen Notizen arbeitet er die reaktionären Tendenzen der bürgerlichen Ideologie und reformistische Ansichten heraus. Gleichzeitig analysiert er das Material sehr aufmerksam, was sich u.a. an der Länge seiner Konspekte zeigt sowie an der Verwendung von Statistiken, Berichten usw. für seine Broschüre – hierzu im Artikel mehr.

Für die Erstellung dieses Artikels wurden zahlreiche Schriften herangezogen, die Lenin explizit für seine Imperialismus-Broschüre verarbeitete. Mit Luxemburg wurde aber auch eine Arbeit berücksichtigt, die vermutlich für Lenins Broschüre nicht von Bedeutung war, da sie nicht in seinen Konspekten vorkommen, aber für heutige Diskussionen eine Rolle spielt (vgl. Harvey 2005; Patnaik/Patnaik 2023). Chronologisch betrachtet wurden folgende Primärtexte untersucht:

  • Karl Marx (1894): Dritter Band des Kapitals sowie Friedrich Engels (1895): Nachträge zum III. Buch
  • John A. Hobson (1902): Der Imperialismus
  • Otto Jeidels (1905): Das Verhältnis der deutschen Großbanken zur Industrie
  • Rudolf Hilferding (1910): Das Finanzkapital
  • Rosa Luxemburg (1913): Die Akkumulation des Kapitals
  • Karl Kautsky (1914): Der Imperialismus
  • Karl Kautsky (1915): Nationalstaat, imperialistischer Staat und Staatenbund
  • Nikolai Bucharin (1915): Imperialismus und Weltwirtschaft

Mit Marx und Engels, Rudolf Hilferding, Rosa Luxemburg, Karl Kautsky, Nikolai Bucharin und Lenin werden die Zugänge von Theoretikern der Arbeiterklasse präsentiert. Neben Marx, Engels und Lenin wurden diese vier Autoren gewählt, weil sie wichtige Repräsentanten, Vertreter und Theoretiker der Arbeiterbewegung jener Zeit waren. Anhand ihrer Arbeiten wird der Stand der Auseinandersetzung mit dem Imperialismus durch die Arbeiterbewegung erkennbar. Es wird auch deutlicher, worauf Lenin aufbauen konnte und worin sein Beitrag für die Arbeiterbewegung liegt.

Mit John A. Hobson und Otto Jeidels finden sich zwei bürgerliche Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts in dieser Untersuchung wieder, mit denen sich Lenin auseinandersetzte. Durch Lenins Konspekte geht hervor, dass für seine Analyse bürgerliche Arbeiten eine sehr wichtige Rolle gespielt haben. Anhand Hobson und Jeidels kann dies beispielhaft aufgezeigt werden.

Es ist natürlich klar, dass die hier berücksichtigte Primärliteratur nicht in Ansätzen all das präsentieren kann, worauf sich Lenin in seiner Arbeit stützte. Dennoch geht bereits aus dieser kleineren Textauswahl deutlich hervor, von wem Lenin gewisse Annahmen übernahm, aber auch worin er sich von anderen unterschied.

Von Lenin selbst wurde neben der 1916 verfassten und 1917 veröffentlichten Imperialismusschrift und seinen Heften zum Imperialismus eine Reihe an Artikeln aus den Jahren 1915 und 1916 verarbeitet. Die verwendete Sekundärliteratur beschränkt sich auf zwei unterschiedliche philosophische Wörterbücher und eine philosophische Studie von Fritz Kumpf über die Probleme der Dialektik in Lenins Imperialismus-Analyse. Der Fokus dieses Textes wird auf der Untersuchung von Primärtexten liegen. Dies soll einen Zugang schaffen, um sich in einer späteren Auseinandersetzung der Rezeptionsgeschichte von Lenins Imperialismus-Broschüre zuwenden zu können.

Anhand des Vergleichs der Erscheinungsdaten sowie der jeweiligen Inhalte der unterschiedlichen Quellentexte fällt auf, wie kurz der Zeitraum der Herausbildung des Imperialismus war und wie zeitgleich diese Veränderungen untersucht wurden (wenn auch teilweise fehlerhaft). Zwischen der Veröffentlichung von Marx drittem Band des Kapitals, in der schon von Monopolen und der enormen Konzentration im Bankwesen die Rede ist, und Hobsons Schrift, in der (wie der Titel bereits anzeigt) durchweg vom Imperialismus gesprochen wird, liegen gerade einmal acht Jahre. Die zeitliche Abfolge der Schriften verläuft recht schnell und endet mit Lenins Untersuchung. Zwischen Marx als Ausgangspunkt und Lenins Imperialismusschrift liegen 20 Jahre. Zwar erkannten die verschiedenen, hier berücksichtigten Autoren, dass der Kapitalismus in eine neue Phase eingetreten war. Lenins besondere Leistung bestand jedoch darin, auf Grundlage ihrer Arbeiten eine umfassende Analyse dieser Phase in ihrer Gesamtheit zu liefern, anstatt sich auf einzelne Aspekte zu beschränken. Seine Analyse dieser neuen Phase mündet darin, aufzuzeigen, wie der Imperialismus durch die Zuspitzung seiner inneren antagonistischen Widersprüche zu einer höheren Gesellschaftsformation übergeht – dem Sozialismus.

Aufbau des Textes

Der Text ist wie folgt gegliedert: das erste Kapitel wird sich kurz mit der Frage beschäftigen, was ein Begriff ist. Anschließend werden die verschiedenen Ziel- und Problemstellungen der untersuchten Primärliteratur verglichen. Am Schluss des ersten Kapitels erfolgt ein Vergleich der unterschiedlichen Imperialismusdefinitionen, die sich aus den Texten ergeben.

Das zweite Kapitel ist das eigentliche Herzstück dieser Arbeit. Ausgehend von Lenins Argumentationsgang in seiner Imperialismusschrift wird dargestellt, was die verschiedenen Autoren zu den einzelnen Aspekten geschrieben haben, um im Anschluss einen Vergleich mit Lenins Imperialismus-Broschüre (aber auch früheren Texten) vorzunehmen. Dies soll es ermöglichen aufzuzeigen, dass Lenin nicht bei null startete und auf vieles zurückgreifen konnte. Es soll auch zeigen, dass zu der damaligen Zeit sehr viele Inhalte gesetzt waren (durch welche Lenins Broschüre wirklich „allgemeinverständlich“ wurde). Andererseits soll durch diese Gegenüberstellungen auch verdeutlicht werden, worin die Besonderheit von Lenins Arbeit liegt und dass seine Verallgemeinerungen nur möglich waren, weil er sich im Vorhinein so intensiv mit den verschiedenen Materialien auseinandersetzte. Für jedes Unterkapitel in diesem Abschnitt wurde eine kurze Zusammenfassung geschrieben. Leser, denen das zweite Kapitel insgesamt zu umfangreich ist, können auch nur die kurzen Zusammenfassungen lesen, um dem Argumentationsgang des Textes zu folgen.

Im dritten Kapitel wird im Anschluss versucht, den Stellenwert von Lenins Schrift zusammenzufassen, aber auch über Aufgaben zu sprechen, die sich daraus für heute ergeben.

Für die Erstellung dieses Textes wurde entschieden, sehr ausführlich auf Zitate aus den verschiedenen Schriften zurückzugreifen. An der ein oder anderen Stelle mag dies für den Lesefluss etwas störend sein. Die Zitate werden so umfänglich präsentiert, um an dem exakten Wortlaut der Texte nichts zu verändern, da in (sowohl mündlichen als auch schriftlichen) Diskussionen sehr häufig auffällt, wie sehr Primärtexte zum Gegenstand von Interpretationen und Auslegungen werden und wie durch ein geschicktes Weglassen von Aussagen der komplette Inhalt eines Buches verzerrt bzw. entstellt wird.

1. Charakterisierungen des Imperialismus im 20. Jahrhundert

Im Folgenden soll ein kurzer Überblick gegeben werden, was im philosophischen Sinn unter Begriffen zu verstehen ist. Anschließend geht das Kapitel auf die verwendete Primärliteratur ein, vergleicht die Ausgangsfragestellungen und beleuchtet die unterschiedlichen Definitionen des Imperialismus.

1.1 Was sind Begriffe?

Die allgemeine Beschreibung von Begriffen kann an dieser Stelle lediglich oberflächlich bleiben, da dies weder ein Artikel über Diskussionen rund um die Erkenntnistheorie noch der dialektischen Logik ist.

Im Philosophischen Wörterbuch führen Georg Klaus und Manfred Buhr (1975) aus, dass Begriffe die gedankliche Fixierung von Invarianzen (d.h. konstanten bzw. unveränderliche Größen) darstellen. Demnach erfassen Begriffe das, was bei dem Übergang von einem Element einer Klasse zu einem anderen Element invariant/konstant bleibt und in diesem Sinne wesentlich für den Gegenstand ist (Klaus/Buhr 1975, S. 207). Für die Definition eines Begriffs ist die Grenze aufzuspüren, die den erfassten Gegenstand von ähnlichen Gegenständen unterscheidet. Dafür genügt es, auf die unterscheidenden wesentlichen Merkmale hinzuweisen, die der Begriff widerspiegelt (Kondakow 1978, S. 82).

Begriffe sind nicht gleichzusetzen mit einer Definition, also einem kurzen Verweis auf nur wesentliche Merkmale des betrachteten Objekts, die der Begriff widerspiegelt (ebd., S. 74). In Engels Vorarbeiten zum „Anti-Dühring“ findet sich eine Passage, in der angemerkt wird:

Definitionen sind für die Wissenschaft wertlos, weil stets unzulänglich. Die einzig reelle Definition ist die Entwicklung der Sache selbst, und diese ist aber keine Definition mehr. Um zu wissen und zu zeigen, was das Leben ist, müssen wir alle Formen des Lebens untersuchen und im Zusammenhang darstellen. Dagegen kann für den Handgebrauch eine kurze Darlegung der allgemeinsten und zugleich bezeichnendsten Charaktere in einer sog. Definition oft nützlich und sogar notwendig sein, und kann auch nicht schaden, wenn man von ihr nicht mehr verlangt, als sie eben aussprechen kann (Engels 1975, S. 578).“

Definitionen können für die Begriffsbestimmung notwendig sein, um die Grenzen, in denen er Gültigkeit besitzt, zu bestimmen und damit eine Unterscheidung von anderen Begriffen vorzunehmen. Gleichzeitig kann nicht gesagt werden, dass der Begriff mit dem gesamten Wissen über das Forschungsobjekt gleichgesetzt werden kann. Der Fokus liegt auf den Unterscheidungsmerkmalen des Objekts. Damit steht die Widerspiegelung von wesentlichen Merkmalen im Mittelpunkt (Kondakow 1978, S. 74f.). Der Begriff erscheint nicht plötzlich in einer fertigen und endgültigen Form. Lenin merkt an verschiedenen Stellen seiner Arbeiten den Gedanken an, dass ein Begriff von einem Gegenstand oder einer Erscheinung das Ergebnis von einer langen klärenden Arbeit ist. 1899 stellt Lenin in seinem Artikel Die rückläufige Richtung in der russischen Sozialdemokratie die Frage, woher die Arbeiterklasse „den allerdeutlichsten Begriff von der Selbstherrschaft“ nehmen soll? Lenin antwortet auf die von ihm gestellte Frage:

Es ist offenkundig, daß hierfür die umfassendste und systematischste Propaganda der Ideen der politischen Freiheit überhaupt notwendig ist, eine Agitation notwendig ist, die mit jeder einzelnen Erscheinungsform polizeilicher Gewalttaten und bürokratischer Unterdrückung eine „deutliche Vorstellung“ (in den Köpfen der Arbeiter) von der Selbstherrschaft verbindet (Lenin 1899, S. 257).“

Die Entwicklung eines Begriffs ist nichts Abgeschlossenes, sondern Begriffe sind stets in Veränderung, was zu einer immer genaueren Widerspiegelung von dem ihm entsprechenden Objekt führt. Dabei ist die Begriffsentwicklung vor allem von der Entwicklung der widergespiegelten Objekte selbst und durch den Erkenntnisfortschritt des Menschen bedingt (Klaus/Buhr 1975, S. 209). Durch die Entwicklung der Produktion und der Wissenschaft werden die Kenntnisse der Menschen immer mannigfaltiger. Durch diesen Fortschritt werden in den Gegenständen und Erscheinungen immer neue Merkmale entdeckt. Dies führt zu einer Präzisierung, Vertiefung und Vervollkommnung von den Begriffen der widergespiegelten Gegenstände (Kondakow 1978, S. 76).

Fritz Kumpf (1968) führt aus, dass ein wesentliches Moment des Begriffs der innere Zusammenhang der analysierten Eigenschaften ist. Die wissenschaftliche Begriffsbildung ist keine einfache Zusammenfassung von empirischen Erfahrungen. Es ist nach Kumpf nur innerhalb der formalen Logik möglich, den Inhalt eines Begriffs auf die Gesamtheit der Eigenschaften und Relationen zu reduzieren, die durch ihn gesetzt werden (Kumpf 1968, S. 54). Die dialektische Logik hat es mit der Widerspiegelung der objektiven Realität als einem Prozess zu tun, einer Reihe von Abstraktionen, Formierungen und der Bildung von Begriffen und Gesetzen (ebd., S. 31). Kumpf definiert den wissenschaftlichen Begriff wie folgt:

Ein wissenschaftlicher Begriff, der im Wesen einer Erscheinung das Allgemeine erfaßt, schließt damit das Besondere mit in sich ein. In einem solchen Be­griff müssen das Allgemeine und das Besondere also vermittelt sein. Fehlt diese Vermittlung, dann handelt es sich um eine Allgemeinheit, die nur ex­ tensional gegeben ist. Es handelt sich um eine abstrakte Allgemeinheit, während ein Begriff, in dem diese Vermittlung gegeben ist, sich durch das Kon­kret-Allgemeine auszeichnet. […] Der wissen­schaftliche Begriff ist also ein konkret-allgemeiner Begriff. Der wissenschaft­liche Begriff erfaßt eine bestimmte Struktur des Gegenstandes in der Weise, daß in ihm ein bestimmtes Verhältnis zwischen dem Wesen des betreffenden Gegenstandes und der Erscheinung des Wesens aufgedeckt wird (ebd., S.61).“

Wenn wir also von Begriffen (in unserem Fall dem Begriff des Imperialismus) sprechen, dann ist damit nicht einfach eine Sammlung empirischer Befunde gemeint. Auch geht es nicht nur um Definitionen, obwohl diese eine zentrale Rolle in der Begriffsbildung spielen, wie sich in Lenins Imperialismusschrift zeigt. Der Begriff dient vielmehr als Vermittlungsprozess zwischen den wesentlichen Aspekten einer Erscheinung (die in einer Definition enthalten sind) und der Erscheinung selbst. Ein Begriff ist nichts Starres oder Abgeschlossenes, sondern befindet sich in Bewegung und Veränderung. Auf diese Dynamik wird im dritten Kapitel eingegangen.

1.2 Ziele und Problemstellungen der Texte

Zentrale Unterschiede in den Analysen des Imperialismus im 20. Jahrhundert werden bereits deutlich, wenn deren unterschiedlichen Problemstellungen, wie auch ihre Zielstellungen verglichen werden. Dies soll an dieser Stelle beispielhaft durch den Vergleich von Luxemburgs Schrift Die Akkumulation des Kapitals und Lenins Imperialismus-Broschüre geschehen.

Im Zentrum von Luxemburgs Untersuchung steht die Frage, wie die Reproduktion bzw. erweiterte Reproduktion (Akkumulation) des Kapitals unter den planlosen Bedingungen des Marktes möglich ist. Damit die Reproduktion reibungslos vonstattengeht, muss das Kapital eine bestimmte Anzahl von Produktionsmitteln, Arbeitskräften und Absatzgebieten vorfinden, die seiner Akkumulation entsprechen (Luxemburg 1913, S. 24). Dabei bezieht sich Luxemburg nicht auf den Reproduktionsprozess einzelner kapitalistischer Länder, sondern auf den Weltmarkt (ebd., S. 106). Ausgehend von dieser Problemstellung bemängelt Luxemburg das von Marx im Zweiten Band des Kapitals entworfene Reproduktionsmodell. Sie stellt die Frage, wie die durch die Akkumulation entstehende größere Wertmasse, die auf den Markt gebracht wird, realisiert werden kann und woher die Käufer für die zusätzlichen Werte kommen sollen. Nach Luxemburg gibt Marx‘ Reproduktionsschema auf diese Frage keine Antwort (ebd., S. 114). In einer Zusammenfassung des ersten Abschnittes ihrer Arbeit schreibt Luxemburg:

Nimmt man das Schema wörtlich so, wie es im zweiten Bande am Schluß entwickelt ist, dann erweckt es den Anschein, als ob die kapitalistische Produktion ausschließlich selbst ihren gesamten Mehrwert realisierte und den kapitalisierten Mehrwert für die eigenen Bedürfnisse verwendete. Dies bestätigt Marx durch seine Analyse des Schemas, in der er den wiederholten Versuch macht, die Zirkulation dieses Schemas lediglich mit Geldmitteln, d. h. mit der Nachfrage der Kapitalisten und der Arbeiter zu bestreiten, ein Versuch, der ihn schließlich dazu führt, den Goldproduzenten als Deus ex machina in die Reproduktion einzuführen (Luxemburg 1913, S. 279).“

Wir werden sehen, wie diese Problemstellung für Luxemburgs Imperialismusverständnis wegweisend ist. Fritz Kumpf merkt an, dass sich bereits aus Luxemburgs Fragestellung ergibt, dass es sich bei ihrer Arbeit um eine konkrete historische Untersuchung des Imperialismus handelt. Die fehlende Abstraktheit in Luxemburgs Analyse führt in ihrer Grundstruktur zu einer gewissen Gemeinsamkeit mit der Bestimmung des Imperialismus durch Kautsky – beide trennen die politische Sphäre von der ökonomischen Grundlage (Kumpf 1968, S. 100).

Lenin legt mit seiner Broschüre einen vollkommen anderen Fokus. Im Vorwort heißt es:

Im folgenden wollen wir versuchen, den Zusammenhang und das Wechselverhältnis der grundlegenden ökonomischen Besonderheiten des Imperialismus in aller Kürze und in möglichst gemeinverständlicher Form darzustellen. Auf die nichtökonomische Seite der Frage werden wir nicht so eingehen könne […] (Lenin 1917, S. 200).“

Ein paar Seiten vorher formuliert Lenin, dass die Hauptaufgabe seines Werkes darin bestehe, auf der Grundlage von Daten bürgerlicher Statistiker und Untersuchungen verschiedener Länder aufzuzeigen, wie am Vorabend des Ersten Weltkriegs, „das Gesamtbild der kapitalistischen Weltwirtschaft in ihren internationalen Wechselbeziehungen war (ebd., S. 193).“ Lenin macht hier einerseits auf sein genutztes Material aufmerksam, steckt einen zeitlichen Horizont für seine Untersuchung ab (die Weltwirtschaft vor dem Ersten Weltkrieg) und beschreibt andrerseits sein Ziel in einer allgemeinverständlichen Darstellung der Wechselverhältnisse der ökonomischen Besonderheiten des Imperialismus.

1.3 Imperialismus-Definitionen

Es soll nun auf die unterschiedlichen Definitionen des Imperialismus eingegangen werden, die in den verschiedenen Werken zu finden sind. Definitionen sind nicht gleichbedeutend mit Begriffen, wie in Kapitel 1.1 gezeigt wurde. Definitionen konzentrieren sich auf die wesentlichen Eigenschaften eines Gegenstandes, während sich Begriffe durch eine Vermittlung zwischen dem Wesen und der Erscheinung eines Gegenstandes auszeichnen. Dadurch werden wissenschaftliche Begriffe zu konkret-allgemeinen Begriffen.

Im Anschluss an die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Definitionen von Imperialismus wird Lenins Begriffsentwicklung im Einzelnen betrachtet und im Kontrast zu den Werken der anderen Autoren analysiert.

Für den folgenden Vergleich ist der historische Kontext der damaligen Debatte relevant. Viele theoretische Diskussionen befassten sich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Begriff des Imperialismus, weil in dieser Zeit die Bestrebungen der konkurrierenden imperialistischen Großmächte wie England, Frankreich und Deutschland nach territorialer Erweiterung ihrer Herrschaftsgebiete im Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzungen standen. Dies galt insbesondere für die deutsche Sozialdemokratie. Die Bestrebungen zur Ausdehnung von Herrschaftsgebieten sind ein zentraler Aspekt, den man im Hinterkopf behalten sollte, wenn die unterschiedlichen Charakterisierungen des Imperialismus als spezifische Form der Politik bewertet werden – von denen sich Lenin bewusst abgrenzt.

Nicht in allen hier berücksichtigten Analysen wird der Versuch unternommen, den Imperialismus zu definieren. Zwar werden in allen Büchern einzelne Elemente des Imperialismus genauer untersucht, wie im zweiten Abschnitt gezeigt wird, was aber nicht überall dazu führt, dass daraus eine Definition resultiert. Bspw. findet sich in Hilferdings Finanzkapital neben der Untersuchung des Finanzkapitals, u.a. einiges über die Entstehung der Monopole, den Kapitalexport, aber auch der neuen Rolle des Staates. Der Imperialismus selbst wird von ihm nur an einer Stelle in einem Nebensatz als „die Wirtschaftspolitik des Finanzkapitals“ bestimmt (Hilferding 1910, S. 556).

1.3.1 John A. Hobson

In seiner Schrift Der Imperialismus aus dem Jahr 1902 bestimmt John A. Hobson den Imperialismus vor allem in Abgrenzung zum antiken Imperialismus. Gleich zu Beginn seiner Untersuchung schreibt Hobson davon, dass das Neue „am jüngeren Imperialismus, als Politik betrachtet“ darin bestünde, dass ihn sich mehre Nationen zu ihrer Sache gemacht hätten. Modern sei der Begriff „einer ganzen Anzahl miteinander rivalisierender Imperien“, denn in der Antike und im Mittelalter war die Schaffung eines Reichs die Grundidee, also ein Zusammenschluss von Staaten unter einer Oberherrschaft – wie die Pax Romana (Hobson 1902, S. 35). Neben der Pluralität von Imperien nimmt Hobson an späteren Stellen seiner Untersuchung weitere Unterscheidungen von den historischen Frühformen des Imperialismus vor. Einen weiteren Unterschied sieht Hobson in der imperialen Expansion. In ihrer Frühform zielte diese „weniger auf dauernde Besetzung und Beherrschung fremder Länder“ ab und zielte mehr auf die Gefangenschaft möglichst vieler Sklaven. So gründeten die Griechen und Römer „keine permanenten Siedlungen unter den von ihnen besiegten Barbaren“ und konzentrierten sich zumeist darauf, so viel militärische und administrative Kontrolle auszuüben wie nötig, um ihre Ordnung und „die Entrichtung des Tributs“ zu sichern (ebd., S. 217).

Weitere Unterschiede beschreibt Hobson im „Element des politischen Tributs“, welches heute vollständig fehle oder eine Nebensache geworden sei und mit den „gröbsten Formen der Sklaverei“ verschwunden ist. Hobson beschreibt weitere Unterschiede im „Element des politischen Tributs“, das heute vollständig fehle oder nur noch eine Nebensache sei und mit den „gröbsten Formen der Sklaverei“ verschwunden sei. Die neuen („edleren und uneigennützigeren“) Regierungsformen „mildern und maskieren die entschieden parasitäre Natur“ der neuen Spielart des Imperialismus (ebd., S. 306).

Die Ursachen für den Imperialismus, der als eine bestimmte Politik aufgefasst wird, sieht Hobson einerseits in der Konkurrenz auf dem Weltmarkt sowie den Waren- und Kapitalexport. So sei für England der Imperialismus „unnötig“ gewesen, solange sie bei den wichtigsten industriellen Gütern auf dem Weltmarkt „praktisch ein Monopol“ besaßen. Diese Überlegenheit Englands wurde in den letzten dreißig Jahren stark eingeschränkt – namentlich durch Deutschland, die USA und Belgien. Auch wenn dies nicht für einen Rückgang des Außenhandels führte, sorgte die Konkurrenz dafür, dass es schwieriger wurde „die ganze Überproduktion unserer Fabriken mit Gewinn abzusetzen“. Die Entwicklung dieser Länder und ihr Vordringen in die alten Märkte und sogar Kolonien Englands, mache es dringend notwendig:

daß wir energische Maßnahmen ergreifen, um uns neue Absatzgebiete zu sichern. […] Die Diplomatie und die Waffen Großbritanniens müssen eingesetzt werden, um die Besitzer der neuen Absatzgebiete zu zwingen, mit uns in Geschäftsverkehr zu treten. Die Erfahrung lehrt außerdem, daß das sicherste Mittel zur Beschaffung und Erschließung derartiger Märkte die Errichtung von ›Protektoraten‹ oder die Annexion ist (ebd., S. 86).“

Hobson bestimmt an dieser Stelle also den Imperialismus als eine spezifische Politik des Expansionismus, die auf der Grundlage der entstehenden Konkurrenz auf dem Weltmarkt entsteht.

An anderer Stelle führt Hobson aus, dass die wirtschaftliche Wurzel des Imperialismus der Wunsch „stark organisierter industrieller und finanzieller Interessen“ ist, auf öffentliche Kosten und mithilfe der staatlichen Macht, private Märkte für den Waren- und Kapitalüberschuss zu erschließen. Dafür sind „Krieg, Militarismus und eine »eine mutige Außenpolitik« […] die erforderlichen Mittel zu diesem Zweck.“ Diese „imperialistische Politik“ bedarf eine massive Zunahme der staatlichen Ausgaben, was eine bestimmte Besteuerung notwendig macht. In diesem Kontext führt Hobson u.a. den Schutzzoll an (ebd., S. 112).

Am Ende seines Buches fasst Hobson „die ökonomische Hauptquelle“ des Imperialismus zusammen:

Die ökonomische Hauptquelle des Imperialismus haben wir in der Ungleichheit der wirtschaftlichen Möglichkeit gefunden, wodurch eine begünstigte Klasse überschüssige Einkommenselemente ansammelt, die auf der Suche nach gewinnbringender Anlage immer weiter in die Ferne drängen. Der Einfluß dieser Investoren und ihrer finanziellen Manager auf die Staatspolitik schafft ein nationales Bündnis mit Vertretern anderer festverwurzelter Interessen, die sich von sozialen Reformbewegungen bedroht sehen. Die Politik des Imperialismus dient so dem doppelten Zweck, begünstigten Kreisen von Investoren und Händlern auf öffentlichen Kosten ansehnliche Privatgewinne zu verschaffen und zugleich die allgemeine Sache des Konservatismus zu fördern, indem Volksenergien und -interessen von den Zuständen nachdraußen abgelenkt werden (ebd., S. 302).“

Hobson charakterisiert den Imperialismus als eine bestimmte (expansionistische) Politik. Diese imperialistische Politik dient dazu, die Gewinne der Kapitalisten zu fördern und den Konservatismus auszubreiten. Durch seine Bestimmung des Imperialismus als eine Form der Politik zeigt sich eine Ähnlichkeit zu anderen Analysen, während ein entscheidender Unterschied zu Lenin sichtbar wird.

1.3.2 Rosa Luxemburg

Wie bereits erwähnt, ergibt sich die Bestimmung des Imperialismus durch Rosa Luxemburg in ihrer 1913 erschienen Schrift Die Akkumulation des Kapitals durch ihre Untersuchung des Reproduktionsprozesses. Sie bestimmt den Imperialismus als den „politischen Ausdruck des Prozesses der Kapitalakkumulation in ihrem Konkurrenzkampf um die Reste des noch nicht mit Beschlag belegten nichtkapitalistischen Weltmilieus (Luxemburg 1913, S. 391).“ Dieser verbleibende Rest des „nichtkapitalistischen Weltmilieus“ erscheint gegenüber der Entwicklung der Produktivkräfte als ein „geringer Rest“. Dies sorge dafür, dass die Konkurrenz der kapitalistischen Länder um die nichtkapitalistischen Gebiete immer heftiger werde, was dazu führe, dass:

der Imperialismus an Energie und an Gewalttätigkeit zu[nimmt], sowohl in seinem aggressiven Vorgehen gegen die nichtkapitalistische Welt wie in der Verschärfung der Gegensätze zwischen den konkurrierenden kapitalistischen Ländern (ebd., S. 391).“

Nichtkapitalistische Gebiete bzw. vorkapitalistische Produktionsweisen stellen für Luxemburg eine Notwendigkeit für die Akkumulation dar. Die Kapitalakkumulation könne nicht „ohne die nichtkapitalistische Formation existieren“, ebenso wie diese nicht „neben ihr zu existieren vermögen“. Die Kapitalakkumulation sei nur im „fortschreitenden Zerbröckeln“ des nichtkapitalistischen Gebiets möglich. Luxemburg beschreibt die Unmöglichkeit der Akkumulation mit der Unmöglichkeit der „weiteren Entfaltung der Produktivkräfte“, was gleichbedeutend mit der „objektive[n] geschichtlich[en] Notwendigkeit des Untergangs des Kapitalismus“ sei, woraus sich die „widerspruchsvolle Bewegung letzten, imperialistischen Phase als Schlußperiode in der geschichtlichen Laufbahn des Kapitalismus“ ergebe (ebd., S. 364). Die nichtkapitalistischen Gebiete seien nach Luxemburg deshalb notwendig, da das Kapital „im Lande keine Möglichkeit zu akkumulieren [hatte], da kein Bedarf nach zuschüssigem Produkt vorhanden war.“ Hingegen sei im Ausland, wo noch keine kapitalistische Produktion entwickelt ist, „eine neue Nachfrage in nichtkapitalistischen Schichten entstanden, oder sie wird gewaltsam geschaffen (ebd., S. 373).

Auch von Luxemburg wird der Imperialismus als eine bestimmte Art der Politik definiert. Ausgehend von der Annahme, dass kapitalistische Akkumulation ohne ein nichtkapitalistisches Weltmilieu unmöglich sei, ist der Imperialismus für Luxemburg gleichbedeutend mit einer Situation, in welcher der „Kapitalakkumulation de[r] Boden unter den Füßen“ weggezogen wird. Die kapitalistische Ausdehnung, raubt dem Kapitalismus seine eigene Grundlage. Diese Schlussphase des Kapitalismus werde zu „einer Periode der Katastrophen“ (ebd., S. 392).

1.3.3 Karl Kautsky

In seinem 1914 erschienenem Artikel Der Imperialismus charakterisiert Kautsky den Imperialismus als Produkt des hochentwickelten Kapitalismus. Der Imperialismus bestehe „in dem Drang jeder Nation, sich ein immer größeres agrarisches Gebiet zu unterwerfen und anzugliedern“ (Kautsky 1915, S. 14f.). An späterer Stelle beschreibt Kautsky den Imperialismus als „das Streben jedes kapitalistischen Großstaates nach Ausdehnung des eigenen Kolonialreiches“ (ebd., S. 13).

In seinem Artikel Nationalstaat, imperialistischer Staat und Staatenbund aus dem Jahr 1915 wiederholt Kautsky den Drang zur Ausdehnung von Nationen. Interessant ist, dass an dieser Stelle etwas genauer begründet wird, wozu jener ökonomisch dient:

Die auffallendste unter diesen Methoden ist die der kolonialen Expansion. Sie hat der ganzen Richtung der vom Finanzkapital beherrschten Staatspolitik den Ramen [Sic] gegeben. Nach ihr wird es Imperialismus genannt, das Streben, ein großes Imperium, Weltreich zu begründen, dessen agrarische Teile ausgedehnt genug sind, die überschüssigen Kapitalien des Mutterlandes aufzunehmen und in seinen Interessen anzuwenden (Kautsky 1915, S. 24).“

Der Imperialismus ist nach Kautsky also eine bestimmte Politik der Ausdehnung mit dem Ziel des Absatzes von überschüssigem Kapital. An dieser Stelle zeigt sich eine gewisse Parallele zu Rosa Luxemburg, aber auch Hobson.

Das Zitat von Kautsky beschreibt weiter, dass die imperialistische Ausdehnung „als die einzige, heute noch mögliche betrachtet [wird], [um] die kapitalistische Produktionsweise weiterzuentwickeln (ebd., S. 24).“ Wenige Seiten vorher wird dies von Kautsky explizit abgelehnt, wenn er davon spricht:

Er ist nicht nur nicht notwendig für das kapitalistische Wirtschaftsleben, seine Bedeutung dafür wird vielfach maßlos überschätzt (ebd., S. 22).“

Auf dieses Argument wird genauer eingegangen werden, wenn es um den Ultraimperialismus gehen soll. Auffällig ist an dieser Stelle wieder, dass der Imperialismus auch von Kautsky als eine bestimmte Politik (der Ausdehnung) aufgefasst wird. Ein Unterschied zu Hobson und Luxemburg besteht in Kautsky These, dass für diese Art der Politik keine Notwendigkeit bestünde. Interessant ist, dass sowohl Luxemburg als auch Kautsky explizit die Bedeutung eines nichtkapitalistischen Äußeren für das Kapital anführen.

1.3.4 Nikolai Bucharin

In Imperialismus und Weltwirtschaft kritisiert Bucharin 1915, dass man sich nicht damit zufriedengeben kann, den Imperialismus lediglich durch seine Erscheinungsformen wie die „Eroberungspolitik“ oder „Expansionspolitik“ zu charakterisieren. Vielmehr sei eine Analyse der ökonomischen Basis erforderlich, auf deren Grundlage diese Politik entsteht. Bucharin definiert den Imperialismus wie folgt:

Wir haben den Imperialismus als die Politik des Finanzkapitals definiert. Dadurch wird auch ihre funktionelle Bedeutung aufgedeckt. Sie ist der Träger der finanzkapitalistischen Struktur, sie unterwirft die Welt der Herrschaft des Finanzkapitals; sie setzt an die Stelle der alten vorkapitalistischen oder alten kapitalistischen Produktionsverhältnisse die Produktionsverhältnisse des Finanzkapitalismus. Ebenso wie der Finanzkapitalismus (den man nicht mit dem einfachen Geldkapital verwechseln darf, denn für das Finanzkapital ist kennzeichnend, daß es gleichzeitig sowohl Bank- als auch Industriekapital ist) eine geschichtlich umgrenzte Epoche ist, die nur für die letzten Jahrzehnte charakteristisch ist, ebenso ist auch der Imperialismus als die Politik des Finanzkapitalismus eine spezifisch historische Kategorie (Bucharin 1915, S. 126).“

Auch wenn die Ausdehnungspolitik von Bucharin durch das Finanzkapital spezifiziert wird, definiert auch er den Imperialismus erneut als eine bestimmte Politik – eben die des Finanzkapitals. Bucharin definiert den Imperialismus somit ähnlich wie Hilferding, der diesen, wie bereits erwähnt, als „die Wirtschaftspolitik des Finanzkapitals“ darstellt (Hilferding 1910, S. 556). An dieser Stelle sei bereits auf Lenins Vorwort zu Bucharins Schrift verwiesen, in dem Lenin die Bedeutung von Bucharins Werk hervorhebt:

Die wissenschaftliche Bedeutung der Arbeit N. I. Bucharins liegt besonders darin, daß er die Grundtatsachen der Weltwirtschaft betrachtet die den Imperialismus als Ganzes, als eine bestimmte Entwicklungsstufe des höchstentwickelten Kapitalismus betreffen (Lenin 1915b, S. 102).“

Lenin führt die „Grundtatsachen“ als Ganzes an und spricht von einer bestimmten Entwicklungsstufe. Durch ihn wird dies im Unterschied zu einer spezifischen Politik hervorgehoben.

1.3.5 Waldimir Iljitsch Lenin

Die kurze Ausführung über Lenins Definition des Imperialismus wird sich nicht auf seine Imperialismus-Broschüre von 1917 beschränken, sondern auch frühere Schriften einbeziehen. An dieser Stelle soll es erst einmal um Unterschiede in der allgemeinen Charakterisierung gehen, bevor im zweiten Schritt Lenins Analyse genauer untersucht wird.

Zu Beginn sei eine kurze Passage aus Lenins Broschüre Über eine Karikatur auf den Marxismus und über den „imperialistischen Ökonomismus“ von 1916 erwähnt, in der Lenin schreibt:

Den Gebrauch des „Wortes“ Imperialismus in diesem oder jenem Sinne zu verbieten ist unmöglich. Aber es ist notwendig, die Begriffe genau zu klären, wenn man diskutieren will (Lenin 1916b, S. 34).“

Diese Passage wird kurz angeführt, um die Ebene zu verdeutlichen, auf der Lenin sich mit dem Imperialismus auseinandersetzt. Die zentrale These dieses Artikels ist, dass es Lenin um eine Begriffsdefinition geht, im Unterschied zu vorangegangenen Arbeiten, die im Wesentlichen konkrete Analysen einzelner Elemente des Imperialismus darstellen. Bucharins Arbeit stellt vor diesem Hintergrund eine gewisse Ausnahme dar.

In seinem Artikel Sozialismus und Krieg aus dem Jahr 1915 bestimmt Lenin den Imperialismus als „die Epoche der fortschreitenden Unterdrückung der Nationen der ganzen Welt durch eine Handvoll „Groß“mächte“ (Lenin 1915a, S. 318). In der Broschüre Karikatur auf den Marxismus verteidigt Lenin den Begriff der Epoche vor einer Vulgarisierung und schreibt:

Eine Epoche heißt deshalb Epoche, weil sie eine Gesamtheit verschiedenartiger Erscheinungen und Kriege umfaßt – sowohl typische als auch nicht typische, große wie kleine, solche, die fortgeschrittenen, und andere, die rückständigen Ländern eigen sind (Lenin 1916b, S. 28).“

In besagter Schrift von 1916 definiert Lenin den Imperialismus sowohl ökonomisch als auch politisch. Lenin führt aus, dass der Imperialismus ökonomisch betrachtet, oder als „Epoche“ des Finanzkapitals“, die höchste Entwicklungsstufe des Kapitalismus darstellt. Diese zeichnet sich durch eine Großproduktion aus, durch welche „die freie Konkurrenz vom Monopol abgelöst wird“. Darin sieht Lenin das „ökonomische Wesen“ des Imperialismus. Interessant ist, dass Lenin anschließend zum Monopol schreibt, dass es:

seinen Ausdruck sowohl in den Trusts, Syndikaten usw. als auch in der Allmacht der Riesenbanken, sowohl im Aufkauf der Rohstoffquellen usw. als auch in der Konzentration des Bankkapitals usw. [hat.] Das ökonomische Monopol – das ist der Kern der ganzen Sache (ebd., S. 34).“

Lenin führt hier bereits verschiedene Aspekte des Monopols an – die Industriemonopole, die Konzentration der Banken, die Monopolbanken usw. Dies deutet darauf hin, dass es Lenin nicht um das einzelne (z. B. Industrie-)Monopol geht, sondern um ein sich entwickelndes gesellschaftliches Verhältnis bzw. die „Epoche“ des Finanzkapitals.

Eine Seite später geht Lenin auf die ökonomische Tendenz des Monopols ein und beschreibt, dass es die Konkurrenten vom inneren und äußeren Markt vertreiben muss, um zu einem „vollen Monopol“ zu werden. Er wirft anschließend die Frage auf, ob es „in der Ära des Finanzkapital“ ökonomisch die Möglichkeit gibt, die Konkurrenz in einem fremden Staat zu verdrängen und antwortet: „Natürlich: Dieses Mittel ist die finanzielle Abhängigkeit und der Aufkauf der Rohstoffquellen und dann auch aller Unternehmen des Konkurrenten (ebd., S. 35).“

Politisch definiert Lenin den Imperialismus in Anlehnung an Hilferding. Der Imperialismus ist nach Lenin die „Wendung von der Demokratie zur politischen Reaktion“. Er führt anschließend ein Zitat aus Hilferdings Finanzkapital an: „Das Finanzkapital will nicht Freiheit, sondern Herrschaft“ (Lenin 1916b, S. 34; Hilferding 1910, S. 502).

Der Epochencharakter, der für Lenins Definition zentral ist, wird noch deutlicher in seiner Imperialismus-Broschüre. Dort heißt es u.a.:

Würde eine möglichst kurze Definition des Imperialismus verlangt, so müßte man sagen, daß der Impeialismus das monopolistische Stadium des Kapitalismus ist. Eine solche Definition enthielte die Hauptsache, denn auf der einen Seite ist das Finanzkapital das Bankkapital einiger weniger monopolistischer Großbanken, das mit dem Kapital monopolistischer Industriellenverbände verschmolzen ist, und auf der anderen Seite ist die Aufteilung der Welt der Übergang von einer Kolonialpolitik, die sich ungehindert auf noch von keiner kapitalistischen Macht eroberte Gebiete ausdehnt, zu einer Kolonialpolitik der monopolistischen Beherrschung des Territoriums der restlos aufgeteilten Erde (Lenin 1917, S. 270).“

An dieser Stelle springt ins Auge, dass Lenin seine Definition des Imperialismus auf das monopolistische Stadium des Kapitalismus reduziert. Er führt sogleich aus, was er unter diesem Stadium versteht: das Finanzkapital, die Aufteilung der Welt und eine Kolonialpolitik der monopolistischen Beherrschung.

An anderer Stelle seiner Broschüre schreibt Lenin:

Der Kapitalismus ist zu einem Weltsystem kolonialer Unterdrückung und finanzieller Erdrosselung der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung der Erde durch eine Handvoll „fortgeschrittener“ Länder geworden (ebd., S. 195).“

Lenin stellt fest, dass kurze Definitionen zwar praktisch sind, da sie die zentralen Aspekte zusammenfassen, jedoch unzureichend werden, sobald es darum geht, die wesentlichen Merkmale der zu definierenden Erscheinung daraus abzuleiten. Aus diesem Grund kann eine Definition, so Lenin, „nur bedingte und relative Bedeutung haben“, da sie niemals „die allseitigen Zusammenhänge einer Erscheinung in ihrer vollen Entfaltung umfassen kann“. Anschließend definiert Lenin den Imperialismus mit den allseits bekannten fünf Merkmalen: (1) die Konzentration und die Entstehung der Monopole; (2) die Verschmelzung von Bank und Industrie sowie die Entstehung einer Finanzoligarchie; (3) die zunehmende Bedeutung des Kapitalexports; (4) die Bildung von internationalen Kapitalverbänden, die die Welt unter sich aufteilen und (5) die Beendigung der territorialen Aufteilung (ebd., S. 270f.).

Lenin geht es in seiner Definition nicht um die Beschreibung einzelner Länder, sondern um die Wechselbeziehungen der Weltwirtschaft – in der Epoche des Finanzkapitals. Dies wird durch einen Vergleich mit der 1916 erschienen Schrift Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus deutlich. Sein Artikel beginnt mit der Bemerkung, dass mit einer „möglichst genauen und vollständigen Definition des Imperialismus“ begonnen werden muss und führt aus:

Der Imperialismus ist ein besonderes historisches Stadium des Kapitalismus. Diese Besonderheit ist eine dreifache: der Imperialismus ist: 1. Monopolistischer Kapitalismus; 2. Parasitärer und faulender Kapitalismus; 3. sterbender Kapitalismus (Lenin 1916c, S. 102).“

Im Anschluss beschreibt Lenin das Monopol wieder als das „Wesen des Imperialismus“. Wichtig ist die daran anschließende Ausführung, in der Lenin das Monopol bzw. den Monopolismus definiert. Der Leser sollte dabei die eben angeführten fünf Merkmale Lenins im Hinterkopf behalten:

Der Monopolismus tritt in fünf Hauptformen zutage: 1. Kartelle, Syndikate und Trusts,- die Konzentration der Produktion hat eine solche Stufe erreicht, daß sie diese monopolistischen Kapitalistenverbände hervorgebracht hat; 2. die Monopolstellung der Großbanken: drei bis fünf Riesenbanken beherrschen das ganze Wirtschaftsleben Amerikas, Frankreichs, Deutschlands; 3. die Besitzergreifung der Rohstoffquellen durch die Trusts und die Finanzoligarchie (Finanzkapital ist das mit dem Bankkapital verschmolzene monopolistische Industriekapital); 4. die (ökonomische) Aufteilung der Welt durch internationale Kartelle hat begonnen. […] Der Kapitalexport, als besonders charakteristische Erscheinung zum Unterschied vom Warenexport im nichtmonopolistischen Kapitalismus, steht in engem Zusammenhang mit der wirtschaftlichen und der politisch- territorialen Aufteilung der Welt; 5. die territoriale Aufteilung der Welt (Kolonien) ist abgeschlossen (ebd., S. 102f.).“

Der Vergleich der fünf Kriterien in Lenins Imperialismus-Broschüre mit dieser Ausführung ist interessant. Den Monopolismus, welchen Lenin „als Kern der ganzen Sache“ (Lenin 1916b, S. 28) oder als „Wesen des Imperialismus“ (Lenin 1916c, S. 102) anführt, wird hier in den unterschiedlichen Formen definiert. In Lenins Heften zum Imperialismus findet sich der Vermerk: „Bestandteile des Begriffs „Imperialismus“.“ Anschließend folgt eine Auflistung von sechs Punkten, von denen er zwei zu einer Kategorie fasst:

  1. Monopol als Ergebnis der Konzentration“
  2. Kapitalausfuhr (als das Wichtigste)“
  3. Vereinigungen des internationalen Kapitals“
  4. Kolonien“
  5. das Bankkapital und seine „Fäden“
  6. Ablösung des freien Handels und des friedlichen Verkehrs durch eine Politik der Gewalt (Zölle; Eroberungen etc. etc.).“

Die Punkte drei und vier fasst Lenin zusammen unter „Aufteilung der Welt“ (Lenin 1972, S. 186). Lenin bestimmte eine Epoche als die Gesamtheit von verschiedenen Erscheinungen und Kriegen (Lenin 1916b, S. 28). Unter diesen Gesichtspunkt zeichnet sich Lenins Arbeit, im Unterschied zu den vorherigen, dadurch aus, dass er den Imperialismus als eine Epoche definierte – also als eine Gesamtheit von Erscheinungen und dabei ihre Wechselwirkungen berücksichtigte. In vorherigen Arbeiten wurde der Imperialismus als eine spezifische Politik charakterisiert: des Expansionismus (Hobson, Luxemburg, Kautsky), oder politökonomisch als Politik des Finanzkapitals (Hilferding, Bucharin). Lenin hob den wissenschaftlichen Wert von Bucharins Arbeit hervor, weil dieser „den Imperialismus als Ganzes“ betrachtete, als „eine bestimmte Entwicklungsstufe“ (Lenin 1915, S. 102). Dennoch zeigt sich in der Definition Lenins, im Unterschied zu Bucharin, dass Lenin auf die verschiedenen Seiten des Imperialismus eingeht und ihr Verhältnis bestimmt. Einerseits die ökonomischen und politischen Seiten, aber vor allem auch die internationale – die Ebene der Weltwirtschaft. Lenin geht also darüber hinaus nur einzelne wesentlichen Zusammenhänge zu nennen (wie das Finanzkapital, oder den Expansionismus) und präsentiert den inneren Zusammenhang des Imperialismus als eine Epoche, was durch seine fünf Kriterien deutlich wird. Im nächsten Kapitel wird sich detailliert der zentralen These dieses Textes zugewandt, nach der es sich bei Lenins Kriterien um eine logische Kategorienentwicklung handelt, deren Ausgangspunkt die Konzentration und das Monopol darstellt. Davon ausgehend entwickelt er das Finanzkapital, den Kapitalexport und die Aufteilung der Welt usw. In dieser Systematik unterscheidet sich Lenins Arbeit deutlich von vorherigen. Hilferding z.B. beginnt seine Untersuchung mit einer Auseinandersetzung mit Geld, Bucharin mit dem Begriff der Weltwirtschaft, Luxemburg mit dem Problem der Reproduktion.

2. Lenins begriffliche Entwicklung des Imperialismus

Im folgenden Kapitel soll auf die fünf Merkmale eingegangen werden, anhand derer Lenin den Imperialismus definiert. Dies soll in Form eines Vergleichs mit früheren Werken geschehen, die Lenin entweder explizit in seinen ökonomischen Studien berücksichtigte oder die (wie etwa die Schriften von Luxemburg) auch heute noch eine gewisse Rolle in den Imperialismus-Debatten spielen (vgl. Harvey 2005; Patnaik/Patnaik 2023).

Durch den Vergleich soll einerseits aufgezeigt werden, woher Lenin gewisse Aussagen seiner Broschüre nimmt. Es geht also darum, den wissenschaftlichen Stand der damaligen Zeit zu erfassen, wenn auch nur exemplarisch. Andererseits soll es bei dem Vergleich auch darum gehen, die Abstraktionsebene zu verdeutlichen, auf der sich Lenin bewegt. Damit soll die These begründet werden, dass es Lenin um eine Begriffsbestimmung des Imperialismus geht, aufbauend auf den historischen-konkreten Untersuchungen anderer Autoren. Der Aufbau des Kapitels orientiert sich an der Struktur von Lenins Imperialismus-Broschüre und folgt seinem Argumentationsgang.

2.1 Konzentration von Industrie und Bank

Das folgende Unterkapitel setzt sich mit dem Konzentrationsprozess in der Industrie und den Banken auseinander und ihrem wechselseitigen Verhältnis. Lenins Imperialismus-Broschüre beginnt mit der Analyse der Konzentration der Produktion und geht dann dazu über, die neue Rolle der Banken zu untersuchen.

2.1.1 Die Entstehung von Monopolverbänden

Bemerkenswert sind bereits die Anmerkungen, die Engels in das Manuskript des dritten Bandes des „Kapitals“ einfügt, zur Entstehung von Monopolverbänden und der Ablösung der freien Konkurrenz. Dabei ist auch die zeitliche Perspektive wichtig. Der dritte Band wurde 1894 veröffentlicht, also nur acht Jahre bevor Hobson Der Imperialismus (1902) herausbrachte.

In einem dieser Einschübe führt Engels aus, dass sich „neue Formen des Industriebetriebs“ entwickelt haben. Die wachsende Geschwindigkeit der großindustriellen Potenz steht der zunehmenden Langsamkeit der Ausdehnung des Marktes gegenüber. Hinzu komme die Schutzzollpolitik, durch welche die inländische Produktionsfähigkeiten künstlich gesteigert würden. Das Ergebnis sei „allgemeine chronische Überproduktion, gedrückte Preise, fallende und sogar ganz wegfallende Profite“. Dies führe dazu, dass:

[die] altgerühmte Freiheit der Konkurrenz […] am Ende ihres Lateins [ist] und […] ihren offenbaren skandalösen Bankrott selbst ansagen [nuß]. Und zwar dadurch, daß in jedem Land die Großindustriellen eines bestimmten Zweigs sich zusammentun zu einem Kartell zur Regulierung der Produktion. Ein Ausschuß setzt das von jedem Etablissement zu produzierende Quantum fest und verteilt in letzter Instanz die einlaufenden Aufträge. In einzelnen Fällen kam es zeitweise sogar zu internationalen Kartellen, so zwischen der englischen und deutschen Eisenproduktion. Aber auch diese Form der Vergesellschaftung der Produktion genügte noch nicht. Der Interessengegensatz der einzelnen Geschäftsfirmen durchbrach sie nur zu oft und stellte die Konkurrenz wieder her. So kam man dahin, in einzelnen Zweigen, wo die Produktionsstufe dies zuließ, die gesamte Produktion dieses Geschäftszweigs zu einer großen Aktiengesellschaft mit einheitlicher Leitung zu konzentrieren (Marx 1894, S. 453f.).“

Diese Entwicklung führe dazu, dass „die Konkurrenz durch das Monopol ersetzt“ wurde (ebd., S. 454). In seinen 1895 verfassten Nachträgen zum dritten Band des Kapitals spricht Engels von der „allmählichen Verwandlung der Industrie in Aktienunternehmungen. Ein Zweig nach dem anderen verfällt dem Schicksal“ und von „Trusts, die Riesenunternehmungen mit gemeinsamer Leistung schaffen“ (Engels 1895, S. 918).

Durch verschiedene Passagen im dritten Band des Kapitals wird deutlich, dass Engels bereits Tendenzen einer grundlegenden Veränderung der kapitalistischen Produktionsweise bemerkte, die sich nach seinem Tod in einem schnellen Tempo durchsetzten: ein Konzentrationsprozess, der zu Entstehung von Monopolen führt.

Die zunehmende Abstrahierung von konkreten Einzelphänomenen hin zu einer Darstellung allgemeinerer Zusammenhänge in den verschiedenen Analysen wird deutlich durch einen Vergleich der Ausführungen von Otto Jeidels, Hilferding, Bucharin und Lenin im Hinblick auf Kartelle, Trusts und Syndikate.

Otto Jeidels beschreibt die Trustgesellschaften „für die Großbank als Werkzeug der Expansion“. Ob sie für diese Funktion dienlich sind, hängt von drei Hauptformen der Trustgesellschaft ab, die Jeidels relativ ausführlich beschreibt: 1. Gründung und Beherrschung von Unternehmungen; 2. Erweiterung des Tätigkeitsgebiets eines industriellen Unternehmens; 3. zum spekulativen Zweck1 (Jeidels 1905, S. 77f.). Während Jeidels bei der Auseinandersetzung mit den Trusts vor allem das Verhältnis von Bank und Industrie im Blick behält, definiert Hilferding den Trust als „eine monopolistische Fusion“ (Hilferding 1910, S. 286). Hilferding führt dann „neben den ökonomischen Vorteilen technische Vorteile“ an, die sich für den größeren Betrieb gegenüber den kleineren, durch Fusion und Trusts, ergeben (ebd., S. 288). Gleichzeitig beschreibt auch Hilferding das Interesse der Banken an der Entstehung von Monopolen:

Ein so starkes Unternehmen ist ein Widerpart, an dem die Bank nicht allzuviel verdienen kann. Sobald die konkurrierenden Werke ihre Kunden sind, hat die Bank von deren Konkurrenz daher nur Nachteile zu erwarten. Daher ist das Streben der Banken nach Ausschaltung der Konkurrenz zwischen Werken, an denen sie beteiligt ist, ein absolutes. Jede Bank aber hat auch das Interesse an möglichst hohem Profit. Dieser wird unter sonst gleichen Umständen wieder den höchsten Stand erreichen bei völliger Ausschaltung der Konkurrenz in einem Industriezweig. Daher das Streben der Banken nach Herstellung des Monopols. Es treffen so die Tendenzen des Bankkapitals mit denen des Industriekapitals nach Ausschaltung der Konkurrenz zusammen (ebd., S. 275).“

In Bezug auf Kartelle spricht Jeidels davon, dass „der treibende Faktor die Industrie ist, deren Entwicklung sich Banken durchaus anzupassen“ haben (Jeidels 1905, S. 258). Hilferding definiert das Kartell als „eine monopolistische Interessengemeinschaft“, deren Ziel es ist, durch die weitgehende Ausschaltung der Konkurrenz die Preise zu steigern und dadurch den Profit zu maximieren (Hilferding 1910, S. 286). Das Syndikat wird von Hilferding als ein Kartell dargestellt, dass aus einem „rein vertragsmäßigen Gebilde durch Aufhebung der kommerziellen Selbstständigkeit der Unternehmungen zu einer kommerziellen Einheit wird“ (ebd., S. 299).

Jeidels und Hilferding gehen in ihren Untersuchungen mit verschiedenen Schwerpunktsetzungen dezidierter auf die unterschiedlichen Formen des Industriemonopols ein. Bucharin sind diese Unterschiede zwar bewusst, er vermerkt aber in einer Fußnote seiner Analyse:

Wir können hier die Unterschiede zwischen diesen Formen nicht ausführlich behandeln. Für unsere Aufgabe genügt es zu sagen, daß wir keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Kartell und Trust erblicken und im Trust nur die zentralisiertere Form derselben Erscheinung sehen. Jegliche (rein formale) Versuche […], einen grundsätzlichen Unterschied zwischen dem „autokratischen“ Trust und dem „demokratischen“ Syndikat (oder Kartell) zu machen, berühren das Wesen der Dinge, das sich aus der Rolle dieser Gebilde in der Sozialwirtschaft ergibt, nicht im geringsten. Daraus folgt aber nicht, daß zwischen ihnen keinerlei Unterschied bestünde, und in einem gewissen Sinne müssen diese Unterschiede gemacht werden (Bucharin 1915, S. 67 Fußnote).“

Bucharin merkt demnach an, dass für die Untersuchung der Weltwirtschaft diese Unterscheidungen nebensächlich seien, weil es sich lediglich um verschiedene Erscheinungsformen handele. In Lenins Imperialismus-Broschüre werden zwar die unterschiedlichen Formen genannt, aber auch für ihn spielen die Unterschiede keine entscheidende Rolle. Er spricht häufig von „Monopolverbänden“, unter die er Kartelle, Syndikate und Trusts fasst (Lenin 1917, S. 250). Für Lenin ist die Verwandlung der Konkurrenz in das Monopol „eine der wichtigsten Erscheinungen – wenn nicht die wichtigste“ (ebd., S. 210f.). Etwas früher ist zu lesen, dass:

die Unterschiede zwischen einzelnen kapitalistischen Ländern […] bloß unwesentliche Unterschiede in der Form der Monopole oder in der Zeit ihres Aufkommens bedingen, während die Entstehung der Monopole infolge der Konzentration der Produktion überhaupt ein allgemeines Grundgesetz des Kapitalismus in seinem heutigen Entwicklungsstadium ist (ebd., S. 204).“

Lenin geht in seiner Abstraktion also noch weiter als Bucharin. Er kommt zu dem Schluss, dass die Entstehung (unabhängig von der Form und dem Zeitpunkt) der Monopole ein allgemeines Grundgesetz darstellt. Lenins Bestimmung von allgemeinen Charakteristiken der Monopolverbände wird erkennbar, wenn er über den Organisationszwang durch die Verbände schreibt, wonach „von einem Zwang zur Unterwerfung unter die Monopolverbände“ gesprochen werden muss. Um diese allgemeine Charakteristik zu begründen, wirft Lenin anschließend „einen flüchtigen Blick“ auf die unterschiedlichen Mittel, auf die die Monopolverbände zurückgreifen (ebd., S. 210).

Die unterschiedlichen Formen von Monopolverbänden, die durch die Autoren in unterschiedlicher Intensität behandelt werden, dienen an dieser Stelle lediglich als ein Beispiel. Andere Beispiele wären z.B. der Monopolpreis anhand der Kartellpreise, der von Hilferding an verschiedenen Stellen genauer beschrieben wird (vgl. u.a. Hilderding 1910, S. 234, S. 238f., S. 457), aber auch schon im dritten Band des Kapitals ein Thema ist (Marx 1894, S. 783), sowie die Probleme der Preisregulierung durch die Monopole (Hilderding 1910, S. 457). Ein weiteres Beispiel ist der Monopolprofit, der bei Marx (1894, S. 840f., S. 863, S. 868f.) thematisiert wird, in gewisser Weise auch bei Hobson, etwa in seinen Ausführungen über Extragewinne aus den Kolonien (Hobson 1902, S. 53). Er findet sich zudem an mehreren Stellen bei Hilferding, insbesondere in seiner Analyse des Kartellprofits und der Rolle des Hochschutzzolls (Hilferding 1910, S. 290f., S. 342, S. 344, S. 439, S. 456f.), sowie bei Bucharin, etwa dort, wo er beschreibt, wie Extraprofite auf dem Weltmarkt unter anderem durch ungleiche nationale Wirtschaftsstrukturen entstehen (Bucharin 1915, S. 88, S. 90, S. 186).. Für Lenin spielt die Frage, wie genau der Monopolprofit entsteht, nicht die entscheidende Rolle – vielmehr geht es ihm um andere Ebenen, z. B. die Möglichkeit der Bestechung der Arbeiterklasse durch den Monopolprofit (Lenin 1917, S. 306f.).

Als weiteres Beispiel könnte das Thema Konkurrenzkampf genannt werden, dass in unterschiedlicher Art und Weise von Jeidels, Hilferding und auch Bucharin thematisiert wird. Bei Lenin finden wir die kondensierte Bemerkung, dass die Monopole nicht die freie Konkurrenz beseitigen, aus der sie erwachsen sind, sondern dass die Monopole „über und neben ihr“ bestehen, was zu einer „Reihe besonders krasser und schroffer Widersprüche, Reibungen und Konflikte“ führt und schließlich, dass „[d]as Monopol […] der Übergang vom Kapitalismus zu einer höheren Ordnung [ist] (ebd., S. 270).

Zusammenfassung

In Bezug auf die Monopolverbände fällt auf, dass bereits Marx/Engels Ende des 19. Jahrhunderts die Tendenz hin zu einer ökonomischen Veränderung und einer Regulierung der Produktion festgestellt haben. Sie erkannten auch bereits die internationale Dimension dieses Prozesses. Die folgenden Arbeiten von Otto Jeidels und Rudolf Hilferding beschäftigen sich vor allem auf einer konkret-empirischen Ebene mit den neu entstandenen Monopolen und deren Verhältnis zum Bankkapital. Sie untersuchen dabei ausführlicher unterschiedliche Formen der Monopolverbände. Bei diesen Auseinandersetzungen tauchen auch Themen wie der Monopolpreis und -profit auf. Bei Bucharin ist ein erster Schritt der Abstraktion zu erkennen, da er sich von den unterschiedlichen Formen der Monopole löst und herausstellt, dass diese keine prinzipiellen Unterschiede bedeuten. Lenin knüpft vor allem an diese Abstraktion von Bucharin an. Für seine Auseinandersetzung spielen die konkreten Formfragen, aber auch die Fragen des Monopolpreises und -profits keine Rolle. Lenin konzentriert sich auf die gesetzmäßige Herausbildung der Monopole und arbeitet die wesentliche Seite dieser Entwicklung heraus: den Zwang zur Unterwerfung unter die Monopolverbände (Lenin 1917, S. 210). Lenin behandelt somit einen allgemeinen, notwendigen und wesentlichen Zusammenhang in Bezug auf die Monopolverbände.

2.1.2 Verhältnis Industrie- und Bankkonzentration

Ein zentraler Aspekt in Lenins Argumentation, aber auch in der vieler anderer Autoren, ist das Verhältnis zwischen der Konzentration in der Industrie und jener im Bankensektor, die Entstehung von Großbanken und schließlich die Analyse des Finanzkapitals. Aus diesem Grund soll an dieser Stelle etwas ausführlicher auf den beidseitigen Konzentrationsprozess und dessen Verschmelzung eingegangen werden, um anschließend im nächsten Unterkapitel (2.2) das Finanzkapital zu behandeln.

Gleich zu Beginn von Otto Jeidels2 Untersuchung über das Verhältnis von deutschen Großbanken zur Industrie, findet sich die Bemerkung, dass durch die technische Natur des Kreditgeschäfts und die zunehmende Bedeutung des Kreditverkehrs, frühere Faktoren der industriellen Kreditvermittlung an Bedeutung verlieren und neue Faktoren an ihren Platz treten, was zu einem bisher unbekannten Charakter der Kreditvermittlung führt:

Erst wenn hierdurch klargelegt ist, wie Bankiers und kleine Banken in steigendem Maße an Bedeutung verlieren, die großen Berliner Banken mit erweiterten Aufgaben an ihre Stelle treten, wieweit also der Konzentrationsprozeß im Bankgewerbe seinen Ursprung in der Natur des industriellen Bankgeschäfts hat, können die Beziehungen der Großbanken zur Industrie in ihrer prinzipiellen und originellen Bedeutung verstanden werden (Jeidels 1905, S. 23).“

In einer ähnlichen Weise bemerkt Hilferding, „daß die Konzentration in der Industrie gleichzeitig eine Konzentration der Banken herbeiführt, die aus den eigenen Entwicklungsbedingungen des Bankgeschäfts heraus noch verstärkt wird (Hilferding 1910, S. 274f.).“ Bereits bei Marx ist dieses Wechselverhältnis beschrieben, er spricht davon, dass „[d]ie Entwicklung des Produktionsprozesses […] den Kredit [erweitert], und der Kredit […] zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen Operation [führt].“ Und schließlich heißt es, dass der Kredit „[…] mit dem Umfang des industriellen Kapitels selbst [wächst] (Marx 1894, S. 498).3 Hilferding geht dann auf das Verhältnis von Monopolen in Industrie und Bankwesen ein und wie diese sich auf den Konzentrationsprozess auswirken:

Die Entwicklung der kapitalistischen Industrie entwickelt die Konzentration im Bankwesen. Das konzentrierte Banksystem ist selbst ein wichtiger Motor zur Erreichung der höchsten Stufe kapitalistischer Konzentration in den Kartellen und Trusts. Wie wirken nun diese wieder zurück auf das Banksystem. Das Kartell oder der Trust ist ein Unternehmen von größter Kapitalkraft. In den gegenseitigen Abhängigkeitsbeziehungen kapitalistischer Unternehmungen entscheidet vor allem die Kapitalstärke darüber, welches Unternehmen von dem anderen in Abhängigkeit gerät. Eine weit fortgeschrittene Kartellierung wirkt von vornherein dahin, daß auch die Banken sich zusammenschließen und sich vergrößern, um dem Kartell oder Trust gegenüber nicht in Abhängigkeit zu geraten. Die Kartellierung selbst befördert so den Zusammenschluß der Banken, wie umgekehrt der Zusammenschluß der Banken die Kartellierung (Hilferding 1910, S. 332).“

Betont wird auch an dieser Stelle das wechselseitige Verhältnis des Konzentrationsprozesses. Heraussticht die Aussage, dass nach Hilferding die Kapitalkraft ausschlaggebend dafür sei, ob die Bank oder die Industrie in ein Abhängigkeitsverhältnis gerate. Wir werden in Kapitel 2.2.1 über das Finanzkapital sehen, dass Hilferding das entstehende Abhängigkeitsverhältnis sehr eindeutig bestimmt.

Otto Jeidels führt aus, dass die Entwicklung der Großbanken in einem gewissen Grad abhängig ist von (der Entwicklung) der Industrie. Die Konzentrationen der Großbanken schlägt ab einem gewissen Punkt ihrerseits wieder in eine erweiterte Konzentration der Industrie um. Wer in diesem Prozess die Initiative hat, sei dabei „nicht allgemein festzustellen“ und sei „im Grunde auch gleichgültig“. Vielmehr sei es „in weit größerem Maße als bisher Sache der Persönlichkeit“, wer die tonangebende Rolle einnimmt (Jeidels 1905, S. 252). Jeidels charakterisiert die neu eingetretene Situation zusammenfassend:

Die gegenwärtige Entwicklungsstufe der Industrie setzt der Bankwelt, die ihrerseits einen dem gewerblichen ähnlichen Konzentrationsprozeß durchmacht, eine neue Aufgabe: galt es in früheren Perioden industrieller Banktätigkeit, die Industrie anzuregen, so handelt es sich heute darum, sich derselben zu bemächtigen. Nicht die Schaffung, sondern die Beherrschung und Leitung der Kapitalmassen ist das Entscheidende. Erst damit ist der Anlaß gegeben, die einzelnen Formen industrieller Beziehungen planmäßig auszubilden (ebd., S. 108f.).“

Jeidels beschreibt den Konzentrationsprozess der Großbanken als einen Expansionsprozess. Diese Expansion stellt nach Jeidels die „Aufsaugung von anderen Kreditinstituten“ dar und bildet die Voraussetzung „einer Alleinherrschaft“, die die objektive Möglichkeit für „eine planvolle Industriepolitik“ schafft (ebd., S. 80). Jeidels geht anschließend genauer auf den Konzentrationsprozess der Banken ein und spricht von vier Stufen, die aufeinander folgen:

1. das Verschwinden der kleinen Bankbetriebe; 2. die Aufsaugung der größeren Provinzbanken, denen ihrerseits die erste Entwicklungsstufe zu einer bedeutenden Stellung verholfen hat, durch die Berliner Großbanken; 3. die Verdrängung der Mittelbanken, deren Wesen durch ihre Spitze in Berlin, eine über den Durchschnitt hinausgehende Kapitalkraft und ihre Tätigkeit als moderne Industrie- und Effektenbank bestimmt wird, durch die Großbanken, die sich von ihnen mehr quantitativ als qualitativ unterscheiden; 4. schließlich der Zusammenschluß mehrerer Großbanken. Jede dieser Entwicklungsstufen hat die vorhergehenden zur Voraussetzung, so aber, daß die früheren sich auch auf späteren Stufen weiter durchsetzen (ebd., S. 81).“

Ähnlich sind auch die Argumentationen Hilferdings. Er führt aus, dass sich durch die wachsende Konzentration der Banken eine Änderung ihrer Stellung „zu der Spekulation, dem Handel und der Industrie“ vollzieht. Hilferding erläutert:

Zunächst bedeutet die Bankkonzentration eine Machtverschiebung zugunsten der Bank schon vermöge ihrer großen Kapitalskraft. Diese Kraft ist nicht nur quantitativ bedeutender als die der Schuldner der Bank, sondern die Überlegenheit der Bank ist eine qualitative dadurch, daß die Bank über das Kapital in seiner stets schlagfertigen Form, der Geldform, verfügt. Diese Überlegenheit aber verhütet, daß eine große, gut geleitete Bank in solche Abhängigkeit von dem Schicksal einer einzigen oder einiger weniger Unternehmungen gerät, bei denen sie ihre Mittel festgelegt hat, daß sie in deren Zusammenbruch während der Krise unrettbar mitverstrickt wird (Hilferding 1910, S. 432.).“

Interessant sind die leicht unterschiedlichen Akzentuierungen: Jeidels betont vor allem die dominierende Rolle der Banken und das Ziel eines planmäßigen Handelns der Industrie. Hilferding hingegen erkennt zwar ebenfalls diese Rolle der Banken an, hebt jedoch zugleich eine Abhängigkeit der Banken von der Industrie hervor.

Es ließe sich ausführlicher auf die Argumentation von Jeidels eingehen, der in seinem Buch den Konzentrationsprozess der Banken und deren veränderte Funktion gegenüber der Industrie sehr detailliert darlegt. Entscheidend ist jedoch an dieser Stelle, den Unterschied in der Analyseebene zwischen Jeidels, Hilferding und Lenin herauszuarbeiten. Lenin, der die sehr detaillierten Studien von Jeidels und Hilferding kannte, konzentriert sich in seiner Untersuchung auf die wesentlichen Seiten im Konzentrationsprozess der Banken, der Entstehung von Monopolbanken und die Unterwerfung des Handels und der Industrie unter ihre Führung.

Im zweiten Kapitel seiner Imperialismusschrift (Die Banken und ihre neue Rolle) charakterisiert Lenin den Konzentrationsprozess der Banken wie folgt:

In dem Maße, wie sich das Bankwesen und seine Konzentration in wenigen Institutionen entwickeln, wachsen die Banken aus bescheidenen Vermittlern zu allmächtigen Monopolinhabern an, die fast über das gesamte Geldkapital aller Kapitalisten und Kleinunternehmer sowie über den größten Teil der Produktionsmittel und Rohstoffquellen des betreffenden Landes oder einer ganzen Reihe von Ländern verfügen. Diese Verwandlung zahlreicher bescheidener Vermittler in ein Häuflein Monopolisten bildet einen der Grundprozesse des Hinüberwachsens des Kapitalismus in den kapitalistischen Imperialismus, und deshalb müssen wir in erster Linie bei der Konzentration des Bankwesens verweilen (Lenin 1917, S. 214).“

Lenin sieht, ähnlich wie Jeidels und Hilferding, den Ursprung der Bankkonzentration im Konzentrationsprozess der Industrie, was deutlich wird, wenn Lenin davon spricht, dass die:

Bank, die das Kontokorrent für bestimmte Kapitalisten führt, […] scheinbar eine rein technische, eine bloße Hilfsoperation aus[übt]. Sobald aber diese Operation Riesendimensionen annimmt, zeigt sich, daß eine Handvoll Monopolisten sich die Handels- und Industrieoperationen der ganzen kapitalistischen Gesellschaft unterwirft […] (ebd., S. 218).

In Lenins Ausführung zeigt sich eine gewisse Parallele zu Jeidels, der die neue Aufgabe der Bank durch die „Beherrschung und Leitung der Kapitalmassen“ charakterisierte (Jeidels 1905, S. 108f.). Entscheidend ist Lenins allgemeine Darstellung des Prozesses – worin sich in einer gewissen Weise ein Unterschied zu Jeidels und Hilferding zeigt. Lenin spricht vom Bestreben „monopolistischer Abmachungen“ und der Bildung von „Banktrust[s]“ und schreibt schließlich: „Das letzte Wort in der Entwicklung des Bankwesens ist immer wieder das Monopol (ebd., S. 223). Dieser Prozess ist in Lenins Schrift letztlich der Übergang zum Begriff des Finanzkapital. So heißt es:

Konzentration der Produktion, daraus erwachsende Monopole, Verschmelzung oder Verwachsen der Banken mit der Industrie – das ist die Entstehungsgeschichte des Finanzkapitals und der Inhalt dieses Begriffs (ebd., S. 230).“

Zusammenfassung

Das Verhältnis von Industrie- und Bankkonzentration wurde von Jeidels und Hilferding untersucht. Hilferding arbeitet die Dialektik hinter der Industrie- und Bankkonzentration heraus: die Konzentration der Industrie führt zur Konzentration der Banken. Letztere führt wieder zur Konzentration innerhalb der Industrie und der Entstehung von Monopolverbänden. Dieser Prozess beschleunigt seinerseits den Zusammenschluss von Banken und fördert die Entstehung von Großbanken. Sowohl Jeidels als auch Hilferding diskutieren die Frage, wer innerhalb des Konzentrationsprozesses das Sagen hat – die Industriellen oder die Bankiers. Beide antworten unterschiedlich: Jeidels betont die Rolle der Persönlichkeit, Hilferding die Bedeutung der Kapitalkraft. Jeidels arbeitet die neue Aufgabe der Banken heraus: die Bemächtigung und Beherrschung der Industrie. Auch Hilferding spricht von einer Machtverschiebung der Banken gegenüber der Industrie. In Lenins Imperialismus-Broschüre ist die Entstehung von Bankmonopolen und ihre Unterwerfung der Industrie entscheidend. Lenin verallgemeinert somit die von Jeidels und Hilferding beschriebenen Tendenzen mit dem Begriff des Bankenmonopols. Jeidels und Hilferding sprachen zwar von Großbanken, aber erst Lenin führt den Begriff des Bankenmonopols ein. Auch an dieser Stelle zeigt sich wieder die Fokussierung Lenins auf einen allgemeinen und wesentlichen Zusammenhang. Er arbeitet in Bezug auf die Industrie den wesentlichen Zusammenhang des Zwangs und der Unterwerfung durch die Monopolverbände heraus und analysiert weiter, wie sich dieser innerhalb der Banken niederschlägt, auf sie übergreift und letztlich in die Beherrschung der Industrie durch die Monopolbanken umschlägt.

2.1.3 Die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital

Bevor der Begriff des Finanzkapitals ausführlicher behandelt wird, soll zunächst die Verschmelzung von Bank- und Industriekapital näher betrachtet werden. Dies wird hauptsächlich anhand Otto Jeidels und Hilferding geschehen, da Lenin zwar von der Verschmelzung spricht, aber nicht im selben Detailgrad analysiert, wie sich diese genau vollzieht. Ein etwas genauerer Blick auf diese Frage kann hilfreich sein, da sich an dieser Stelle bereits Hinweise darauf finden, wie genau das Finanzkapital zu verstehen ist.

Otto Jeidels führt neben den Emissions- und Gründungsgeschäften den Kontokorrentkredit4 als charakteristisches industrielles Bankgeschäft an. Der Kontokorrentkredit ist der industrielle Bankkredit im engeren Sinn. Jeidels nennt drei Gründe, die dem Kontokorrentkredit eine besondere Bedeutung für das Verhältnis der Banken zur Industrie verleihen: (1) schafft er eine Abhängigkeit der Industrie von den Kreditgebern durch seine „Wichtigkeit für die ruhige Ausdehnung eines Unternehmens“; (2) aufgrund seiner Auswirkung auf die Organisation des Bankwesens, wegen seiner Wirkung auf die Bankkonzentration und die stärkere Rolle der Großbanken; (3) wird das industrielle Kontokorrentgeschäft zum Zentrum sämtlicher Bankgeschäfte mit der Industrie:

die Gründungs- und Emissionstätigkeit, die direkte Beteiligung an gewerblichen Unternehmungen, das Mitwirken bei der Leitung industrieller Betriebe als Mitglied des Aufsichtsrats stehen zu dem Bankkredit in sehr vielen Fällen in dem engen Verhältnis von Ursache und Wirkung (Jeidels 1905, S. 32f.).“

Jeidels beschreibt, wie durch die Inanspruchnahme solcher Kredite eine enge Verbindung zwischen den industriellen Unternehmen und der Bank entsteht. Da die Bank durch solche industriellen Bankgeschäfte schnell ihre Mittel in einer Weise vergibt, die für die Liquidität der Bank schädlich ist, führt Jeidels drei Folgen an, die sich aus dem Kontokorrentkredit ergeben:

Erstens muß die Bank über große Mittel verfügen; von den Kapitalerhöhungen unserer Großbanken und besonders der rheinisch-westfälischen Provinzbanken, soweit sie nicht der Erwerbung anderer Banken galten, hatten wohl die meisten ihren Grund in der Ausdehnung des Kontokorrentverkehrs. Zweitens muß die Bank das kreditnehmende Werk genau überwachen. Dies nach einer doppelten Richtung: sie muß darauf hinwirken, daß das Werk nur mit dieser einen Bank arbeitet —, eine Notwendigkeit, die nicht bloß ein kapitalkräftiges, sondern auch ein weitverzweigtes Kreditinstitut voraussetzt; die Bank muß sich aber auch einen Einfluß auf den Geschäftsbetrieb des Unternehmens selbst verschaffen, um leichtsinnige Anlagen zu verhüten und über die Realisierbarkeit ihrer Forderungen unterrichtet zu sein. Drittens schließlich muß eine Bank in der Auswahl der industriellen Schuldner überhaupt gewisse feste Prinzipien verfolgen […] (ebd., S. 34f.).“

Der Kontokorrentkredit stellt in Jeidels Argumentation quasi den Kern in den Bank- und Industriebeziehungen dar, ist aber nicht die einzige Form. Jeidels unterscheidet vier weitere Formen der Beziehungen, die durch einen unterschiedlichen Intensitätsgrad charakterisieren sind: (1) der Kontokorrentkredit selbst; (2) das Emissionsgeschäft; (3) die Besetzung von industriellen Aufsichtsratsposten durch Bankiers; (4) die direkte Beteiligung von Banken an der Industrie. Die engste Beziehung besteht nach Jeidels dort, wo die Bank als Mitglied in einem Aufsichtsrat mitreden kann (ebd., S. 109). Die Aktienbeteiligung hingegen wird als keine charakteristische Form der Industriebeziehung einer Großbank beschrieben. Sie trete „nur ergänzend und als Mittel zum Zweck in jeder der unterschiedlichen Einflußsphären auf“ (ebd., S. 121).

In Hilferdings5 Argumentation stellt der Bankkredit ebenfalls einen zentralen Eckpunkt dar, allerdings mit einem etwas anderen Fokus. Hilferding beschreibt, wie die Entwicklung der Produktion dazu führt, dass ein immer größerer Teil des in der Produktion fungierenden Gesamtkapitals in Form von Geldkapital brachliegt. Der Umgang des brachliegenden Kapitals variiert stark und wirkt sich auf Angebot und Nachfrage auf dem Geldmarkt aus. Vor diesem Hintergrund beschreibt Hilferding die neue Funktion, die der Kredit erhält: „dieses Brachliegende auf ein Minimum zu reduzieren (Hilferding 1910, S. 91).“

Die industrielle Nutzung des Kredits wird zu einer Notwendigkeit durch den Konkurrenzkampf, weil „für den Einzelkapitalisten […] die Benutzung des Kredits eine Erhöhung seiner individuellen Profitrate [bedeutet] (ebd., S. 114).“ Auch Hilferding beschreibt, wie sich durch die Entwicklung des Kreditgeschäfts die Stellung der Banken gegenüber der Industrie verändert. Die Bereitstellung von industriellem Produktionskapital durch die Banken führt dazu, dass ihr Interesse:

nicht mehr auf den augenblicklichen Zustand des Unternehmens und die augenblickliche Marktlage beschränkt, sondern jetzt handelt es sich vielmehr um das fernere Geschick des Unternehmens, um die künftige Gestaltung der Marktlage. Aus dem augenblicklichen wird ein dauerndes Interesse, und je größer der Kredit, je mehr vor allem der Anteil des in fixes Kapital verwandelten Leihkapitals überwiegt, desto größer und desto bleibender dieses Interesse (ebd., S. 117).“

Sowohl für Jeidels’ als auch für Hilferdings Argumentation ist die Rolle von Aufsichtsräten zentral für die Frage der Verschmelzung.

Jeidels schreibt davon, dass die Beziehung zwischen einer Bank und einem Industrieunternehmen dort am engsten wird, wo von der Bank „abhängige, an ihr stark interessierte oder ihr befreundete Personen in der Verwaltung der Unternehmung dauernd mitzureden haben. Zentral dafür sind zeitweilige oder dauerhafte Aktienmehrheiten, die es der Bank erlauben, eine ihnen nahestehende Person zum Direktor zu machen (Jeidels 1905, S. 143f.). Interessant ist, dass Jeidels unterschiedliche Zwecke für Bank und Industrie in den Aufsichtsräten unterscheidet.

Für Banken werden zwei zentrale Ziele aufgezeigt, die sie durch ihre Präsenz in den Aufsichtsräten der Industrie verfolgen: Zum einen streben sie danach, Beziehungen sowohl zur Industrie als auch zu anderen Banken zu knüpfen. Zum anderen zielen sie darauf ab, direkten Einfluss auf die betreffenden Unternehmen auszuüben. Beides erreichen sie durch die Platzierung eines ihrer Direktoren im Aufsichtsrat des Industrieunternehmens. Für das Anknüpfen neuer Beziehungen sieht Jeidels „den umgekehrten Weg geeignet“: ein Direktor oder ein Mitglied des Aufsichtsrats der industriellen Gesellschaft im Aufsichtsrat der Bank, oder einer abhängigen Unterbank in der Provinz. Daraus schließt Jeidels, dass der „Aufsichtsrat einer Großbank […] immer schon ganz anders aus[sieht] als der einer industriellen Gesellschaft“, denn im Aufsichtsrat einer Großbank werden sich lediglich diejenigen Industriellen finden, deren Interessen mit denen der Bank übereinstimmen. Im Aufsichtsrat der Bank findet sich auch „ein Parlamentsmitglied oder ein Mitglied der Berliner Stadtverwaltung“ 6(ebd., S. 150ff.).

Jeidels zieht aus diesen Unterschieden die Konsequenz:

[W]ird ein Industrieller in den Aufsichtsrat der Großbank gewählt, so soll er nicht auf ihre Verwaltung zu gunsten der hinter ihm stehenden Unternehmungen, sondern auf diese zum Vorteil der Bank einwirken; jedenfalls soll er auf seinem industriellen Boden bleiben und hier neben den eigenen auch andere Interessen wahrnehmen; der Bankdirektor dagegen, der in einen industriellen Aufsichtsrat eintritt, greift bewußt auf ein anderes Gebiet über, um in dieser Unternehmung seinen Einfluß zu gunsten seiner eigenen Bank einzusetzen, die ganz andere Interessen haben kann — nicht haben muß — als jene. Es steht damit nicht im Widerspruch, daß der friedliche Einfluß der Industriellen, die im Aufsichtsrat der Großbank sitzen, sehr bedeutend sein kann. Er geht über einzelne Ratschläge und Beihilfe bei Anknüpfung neuer Beziehungen bald hinaus. Die Industriellen im Aufsichtsrat vermitteln die Durchdringung der Bankleitung mit dem Geist großindustrieller Geschäftsprinzipien (ebd., S. 153).

In den Schwerpunkten von Industrie und Banken in Aufsichtsräten besteht nach Jeidels ein Unterschied darin, dass die Industrie „ihren Schwerpunkt in den ihnen nahestehenden gewerblichen Unternehmen haben“ und ihr Fokus darauf liegt, eine Verbindung untereinander herzustellen, wenn sie in den Aufsichtsrat einer Großbank treten. Den Bankdirektoren in den industriellen Aufsichtsräten gehe es darum, die ihm eigentlich fremden Gebiete „ihrer Bank zu unterwerfen“ (ebd., S. 156).

Hilferding merkt an, dass die Beteiligung von Banken an Unternehmen dazu führt, dass die Banken „damit an dem Schicksal dieses Unternehmens beteiligt“ sind. Diese Beteiligung wird umso größer, je mehr Kapital der Bank in dem Unternehmen gebunden ist (Hilferding 1910, S. 110). In der industriellen Aktiengesellschaft sieht Hilferding eine Veränderung der Funktion des industriellen Kapitalisten, durch „die Befreiung des industriellen Kapitalisten von der Funktion des industriellen Unternehmers.“ Das Kapital, das in der Aktiengesellschaft investiert wurde, sorgt dafür, dass der Kapitalist „die Funktion des reinen Geldkapitalisten“ annimmt (ebd., S. 137f.). Für die Beherrschung der Aktiengesellschaft ist der Kapitalbetrag gering („bloß ein Drittel bis ein Viertel […] und weniger“). Dies führt dazu, dass der Beherrscher der Aktiengesellschaft „über das andere, fremdes Kapital [verfügt] wie über sein eigenes (ebd., S. 158).“ Hilferding erläutert, dass die Entwicklung der Aktiengesellschaften und die zunehmende Eigentumskonzentration in einer steigenden Zahl an Großkapitalisten münde, „die ihr Kapital in verschiedenen Aktiengesellschaften angelegt haben.“ Der starke Besitz an Aktien erlaubt, sich in der Leitung der Gesellschaft vertreten zu lassen. Daraus folgert Hilferding:

Als Mitglied des Aufsichtsrates erhält der Großaktionär in Form der Tantiemen erstens einen Anteil am Profit, zweitens Gelegenheit, auf die Verwaltung des Unternehmens Einfluß zu nehmen oder aber die Kenntnis von den Vorgängen im Unternehmen auszunützen […]. Es bildet sich ein Kreis von Personen heraus, die vermöge ihrer eigenen Kapitalsmacht oder aber als Vertreter der konzentrierten Macht fremden Kapitals (Bankdirektoren) als Aufsichtsräte in einer großen Anzahl von Aktiengesellschaften vertreten sind. Es entsteht so eine Art von Personalunion, einmal zwischen den verschiedenen Aktiengesellschaften untereinander und sodann zwischen diesen und den Banken, ein Umstand, der für die Politik dieser Gesellschaften von größtem Einfluß sein muß, weil zwischen den verschiedenen Gesellschaften ein gemeinsames Besitzinteresse sich bildet (ebd., S. 160f.).“

Hilferding spricht hier, ähnlich wie Jeidels, von einer entstehenden Personalunion. Jeidels machte die Verbindung von Banken zur Politik auf. Hilferding beschreibt eine Union zwischen den unterschiedlichen Aktiengesellschaften und schließlich mit der Politik. Unabhängig davon, ob eine Bank über längere oder kürzere Zeit Kapital in Aktien anlegt, entsteht ein dauerhaftes Interesse der Bank an der Aktiengesellschaft, die:

einerseits von der Bank kontrolliert werden muß, um die richtige Verwendung des Kredits zu gewährleisten, anderseits von der Bank möglichst beherrscht werden muß, um all die gewinnbringenden finanziellen Transaktionen der Bank zu sichern (ebd., S. 163).“

In seiner Imperialismus-Broschüre spricht Lenin von einer „Personalunion der Banken mit den größten Industrie- und Handelsunternehmungen“, die er als „eine beidseitige Verschmelzung durch Aktienbesitz“ beschreibt. Diese entsteht „durch den Eintritt der Bankdirektoren in die Aufsichtsräte (oder die Vorstände)“ der Handels- und Industrieunternehmen und umgekehrt (Lenin 1917, S. 224). Diese Personalunion von Bank und Industrie findet ihre Ergänzung mit der Regierung. An dieser Stelle bezieht sich Lenin explizit auf Jeidels und schreibt:

Jeidels schreibt: „Freiwillig werden Aufsichtsratsstellen gewährt an Personen mit gutklingenden Namen, auch ehemaligen Staatsbeamten, die im Verkehr mit den Behörden manche Erleichterung (!!) schaffen können“ Im Aufsichtsrat einer Großbank sieht man gewöhnlich … ein Parlamentsmitglied oder ein Mitglied der Berliner Stadtverwaltung“ (ebd., S. 225).“

Ähnlich wie Hilferding, der davon spricht, wie die Banken an dem „Schicksal“ der Unternehmen beteiligt sind, in die sie investieren, führt Jeidels an, dass eine technische Folge aus den neuen Beziehungen zwischen Bank und Industrie ist, dass die Banken bestrebt sind, das Werk, in das sie investiert haben, in einen Zustand zu bringen, „der es erlaubt, die Kredite zurückzuzahlen und die Aktien der Gesellschaft auf den Markt zu bringen“. Es kommt zu einer Situation, dass:

wenn eine Bank in eine solche Teilhaberstellung bei einem Unternehmen einmal hineingedrängt ist, so kann sie nichts anderes tun, als — gestützt auf ihre Kapitalkraft und finanzielle Machtstellung — auch und gerade in schlechten Zeiten den technischen Ausbau des Werks zu fördern und es für gute Zeiten kampfbereit zu machen (Jeidels 1905, S. 209).“

Die neuartige Beziehung zwischen Bank und Industrie verändert die Entscheidungskompetenzen. Jeidels betont die „Initiative und selbständige Rolle der Bank“, die sich aus der Natur der Transaktionen ergebe. Stehen technisch-wirtschaftliche Erwägungen des industriellen Betriebs im Vordergrund, liegt das entscheidende Gewicht auf der Industrie. Geht es hingegen um das Maß und die Form der Geldbeschaffung, dann liegt das Gewicht der Entscheidungen bei der Bank (ebd., S. 213f.). Für die Großbanken sieht Jeidels das wesentliche Bestreben in der einfachen Erweiterung der industriellen Kundschaft. In diesen Zusammenhang stellt er auch den Bankenterror7 gegenüber den industriellen Unternehmen (ebd., S. 219f.).

In Lenins Argumentation spielen die Nuancen, in welchen Bereichen die Bank und in welchen die Industrie die Entscheidungen trifft, keine Rolle. So heißt es, dass die Großbank:

die Möglichkeit erhält, sich zunächst über die Geschäftslage der einzelnen Kapitalisten genau zu informieren, dann sie zu kontrollieren, sie durch Erweiterung oder Schmälerung, Erleichterung oder Erschwerung des Kredits zu beeinflussen und schließlich ihr Schicksal restlos zu bestimmen […] (Lenin 1917, S. 218).“

Später führt Lenin aus, wie aus den dauerhaften Beziehungen zwischen Bank und Industrie „eine immer vollständigere Abhängigkeit des Industriekapitals von der Bank“ entstehe (ebd., S. 224).

Gegen Ende seiner Untersuchung stellt Jeidels fest, dass sich ein „planvolles unmittelbares Einwirken auf die industrielle Entwicklung“ aus dem Verhältnis der Bank zur Industrie „nicht herausgebildet“ habe und „die industrielle Initiative […] nicht auf die Banken übergegangen“ ist:

Bei den Einzelwerken wie bei den besprochenen gewerblichen Gruppenbildungen beschränkt sich die Tätigkeit der Bank auf das finanzielle Moment, sie besorgt das Geld und leistet die im Wesen einer Bank liegenden Dienste, sie ermöglicht damit die Entfaltung industrieller Entwicklungstendenzen, die sie selbst nicht geschaffen hat. Diese finanzielle Bestimmung der Banken spielt aber nicht zu allen Zeiten und an allen Punkten der Industrie die gleiche Rolle. Die Beziehungen zwischen den industriellen Unternehmungen und den Banken als Geldgebern richten sich nach dem Kapitalbedarf der Industrie, nach seinem Umfang wie nach seiner Rolle im gesamten industriellen Entwicklungsprozeß (ebd., S. 250).“

Bucharin argumentiert etwas anders, indem er darauf hinweist, dass Beteiligung und Finanzierung dazu führen, dass „sich die ständige Verflechtung der Industrie zu einem organisierten System entwickelt.“ Dabei bewegt er sich jedoch auf einer abstrakteren Ebene, da er sich auf zentralisierte Formen von Monopolen, wie Trusts, bezieht und diese als eine Art Beteiligungs- oder Finanzierungsgesellschaften beschreibt (Bucharin 1915, S. 52). Das bedeutet, dass Bucharin in der Tatsache, dass die Industrie sich durch die Monopolisierung hin zu einer stärker zentralisierten und planvolleren Struktur entwickelt, die gleichzeitig eng mit den Banken verflochten ist, ein organisiertes System im Entstehen sieht.

Lenin referiert im Punkt der Verschmelzung auf Bucharin und schreibt:

Die Folge ist einerseits eine immer größere Verschmelzung oder, nach einem treffenden Ausdruck von N. I. Bucharin, ein Verwachsen des Bankkapitals mit dem Industriekapital, und anderseits ein Hinüberwachsen der Banken in Institutionen von wahrhaft „universalem Charakter“ (Lenin 1917, S. 226).“

Zusammenfassung

Jeidels und Hilferdings Arbeiten zeichnen sich wieder durch eine konkret empirische Untersuchung aus. Jeidels beschäftigt sich umfänglich mit der Rolle der Bankkredite und den verschiedenen Formen der Beteiligung an der Industrie. Sowohl bei Jeidels als auch Hilferding spielen die Aufsichtsräte eine entscheidende Rolle in ihren Untersuchungen. Beide sprechen in diesem Kontext von einer entstehenden Personalunion zwischen Industrie, Bank und der Politik. Jeidels setzte sich detaillierter als Hilferding mit den Aufsichtsräten auseinander und bespricht die Unterschiede in der Industrie und den Banken. Sein Fokus liegt dabei auf der Entscheidungsgewalt der Banken. In Lenins Analyse ist ein Alleinstellungsmerkmal, dass er von einer Verschmelzung von Industrie und Banken spricht. Diese Formulierung wird weder von Jeidels noch von Hilferding genutzt. Lenin setzt sich im Unterschied zu Jeidels und Hilferding allerdings nicht so ausführlich mit dem Prozess des Verwachsens selbst auseinander. Für ihn ist die Rolle der Banken das Entscheidende, ihre Kontrolle und die immer vollständigere Abhängigkeit der Industrie. Lenin referierte auf Bucharin, um den entstehenden universellen Charakter der Banken zu beschreiben. Lenins Alleinstellungsmerkmal liegt demnach darin, dass er den zentralen Zusammenhang des Verwachsens benennt, der sich durch die Kontrolle und Beherrschung der Banken auszeichnet.

2.2 Das Finanzkapital

Nachdem auf den Konzentrationsprozess der Industrie und der Banken sowie ihre Verschmelzung eingegangen wurde, soll es nun um die unterschiedlichen Charakterisierungen des Finanzkapitals und der Finanzoligarchie gehen. Anschließend wird im zweiten Teil auf die (neue) Rolle des Staates eingegangen.

2.2.1 Finanzkapital und Finanzoligarchie

Wie in Fußnote 3 erläutert, taucht bereits im dritten Band des Kapitals bei Marx die Bezeichnung „Finanzaristokratie“ auf, die er in Auseinandersetzung mit dem Aufkommen von Aktienunternehmen verwendet. Marx beschreibt, wie der Kredit „gewissen Sphären das Monopol her[stellt]“ und eine Finanzaristokratie reproduziert: „eine neue Sorte Parasiten“ (Marx 1894, S. 454). Demnach deckte Marx bereits eine gewisse Entwicklung auf, die Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts weiter analysiert wurde.

Auf der ersten Seite von DasFinanzkapital spricht Hilferding davon, dass aus der immer innigeren Beziehung zwischen Bank- und Industriekapital das Kapital „die Form des Finanzkapitals an[nimmt], die seine höchste und abstrakteste Erscheinungsform bildet (Hilferding 1910, S. 1).Für Hilferdings Definition des Finanzkapitals spielen die Eigentumsverhältnisse eine wichtige Rolle. Wir sahen bereits in Kapitel 2.1.3 über die Verschmelzung, welchen Stellenwert der Aktienbesitz und vor allem die Aufsichtsräte für Jeidels und Hilferding spielten. Aus den Eigentumsverhältnissen durch die Aktienbesitze folgert Hilferding die „Abhängigkeit der Industrie von den Banken“:

Ein immer wachsender Teil des Kapitals der Industrie gehört nicht den Industriellen, die es anwenden. Sie erhalten die Verfügung über das Kapital nur durch die Bank, die ihnen gegenüber den Eigentümer vertritt. Anderseits muß die Bank einen immer wachsenden Teil ihrer Kapitalien in der Industrie fixieren. Sie wird damit in immer größerem Umfang industrieller Kapitalist. Ich nenne das Bankkapital, also Kapital in Geldform, das auf diese Weise in Wirklichkeit in industrielles Kapital verwandelt ist, das Finanzkapital (ebd., S. 335).“

Eine Seite später definiert Hilferding das Finanzkapital als „Kapital in der Verfügung der Banken und in der Verwendung der Industriellen (ebd., S. 336).“ Fritz Kumpf argumentiert, dass in der Definition Hilferdings ein wesentliches Moment (die Verbindung von Bank und Industrie) enthalten ist, die auch in Lenins Definition vorkommt. Hilferding verweist nur allgemein auf die Verflechtung, ohne diesen Zusammenhang näher zu erfassen. Dies führe dazu, dass Hilferding die Abhängigkeit der einzelnen Momente des Finanzkapitals nicht aufdeckt, so Kumpf. Lenin erfasst das Finanzkapital in einer Weise, die es ihm erlaubt, die Bestimmungs- und Abhängigkeitsbeziehungen zwischen einzelnen Elementen, die in das Finanzkapital eingehen, zu verstehen. In Lenins Argumentation stellt der Ausgangspunkt die Konzentration des Kapitals dar, aus der sich mit Notwendigkeit die Monopole entwickeln, die ihrerseits zur Verschmelzung von Bank- und Industriekapital führen (Kumpf 1968, S. 121f.). Dies führt Lenin zu einer Kritik an Hilferdings Definition:

Diese Definition ist insofern unvollständig, als ihr der Hinweis auf eines der wichtigsten Momente fehlt, nämlich auf die Zunahme der Kon­zentration der Produktion und des Kapitals in einem so hohen Grade, daß die Konzentration zum Monopol führt und geführt hat (Lenin 1917, S. 230).“

Hilferding fährt weiter fort und erläutert, dass die „Macht der Banken wächst“ und sie von Gründern zu „Beherrscher der Industrie“ werden, „deren Profite sie als Finanzkapital an sich reißen“.8 In diesem Verhältnis erkennt Hilferding eine Parallele zum alten Wucherkapital, das durch seinen Zins sowohl die Arbeit der Bauern als auch die Rente der Grundherren an sich riss.

Der Hegelianer könnte von Negation der Negation sprechen: Das Bankkapital war die Negation des Wucherkapitals und wird selbst vom Finanzkapital negiert. Dieses ist die Synthese des Wucher- und Bankkapitals und eignet sich auf einer unendlich höheren Stufe der ökonomischen Entwicklung die Früchte der gesellschaftlichen Produktion an (ebd., S. 337).“

Später schreibt Hilferding davon, dass das Finanzkapital „die Vereinheitlichung des Kapitals“ bedeutet, also dass die früher getrennten Sphären von Industrie-, Kommerziellem- und Bankkapitals jetzt unter der gemeinsamen Leitung der hohen Finanz gestellt werden, die sich aus der „innigen Personalunion“ ergibt – aus der Vereinigung von „Heeren der Industrie und der Banken“ (ebd., S. 445). Das Finanzkapital „in seiner Vollendung“ sieht Hilferding als „die höchste Stufe ökonomischer und politischer Machtvollkommenheit in der Hand der Kapitaloligarchie“, als Vollendung der „Diktatur der Kapitalmagnaten“ (ebd., S. 561f.).

In ähnlicher Weise spricht Bucharin davon, dass durch die verschiedenen Formen des Kredits, des Aktienbesitzes usw. das Bankkapital „in der Rolle eines Organisators der Industrie“ auftritt. Diese „Organisation der Gesamtproduktion des ganzen Landes“ stellt sich umso stärker da, „je stärker die Konzentration der Industrie einerseits, die Konzentration der Banken andererseits ist (Bucharin 1915, S. 75).

Aus diesen Ausführungen über das Finanzkapital ergibt sich ein Verständnis, das einerseits die Durchdringung der Industrie durch die Banken betont und andererseits deren Rolle bei der Organisation und Lenkung dieser Industrien hervorhebt.

In Nationalstaat, imperialistischer Staat und Staatenbund bezieht sich Kautsky zustimmend auf Hilferding und sieht seine Arbeit als „erste erschöpfende und damit grundlegende Darstellung des Finanzkapitals“ (Kautsky 1915, S. 23). In Kautskys Argumentation sticht eine Trennung von Finanzkapital und Industriekapital hervor – im Unterschied zu der zuvor ausführlichen dargestellten Verschmelzung. So sei das charakteristische Merkmal des Imperialismus „die Verbindung des Finanzkapitals mit dem industriellen Kapital“ (ebd., S. 22). Auch spricht Kautsky davon, dass das industrielle Kapital „andere Tendenzen als das Handels- und Finanzkapital“ zeigt. Denn:

Es neigt zum Völkerfrieden, zur Beschränkung der absoluten Staatsgewalt durch parlamentarische und demokratische Einrichtungen, nach Sparsamkeit im Staatshaushalt; es ist stets gegen Zölle auf Lebensmittel und Rohmaterial. Selbst den Industriezoll betrachtet es vielfach nur als Erziehungszoll, als ein Ergebnis industrieller Rückständigkeit, das mit dem ökonomischen Fortschritt verschwinden soll (ebd., S. 23).“

Im Gegensatz zum Finanzkapital – das als „Klasse der großen Geldverleiher und Bankiers“ dargestellt wird, welches:

zur Förderung der absoluten Staatsgewalt, nach gewalttätiger Durchsetzung ihrer Ansprüche nach Innen und Außen [neigt]. Er hat ein Interesse an großen Staatsausgaben und Staatsschulden, wenn diese nicht so weit gehen, den Staat bankrott zu machen. Es steht auf gutem Fuß mit dem großen Grundbesitz und hat gegen dessen Begründung durch agrarische Zölle nichts einzuwenden (ebd., S. 23).“

In Kautsky Darstellung erscheint das Finanzkapital synonym mit dem Bankkapital, welches mit anderen Interessen dem Industriekapital gegenübersteht. Später werden wir sehen, dass Kautsky aus dieser Gegenüberstellung sein Theorem des Ultraimperialismus ableitet.

In Bucharins Imperialismus und Weltwirtschaft findet sich eine interessante Akzentuierung in der Auseinandersetzung mit dem Finanzkapital. Bucharin spricht davon, dass:

[d]er Prozeß der Internationalisierung, dessen primitivste Form der internationale Warenaustausch, und dessen höchste organisatorische Stufe der internationale Trust ist, dieser Prozeß hat auch eine sehr bedeutende Internationalisierung des Bankkapitals hervorgerufen, soweit dieses sich (durch Finanzierung industrieller Unternehmungen) in Industriekapital verwandelt und auf diese Weise die besondere Kategorie des Finanzkapitals bildet (Bucharin 1915, S. 60).“

Das Finanzkapital, das hier als eine ‚Verwandlung‘ von Bank in Industriekapital beschrieben wird, stellt Bucharin in einen internationalen Kontext. Weiter heißt es, dass die internationalen wirtschaftlichen Beziehungen:

zahllose Fäden [bilden], die in Tausenden von Knoten verknüpft sind, tausendfältig verflochten sind, um endlich in den Abkommen der größten Banken der Welt zusammenzulaufen, die ihre Fühler über den ganzen Erdball ausstrecken (ebd., S. 62).“

Dies führe dazu, dass der „internationale Finanzkapitalismus und die international organisierte Herrschaft der Banken“ eine unveränderbare Wirklichkeit geworden seien (ebd., S. 62).

Bereits Jeidels machte einige Aussagen über die Rolle der Banken für den internationalen Handel bzw. die internationale Expansion. In Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Entscheidungskompetenzen bei der Industrie oder bei der Bank liegen, beziehungsweise bei welchen Angelegenheiten, welche Seiten das letzte Wort habe, führt er aus:

[W]enn auch hinter den Banken in den meisten Fällen inländische Unternehmungen stehen, so sind diese doch beim Vordringen ins Ausland viel stärker auf die Banken angewiesen als in ihren inländischen Fabriken. Hier liegt die Sache gerade umgekehrt wie in der Heimat: weiß hier der Industrielle besser Bescheid, weil die technischen Fragen im Mittelpunkt stehen, von denen der Bankier nichts versteht, die ihn auch direkt nichts angehen, so ist dagegen im Ausland die Bank bereits heimisch, hat ihre Niederlassungen, beherrscht den internationalen Zahlungsverkehr, steht vielleicht mit der Regierung des Landes durch Anleihenübernahme in Verbindung; […] Beziehung zu den dortigen Kreisen, vorteilhafte Bedingungen seitens der Regierungen usw. spielen eine verhältnismässig weit größere Rolle. So ist die Bank schon dann, wenn sie wesentlich im Dienst einer großen Unternehmung handelt, stark in eine führende Rolle gedrängt, sie handelt aber ganz selbständig, wenn sie sich eine ausländische Industrie oder die Ausbeutung fremder Bodenschätze sichern will (Jeidels 1905, S. 188f.).

Demnach ist die heimische Industrie beim Vordringen in ausländische Märkte wesentlich stärker auf die Unterstützung der Banken angewiesen als bei der Finanzierung ihrer inländischen Fabriken.

Im Vorwort zur seiner Imperialismus-Broschüre formuliert Lenin die „international organisierte Herrschaft der Banken“ noch radikaler und spricht davon, dass „eine Handvoll […] besonders reicher und mächtiger Staaten […] durch einfaches „Kuponschneidern“ […] die ganze Welt ausplündern (Lenin 1917, S. 198).9 Etwas später fährt Lenin fort und spricht vom „Übergewicht des Finanzkapital über alle übrigen Formen des Kapitals“, was für ihn gleichbedeutend mit der „Vorherrschaft des Rentners und der Finanzoligarchie“ ist und woraus sich „die Aussonderung weniger Staaten, die finanzielle „Macht“ besitzen“, ergebe (ebd., S. 242).

Lenin beschreibt das 20. Jahrhundert als den Wendepunkt „vom alten zum neuen Kapitalismus“, der gleichbedeutend ist mit der entstehenden Herrschaft des Finanzkapitals (ebd., S. 229). In seinem Vorwort zu Bucharins Imperialismus und Weltwirtschaft bestimmt Lenin diesen Wendepunkt vom alten zum neuen Kapitalismus genauer und führt aus, dass auf einer bestimmten Wachstumsstufe der Großindustrie die Industrie in einem Umfang heranfuhr, dass an die Stelle der freien Konkurrenz das Monopol trat. Schließlich heißt es:

Zum typischen „Herrscher“ der Welt wurde nunmehr das Finanzkapital, das besonders beweglich und elastisch, national wie international besonders verflochten ist, das besonders unpersönlich und von der direkten Produktion losgelöst ist, das sich besonders leicht konzentriert und bereits besonders stark konzentriert hat, so daß buchstäblich einige hundert Milliardäre und Millionäre die Geschicke der ganzen Welt in ihren Händen halten (Lenin 1915b, S. 103).“

In dieser Passage des Vorworts sticht ins Auge, dass Lenin den Prozess beschreibt, aus dem sich das Finanzkapital entwickelt und die Herrschaft des Finanzkapitals selbst genauer charakterisiert. Anstatt von Kuponschneidern spricht Lenin hier von einigen hundert Milliardären und Millionären, die die ganze Welt in ihrer Hand halten und beherrschen.

Dies deckt sich ebenfalls mit der bereits erwähnten Notiz am Ende seines Konspektes zu Hilferding, in denen Lenin die drei wichtigsten Momente des Finanzkapitals notiert: (1) „Entwicklung und Anwachsen des Großkapitals bis zu einer bestimmten Stufe … Rolle der Banken. (Konzentration und Vergesellschaftung)“; (2) „Monopolkapital (Erfassung eines so großen Teils eines bestimmten Industriezweiges, daß die Konkurrenz durch das Monopol abgelöst wird) …“; (3) „Aufteilung der Erde … (Kolonien und Einflußsphären) …“ Zusätzlich ist erwähnenswert, dass Lenin links neben diesen drei Punkten jeweils einen Kommentar hinterlässt. So steht neben dem ersten Punkt „Korporation in Amerika“, neben dem zweiten „Amerika und Deutschland“ und neben dem letzten „Tabelle – und Beispiel Argentinien“ (Lenin 1972, S. 335f.). Dies lässt vermuten, dass Lenin, der hier wieder den Entwicklungsprozess skizziert, vor allem eine internationale Entwicklung im Blick hat und weniger die eines bestimmten Landes.

Zusammenfassung

Bereits im dritten Band des Kapitals tauchen Aussagen auf, in denen vom Aufkommen einer ‚Finanzaristokratie‘ gesprochen wird, die als ‚Parasiten‘ charakterisiert wird.“ Hilferding arbeitet heraus, dass die Abhängigkeit der Industrie von den Banken die Folge der Eigentumsverhältnisse ist. Es besteht ein Wechselverhältnis, in dem die Industrie zunehmend die Verfügungsgewalt eines Teils des Bankkapitals erhält. Die Banken selbst fixieren demnach einen größeren Teil ihres Kapitals in der Industrie und werden zunehmend selbst zu industriellen Kapitalisten. Dieses Verhältnis, bei dem Bankkapital in dieser Weise in industrielles Kapital umgewandelt wird, bezeichnet Hilferding als Finanzkapital (Hilferding 1910, S. 335f.). Hilferding beschreibt demnach bereits den Prozess, der zur Entwicklung des Finanzkapitals führt. In einer ähnlichen Weise geschieht dies auch durch Jeidels, der allerdings nicht den Ausdruck Finanzkapital nutzt. Lenin kritisierte Hilferdings Definition, da ihr das entscheidende Element fehle: das Monopol, das aus der Konzentration der Produktion hervorgeht (Lenin 1917, S. 230). Lenin spitzt den Prozess also weiter zu auf den Begriff des Monopols. Der Begriff des Finanzkapitals und der Begriff des Monopols fallen bei Lenin zusammen. Das Monopol stellt den roten Faden in Lenins Arbeit dar, weil es in jedem Abschnitt im Zentrum der Argumentation steht.

Bucharin arbeitete die Organisierung der Gesamtproduktion des Finanzkapitals heraus und stellte diese in einen internationalen Kontext. Lenin greift diesen Aspekt auf und fokussiert ihn erneut auf den zentralen Punkt des Monopols, das Beherrschung und Unterordnung bedeutet: Eine Handvoll besonders reicher Länder plündert die Welt durch das Kuponschneiden aus, indem einige hundert Millionäre und Milliardäre die Geschicke der Welt in ihren Händen konzentrieren. Dies deutet darauf hin, dass Lenin durch das Finanzkapital zunehmend die internationale Seite des Monopols in den Blick nimmt bzw. die internationale Seite des Monopolbegriffs aufdeckt.

2.2.2 Die Politik und Ideologie des Finanzkapitals

John A. Hobson sieht das „wahre Wesen des Imperialismus“ politisch in der „Überzentralisierung“. Der durch Besteuerung und Wucher „praktizierte Parasitismus bewirkt eine stetig zunehmende Zentralisierung des Regierungsapparates“ und eine gleichzeitig wachsende Belastung der Regierung (Hobson 1902, S. 306).

Bekannter sind Hilferdings Ausführungen über die Politik des Finanzkapitals, die Lenin in seiner Broschüre anführt. Für Hilferding ist die Ideologie des Finanzkapitals dem Liberalismus vollständig entgegengesetzt: „das Finanzkapital will nicht Freiheit, sondern Herrschaft (Hiferding 1910, S. 502f.).“, Lenin greift diese Formulierung auf und führt aus:

Der außerökonomische Überbau, der sich auf der Grundlage des Finanzkapitals erhebt, seine Politik, seine Ideologie steigern den Drang nach kolonialen Eroberungen. „Das Finanzkapital will nicht Freiheit, sondern Herrschaft“, sagt Hilferding mit Recht (Lenin 1917, S. 266f.).“

Hilferding spricht weiter davon, dass das Finanzkapital „keinen Sinn für die Selbstständigkeit des Einzelkapitalisten [hat], sondern […] seine Bindung [verlangt].“ Es will die Organisation anstatt der Anarchie der Konkurrenz, um auf immer höherer Stufenleiter die Konkurrenz aufnehmen zu können. Um diese durchzusetzen und „seine Übermacht zu erhalten und zu vergrößern“, ist das Finanzkapital auf den Staat angewiesen:

Es braucht einen politisch mächtigen Staat, der in seiner Handelspolitik nicht auf die entgegengesetzten Interessen anderer Staaten Rücksicht zu nehmen braucht. Es bedarf schließlich eines starken Staates, der seine finanziellen Interessen im Ausland zur Geltung bringt, seine politische Macht einsetzt, um den kleineren Staaten günstige Lieferungsverträge und günstige Handelsverträge abzunötigen. Einen Staat, der überall in der Welt eingreifen kann, um die ganze Welt in Anlagesphären für sein Finanzkapital verwandeln zu können. Das Finanzkapital braucht endlich einen Staat, der stark genug ist, um Expansionspolitik treiben und neue Kolonien sich einverleiben zu können (Hilferding 1910, S. 502f.).“

Zentral in Hilferdings Ausführung ist der Zusammenhang zwischen Finanzkapital, Expansionspolitik, Ideologie und Staat. So spricht Hilferding davon, dass „die Politik des Finanzkapitals die energischste Expansion und die beständige Jagd nach neuen Anlagesphären und neuen Absatzmärkten“ bedeutet (ebd., S. 518). Dieses „Verlangen nach Expansionspolitik“ führe ideologisch zu einer Revolutionierung der Weltanschauung des Bürgertums. Das Friedensideal verblasse und an die Stelle „der Idee der Humanität tritt das Ideal der Größe und Macht des Staates.“ Der nationale Gedanke wandele sich und werde zum „Gedanken der Erhöhung der eigenen Nation über die anderen.“ Das neue Ideal sei es, „der eigenen Nation die Herrschaft über die Welt zu sichern“ (ebd., S. 503f.). Ideologisch wird nicht mehr „das Recht jeder Nation auf politische Selbstbestimmung und Unabhängigkeit anerkannt“. Die ökonomische Bevorzugung des Monopols spiegelt sich „in der bevorzugten Stellung, die der eigenen Nation zukommen muß“ wider (ebd., S. 504).

Bucharin charakterisiert das „Hauptmotiv der Eroberungspolitik“ als die Verschärfung der Konkurrenz um Absatzmärkte, Rohstoffmärkte und im Gebiet der Kapitalanlage. Die Eroberungspolitik ist die Folge „der jüngsten Entwicklung des Kapitalismus und seiner Umwandlung in den Finanzkapitalismus“ (Bucharin 1915, S. 113).

In Bucharins Imperialismus und Weltwirtschaft finden wir eine knappe Zusammenfassung, in welcher erläutert wird, wie sich der Großbetrieb durchgesetzt hat und die „Kapitalmagnaten“ in einer „ehernen Organisation“ zusammengefasst, „die das gesamte Wirtschaftsleben beherrscht“:

Die Herrschaft wird durch eine Finanzoligarchie ausgeübt, die die Produktion, welche durch die Banken in einem Knotenpunkt zusammengefaßt wird, leitet. Dieser Prozeß der Organisation der Produktion erfolgte von unten auf und wurde im Rahmen der modernen Staaten verankert, die die Interessen des Finanzkapitals direkt zum Ausdruck bringen. Jede im kapitalistischen Sinne dieses Wortes entwickelte „Volkswirtschaft“ hat sich in eine Art von national“-staatlichem Trust verwandelt (Bucharin 1915, S. 118f.).“

Später wird davon gesprochen, dass das Finanzkapital die Wirtschaft „in einen einzigen gewaltigen kombinierten Trust“ verwandelt, dessen Teilhaber die „Finanzgruppen und der Staat“ sind. Bucharin bezeichnet diese Entwicklung als staatskapitalistischen Trust und präzisiert anschließend, dass es unmöglich ist, sie mit der Struktur eines Trusts im engeren Sinne des Wortes gleichzusetzen. Dennoch haben sich die „wirtschaftliche entwickelten Staaten“ an den Punkt genähert, „wo man sie als eine Art von trustähnlichen Organisationen“ bezeichnen kann (ebd., S. 131).

Im Gegensatz zur Bezeichnung „staatskapitalistischer Trust“ verwendet Lenin an verschiedenen Stellen den Begriff „Staatsmonopol“, ohne ihn jedoch so ausführlich zu erläutern wie Bucharin. Lenin argumentiert in seiner Broschüre ähnlich wie Hilferding und schreibt, dass sich „auf dem Boden der ökonomischen Aufteilung der Welt“ durch die Kapitalistenverbände sowie in Verbindung mit den politischen Verbänden (dem Staat) „bestimmte Beziehungen herausbilden auf dem Boden der territorialen Aufteilung der Welt“, insbesondere im Kampf um Kolonien und Wirtschaftsgebiete (Lenin 1917, S. 258).

Zusammenfassung

In Auseinandersetzung mit dem Finanzkapital sprach Hilferding von der Bedeutung eines mächtigen Staates, der in der Lage ist, überall in der Welt einzugreifen und eine Expansionspolitik zu betreiben. Bucharin deckte das Hauptmotiv dieser Eroberungspolitik auf: die sich verschärfende Konkurrenz auf dem Weltmarkt. In Bucharins Argumentation ist die Entstehung von einem nationalstaatlichen Trust zentral, also die Vorstellung von der die Wirtschaft eines Landes als ein einziger Trust, dessen Inhaber die nationalen Finanzgruppen und der Staat sind. Lenin fügt diesen beiden Aspekten nichts Neues hinzu. Er referiert explizit auf Hilferding (‚das Finanzkapital will nicht Freiheit, sondern Herrschaft‚) und spricht in Anlehnung an Bucharin vom Staatsmonopol. Wenn auch der Unterschied nur graduell wirkt, ist es dennoch interessant, dass Lenin vom ‚Monopol‘ anstatt ‘Trusts‘ spricht. Im Staatsmonopol laufen demnach die bisherigen Analyseschritte des Verwachsens von Industrie, Banken und dem Staat, als auch die Seite der internationalen Herrschaft zusammen. Das Staatsmonopol erscheint als Wirkung des Verwachsens und Bedingung für die Expansion.

2.3 (Neu-) Aufteilung der Welt

Das folgende Unterkapitel wird auf die (Neu-)Aufteilung der Welt eingehen. Dafür wird ein Blick auf die Themen des Kapitalexports, der Entwicklung des Außenhandels und des Expansionismus geworfen, aber auch auf die Unterdrückung durch das Finanzkapital eingegangen.

2.3.1 Der Kapitalexport

In Lenins Imperialismus-Broschüre bildet der Kapitalexport den Ausgangspunkt für die Aufteilung der Welt unter den Kapitalverbänden und Großmächten.

Bereits im dritten Band des Kapitals taucht an mehreren Stellen der Kapitalexport auf. Marx spricht davon, dass der Grund, weshalb Kapital ins Ausland geschickt wird, nicht darin besteht, dass es „absolut nicht im Inland beschäftigt werden könnte. Kapital wird exportiert, „weil es zu höherer Profitrate im Auslande beschäftigt werden kann.“ Das exportierte Kapital ist im gegebenen Land absolut überschüssig für die Beschäftigung der Arbeiterklasse. Das Kapital „existiert als solches neben der relativ überschüssigen Bevölkerung“ (Marx 1894, S. 266).

Wenige Jahre später lesen wir 1902 bei Hobson, dass sich in jeder fortgeschrittenen Industrienation die Tendenz zeigt, „einen größeren Anteil ihres Kapitals außerhalb ihrer eigenen politischen Grenzen, in fremden Ländern oder Kolonien anzulegen“ und daraus ein wachsendes Einkommen zu erhalten (Hobson 1902, S. 71). Weiter heißt es bei Hobson in Bezug auf Großbritannien, das Einkommen aus Zinserträgen von Auslandsinvestitionen übersteige das Einkommen „aus dem gewöhnlichen Export- und Importhandel“. Hinzukommt, dass das Einkommen aus Auslandsinvestitionen sehr schnell wächst, wohingegen der Kolonialhandel und die Gewinne aus ihm nur langsam ansteigen (ebd., S. 72).

Hobson analysierte, wie die Kolonien für den Imperialismus nicht mehr die entscheidende Rolle spielten und andere Formen der Abhängigkeit (hier der Kredit), an Bedeutung zunehmen.

Bucharin spricht von der besonderen Bedeutung der Großbanken für den Kapitalexport. So heißt es etwa, dass die internationalen Verbindungen dieser „nationalen“ Organisationen sehr stark sind (Bucharin 1915, S. 49). Im Verlauf der Untersuchung heißt es dann, dass durch den Kapitalexport durch Privatpersonen und „industrielle Gesellschaften oder Banken“ der Export von Waren aus dem Mutterland zunimmt, da eine gewisse Nachfrage erzeugt wird. Die „ausländischen“ Unternehmungen werden durch die größten Banken oder Bankkonsortien finanziert. Bucharin führt das Beispiel der Deutschen Bank an, die die Bagdadbahn baute und dafür in der Türkei auf deutsches Material für den Eisenbahnbau zurückgriff und „ein ganzes Netz von Marktbeziehungen [schuf], in das gerade deutsche Waren leicht eindringen […] [konnten]“ (ebd., S. 108f.).

Lenin beschreibt ebenfalls den Zusammenhang zwischen Kapital- und Warenexport. Er spricht davon, dass das Finanzkapital „die Epoche der Monopole“ erzeuge. So werde bei einer Anleihe die Bedingung gestellt, dass diese „zum Kauf von Erzeugnissen des kreditgebenden Landes“ (wie Waffen, Schiffe usw.) genutzt werden. Als Beispielland wird Frankreich angeführt, das in den letzten zwei Jahrzehnten (1890-1910) das Mittel des an Bedingungen geknüpften Kredits sehr häufig genutzt habe. Daraus folgert Lenin, dass der Kapitalexport zu einem Mittel wird, den Warenexport zu fördern (Lenin 1917, S. 248).

In Hilferdings Finanzkapital erfährt der Leser mehr über den Zusammenhang von Monopolverbänden (um bei Lenins Bezeichnung zu bleiben) und dem Kapitalexport. Hilferding beschreibt, dass Kartelle eine Verlangsamung von Kapitalanlagen bedeuten, da die erste Maßregel des Kartells „die Einschränkung der Produktion ist“ und in nicht kartellierten Industrien vor Anlagen zurückgeschreckt wird, weil es zu einer Senkung der Profitrate komme. Dies führe dazu, dass auf der einen Seite die Masse des zur Akkumulation bestimmten Kapitals schnell anwächst, während andererseits die Anlagemöglichkeiten zurückgehen:

Dieser Widerspruch verlangt seine Lösung und findet sie im Kapitalexport. Der Kapitalexport selbst ist nicht eine Folge der Kartellierung. Er ist eine Erscheinung, die von der kapitalistischen Entwicklung unzertrennlich ist. Aber die Kartellierung steigert plötzlich den Widerspruch und schafft den akuten Charakter des Kapitalexports (Hilferding 1910, S. 348f.).“

Auch Bucharin spricht davon, dass der Kapitalexport die Überproduktion (d.h. Überakkumulation) voraussetzt. Nach Bucharin ist die Bedingung für den Kapitalexport, dass zusätzliches Kapital im Ausland einen höheren Profit erzielt als im Inland. Deswegen sei es auch nachvollziehbar, dass man fast bei dem „ganzen Verlauf der kapitalistischen Entwicklung Kapitalexport antreffe“. Aber der Kapitalexport hat „gerade in den letzten Jahrzehnten eine ganz außerordentliche Bedeutung erlangt“, die er früher nie besessen habe. Der Kapitalexport habe in einem bestimmten Maß einen neuen Typ an wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Ländern geschaffen (Bucharin 1915, S. 104). An dieser Stelle wird der Unterschied zu der Zeit, die Marx im Blick hatte, deutlich.

In Lenins Imperialismus-Broschüre heißt es, dass an der Schwelle zum 20. Jahrhundert eine neue Form der Monopolbildung zu beobachten ist. Zum einen entstehen Monopolverbände in allen Ländern „des entwickelten Kapitalismus“, zum anderen etabliert sich die Monopolstellung einiger weniger, überaus reicher Länder, in denen die Kapitalakkumulation ein enormes Ausmaß erreicht hat. Daraus folgte, dass „ein ungeheurer „Kapitalüberschuß“ in den fortgeschrittenen Ländern“ entstand (Lenin 1917, S. 245).

Hilferding definiert den Kapitalexport als „Ausfuhr von Wert, der bestimmt ist, im Ausland Mehrwert zu hecken“. Um Kapitalexport handelt es sich nach dieser Definition lediglich dann, wenn das im Ausland verwendete Kapital in der Verfügung des Inlandes bleibt und „über den durch dieses Kapital erzeugten Mehrwert von inländischen Kapitalisten verfügt werden kann“ (Hilderding 1910., S. 468).

Der Kapitalexport ist unabhängig von der Warenproduktion des noch unterentwickelten Landes. Hilferding bestimmt die Grenze des Kapitalexports in zweifacher Hinsicht: einerseits findet er seine Grenzen den kapitalistischen Entwicklungsmöglichkeiten des unterentwickelten Landes. Andererseits in der Kapitalakkumulation, also dem Überschuss an produktivem Kapital in dem entwickelten Land (ebd., S. 412).

Hilferding nimmt eine Differenzierung des Kapitalexports in zwei Formen vor: „Das Kapital wandert in Ausland als zinstragendes oder als profitragendes Kapital.“ Letzteres kann als industrielles, Handels- oder Bankkapital fungieren. Für das kapitalimportierende Land ist von Bedeutung, aus welchen Teilen des Mehrwerts der Zins gezahlt wird. Hilferding erläutert, dass:

[d]er Zins, der auf im Auslande befindliche Pfandbriefe zu entrichten ist, bedeutet, daß ein Teil der Grundrente, der Zins, der auf Obligationen industrieller Unternehmungen zu entrichten ist, daß ein Teil des industriellen Profits ins Ausland fließt (ebd., S. 468f.).“

Weiter heißt es bei Hilferding zu den beiden Formen des Kapitalexports, dass es für ein Land schon rein quantitativ von Vorteil sei, „sein Kapital in Form von profittragendem als in Form von zinstragendem“ zu exportieren, da der Profit größer sei als der Zins. In dieser Form bleibt die Verfügung über das exportierte Kapital eine unmittelbare und die Kontrolle eine direkte. Auf der anderen Seite schreibt Hilferding am Beispiel der amerikanischen Eisenbahnbonds, dass der Einfluss des englischen Kapitals (welches als zinstragendes Kapital angelegt ist) auf die amerikanischen Eisenbahnherren ein minimaler ist, wohingegen er dort ausschlaggebend ist, „wo das industrielle Unternehmen selbst mit englischem Kapital betrieben wird.“ Vor allem die Kartelle und Trusts sind es, die den industriellen Kapitalexport betreiben. Hilferding führt hierfür mehrere Gründe an. Einerseits sind die Kartelle und Trusts in der Schwerindustrie dort am stärksten, wo der Drang nach Kapitalexport am stärksten ist, „um neue Absatzmärkte für die eigene riesig anschwellende Produktion zu gewinnen.“ Die Ausdehnung im Inlandsmarkt steht den hohen Kartellpreisen entgegen, so dass die äußere Expansion die beste Möglichkeit ist, dem Ausdehnungsbedürfnis nachzukommen. Hilferding geht dann auf das Verhältnis der Monopolverbände und den Banken sowie auf die Beziehungen zwischen den imperialistischen Staaten ein:

Zugleich ist hier die Verknüpfung von Banken und Industrie am engsten, und die Möglichkeit des Gründergewinns durch Emission der Aktien von Unternehmungen wird ein starkes Motiv zum Kapitalexport. […] Dies erklärt die eigentümliche Erscheinung, daß diese Staaten einerseits Kapital exportieren, anderseits das für die eigene Volkswirtschaft nötige Kapital zum Teil vom Ausland importieren. Sie exportieren vor allem industrielles Kapital und erweitern so die eigene Industrie, deren Betriebskapital sie zum Teil in Form von Leihkapital aus Ländern mit langsamerer industrieller Entwicklung, aber mit größerem akkumulierten Kapitalreichtum beziehen. […] So exportieren die Vereinigten Staaten in größtem Maßstab industrielles Kapital nach Südamerika, während sie gleichzeitig Leihkapital aus England, Holland, Frankreich usw. importieren, in Form von Bonds und Obligationen zum Betrieb ihrer eigenen Industrie (ebd., S. 485f.).“

Erfahren wir durch Jeidels mehr über das Verhältnis zwischen Bank- und Industriekapital in Bezug auf die Entscheidungsgewalt, im Prozess des Kapitalexports, geht Hilferding genauer auf die historischen Hintergründe ein. Hervorsticht an der angeführten Stelle seine Ausführung zu den USA und dem Verhältnis der beiden Formen des Kapitalexports in ihrem Prozess der weiteren Ausdehnung.

Die Differenzierung der zwei Formen des Kapitalexports erklärt Hilferding anhand der „Ungleichheit der industriellen Entwicklung“. Die Erschließung von industriell rückständigen oder sich langsam entwickelnden Ländern, fällt jenen Ländern zu, „in denen die industrielle Entwicklung, sowohl was die technische als auch was die organisatorische Seite anlangt, die höchste Form erreicht hat.“ Zu den am höchsten entwickelten Ländern zählt Hilferding Deutschland und die Vereinigten Staaten und „in zweiter Linie England und Belgien“. Die anderen, älteren kapitalistischen Länder betreiben Kapitalexport mehr in der Form des Leihkapitals, als dass sie Fabriken errichten:

Das führt dazu, daß zum Beispiel französisches, holländisches, im hohen Maße aber auch englisches Kapital zum Leihkapital wird für Industrien unter deutscher und amerikanischer Leitung. So entstehen Tendenzen zu einer Solidarität internationaler Kapitalsinteressen (ebd., S. 498).“10

Die Ausführung Hilferdings deutet auf eine gewisse Arbeitsteilung zwischen den Großmächten hin, die sich aus ihrer Stärke ergibt.

Hobson schreibt beispielsweise in Bezug auf Großbritannien, dass in der neueren Zeit die Kapitalinvestition und die Organisierung „der eingeborenen Arbeitskräfte in der Landwirtschaft“ eine entscheidende Rolle spielen (Hobson 1902, S. 220). Aus den anfänglichen Handelsniederlassungen wurde eine gewerbliche Siedlung, an die sich Grundstücks- und Grubenkonzessionen angeschlossen haben:

Eine solche Siedlung bedurfte einer Truppe zu ihrem Schutz und um weitere Konzessionen zu erringen; sie dienten auch dazu, Vertragsverletzungen oder Friedensbrüche zu verhindern oder zu bestrafen. Andere Interessen, politische und religiöse, traten in stärkerem Umfang hinzu. Die ursprüngliche Handelsniederlassung nimmt so allmählich einen mehr politischen und militärischen Charakter an. Gewöhnlich werden die Zügel der Regierung schließlich von der Gesellschaft an den Staat übergeben, und ein unscharf definiertes Protektorat geht so gradweise in die Form einer Kolonie über (ebd., S. 221).“

Hobson beschreibt hier, wie im Falle Großbritanniens der Kapitalexport mit einer weiteren Kolonialisierung einher ging.

Bucharin differenziert ähnlich wie Hilferding die beiden Formen des Kapitalexports in zinstragend und profitbringend. Es wird angeführt, dass sie die „wichtigsten Elemente des Prozesses der Internationalisierung des Wirtschaftslebens und des Wachstums der Weltwirtschaft darstellen (Bucharin 1915, S. 40).“ Die Form des zinstragenden Kapitalexports wird von ihm in fünf Unterformen unterschieden: (1) staatliche und kommunale Anleihen: Der immer größer werdende Staatshaushalt erzeugt durch die Entwicklung des Wirtschaftslebens und durch die Militarisierung der gesamten Wirtschaft einen immer größeren Bedarf an ausländischen Anleihen. Auch das Wachstum von Städten und ihr Ausbau erfordert immer größere Geldsummen, die durch ausländische Anleihen gedeckt werden. (2) Das System der „Beteiligung“: „eine (industrielle, Handels- oder Bank-) Unternehmung im Lande A besitzt Aktien oder Obligationen eines Unternehmens im Lande B.“ (3) Die Finanzierung von ausländischen Unternehmungen: Bucharin führt als Beispiele eine Bank an, die eine von ihr selbst oder einer anderen Institution gegründeten ausländischen Unternehmung finanziert; auch ein industrielles Unternehmen, das eine Tochtergesellschaft finanziert zählt Bucharin unter diese Unterform des zinstragenden Kapitalexports. (4) Der Kredit, der unabhängig von einem bestimmten Zweck von einer Großbank eines Landes einer Bank eines anderen Landes gewährt wird. (5) der Aufkauf von ausländischen Aktien usw. „zum Zwecke ihres Weiterverkaufs (siehe die Tätigkeit der Emissionsbanken) usw.“. Diese Form „führt im Gegensatz zu den anderen zu keiner dauernden Interessensverbindung“ (ebd., S. 40f.).

Bucharin macht eine wichtige Bemerkung zu den Folgen des Kapitalexports. Er stellt fest, dass dieser ähnlich wie der internationale Warenverkehr die nationalen Preise in den Weltpreisen, sowie die Unterschiede im Arbeitslohn ausgleichen, die Bewegung des Kapitals „die Tendenz zur Ausgleichung der „nationalen“ Profitraten und bringt nichts anderes als eine der allgemeinsten Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise im Weltmaßstab zum Ausdruck (ebd., S. 45).“

Im Kapitalexport sieht Bucharin die „Inbesitznahme und Monopolisierung neuer Sphären“ zur Anlage von Kapital, durch monopolistische Unternehmen einer Großmacht, oder in der Gesamtheit die organisierte nationale Industrie durch das nationale Finanzkapital. Es heißt:

Der Kapitalexport stellt die bequemste Methode der Wirtschaftspolitik der Finanzgruppen dar, da er am leichtesten zur Unterwerfung neuer Gebiete führt. Das ist der Grund, weshalb die Verschärfung der Konkurrenz unter den verschiedenen Staaten hier besonders krasse Formen annimmt. So führt die Internationalisierung des Wirtschaftslebens auch hier unvermeidlich zu einer Entscheidung der strittigen Fragen durch Feuer und Schwert (Bucharin 1915, S. 111f.).“

Lenin beschreibt den Kapitalexport als solide Basis für die „imperialistische Unterdrückung“ und „Ausbeutung der meisten Nationen und Länder der Welt“ (Lenin 1917, S. 246).

Abschließend sei auf den Zusammenhang von Kapitalexport und kapitalistischer Entwicklung hingewiesen. Sowohl Hilferding als auch Lenin führen diesen an. Bei Hilferding heißt es:

So erweitert der Kapitalexport jene Schranke, die aus der Konsumtionsfähigkeit des neuen Marktes entspringt. Zugleich aber bewirkt die Übertragung kapitalistischer Transport- und Produktionsmethoden auf das fremde Land hier eine rasche ökonomische Entwicklung, die Entstehung eines größeren inneren Marktes durch Auflösung der naturalwirtschaftlichen Zusammenhänge, die Ausdehnung der Produktion für den Markt und damit die Vermehrung jener Produkte, die ausgeführt werden und damit wieder zu neuer Verzinsung neu importierten Kapitals dienen können. Bedeutete die Erschließung von Kolonien und neuen Märkten früher vor allem die Erschließung neuer Konsumtionsmittel, so wendet sich heute die Neuanlage von Kapital hauptsächlich Zweigen zu, die Rohmaterial für die Industrie liefern (Hilferding 1910, S. 472f.).“

In dem von Hilferding beschriebenen Zusammenhang ergibt sich ein Bild eines dauerhaften Kapitalflusses, da die Kapitalvermehrung wieder für neue Kredite genutzt werden können. Auffällig ist auch die unterschiedliche Schwerpunktsetzung, wobei der Kapitalexport sich vor allem auf Branchen konzentriert, die Rohmaterial liefern und in denen dadurch eine kapitalistische Entwicklung vorangetrieben wird.

Bei Lenin können wir lesen, dass der Kapitalexport die Länder, in der er abfließt, beeinflusst und die kapitalistische Entwicklung dort „außerordentlich beschleunigt“. Er sorgt für eine weltweite „Ausdehnung und Vertiefung der weiteren Entwicklung des Kapitalismus“ (Lenin 1917, S. 247). In Die Ergebnisse der Diskussion über die Selbstbestimmung heißt es bei Lenin zu dieser Entwicklung:

Der Imperialismus hat hier [in den Kolonien] Wandel geschaffen. Imperialismus bedeutet unter anderem auch Kapitalexport. Die kapitalistische Produktion wird in immer beschleunigterem Tempo auch in die Kolonien verpflanzt. Sie aus ihrer Abhängigkeit vom europäischen Finanzkapital herauszureißen ist unmöglich (Lenin 1916a, S. 344f.).“

In seiner Imperialismusschrift heißt es dann in Bezug zum Kapitalexport:

Ganz besonders muß auf die Rolle eingegangen werden, die bei der Schaffung des internationalen Netzes der Abhängigkeiten und der Verbindungen des Finanzkapitals der Kapitalexport spielt (Lenin 1917, S. 244).“

Hieraus wird ersichtlich, dass Lenin zwar eine gewisse Tendenz der kapitalistischen Entwicklung in den kolonisierten Ländern beschrieb, diese aber in keinem Gegensatz zur weltweiten Herrschaft des Finanzkapitals begriff. Es soll im nächsten Unterkapitel auf die weitere Ausdehnung des Kapitalismus und die Unterdrückung durch das Finanzkapital eingegangen werden.

Zusammenfassung

Bereits bei Marx tauchten Bemerkungen über den Kapitalexport auf. Es wird beschrieben, wie Kapital exportiert wird, weil es im Ausland höhere Profite abwirft. Auch Hobson spricht davon, dass größere Teile vom Kapital im Ausland und den Kolonien angelegt werden, um größere Einkünfte zu erzielen. Bei Hobson finden sich bereits Andeutungen, dass die britischen Kolonien nicht mehr die entscheidende Form der staatlichen Abhängigkeit sind und andere Formen wichtiger werden. Jeidels setzte sich mit der Rolle und der Bedeutung der Banken für den Kapitalexport auseinander und arbeitete die Abhängigkeit der Industrie von den Banken in diesem Zusammenhang heraus. Hilferding beschrieb den Widerspruch, den es zu lösen gilt: Einerseits wächst die Masse des akkumulierten Kapitals, während andererseits die Anlagemöglichkeiten abnehmen. Die Lösung liegt im Kapitalexport. Er bestimmte die Grenze des Kapitalexports in einer zweifachen Weise durch die kapitalistischen Entwicklungsmöglichkeiten der Länder, in die das Kapital exportiert wird, sowie durch den Überschuss an Kapital für den Export selbst. Hilferding beschrieb zwei unterschiedliche Formen des Kapitalexports (zinstragender und profitragender), deren Ursache die ungleichmäßige industrielle Entwicklung darstellt. Die industrielle Erschließung von nicht entwickelten Ländern fällt jenen zu, die industriell sowohl technisch als auch organisatorisch am höchsten entwickelt sind. Dies führte dazu, dass französisches und englisches Leihkapital unter die Leitung Deutschlands oder den USA gerät, da sie auf Grundlage dieses Leihkapitals produktive Investitionen tätigen. Bucharin differenziert die zwei Formen des Kapitalexports weiter in Unterformen. Er arbeitet den Kapitalexport als das wichtigste Element in den internationalen Beziehungen und des Wachstums der Weltwirtschaft heraus. Es wird der Zusammenhang zwischen dem Kapitalexport und dem Warenexport beschrieben – ersterer kurbelt letzteren an. Er beschreibt den Kapitalexport als die leichteste Methode der Unterwerfung durch das Finanzkapital. Der Kapitalexport führt zur Inbesitznahme und Monopolisierung neuer Sphären durch das Finanzkapital, so Bucharin.

Lenin spricht davon, dass der Zusammenhang zwischen Waren- und Kapitalexport die Epoche des Finanzkapitals erzeugt. Lenin arbeitet sehr prägnant zwei Seiten des Kapitalexports auf dem Weltmarkt heraus: auf der einen Seite die rasche internationale kapitalistische Ausdehnung und Entwicklung; auf der anderen Seite die damit einhergehende Unterdrückung und Ausbeutung der meisten Länder der Welt, durch einige wenige (Handvoll) Länder. In der Herausstellung dieser beiden Seiten des Kapitalexports herrscht zwischen Lenin und Bucharin große Übereinstimmung. Lenin beschreibt, wie der Kapitalexport als ein Mittel dient, die neuen internationalen Verhältnisse des Finanzkapitals zu schaffen: Ein Netz aus Abhängigkeiten durch das Finanzkapital. Der Unterschied zu den früheren Arbeiten anderer Autoren liegt darin, dass sich Lenin auf die wesentlichen Seiten konzentriert (Entwicklung bei gleichzeitiger Abhängigkeit) und konkretere Erläuterungen von verschiedenen Formen und Facetten ausspart.

2.3.2 Außenhandel, Expansionismus und (koloniale) Unterdrückung

In Der Imperialismus führt Hobson in Bezug auf Großbritannien aus, dass die britische imperiale Ausdehnung nicht von einer „Zunahme des Werts unseres Handels mit unseren Kolonien“ und anderen abhängigen Gebieten begleitet war. Stattdessen nahm der Außenhandel mit den Industrieländern zu, die „als unsere wirtschaftlichen Feinde“ betrachtet werden können. Durch die britische Expansionspolitik wurden sie auch „zu unseren politischen Feinden“ (Hobson 1902, S. 57f.). An späterer Stelle heißt es dann, dass „die kostspieligen Annexionen tropischer Gebiete in jüngster Zeit nur magere und ungesicherte Märkte gebracht haben“ und das der gesamte Handel mit den Kolonien Großbritanniens „praktisch stagniert“ und sich der progressivste Handel mit den „konkurrierenden Industrienationen“ vollziehe, „deren Gebiet wir nicht annektieren wollen“ und in deren „Märkte wir nicht gewaltsam eindringen können“ (ebd., S. 85). Hilferding führt ebenfalls das Beispiel Großbritannien an und erwähnt, dass das britische Industrie- und Handelskapital am Freihandel anderer Länder interessiert ist und nur ein „geringes Interesse an dem Besitz der Kolonien“ hat. Denn insofern die Kolonien Absatzmärkte für Industrieprodukte und Einkaufsmärkte für Rohstoffe waren, hatte Großbritannien auch unter dem Freihandel mit keiner nennenswerten Konkurrenz zu rechnen. Weiter heißt es, dass:

[d]ie Forderung einer aktiven Kolonialpolitik, die sehr kostspielig war, die Steuern erhöhte und das parlamentarische Regime im Heimatland schwächte, […] hinter der Propaganda des Freihandels [zurücktrat] (Hilferding 1910, S. 448).“

Hilferding stellt direkt klar, dass die Forderung nach der Aufgabe der Kolonien lediglich eine von radikalen Freihändlern blieb, weil wichtige Kolonien wie Indien nicht nur als Markt von Bedeutung waren. Denn die Beherrschung dieser Kolonien sicherte den großen Klassen immense Einkünfte als „Tribut für gute Regierung“. Gleichzeitig war die Sicherheit dieses für Großbritannien wichtigsten Marktes die Voraussetzung für den Absatz britischer Waren und es war nach Hilferding fraglich, ob die Aufgabe der Kolonien nicht das „Wiederaufleben alter Kämpfe mit sich bringen müßte“ (ebd., S. 448f.).

Bei Hobson kann mehr über den Aufbau des britischen Kolonialsystems nachgelesen werden. Dieser unterscheidet drei Klassen von „Kolonialbesitzungen“: (1) Kronkolonien, also jene, in denen die britische Krone die Gesetzgebung ausübt, während die Verwaltung durch die britische Regierung ausgeführt wird; (2) Kolonien, die zwar repräsentative Institutionen, aber keine Regierung besitzen, die britische Krone nur ein Vetorecht bei der Gesetzgebung hat und die britische Regierung die öffentlichen Angelegenheiten regelt; (3) Kolonien, die repräsentative Institutionen und eine Regierung haben, in denen die Krone nur ein Vetorecht hat, aber die britische Regierung keine Beamten vor Ort hat, mit Ausnahme des Gouverneurs. Der britische Imperialismus habe keine einzige Kolonie errichtet, die mit einer Selbstregierung ausgestattet ist. Zwar würden einige dieser Gebiete als Protektorate oder abhängige Staaten ein gewisses Maß von Selbstregierung vorweisen, aber nicht in den wichtigsten politischen Angelegenheiten. Großbritannien würde die „Zügel der willkürlichen Kontrolle“ immer mehr anziehen, so dass die Gebiete der Sache nach Kronkolonien seien (Hobson 1902, S49f.).11 Indien wird von Hobson als ein Vasallenstaat beschrieben, in dem das Imperium sich auf die Leitung der Außenpolitik, den militärischen Schutz beschränkt und ein Veto im Falle schwerer innerer Unruhen einlegen konnte: „Die eigentliche Verwaltung des Landes wird in den Händen eingeborener Fürsten oder Häuptlinge belassen (ebd. S.119).“ Trotz dieses ‚Experiments‘, wie es an früherer Stelle in Bezug auf Indien heißt (ebd., S. 50), stütze dieses nicht eine Theorie, nach der das „britische Weltreich als ein […] Erzieher zu freien politischen Institutionen“ auftrete (ebd., S. 119), weil die meisten Untertanen dieses Weltreichs in Kronkolonien und Protektoraten leben.

Im weiteren Verlauf seines Buches führt Hobson aus, dass die imperiale Expansion nicht abgeschlossen ist:

Die häufig gemachte Feststellung, das Werk der imperialen Expansion sei praktisch abgeschlossen, ist nicht zutreffend. Wahr ist wohl, daß die meisten »rückständigen« Rassen in irgendeine Art von Abhängigkeit von dieser oder jenen »zivilisierten« Macht geraten sind – als Kolonie, Protektorate, Hinterland oder Einflußsphäre. Doch in den meisten Fällen ist damit das Imperium noch nicht fertig, vielmehr beginnt erst der Prozeß der Imperialisierung. Das intensive Wachstum des Imperiums, bei dem die Einmischung verstärkt und die Regierungsgewalt über Einflußsphären und Protektorate gestrafft wird, ist ein ebenso gewichtiger und ebenso gefährlicher Aspekt des Imperialismus wie das extensive Wachstum durch Unterwerfung neuer Gebiete und Völkerschaften (ebd., S. 199).“

Rosa Luxemburg beschäftigte sich mit der Frage des Expansionismus und der Rolle von Kolonien. Ihr zentrales Argument ist, dass für die Realisierung des Mehrwerts ein „Kreis von Abnehmern außerhalb der kapitalistischen Gesellschaft“ notwendig ist:

Das Entscheidende ist, daß der Mehrwert weder durch Arbeiter noch durch Kapitalisten realisiert werden kann, sondern durch Gesellschaftsschichten oder Gesellschaften, die selbst nicht kapitalistisch produzieren (Luxemburg 1913, S. 300).“

Luxemburg unterscheidet zwei Fälle: (1) Wenn kapitalistische Staaten Konsumtionsmittel über den eigenen Bedarf hinaus produzieren, „deren Abnehmer nichtkapitalistische Schichten und Länder sind“. Als Beispiel nennt sie die englische Baumwollindustrie, deren Maschinenproduktion in England zunehmend ausgeweitet wurde. Dadurch realisierte die Abteilung II (Konsumtionsmittel) ihren Mehrwert zunehmend außerhalb des kapitalistischen Systems und steigerte durch ihre eigene Akkumulation die Nachfrage nach einheimischen Produkten der Abteilung I (Produktionsmittel).

(2) Umgekehrt tritt der Fall ein, in dem Produktionsmittel an nichtkapitalistische Länder geliefert werden. Luxemburg nennt als Beispiele den Eisenbahnbau in Amerika und Australien sowie die deutsche Chemieindustrie, die Farbstoffe nach Asien und Afrika exportierte.

Diese Erweiterung der Abteilung I durch die außerkapitalistischen Kreise, bringt in den kapitalistischen Ländern eine Erweiterung der Abteilung II hervor (ebd. S.300ff.). Die Beispiele führt Luxemburg zu ihrer allgemeinen Schlussfolgerung:

Was durch die obigen Beispiele klargemacht werden sollte, ist die Tatsache, daß zum mindesten der zu kapitalisierende Mehrwert und der ihm entsprechende Teil der kapitalistischen Produktenmasse unmöglich innerhalb der kapitalistischen Kreise realisiert werden kann und unbedingt außerhalb dieser Kreise, in nichtkapitalistisch produzierenden Gesellschaftsschichten und -formen, seine Abnehmer suchen muß (ebd., S. 308).“

Sie führt weiter aus, dass die kapitalistische Produktion sich nicht auf die Naturschätze und Produktivkräfte „der gemäßigten Zone“ beschränken kann und für die Entfaltung die „Verfügungsmöglichkeit über alle Erdstriche und Klimate bedarf“. Das gleiche gilt für die Arbeitskräfte – das Kapital „braucht überhaupt die unumschränkte Verfügungsmöglichkeit über alle Arbeitskräfte des Erdrunds“. In diesem Prozess des Ausscheidens von Arbeitskräften aus den „primitiven sozialen Verhältnissen“ und ihrem Übergangs in das kapitalistische Lohnsystem, beschreibt Luxemburg eine historische Grundlage des Kapitalismus. Für diesen Prozess ist die „sogenannte Arbeiterfrage in den Kolonien“ zentral. In den Kolonialländern ergeben sich aufgrund dieses Bezugs von erforderlichen Arbeitskräften „die seltsamsten Mischformen zwischen modernem Lohnsystem und primitiven Herrschaftsverhältnissen“ (ebd., S. 311f.).

Kautsky argumentierte in Bezug auf den imperialistischen Expansionismus in einer ähnlichen Weise wie Luxemburg. Die Haupttriebkraft ist in seiner Argumentation das Verhältnis von Industrie- und Agrarproduktion. Kautsky schreibt, dass die „Produktenmasse pro Arbeiter in der Industrie reicher als in der Landwirtschaft“ wächst. Die Akkumulation würde von daher in engen Grenzen gehalten werden, wenn die Industrie eines Landes sich auf sein Landgebiet als Lieferant und Abnehmer beschränken würde:

Die kapitalistische Akkumulation kann in der Industrie nur dann ungehindert vor sich gehen und sich frei entfalten, wenn sie das landwirtschaftliche Gebiet, das ihr als Lieferant und Abnehmer dient, beständig erweitert, was eine stete Erweiterung und Verbesserung der Verkehrsmittel notwendig macht (Kautsky 1914, S. 8).“

In Bucharins Schrift ist die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung der Produktivkräfte ausschlaggebend. Diese führe zu verschiedenen wirtschaftlichen Typen und unterschiedlichen Produktionssphären, was „die internationale Arbeitsteilung auf sozialer Grundlage ausdehnt“. Damit meint Bucharin die Verschiedenheit zwischen Industrieländern, „die Produkte der Landwirtschaft einführen und Fabrikerzeugnisse ausführen“ einerseits und andererseits Agrarländern, „die Produkte der Landwirtschaft ausführen und Industrieprodukte einführen“ (Bucharin 1915, S. 19). Ein weiterer zentraler Aspekt für Bucharin ist die Entwicklung des Verkehrswesens. Diese Entwicklung ermögliche ein schnelleres „Verwachsen der einzelnen lokalen und „nationalen“ Märkte“ und ein schnelleres Wachsen des „einheitliche[n] Produktionsorganismus der Weltwirtschaft“ (ebd., S. 33f.). Die Entwicklung des Verkehrswesens ist auch zentral für das Finanzkapital, denn der internationale Ausgleich der Preise für Waren und Wertpapiere vollziehe sich über Telegraphen. Dies führe dazu, dass das Telegraphennetz in einem „ebenso fieberhaften Tempo zu[nimmt] wie die Verkehrsmittel“. Dabei seien besonders die zunehmenden Unterseekabel, die die verschiedenen Kontinente verbinden, von Bedeutung (ebd., S. 36).

Der bereits eingeführte Begriff des „staatskapitalistischen Trust“, die Bucharin nutzt, ist in seiner Untersuchung wichtig für die Darstellung der Expansionspolitik. Es wird nachgezeichnet, wie die Konkurrenz in ganzen Produktionszweigen aufhört und der Kampf um die Aufteilung des Mehrwerts unter den Syndikaten in verschiedenen Produktionszweigen zunimmt und der Zentralisationsprozess sich ständig weiterentwickelt. Durch ihn fassen gemischte Unternehmen und Bankkonzerne „die gesamte nationale Produktion zusammen“, welche „die Form eines Verbandes der Verbände annimmt“ – was Bucharin als staatskapitalistischen Trust charakterisiert. Daraus folgt, dass:

[d]ie Konkurrenz […] die höchste und letzte denkbare Entwicklungsstufe [erreicht]: die Konkurrenz der staatskapitalistischen Trusts auf dem Weltmarkt. In den Grenzen der „nationalen“ Wirtschaften wird sie auf ein Minimum reduziert, aber nur, um in gewaltigem, in keiner der vorhergehenden Epochen möglichem Umfange aufs neue zu entbrennen. Eine Konkurrenz unter den „nationalen Wirtschaften“, d. h. unter ihren herrschenden Klassen, hat es natürlich auch vorher gegeben. […] Heute, in der Epoche des Finanzkapitalismus, ist das alles ganz anders: der Schwerpunkt liegt jetzt in der Konkurrenz von gewaltigen, geschlossenen und organisierten wirtschaftlichen Organismen, die über eine kolossale Kampfkraft im internationalen Wettbewerb der „Nationen“ verfügen. […] Die Aufsaugung kleiner Kapitale, die Aufsaugung schwacher Trusts, ja sogar die Aufsaugung Großer Trusts tritt in den Hintergrund und erscheint als ein Kinderspiel gegenüber der Aufsaugung ganzer Länder, die gewaltsam von ihren wirtschaftlichen Mittelpunkten losgerissen und in das wirtschaftliche System der siegreichen „Nation“ einbezogen werden (ebd., S. 132f.).“

Lenin nimmt in der Schrift Die Ergebnisse der Diskussion über die Selbstbestimmung von 1916 eine Bestimmung des Begriffs der Annexion vor und führt drei Begriffe für dessen Bestimmung an: (1) den Begriff der Gewalt bzw. der gewaltsamen Angliederung; (2) den Begriff der nationalen Fremdherrschaft und „manchmal“ (3) der Begriff von der Verletzung des Status quo (Lenin 1916a, S. 334). In seiner Karikatur auf den Marxismus macht Lenin schließlich Ausführungen zum ökonomischen Annexionismus. Lenin führt aus, dass das große Finanzkapital eines Landes in der Lage ist, seine Konkurrenten in fremden, politisch unabhängigen Ländern, aufzukaufen. Solch eine ökonomische „Annexion“ sei, so Lenin, durchaus ohne eine politische Annexion realisierbar:

In der Literatur über den Imperialismus finden wir auf Schritt und Tritt Hinweise, daß z. B. Argentinien in Wirklichkeit eine „Handelskolonie“ Englands, Portugal faktisch ein „Vasall“ Englands ist u. dgl. Das ist richtig. Die ökonomische Abhängigkeit von den englischen Banken, die Verschuldung an England, der Aufkauf von Eisenbahnen, Gruben, Boden usw. durch England – all das macht die genannten Länder zu einer „Annexion“ Englands im ökonomischen Sinne, ohne Zerstörung der politischen Unabhängigkeit dieser Länder (Lenin 1916b, S. 36).“

Die Auseinandersetzung mit der ökonomischen „Annexion“ zieht sich durch Lenins Arbeiten im Jahr 1916. In Die Ergebnisse der Diskussion über die Selbstbestimmung werden von Lenin die Beispiele Polen, Finnland, Ukraine und Elsass erwähnt und die Entwicklung der Produktivkräfte dort, die sich „zweifellos rascher, stärker und selbstständiger“ als in Indien, Ägypten oder Turkestan und anderen „Kolonien von reinem Typus“ vollziehen. Der Unterschied bestehe darin, dass in Europa „die abhängigen Nationen sowohl eigenes Kapital“, sowie die Möglichkeit besitzen „sich leicht Kapital zu den verschiedenartigsten Bedingungen zu beschaffen“. Im Unterschied dazu haben die Kolonien „kein oder fast kein eigenes Kapital“ und können sich nur durch die politische Unterwerfung Kapital beschaffen (Lenin 1916a, S. 345).

In Karikatur auf den Marxismus spricht Lenin davon, dass die „imperialistische Tendenz zur Bildung großer Weltreiche“ durchaus realisierbar ist und:

wird in der Praxis auch häufig in Gestalt imperialistischer Bündnisse selbständiger und, im politischen Sinne des Wortes, unabhängiger Staaten realisiert. Solche Bündnisse sind möglich und sind nicht nur in der Form zu verzeichnen, daß das Finanzkapital zweier Länder ökonomisch miteinander verwächst, sondern auch als militärische „Zusammenarbeit“ im imperialistischen Krieg (Lenin 1916b, S. 42).“

Wenig später heißt es in ebendiesem Text über das Finanzkapital, dass es in jedem beliebigen und unabhängigem Land herrschen kann:

In unseren Thesen wird festgestellt, daß das Finanzkapital in „jedem beliebigen“, „selbst in einem unabhängigen Lande“ herrschen kann und daß deshalb alle Betrachtungen, mit denen die Selbstbestimmung unter Hinweis auf das Finanzkapital für „unrealisierbar“ erklärt wird, reinste Konfusion sind (ebd., S. 44).“

In seiner Imperialismus-Broschüre hebt Lenin in diesem Kontext den Kapitalexport heraus, auf dessen Rolle „bei der Schaffung des internationalen Netzes der Abhängigkeit und der Verbindungen des Finanzkapitals“ eingegangen werden muss (Lenin 1917, S. 244).

Lenin schreibt davon, dass die „kapitalexportierenden Länder […], im übertragenen Sinne, die Welt unter sich verteilt [haben].“ Gleichzeitig führe das Finanzkapital auch „zur direkten Aufteilung der Welt“ (ebd., S. 249). Der Übergang zum Monopolkapitalismus (was Lenin hier synonym mit dem Finanzkapital setzt), sei „mit einer Verschärfung des Kampfes um die Aufteilung der Welt verknüpft“ (ebd., S. 260). Zur Macht des Finanzkapitals führt Lenin aus:

Was die „halbkolonialen“ Staaten betrifft, so sind sie ein Beispiel für jene Übergangsformen, die uns auf allen Gebieten der Natur und der Gesellschaft begegnen. Das Finanzkapital ist eine so gewaltige, man darf wohl sagen, entscheidende Macht in allen ökonomischen und in allen internationalen Beziehungen, daß es sich sogar Staaten unterwerfen kann und tatsächlich auch unterwirft, die volle politische Unabhängigkeit genießen; wir werden sogleich Beispiele dafür sehen. Aber selbstverständlich bietet dem Finanzkapital die meisten „Annehmlichkeiten“ und die größten Vorteile eine solche Unterwerfung, die mit dem Verlust der politischen Unabhängigkeit der Länder und Völker, die unterworfen werden, verbunden ist. Die halbkolonialen Länder sind in dieser Beziehung als „Mittelding“ typisch. Der Kampf um diese halbabhängigen Länder mußte begreiflicherweise besonders akut werden in der Epoche des Finanzkapitals, als die übrige Welt bereits aufgeteilt war (ebd., S. 263f.).“

Lenin geht sogar so weit und spricht von der „Kolonialpolitik des Finanzkapitalismus“ und macht damit auf die ökonomischen Unterschiede früherer Kolonialpolitik aufmerksam, denn „Kolonialpolitik und Imperialismus hat es auch vor dem jüngsten Stadium des Kapitalismus“ ja sogar „vor dem Kapitalismus“ gegeben. Lenin geht sogar so weit, von der „Kolonialpolitik des Finanzkapitalismus“ zu sprechen, und lenkt damit die Aufmerksamkeit auf die ökonomischen Unterschiede zur früheren Kolonialpolitik. Er betont, dass „Kolonialpolitik und Imperialismus“ nicht erst im jüngsten Stadium des Kapitalismus existierten, sondern sogar „vor dem Kapitalismus“ bereits eine Rolle spielten. So kann die Sklaverei im alten Rom ebenfalls als eine Form des Imperialismus betrachtet werden. Aber auch die Kolonialpolitik der früheren Stadien des Kapitalismus „unterschieden sich wesentlich von der Kolonialpolitik des Finanzkapitals“ (ebd., S. 264).

Die Betonung der Kolonialpolitik des Finanzkapitals zieht sich durch das gesamte sechste Kapitel der Imperialismus-Schrift (Die Aufteilung der Welt unter die Großmächte). Lenin unterstreicht, dass so bald von der „Kolonialpolitik in der Epoche des kapitalistischen Imperialismus“ gesprochen wird, festgestellt werden müsse:

daß das Finanzkapital und die ihm entsprechende internationale Politik, die auf einen Kampf der Großmächte um die ökonomische und politische Aufteilung der Welt hinausläuft, eine ganze Reihe von Übergangsformen der staatlichen Abhängigkeit schaffen. Typisch für diese Epoche sind nicht nur die beiden Hauptgruppen von Ländern – die Kolonien besitzenden und die Kolonien selber -, sondern auch die verschiedenartigen Formen der abhängigen Länder, die politisch, formal selbständig, in Wirklichkeit aber in ein Netz finanzieller und diplomatischer Abhängigkeit verstrickt sind (ebd., S. 267).“

Lenin spricht davon, dass es die Form „finanzieller und diplomatischer Abhängigkeit, bei politischer Unabhängigkeit“12zwischen einzelnen großen und kleinen Staaten immer gegeben hat, allerdings wird diese Form „in der Epoche des kapitalistischen Imperialismus […] zum allgemeinen System“ und bildet einen Teil der „Gesamtheit der Beziehungen bei der „Aufteilung der Welt“ und wird zu einem „Kettenglied der Operationen des Weltfinanzkapitals“ (ebd., S. 268).

Gerade beim Thema der Kolonien treten deutliche Unterschiede zwischen Lenin und den übrigen Arbeiten hervor, sowohl in der Schwerpunktsetzung als auch in der Argumentation. So setzten sich vor allem Hobson, aber auch Hilferding mit den verschiedenen Formen der Kolonien sowie ihrer allgemeinen Bedeutung auseinander. Bei Luxemburg sowie Kautsky ist das Thema der Akkumulation der Ausgangspunkt ihrer Betrachtung der kolonialen Unterwerfung. Bucharin legt seinen Fokus auf ein Thema, das in Lenins Argumentation ebenfalls sehr zentral ist – die Konkurrenz „staatskapitalistischer Trusts“ um die Herrschaft über ganze Länder. Dies ist auch der Fluchtpunkt für Lenin: aus dem Kapitalexport heraus entwickelt er die „Kolonialpolitik des Finanzkapitals“. Dabei geht es um die (Welt)Herrschaft einiger weniger Staaten, die ein umfassendes System der Abhängigkeit geschaffen haben, in dem Kolonien ebenso eine Rolle spielen wie politisch unabhängige Staaten, die durch die Macht des Finanzkapitals kontrolliert werden.

Zusammenfassung

Bei Hobson und Hilferding ist mehr über die Stagnation des Kolonialhandels zu erfahren. Hobson gelangt in seiner empirischen Untersuchung des britischen Kolonialreichs zu dem Schluss, dass die koloniale Expansion nicht abgeschlossen ist und sich weiter intensiviert. Luxemburg und Kautsky ähneln sich in ihrer Argumentation über die Rolle eines kapitalistischen Äußeren, als Notwendigkeit zur weiteren Akkumulation. In einer gewissen Weise weicht diese Auffassung von dem Zusammenhang zwischen Kapital- und Warenexport (Hilferding, Bucharin und Lenin) ab. Bucharin hingegen beschreibt die Hintergründe der internationalen Unterschiede zwischen Ländern (Industrieländer/Agrarländer) und führte diese auf die ungleichmäßige Entwicklung zurück. Von Bucharin wurde auch der Zusammenhang zwischen der Ausbreitung des Verkehrswesens und der internationalen Ausbeutung erkannt. Es findet sich bei Bucharin eine zugespitzte Beschreibung des Weltmarktes. Er beschreibt die Konkurrenz zwischen den staatskapitalistischen Trusts als höchste Form des Konkurrenzverhältnisses, durch welche ein Wettbewerb der Nationen entstand.

Lenins spitzt in diesem Kontext seine bisherige Analyse über das Finanzkapital und den Kapitalexport weiter zu. In dieser Zuspitzung besteht das Alleinstellungsmerkmal seiner Arbeit. Er setzt sich mit der ökonomischen Annexion durch das Finanzkapital auseinander, ohne einer gleichzeitigen politischen Annexion. Die abhängigen Länder besitzen eigenes Kapital und haben die Möglichkeit, sich international leicht zusätzliches Kapital zu verschaffen, im Unterschied zu den klassischen Kolonien, die kein oder kaum eigenes Kapital besitzen. Das Finanzkapital ist in der Lage, unabhängige Staaten zu unterwerfen- es entsteht eine „Kolonialpolitik des Finanzkapitals“ (Lenin 1917, S. 264). Hilferding sprach vom Finanzkapital als Negation der Negation des Wucherkapitals. Lenin schafft es, die vollständige Entwicklung des Finanzkapitals sowie die eigentliche Synthese in der Epoche des Monopolkapitals zu beschreiben, die in der Ablösung des klassischen Kolonialismus durch die Kolonialpolitik des Finanzkapitals mündet.

2.4 Parasitismus und Fäulnis

Für Lenins Begriff des Imperialismus sind der Parasitismus und Fäulnis zentral. In der hier berücksichtigten Literatur ist dieses im Vergleich ein eher ein randständiges Thema.

Aus dem Umstand, dass der Imperialismus „eine ungeheure Anhäufung von Geldkapital in wenigen Ländern“ bedeutet, folgert Lenin das Anwachsen einer Schicht von Rentnern, die vom „Kuponschneiden“ leben. Diese von der Produktion völlig isolierte Rentnerschicht erlangt durch den Kapitalexport eine größere Bedeutung und:

drückt dem ganzen Land, das von der Ausbeutung der Arbeit einiger überseeischer Länder und Kolonien lebt, den Stempel des Parasitismus auf (Lenin 1917, S. 281).“

Das Wesen des Parasitismus, das gleichsetzt wird mit dem Wesen des Imperialismus, sieht Lenin darin, dass „[d]ie Einnahmen der Rentner […] also im „handelstüchtigsten“ Lande der Welt fünfmal so groß wie die Einnahmen aus dem Außenhandel [sind] (ebd., S. 282).“

Der Parasitismus hat die Welt „in ein Häuflein Wucherstaaten“ und eine große Mehrheit von „Schuldnerstaaten“ verwandelt (ebd., S. 282). Die Bourgeoisie dieser Wucherstaaten lebt im steigenden Maße von Kapitalexport und „Kuponschneiden“ (ebd., S. 305).

Wir sehen, dass Lenin aus den Eigentumsverhältnissen, die für den Begriff des Finanzkapitals zentral sind, sowie aus dem Konzept des Kapitalexports an dieser Stelle seiner Argumentation die gesellschaftliche Ebene und deren Folgen ableitet.

Ein weiteres Thema, das auch in anderen Büchern berücksichtig wird, ist die Entstehung einer Arbeiteraristokratie. Hilferding beschreibt die Auswirkung der Entwicklung des Aktienwesens für die Arbeiterklasse:

Auch die Entwicklung des Aktienwesens wirkt zunächst in ähnlicher Weise. Sie trennt die Leitung vom Besitz und macht die Leitung zur besonderen Funktion höher bezahlter Lohnarbeiter und Angestellter. Zugleich werden die höheren Posten zu einflußreichen und reich dotierten Stellungen, die, der Möglichkeit nach, allen Angestellten offenzustehen scheinen. Das Interesse an der Karriere, der Drang nach dem Avancement, das sich in jeder Hierarchie ausbildet, erwacht so in jedem einzelnen Angestellten und besiegt ihre Solidaritätsgefühle. Jeder hofft vor dem anderen hinaufzukommen und sich aus der halbproletarischen Lage emporzuarbeiten zu der Höhe kapitalistischen Einkommens. Je rascher die Entwicklung der Aktiengesellschaften, je größer ihr Umfang, desto größer auch die Zahl der Stellen, vor allem auch der einflußreichen und gut bezahlten (Hilferding 1910, S. 475).“

Bucharin legt dar, dass die Kolonialpolitik der Großmächte dem „staatskapitalistischen Trust“ riesige Einkünfte liefert. Dies sei der Grund dafür, weshalb die Bourgeoisie Kolonialpolitik betreibe. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, „den Arbeitslohn der Arbeiter auf Kosten der Ausbeutung der Eingeborenen der Kolonien und unterworfenen Völkern zu erhöhen (Bucharin 1915, S. 185).“

In seinem Artikel Sozialismus und Krieg spricht Lenin davon, dass die ökonomische Grundlage des Opportunismus und des Sozialchauvinismus ein und dieselbe ist. Es sind die Interessen einer kleinen Schicht von privilegierten Arbeitern und Kleinbürgern, die ihre Stellung, ihr Recht „auf Brocken vom Tische der Bourgeoisie verteidigen“, auf einen Teil des Profits die diese Bourgeoisie durch die Ausplünderung fremder Nationen erhält (Lenin 1915a, S. 311). In Karikatur auf den Marxismus heißt es bei Lenin sogar, dass:

[d]ie Arbeiter der unterdrückenden Nation […] bis zu einem gewissen Grade Teilhaber ihrer Bourgeoisie [sind] bei der Ausplünderung der Arbeiter (und der Masse der Bevölkerung) der unterdrückten Nation (Lenin 1916b, S. 48).“

In seiner Imperialismusschrift fasst Lenin sehr knapp die Ursachen und Wirkungen hinter dem Parasitismus auf:

Ursachen: 1. Ausbeutung der ganzen Welt durch das betreffende Land; 2. seine Monopolstellung auf dem Weltmarkt; 3. sein Kolonialmonopol. Wirkungen: 1. Verbürgerung eines Teils des englischen Proletariats; 2. ein Teil des Proletariats läßt sich von Leuten führen, die von der Bourgeoisie gekauft sind oder zumindest von ihr bezahlt werden (Lenin 1917, S. 289).“

In Lenins Imperialismusbegriff fließt demnach sowohl die Auswirkung des Imperialismus auf die nationale Bourgeoisie als auch auf die Arbeiterklasse mit ein.

Erwähnenswert ist, dass für vorhergegangene Schriften (wie Hobson, Luxemburg, Kautsky und Bucharin) das Thema des Militarismus von großer Bedeutung war und wie dieser im Zusammenhang mit der imperialistischen Ausdehnung steht. Lenin behandelt das Thema nicht im engeren Sinne, untersucht aber weitergefasst die Triebkräfte, die dazu führen, dass die Arbeiterklasse anfälliger für den Militarismus und Chauvinismus wird.

Zusammenfassung

Nachdem Lenin die Konzentration des Kapitals, die entstehenden Monopole und die Wechselwirkung dieses Prozesses mit den Banken sowie dem daraus wachsenden Finanzkapital analysierte und dieses sowohl in seiner nationalen als auch seiner internationalen Entwicklung untersuchte, mündet seine Arbeit in einer Auseinandersetzung mit den Klassenverhältnissen und dem subjektiven Faktor. Darin setzt sich Lenin deutlich von den bisherigen Arbeiten ab. Ein zentraler Fokus der anderen Autoren bestand in der Auseinandersetzung mit dem Militarismus. Lenin beschreibt hingegen, wie in den imperialistischen Ländern eine Schicht von Rentnern entsteht, die vom Kuponschneiden leben. Der Kapitalexport stärkt diese Schicht weiter. Lenin greift an dieser Stelle noch einmal die Entwicklung auf, die er in Auseinandersetzung mit dem Finanzkapital beschrieb, welche dazu führt, dass einige wenige Millionäre und Milliardäre die Geschicke der Welt lenken. Diese Entwicklung führt dazu, dass sich international ein Häuflein Wucherstaaten herausbildet und sich die große Mehrheit der Länder zu Schuldnerstaaten verwandeln. In Bezug auf die Arbeiterklasse deckt sich Lenins Beschreibung der Bestechung und der Entstehung einer Arbeiteraristokratie mit vorangegangenen Arbeiten. Lenins Imperialismus-Broschüre zeichnet sich dadurch aus, dass er die Auswirkungen auf den subjektiven Faktor darlegt. Lenin deckt im Unterschied zu den anderen Autoren auf, dass die Bestechung die materielle Grundlage für den Opportunismus und Sozialchauvinismus ist. Er deckt somit die materielle Grundlage hinter dem Phänomen des Militarismus auf, welche im Fokus anderer Arbeiten stand. Lenin spricht davon, wie eine besondere Schicht der Arbeiter in den unterdrückenden Nationen quasi Teilhaber ihrer nationalen Bourgeoisie werden. Bei Lenin finden wir auch eine prägnante Zuspitzung auf die Ursachen und Wirkungen in diesem Prozess. Er beschreibt drei Ursachen: (1) die Ausbeutung der ganzen Welt, (2) die Monopolstellung auf dem Weltmarkt einiger weniger Länder, (3) das Kolonialmonopol. Daraus folgt: (1) die Verbürgerung des Proletariats in den unterdrückenden Ländern und (2) die Tendenz einer opportunistischen Führung der Arbeiterbewegung. Lenins Analyse des Imperialismus läuft also auf die Auseinandersetzung mit den Kampfbedingungen der Arbeiterklasse in den imperialistischen Ländern hinaus.

2.5 Kritik des Imperialismus

Am Ende dieses Abschnitts soll es um ein besonders virulentes Thema gehen – den Ultraimperialismus. Dieser wird schnell und gern als Waffe genutzt, um gewisse Argumente zu diskreditieren. Häufig scheint jedoch unklar zu sein, was genau mit dem Begriff des Ultraimperialismus sowie mit der Kritik daran gemeint ist bzw. gemeint war.

Am Vorabend des Ersten Weltkriegs kommt es zu einem erbitterten Streit in der internationalen Arbeiterbewegung über den Charakter des Imperialismus. Im Zentrum steht die Frage, ob sich eine dauerhafte und stabile Zusammenarbeit imperialistischer Staaten herausbildet, oder ob ihre Gegensätze unversöhnlich bleiben.

Es lässt sich feststellen, dass Kautsky nicht die erste Person war, die in diese Richtung argumentierte. Bereits 1902 schrieb der englische liberale Imperialismuskritiker John A. Hobson über einen sogenannten „Inter-Imperialismus“. In Der Imperialismus beschäftigt sich Hobson im sechsten Kapitel (Die imperiale Föderation) mit der Entwicklung des britischen Kolonialismus und der Tendenz der Föderalisierung des britischen Kolonialreichs, durch welche es zu einer umfassenden Neuordnung der politischen Beziehungen Englands zu seinen Kolonien gekommen ist (Hobson 1902, S. 278f.). Die demokratische Bewegung sei „eng mit der Bildung eines Bundesstaates verknüpft“, erläutert Hobson. Daraufhin skizziert Hobson eine mögliche zukünftige Entwicklung der imperialistischen Staaten:

Gehen wir, wie wir müssen, davon aus, daß gute Ordnung und Zivilisation in der Welt nur gewährleistet sind bei zunehmender Anwendung des Föderativprinzips in der internationalen Politik, dann wird es uns nur natürlich erscheinen, daß sich zunächst einmal Staaten zusammenschließen, welche durch Gemeinsamkeit von Blut, Sprache und Einrichtungen eng miteinander verwandt sind, und daß eine Phase des föderierten Briten- oder Angelsachsentums, Pangermanismus, Panslawismus und Panlatinismus der schon erreichten Phase folgt. Vielleicht steckt eine Spur von übertriebener Logik in einer solchen Abfolge der Ereignisse, doch in einer umfassenden, allgemeinen Geschichtsperspektive erscheint sie plausibel und wünschenswert genug. Die Christenheit, auf diese Art in wenigen großen Föderativreichen organisiert, jedes mit einer Gefolgschaft von unzivilisierten, abhängigen Gebieten – das erschiene für viele als legitimste Weiterbildung der gegenwärtigen Tendenz und als beste Sicherheit für einen dauerhaften Frieden auf der festen Grundlage des Inter-Imperialismus. Lassen wir die äußersten Konsequenzen der Konzeption als zu fern liegend für eine fruchtbare Diskussion in der Gegenwart beiseite und beschränken wir unsere Aufmerksamkeit auf einen britischen imperialen Staatenbund, dann werden wir leicht darin überein-stimmen, daß eine freiwillige Föderation freier britischer Staaten, die friedlich für die gemeinsame Sicherheit und Prosperität zusammenwirken, an sich höchst wünschenswert ist und wirklich eine Vorstufe für eine künftige größere Föderation zivilisierter Staaten sein könnte (ebd., S. 280f.).“

Hobson spricht hier, wenn auch vielleicht mit einer gewissen Zurückhaltung, davon, dass in der Föderalisierung eine allgemeine Tendenz in der Weltpolitik liege. Eine Föderation freier britischer Staaten (d.h. Kolonien) könnte seiner Ansicht nach die Vorstufe für eine Föderation auf einer höheren Stufe sein – einen Inter-Imperialismus. Dieser würde einen dauerhaften Frieden sichern. Dieser Gedankengang wird aber schnell mit der Begründung abgebrochen, dass er zu fern in der Zukunft liege, um eine fruchtbare Diskussion in der Gegenwart zu ermöglichen.

Lenin stellt fest, dass Kautsky mit dem Begriff des Ultraimperialismus im Wesentlichen das beschreibt, was Hobson bereits 13 Jahre zuvor als Inter-Imperialismus bezeichnet hatte (Lenin 1917, S. 299).

Ähnliche Überlegungen finden sich in Hilferdings Finanzkapital. Dort ist an mehreren Stellen die Rede von einem sogenannten „Generalkartell“, das gedanklich aus der Tendenz der fortschreitenden Monopolisierung entwickelt wird:

Und diese Frage muß dahin beantwortet werden, daß es eine absolute Grenze für die Kartellierung nicht gibt. Vielmehr ist eine Tendenz zu stetiger Ausbreitung der Kartellierung vorhanden. Die unabhängigen Industrien geraten, wie wir gesehen haben, immer mehr in Abhängigkeit von kartellierten, um schließlich von ihnen annektiert zu werden. Als Resultat des Prozesses ergäbe sich dann ein Generalkartell. Die ganze kapitalistische Produktion wird bewußt geregelt von einer Instanz, die das Ausmaß der Produktion in allen ihren Sphären bestimmt. Dann wird die Preisfestsetzung rein nominell und bedeutet nur mehr die Verteilung des Gesamtprodukts auf die Kartellmagnaten einerseits, auf die Masse aller anderen Gesellschaftsmitglieder anderseits (Hilferding 1910, S. 349).“

Eine Seite später spricht Hilferding davon, wie die Tendenz zur Herstellung eines Generalkartells mit der Tendenz der Bildung einer Zentralbank zusammentreffen und aus ihrer Vereinigung die gewaltige Konzentrationsmacht des Finanzkapitals erwächst (ebd., S. 350). Hilferding räumt schließlich aber ein, dass ein solches Generalkartell zwar ökonomisch denkbar, aber sozial und politisch unmöglich sei:

Wer diese Kontrolle ausübt und wem die Produktion gehört, ist eine Frage der Macht. An sich wäre ein Generalkartell ökonomisch denkbar, das die Gesamtproduktion leitete und damit die Krisen beseitigte, wenn auch ein solcher Zustand sozial und politisch eine Unmöglichkeit ist, da er an dem Interessengegensatz, den er auf die äußerste Spitze treiben würde, zugrunde gehen müßte. Aber von den einzelnen Kartellen eine Aufhebung der Krisen erwarten, zeugt nur von der Einsichtslosigkeit in die Ursache der Krisen und den Zusammenhang des kapitalistischen Systems (ebd., S. 440).“

Kautsky führt aus, dass die Unterjochung fremder Gebiete und Völker nur durch den Sozialismus beendet werden kann. Unmittelbar danach stellt er die Frage, ob die durch das Streben nach Besatzung ausgelösten Gegensätze zwischen den kapitalistischen Industriestaaten, die zu einem Wettrüsten führen, überhaupt anders als durch den Sozialismus überwunden werden können (Kautsky 1914, S. 11f.). Er Antwortet sogleich:

Eine ökonomische Notwendigkeit für eine Fortsetzung des Wettrüstens nach dem Weltkrieg liegt nicht vor, auch nicht vom Standpunkt der Kapitalistenklasse selbst, sondern höchstens vom Standpunkt einiger Rüstungsinteressenten.

Umgekehrt wird gerade die kapitalistische Wirtschaft durch die Gegensätze ihrer Staaten aufs äußerste bedroht. Jeder weitersehende Kapitalist muß heute seinen Genossen zurufen: Kapitalisten aller Länder, vereinigt euch (ebd., S. 12)!“

Kautsky überträgt anschließend die Tendenz zur Kartellbildung, die sich aus der Konkurrenz ergibt, auf die imperialistischen Großmächte. Er argumentiert, dass ein Zusammenschluss der stärksten Mächte nach dem Weltkrieg dem Wettrüsten ein Ende setzen könnte:

Vom rein ökonomischen Standpunkt ist es also nicht ausgeschlossen, daß der Kapitalismus noch eine neue Phase erlebt, die Übertragung der Kartellpolitik auf die äußere Politik, eine Phase des Ultraimperialismus, den wir natürlich ebenso energisch bekämpfen müßten wie den Imperialismus, dessen Gefahren aber in anderer Richtung lägen, nicht in der des Wettrüstens und der Gefährdung des Weltfriedens (ebd., S. 13).“

In Nationalstaat, imperialistischer Staat und Staatenbund verpackt Kautsky seine Idee eines „Ultraimperialismus“ in eine Kritik an einer mechanischen Vorstellung über die Geschichte. So müsse man aufpassen, wenn „man mit dem Begriff der ökonomischen Notwendigkeit operiert“, dass der ökonomische Prozess nicht als ein starrer Mechanismus aufgefasst werde. Denn die Gesellschaft stelle kein Mechanismus dar, „sondern ein Organismus“, wodurch die „Begriffe der Elastizität und Anpassungsfähigkeit gegeben“ sind. Der gesellschaftliche Gesamtprozess entsteht aus dem Zusammenspiel zahlloser Einzelwillen, die sich teils gegenseitig verstärken, wenn sie in dieselbe Richtung wirken, oder einander hemmen. Kautsky betont, dass große Mengen regelmäßig wiederkehrender Prozesse sich mit einer Art Naturnotwendigkeit durchsetzen. Daraus folgert Kautsky:

Auf Grund solcher Erkenntnisse können wir voraussehen, wie große Massen unter bestimmten Umständen wirken werden. Diese Voraussicht setzt jedoch voraus, daß wir alle unter jenen Umständen wirksamen Faktoren genau kennen. Haben sich einige von ihnen geändert, ohne daß wir es wußten, oder haben wir ihre Aenderung falsch eingeschätzt, dann wird die Masse anders handeln, als wir vorausgesehen.

Zu den Faktoren, die sich am schwersten berechnen lassen, gehören die Machtverhältnisse der einzelnen Klassen (Kautsky 1915, S. 17f.).“

Kautsky bezieht sich auf Marx und hebt hervor, dass dieser zeigt, wie die ökonomischen Verhältnisse zwischen Menschen durch die Elastizität und Anpassungsfähigkeit der Produktionsweise geprägt sind – im Gegensatz zur bürgerlichen Ökonomie, die „jeden Eingriff in den Produktionsprozess für die schlimmste Gefährdung der Gesellschaft erklärte“. Marx hingegen zeige, so Kautsky, wie durch Eingriffe einer regelnden Macht (wie der Staatsgewalt, oder Gewerkschaften), „der Produktionsprozeß nicht nur geschädigt, sondern vielmehr auf eine höhere Stufe gehoben wird.“ Dies führt die Argumentation in die Gegenwart, in der Kautsky die Monopolisierung in den Vordergrund rückt:

Seitdem hat sich die Elastizität und Anpassungsfähigkeit der Produktion nicht vermindert, sondern erheblich gesteigert, wie der jetzige Weltkrieg deutlich beweist. […] Andererseits der Zentralisation der Betriebe, ihre Organisierung in Kartellen und Trusts, der Zunahme ihrer Beherrschung durch einige wenige Großbanken und der wachsenden ökonomischen Bedeutung der Staatsgewalt. An Stelle zahlloser Einzelwillen, die in einer neuen, unerhörten Situation schwer rasch zu einem einheitlichen Gesamtwillen zu vereinigen sind, treten einige wenige Machthaber, die alle in gleicher Weise interessiert und gewöhnt sind, sich mit einander zu verständen. Ihnen gelingt es leichter, den Gesamtprozeß in eine neue Richtung zu lenken (ebd., S. 20).“

Schließlich geht Kautsky in seiner Argumentation so weit, die Notwendigkeit des Imperialismus vollständig infrage zu stellen, und stützt sich dabei auf die Elastizität und Anpassungsfähigkeit der ökonomischen Verhältnisse:

Betrachtet man diese heute bereits weitgehende Elastizität und Anpassungsfähigkeit des Kapitalismus, dann wird man nicht mehr ohne weiteres aus der Tatsache, daß der Imperialismus seine starken ökonomischen Triefkräfte im Kapitalismus findet, einfach schließen, er sei unvermeidlich, so lange die kapitalistische Produktionsweise bestehe, und es sei ein Unsinn, ihm innerhalb dieser Produktionsweise widerstehen zu wollen (ebd., S. 21).“

Bucharin setzt an diesem Argumentationsgang an, um seine Kritik an Kautsky zu entwickeln, „die äußerlich dem Fatalismus entgegengesetzt ist.“ Bucharin stimmt Kautsky in dem Punkt zu, dass „das weitere Bestehen des Imperialismus von dem gesellschaftlichen Kräfteverhältnis abhängt“ und rekapituliert anschließend Kautskys zentralen Gedankengang, dass der „Imperialismus […] eine bestimmte Methode der kapitalistischen Politik“ sei und diese auch „ohne gewalttätige Mittel […] denkbar“ ist, weshalb der „bürgerlich-gewaltsamen Tendenz des Imperialismus die friedliche Tendenz des Proletariats entgegengestellt“ werden müsse. Diese Frage kann nach Kautsky, wie Bucharin weiter zusammenfasst, im Rahmen des Kapitalismus gelöst werden. Dadurch mag diese Theorie auf den ersten Blick radikal erscheinen, „in Wirklichkeit ist sie eine durch und durch reformistische Theorie“. Die ökonomische Grundlage für den Ultraimperialismus nach Kautsky liefert die Zunahme der internationalen Verflechtung und die Tendenz der Aufhebung der Konkurrenz von verschiedenen nationalen Gruppen. Diese Tendenz könne durch den Druck der Arbeiterklasse verstärkt werden und es trete für Kautsky an die „Stelle des raubgierigen Imperialismus der sanfte Ultraimperialismus“, wie Bucharin weiter zusammenfasst (Bucharin 1915, S. 149ff.). Bucharin macht Kautsky ein gewisses Zugeständnis und greift zustimmend einen Aspekt von Hilferding auf, der wie gezeigt wurde davon sprach, dass eine Generalkartell ökonomisch denkbar, aber politisch und sozial unmöglich sei:

In der Tat ist der Imperialismus ja nichts anderes als die Erscheinungsform der Konkurrenz unter den staatskapitalistischen Trusts. Verschwindet diese Konkurrenz, dann verschwindet auch die Grundlage der imperialistischen Politik. Es erfolgt ein Prozeß der Verwandlung des in nationale Gruppen zersplitterten Kapitals in eine einheitliche Weltorganisation, in einen allgemeinen Welttrust, dem das Weltproletariat gegenübersteht.

Erörtert man die Sache abstrakt theoretisch, so ist ein solcher Trust durchaus denkbar, da im allgemeinen keine Schranke für den Prozeß der Kartellierung besteht (ebd., S. 151).“

Und sogleich korrigiert Bucharin seine Aussage:

Aber diese abstrakte ökonomische Möglichkeit ist noch keineswegs eine reale Wahrscheinlichkeit. Der gleiche Hilferding schreibt an einer anderen Stelle mit vollem Recht:

An sich wäre ein Generalkartell ökonomisch denkbar, das die Gesamtproduktion leitete und damit die Krisen beseitigte, wenn a u c h ein solcher Zustand sozial und politisch eine Unmöglichkeit ist, da er. an dem Interessengegensatz, den er auf die äußerste Spitze treiben würde, zugrunde gehen müßte (ebd., S. 152).“

Bucharin fährt fort mit einer Analyse der Bedingungen, die für eine dauerhafte Vereinigung von staatskapitalistischen Trusts erforderlich sind. Eine erste Bedingung sei „die rein wirtschaftliche Gleichheit“, da für den Abschluss einer Vereinbarung „die Gleichheit der wirtschaftlichen Struktur“ entscheidend sei. Wenn jedoch die Produktionskosten unterschiedlich ausfallen, wäre es für den staatskapitalistischen Trust „mit einer höheren Technik“ nicht vorteilhaft, eine solche Vereinbarung einzugehen. Zusätzlich sei eine „wirtschaftspolitische Gleichheit eine notwendige Voraussetzung für die Bildung dauernder Vereinbarungen“. Ein starker Staat ermöglicht vorteilhafte Bedingungen und hilft dem Finanzkapital bei der Monopolisierung von Absatz- und Rohstoffmärkten sowie der Kapitalanlagen. Aus diesem Grund geht es bei der Einschätzung des Kampfes auf dem Weltmarkt nicht nur um rein wirtschaftliche, sondern auch um wirtschaftspolitische Bedingungen, weshalb es „für den stärkeren staatskapitalistischen Trust sogar vorteilhaft [ist], den Kampf fortzusetzten“ und demnach keine Vereinbarung oder Fusion einzugehen, z.B. wenn die wirtschaftliche Struktur zur gleich, „die militärischen Machtmittel aber bedeutend verschieden sind“ (ebd., S. 152f.).

Schließlich kommt Bucharin auf den ökonomischen Prozess der Internationalisierung zu sprechen:

Einen gewaltigen Anstoß zur Bildung eines internationalen staatskapitalistischen Trusts gibt der Prozeß der Internationalisierung der kapitalistischen Interessen, den wir im ersten Abschnitt dieser Arbeit beschrieben haben (Beteiligung an auswärtigen Unternehmungen und ihre Finanzierung, internationale Kartelle, Trusts usw.). Aber wie bedeutend dieser Prozeß auch an und für sich sein mag, so steht ihm doch die andere, noch stärkere Tendenz zur Nationalisierung des Kapitals, zu seiner Einschließung in die staatlichen Grenzen entgegen. […] Keinesfalls darf die Bedeutung der bereits vorhandenen internationalen Industrieabkommen überschätzt werden. Wir haben bereits festgestellt, daß viele von diesen Abkommen einen äußerst vorübergehenden Charakter haben und Unternehmerorganisationen von einem verhältnismäßig niedrigen Typus mit einer verhältnismäßig geringen Zentralisation darstellen, und endlich oft nur sehr spezielle Produktionszweige umfassen (das Flaschensyndikat) (ebd., S. 154f.).“

Bucharin schließt seine Kritik am Ultraimperialismus mit der Feststellung ab, dass die Epoche des „Ultraimperialismus“ zwar im Rahmen des Zentralisierungsprozesses denkbar wäre – ein Prozess, in dem die „staatskapitalistischen Trusts […] einander Stück um Stück auffressen, bis die Macht, die alle besiegt hat, die Herrschaft anträte“. Dies sei jedoch nur unter der Annahme möglich, dass der gesamte Prozess mechanistisch betrachtet wird und die Kräfte, die der imperialistischen Politik entgegentreten, unberücksichtigt bleiben:

In Wirklichkeit muß eine Reihe von Kriegen, die in immer gewaltigeren Ausmaßen folgen, unvermeidlich eine Verschiebung der sozialen Kräfte hervorrufen. Der Zentralisierungsprozeß in seiner kapitalistischen Form stößt hier unvermeidlich auf die ihm gegenüber antagonistische sozial-politische Tendenz. Er kann seinen logischen Schlußpunkt nicht erreichen; er bricht zusammen und wird erst in einer gereinigten, neuen, nicht kapitalistischen Form vollendet. Die Theorie Kautskys ist somit keineswegs realistisch (ebd., S. 159).“

Demnach ist sowohl für Hilferding als auch für Bucharin die Rolle des Subjekts der entscheidende Punkt, der der Tendenz zum Ultraimperialismus entgegenwirkt. Lenin schließt sich dieser Kritik an. In seinem Vorwort zu Bucharins Imperialismus und Weltwirtschaft schreibt Lenin z.B.:

Abstrakt-theoretisch gesprochen kann man zu dem Schluß kommen, zu dem denn auch Kautsky […] in der Tat gelangt ist: daß es nämlich bereits nicht mehr allzuweit sei bis zum Zusammenschluß dieser Kapitalmagnaten in einem einzigen Welttrust, der die Konkurrenz und den Kampf der staatlich getrennten Finanzkapitale durch ein international zusammengeschlossenes Finanzkapital ersetzen werde. Diese Schlußfolgerung ist aber ganz genau so abstrakt, simplifiziert und falsch, wie es die ähnlichen Gedankengänge unserer „Struvisten“ und „Ökonomisten“ in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts waren […] (Lenin 1915b, S. 103).“

Lenin stimmt zu, dass „eine neue Phase nach dem Imperialismus abstrakt „denkbar“ ist“, was allerdings in der Praxis bedeutet, ein Opportunist zu sein, „der die brennenden Aufgaben der Gegenwart von sich weist im Namen der Phantasie über künftige, nicht brennende Aufgaben“. In der Theorie läuft dies darauf hinaus, dass man „sich nicht auf die in der Wirklichkeit vor sich gehende Entwicklung stützt“ und sich von ihr abwendet. Schließlich formuliert Lenin in seinem Vorwort:

Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Entwicklung in der Richtung auf einen einzigen, alle Unternehmungen und alle Staaten ausnahmslos umfassenden Welt-Trust verläuft. Doch tut sie dies unter solchen Umständen, in einem solchen Tempo, unter solchen Widersprüchen, Konflikten und Erschütterungen – beileibe nicht nur ökonomischer, sondern auch politischer, nationaler Natur usw. usw. – daß unbedingt, noch ehe es zu einem einzigen Welttrust, zu einer „ultraimperialistischen“ Weltvereinigung der nationalen Finanzkapitale kommt, der Imperialismus unvermeidlich zusammenbrechen, der Kapitalismus sich in sein Gegenteil verwandeln wird (ebd., S. 106).“

In seiner Imperialismus-Broschüre schreibt Lenin davon, dass „Interimperialistische“ oder „ultraimperialistische“ Bündnisse“ eine kapitalistische Wirklichkeit sind und notwendigerweise nur „Atempausen zwischen Kriegen“. Friedliche Bündnisse bereiten Krieg vor, wachsen aus ihnen und:

erzeugen einen Wechsel der Formen friedlichen und nicht friedlichen Kampfes auf ein und demselben Boden imperialistischer Zusammenhänge und Wechselbeziehungen der Weltwirtschaft und der Weltpolitik (Lenin 1917, S. 301).“

Zusammenfassung

Wir sahen in diesem Kapitel, dass die Diskussion rund um den Ultraimperialismus mit Hobson und seiner Vorstellung eines Inter-Imperialismus begann. Hilferding setzte sich mit der Frage nach der Möglichkeit eines Generalkartells auseinander. Diese Idee wurde von Kautsky aufgriffen und politisch verpackt in der Annahme, dass ein solches Kartell, also ein internationaler Zusammenschluss, die Kriegspolitik beenden würde. Auch Bucharin setzte sich mit der Tendenz einer zunehmenden Internationalisierung des Kapitals auseinander und der Tendenz in Richtung eines Welttrust. Sowohl Hilferding als auch Bucharin sind sich einig darin, dass ein Generalkartell zwar abstrakt vorstellbar, aber wirtschafts- und machtpolitisch unmöglich zu realisieren ist. Die antagonistischen sozial-politischen Tendenzen überwiegen die Entwicklungstendenz hin zu einem Generalkartell. Lenin schließt sich der Kritik von Hilferding und Bucharin an, ohne ihrer Grundaussage etwas Wesentliches hinzuzufügen. Bezugnehmend auf Bucharin schreibt er ebenfalls, dass kein Zweifel daran bestehe, dass die Tendenz auf einen einzigen weltumfassenden Welt-Trust hinauslaufe. Allerdings betont er, dass diese Entwicklung politisch und national derart widersprüchlich sei, dass ihre Realisierung undenkbar bleibe und es unvermeidlich zum Zusammenbruch des Imperialismus kommen werde, bevor ein Welt-Trust entstehen könne. Lenin charakterisiert an dieser Stelle den Opportunismus als die Tendenz, die dringenden Aufgaben der Gegenwart zu vernachlässigen, und bezieht dies auf die abstrakte Vorstellung des Ultraimperialismus. Das ist insofern interessant, als dass Lenin im vorhergingen Kapitel die ökonomische Grundlage des Opportunismus analysierte und wie dieser in der Arbeiterbewegung, innerhalb der unterdrückenden Nationen, einsickert. Lenin nimmt in den letzten Kapiteln seiner Arbeit immer mehr den subjektiven Faktor in den Blick. Auch im letzten Kapitel (Der Platz des Imperialismus in der Geschichte) wird dies deutlich, wenn er den Imperialismus als Übergang zu einer höheren Gesellschaftsformation charakterisiert. Lenins Analyse verläuft also über eine Untersuchung des Entwicklungsprozesses und einer Begriffsbildung des Monopolkapitalismus, zu der subjektiven Seite, also den Aspekt des Übergangs. Dadurch erlangt seine Analyse einen konkreten politischen Wert, dessen Richtigkeit mit der Oktoberrevolution historisch bewiesen wurde.

3. Stellenwert Lenins Imperialismus-Broschüre und die Aufgabe der Begriffsentwicklung

In der Einleitung wurde die These aufgestellt, dass es sich bei der Imperialismus-Broschüre um eine Begriffsentwicklung und -bestimmung des Imperialismus handelt und dass darin das Alleinstellungsmerkmal von Lenins Analyse liegt.

Gleich zu Beginn des Textes wurden die Unterschiede der Imperialismus-Definitionen herausgearbeitet. Lenins Broschüre ist der einzige Text, der den Imperialismus nicht auf die eine oder andere Weise als eine spezifische Form der Politik definiert. Lenins fünf Kriterien deuten auf eine Entwicklung hin, die sich auch durch seine gesamte Schrift zieht. In jedem Kapitel werden Begriffe wie Konzentration, Monopol und die Rolle der Banken entwickelt, die wiederum in einem Verhältnis zueinanderstehen. Dies ermöglicht es Lenin, anhand seiner Definition die verschiedenen Seiten des Imperialismus zu berücksichtigen – sowohl die ökonomischen als auch die politischen Prozesse.

Lenin charakterisiert den Imperialismus als das letzte Stadium des Kapitalismus, da er erkannte, dass sich die politischen und nationalen Widersprüche immer weiter zuspitzen und der Imperialismus an seinen eigenen inneren Widersprüchen zerbrechen wird, um schließlich in eine höhere Gesellschaftsformation überzugehen. Dass es Lenin um diese Entwicklung ging, zeigt sich auch in seinen Kritiken an anderen Schriften, die die Bedingungen hinter einem Phänomen (wie dem Finanzkapital) vernachlässigten, beispielsweise in seiner Kritik an Hilferding.

Der begriffsentwickelnde Charakter der Broschüre Lenins zeigte sich durch die Textvergleiche. Im ersten Kapitel zur Konzentration von Industrie und Bank konnte gezeigt werden, dass sich z.B. Jeidels und Hilferding sehr genau mit den unterschiedlichen Formen der Industriemonopole beschäftigten. In Bucharins und Lenins Untersuchungen wurde diese Unterscheidung der Formen immer irrelevanter. Lenin sprach hauptsächlich von Monopolverbänden und konzentrierte sich auf die Mittel zum Zwang zur Unterwerfung usw.

Lenin ergänzt den Begriff der Konzentration in der Industrie und die Entstehung von Industriemonopolen um den Begriff der Konzentration im Bankwesen und der Bankmonopole. Dabei zeigen sich argumentativ Überschneidungen zwischen Lenin und Autoren wie Jeidels und Hilferding. Dennoch treten auch hier die unterschiedlichen Analyseebenen der jeweiligen Texte deutlich hervor.

Jeidels und Hilferding beschrieben den Konzentrationsprozess der Banken sehr detailliert, wobei Lenin eine starke Parallele zu Jeidels aufweist – insbesondere in der Darstellung des Verschmelzungsprozesses von Industrie- und Bankkapital. Zentral ist dabei die Beherrschung großer Kapitalmengen durch die Banken sowie die Entstehung von Bankmonopolen. In Lenins Ausführungen zeigt sich bereits ein Übergang vom Begriff der Bankkonzentration und der Bankmonopole hin zum umfassenderen Begriff des Finanzkapitals.

Auch bei der Charakterisierung des Verschmelzungsprozesses von Industrie und Banken setzt sich Lenin nicht auf einer konkret-empirischen Ebene mit den einzelnen Vorgängen innerhalb der Banken und der Industrie auseinander. Stattdessen rücken für ihn die wesentlichen Zusammenhänge in den Vordergrund: die Personalunion und die Abhängigkeit des Industriekapitals vom Bankkapital. Lenin beschreibt die Verschmelzung als einen Prozess, der aus der Konzentration von Industrie- und Bankkapital hervorgeht. Großbetriebe und Großbanken bilden dabei die Grundlage dieses Prozesses. Ein entscheidendes Instrument in diesem Zusammenhang sind der Bankkredit und die Aufsichtsräte. Durch die Argumentationen von Jeidels, Hilferding und Lenin zieht sich als zentrales Element die Herrschaft der Banken innerhalb dieses Prozesses.

Der Konzentrationsprozess bildet in Lenins Begriff des Finanzkapitals den Ausgangspunkt. Dies wird auch durch seine Kritik an Hilferding deutlich, in der er auf die Unvollständigkeit von Hilferdings Analyse hinweist, insbesondere aufgrund des fehlenden Fokus auf den Konzentrationsprozess, der letztlich zum Monopol führt. Lenins Argumentation betont an dieser Stelle erneut einen Entwicklungsprozess – eine Entwicklung, die sich auf die Weltwirtschaft bezieht und nicht nur auf ein einzelnes Land. Die Konzentration der Industrie führt zur Konzentration des Bankwesens und schließlich zur Verschmelzung beider Bereiche. Diese Verschmelzung, die nicht mit dem Begriff des Bankkapitals gleichgesetzt werden kann, entwickelt sich zu einem internationalen Herrschaftsverhältnis des Finanzkapitals, in dem einige wenige Länder die Welt dominieren. Lenin spricht in diesem Zusammenhang sogar von der „Kolonialpolitik des Finanzkapitals“. Der Entwicklungsprozess läuft bei Lenin stets auf das Monopol hinaus, wodurch der Begriff des Monopols mit dem des Finanzkapitals untrennbar verbunden wird.

Ausgehend vom Begriff des Finanzkapitals und der Finanzoligarchie gelangt Lenin zum Konzept des Kapitalexports. Entscheidend ist hierbei dessen Rolle bei der Schaffung eines internationalen Netzes von Abhängigkeiten und die zentrale Position, die das Finanzkapital in diesem System einnimmt (Lenin 1917, S. 244). Im Kapitel zum Kapitalexport wird unter anderem darauf hingewiesen, dass Hilferding eine gewisse Arbeitsteilung zwischen den Großmächten beschreibt, insbesondere im Hinblick auf die unterschiedlichen Formen des Finanzkapitals. Lenin verweist auf verschiedene Typen von Großmächten, darunter den „englischen Kolonialimperialismus“ und den französischen „Wucherimperialismus“. Zudem führt er in seinen Heften zum Imperialismus eine Kategorisierung der unterdrückenden Nationen ein, die er als die „Handvoll Räuber“ bezeichnet. In dieser Analyse beschreibt er lediglich drei Länder als vollständig selbstständig, was auf eine Einteilung der imperialistischen Staaten hindeutet.

Nach den Ausführungen über den Begriff des Kapitalexports wurde auf die Aufteilung der Welt unter den Kapitalverbänden und Großmächten eingegangen. In diesen Ausführungen wurde das internationale Herrschaftsverhältnis des Finanzkapitals sehr plastisch. Lenin spricht von einer ökonomischen „Annexion“ und beschreibt damit einen Prozess, bei dem politisch unabhängige Länder in ein Herrschaftsverhältnis eingebunden werden. Immer wieder betont er, dass das Finanzkapital in der Lage ist, auch in formal unabhängigen Ländern seine Herrschaft auszuüben. Dabei weist er darauf hin, dass die Forderung nach Selbstbestimmung sinnlos bleibt, wenn sie das Wirken des Finanzkapitals außer Acht lässt. Lenin spricht auch immer wieder von einer Kolonialpolitik des Finanzkapitals (um bei seiner Ausdrucksweise zu bleiben) und unterscheidet diese von der klassischen Kolonialpolitik. In diesem Punkt zeigt sich auch ein deutlicher Unterschied zwischen Lenin und den restlichen Arbeiten. Hobson und Hilferding setzten sich mit den verschiedenen Formen der Kolonien sowie ihrer Bedeutung auseinander. Für Luxemburg und Kautsky ist das Thema Akkumulation im Kontext der Kolonien bedeutend. Bucharin geht es vor allem um die Konkurrenz der „staatskapitalistischen Trust“ (die auch für Lenins Argumentation relevant ist). Lenins Argumentation in der Imperialismus-Broschüre hat einen eindeutigen Fluchtpunkt: aus dem Kapitalexport entwickelt sich die „Kolonialpolitik des Finanzkapitals“, die die Weltherrschaft einiger weniger Staaten beschreibt, in einem allgemeinen System der Abhängigkeiten. Lenin geht mit seiner Auseinandersetzung über den Kapitalexport dazu über die Herrschaft des Finanzkapitals auf der Ebene der Weltwirtschaft zu analysieren und arbeitet die gleichen Mechanismen wie bereits in seiner Analyse über den nationalen Rahmen heraus – die Entwicklung hin zur Unterordnung und Beherrschung der (Mehrzahl aller) Länder durch das Finanzkapital.

Lenins begriffliche Entwicklung mündet in einer Auseinandersetzung mit dem subjektiven Faktor. Zuerst analysiert er die ökonomische Grundlage des Opportunismus, den kolonialen Extraprofit, welcher die Bestechung der Arbeiterklasse in den unterdrückenden Nationen ermöglicht. Anschließend erfolgt eine Kritik an der Theorie des Ultraimperialismus, als einer verbreiteten opportunistischen Auffassung. Letztlich endet Lenin mit der Charakterisierung des historischen Platz des Imperialismus als dem „Übergang von der kapitalistischen zu einer höheren ökonomischen Gesellschaftsform“. Dabei geht es Lenin um die wachsenden politischen und nationalen Widersprüche und der Verschärfung des Klassenkampfes, die letztendlich in einer höheren Gesellschaftsformation (dem Kommunismus) münden. Im Zuge dessen spricht Lenin von vier Hauptarten der Monopole bzw. Haupterscheinungsformen des Monopolkapitalismus, die für die untersuchte Epoche charakteristisch sind:

  1. Das Monopol, das aus der Konzentration erwachsen sind, also die „Monopolverbände der Kapitalisten, die Kartelle, Syndikate und Trusts“;
  2. Haben diese Monopole zur „Besitzergreifung der wichtigsten Rohstoffquellen geführt“, was die „Macht des Großkapitals ungeheuer gesteigert hat“;
  3. Das Monopol, dass aus den Banken erwachsen ist, welches die „bescheidenen Vermittlungsunternehmungen zu Monopolisten des Finanzkapitals gewandelt“ hat;
  4. Das Monopol das aus der Kolonialpolitik erwachsen ist. Neben den alten Motiven der Kolonialpolitik „fügt das Finanzkapital noch den Kampf um Rohstoffquellen hinzu, um Kapitalexport, um „Einflußsphären“ (Lenin 1917, S. 304f.).

Lenin gelingt es mit seiner Untersuchung, das Wesen des Imperialismus aufzudecken, indem er die gesetzmäßige Konzentration beschreibt, die zum Finanzkapital führt, und dieses mit seiner Erscheinung vermittelt – das Verhältnis zwischen beiden aufzudecken. Seine Analyse verläuft von allgemeinen Bestimmungen zu den konkreten Erscheinungsformen, wie der Konkurrenz der ‚Staatsmonopole‘, aber auch zu den veränderten Kampfbedingungen der Arbeiterklasse durch die entstehende Arbeiteraristokratie. So führt seine Analyse zu einem konkret-allgemeinen Begriff des Imperialismus.

Lenin konnte seine Verallgemeinerungen nur deshalb vornehmen, weil er sich intensiv mit dem Forschungsstand seiner Zeit auseinandersetzte. Er war mit der Wissenschaft seiner Epoche bestens vertraut, was ihm erst die Möglichkeit gab, die unterschiedlichsten Texte kritisch zu bewerten. Sein Ziel war jedoch keine bloß empirische Auseinandersetzung mit dem Imperialismus. Vielmehr richtete er seinen Blick bei seinen Verallgemeinerungen stets auf das Subjekt bzw. den subjektiven Faktor. Dies zeigt sich nicht nur in der Art und Weise, wie Lenin das Herrschaftssystem des Finanzkapitals beschreibt, sondern auch in seiner Analyse der gesellschaftlichen Folgen, die für seinen Imperialismusbegriff zentral sind – insbesondere unter den Begriffen „Parasitismus“ und „Fäulnis“.

Die Leistung von Lenins Imperialismus-Broschüre besteht demnach in seiner profunden Beschäftigung mit den Debatten seiner Zeit, die ihm die Begriffsentwicklung in seiner Arbeit ermöglichte. Das hier präsentierte Material von Lenin (was definitiv ausgeweitet werden könnte), zeigt, dass Lenin diese begriffliche Arbeit ermöglichte, die Aufgaben der Arbeiterklasse zu bestimmen. Dies könnte z.B. anhand Lenins Veröffentlichungen über die nationale Frage und die programmatische Diskussion innerhalb der SDAPR aufgezeigt werden. Der Begriff vom Imperialismus war die Voraussetzung dafür, politisch adäquate Losungen zu formulieren. Die Zwangsläufigkeit dieses Zusammenhangs hat spätestens die Oktoberrevolution der Welt praktisch unter Beweis gestellt.

Um an Lenin anknüpfen zu können, ist es von großer Bedeutung, den Verlauf der Imperialismusdebatte zu verstehen, wie auch die Entwicklung der internationalen Verhältnisse selbst. Im ersten Kapitel wurde knapp ausgeführt, dass die Definition eines Begriffs (demnach auch die des Imperialismus) nichts Abgeschlossenes darstellt. Vielmehr verändern sich Begriffe stets. Dies ermöglicht eine genauere Widerspiegelung des Untersuchungsgegenstandes. Die Begriffsentwicklung ist dabei vor allem von der Entwicklung des Widerspiegelungsobjekts selbst bedingt.

Bereits der Ausgang und die Folgen des Zweiten Weltkriegs brachten tiefgreifende internationale Veränderungen mit sich. Dies zeigt sich auch in den Studien über den Imperialismus in den sozialistischen Ländern, auf die gesondert eingegangen werden muss. Zu jener Zeit rechnete wahrscheinlich niemand damit, dass der Sozialismus (sobald er erreicht ist) auch wieder scheitern oder besiegt werden könnte. Die Konterrevolution stellt eine der größten Zäsuren der Geschichte dar und stellt eine schwere Niederlage für die Arbeiterklasse dar. Auch die Auswirkungen dieser Entwicklung auf den Imperialismus und sein Weltsystem müssen berücksichtigt und untersucht werden – was bereits vielfach in der kommunistischen Bewegung geschehen ist.

Lenins Charakterisierung des Finanzkapitals liefert bereits wichtige Hinweise darauf, dass eine tiefgehende Auseinandersetzung mit dem Thema Neokolonialismus von großer Bedeutung ist. Ein genaues Verständnis der von ihm beschriebenen Argumente und Prozesse ist entscheidend, um die heutige Herrschaft des Finanzkapitals besser zu begreifen.

All dies kann nicht die Arbeit eines Einzelnen sein, sondern nur das Ergebnis einer kollektiven Anstrengung. Diese Anstrengung ist notwendig, damit wir als kommunistische Bewegung wieder einen Begriff vom Imperialismus unserer Zeit entwickeln, der sich strategisch in unseren Kampforientierungen niederschlägt. Wenn wir diese Anstrengung ernst nehmen, dann beseitigen wir auch die religiösen Dogmen, die im Umgang mit unseren Klassikern existieren, und können an ihrer Arbeit anknüpfen, anstatt sie zu fetischisieren.

Schlussbemerkung

Dieser Artikel konnte lediglich einen groben Überblick über einige Aspekte der historischen Imperialismusdiskussion bieten. Viele der hier angesprochenen Themen ließen sich weiter vertiefen. Trotz der vermutlich an vielen Stellen eher schlaglichtartigen Betrachtung sollte die Ebene von Lenins Analyse und Argumentation deutlich geworden sein. Wenn es der Artikel geschafft hat, dem Leser den einen oder anderen neuen Aspekt aufzuzeigen oder ihn dazu anzuregen, sich mit den hier präsentierten Texten sowie weiteren Texten aus Lenins Heften zum Imperialismus oder mit aktuelleren Veröffentlichungen auseinanderzusetzen und vielleicht sogar der hier entwickelten Argumentation etwas entgegenzusetzen, dann hat dieser Artikel seinen Zweck erfüllt.

Literaturverzeichnis

Bucharin, Nikolai (1915): Imperialismus und Weltwirtschaft. Frankfurt (Main): Verlag Neue Kritik.

Engels, Friedrich (1895): Ergänzungen und Nachtrag zum III. Buch des ‚Kapitals‘. In Marx-Engels-Werke (MEW), Bd. 25, S. 897–919, Berlin: Dietz Verlag.

——— (1975): Vorarbeiten zum ‚Anti-Dühring‘. In Marx-Engels-Werke (MEW), Bd. 20, S. 573–96, Berlin: Dietz Verlag.

Harvey, David (2005): Der neue Imperialismus, Hamburg: VSA-Verlag.

Hilferding, Rudolf (1910): Das Finanzkapital. Eine Studie über die jüngsten Entwicklungen des Kapitalismus, Berlin: Dietz Verlag.

Hobson, John A. (1902): Der Imperialismus, 2. Auflage, Köln/Berlin: Verlag Kiepenheuer & Witsch.

Hölscher, Reinhold (2018): Kontokorrentkredit, https://www.gabler-banklexikon.de/definition/kontokorrentkredit-59300.

Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (1972): Vorwort Hefte zum Imperialismus, In Lenin-Werke (LW), Bd. 39, S. VII–XVII, Berlin: Dietz Verlag.

Jeidels, Otto (1905): Das Verhältnis der deutschen Großbanken zur Industrie. Mit besonderer Berücksichtigung der Eisenindustrie, Leipzig: Verlag von Duncker & Humbolt.

Kautsky, Karl (1914): Der Imperialismus, Die Neue Zeit, Nr. 32–II, S. 908–22.

——— (1915): Nationalstaat, imperialistischer Staat und Staatenbund, Nürnberg: Verlag und Druck der fränkischen Verlagsgesellschaft & Buchdruckerei G.m.b.H.

Klaus, Georg/Buhr Manfred (1975): Philosophische Wörterbuch, 11. Auflage, Bd. 1. Leipzig: VEB Bibliographisches Institut.

Kondakow, N. I. (1978): Wörterbuch der Logik, Hsgb. Albrecht, Erhard/Asser, Günter, Leipzig: VEB Bibliographisches Institut.

Kumpf, Fritz (1968): Probleme der Dialektik in Lenins Imperialismus-Analyse. Eine Studie zur dialektischen Logik, Deb Verlag das europäische Buch.

Lenin, Wladimir Iljitsch (1899): Die rückläufige Richtung in der russischen Sozialdemokratie, In Lenin-Werke (LW), Bd. 4, S. 249–79, Berlin: Dietz Verlag.

——— (1909): Empiriokritizismus und historischer Materialismus. Kritische Bemerkungen über eine reaktionäre Philosophie, In Lenin-Werke (LW), Bd. 14, S. 7–366, Berlin: Dietz Verlag.

——— (1915a): Sozialismus und Krieg (Die Stellung der SDAPR zum Krieg), In Lenin-Werke (LW), Bd. 21, S. 295–341, Berlin: Dietz Verlag.

——— (1915b): Vorwort zu N. Bucharins Broschüre ‚Weltwirtschaft und Imperialismus“, In Lenin-Werke (LW), Bd. 22, S. 101–106, Berlin: Dietz Verlag.

——— (1916a): Die Ergebnisse der Diskussion über die Selbstbestimmung, In Lenin-Werke (LW), Bd. 22, S. 144–59, Berlin: Dietz Verlag.

——— (1916b): Über eine Karikatur auf den Marxismus und über den „imperialistischen Ökonomismus“, In Lenin-Werke (LW), Bd. 23, S. 18–71, Berlin: Dietz Verlag.

——— (1916c): Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus, In Lenin-Werke (LW), Bd. 23, S. 102–18, Berlin: Dietz Verlag.

——— (1917): Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus. Gemeinverständlicher Abriß, In Lenin-Werke (LW), Bd. 22, S. 189–309, Berlin: Dietz Verlag.

——— (1972): Hefte zum Imperialismus, In Lenin-Werke (LW), Bd. 39, Berlin: Dietz Verlag.

Luxemburg, Rosa (1913): Die Akkumulation des Kapitals. Ein Beitrag zur ökonomischen Erklärung des Imperialismus, In Gesammelte Werke 5. Ökonomische Schriften, S. 5–411, Berlin: Dietz Verlag.

Marx, Karl (1894): Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, Dritter Band: Der Gesamtprozeß der kapitalistischen Produktion, In Marx-Engels-Werke (MEW), Bd. 25, S. 33–919m Berlin: Dietz Verlag.

Patnaik, Utsa/Patnaik, Prabhat (2023): Eine Theorie des Imperialismus, Kassel: Magroven Verlag.

Rauscher, Marion (2013): Emissionsgeschäft, https://www.gabler-banklexikon.de/definition/emissionsgeschaeft-57479.

1 „1. Trustgesellschaften zur Gründung, Beherrschung usw. von Unternehmungen einer bestimmten Industrie des Inlands oder Auslands, insbesondere im Eisenbahnwesen, der Brauerei […]. 2. Trustgesellschaften, von einer einzelnen industriellen Unternehmung zu dem Zweck gegründet, deren Tätigkeitsgebiet durch Erwerb oder Errichtung verwandter Gesellschaften zu erweitern […]. 3. Gründungsgesellschaften im eigentlichen Sinn, mit dem spekulativen Zweck geschaffen, industrielle Unternehmungen aller Art ins Leben zu rufen, zu erwerben usw. […]. […] Die Brauchbarkeit der Trustgesellschaften für die Großbanken als Werkzeuge der Expansion ist je nach ihrem Charakter verschieden. Die zweite Art, die im Dienst eines einzelnen industriellen Unternehmens steht, scheidet naturgemäß aus: die Beziehung der Großbanken zu ihnen fällt schon unter die Industrietätigkeit der Banken, eine solche Trustgesellschaft ist nicht Organ, sondern Kunde der Großbank. Die dritte Art, die eigentliche Gründungsgesellschaft, ist fast immer von spekulativen Privatbankiers oder kleineren Aktienbanken ins Leben gerufen, sie will die große Masse kleiner und mittlerer Industrieunternehmungen dem großen Kapital zugänglich machen, ihr Gewinn ist ebenso spekulativ und unsicher wie ihr Risiko erheblich […]. Man kann diesen Typus von Gesellschaften dahin charakterisieren, daß sie den Boden ebnen für die Großbanken; sie ziehen industrielle Unternehmungen in den Strudel des Kapitalmarkts hinein, aus dem die Banken sie dann herausfischen (Jeidels 1905, S. 77f.).“

2 Aus Lenins Hefte zum Imperialismus geht der Stellenwert von Jeidels Arbeit, für Lenins Imperialismus-Broschüre deutlich hervor. In seinem Exzerpt zu Jeidels vermerkt Lenin zu Beginn: „Sobald Jeidels auf das Verhältnis zur Industrie zu sprechen kommt, ist sein Buch reichhaltiger, lebendiger, klüger, wissenschaftlicher (Lenin 1972, S. 143).“ In der Planskizze zur Imperialismusschrift wird Jeidels für das Kapitel über die Banken unter den Punkten der Bankkonzentration, der Verschmelzung mit der Industrie, den Aufsichtsräten und dem universellenCharakter der Banken angeführt (ebd., S. 221f.).

3 Unter diesem Gesichtspunkt ist im dritten Band des Kapitals der fünfte Abschnitt (Spaltung des Profits in Zins und Unternehmensgewinn. Das zinstragende Kapital) von besonderem Interesse. Marx führt aus, wie durch den Kredit das Kapital zu einer Ware wird, deren Gebrauchswert in einem Teil des Profits besteht, den das verliehene Kapital in der Produktion abwirft. Dieser Teil des Profits, den der Industrielle an den Bankier zahlt, definiert Marx als Zins (Marx 1894, S. 350f.). Der Geldbesitzer, der sein Geld als zinstragendes Kapital verwerten will, wirft es in die Zirkulation und macht sein Geld zur Ware als Kapital. Er verleiht für eine bestimmte Zeit sein Geld an einen Dritten unter der Voraussetzung, dass es nach einem bestimmten Zeitpunkt als realisiertes Kapital wieder zu ihm zurückgelangt (ebd., S. 355f.). Der Zinsfuß beschreibt den Preis der Ware Kapital. Dieser berechnet sich auf Basis der allgemeinen Profitrate (ebd., S. 377f.). Marx spricht auch über die Entstehung von Aktienunternehmen, durch die die Verwaltungsarbeit in einem Unternehmen zunehmend vom Besitz des Kapitals getrennt wird (ebd., S. 401). Später heißt es in Bezug auf die Entwicklung des Kreditsystems: „Es ist dies die Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise selbst, und daher ein sich selbst aufhebender Widerspruch, der prima facie als bloßer Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform sich darstellt. Als solcher Widerspruch stellt er sich dann auch in der Erscheinung dar. Er stellt in gewissen Sphären das Monopol her und fordert daher die Staatseinmischung heraus. Er reproduziert eine neue Finanzaristokratie, eine neue Sorte Parasiten in Gestalt von Projektenmachern, Gründern und bloß nominellen Direktoren; ein ganzes System des Schwindels und Betrugs mit Bezug auf Gründungen, Aktienausgabe und Aktienhandel. (ebd., S. 454). Marx deckt in seiner Auseinandersetzung mit dem zinstragenden Kapital bereits die Bewegung vom Geldverleih in Richtung Monopol auf und analysiert die Folgen dieser Entwicklung – dem Parasitismus einer Finanzaristokratie.

4 Emissionsgeschäfte beschreibt die Emission von Wertpapieren durch Kreditinstitute (Rauscher 2013). Kontokorrentkredite sind ein Kredit an Unternehmen, der der Finanzierung der Produktion und Bereitstellung von Gütern dient (Hölscher 2018).

5 An dieser Stelle sei angemerkt, dass Lenins Konspekt von Jeidels Buch in Bezug auf die sich entwickelnde Beziehung zwischen Großbank und Großindustrie deutlich ausführlicher ausfällt (vgl. Lenin 1972, S. 144-148) als seine Notizen zu Hilferding (ebd., S. 332). Auch finden sich in seinem Konspekt zu Hilferding in den Abschnitten zu der Beziehung von Banken und Industrie mehrfach ein Verweis auf Jeidels – so z.B. explizit in Bezug auf die Aufsichtsratstellen (Lenin 1972, S. 332). Die Unterschiede in den Konspekten lassen darauf schließen, dass Jeidels in der Frage der Verschmelzung durch Beteiligung usw. einen höheren Stellenwert für Lenin besaßen.

6 Lenin kommentierte diese Stelle bei Jeidels mit der Bemerkung „übliche Geschichte!!“ (Lenin 1972, S. 144).

7 In seiner Imperialismus-Broschüre gibt Lenin ein Zitat wieder, was aus Jeidels Untersuchung stammt, in der ein Brief einer Berliner Bank an ein deutsches Zementsyndikat angeführt wird, um den Bankenterror zu charakterisieren (Jeidels 19015, S. 126; Lenin 1917, S. 227).

8 Lenin greift den Punkt des Beherrschens am Schluss eines Konspektes zu Hilferding auf und vermerkt „Finanzkapital = Bankkapital, das die Industrie beherrscht“ schreibt dann aber weiter „genügt nicht: „Finanzkapital = Bankkapital“?“ und führt dann die „Drei wichtigsten Momente“ aus – auf die noch eingegangen wird (Lenin 1972, S. 335).

9 In Lenins Heft Zur Frage des Imperialismus findet sich ein Interessanter vermerk, in dem Lenin auf diese „Handvoll“ eingeht und sie genauer bestimmt. Er Kategorisiert insgesamt acht Länder. Die erste Kategorie nennt Lenin „die drei ausschlaggebenden (völlig selbständigen) Länder“ und notiert England, Deutschland und die Vereinigten Staaten. Die zweite Kategorie betitelt er mit „zweitrangige (erstklassige, aber nicht völlig selbstständige)“ und listet Frankreich, Russland und Japan auf. Um die ersten beiden Kategorien macht Lenin eine Klammer mit dem Vermerk „diese 6“. Außerhalb der Klammer führt er eine dritte Kategorie ohne Titel an unter der er Italien und Osterreich-Japan anführt (Lenin 1972, S. 186). Lenins Notiz ist deshalb interessant, da aus ihr eine Hierarchisierung der imperialistischen Mächte hervorgeht und teilweise eine Charakterisierung als „nicht völlig selbstständig“.

10 Bei Lenin findet sich eine Passage, in der er über den Zusammenhang von Kolonien und Kapitalexport spricht und den „englischen Kolonialimperialismus“ vom französischen „Wucherimperialismus“ unterscheidet (Lenin 1917, S. 247).

11 Auf der Seite ist eine Tabelle abgedruckt, die die Verteilung von Kolonien zeigt. Von den insgesamt 136 Kolonien besaß Großbritannien 50, gefolgt von Frankreich mit 33. An dritter Stelle findet sich Deutschland mit 13. Hieran wird gut ersichtlich warum Lenin vom „englischen Kolonialimperialismus“ sprach im Unterschied zum französischen „Wucherimperialismus“ (Lenin 1917, S. 247).

12 Lenin führt als Beispiel Portugal an: „Portugal ist ein selbstständiger, souveräner Staat, aber faktisch steht es seit mehr als 200 Jahren, seit dem spanischen Erbfolgekrieg (1701 – 1714), unter dem Protektorat Englands (Lenin 1917, S. 268).“

Es ist ein Krieg der NATO gegen Russland

0

In den letzten Tagen hat die NATO Russland mit ballistischen Kurzstreckenraketen (ATACMS) und Marschflugkörpern (Storm Shadow) angegriffen. Zusätzlich haben die USA die Lieferung von international (u. a. von der Ukraine selbst) geächteten Anti-Personen-Minen an die Ukraine beschlossen. Die USA schieben den Einsatz nordkoreanischer Soldaten in Russland als Anlass vor. Dass es sich vielmehr um verzweifelte Versuche handelt, den aus Sicht des Westens katastrophalen Kriegsverlauf abzufedern, die europäischen Länder tiefer in einen direkten Krieg mit Russland zu involvieren und eine potentiell bessere Verhandlungsoption zu schaffen, zeigt ein einfacher Blick auf die Realitäten.  

Warum jetzt?  

Die Ukraine ist militärisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich am Boden. Sowohl ukrainische Politiker als auch westliche Militärexperten sagen das offen. Niemand glaubt noch ernsthaft daran, dass sie ihre offiziellen Kriegsziele, die Eroberung des Donbass und der Krim, noch erreichen wird. Die Kursk-Offensive mit dem Ziel, das dortige Atomkraftwerk als Verhandlungsmasse zu besetzen, ist gescheitert. Die russischen Streitkräfte schreiten täglich im Donbass vor. Durch massenhafte verzweifelte Zwangsrekrutierungen und die immerwährende Forderung nach weiteren Waffenlieferungen wird die Einsicht in diese Realität wöchentlich nach hinten verschoben. Dadurch verschlechtert sich die Lage der ukrainischen Streitkräfte weiter. Mit immer längerer Kriegsdauer werden deshalb Stimmen laut, die vor einer möglichen vollständigen Kapitulation der Ukraine warnen.   

Vor diesem Hintergrund forderte der ukrainische Botschafter Makijew in Deutschland auch für die BRD, man müsse nun „all in“ gehen1. Grüne, FDP und CDU stiegen schon vorher auf diesen Kurs ein und fordern die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern. Die Zögerlichkeit von Scholz ist angesichts schrittweiser Lieferungen von immer tödlicheren Waffensystemen seit Februar 2022 und der Zustimmung zur Stationierung von US-Mittelstreckenraketen auf deutschem Boden, unglaubwürdig und hat wohl mehr mit dem anstehenden Wahlkampf zu tun.  

Die Toten und Hungernden in der Ukraine interessieren die herrschende Politik herzlich wenig. Das Szenario einer Niederlage allerdings durchaus und das ist für die NATO undenkbar. Ihr Ziel war und ist die Zerstörung Russlands als Macht, die in der Lage ist, sich der NATO-Aggression entgegenzustellen. Für dieses Kriegsziel, das seit jeher auf dem Rücken der ukrainischen Bevölkerung ausgetragen wird, ist sie nun bereit, bis zum Äußersten zu gehen – koste es, was wolle. Russland ist sich dem bewusst und hat deshalb defensiv seine Nukleardoktrin um den Fall des konventionellen Angriffs auf sein Territorium erweitert. Im vollen Bewusstsein dessen führte die NATO nun diesen konventionellen Angriff durch. Es ist der Versuch, wie bereits in den Monaten vor Februar 2022, Russland zu einer Reaktion zu provozieren, mit der man letztlich Russland die Eskalation in die Schuhe schieben kann.  

Was zeigt das?   

Die Ereignisse der letzten Tage sind nur der offenkundige Beweis für das, was seit Beginn Realität war: Dieser Krieg ist ein Krieg, den die NATO gegen Russland führt. Nicht „die Ukraine“ führt diesen Krieg, sondern er wird auf ihrem Rücken ausgetragen. Die täglich wiederholte Kriegslüge, dass die Ukraine „ihren eigenen Kampf“ mit „Unterstützung der westlichen Partner“ gegen Russland kämpfe, wird nun ad absurdum geführt: Die Angriffe der letzten beiden Tage wurden der Ukraine nicht einfach „erlaubt“. Sie konnten nur von NATO-Militärs selbst durchgeführt werden. Die Angriffe mit diesen Raketen spielen, das geben alle Militärexperten offen zu, für den Frontverlauf keine Rolle. Sie dienen anderen Zwecken. Da dies immer offensichtlicher wird, werden die Rechtfertigungstöne aus der deutschen Kriegspresse immer lauter.   

Aber auch linke Kräfte, die traditionell eher eine Anti-Kriegs-Position eingenommen haben, haben sich weitestgehend in den NATO-Kriegskurs eingereiht. So weiß beispielsweise der Linkspartei-Vorsitzende Jan van Aken zur Eskalation der NATO nichts weiter zu sagen, als dass diese wohl kein „game changer“ sein werde. Er fordert Ölsanktionen gegen Russland und stellt sich damit auf den antirussischen Aggressionskurs der NATO. Andere sprechen in dieser Situation von einer wechselseitigen Eskalationsspirale, nehmen den Aggressor damit aus der Schusslinie und verkennen das Wesentliche an diesem Krieg. Es gab 2014, 2022 und heute keine „Eskalationsspirale“ zwischen der NATO und Russland. Es gibt einen Aggressor und einen Verteidiger. Heute zeigt sich mehr denn je: Russland verteidigt sich gegen die seit jeher von der NATO ausgehenden Eskalation. 

Raus auf die Straße gegen die Kriegstreiber!  

Die Täter sitzen in Washington, Brüssel und Berlin. Eine Niederlage ist für sie inakzeptabel und sie sind deshalb dazu bereit, bis zum Äußersten zu gehen. Dabei interessieren sie sich nicht im Geringsten für das Leben der arbeitenden Bevölkerung in Europa oder in der Ukraine. Sie soll für ihren Endsieg den Blutzoll zahlen.  

Doch: Trotz aller Beschimpfung von Kriegsgegnern als Lumpenpazifisten und Putin-Kolonne, trotz aller Strafverfahren gegen Menschen, die die Wahrheit sagen und trotz der täglichen, immer gleichen Propaganda über den sogenannten russischen Angriffskrieg zeigt sich: Die Begeisterung in der deutschen Bevölkerung über einen ausgeweiteten Krieg gegen Russland lässt zu wünschen übrig2. Die Kriegstreiber enttäuscht diese „Kriegsmüdigkeit“ (Baerbock), ihre Töne werden deshalb immer schriller. Sie wissen: Für ihren Sieg braucht es auch die Unterstützung der Bevölkerung. Sie werden sie nicht kriegen. Sorgen wir dafür.  

Auf die Straße gegen die Eskalation des Kriegs gegen Russland!  

Für die Niederlage der NATO in der Ukraine und weltweit!  

https://www.deutschlandfunk.de/interview-mit-oleksii-makeiev-botschafter-ukraine-zu-militaer-und-diplomatie-dlf-016f11f2-100.html 

https://koerber-stiftung.de/projekte/the-berlin-pulse/2024-25/  

On November 9, the anti-fascist protection rampart fell, fascists from West Germany came over

0

On November 9, 1989, the GDR (Deutsche Demokratische Republik) gave up its border security to the FRG (Bundesrepublik Deutschland). The images of euphoric citizens streaming into West Berlin broadcasted in a continuous loop cannot hide the reality: The opening of the border sealed the future of socialism in Germany. Annexation, liquidation, mass unemployment and the subjugation of the entire GDR population were the result.

In view of the fascist continuity in the FRG, which was built into an aggressive frontline state against socialism, the ‚Wall‘ was also a protective rampart against fascism. The huge settlement movement that neo-fascists set in motion after 1989 in order to spread into the GDR underlines the character of this protective rampart against the aggressors and roll-back strategists from Bonn and Washington. Without the ‚Wall‘ there would have been war, which not only Kennedy knew.[1] The Generals Heinz Kessler and Fritz Streletz, who dedicated a book of the same title to this topic, also provide impressive evidence of this.[2]

To this day, bourgeois authors and politicians try to distract from the true causes of the neo-fascist movement and blame the GDR for the high popularity of right-wing parties in East Germany. The fact is, that after the annexation of the GDR, anti-fascism and communist consciousness were fought against in the GDR population with considerable effort and an orchestrated, campaign-like approach – not least by fascist forces that came to East Germany from the West.

Overcoming the protective wall

One could now discuss how the West German media agitated against migrants while the FRG relentlessly plundered every corner of the GDR economy and destroyed hundreds of thousands of livelihoods. It would also be worth taking a look at the so-called GDR reappraisal, because here neo-fascists were involved in the new historiography and the purges of Marxist teaching staff. One could also talk about how numerous anti-fascist monuments were erased and fascists rehabilitated, while the anti-fascist culture of the GDR was banished. In light of 35 years of the opening of the border, the article aims to show how the fall of these border fortifications set in motion an unprecedented neo-fascist relocation movement.

Already before the opening of the border, West German neo-fascists were deliberately smuggling music and propaganda into the GDR. As a result, visits by West German neo-Nazis to the ranks of the skinhead and hooligan scene became more frequent. An important role in this was played by the network Gesinnungsgemeinschaften der Neuen Front (Community of Conviction for the New Front), which was set up by the West German neo-Nazi cadre Michael Kühnen and in which he gathered numerous fascists around him. Among them were some fascists who had been redeemed by the FRG and had previously served their prison sentences in the GDR[3] – violent thugs and ideologues who were to spread the poison of anti-communism and racism.

In the 1980s, Kühnen’s network increasingly developed into a large umbrella organization, which not only focused on contacts in the GDR, but was also well connected with neo-fascists from the USA and other countries.[4] The Community of Conviction for the New Front maintained dozens of front structures and close contacts with numerous parties.[5] Not only the front organisations, but also the leadership were riddled with informants who invested their not exactly meagre salaries from the Office for the Protection of the Constitution (the domestic intelligence agency) into political work.[6]

Leader Kühnen not only had Europe-wide contacts in the neo-Nazi scene, but was also networked with the Office for the Protection of the Constitution. While the Lower Saxony State Office for the Protection of the Constitution allegedly “could no longer find” all files on these activities and networks, a dossier from the GDR State Security (Staatssicherheit) uncovered the connections. The State Security of socialist Germany, which had been collecting investigations on Kühnen since 1970 and closely monitoring his political work, stated in a report that Kühnen had been picked up from prison in a vehicle belonging to the intelligence agency after his release in 1982.[7] The status report from the responsible Main Department III of GDRs state security drew the following conclusion: “It is possible that K.’s imprisonment for several years had been used to recruit him as an informant or for cooperation in another form.”[8]

A few years later, Kühnen developed the strategy paper Arbeitsplan Ost (Workplan East) for the umbrella organization Community of Conviction for the New Front. All of the front structures, as well as other neo-fascist organizations and parties, were guided by this work plan. The opening of the border between GDR and FRG on November 9, 1989 was the starting signal. According to Michael Kühnen, he was able to cross the border “with the help of local comrades.“[9] Dozens of neo-fascist cadres from Kühnen’s networks, as well as members of the New Right, followed his example.

Building a neo-fascist movement

The neo-fascists who moved to the GDR built up structures and groups and quickly began to buy or occupy properties in order to dominate entire neighbourhoods. It was not long before acts of violence and pogroms against anti-fascists and foreigners followed this development, which focused primarily on young people. Under the patronage of Michael Kühnen and the Community of Conviction for the New Front, offshoots of the Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (Free German Workers‘ Party) and the NPD (National Democratic Party of Germany) were established and dozens of new organizations sprang up, including the Lichtenberger Front and the Deutsche Alternative.[10] The demonstrations against the policies of the GDR were increasingly joined by neo-fascist actors who recognized a point of contact in the anti-communist character of these demonstrations. Neo-fascists were able to appear unhindered with banners and banners from at least March 1990 onwards.[11]

Despite being humiliated and pushed back into the private sphere by the FRG’s ‚Treuhand‘ politics, such activities repeatedly met with anti-fascist resistance by the East German People. Be it the protest against the remodeling of concentration camps, the resistance against the demolition of monuments or joint actions against the activities of newly appointed Western fascists in the universities of the annexed GDR. Even Rainer Eppelmann, chairman of the Commission for the Reappraisal of GDR History, was dismayed to discover that large sections of the population wanted to preserve their GDR anti-fascism.[12]

The amnesty for political prisoners in the GDR on December 6, 1990 strengthened the ranks of neo-fascists in the annexed GDR from one release to the next.[13] Among them were the thugs from the attack on the Zion Church[14], as well as the later so-called ‚Führer of Berlin‘ Ingo Hasselbach.[15] The fascist cadres, most of whom had either been released or had traveled from West Germany, not only supported the establishment of structures and networks, but also toured the GDR with various lectures and invited fascists from abroad. For example, David Irving was invited to Dresden at the invitation of the German People’s Union (Deutsche Volksunion) to shape the myth of the “Allied bombing holocaust” in several lectures. The costs of his commissions and speeches were borne by the west-german millionaire and founder of the neo-fascist German People’s Union, Gerhard Frey.[16]

Intimidation and terror

In 1990, the released neo-Nazi Ingo Hasselbach founded the National Alternative (Nationale Alternative) in Berlin in collaboration with Michael Kühnen. The 800-members strong organization occupied a house and stockpiled over 100 machine guns and 20 bazookas there. Nazi structures were set up in almost all major cities, sometimes with paramilitary training.[17]

The increased activity of these neo-fascist groups went hand in hand with violent excesses and pogroms. Jewish cemeteries and graves of Red Army soldiers and communists were defaced. “Sau Juden” (Jewish Pigs) and „Juden Raus“ (Jews Out) smearings, such as those on the graves of Helene Weigel and Bertolt Brecht, were not isolated cases.[18] The read army memorial at Treptower Park in Berlin also fell victim to neo-fascist rioters. The sarcophagi and statues in honor of the Soviet liberators were smeared with fascist slogans. However, the action did not go unanswered and resulted in a strong anti-fascist protest, which was joined by 250,000 GDR citizens on January 3, 1990.[19]

For the first time since the attempted coup in 1953, radical right-wing slogans such as “Rotfront Verrecke” (“Rotfront perish”) or “Kanaken Raus” (“immigrants out”) could be heard loudly and publicly at the Monday protests against GDR and self-organized demonstrations.[20] On the night of 2nd to 3rd October 1990, the night of the final annexation of the GDR, over 1,500 armed neo-Nazis attacked anti-fascists, squatters and migrants in the GDR in sometimes pogrom-like actions. In total, there were 30 violent and coordinated attacks in various cities.[21]

State backing and support

The slogans and graffiti were followed by attacks and pogroms. In 1992, more violent right-wing extremist crimes were recorded than at any time since 1949 in the Federal Republic of Germany. This upswing would have been unthinkable without the deliberate ignorance of the German authorities and the support of the intelligence service as well as the racist smear campaigns by the media and political parties.

In Dresden, Leipzig, Halle, Jena and Weimar, right-wing extremist mobs were able to carry out attacks and arson assaults almost unhindered.[22] The pogroms in Hoyerswerda and Rostock were tolerated. The days of chases and attacks on foreigners were accompanied by media coverage of the so-called ‚asylum problem‘, while the police let the fascists get away with it.[23]

The former CDU/FDP federal government used the wave of racist violence to further fuel the ‚asylum debate‘ that it itself had sparked, which the Social Democrats (SPD) also joined shortly afterwards. In 1993, the basic right to asylum was finally abolished. Media and politicians gave this development a head start. Immediately after the Rostock-Lichtenhagen pogrom, Eckhardt Rehberg, then leader of the CDU parliamentary group in the Schwerin state parliament, declared: “The fact that foreigners do not know our customs and traditions and perhaps do not even want to get to know them disturbs the sensitivities of our citizens.“[24]

The refascization of East Germany

This process, unthinkable without the opening of the borders, was more than the so-called ‘baseball bat years’, as the media has labelled them. The sole focus on neo-fascist thugs distracts from the fact that the re-fascization of East Germany was targeted with the opening of the borders. Politics and the media covered up and supported this re-fascization. Within a short period of time, anti-fascist and communist positions were to be marginalized among the population. The neo-fascist movement built up by the FRG provided a correspondingly violent backdrop of threats, which at the same time offered young people with no prospects a place to go.

While the neo-fascist movement was intended to intimidate opponents and integrate protest potentials, actors of the New Right were integrated into the ruling political system for an ideological offensive against the remnants of GDR anti-fascism. Monuments were moved or torn down, schools and streets were renamed, all anti-fascist mass organizations were banned and history got rewritten.

In the GDR, on the other hand, fascists and war criminals were consistently expropriated and persecuted: fascist organisations were never to be allowed to operate in the future again. Racism and the fascist past were countered by internationalism, anti-fascism and a broad reappraisal of fascist machinations. The militaristic state apparatus and the monopolies were expropriated and power in the new state was placed in the hands of anti-fascists. While former concentration camp inmates took up government work in the GDR, in the FRG their old guards and tormentors got back to work in the state and administration. In the course of the annexation of this anti-fascist state, the re-fascization of the GDR got implemented.

This re-fascization is fundamental to understanding the social development from the 1990s to the present day. It contains two central tendencies: on the one hand, the development of a neo-fascist movement in East Germany and, on the other, the dismantling of GDR anti-fascism. 35 years after the opening of the borders, the effects of this policy are still visible today. Anyone looking for the roots of right-wing and fascist positions would be well advised to take a look at the rulers of the Federal Republic. There, fascism was never honestly and consistently broken with after 1945.


[1] Kennedy commented on the GDR’s border security with the words: “The Wall is not a very nice solution. But at least it is better than war.”

[2] The 240-page monograph provides in-depth insights into the causes and necessity of the border fortifications of August 13, 1961 and sheds light on how they put a stop to NATO’s war plans.

[3] Marulanda, Geronimo (2019): Die DDR und der Neue Faschismus, in: Antifa Nordost und Antifa Westberlin (Hrsg.): Deutschland ist Brandstifter. Broschüre gegen den BRD-Imperialismus und den Mythos Friedliche Revolution, ohne Verlag: Berlin, S. 90f.

[4] ibid

[5] ibid

[6] Wrusch, Paul (2011): Verfassungsschutz und Naziszene. Thüringer Kameraden, in: taz: https://taz.de/Verfassungsschutz-und-Naziszene/!5107557/.

[7] Förster, Andreas (2019): Verstrickt mit Ober-Neonazi Michael Kühnen, in: Frankfurter Rundschau: https://www.fr.de/politik/verstrickt-ober-neonazi-michael-kuehnen-11050511.html.

[8] ibid

[9] Eskalation der Gewalt – Deutschland 1992, in: Youtube (from min. 7:15): https://www.youtube.com/watch?v=FjfZxupgkZc.

[10]  Marulanda, Geronimo (2019): Die DDR und der Neue Faschismus. S. 90f.

[11] Autorenkollektiv Unentdecktes Land (2024): Erst blühende Landschaften, dann böse Migranten, ohne Verlag: Berlin, S. 5.

[12] Deutscher Bundestag Referat Öffentlichkeitsarbeit (1994): Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur. Antifaschismus und Rechtsradikalismus in der SBZ/DDR, in: Protokoll, S. 1f.

[13] Ahbe, Thomas (2007): Der DDR-Antifaschismus. Diskurse und Generationen – Kontexte und Identitäten. Ein Rückblick über 60 Jahre (Texte zur politischen Bildung H. 39), Rosa Luxemburg Stiftung: Leipzig, S. 43.

[14] On October 17, 1987, several right-wing extremist skinheads attacked a concert in East Berlin and injured several people. The thugs were sentenced to long prison terms by the GDR judiciary in high-profile trials.

[15] Hockenos, Paul (2013): Free to Hate. The Rise of the Right in Post-Communist Eastern Europe. Routledge: London, S. 86–87.

[16] Vollhardt, Ulla-Britta (2024): Rechtsextremer Verleger, Journalist und Politiker (DVU), in: ns-doku münchen: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/frey-gerhard-240.

[17] Lewis, Rand (1996): The Neo-Nazis and German Unification, Praeger: London, S.25ff.

[18] Robert Havemann Gesellschaft (ohne Jahr): 05.05.1990 – Antisemitische Schmierereien am Grab von Berthold Brecht und Helene Weigel, in: Havemann Gesellschaft: https://www.havemann-gesellschaft.de/05051990-antisemitische-schmierereien-am-grab-von-berthold-brecht-und-helene-weigel/.

[19] Robert Havemann Gesellschaft (ohne Jahr): „Faschistischer Eintopf“ am sowjetischen Ehrenmal, in: https://www.havemann-gesellschaft.de/en/actual/aus-dem-archiv/faschistischer-eintopf-am-sowjetischen-ehrenmal/.

[20] Autorenkollektiv Unentdecktes Land (2024): Erst blühende Landschaften, dann böse Migranten, ohne Verlag: Berlin, S.5.

[21] Ohne Autor (2021): zweiteroktober90. Die Gewalt der Vereinigung, in: Rosa Luxemburg Stiftung: https://www.rosalux.de/news/id/44906/zweiteroktober90-die-gewalt-der-vereinigung.

[22] Werner Nils (2022): „Auf dem rechten Auge blind“: Freie Rechte Jugend nach der Wiedervereinigung, in: mitteldeutscher Rundfunk: https://www.mdr.de/geschichte/ddr/deutsche-einheit/wiedervereinigung/freie-rechte-jugend-baseballschlaegerjahre-100.html.

[23] Ohne Autor (2022): Rostock-Lichtenhagen 1992. Ein Polizeidebakel, in mitteldeutscher Rundfunk: https://www.mdr.de/geschichte/zeitgeschichte-gegenwart/politik-gesellschaft/was-wurde-aus-der-volkspolizei-rostock-lichtenhagen-randale-100.html. Und: Kleffner, Heike (2016): Generation Hoyerswerda, in: Amnesty International: https://www.amnesty.de/journal/2016/oktober/generation-hoyerswerda.

[24] Kleffner, Heike (2016): Generation Hoyerswerda, in: Amnesty International: https://www.amnesty.de/journal/2016/oktober/generation-hoyerswerda.

Am 9. November fiel der antifaschistische Schutzwall, rüber kamen Faschisten aus der BRD

0

von Jakob Yasko

Am 9. November 1989 gab die DDR ihre Grenzsicherung zur BRD auf. Die in Dauerschleife gesendeten Bilder von euphorisch nach Westberlin strömenden Bürgern können nicht über die Realität hinwegtäuschen: Die Grenzöffnungen besiegelten die Zukunft des Sozialismus in Deutschland. Annexion, Abwicklung, Massenarbeitslosigkeit und die Unterwerfung der gesamten DDR-Bevölkerung waren die Folge. 

Angesichts der faschistischen Kontinuität in der BRD, die zu einem aggressiven Frontstaat gegen den Sozialismus aufgebaut wurde, war die Mauer auch ein Schutzwall gegen den Faschismus. Allein die gewaltige Siedlungsbewegung, die Neofaschisten nach 1989 in Gang brachten, um sich in der DDR breit zu machen, unterstreicht den Charakter dieses Schutzwalls gegen die Aggressoren und Roll-Back-Strategen aus Bonn und Washington. Ohne die Mauer hätte es Krieg gegeben, das wusste nicht nur Kennedy.[1] Auch die Generäle Heinz Kessler und Fritz Streletz, welche diesem Thema ein Buch unter gleichnamigen Titel widmeten, weisen dies eindrücklich nach.[2]

Bis heute versuchen bürgerliche Autoren und Politiker, von den wahren Ursachen der neofaschistischen Bewegung abzulenken und die DDR für den hohen Zuspruch zu rechten Parteien verantwortlich zu machen. Fakt ist allerdings, dass nach der Annexion der DDR mit einigem Aufwand und orchestriertem, kampagnenartigem Vorgehen der Antifaschismus und kommunistisches Bewusstsein in der DDR-Bevölkerung bekämpft wurde – nicht zuletzt durch faschistische Kräfte, die aus dem Westen nach Ostdeutschland kamen. 

Den Schutzwall überwinden

Man könnte nun thematisieren, wie die bundesdeutschen Medien gegen Migranten hetzten, während die Treuhand schonungslos jeden Winkel der DDR-Wirtschaft plünderte und hunderttausende Existenzen vernichtete. Auch ein Blick in die sogenannte DDR-Aufarbeitung wäre einen Blick wert, denn hier beteiligte man Neofaschisten an der neuen Geschichtsschreibung und den Säuberungen von marxistischen Lehrkörpern. Man könnte auch darüber sprechen, wie man zahlreiche antifaschistische Denkmäler tilgte und Faschisten rehabilitierte, während man die antifaschistische Kultur der DDR verbannte. Angesichts 35 Jahren Grenzöffnung soll der Artikel aufzeigen, wie der Fall dieser Grenzanlagen eine nie dagewesene neofaschistische Übersiedlungsbewegung in Gang gebracht hat. 

Schon vor den Grenzöffnungen schleusten westdeutsche Neofaschisten gezielt Musik und Propaganda in die DDR. Im Zuge dessen häuften sich Besuche von West-Neonazis in den Reihen der Skinhead und Hooligan Szene. Eine bedeutende Rolle dabei spielte das von dem westdeutschen Neonazikader Michael Kühnen aufgebaute Netzwerk Gesinnungsgemeinschaften der Neuen Front, in dem Kühnen zahlreiche Faschisten um sich scharte. Darunter waren auch einige von der BRD freigekaufte Faschisten, die zuvor in der DDR ihre Haftstrafen angetreten hatten[3] – gewaltbereite Schläger und Ideologen, die das Gift des Antikommunismus und Fremdenhasses verbreiten sollten.

Kühnens Netzwerk stellte sich in den 1980ern zunehmend zu einer breiten Dachorganisation auf, die nicht nur Kontakte in der DDR in den Blick nahm, sondern auch bestens mit Neofaschisten aus den USA und anderen Ländern vernetzt war.[4] Die Gesinnungsgemeinschaften der Neuen Front unterhielt dutzende Vorfeldstrukturen und enge Kontakte zu zahlreichen Parteien.[5] Nicht nur die Vorfeldorganisationen, sondern auch die Führungsriege waren mit V-Leuten durchsetzt, die ihre nicht gerade knappen Verfassungsschutz-Gehälter in die politische Arbeit investierten.[6]

Anführer Kühnen hielt nicht nur europaweite Kontakte in die Neonaziszene, sondern war auch mit dem Verfassungsschutz vernetzt. Während das niedersächsische Landesamt für Verfassungsschutz sämtliche Akten zu diesen Umtrieben und Netzwerken angeblich „nicht mehr vorfinden“ konnte, deckte ein Dossier der Staatssicherheit die Verbindungen auf. Die Staatssicherheit, welche seit 1970 Untersuchungen zu Kühnen sammelte und seine politische Arbeit genau beobachtete, stellte in einem Bericht fest, dass Kühnen nach einer Haftentlassung 1982 mit einem Fahrzeug des niedersächsischen Verfassungsschutzes vom Gefängnis abgeholt wurde.[7] Der überlieferte Sachstandsbericht der zuständigen Hauptabteilung III zog folgendes Fazit: „Möglicherweise war die mehrjährige Inhaftierung des K. dazu genutzt worden, ihn als Informanten oder für eine Zusammenarbeit in anderer Form zu gewinnen.“[8]

Wenige Jahre später entwickelte Kühnen das Strategiepapier Arbeitsplan Ost für die Dachorganisation Gesinnungsgemeinschaften der Neuen Front. An diesem Arbeitsplan orientierten sich sämtliche Vorfeldstrukturen sowie andere neofaschistische Organisationen und Parteien. Die Grenzöffnungen vom 9. November 1989 gaben den Startschuss. Michael Kühnen konnte laut eigener Aussage „mithilfe ortsansässiger Kameraden“ einen Grenzübergang passieren.[9]Dutzende neofaschistische Kader aus Kühnens Netzwerken, aber auch Akteure der Neuen Rechten, folgten seinem Beispiel. 

Aufbau einer neofaschistischen Bewegung

Die in die DDR übergesiedelten Neofaschisten bauten Strukturen und Gruppen auf und gingen rasch dazu über, Immobilien zu kaufen oder zu besetzen, um so ganze Stadtviertel zu dominieren. Es sollte nicht lange dauern, bis diesem vor allem auf die Jugend fokussierten Aufbau Gewaltakte und Pogrome gegen Antifaschisten und Ausländer folgten. Unter der Schirmherrschaft Michael Kühnens und des Netzwerkes Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front wurden Ableger der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei und der NPD aufgebaut und dutzende neue Organisationen aus dem Boden gestampft, so auch die Lichtenberger Front oder die Deutsche Alternative.[10] Unter die Montagsdemonstrationen mischten sich immer häufiger und auffälliger neofaschistische Akteure, die einen Anknüpfungspunkt im antikommunistischen Charakter der Demonstrationen erkannten. Neofaschisten konnten spätestens ab März 1990 ungehindert mit Bannern und Transparenten auftreten.[11]

Derartige Umtriebe stießen trotz der Demütigung und Zurückdrängung ins Private seitens der BRD-Treuhand-Politik immer wieder auf antifaschistischen Widerstand. Sei es der Protest gegen die Umgestaltung von Konzentrationslagern, der Widerstand gegen den Abriss von Denkmälern oder gemeinsame Aktionen gegen die Umtriebe von neu eingesetzten West-Faschisten in den Universitäten der annektierten DDR. Selbst Rainer Eppelmann, Vorsitzender der Kommission zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte, musste mit Bestürzung feststellen, dass weite Teile der Bevölkerung ihren Antifaschismus der DDR erhalten wollten.[12]

Die Amnestie für politische Gefangene der DDR vom 6. Dezember 1990 stärkte von einer Entlassung zur Nächsten die Reihen der Neofaschisten in der annektierten DDR.[13] Unter ihnen waren auch die Schläger vom Überfall auf die Zionskirche[14] sowie der spätere sogenannte „Führer von Berlin“ Ingo Hasselbach.[15] Die größtenteils entweder freigelassenen oder aus Westdeutschland eingereisten faschistischen Kader unterstützten nicht nur den Aufbau von Strukturen und Netzwerken, sondern tourten auch mit verschiedenen Vorträgen quer durch die DDR und luden sich Faschisten aus dem Ausland ein. So wurde beispielsweise auf Einladung der Deutschen Volksunion (DVU) David Irving nach Dresden eingeladen, um in mehreren Vorträgen den Mythos des „alliierten Bombenholocausts“ zu prägen. Die Kosten seiner Aufträge und Reden übernahm West-Millionär und Gründer der neofaschistischen DVU, Gerhard Frey.[16]

Einschüchterung und Terror

In Berlin gründete 1990 der freigelassene Neonazi Ingo Hasselbach in Zusammenarbeit mit Michael Kühnen die Nationale Alternative. Die 800 Mitglieder starke Organisation besetzte ein Haus und hortete dort über 100 Maschinengewehre und 20 Panzerfäuste. In nahezu allen großen Städten wurden Nazi-Strukturen aufgebaut, die sich mitunter paramilitärisch schulten.[17]

Die gesteigerte Aktivität dieser neofaschistischen Gruppen ging Hand in Hand mit Gewaltexzessen und Pogromen. Jüdische Friedhöfe, Gräber für Rotarmisten und Kommunisten wurden verschandelt. „Sau-Juden“ und „Juden raus“-Schmierereien, wie jene am Grab von Helene Weigel und Bertolt Brecht, waren kein Einzelfall.[18] Auch die Gedenkstätte am Treptower Park fiel neofaschistischen Randalierern zum Opfer. Die Sarkophage und Statuen zu Ehren der sowjetischen Befreier wurden mit faschistischen Losungen beschmiert. Die Aktion blieb allerdings nicht unbeantwortet und hatte einen starken antifaschistischen Protest zur Folge, dem sich am 3. Januar 1990 250.000 DDR-Bürger anschlossen.[19]

Auf Montagsprotesten und eigens organisierten Demonstrationen waren zum ersten Mal seit dem Putschversuch von 1953 wieder lautstark und öffentlich rechtsradikale Parolen wie „Rotfront Verrecke“ oder „Kanaken Raus“ zu hören.[20] In der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 1990, der Nacht der endgültigen Annexion der DDR, griffen über 1500 bewaffnete Neonazis in teils pogromartigen Aktionen Antifaschisten, Hausbesetzer und Vertragsarbeiter in der DDR an. Insgesamt kam es zu 30 gewalttätigen und koordinierten Angriffen in verschiedenen Städten.[21]

Staatliche Rückendeckung und Unterstützung

Den Parolen und Schmierereien folgten Angriffe und Pogrome. 1992 wurden so viele rechtsradikale Gewaltdelikte verzeichnet, wie nie zuvor seit 1949 in der BRD. Dieser Aufschwung wäre ohne das bewusste Ignorieren durch bundesdeutsche Behörden und die Unterstützung durch den Verfassungsschutz sowie die rassistischen Hetzkampagnen von Medien und Parteien undenkbar gewesen. 

In Dresden, Leipzig, Halle, Jena und Weimar konnten rechtsradikale Mobs nahezu ungehindert Angriffe und Brandanschläge verüben.[22] Die Pogrome von Hoyerswerda und Rostock wurden in Kauf genommen. Die tagelangen Verfolgungen und Angriffe auf Ausländer hatte man medial mit Berichterstattungen über das sogenannte „Asylproblem“ flankiert, während die Polizei die Faschisten gewähren ließ.[23]

Die damalige CDU/ FDP-Bundesregierung nutzte die Welle rassistischer Gewalt, um die von ihr selbst entfachte „Asyl-Debatte“ weiter anzuheizen, der sich wenig später auch die SPD anschloss. Im Jahr 1993 wurde schlussendlich das Grundrecht auf Asyl abgeschafft. Medien und Politik gaben dieser Entwicklung Vorlauf. Unmittelbar nach dem Pogrom von Rostock-Lichtenhagen erklärte der damalige CDU-Fraktionsvorsitzende im Schweriner Landtag, Eckhardt Rehberg: „Dass die Ausländer unsere Sitten und Gebräuche nicht kennen und vielleicht gar nicht kennenlernen wollen, stört die Befindlichkeit unserer Bürger.“[24]

Die Refaschisierung Ostdeutschlands

Dieser ohne die Grenzöffnungen undenkbare Prozess war mehr als die sogenannten „Baseballschlägerjahre“. Die alleinige Fokussierung auf neofaschistische Schlägertrupps lenkt  von der Tatsache ab, dass mit den Grenzöffnungen die Refaschisierung Ostdeutschlands ins Visier genommen wurde. Politik und Medien deckten und stützten die Refaschisierung ihrerseits. Innerhalb kurzer Zeit sollten antifaschistische und kommunistische Positionen in der Bevölkerung marginalisiert werden. Die von der BRD aufgebaute neofaschistische Bewegung sorgte für eine entsprechende gewalttätige Drohkulisse, die gleichzeitig perspektivlosen Jugendlichen eine Anlaufstelle bot. 

Während die neofaschistische Bewegung Gegner einschüchtern und Protestpotentiale einbinden sollte, integrierte man Akteure der Neuen Rechten zur ideologischen Offensive auf die Überbleibsel des DDR-Antifaschismus in die herrschende Politik. Denkmäler wurden versetzt oder abgerissen, Schulen und Straßen umbenannt, sämtliche antifaschistischen Massenorganisationen verboten und die Geschichte umgeschrieben. 

In der DDR hingegen waren Faschisten und Kriegsverbrecher konsequent enteignet und verfolgt worden: Auch in Zukunft sollten sich nie wieder faschistische Organisationen betätigen dürfen. Dem Fremdenhass und der faschistischen Vergangenheit setzte man Internationalismus, Antifaschismus und eine breite Aufarbeitung der faschistischen Machenschaften entgegen. Der militaristische Staatsapparat und die Monopole wurden enteignet, die Macht im neuen Staat in die Hände von Antifaschisten gelegt. Während in der DDR ehemalige KZ-Insassen die Regierungsarbeit antraten, machten sich in der BRD ihre alten Wächter und Peiniger in Staat und Verwaltung wieder an die Arbeit. Im Zuge der Annexion dieses antifaschistischen Staates wurde die Refaschisierung dieses anderen Deutschlands vollzogen. 

Diese Refaschisierung ist elementar, um die gesellschaftliche Entwicklung der 1990er Jahre bis heute nachzuvollziehen. Sie beinhaltet zweit zentrale Tendenzen: einerseits der Aufbau einer neofaschistischen Bewegung in Ostdeutschland und andererseits der Abbau des DDR-Antifaschismus. 35 Jahre nach den Grenzöffnungen wirkt diese Politik bis heute erkennbar nach. Wer die Wurzel rechter und faschistischer Positionen sucht, der ist gut beraten, den Blick auf die Herrschenden der Bundesrepublik zu werfen. Dort nämlich wurde mit dem Faschismus nach 1945 nie ehrlich und konsequent gebrochen.


[1] Kennedy kommentierte die Grenzsicherungen der DDR mit den Worten: „Die Mauer ist keine sehr schöne Lösung. Aber sie ist immerhin besser als Krieg.“ 

[2] Die Monografie gibt auf 240 Seiten tiefgründige Einblicke in die Ursachen und Notwendigkeit der Grenzsicherungen vom 13.8.1961 und beleuchtet wie diese den Kriegsplänen der NATO einen Riegel vorschoben. 

[3] Marulanda, Geronimo (2019): Die DDR und der Neue Faschismus. Neofaschistischen und der Tiefe Staat im: Aufbau Braum, in:  Antifa Nordost und Antifa Westberlin (Hrsg.): Deutschland ist Brandstifter. Broschüre gegen den BRD-Imperialismus und den Mythos Friedliche Revolution, ohne Verlag: Berlin, S. 90 f.

[4] Ebd.

[5] Ebd.

[6] Wrusch, Paul (2011): Verfassungsschutz und Naziszene. Thüringer Kameraden, in: taz: https://taz.de/Verfassungsschutz-und-Naziszene/!5107557/

[7] Förster, Andreas (2019): Verstrickt mit Ober-Neonazi Michael Kühnen, in: Frankfurter Rundschau: https://www.fr.de/politik/verstrickt-ober-neonazi-michael-kuehnen-11050511.html.

[8] Ebd.

[9] Eskalation der Gewalt – Deutschland 1992, in: Youtube (ab Min. 7:15): https://www.youtube.com/watch?v=FjfZxupgkZc

[10] Marulanda, Geronimo (2019): Die DDR und der Neue Faschismus. S. 90f.

[11] Autorenkollektiv Unentdecktes Land (2024): Erst blühende Landschaften, dann böse Migranten, ohne Verlag: Berlin, S. 5.

[12] Deutscher Bundestag Referat Öffentlichkeitsarbeit (1994): Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur. Antifaschismus und Rechtsradikalismus in der SBZ/DDR, in: Protokoll, S. 1f.

[13] Ahbe, Thomas (2007): Der DDR-Antifaschismus. Diskurse und Generationen – Kontexte und Identitäten. Ein Rückblick über 60 Jahre (Texte zur politischen Bildung H. 39), Rosa Luxemburg Stiftung: Leipzig, S. 43.

[14] Am 17. Oktober 1987 überfielen mehrere rechtsradikale Skinheads ein Konzert in Ostberlin und verletzten mehrere Menschen. Die Schläger wurden von der DDR-Justiz in öffentlichkeitswirksamen Prozessen zu langen Haftstrafen verurteilen.

[15] Hockenos, Paul (2013): Free to Hate. The Rise of the Right in Post-Communist Eastern Europe. Routledge: London, S. 86–87.

[16] Vollhardt, Ulla-Britta (2024): Rechtsextremer Verleger, Journalist und Politiker (DVU), in: ns-doku münchen: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/frey-gerhard-240

[17] Lewis, Rand (1996): The Neo-Nazis and German Unification, Praeger: London, S.25ff.

[18] Robert Havemann Gesellschaft (ohne Jahr): 05.05.1990 – Antisemitische Schmierereien am Grab von Berthold Brecht und Helene Weigel, in: Havemann Gesellschaft: https://www.havemann-gesellschaft.de/05051990-antisemitische-schmierereien-am-grab-von-berthold-brecht-und-helene-weigel/

[19] Robert Havemann Gesellschaft (ohne Jahr): „Faschistischer Eintopf“ am sowjetischen Ehrenmal, in: https://www.havemann-gesellschaft.de/en/actual/aus-dem-archiv/faschistischer-eintopf-am-sowjetischen-ehrenmal/

[20] Autorenkollektiv Unentdecktes Land (2024): Erst blühende Landschaften, dann böse Migranten, ohne Verlag: Berlin, S.5.

[21] Ohne Autor (2021): zweiteroktober90. Die Gewalt der Vereinigung, in: Rosa Luxemburg Stiftung: https://www.rosalux.de/news/id/44906/zweiteroktober90-die-gewalt-der-vereinigung

[22] Werner Nils (2022): „Auf dem rechten Auge blind“: Freie Rechte Jugend nach der Wiedervereinigung, in: mitteldeutscher Rundfunk: https://www.mdr.de/geschichte/ddr/deutsche-einheit/wiedervereinigung/freie-rechte-jugend-baseballschlaegerjahre-100.html

[23] Ohne Autor (2022): Rostock-Lichtenhagen 1992. Ein Polizeidebakel, in mitteldeutscher Rundfunk: https://www.mdr.de/geschichte/zeitgeschichte-gegenwart/politik-gesellschaft/was-wurde-aus-der-volkspolizei-rostock-lichtenhagen-randale-100.html. Und: Kleffner, Heike (2016): Generation Hoyerswerda, in: Amnesty International: https://www.amnesty.de/journal/2016/oktober/generation-hoyerswerda

[24] Kleffner, Heike (2016): Generation Hoyerswerda, in: Amnesty International: https://www.amnesty.de/journal/2016/oktober/generation-hoyerswerda

Podcast #45 – On the 20th Anniversary of the CPGB-ML and the Current Situation in Britain

0

We talked with Ella Rule, chair of the Communist Party of Great Britain (Marxist – Leninist), about the current political situation in Britain after the general election, the party’s work in the Palestine movement, and the repression against them. Additionally, we learned about the party’s development, their origins, challenges, and achievements.

The podcast was recorded in late July 2024 shortly before the racist riots in England, therefore we didn’t cover them in the interview. We did translate two articles by CPGM-ML on those though. 

*We correct one mistake in the interview: 200.000 not 2 Mio. voted for Workers Party in the general election.

Schönfärberei des Imperialismus: Die westliche „Linke“ und Venezuela

0

Wir veröffentlichen einen Debattenbeitrag von Lukas Koerner und Ricardo Vaz*, die beide im Team von Venezuelaanalysis arbeiten. Der Beitrag ist Anfang Oktober in englischer Sprache beim ebb-magazin veröffentlicht worden. 

Der Diskussionsbeitrag beschäftigt sich mit einer „linken“ Kritik an der Maduro-Regierung im Kontext der jüngsten Wahlen in Venezuela, die uns auch in Deutschland begegnet. Koerner und Vaz argumentieren, dass wenn wesentliche Bedingungen, wie die hybride Kriegsführung des US-Imperialismus gegen Venezuela aus dem Blick geraten, wenn der anhaltende Klassenkampf innerhalb Venezuelas übergangen wird, ein verdrehtes Bild erzeugt wird. Mehr noch wird damit der notwendigen Solidarität eine Absage erteilt.


Jedes Mal, wenn die Bolivarische Revolution in Venezuela erneut mit Bedrohungen ihres Überlebens konfrontiert ist, ist eine Schicht von in den USA ansässigen Intellektuellen immer bereit, „linke“ Kritik zu üben, die die permanente imperialistische Belagerung des Landes absichtlich verschleiert.

In den sechs Wochen seit den umstrittenen Wahlen vom 28. Juli hat Venezuela erneut tödliche Gewalt, eine verstärkte Intervention unter Führung der USA, einschließlich weiterer Sanktionen, sowie Verteidigungsmanöver der Maduro-Regierung und verbündeter Volksbewegungen erlebt.

In ihren Artikeln für New Left Review und The Nation stellen Gabriel Hetland und Alejandro Velasco das umstrittene Panorama nach den Wahlen als Ergebnis im Wesentlichen endogener Faktoren dar – nämlich die „zunehmend neoliberale und sogar rechtsgerichtete Politik“ von Präsident Nicolá Maduro, einschließlich „Austerität, Korruption, Unterdrückung und Dollarisierung“ –, bei der die hybride Kriegsführung der USA bestenfalls ein Begleitphänomen ist. Sie fordern die internationale Linke auf, sich „der Apologie Maduros zu widersetzen“ und den Sieg einer von Faschisten angeführten Oppositionsbewegung zu akzeptieren.

Bereits 2017 und 2019, als die US-Regierung unter Donald Trump und ihre lokalen neokolonialen Verbündeten die Offensive zum Regime Change auf „maximalen Druck“ eskalierten, veröffentlichte Velasco als Chefredakteur des NACLA (North American Congress on Latin America) Hetlands Artikel, in denen er den „Autoritarismus“ der Maduro-Regierung kritisierte und ihr die gleiche, wenn nicht sogar die Hauptschuld an der Krise zuschrieb. Steve Ellner hat diese Position als „Plague on Both Your Houses“-Ansatz bezeichnet (1).

Die Artikel von Hetland und Velasco gehören zu einer breiteren Gattung zutiefst unredlicher „linker“ Kritik aus dem globalen Norden, die in regelmäßigen Abständen Regierungen des Südens und von Washington ins Visier genommene antisystemische Bewegungen angreift, darunter LibyenSyrienLibanonIranJemenSimbabweChinaKubaBolivienBrasilienNicaragua.

Imperialismus als nachrangige Erklärung

Velasco spielt die politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der US-Sanktionen ganz offen herunter:

„Natürlich haben die US-Sanktionen die Krise in Venezuela verschärft. Aber sie sind weder die Ursache dafür, noch erklären sie, warum Sektoren, die der Regierung seit 25 Jahren treu ergeben sind, sich bei den Wahlen von ihr abgewandt haben. Stattdessen ist es die Kombination aus Sparpolitik, Korruption, Unterdrückung und Dollarisierung unter Maduro, die alle die historischen Unterstützungsbasen des Chavismo treffen, die zum ersten Mal den Wechsel der Präsidentschaft zur Opposition herbeigeführt hat.“

Eine solche Verharmlosung ist äußerst unredlich, da selbst der scharfe Anti-Chavista-Ökonom Francisco Rodríguez – wohl kaum ein Mann der Linken – schätzt, dass etwa die Hälfte des zwischen 2012 und 2020 in Venezuela beobachteten Rückgangs des BIP auf politisch bedingte Ursachen zurückzuführen ist, darunter Wirtschaftssanktionen, der Verlust des Zugangs zu externen Finanzierungsquellen und die politisch bedingte Vergiftung der Beziehungen zur venezolanischen Wirtschaft.

Diese zugegebenermaßen konservative Schätzung berücksichtigt nicht die Auswirkungen der Sanktionen unter Barack Obama nach 2014, einschließlich der Einstufung Venezuelas als „ungewöhnliche und außerordentliche Bedrohung für die nationale Sicherheit und die Außenpolitik der USA“im Jahr 2015 (3), was Rodríguez damals mit einem de facto Finanzembargo gegen das Land gleichsetzte.

Hetland versäumt es ebenfalls, den politisch bestimmenden Charakter des wiirtschaftlichen Kriegsführung der USA zu hinterfragen, nur um später in den sozialen Medien zuzugeben, dass er „vergessen“ habe zu erwähnen, dass „Sanktionen eine ungeheuerliche Verletzung einer ‚freien und fairen‘ Wahl darstellen“.

Dieser scheinbare nachträgliche Einfall ist genau der Kern des Problems: Die Venezolaner gingen am 28. Juli mit einer imperialistischen Pistole an ihren Schläfen zur Wahl. Jede Analyse der letzten Wahl, ganz zu schweigen von der Geschichte der Zeit nach Hugo Chávez, die nicht angemessen berücksichtigt, wie der US-Imperialismus jeden Aspekt der internen Widersprüche der Bolivarischen Revolution konditioniert und verschärft hat, ist grundlegend irreführend.

Für Velasco und Hetland ist ein solcher Kontext jedoch im Wesentlichen nebensächlich und hat wenig Einfluss auf die Wahl selbst.

Es stimmt, dass die Regierung Maduro seit 2018 ein orthodoxes wirtschaftliches Liberalisierungspaket umgesetzt hat, das auf Vorteilen für das Privatkapital basiert, während Löhne, Kredite und öffentliche Ausgaben eingefroren wurden, um die Inflation einzudämmen und Investitionen anzuziehen. Diese Politik hat zwar zu einer anhaltenden, wenn auch bescheidenen wirtschaftlichen Erholung geführt und die Inflation auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren gesenkt, aber auch die sozialen Ungleichheiten vertieft und zusätzlich zu den großen Korruptionsskandalen den Unmut der Bevölkerung über alte und neu angehäufte Vermögen geschürt.

Die Entscheidung der Regierung Maduro für eine wirtschaftliche Liberalisierung stellt in der Tat einen ideologischen Rückzug dar. Sie kam jedoch erst nach Jahren eines unaufhörlichen, von den USA angeführten hybriden Krieges zustande, der von Desinformation in den Medien und der Finanzierung von NGOs bis hin zu aufständischer Straßengewalt (Guarimbas) und mörderischen Sanktionen reichte. Dieser Krieg zielt darauf ab, den Weg für revolutionäre Fortschritte zu versperren und die erweiterten staatlichen Organe Venezuelas, insbesondere die „Sozialen Missionen“ und Kommunalen Räte, zu schwächen, die dazu beitrugen, die Regierung und die Regierungspartei in den arbeitenden Massen zu verankern(2).

Um es ganz klar zu sagen: Die Maduro-Regierung betreibt eine Kriegswirtschaft, ohne Instrumente für eine nachhaltige Planung und immer wieder gezwungen, aus einer Reihe „schlechter“ Optionen auszuwählen, die durch Sanktionen, die eine kollektive Bestrafung bewirken und die nationale Souveränität untergraben sollen, effektiv eingeschränkt werden.

Der Energiesektor des Landes liefert klare Beispiele, wie etwa der US-amerikanische transnationale Konzern Chevron, der trotz seiner Minderheitsbeteiligung den Betrieb und den Verkauf in Joint Ventures übernimmt. Jüngste Erdgasgeschäfte sind ebenfalls ein Beweis für die schwache Verhandlungsposition von Caracas, da der staatlichen Ölgesellschaft PDVSA Gewinnanteile verweigert wurden und sie in Geschäften mit ausländischen Partnern lediglich Steuern und Lizenzgebühren einziehen darf. Die Wirtschaftspolitik der Regierung in einem Vakuum darzustellen oder den weltumspannenden Kontext, der sie in hohem Maße bestimmt, herunterzuspielen, ist mehr als irreführend.

Faschismus und die chavistische Basis

Es ist der Gipfel der politischen Doppelzüngigkeit, so zu tun, als würde die Durchsetzung der imperialistischen Kampagne zum Regime Change der Wiederbelebung des Chavismus oder der venezolanischen Linken im Allgemeinen förderlich sein. Vielmehr täuscht diese Position über die Schönfärberei der faschistischen Bedrohung durch Maria Corina Machado hinweg, die sich ganz offen für die Auslöschung des Chavismus ausgesprochen hat.

Hetland und Velasco betonen den weitgehend „spontanen“ Charakter der Proteste nach den Wahlen, die in vielen popularen Vierteln ausbrachen, aber sie schweigen über die erneute politische Gewalt gegen Chavisten, einschließlich der Ermordung von zwei lokalen Anführerinnen – Isabel Gil, 74, und Mayauris Silva, 49, die fatal an die Guarimbasvon 2014 und 2017 erinnern.

Die sozialen Bewegungen in Venezuela betrachten diese Bedrohung zu Recht als existenziell und stehen weiterhin fest an der Seite der Regierung Maduro, ungeachtet ihrer internen Kritik an deren Widersprüchen und Fehltritten sowie der allgegenwärtigen Spannungen mit staatlichen Institutionen.

Wahlen sind, wie der Sprecher der Kommune El Panal 2021, Robert Longa, es ausdrückt, „nur ein taktischer Moment in unserem umfassenderen Kampf“, um neue territorialisierte Produktionsverhältnisse und eine Selbstregierung des Volkes als Grundlage für den sozialistischen Wandel zu schaffen. Angesichts eines weißen suprematistischen Imperiums, das seine Krisen zunehmend durch völkermörderische Kriege löst, „sichert Maduro den Frieden, der für die Kommunen von entscheidender Bedeutung ist, um Kräfte zu sammeln und Fortschritte in Richtung Emanzipation zu erzielen“.

Für die organisierte Basis des Chavismus besteht der einzige Weg nach vorne derzeit darin, ihre Kapazitäten weiter auszubauen, um die allgemeine Richtung der Revolution in eine radikalere Richtung zu lenken. Der venezolanische Staat bleibt somit ein umstrittenes Feld, in dem Basisbewegungen einen Einfluss ausüben, den sie unter einer rechtsgerichteten Regierung niemals hätten.

In den letzten sechs Jahren haben die bäuerlichen Bewegungen in Venezuela, die auf eine lange Geschichte des Kampfes um Land zurückblicken, in den ländlichen Regionen Venezuelas bedeutende Erfolge erzielt. Beim „Bewundernswerten Bauernmarsch„(4) 2018 marschierten Hunderte von Campesinos und revolutionäre Verbündete mehr als 400 Kilometer weit, um vom venezolanischen Staat Antworten zu fordern. Diese Mobilisierung löste im gesamten Chavismus Begeisterung und Solidarität aus. In der Folge hat das Nationale Landinstitut mehr als 90 Prozent der von den Organisatoren vorgebrachten Landstreitigkeiten zugunsten kleiner Bauernkollektive geklärt.

Die Bauernbewegung protestiert zwar dagegen, dass bestimmte staatliche Maßnahmen, darunter der privatisierte Zugang zu Betriebsmitteln und Maschinen, Agrarunternehmen zugutekommen, doch regelmäßige Demonstrationen haben positive Reaktionen der Regierung in Bezug auf die Sicherung der Versorgung mit Kraftstoffen und die Festlegung fairer Erzeugerpreise für Kleinbauern bewirkt.

Organisationen der Volksmacht haben auch unter äußerst widrigen Bedingungen Fortschritte bei der Öffnung eines größeren politischen Raums erzielt, wie die Ernennung von Ángel Prado zum Minister für Kommunen in jüngster Zeit zeigt. Prado ist der erste Kommunarde, der Minister wurde und bringt als wichtiger Anführer der beispielhaften Kommune El Maizal und der Union der Kommunarden einen reichen Erfahrungsschatz in der Organisation mit. Er spricht sich offen dafür aus, dass Basisbewegungen eine größere Rolle bei der Gestaltung der Wirtschaftspolitik spielen sollten, und hat sich für die staatliche Finanzierung demokratisch gewählter lokaler Projekte eingesetzt. Obwohl der von der Volksmacht eingenommene Raum zweifellos begrenzt bleibt, zeigen ihr Kampfgeist und ihre Klarheit in Bezug auf die gegenwärtigen Herausforderungen, dass der sozialistische Horizont von Chávez keineswegs verschwunden ist.

Internationalistische Verantwortung

Doch anstatt diese real existierenden revolutionären Kräfte an der Basis gegen den US-Imperialismus zu unterstützen, rufen in den USA ansässige Akademiker wie Hetland und Velasco abstrakt dazu auf, „sich der Apologetik für Maduro zu widersetzen“ und „die Menschen zu verteidigen, die einst den Kern des Chavismus bildeten“. Sie fordern die Maduro-Regierung auf, die Macht an eine faschistisch geführte Opposition abzugeben, die auf die Vernichtung des Chavismus aus ist und möglicherweise das Leben von Tausenden von chavistischer Organisatoren wie Gil und Silva gefährdet.

Aber sie stellen erwartungsgemäß keine Forderungen an das US-Imperium, „den größten Gewalttäter“ gegen das venezolanische Volk und die Völker des Globalen Südens insgesamt. Ihre Feindseligkeit gilt stattdessen einem bedrängten Staatsoberhaupt, das sich strategisch mit antisystemischen internationalen Akteuren von Kuba und Simbabwe bis Palästina und Iran verbündet hat. Trotz ihrer Rückzüge und Zugeständnisse und der notwendigen Debatte darüber, wie weit sie gehen sollten, ist die Maduro-Regierung dennoch unermesslich demokratischer als das Regime in Washington, das derzeit einen kolonialen Holocaust in Gaza verübt, zusätzlich zu unzähligen anderen Verbrechen gegen arbeitende Menschen auf der ganzen Welt.

Genau wie in Libyen, Syrien und heute in Palästina und im Libanon gibt es keinen Mittelweg zwischen dem US-Imperialismus und den gegen das System gerichteten Staaten und Bewegungen, die vernichtet werden sollen.

Die Entscheidung für die internationale Linke ist klar.

*Lukas Koerner und Ricardo Vaz arbeiten im Team von Venezuelanalysis

Übersetzung: Olga Espín

Quelle: https://www.ebb-magazine.com/essays/whitewashing-imperialism

(1)“A plague on both your houses!“ ist ein Zitat Mercutios aus William Shakespeare: Romeo and Juliet III.1. In der deutschen Übersetzung des Stücks von August W. Schlegel: „Zum Teufel beider Sippschaft!“

(2)Die Consejos Comunales (Kommunale Räte) sind eine Struktur der Selbstverwaltung in den Gemeinden. Gewählte Nachbarschaftsvertreter sind zur Planung und Haushaltsgestaltung in lokalpolitischen Angelegenheiten berechtigt. Sie sind seit 2010 bzw. 2006 gesetzlich verankert, haben Verfassungsrang und sollen die Grundlage für den Kommunalen Staat bilden. Kommunen (comunas) sind Zusammenschlüsse mehrerer Consejos Comunales auf lokaler Ebene. Ziel ist die Selbstregierung des Volkes und die Überwindung des bürgerlichen Staates. Hugo Chávez bezeichnete die Kommunen als „Keimzelle für den Aufbau des Sozialismus“

(3) Diese Einstufung mittels der „Executive Order 13692“ des US-Präsidenten dient zur Verhängung von Sanktionen und wird seit 2015 jährlich verlängert. Seitdem wurden über 900 Zwangsmaßnahmen gegen Venezuela verfügt, darunter verschiedene Finanz- und Handelssanktionen, die Geschäfte mit staatlichen Firmen verbieten, auch mit der staatlichen Erdölgesellschaft PDVSA. Die Sanktionen haben dem Land nach offiziellen Schätzungen in den letzten zehn Jahren 232 Milliarden US-Dollar entzogen.</fn>

(4)Der Name verweist auf die „Bewunderswerte Kampagne“ unter der Führung von Simón Bolivar und einer weitgehend bäuerlichen Armee, die für die Unabhängigkeit Venezuelas entscheidend war

1 Jahr Samidoun-Verbot – 1 Jahr Angriffe auf unsere Grundrechte

0

Wir veröffentlichen hier die Stellungnahme des bundesweiten Kufiya Netzwerks anlässlich des ersten Jahrestags des Samidoun-Verbots in Deutschland.

Heute vor einem Jahr wurde das international aktive Solidaritätsnetzwerk für palästinensische Gefangene Samidoun vom Bundesinnenministerium unter Leitung von Nancy Fieser (SPD) verboten. Dieses Verbot war Wochen zuvor bereits angekündigt worden und hatte einen noch längeren Vorlauf: Über Jahre hetzten Politiker, einflussreiche Medien und zionistische Lobbyorganisationen gegen die Organisation und forderten lange vor dem 7. Oktober 2023 ihr Verbot. Der Grund: Samidoun war laut, kämpferisch, stellte sich hinter den palästinensischen Widerstand in all seinen Formen und repräsentierte eine zumeist aus der arabischen Diaspora nach Deutschland gekommene Generation junger Palästinenser – und das alles auch noch in der Bundeshauptstadt Berlin. Diese Kraft konnte und wollte man angesichts der Lage in Palästina und der nach dem 7. Oktober aufkommenden Bewegung in Deutschland nicht länger dulden. Sie musste zerschlagen werden!

Versagen der Bewegung

Das Samidoun-Verbot muss rückblickend auch als ein Testballon gewertet werden: Die staatlichen Repressionsorgane probierten aus, wie die Palästinasolidaritätsbewegung reagieren würde, wenn man eine der bekanntesten und aktivsten palästinensischen Gruppen kurzerhand verbietet. Die Reaktion muss für sie ermutigend gewesen sein: Die Bewegung reagierte fast gar nicht. Abgesehen von einigen Stellungnahmen und vereinzelten Kundgebungen blieb es komplett ruhig. Dass zu dem Zeitpunkt der Genozid in Gaza bereits voll im Gange war und das Verbot einer Organisation in Deutschland demgegenüber weniger wichtig erschien, mag ein Teil der Wahrheit sein. Eine Entschuldigung für das Schweigen der Bewegung ist es aber nicht. Wir wissen außerdem, dass auch Angst vor Repression und Kontaktschuld sowie Vorbehalte wegen Kritik an den Positionen und dem Auftreten von Samidoun eine wichtige Rolle gespielt haben.

Folgen für uns alle

Mit den Folgen müssen wir seither leben: Mit Samidoun wurde ein wichtiger Akteur in der internationalen Bewegung hierzulande illegalisiert. Der Staat hat außerdem seitdem massiv in unser aller Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit eingegriffen. Bei Verboten von Parolen und Anzeigen wurde dabei nicht zuletzt auf vermeintliche Kontakte zu oder angebliche Symbole von Samidoun verwiesen. 

Ein halbes Jahr nach Samidoun wurde die Gruppe Palästina Solidarität Duisburg (PSDU) verboten – nicht zuletzt unter Verweis auf deren Kontakte und Solidaritätsbekundungen mit Samidoun. Hier hat sich der Staat noch weiter vorgewagt, denn er konnte sich bei PSDU weder auf eine jahrelange Vorarbeit noch auf angebliche Verbindungen zu palästinensischen Widerstandsorganisationen stützen.

Folgen für Betroffene

Aber nicht nur die Bewegung leidet unter dem Samidoun-Verbot. Faesers öffentlich inszeniertem Verbot folgten Hausdurchsuchungen, bei denen die Betroffenen von der Polizei misshandelt wurden. Die Medien waren bei diesen Durchsuchungen vor Ort und hetzen auch weiterhin immer wieder gegen ehemalige Aktive von Samidoun. Im Internet denunzieren außerdem zionistische Gruppen und Einzelpersonen politisch aktive Palästinenser als angebliche ehemalige oder gar weiterhin aktive (!) Samidoun-Mitglieder.

Personen, denen vorgeworfen wird, für Samidoun aktiv gewesen zu sein, oder die sich dazu auch bekennen und die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, erleben seither massive rassistische Schikane: von Kontaktverboten bis hin zu drohenden Abschiebungen. Selbst Menschen, die nie etwas mit Samidoun zu tun hatten, werden im Zuge ihres Einbürgerungsverfahrens nach möglichen Kontakten und nach ihrer Haltung zu Samidoun befragt.

Das Samidoun-Verbot war ein Angriff auf uns alle:
Auf die Betroffenen.
Auf die palästinasolidarische Bewegung in Deutschland.
Auf alle Menschen ohne deutschen Pass, die solidarisch mit Palästina sind.
Und auf die Grundrechte aller in Deutschland lebenden Menschen.

Wir stehen solidarisch an der Seite der Betroffenen in ihrem Kampf gegen das Verbot und die rassistische Repression! Sie wollen uns spalten, aber wir rücken immer mehr zusammen!

Freiheit für Palästina! Demokratie für Deutschland! Weg mit allen Verboten gegen die Palästinasolidarität!

Wir sind alle Samidoun!

0

Anmerkung der Redaktion der Kommunistischen Organisation (KO): Am 2. November 2023 wurde das palästinensische Gefangenensolidaritätsnetzwerk Samidoun vom Bundesinnenministerium unter Nancy Fauser (SPD) per Exekutivakt in Deutschland verboten. Mitte Oktober erklärten dann sowohl die USA als auch Kanada die Organisation in einer konzertierten Aktion zur „Terrororganisation“.

Wir veröffentlichen hier eine ins Deutsche übersetzte Solidaritätserklärung, die unmittelbar nach dieser Einstufung als „terroristisch“ von Unity of Fields veröffentlicht wurde. Wir halten diesen Text für ein wichtiges Dokument, weil er sich angesichts der Kriminalisierung von Samidoun und der damit verbundenen drohenden Kontaktschuld entschieden gegen jegliche Distanzierungen ausspricht und zudem eine starke Haltung in Bezug auf den antiimperialistischen Kampf in den imperialistischen Metropolen vertritt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir alle in diesem Text vertretenen Positionen – wie etwa die Einschätzung, dass in den USA Faschismus herrsche – teilen bzw. bewerten könnten.

Anmerkung der Redaktion von Unity of Fields: Die folgende Erklärung wurde am 16. Oktober 2024 von Unity of Fields aus Solidarität mit dem Samidoun – Palästinensisches Gefangenensolidaritätsnetzwerk abgegeben, nachdem das Finanzministerium der Vereinigten Staaten eine Liste mit sanktionierten Organisationen und Einzelpersonen veröffentlicht hatte und Kanada die Organisation als „terroristische Vereinigung“ einstufte.

Der Angriff auf Samidoun ist ein Angriff auf die gesamte antiimperialistische Bewegung und markiert den Beginn einer Welle der umfassenderen Kriminalisierung und Repression von Äußerungen, die den Widerstand unterstützen.

Am 15. Oktober 2024 stuften die USA das Palästinensische Gefangenensolidaritätsnetzwerk (Samidoun) unbegründet als Specially Designated National [„Besonders benannte Staatsangehörige“, Anm. KO] (SDN) ein, indem sie es kurzerhand auf die Liste der sanktionierten Organisationen und Einzelpersonen des Finanzministeriums setzten. Gleichzeitig erklärte Kanada Samidoun gemäß dem kanadischen Strafgesetzbuch zu einer „terroristischen Vereinigung“. Samidoun, seit Langem Ziel staatlicher Repression und liberal-zionistischer Aufstandsbekämpfung innerhalb der Bewegung, ist eine prinzipientreue und unnachgiebige internationale Stimme für Tausende palästinensische politische Gefangene. Wir lehnen diese unrechtmäßige „Terroristen“-Bezeichnung kategorisch ab und rufen die progressiven Kräfte international dazu auf, sich an die Seite von Samidoun zu stellen.

Imperialisten haben schon immer das Etikett „Terrorist“ als Waffe eingesetzt, um Befreiungsbewegungen zu delegitimieren. Aber die Einstufung von Samidoun, einer unbewaffneten Solidaritätsbewegung, ist eine qualitative Eskalation. Ob es darum geht, dass Kuba als „staatlicher Sponsor des Terrorismus“ eingestuft wird, ob Demonstranten von Stop Cop City wegen inländischen Terrorismus angeklagt werden oder ob Anklagen wegen material support to terrorism [„materieller Unterstützung des Terrorismus“, Anm. KO] (MST) gegen Antizionisten als Waffe eingesetzt werden – diese Terrorlisten und Einstufungen müssen vollständig abgelehnt und abgeschafft werden. Die USA, Kanada und die zionistische Entität sind die wahren „Terroristen“, die völkermordenden Siedlerstaaten, die auf Bergen von Leichen und Flüssen von Blut errichtet wurden, verbrennen in diesem Moment Palästinenser bei lebendigem Leibe in Krankenhauszelten und verleumden diejenigen als „Terroristen“, die es wagen, sich dagegen zu wehren.

Da der von den USA unterstützte zionistische Völkermord in Palästina und im Libanon sich verschärft, ist die zunehmende Aufstandsbekämpfung gegen die antiimperialistische Bewegung keine Überraschung. Machen wir uns nichts vor: der Faschismus ist bereits da. Dieser Angriff auf Samidoun ist ein Angriff auf die gesamte antiimperialistische Bewegung und markiert den Beginn einer Welle der umfassenderen Kriminalisierung und Unterdrückung von Pro-Widerstand-Äußerungen, bei der Gesetze wie MST und RICO [Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act, „Gesetz über von Schlägern beeinflusste und korrupte Organisationen“, Anm. KO] als Waffe eingesetzt werden, um die Solidarität zu brechen. Als antiimperialistische Kräfte müssen wir unsere Strategien rigoros an diese neue Phase der Repression anpassen. Es ist wichtiger denn je, unsere Unterstützung für den Widerstand zu bekunden. Denn je mehr von uns dies tun, desto schwieriger ist es für den Staat, uns zu spalten und zu desorganisieren. Wenn wir jetzt klein beigeben, kritische Solidarität verweigern und dem Staat erlauben, Organisationen durch Lawfare [Gesetzgebung und Rechtsprechung als Mittel innenpolitischer Kriegsführung, Anm. KO] und falsche Einstufungen als „terroristisch“ zu isolieren, geben wir nur unsere kollektive Stärke auf. Wir müssen die Rechtmäßigkeit der Achse des Widerstands bekräftigen, ebenso wie die Rechtmäßigkeit des militanten Widerstands im imperialen Kern.

Wie Samidouns internationale Koordinatorin Charlotte Kates 2023 sagte: „Wir sollten verstehen, dass der Grund für die Existenz von Terrorismusgesetzen darin besteht, die imperialistische Vorherrschaft in der Region aufrechtzuerhalten und einen kriminellen Mechanismus zu schaffen, der die Verbindung der Diaspora zu ihrem eigenen Befreiungskampf untergräbt und jegliche Form bedeutender internationaler Solidarität für diejenigen unterbindet, die an vorderster Front stehen und einen grundlegenden politischen Wandel in der Art und Weise herbeiführen, wie Menschen für Palästina und andere Befreiungsbewegungen eintreten und über sie sprechen…

Wir müssen dafür kämpfen, dass Widerstandsorganisationen von der Liste gestrichen werden, aber wir müssen auch dafür kämpfen, dass diese Strukturen insgesamt beseitigt werden. Denn der einzige Grund für ihre Existenz ist die Ausweitung der imperialen Macht. Sie existieren aus keinem anderen Grund. Sie existieren, um unsere Bewegungen zu zerstören. Sie existieren, um uns zu demobilisieren. Sie existieren, um uns voneinander zu trennen, und wir müssen uns dieser Trennung, dieser Spaltung, diesem Versuch, eine akzeptable Alternative für die Zukunft innerhalb des Imperialismus zu schaffen, widersetzen.“

Wie Samidoun in ihrer Stellungnahme „Wir leisten weiterhin Widerstand: USA und Kanada sanktionieren Samidoun“ vom 16. Oktober erklärte: „Als Samidoun – Palästinensisches Gefangenensolidaritätsnetzwerk bekräftigen wir unsere Unterstützung für das palästinensische Volk, die Gefangenen und den palästinensischen, arabischen und islamischen Widerstand, die täglich dem Völkermord und Besatzung entgegenstehen.

Gleichzeitig möchten wir betonen, dass Samidoun keine materiellen oder organisatorischen Verbindungen zu Organisationen hat, die auf den Terrorlisten der Vereinigten Staaten, Kanadas oder der Europäischen Union aufgeführt sind.

Wir bekräftigen unsere Worte anlässlich der Ankündigung des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz, Samidoun verbieten zu wollen: Im Arabischen bedeutet das Wort „Samidoun“: diejenigen, die standhaft sind. Wir verwenden diesen Namen, um uns auf die palästinensischen Gefangenen zu beziehen, die hinter Gittern bleiben und für die Freiheit kämpfen. Heute bekräftigen wir, dass wir standhaft und dem palästinensischen Volk verpflichtet bleiben werden, bis zum Sieg, zur Rückkehr und zur Befreiung.“

Ein Angriff auf einen von uns ist ein Angriff auf uns alle. 

Wir alle sind Samidoun!

„Terroristen“-Listen abschaffen!

Lasst die Repression mehr Widerstand hervorbringen.

„Das wird uns nur noch mehr Mut und Kraft geben“. Samidoun-Koordinator äußert sich zu den Angriffen der USA und Kanadas auf die Gruppe

0

Anmerkung der Redaktion der Kommunistischen Organisation (KO): Am 2. November 2023 wurde das palästinensische Gefangenensolidaritätsnetzwerk Samidoun vom Bundesinnenministerium unter Nancy Fauser (SPD) per Exekutivakt in Deutschland verboten. Mitte Oktober erklärten dann sowohl die USA als auch Kanada die Organisation in einer konzertierten Aktion zur „Terrororganisation“. 

Wir veröffentlichen hier ein ins Deutsche übersetztes Interview mit dem Samidoun-Sprecher Mohammed Khatib, in dem er sich zu diesem neuerlichen Angriff auf das Netzwerk äußert. Wir danken Mondoweiss für die Erlaubnis, das Interview zu spiegeln.

Am 15. Oktober gab das US-Finanzministerium eine gemeinsame Aktion mit der kanadischen Regierung bekannt, die sich gegen das Samidoun – Palästinensisches Gefangenensolidaritätsnetzwerk richtete. Die USA verhängten Sanktionen gegen die Organisation und Kanada setzte die Gruppe auf die Liste terroristischer Vereinigungen.

In der Pressemitteilung des Finanzministeriums wird Samidoun als „Schein-Wohltätigkeitsorganisation“ bezeichnet und beschuldigt, Gelder für die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) zu sammeln, eine säkulare marxistisch-leninistische palästinensische politische Partei, die vom US-Außenministerium als terroristische Organisation eingestuft wurde.

„Samidoun wird besonders wegen unserer politischen und lautstarken Unterstützung für die palästinensische Gefangenenbewegung und das Recht des palästinensischen Volkes auf Widerstand ins Visier genommen“, heißt es in einer Erklärung der Gruppe in Reaktion auf die Entwicklung. „Während die USA und Kanada zwei der größten materiellen Unterstützer Israels mit Waffen und Geld sind und die palästinensische Bewegung in ihren eigenen Ländern unterdrücken, haben ihre offiziellen Außenposten im Ausland häufig versucht, die palästinensische Politik durch an Bedingungen geknüpfte Finanzierungen und ähnliche koloniale Unternehmungen zu beeinflussen und zu lenken.“

„Mit diesen Sanktionen beabsichtigen die USA und Kanada nicht nur, den Völkermord zu unterstützen, sondern auch den verbalen Widerstand gegen diesen Völkermord zu kriminalisieren“, heißt es weiter. „Das palästinensische Volk hat, wie alle kolonisierten und unterdrückten Völker, das Recht auf Widerstand, um sich und sein Land vom Kolonialismus und der Besatzung zu befreien, vom Fluss bis zum Meer. Diejenigen, die sich der Besatzung und Unterdrückung widersetzen – der palästinensische Widerstand – sind nicht nur Helden des palästinensischen Volkes, sie sind Verteidiger der gesamten Menschheit.“

Der US-Korrespondent von Mondoweiss, Michael Arria, sprach mit Samidouns Europa-Koordinator Mohammed Khatib über die Situation.

Mondoweiss: Wann haben Sie die Nachricht gehört und wie war Ihre erste Reaktion?

Khatib: Ich habe es zuerst in den zionistischen Nachrichten gesehen und anschließend die Erklärung der USA.

Nach diesem schweren Jahr der Repression und des Völkermords war ich, um ehrlich zu sein, überhaupt nicht überrascht. Wir wissen, dass sich die USA hinter den Völkermord und die zionistische Entität stellen.

Diese Art von Repression richtet sich nicht nur gegen Samidoun und findet nicht nur in den Vereinigten Staaten und Kanada statt, sondern auch in Europa. Ich spreche gerade aus Brüssel zu Ihnen und bin von Abschiebung bedroht. Der Staat versucht beispielsweise, meinen Asylstatus in Belgien zu widerrufen.1 Auch unsere Genossinnen und Genossen in Deutschland sind starker Repression ausgesetzt.2

Das war also nicht wirklich überraschend, um ehrlich zu sein. Wir sehen das als Teil dieser Kampagne gegen das palästinensische Volk, gegen die palästinensische Diaspora, gegen die arabische und muslimische Community, gegen die Solidaritätsbewegung mit Palästina. Wir haben diese Formen der Repression gegen die Studentenbewegung, gegen die Queer-Bewegung, gegen die jüdische Gemeinschaft erlebt, weil sie sich für Palästina eingesetzt haben. Wir sind also Teil dieses Gesamtpakets.

Was halten Sie von den konkreten Anschuldigungen des Finanzministeriums, dass die Gruppe eine „Schein-Wohltätigkeitsorganisation“ sei, die Geld für die PFLP sammelt?

Wir haben nie behauptet, eine humanitäre Organisation zu sein, so wie sie verstehen, was humanitäre Arbeit ist. Aber das ist eine Verleumdungskampagne. Es ist ein Angriff, um das Netzwerk zu delegitimieren und Angst vor uns zu schüren.

Sie greifen uns an, weil wir Spenden für andere politische Gruppen und Parteien gesammelt haben, und sie wissen sehr gut, dass das nicht wahr ist. Wenn es hier ernsthafte Vorwürfe gäbe, wären viele von uns jetzt im Gefängnis. Es gibt also keine rechtliche Grundlage oder Anhaltspunkte für irgendetwas davon. Es ist einfach eine verlogene Kampagne, um Samidoun und die Arbeit, die wir leisten, anzugreifen.

Als einer der Mitbegründer von Samidoun kann ich Ihnen sagen, dass wir jedes Mal, wenn wir von der zionistischen Entität auf diese Weise angegriffen werden, in Deutschland, in Kanada, in den USA, stärker und schlagkräftiger werden. Das ist eine Art Bestätigung für uns, dass wir auf dem guten politischen Weg sind und auf der richtigen Seite stehen.

Das wird uns also niemals Angst machen, und wir werden niemals zulassen, dass sie das tun, was sie gegen unser Netzwerk vorhaben.

Inwiefern behindern diese Maßnahmen der USA und Kanadas Ihre Fähigkeit, Menschen zu organisieren und zu unterstützen?

Auf jeden Fall wird sich das auf unsere Mittelbeschaffung auswirken, aber wir erhalten keine großen Geldbeträge. Wir sind die meiste Zeit auf die Unterstützung von Einzelpersonen angewiesen. Um ehrlich zu sein, werden unsere Community, unsere Leute, die Unterstützer Palästinas, wenn sie diese Art von Kampagne gegen uns sehen, uns und unsere Arbeit noch mehr unterstützen.

Deshalb ist Samidoun ein sehr schwer zu zerschlagendes Netzwerk und politische Organisation, weil wir nicht auf Geld angewiesen sind. Wir haben keine Büros oder Mitarbeiter, wie es bei anderen Organisationen der Fall ist. Wir sind eine sehr schlanke Organisation und unsere Arbeit vor Ort erfordert nicht viel Geld. Wir haben eine alternative Perspektive auf Organisation und Mobilisierung. Jede lokale Gruppe ist unabhängig. Wir verdienen ein wenig Geld, das wir für die Herstellung von Flyern und Aufklebern und solche Dinge benötigen. Wir nehmen keine Zuschüsse und kein Geld von Stiftungen an. So arbeiten wir nicht. Es wäre also sehr schwer für sie, uns davon abzubringen.

Natürlich ist das das Ziel des Angriffs: Es soll uns schwer gemacht werden, Spenden zu sammeln und Unterstützung zu erhalten, aber das wird uns niemals brechen oder vernichten. Das wird uns nur noch mehr Mut und Kraft geben.

Welche Auswirkungen haben diese Schritte auf die Palästina-Bewegung im Allgemeinen?

In einer Zeit, in der wir mit ansehen müssen, wie unser Volk bei lebendigem Leib verbrennt, wie unsere Gemeinden vertrieben werden und wir mit ethnischer Säuberung und Völkermord konfrontiert sind, wird uns dies nur Kraft geben.

Wir müssen zurückschlagen, noch mehr mobilisieren und verstehen, dass wir, als Teil der palästinensischen Diaspora, Teil des Kampfes sind. Das bedeutet, dass wir Teil des Widerstands sind, des Widerstands des palästinensischen Volkes. Als Teil der Diaspora sind wir nicht nur in der Solidaritätsbewegung Palästinas. Die Solidaritätsbewegung selbst ist nicht vom palästinensischen Widerstand isoliert. Der palästinensische Widerstand stützt sich auf die Solidaritätsbewegung als eine Art Hülle, die das palästinensische Volk schützt, unterstützt und ihm Raum bietet.

All diese Angriffe auf das palästinensische Volk, auf unsere Jugend, die sich heute im Kampf einsetzt, auf die Studentenbewegung oder an andere Fronten zeigen, dass wir mehr denn je die Pflicht haben, unsere Massenorganisationen wieder aufzubauen, uns stark zu organisieren und Teil des Befreiungsprogramms zu sein. Um Teil des Befreiungsprojekts des palästinensischen Volkes zu sein und unsere Rolle als wesentlicher Bestandteil dieses Widerstands zu spielen.

Wir haben eine sehr strategische und wichtige Rolle und Position. Wir befinden uns im Herzen der Bestie. Wir befinden uns im imperialistischen und kolonialistischen Zentrum in Brüssel, in Berlin, in Paris. Hier wurde die zionistische Bewegung geboren. Unser Volk zu Hause in Palästina kämpft darum, den Zionismus zu besiegen. Wir müssen dafür sorgen, dass wir den Zionismus an seinem Geburtsort im Westen, in Brüssel, in den Vereinigten Staaten, in Kanada, stoppen.

Ich denke, die Kanadier und Amerikaner verhalten sich so, nicht nur, weil ihnen Israel am Herzen liegt, sondern auch, weil sie allmählich die Gefahr erkennen, die von einem Zusammenbruch des Zionismus ausgeht. Das wird der Befreiungsbewegung in den Vereinigten Staaten und Kanada eine Perspektive geben, damit Schwarze, Indigene, Migranten, Flüchtlinge, Araber und Muslime in den Vereinigten Staaten vereint werden können. Denn so wie Israel besiegt werden muss, müssen auch Kanada und die USA besiegt werden.

  1. Siehe hierzu: https://peoplesdispatch.org/2024/08/01/palestinian-activist-in-belgium-faces-deportation/ [Anmerkung KO] ↩︎
  2. Siehe auch unser Interview mit dem ehem. Deutschlandkoordinator von Samidoun, Zaid Abdulnasser vom 12. November 2023. [Anmerkung KO] ↩︎

Die Doppelmoral der BRD-Klassenjustiz

0

Seit 34 Jahren verfolgen Gerichte der Bundesrepublik Deutschland ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR, wobei die moralische Empörung stets das Bild dominiert. Der aktuelle Fall eines 80-jährigen Angeklagten, dem der Mord an einem polnischen Staatsbürger im Jahr 1974 vorgeworfen wird, steht exemplarisch für eine systematische politische Kampagne gegen die ehemalige DDR und ihre Institutionen. Es ist trotz anderslautender Behauptungen die erste Verurteilung eines Mitarbeiters des MfS in dieser Art.

Der Vorfall geschah am 29. März 1974 nahe der Grenzübergangsstelle am Berliner Bahnhof Friedrichstraße. Das Opfer hatte zuvor in der polnischen Botschaft mit einem Sprengstoffanschlag gedroht, um seine Ausreise nach Westberlin zu erzwingen. Es handelte sich also um eine glaubhafte Drohung eines Terroranschlags. Diese Tatsache wirft die Frage auf, inwieweit die Situation als bedrohlich wahrgenommen wurde. Es gibt verschiedene Szenarien, die den Tod erklären könnten: Zum einen drohte das Opfer bereits mit einem terroristischen Anschlag, zum anderen wird in MfS-Akten von einer Pistole berichtet, die aus der Manteltasche gezogen wurde. Die Situation könnte durchaus gefährlich gewesen sein, aber es ist ebenso denkbar, dass es sich um Totschlag handelte, wie das Verfahren 2017 begründete.

Dennoch gilt in einem Rechtsstaat der Grundsatz „in dubio pro reo“ – im Zweifel für den Angeklagten. Doch bei politischen Prozessen, wenn es um Antifaschisten, Kommunisten oder die DDR geht, zeigt sich die Fratze der Klassenjustiz. Fakten werden dann schnell nebensächlich, wie die inquisitorische Anti-DDR-Rechtsprechung der letzten Jahrzehnte eindrücklich zeigt.

Obwohl kaum Beweise für den Mordvorwurf vorgelegt wurden, verurteilte das Landgericht Berlin den Angeklagten am 14. Oktober 2024 zu zehn Jahren Haft wegen Mordes. Damit ist er der bisher einzige ehemalige Mitarbeiter der Staatssicherheit, den ein bundesdeutsches Gericht wegen Mordes verurteilt hat. Und genau darum ging es: Es war die wohl letzte Gelegenheit, hier ein Urteil zu erwirken. Dies war weniger eine rechtliche, sondern eine politische Entscheidung. Beides ist völlig untragbar – sowohl die Rechtsbeugung als auch die politische Positionierung der BRD, die sich lieber gemeinmacht mit Faschisten und alles nur Erdenkliche tut, um den Antikommunismus hochzuhalten und das vermeintliche „Unrecht“ der DDR zu beweisen. Hierfür werden Zahlen und Fakten gebraucht, die dann auch mit solchen Urteilen erzeugt werden sollen.

Diese Verurteilung verdeutlicht nicht nur den ideologischen Kampf gegen die Errungenschaften des sozialistischen deutschen Staates, sondern auch die tiefe Heuchelei der heutigen Bundesrepublik. Während ehemalige DDR-Vertreter kriminalisiert werden, bleibt die massive Gewalt, die von BRD-Institutionen ausgeht, weitgehend ungesühnt. Der NSU-Skandal (Nationalsozialistische Untergrund), an dem über Jahre hinweg rassistisch motivierte Morde begangen und staatliche Behörden, einschließlich des Verfassungsschutzes, beteiligt waren, zeigt die Doppelmoral des deutschen Staates deutlich auf.  Auch ist die moralische Empörung der BRD über die Grenzsicherung der DDR zutiefst scheinheilig. Schließlich ist die BRD selbst Mitinitiator eines Regimes an den EU-Außengrenzen, das zum Tod von Zehntausenden Menschen geführt hat.

Dass Mord in der BRD erst seit den späten 1970er Jahren nicht mehr verjährt, war das Ergebnis eines knappen Votums im Bundestag. Das Kalkül dahinter war, der internationalen Gemeinschaft zu suggerieren, dass Naziverbrecher in der BRD tatsächlich verfolgt würden. In Wahrheit wurden diese Prozesse jedoch systematisch verschleppt oder erst Jahrzehnte später eingeleitet. Oft starben die Täter vor Abschluss des Verfahrens, wie es im Fall Oskar Gröning deutlich wurde. Obwohl Gröning seine Hilfe an der industriellen Massenvernichtung nicht abstritt, wurde der Prozess so lange hinausgezögert, dass er vor Haftantritt verstarb. Dennoch lobte sich die BRD für ihre vermeintliche „Rechtsstaatlichkeit“, während gelegentlich auch gefordert wurde, „die alten Männer in Ruhe zu lassen“.

Es ist offensichtlich, dass der ideologische Kampf gegen den Sozialismus in der DDR weiterhin geführt wird. Die Verurteilung ehemaliger MfS-Mitarbeiter, die in einer anderen historischen und politischen Realität agierten, zeigt, dass die Deutungshoheit über die Geschichte der DDR immer noch umkämpft ist. Es geht dabei nicht nur um die Vergangenheit, sondern auch darum, ein politisches Signal zu setzen, das die BRD gezielt für ihre antikommunistische Agenda nutzt.

https://www.jungewelt.de/artikel/473660.justiz-und-ddr-viele-fragen-offen.html
https://www.sueddeutsche.de/kultur/nazi-verbrecher-oskar-groening-muss-man-greise-ns-taeter-in-haft-stecken-1.3832709

Auszeichnung unserer Arbeit zur DDR durch das OKV

0

Wir bedanken uns sehr herzlich bei dem Ostdeutschen Kuratorium von Verbänden (OKV) für die Auszeichnung unserer Arbeit zur DDR. Es ist für uns eine besondere Ehre, von Genossinnen und Genossen bedacht zu werden, die selbst aktiv am Aufbau des Sozialismus der DDR beteiligt waren und sich auch über die Phase der Konterrevolution hinweg standhaft gegen Verleumdungen und Antikommunismus gewehrt haben.  

Die Erfahrungen und das Wissen über das erste Kapitel des Sozialismus in Deutschland, die sich im OKV versammeln, sind für uns eine unabdingbare Quelle zum Verständnis der Errungenschaften, Widersprüche und der letztlichen Niederlage. Gerade in einer Zeit in der internationale Solidarität mit antiimperialistischen Kämpfen und eine konkrete Alternative zum Imperialismus und seiner aggressiven Kriegspolitik nötiger denn je sind, gilt es die Erfahrungen und Lehren der DDR zu studieren. Wir freuen uns auch in Zukunft auf genossenschaftliche Zusammenarbeit und Kritik für die Herausforderungen der Klassenkämpfe unserer Zeit und für ein tieferes Verständnis unserer gemeinsamen Geschichte.  

Das Kuratorium selbst entstand in Folge der Annexion der DDR und vereinigt zahlreiche Vereine und Organisationen die sich gegen die Verfolgungen und Klassenjustiz der BRD stellen. Neben zahlreichen Büchern und Artikeln über die Politik der DDR und ihrer Geschichte, greift das OKV auch mit Veranstaltungen und Stellungnahmen gegen die Zeitenwende und NATO-Kriegspolitik in das aktuelle Geschehen ein.  

Mehr Informationen findet ihr hier auf ihrer WebSite: Ostdeutsches Kuratorium von Verbänden e. V. – Die offizielle Seite des OKV (okv-kuratorium.org) 

Solidarische Grüße an alle Verbände des Kuratoriums! 

Palestine says: “I was, I am, I shall be!” One year of the Al-Aqsa flood

0

One year ago, the resistance in the Gaza Strip rose up to break out of the open-air prison, to disprove the myth of Israel’s invincibility, to remind the world that the Palestinians still exist, to bring the hundred-year war in Palestine hopefully to its final phase.

The “order” before the flood

The history of Palestine did not begin on October 7, 2023. We have been saying this for a year now. But it is important that we keep reminding ourselves of it. On the one hand, we must learn from history: from the history of more than a hundred years of struggle carried out by the Palestinians for their liberation, like the countless other struggles for liberation in the world. On the other hand, however, we must also recall what it was like before October 7.

Because in the face of the current situation – the almost incomprehensible suffering of the people of Gaza, the massacres that are now also befalling the Lebanese people, the assassination of various Palestinian and Lebanese leaders, the repeated escalations by Israel towards its neighbors, the lack of an uprising in the West Bank – it seems there are enough reasons to lose heart.

But how was it before the 7th of October? In Palestine, there was an “order”. The “order” of the Zionists, the “order” of creeping ethnic cleansing, the “order” of slow genocide, an “order” in which, on average, one Palestinian was murdered by the occupying army every day. And the Zionists and their imperialist allies had even managed to impose this “order” on the entire region: more and more Arab countries had “normalized” their relations with the settler regime.

The resistance in the West Bank, which was increasingly resorting to armed actions again, was able to disrupt the “order” in the West Bank, however it was unable to shake this regional “order” to its very foundations. This resistance was more than just a drop in the ocean. But to wash away the foundation of this “order”, it needed a flood.

Palestine After the Flood

This flood came on October 7. And it plunged the Zionist regime into an unprecedented crisis that encompasses all levels: domestic, foreign, economic, military and moral. Israel’s victories in the past were “Blitzkrieg victories”. A war of attrition, like the one that has been going on for a year now, is something the Zionist entity cannot afford. We can see that right now: the settler regime is crumbling at every turn.

More than 46,000 businesses have gone bankrupt since October, as has Israel’s only port on the Red Sea; tourism has completely collapsed, Israeli bonds are now worthless, and in June the Intel corporation withdrew a $25 billion investment.1 Most recently, Israel’s credit rating was downgraded again;2 the rating agency Moody’s is now warning of an “increased default risk”.3 Furthermore, the power supply is no longer secure since Colombia, Israel’s largest coal supplier, announced that it would stop exporting until the genocide in Gaza ended.4 Agriculture and the construction sector are extremely affected by the lack of cheap labor from the West Bank and Asian countries.5 Meanwhile, according to Israeli economists, the war has already cost more than $67 billion as of August.6 

According to surveys, a quarter of the settler population is seriously considering emigration. Recent reports speak of up to 1 million settlers who have left the country since October,7 which would correspond to 15 percent of the Jewish-Israeli population. According to other surveys, 80 percent of Israelis living abroad do not want to return to Palestine.8 In addition, there are about 200,000 internally displaced persons from the north and the area around the Gaza Strip.9 The social divisions arising from all the contradictions and problems of the colonial system find expression in regular protests and clashes in the streets between the settler population and, in early September, a general strike by the Zionist “union” Histadrut. This polarization was further exacerbated by the fact that ultra-Orthodox Jews are now also to be drafted into the military. However, more than 93 percent of the Haredim who have been drafted so far refuse to serve in the military.10 

Officially, 700 IDF soldiers have been killed in action since October 7, although many believe this number to be significantly too low.11 15,000 have been officially injured in Gaza,12 and 5,000 at the Lebanese border.13 However, for more than a month now, since Hezbollah carried out a retaliatory operation at the end of August, there has been increased censorship in Israel, especially in the north. In contrast, CNN reported that Israel has so far only permanently destroyed three of Hamas‘ 24 combat battalions.14 Although Hezbollah has also suffered extremely serious blows, it continues to demonstrate its high level of morale and fighting ability – while still tactically withholding their more advanced weapons for now.15 Meanwhile, Ansarullah in Yemen and the resistance militias in Iraq have so far defied sporadic attacks by Israel, the US and their allies, and have continued their own spectacular operations against Israel using missiles and drones.

The World After the Flood

The liberation struggle of the Palestinians has always had a regional and global significance: similar to the case of the apartheid regime in South Africa or the US genocide in Vietnam, Palestine always held up the racist, colonialist and imperialist character of the West for the entire world to see. Armed to its teeth, the white “master race” is massacring and expelling a people who are inferior in military, technical and economic terms, while receiving full support from Europe and North America. This is why the Palestinians, who often had nothing except their superior morality and fighting spirit, have always had the solidarity of all the oppressed and progressive people of the world.

The ‚Palestine question‘ was at the core of the so-called Middle East conflict, which originally referred to the decades-long struggle of the Arab countries against Zionist colonialism and expansionism – until more and more Arab regimes “normalized” their relations with Israel. But this “normalization” is now over! Even the most reactionary despots in the region must tremble before the anger of their peoples, who stand united behind the Palestinians, and are thus forced to make corresponding concessions. Furthermore, since October 7, it has become clear that an axis of resistance has indeed formed in the region, stretching from Gaza and the pockets of resistance in the West Bank to Lebanon, Syria, Iraq and as far as Yemen and Iran.

Simultaneously, the October 7 uprising occurred at a time when Western imperialism is crumbling and struggling to hold together its empire. For the imperialists, the Al-Aqsa flood came at an inopportune time: At a time when the US was struggling with the question of whether it could wage war against Russia and China at the same time, or whether it would be better to abandon Ukraine in favor of Taiwan, the “order” in the Middle East that had been established for years through dollar diplomacy and „normalization“ on the backs of the Palestinians collapsed in a matter of a single day.

Palestine and the entire region have thus objectively become, alongside Ukraine, the Pacific and West Africa, a hot front in the current great war to defeat 500 years of Western world domination. This does not mean that the actors – the Palestinian resistance, the Axis of Resistance, Russia, China and the Alliance of Sahel States – have yet subjectively come to see themselves as such an anti-Western and anti-imperialist front. Even though there is an increasing number of bilateral initiatives in the form of mutual military, economic and political support between various actors, and also BRICS whose multilateral approach is becoming more and more attractive to many, there exist still major differences, numerous clashes of interests or simply hardly any concrete contacts.

Germany after the flood

And yet: the Al-Aqsa flood has put Palestine back on the worldwide agenda, including here in Germany. Even before October 7, the repression against activists of Palestine solidarity in the Federal Republic of Germany was completely disproportionate. And yet the Gaza uprising has triggered a wave of racist hysteria and a frenzy of repression the likes of which this country has not seen in decades and the extent of which may have taken most by surprise.

Why? Because Germany’s unconditional solidarity with the colonial project in Palestine in the form of the called so-called ‚reason of state‘ is a fundamental component of the current official ideology of legitimization of German imperialism: “Never again Auschwitz” from the mouth of the ruling class in Germany means: “Never again war without us!” It means: “The world may recover by the new German character!”16 it means: “Our place in the sun17 is called Israel”.

Like the Russian military intervention in Ukraine, the Gaza uprising is both an expression of and a further impetus to the acute crisis of imperialism, which will hopefully put an end to the old-world order once and for all and at the same time creating new spaces for national liberation movements and revolutionary forces around the world. And just as the war in Ukraine, so too the genocide in Gaza is forcing the progressive and peace forces, as well as the broad population in Germany, to take a stand on this development.

The result is a mixed bag, as one might expect given the conditions in this country: a broad solidarity movement with the Palestinians that encompasses all sections of the population has so far failed to materialize. Also, there is obviously currently only a small overlap between those who take to the streets against the war in Ukraine and those who protest against the Gaza genocide. Nevertheless, masses of people have been and are still being stirred up by the images and reports from Palestine and now also from Lebanon and are increasingly being driven onto the streets. Many have also recognized the necessity of organizing, resulting in the emergence of numerous new pro-Palestine groups. Here, too, the calm and “order” of those in power are faltering.

The political left is also positioning itself better and more clearly overall than it is doing in the case of the Ukraine war. On the one hand, it is easier to recognize the Palestinians as victims of Zionist colonialism than to recognize Russia as a victim of Western imperialism. On the other hand, one should not underestimate the continuing solidarity in the face of massive agitation and repression: Despite widespread problematic positions, for example with regard to the Islamic actors, the left-wing Palestinian movement as a whole is resisting the pressure from the ruling circles in Germany to distance itself from solidarity with Palestine and from solidarity with pro Palestinian actors and create divisions within the movement. However, this does not apply to the Palestinian movement as a whole in Germany, which not only includes the political left. And its fragmentation is still severe.

To summarize: the Al-Aqsa flood challenged us as a solidarity movement, and it still challenges us. We have “passed” in that we continue to be unshakeable in our solidarity, have been taking to the streets for a year, standing up to the rulers and their thugs, and loudly contradicting the silence and the lies. Many actors have also revised, sharpened and improved their political positions on Palestine in the face of the confrontation forced upon them.

Furthermore, we were also forced to place the struggle to defend our own fundamental rights higher on the agenda. It must be clear to us that the positive development on the international stage, namely the global weakening of the imperialist world “order”, will increasingly mean harsher conditions for us who live and struggle here in the imperialist centers. What we have been experiencing since October 2023 is likely only a taste of what is to come.

This also brings us to our own limits, which the Al-Aqsa flood has shown us: the Palestine, peace, left and communist movements lack unity and, above all, a unified strategy. This applies both to the question of what solidarity actually looks like and how we can develop a solidarity whose effects reach the people in Palestine. And also, for the fight against the dismantling of democracy, which so severely limits our solidarity work. The task of answering these questions was put to us concretely on October 7.

The wretched of the earth are calling to the last stand

We don’t know whether October 7 actually marks the beginning of the end of settler colonialism in Palestine, as a comrade from the Palestinian Communist Party predicted. After a year of trepidation, suffering and struggle, however, we should be clear: it is bad and it will probably get worse. Anyone who thought on October 7, 2023 that Palestine would be free in a year was proven wrong. Those who hoped for rapid, direct, large-scale military intervention by Lebanon, Iran or other states were just as disappointed as all those who relied on the UN and the “international community”. 

The past year was an emotional rollercoaster: Overwhelming joy and elation were quickly followed by shock and horror, and fierce defiance was followed by fear and disappointment. We must learn the lesson: The phase that began on October 7 will be one of a long-lasting war of liberation, a slowly escalating war of attrition and wear and tear. Because of the nature of this colonial war, Palestinians and other Arabs will continue to die in the first place. And: It will be a hard time full of successes and setbacks, full of hope and joy and full of despair, sadness, fear and anger, full of uncertainty and insecurity, full of lies and rumors.

The 7th of October was the result of an unbearable culmination of contradictions in the region. It was a response to the betrayal by the Palestinian leadership in Ramallah and numerous Arab and Muslim countries. It was an outcry in the face of the ignorance of the world. It was the angry attempt of an oppressed and militarily inferior people to show that their oppressor is not all-powerful. And in this sense, it was already successful: October 7 proved that the Zionists‘ “order” is built on sand. Gaza marched and shouted the old slogan of revolutionary Cuba to the world: “Homeland or Death!” Palestine rose up and proclaimed before everyone’s eyes: “I was, I am, I shall be!”18

  1. https://mondoweiss.net/2024/07/the-end-of-israels-economy/ ↩︎
  2. https://thecradle.co/articles/sp-joins-moodys-in-downgrading-israel-credit-rating ↩︎
  3. https://www.deltavalue.de/moodys-rating/ ↩︎
  4. https://mondoweiss.net/2024/07/the-end-of-israels-economy/ ↩︎
  5. https://www.jungewelt.de/artikel/480919.versch%C3%A4rfte-ausbeutung-israel-wirbt-indische-arbeiter-an.html ↩︎
  6. https://www.aa.com.tr/en/economy/israeli-war-costs-economy-over-673-billion-economists/3304597 ↩︎
  7. de.irna.ir/news/85571472/ ↩︎
  8. https://thecradle.co/articles-id/23976 ↩︎
  9. https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/547184/sechs-monate-nach-dem-angriff-der-hamas-auf-israel-chronologie-des-kriegsgeschehens/ ↩︎
  10. https://thecradle.co/articles/only-70-out-of-1100-ultra-orthodox-jews-complied-with-draft-orders-israeli-army ↩︎
  11. https://t.me/almayadeenenglish/4395 ↩︎
  12. https://thecradle.co/articles/israel-recalls-15000-reservists-as-casualties-in-gaza-mount ↩︎
  13. https://thecradle.co/articles/israeli-hospitals-record-over-5000-wounded-in-fight-against-hezbollah ↩︎
  14. https://edition.cnn.com/interactive/2024/08/middleeast/gaza-israel-hamas-battalions-invs-intl/ ↩︎
  15. https://occupiednews.com/militaerische-analyse-was-macht-hisbollah ↩︎
  16. “The world may recover from the German character” („Am deutschen Wesen mag die Welt genesen“) comes from a poem by Emanuel Geibel and was adopted by Kaiser Wilhelm II to legitimize Germany’s imperialist interests in the sense of a ‘German Man’s Burden’. ↩︎
  17. The phrase “our place in the sun” („unser Platz an der Sonne“) was used in the German Empire to justify the claim to colonies vis-à-vis the other imperialist powers.  ↩︎
  18. On January 14, 1919, Rosa Luxemburg’s last text was published under the title “Order Prevails in Berlin”, just a few hours after the Spartacus Uprising in Berlin had been crushed and before she and Karl Liebknecht were murdered. The text ended with the following quote: ““Order prevails in Berlin!” You foolish lackeys! Your “order” is built on sand. Tomorrow the revolution will “rise up again, clashing its weapons,” and to your horror it will proclaim with trumpets blazing: I was, I am, I shall be!“ ↩︎

Pazifismus führt nicht zum Frieden

0

Keiner ist gegen Frieden

Artikel von Alexander Kiknadze

Zitat: “Wir müssen Russlands Krieg und die Gewalt des palästinensischen Widerstands verurteilen. Sonst sind wir kein Friedensbündnis. Wir lehnen Gewalt ab.“

Diese Auseinandersetzung kennt vermutlich jeder, der in der Friedensbewegung aktiv ist. Um die Bundesregierung für ihre Unterstützung der Ukraine und des israelischen Genozids in Gaza kritisieren zu dürfen, wird verlangt, sich „aber auch genauso von der Gewalt der anderen Seite” zu distanzieren. Aus dem einfachen Grund, dass man ganz prinzipiell gegen Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung ist. Dieser Streit wiederholt sich ständig – je nachdem, über welchen Krieg gerade geredet wird und führte schon zu einigen Brüchen in der Friedensbewegung.

Bei dem oben genannten Zitat handelt es sich um Pazifismus.

Dieser Begriff wird von denen, die ihn ablehnen, häufig als Kampfbegriff benutzt, um den Mitstreiter zu diskreditieren. Das führt häufig zu Spaltungen der Bündnisse, ohne dass man in der Sache mit dieser Haltung wirklich auseinandergesetzt hat. Dieser Text setzt sich deshalb zum Ziel, im Gegensatz zu einer diffamierenden und ausgrenzenden Kritik, den Pazifismus in der Sache als moralische Grundhaltung zu kritisieren. Denn: Er redet denen, die den Krieg machen, das Wort und erweist damit dem Kampf gegen den Krieg, also seinem eigenen Ziel, einen Bärendienst.

Was ist also Pazifismus? Die Begriffsdefinition im Duden deckt sich inhaltlich gut mit dem Zitat oben: „P. ist eine weltanschauliche Strömung, die jeden Krieg als Mittel der Auseinandersetzung ablehnt und den Verzicht auf Rüstung und militärische Ausbildung fordert“.

Was ist Frieden? F. ist der [vertraglich gesicherte] Zustand des inner- und zwischenstaatlichen Zusammenlebens in Ruhe und Sicherheit.

Auf den letzten Teil der Begriffsdefinition weisen Friedensaktivisten die herrschende Politik immer wieder hin: Mit Waffenlieferungen, Raketenstationierungen und Durchqueren von Gewässern, die andere Staaten als ihr Hoheitsgebiet verstehen, gefährdet man doch das zwischenstaatliche Zusammenleben in Ruhe und Sicherheit. Friedenslösungen muss es doch mit Diplomatie geben.

Politiker reagieren auf diese Einwände in der Regel mit einem Staunen: Solche Forderungen seien angesichts der Aggressivität und Gewaltbereitschaft der Diktatoren und Terroristen der Welt doch naiv. Sie seien es, die die internationale Friedensordnung gefährden. Putin und die Hamas hätten gezeigt, dass Gewalt für sie ein legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung ist. Wer jetzt fordere, mit ihnen zu verhandeln, der ist weltfremd und habe sich von seinen eigenen (!) Idealen verabschiedet.

In diesen Antworten der Herrschenden steckt sehr viel Wahrheit über die prekäre Lage ihrer Friedensordnung: Nämlich, dass sie aus ihrer Sicht ständig in Gefahr ist und entsprechend ohne Gewalt nicht auskommt.

Die Friedensordnung und ihre Moral

Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs gibt es keine Kriegsministerien mehr, sondern nur noch Verteidigungsministerien. Das hat einen Grund: Nach zwei Weltkriegen haben sich die kapitalistischen Großmächte auf eine internationale Ordnung geeinigt, in der Krieg offiziell als Mittel der zwischenstaatlichen Interessensauseinandersetzung abgelehnt wird. Das US-Kapital als ungeschädigter und damit unangefochtener Kriegsgewinner sah seine Expansionsbestrebungen am besten dadurch realisiert, dass die ganze Welt als Ort des freien Waren- und Kapitalverkehres gesichert wird- im Gegensatz zur alten kolonialen Ordnung der exklusiven Zugriffsrechte für einzelne Staaten. Für diese Ordnung wurden internationale Handels-, Wirtschafts- und Finanzinstitutionen gegründet sowie mit UN und ihrem Völkerrecht eine weltweit anerkannte Rechtsordnung der zwischenstaatlichen diplomatischen Konfliktregelung in die Welt gesetzt. In dieser deshalb so benannten „regelbasierten Ordnung“ ordnen sich die anderen ehemaligen kapitalistischen Großmächte der Vormachtstellung der USA unter, um unter diesen Bedingungen ihre eigenen Interessen zu verfolgen- häufig auch im Gegensatz zu den USA. 

Dass zeitgleich direkt nach dem zweiten Weltkrieg begonnen wurde, stehende Heere, Militärbasen und „Verteidigungsministerien“ in jedem dieser Länder hochzuziehen bzw. fortzusetzen, zeigt allerdings eine wichtige Wahrheit: Den Konstrukteuren dieser Friedensordnung war und ist ihre Prekarität durchaus bewusst.

Ideologisch werden alle Kriege, die diese Staaten führen, nicht als Kriege für die eigenen ökonomischen Interessen begründet – Freud‘sche Versprecher werden mit Sofortentlassungen aus politischen Ämtern bestraft (siehe die Entlassung von Horst Köhler 2010). Ganz im Gegenteil: Diese „Auslandseinsätze“ sind in ihrer Propaganda eine bittere, aber leider notwendige Abweichung von dieser Friedensordnung. Dem Frieden dienen diese nämlich ausschließlich der Verteidigung gegen die, die ihn bedrohen. Milosevic, die Taliban, Saddam Hussein, Gaddafi, Putin, die Hamas und China gefährden die „freie Weltordnung“ und damit „den Frieden“, weil sie – ob militärisch, durch eine Ausweitung ihrer militärischen und ökonomischen Souveränität, mit „unfairen Handelspraktiken“ oder mit bewaffneten Angriffen auf die Bündnispartner – Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung sehen. Sie verstoßen damit, so die Ideologie, gegen diese Friedensordnung.

Die Friedensordnung und ihre Wahrheit

Die Prekarität der Friedensordnung hat einen Grund: Sie produziert, anders als ihre Ideologen behaupten, keinen weltweiten Wohlstand für alle, sondern notwendig und ständig Verlierer.

Die USA sind aufgrund ihrer oben angedeuteten ökonomischen Vorherrschaft in der Lage- und bestehen mit der Räson der „regelbasierten Weltordnung“ auch darauf- die ökonomischen Beziehungen den Interessen ihres Kapitals zuzuschneiden, ergo andere Länder diesen Interessen entsprechend zu auszubeuten. Ihre Verbündeten sind Teil dieser Ordnung und sind in ihr bemüht, ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Sie sind entsprechend als „kollektiver Westen“ bei allen Divergenzen in diesem Interesse gemeinsam organisiert.

Dieses bewusst manifestierte Ausbeutungsverhältnis hat für den Großteil der Welt schwerwiegende Folgen. Aufgrund der ökonomischen Unterlegenheit bleibt ihnen nichts anderes übrig, als in den Verhandlungen mit ihren formal „gleichberechtigten Partnern“ Übereinkünften zuzustimmen, von denen ein Großteil ihrer Bevölkerungen wenig hat. Die Gleichberechtigung unter ungleichen Partnern reproduziert also die ständige Ungleichheit zwischen ihnen, das Verhältnis von Unterdrückern und Unterdrückten bleibt. Dafür ist diese Ordnung so konstruiert wie sie ist. Armut und Hunger sind keine bedauernswerten Fehler dieser „eigentlich Wohlstand schaffenden“ Ordnung, sie sind ihre Notwendigkeit.

Mit ihrer unvergleichlichen Militärpräsenz beweisen sie, dass sie mit Widerstand gegen diese ganz prinzipiell unverhandelbare Ordnung der Vorherrschaft fest rechnen. Das zeigt sich in den Kriegen, die der Westen seitdem führt: Souveräne Entscheidungen kleinerer Länder, die gegen das Interesse der Staaten dieser Ordnung stehen, werden als fundamentaler Grundverstoß gegen diese Ordnung gesehen. Der Versuch, durch Verstaatlichungen von Teilen der eigenen Volkswirtschaften dem westlichen Finanzkapital zu entziehen, werden schlicht damit beantwortet, dass diese Länder kurzerhand in Schutt und Asche gebombt werden. Neben unzähligen Massenmorden des Westens sind Vietnam, Afghanistan, Irak und Lybien die prominentesten Beispiele für diese Prinzipienfestigkeit. An ihnen soll „ein Exempel statuiert werden“. In einem ganz anderen Format sehen Kriegsvorbereitungen gegen die Länder aus, die im Gegensatz zu kleineren Ländern aufgrund ihrer ökonomischen und/oder militärischen Mittel in der Lage sind, diese regelbasierte Weltordnung als solche und insgesamt praktisch infrage zu stellen: Gegen Russland und China wird ein Weltkrieg vorbereitet.

Das ist der materielle Inhalt und damit die Wahrheit dieser imperialistischen Friedensordnung. Sie ist eine Gewaltordnung, die das Verhältnis der Unterdrückter zu den Unterdrückten ganz prinzipiell aufrechterhält – ohne Kompromisse und Abweichungen. Ideologisch lebt sie von Moral, die sachlich eine Lüge ist: nämlich dass der freie Handel den Frieden, Wohlstand und die Freiheit bringt. Die Lüge über die Ablehnung von Gewalt als Mittel zur Umsetzung eines politischen Interesses besteht darin, dass dieses Prinzip nur für die anderen, nicht aber für einen selbst gilt.

Die Moral des Pazifismus

Jahrzehntelange Armut, Kriege, ungleiche Verträge, Betrügereien bei diplomatischen Verhandlungen haben großen Teilen der Weltbevölkerung diese Wahrheit über die imperialistische Friedensordnung aufgezeigt: Es ist eine Illusion, mit „gerechten Verträgen“, Diplomatie etc. zu seinen eigenen nationalen Interessen gelangen, insofern sie denen der imperialistischen Staaten widersprechen. Ganz im Gegenteil werden souveräne politische Wege aus der Abhängigkeit heraus mit ökonomischer und militärischer Vernichtung beantwortet. Diese Teile der Weltbevölkerung greifen deshalb ebenfalls zur (Gegen-)Gewalt. Sie haben die sachliche Lüge der imperialistischen Friedensmoral verstanden und überwunden: Gewalt in dieser imperialistischen Weltordnung ist durchaus ein legitimes Mittel, um seine politischen Interessen zu erreichen.

Dieser Gewalt nun als Pazifist ein (sicher gut gemeintes) Ideal der Gewaltlosigkeit entgegenzuhalten bedeutet, dieser imperialistischen Ordnung eigentlich doch ihren „eigentlich“ friedlichen Inhalt, zuzugestehen. Sie wirft denen, die mit Gewalt gegen sie kämpfen, genau den Verstoß vor, den ihnen die Heuchler der imperialistischen Staaten vorwerfen: Gewalt ist ein Verstoß gegen den Frieden.

Das ist nicht einfach nur ein Denkfehler, sondern hat schwerwiegende praktische Folgen: Sich in der sachlichen Realität des Unterdrückens und Unterdrückt-Werdens ideell neutral zu verhalten bedeutet in der Realität, (ohne dass man das vielleicht will!), sich auf die Seite der Unterdrücker zu stellen und diese Ordnung damit letztlich ganz praktisch zu unterstützen. Das ist Apologetik.

Diese Apologetik sollte einem in den Bündnissen sofort auffallen, wenn sich die Mitstreiter die moralische Argumentation derer, gegen die sie eigentlich angetreten sind, zu eigen machen. Seit den letzten zwei Jahren geht es hier konkret vor allem und Russland und die Palästinenser; in den nächsten fünf Jahren wird es um China gehen. Die im Zitat oben geforderte „Verurteilung des russischen Angriffskriegs“ als unbestreitbare Notwendigkeit eines jeden Pazifisten als Ideal fordert den Rückzug der Streitkräfte der RF aus der Ukraine. Dieses Ideal ignoriert sachlich (und häufig leider auch wider besseren Wissens!) den Fakt des Aufbaus der Ukraine als militärisches Aufmarschgebiet gegen Russland als Teil der Einkreisung und Bedrohung Russlands durch die NATO, die erstere als Verstoß gegen ihre Sicherheitsinteressen sieht. Das Ideal ignoriert das russische Argument, dass mit einem Rückzug der Truppen aus der Ukraine diese Aggression fortgesetzt wird. Es fordert damit in letzter Konsequenz die Rückkehr zum Status quo – dem Aufbau der Ukraine als Aufmarschgebiet gegen Russland – also eben jener Prozess, der zu diesem Krieg geführt hat.

Auch die von einem pazifistischen Standpunkt ausgehende Verurteilung der Gewalt des bewaffneten palästinensischen Widerstands ignoriert die Tatsache der ongoing Naqba – d.h. einseitig von Israel ausgehenden Vertreibung, Entrechtung und Massentötung der Palästinenser. Es ist Israel, dessen Existenz nur ohne die Existenz der Palästinenser als Volk geht. Auch hier ist die Forderung des „Endes der Gewalt“ gleichbedeutend mit der Forderung zur Rückkehr zum Status quo: Die Vertreibung, Entrechtung und Massenermordung von Palästinensern durch Israel.

Und bereits jetzt verurteilen Friedensaktivisten die militärische Vorbereitung Chinas auf den Krieg, den die NATO ganz offenkundig gegen sie vorbereitet. China wird in Zukunft für seine militärischen Reaktionen auf die ständigen Provokationen durch die NATO, zuletzt die Durchfahrt der deutschen Marineschiffe durch die Taiwanstraße, kritisiert werden. Durch die Forderung, „sich auf diese Provokationen nicht einzulassen“, fordert man letzten Endes, sich dem geplanten Großangriff einfach hinzugeben.

Der Kampf gegen den Krieg geht nur ohne Pazifismus

Die Distanzierung von der Gewalt derer, die sich gegen die Gewaltherrschaft der imperialistischen Ordnung wehren, fällt in ihrem moralischen Inhalt nicht ohne Zufall mit der Ideologie der Herrschenden zusammen. Als Pazifist ist man sich nämlich – nochmal, auch wenn man es gut meint – mit den Ideologen der imperialistischen Staaten in einem einig: Frieden ist der, siehe oben, [vertraglich gesicherte] Zustand des inner- und zwischenstaatlichen Zusammenlebens in Ruhe und Sicherheit. Aus diesem Ideal leitet sich die Moral ab, dass „jeder Krieg als Mittel der Auseinandersetzung“ abgelehnt wird. Pazifisten und imperialistische Kriegsideologen unterscheiden sich allerdings durchaus in der Vorstellung, mit welchen Mitteln dieser Zustand erreicht wird und tragen diesen Streit über die Frage aus, wer denn „wirklich“ für den Frieden ist: Mit „noch mehr Krieg erreicht man doch keinen Frieden“ vs. „nur mit Diplomatie besiegt man die Diktatoren und Terroristen nicht“. Die Distanzierung von Gewalt ist also eine moralische Grundhaltung, die von einem verlangt wird, der sich zur Frage von Krieg und Frieden äußern will. Sie ist, wie dieser Text aufzeigen sollte, in der Sache eine Lüge.

Eine solche moralische Grundhaltung wird verstärkt seit zwei Jahren in Deutschland ganz prinzipiell von jedem abgefordert, der sich zur Frage von Krieg und Frieden äußern will. Wer sich nicht von der Gewalt des Feindes, sei es Russland oder die Hamas, distanziert, ist nicht berechtigt, sich überhaupt zu äußern. Wer das tut, darf prinzipiell alles an der Art und Weise, wie der Westen die Kriege führt, im Sinne der Herrschenden konstruktiv kritisieren: Man darf gegenüber Waffenlieferungen an die Ukraine durchaus kritisch sein und auf die Beteiligung von Faschisten in der ukrainischen Regierung hinweisen. Und man darf sogar 42.000 Tote Zivilisten in Gaza als eventuell „überzogen“ beurteilen und infrage stellen, ob damit denn wirklich „die Hamas besiege“. All das darf man, wenn man sich vom Feind distanziert.

Der soziale und psychische Druck, den sicherlich alle Antikriegsaktivisten kennen, verleitet einen dazu, sich auf eine solche Gesinnungsjustiz einzulassen, aber rein sachlich ist es so: Die Verurteilung der Gewalt der Unterdrückten reproduziert die Ideologie und Moral der Herrschenden, gegen die man ursprünglich angetreten war. Sie stellt sich damit letztlich auf die Seite derer, die die Kriege wollen und machen.

Eine Anti-Kriegs-Bewegung kann nicht deshalb nicht pazifistisch sein. Sie muss erkennen, dass es die Herrschenden der imperialistischen Staaten sind, die ihre regelbasierte imperialistische Friedensordnung mit Gewalt aufrechterhalten. Sie lebt von der Lüge und diese Lüge bröckelt- deshalb gibt es ihre Gewalt. Bekämpfen wir sie also von innen. Dafür braucht es keine Ideale und erst recht keine moralische Verurteilung derer, die sich mit Gewalt gegen sie wehren. Es braucht Solidarität mit denen, die gegen diese Ordnung kämpfen, wenn man selbst gegen sie kämpfen will.

Halle mahnt uns! 

0

Heute vor fünf Jahren griff ein rechtsradikaler Attentäter eine Synagoge und einen türkischen Imbiss in Halle an und ermordete dabei zwei Menschen. Was ein offensichtliches Beispiel für den in Deutschland nach wie vor lebendigen Rassismus und Faschismus ist, wird von Seiten der Herrschenden zunehmend verfremdet, damit es in ihre imperialistische antipalästinensische Propaganda passt.

Halle war ein rechter Anschlag

Am 9. Oktober 2019, gegen 12 Uhr versuchte Stephan B., in die Synagoge von Halle einzudringen, um dort möglichst viele Menschen zu töten. Es war Jom Kippur, der höchste jüdische Feiertag, weshalb er damit rechnen konnte, dass das Gebäude voller Menschen war. Glücklicherweise hielt die Tür den Schüssen aus seiner selbstgebauten Waffe jedoch stand. Dafür erschoss er noch an Ort und Stelle eine Passantin. Danach marschierte er zu einem nahegelegenen Döner-Imbiss, wo er eine weitere Person ermordete und zwei weitere verletzte.

In seinem „Manifest“, das der Halle-Attentäter nach dem Beispiel der rechten Massenmörder von Utøya (2011) und von Christchurch (2019) veröffentlichte, bekannte er sich zu einem faschistischen und verschwörungsmythologischen Weltbild: Als Feinde benannte er „Anti-Weiße“, Juden, Muslime, Schwarze und Kommunisten.

Ursprünglich hatte der Mörder geplant, eine Moschee anzugreifen. Als Vorbild diente das Massaker im neuseeländischen Christchurch, wo ein Faschist sieben Monate zuvor 51 Muslime massakriert und das ganze per Livestream ins Internet gestellt hatte. Die Wahl eines Döner-Imbisses als „Ersatzziel“ für die nicht zu stürmende Synagoge zeigt ebenfalls, dass für B. seine Opfer letztlich austauschbar waren, solange sie zu seinen Feindbildern passten.

Mit Halle gegen Palästina

Der rechtsradikale Hintergrund des Halle-Anschlags ist nicht zu leugnen. Doch das Gedenken ist, wie immer bei rassistischen und faschistischen Verbrechen, umkämpft: Während die Herrschenden seit 1945 nichts als leere Worte und Krokodilstränen über die zig Millionen Opfer des faschistischen Terrors vergießen und zugleich die gesellschaftlichen Ursachen desselben verschleiern, machen Antifaschisten auf die Zusammenhänge von kapitalistischer Herrschaft und Ausbeutung sowie Rassismus und Faschismus aufmerksam.

Doch konkret bei Halle geht es derzeit noch um etwas anderes: Der Anschlag wird auch genutzt, um gegen die Palästinasolidaritätsbewegung vorzugehen. In der Verbotsverfügung gegen Palästina Solidarität Duisburg (PSDU) etwa wird behauptet, die Meinungen, die PSDU verbreitete – die Ablehnung von Kolonialismus, Apartheid und Genozid und die Kritik an Zionismus, Rassismus und Faschismus – schüre Hass gegen Juden in Deutschland und gefährde „Leib und Leben der in Deutschland lebenden israelischen Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie von Jüdinnen und Juden.“ Dabei bezieht sich das NRW-Innenministerium explizit auch auf den Halle-Anschlag, weil „aus Worten binnen kurzer Zeit Taten werden“.1

Auch in zahlreichen Medienbeiträgen zu Halle ist die Rede vom Antisemitismus, der angeblich seit dem 7. Oktober 2023 in der BRD zunehmend um sich greife. Damit werden wieder einmal in einem Handstreich Palästinasolidarität und Kritik an Israel mit Antisemitismus gleichgesetzt und zugleich der wahre Antisemitismus, der fast ausschließlich von rechter Seite kommt und der immer wieder in Gewalt umschlägt und Menschenleben fordert, kleingeredet.

Zwar wird das rassistische und „rechtsextreme“ Weltbild von Stephan B. schlagwortartig angeführt. Allerdings ohne es mit Inhalt zu füllen: Die Tatsache, dass er sich am antimuslimischen Christchurch-Massaker orientierte und die Einwanderung von Muslimen als Gefahr für die „weiße Rasse“ sah, kommt bei den Medien überhaupt nicht mehr vor. Auch diejenigen Berichte, die den Döner-Imbiss erwähnen, weisen nicht darauf hin, dass es kein Zufall war, dass sich der Attentäter ein türkisches Geschäft als zweiten Tatort aussuchte. Dasselbe gilt für die offizielle Erklärung des Landtags von Sachsen-Anhalt.2 Der Deutschlandfunk ist da konsequenter, wenn er einfach nur von einem „Imbiss in der Nähe“ spricht, ohne überhaupt zu erwähnen, dass es sich um ein von Migranten geführtes Geschäft handelte.3

Halle gedenken, heißt: Kampf dem Rassismus!

Wir dürfen den Herrschenden die Deutungshoheit über faschistische und rassistische Verbrechen nicht überlassen:

Wir wissen, dass der Rassismus ein elementarer Teil kapitalistischer Ausbeutungslogik und Ideologie ist, dass Faschismus eine Form bürgerlicher Herrschaft ist, dass die Rechten immer auf der Seite der herrschenden Klasse stehen und dafür von ihr hofiert und gefördert werden.

Wir wissen, dass Antisemitismus eine Form von Rassismus ist und dass der Kampf gegen Antisemitismus nur wirksam sein kann, wenn auch alle anderen Formen von Rassismus bekämpft werden.

Und wir wissen, dass der Kampf gegen Rassismus nur konsequent geführt werden kann, wenn er sich auch gegen Imperialismus und Kolonialismus und damit auch gegen den Zionismus richtet.

Ob Halle, Hanau oder Rostock – ob Auschwitz, Leningrad oder Gaza – nie wieder!

  1. https://static1.squarespace.com/static/6666a7a4f7f14d12804609d1/t/6671d2473117cf236dcbb474/1718735447349/Verbotsverf%C3%BCgung-PSDU-geschw%C3%A4rzt.pdf ↩︎
  2. https://www.landtag.sachsen-anhalt.de/alle-dossiers/standard-titel/terror-anschlag-in-halle-war-nicht-vorhersehbar ↩︎
  3. https://www.deutschlandfunk.de/haseloff-antisemitismus-darf-keinen-raum-finden-100.html ↩︎

Fifteen common Myths about Hamas – and why we must fight against its Ban!

0

Editorial Note by Kommunistische Organisation (Communist Organisation)

This Article was originally published in German in February 2024. We sincerely thank the comrades of Magazin der Masse (Magazine of the Masses, MagMa) for translating the text into English and sharing it on their website.

Editorial Note by MagMa

This text was written chiefly for a German audience, but addresses this important theme with a combination of rigor and conciseness perhaps unmatched in any comparable texts available as of yet in English. Wherever specific German organizations or dynamics are mentioned, no reader for whom this text is intended will struggle to find significant parallels in their own local context, whatever that may be. While half a year has elapsed since its first publication in German, the information here remains as urgently relevant and as in desperate need of further propagation as in February—a sorry reflection on our current political moment. It remains clear that fully overcoming the lies propagated about the Palestinian resistance is a sine qua non for the development of any Palestine solidarity movement worthy of the name, and cannot be avoided, deferred, or minimized any longer. This text will no doubt serve as an indispensable aid to this essential task.

About this text

This text aims to achieve the following above all else: to clarify and refute those myths that are most frequently propagated about (and against) Hamas — and, as such, to serve as an aid in arguing against them. It should be made clear at the outset that not all of the myths discussed here are lies or false claims. On the contrary, they often have at least some kernel of truth. Demythologizing these myths here specifically means objectifying, substantiating, rebutting and, in certain cases, refuting them. This is primarily done in Chapter 4.

The text has been written in such a way that each myth can be read on its own. This allows the reader to »look up« specific issues without having to read the text (again) in full. Minor repetitions were as a consequence unavoidable.

At the same time, if the text is read as a whole (especially chapters 3 and 4), it will hopefully also provide a good introduction to, and overview of, the topic of »Hamas«.

The references thus serve two purposes: firstly, to enable verification and criticism; but also, secondly, to stimulate further discussion on the part of the reader, along with the literature and source recommendations (Chapter 2). 

The introduction and the conclusion in particular refer to the political struggle in Germany, and are written as a contribution to the debate, as criticism, and as self‐​criticism, aimed at the communist, left‐​wing, Palestine solidarity and peace movements in Germany.

1. Introduction

On November 2, 2023, the German Federal Ministry of the Interior announced a ban on the activities of both Samidoun and Hamas. This was followed three weeks later by raids against alleged Hamas »sympathizers«. The armed wing of Hamas has already been on the EU terror list since 2001, and the organization itself since 2003. While various left‐​wing organizations across Germany condemned the ban on Samidoun and expressed solidarity with them, virtually no one publicly condemned the ban on Hamas.1The only exception I am aware of is Palästina Solidarität Duisburg (2023).

On the contrary, large sections of the German Palestine‐​solidarity movement clearly distance themselves from Hamas. By this is not meant those who merely defended themselves against the accusations of being »Hamas supporters« or »sympathizers,« but organizations and individuals who publicly attacked Hamas, denied that it is part of the legitimate resistance of the Palestinians, or accused it of being a »terrorist organization« or similar.

The MLPD (Marxist‐​Leninist Party of Germany) even officially called for the »fascist Hamas« to be banned, shortly after the German government had announced just such a ban.2MLPD (2023 a). It is hard to imagine how an organization that claims to be »unconditionally in solidarity with the Palestinian liberation struggle«3Rote Fahne (2022). could be more supportive of the government, more destructive of the Palestinian liberation movement, and more blatantly in line with the racist and imperialist repression carried out by the German government. Strangely enough though, the MLPD did not celebrate the actual ban on Hamas’ activities: from their point of view, shouldn’t this step have represented an »anti‐​fascist victory«?

But even we as the Communist Organization (KO) have not yet taken an open stand against this ban, unlike with Samidoun4Kommunistische Organisation (2023)., or with Hezbollah three and a half years ago.5Kommunistische Organisation (2020). In my view, however, such a condemnation of the ban is the correct position to take. 

There are many leftists and communists who put forth various arguments against those who defend Hamas against unjustified criticism and even open propaganda and repression. In my view, most of these are bogus arguments or are based on false theoretical and factual assumptions. These misconceptions concern both the reality in and around Palestine in general and Hamas in particular. Of course, they are also often an expression of what I see as a false understanding of national liberation and its relationship to the class struggle. However, I cannot go into this point here; I have already done so elsewhere.6Bamen (2023 a). Bamen (2023 b). Instead, here I intend firstly to dispel myths about Hamas, and, secondly, to argue why we must fight against their banning.

2. A brief overview of the history of Hamas

Hamas was founded in 1987 by the leading figures of the Muslim Brotherhood in Palestine.

a) The Muslim Brotherhood

The Brotherhood itself was founded in Egypt in 1928 and later established branches in various countries in the Arab world. Probably due to its status as the first such organization with mass roots, along with its reach and networking, it is considered as the »classic« political‐​Islamic or »Islamist« organization. Marxist assessments and evaluations of the Muslim Brotherhood have varied considerably: In GDR publications, for example, it was generally labeled as »right‐​wing extremist« (which seems questionable and problematic, not least for the adoption of the term »extremism« alone); more differentiated assessments can be found among some Trotskyist and »neo‐​Marxist« authors.7The booklets on the topic by both Johansen (1982) and Harman (1994) are worth reading, even if Hamas is not mentioned in either of them. An analysis of the Muslim Brotherhood cannot be undertaken here, as the Brotherhood is more than the sum of its parts, and one would really have to first deal with at least its most important national subdivisions (Egypt, Tunisia, Palestine, Jordan and Syria) and their relationships to one another. (See also Myth 2)

In very general terms, however, we can roughly outline its basic character as follows: Its ideology is a religious‐​nationalist one, which means that — unlike ISIS, for example — it recognizes the existing nation states and also the concept of the nation, and does not want to abolish it in favor of a (worldwide) caliphate; according to Helga Baumgarten, for Hamas the national framework even takes precedence over the pan‐​Arabic framework or that of the ummah (i.e. the worldwide Islamic community).8Baumgarten (2006), p. 10.

The Muslim Brotherhood is culturally conservative, economically liberal, and — according to its own self‐​image — anti‐​colonialist; it emerged as a response to the imperialist domination of the West over the Arab world and, in this struggle, stood up for its own »Islamic modernity«, thus combining the national liberation struggle not centrally with social revolutionary ideas (like the communists and, to some extent, the »Arab socialists«), but with a kind of »cultural struggle«. All of this corresponds to the (petty) bourgeois class character of the Muslim Brotherhood and its base (which, of course, also includes broader strata than the petty bourgeoisie).9Johansen (1982), p. 27. Seidensticker (2015), p. 72.

b) The Muslim Brotherhood in Palestine (1935 – 1987)

The issue of Palestine played an important role for the Muslim Brotherhood from its foundation, and the first official delegation was sent in 1935.10Baumgarten (2006), p. 11 f. However, it was not until the general strike of 1936, which led to a three‐​year uprising, that the issue attracted greater interest and, for the first time, broader sympathy in Egypt.11Gershoni / Nordbruch (2011), p. 219 f.

The Brotherhood there collected money to support the strikers and organized a media and protest campaign. Fighters are also reported to have been sent from Egypt at the time. Immediately after the end of the Second World War, in the fall of 1945, the official branch of the Muslim Brotherhood was founded in Palestine: first in Jerusalem, then in Haifa, Jaffa, Gaza and other cities. Its membership rose to 20,000 by 1947. Nevertheless, it initially remained comparatively insignificant. Its policy focused on the political future of Palestine. To this end, it also cooperated with Christians and communists. After losing its trust in the UN, the Muslim Brotherhood prepared itself for an armed liberation struggle against the British and Zionists. Meanwhile, the parent organization provided military training in Egypt for Arab volunteers who wanted to fight for Palestine, organized weapons, and sent fighters into the Mandate territory. Muslim Brotherhood fighters played an important role in the defense of Jerusalem, Bethlehem, and Faluja near Gaza against the Zionist troops in the first months of the war.12Baumgarten (2006), pp. 12-14, 18-20.

»The Muslim Brotherhood was held in high esteem by Palestinians of all political persuasions because of its commitment to Palestine. Unlike the Arab governments, they did not stop at words, but translated their support into action, first from 1936 to 1937, but above all during the war in 1948.«13Ibid. p. 17.

After the Nakba, the Brotherhood developed differently in the West Bank annexed by Jordan on the one hand, and in the Egyptian‐​administered Gaza Strip on the other. In Jordan, the Muslim Brotherhood pandered to the local monarchy and thus ultimately to Western imperialism; it gave up armed resistance against Zionism, was kept on a short leash by the king, served as competition against Arab nationalism and the socialist labor movement, and limited itself to the role of a sham opposition when it occasionally called for criticism of Amman’s pro‐​Zionist foreign policy or demanded a stricter religious‐​normative domestic policy. In this role, the Muslim Brotherhood became increasingly unpopular, especially among Palestinians in the West Bank and Jordan. Its base consisted of »merchants and landlords«. »In contrast to Egypt, employees and freelancers were hardly represented […] Pupils, students and teachers were also underrepresented.«14Ibid. pp. 21-28, quote from p. 27.

In Gaza, on the other hand, the Muslim Brotherhood consisted mainly of pupils, students and employees, which, together with the connection to Egypt (from 1953) under Abdel Nasser, may have had an influence on the more radical character of the Muslim Brotherhood in the Gaza Strip. Among the Muslim Brothers who studied in Egypt were Khalil al‐​Wazir (Abu Jihad), Salah Khalaf (Abu Iyad), Assad Saftawi, Yussef al‐​Najjar, Kamal Adwan and — depending on the interpretation — Yasser Arafat15Arafat himself was probably never a member of the MB, but maintained close contacts with it, fought in its ranks in Palestine in 1948 and was a member or even chairman of organizations close to it., who later went on to become a founder and one of the most important leaders of Fatah.16Baumgarten (2006), p. 29 f.

While Fatah (not as the only, but as the most important organization) won over to the armed struggle those — mostly young — Palestinians who demanded radical solutions, the Muslim Brotherhood in Gaza, as in the West Bank, distanced itself from the liberation struggle and thus also increasingly lost its appeal. This policy was continued by the Muslim Brotherhood in the West Bank as well as in the Gaza Strip, which reunited organizationally from 1967. In the 20 years leading up to the founding of Hamas, the Muslim Brotherhood initially concentrated on building mosques and then social institutions in order to expand its influence among the population. Due to this non‐​confrontational policy towards the occupation, the Muslim Brotherhood was viewed very favorably by the Zionist regime as a competitor to the PLO, and was treated accordingly.17Ibid. pp. 31-34. (See Myth 1)

c) Hamas (1987 until today)

This changed at the very latest with the rise of the »Islamic Resistance Movement« (acronym: HAMAS) from the end of the 1980s and the rapprochement between the Fatah and PLO leadership on the one hand and Israel on the other: Hamas was founded immediately after the outbreak of the First Intifada in December 1987. It took an active part in this popular uprising and was one of the fiercest critics of the so‐​called Oslo peace negotiations in the 1990s. From 198918Mustafa (2013), p. 122. onwards, it waged an armed struggle against the Zionist regime, and in the Second Intifada between 2000 and 2005, it was the leading military force behind the uprising, together with the Al‐​Aqsa Martyrs Brigades, which are close to Fatah.

In 2006, Hamas won the parliamentary elections in the territories occupied in 1967 by a landslide, but was unable to form a stable government due to Israel and the West’s isolationist policies along with Fatah’s blockade. In June 2007, Hamas staged a putsch in the Gaza Strip, whilst Fatah took control of the West Bank. (See Myth 10) Since then, Gaza has been the most important bastion of Palestinian resistance, while the West Bank has remained dominated by the Israeli military and their puppet regime under Mahmoud Abbas.

Israel has waged five wars to date (2008/​09, 2012, 2014, 2021 and 2023) to weaken or completely destroy Hamas. In the decade and a half or so that the organization has been in power in the Gaza Strip, it has lost its impeccable reputation for avoiding corruption and power politics but has nonetheless established itself as a leading force in the Palestinian resistance. It has both tried to make peace with Abbas and abandoned its staunch refusal to recognize Israel. (Myths 9 and 11) It has also made several U‑turns on foreign policy, particularly in relation to Syria. (Myth 13) Hamas is currently the undisputed leader of the Palestinian liberation movement: it governs Gaza, leads the resistance there, is by far the strongest resistance force militarily and, in its role as such, enjoys great support not only in Gaza, but also in the West Bank and amongst the diaspora, which is reflected not least in the election victories at universities in the West Bank.

3. Myths about Hamas

Some of the myths surrounding Hamas have already been touched on in the previous chapter. In the following, however, they will be explicitly adumbrated and refuted. These are the claims that one encounters most frequently, especially among people who are generally pro‐​Palestinian. The full list of all myths about Hamas would, of course, be much longer.

Myth 1: »Hamas was created by Israel.«

In the past, some Israeli army circles and the US media have claimed that the Muslim Brotherhood (MB) in Gaza was »financed by Israel as a counterweight against the PLO and the communists« in the years 1967 – 75, i.e. when it was mainly focused on building mosques.19Baumgarten (2013), p. 64. Helga Baumgarten writes: »Palestinian Muslim Brothers categorically deny that they ever received financial aid from Israel. What […] cannot be denied, however, is the occupying power’s very lenient and open approach to all Muslim Brotherhood activities« at the time.20Ibid. p. 65.

In her estimation: »Israeli policy towards the Muslim Brotherhood can therefore probably best be characterized as a policy of friendly tolerance, although it cannot be ruled out that there were also cases of direct support.«21Ibid. p. 66. Similarly, Jean‐​Pierre Filiu writes about this period: »The occupying power did not go so far as to give official sanction to the [Muslim Brotherhood], but instead opted for a benevolent — but by definition reversible — tolerance.«22Filiu (2012), p. 64. Alexander Flores further contends that 

»Hamas is not a creature of Israel, as is sometimes claimed. However, the Israeli occupation policy has created the conditions that have helped Hamas to achieve its current stature in two respects. It has allowed the organization, or rather its predecessor, to flourish when its competitors were severely oppressed; and it nurtured such hatred of the occupation through the continued constraint and oppression of Palestinian society and the violent and contemptuous treatment of the population«.23Flores (2009), p. 95 f.

A break with the old line

As early as the 1950s, young ex‐​Muslim Brothers who were dissatisfied with the passive attitude of the MB had contributed to the founding of Fatah as a Palestinian liberation and guerrilla organization. (See Chapter 3.b.) In the early 1980s, the phenomenon repeated itself to some extent with the founding of Islamic Jihad, which was inspired by the Iranian revolution. Although Islamic Jihad was considerably smaller and less influential than Fatah, unlike Fatah it also adhered to an Islamic ideology and thus became a competitor to the Muslim Brotherhood in this field. Hamas therefore found itself in a situation where, on the one hand, it had a solid base, particularly in the Gaza Strip, but on the other its legitimacy as a Palestinian political force was called into question. The outbreak of the First Intifada was the straw that broke the camel’s back, and served as the midwife of Hamas, which emerged from the political center and the already existing armed and secret service structures of the Muslim Brotherhood around a week after the start of the popular uprising.24Baumgarten (2006), pp. 34 – 36, 45, 49 f. Hroub (2011), p. 41 f. [English edition: (2010), p. 11]. Filiu (2012), p. 66.

Glenn Robinson and Diaa Rashwan speak of an internal »coup«25Robinson (2004), p. 123. or a kind of revolt with regard to the change of course and the founding of Hamas.26Rashwan (2007), p. 107. Raif Hussein, on the other hand, considers these interpretations to be »exaggerated«, as the MB leadership supported the decision.27Hussein (2019), p. 76 f. quote p. 76. Nevertheless, there can be no doubt that the founding of Hamas marked a clear turnaround in the Muslim Brotherhood ’s previous policy in Palestine. However, this should not be seen as an overnight event. Rather, parts of the Muslim Brotherhood around Shaykh Yassin had been preparing for this step since the mid‐​1980s, for example by stockpiling weapons and building up underground structures.28Baumgarten (2006), p. 45 f., 48-50.

»Honeymoon«?

Baumgarten writes about the Zionist occupying power’s restraint towards Hamas in the first months of its existence: 

»In the entire period from the beginning of the [First] Intifada until the early summer of 1988, the Israeli army allowed Hamas, in contrast to the PLO organizations, to operate more or less freely. As all the analyses presented confirm, Hamas strike appeals were not violently suppressed, Hamas leaflets could be distributed largely unhindered, and there were apparently relatively few arrests. At the beginning of the Intifada, only Dr. Abd el‐​Aziz Rantisi and Sheikh Khalil al‐​Quqa were arrested in Gaza. Only al‐​Quqa was ultimately deported on April 11. A total of 32 Palestinians were deported in the first year of the Intifada, the majority of them members of the nationalist PLO organizations. The first major wave of arrests against Hamas began in the late summer of 1988, after […] the Israeli army discovered the existence of armed Hamas cells. With the exception of Sheikh Ahmad Yasin, all Hamas leaders in Gaza were arrested. […] As a result of the arrests, the Hamas leadership headquarters moved to Israeli prisons. Ibrahim Yazuri […] was arrested on October 12, 1988, followed in May 1989 by Sheikh Ahmad Yasin, together with Ismail Abu Shanab, also from the Islamist leadership, and another 250 Hamas activists. By this time at the very latest, it had become clear that the honeymoon between Israel and the Palestinian Islamists was over.«29Ibid. p. 57 f.

The attentive reader will have noticed that the term »honeymoon« is actually a very inappropriate metaphor because a honeymoon follows a wedding. However, Baumgarten is actually describing the opposite, namely a kind of divorce: after Hamas was founded, there was a brief period in which the Zionist regime had not yet understood that the MB in Palestine had transformed itself from a quietist into a resistance organization. From 1989, however, Hamas has been officially considered a »terrorist organization« in Israel, and membership alone has since become enough to be imprisoned for many years.30Ibid. p. 78. As a result of this repression, Hamas fell into an existential crisis shortly after its founding, i.e. in 1989, and by 1992 at the latest.31Ibid. p. 91.

Conclusion

To begin with the Muslim Brotherhood: as far as I know, there are certain indications, but no evidence, that it has received direct support from Israel; in my view, however, this point is of secondary importance. The toleration or even direct or indirect support of the Muslim Brotherhood by Israel was based on two grounds32Baumgarten mentions another reason, namely that Israel had no interest in charging the colonial conflict with too much of a religious dimension, which is why there had long been a »hands‐​off tactic« towards mosques (ibid. p. 73), although this is no longer the case today.: 1. divide and rule — and this can hardly be blamed on the Muslim Brotherhood, as Baumgarten also emphasizes.33Ibid. p. 49. 2. This support was essentially based on the fact that the Muslim Brotherhood did not resist the colonial regime — this in turn can and must be held against it. But the founding of Hamas was precisely a radical break with this earlier policy, which had served the Zionists.34The fact that Hamas itself denies any rupture in its history and instead presents it as a stringent and harmonious development from Izz ad‐​Din al‐​Qassam through the MB to the present day does not change this. (Filiu (2012), p. 54.)

This was also evident within a very short time, when Israel initiated a policy of massive repression against the Hamas leadership. In light of this, as well as the fact that torture during interrogations of (suspected) Hamas members quickly became part of the standard repertoire of the IOF and Shin Bet, Baumgarten concludes: »All of this undoubtedly reduces to absurdity attacks by the Palestinian left against the Muslim Brotherhood or Hamas that they are collaborators with the occupation.«35Baumgarten (2006), p. 76. Filiu also describes the portrayal of the Muslim Brotherhood or even Hamas as »tools of Israel« as a »caricature«.36Filiu (2012), p. 66.

One must simply step back and survey the past decade and a half blockade, punctuated by five wars of aggression which the Zionists have waged on the Gaza strip, all of which have served and continue to serve the goal of destroying Hamas. When one does so, the re‐​laundering of these frivolous allegations of cooperation between Hamas or the Muslim Brotherhood and Israel 40, 50, or 60 years ago reveal themselves as simply and patently absurd. But then again, there are those who claim that the Taliban are still the same US puppets in 2021 that they were in the 1990s. In the end, it has become a sort of article of faith, and at issue is whether one is willing to question it: Do I believe that relationships can change or not? Do I believe that there is some kind of »original sin« that cannot be washed away? Do I believe that Western imperialism or Zionism are all‐​powerful and control everything and everyone, regardless of the facts on the table?

For the present author the matter is really quite clear: the Muslim Brotherhood in Palestine had become a tame movement from the 1950s at the latest, which therefore enjoyed a certain benevolence from the Zionists and was even pragmatically supported in the spirit of a divide‐​and‐​rule policy. Hamas marked the end of this relationship and became the bitter, mortal enemy of Zionism as a result of Oslo and the Second Intifada.

Myth 2: Hamas is a »radical Islamist« or »fundamentalist« organization.

Let’s start with the terms at issue here themselves:

a) Fundamentalism

The term »fundamentalism« comes from a Christian context and refers to Protestant movements that wanted to return to the idealistic or literary foundations of Christianity, i.e. to the Bible, which they seek to interpret literally. The most prominent Christian fundamentalists are the so‐​called Evangelicals. Since Catholics have an intermediate authority in the interpretation of the Bible in the form of the Church, fundamentalist currents have had a much harder time taking root there.37Kienzler (1996), pp. 17 f., 28 ff., 56. The same applies to Shiite Islam, which despite lacking a church in the catholic sense has an established clergy.38Halm (1988), pp. 89, 130 f. [English Edition: (2004).]

Sunni Islam, on the other hand, knows neither one nor the other and is therefore closer to Protestantism. It is similar to Protestantism in that it has a more open flank towards fundamentalism, which in its case primarily tends to mean the literal interpretation of the Koran. There have always been fundamentalist renewal movements in Islam that have questioned orthodoxy in the form of the so‐​called schools of law (madhahib), the traditional religious scholars (ulama’) and even the traditions handed down (sunnah) and the traditions of the Prophet and his companions (ahadith).39For a comparison between the Protestant and Salafi Reformation, see Murtaza (2016), p. 106 ff.

b) Salafiyya

Similar to Protestant fundamentalism, these movements have not had an invariably reactionary character: in the USA, for example, many Evangelicals early condemned slavery as a »diabolical sin.«40Hochgeschwender (2018), p. 84. Likewise, progressive reformers such as Jamal ad‐​Din al‐​Afghani (1838 – 97) or Muhammad Abdu (1849 – 1905) advocated against conservative orthodoxy and colonialism, and in favor of bourgeois democracy, scientific progress, and rationalism — referring to early Islam as the time of the »righteous ancestors«, or in Arabic: as‐​Salaf as‐​Salih.41Seidensticker (2015), pp. 39-42.

c) »Salafism,« »Jihadism« and Wahhabism

Derived from the above, the term »Salafis« in use today usually refers to much more conservative currents in Sunnism, which can also be described as fundamentalist. In their case, this fundamentalism has little that is progressive about it: the anti‐​colonialism and anti‐​imperialism is primarily cultural, often explicitly apolitical (not praying and fighting, but praying instead of fighting), and thus does not outweigh the conservatism in other issues. In general, these »Salafis« hardly differ from the Saudi Wahhabis. Admittedly, the former often reject the latter for their pact with the Saud monarchy. At the same time, however, they themselves are frequently financed by Saudi Arabia.42Lohlker (2017), pp. 52-54, 106-112. Seidensticker (2015) pp. 24-27.

Where »Salafism« does make a political appearance, it usually only attempts to impose its conservatism on society as a whole via the state. So‐​called »jihadism« à la Al‐​Qaeda or ISIS is initially the continuation of this policy by other means. However, the rise of IS in Syria and Iraq, and even more so since its downfall, has shown that this »jihadism« is particularly attractive for militias to legitimize themselves and recruit fighters (also internationally) in the context of territorial and mostly ethnically and/​or religiously charged sovereignty conflicts or civil wars. In addition to Iraq and Syria, this is also the case in Afghanistan, Yemen, North Africa and the Sahel region.

d) Hamas: An Islamic‐​conservative national liberation movement

Hamas is neither »Salafi«, nor Wahhabi, nor »jihadist«, nor apolitical. And it is not fundamentalist either. There are »Salafis« in its ranks, but they are comparatively insignificant.43Nassar (2022). It would also be strange if they did not exist within Hamas, as it is both a popular movement and an Islamic party, bringing together various Islamic currents. As explained above, it descended from the Muslim Brotherhood. The Muslim Brotherhood is not fundamentalist either; on the contrary, it is relatively pluralistic: its offshoots or subsidiary parties in the various countries are — as mentioned above in section 3 — relatively diverse. In Tunisia they are considered comparatively »liberal«44Seidensticker (2015), p. 82. in Jordan they are still a lapdog of the royal family45Baumgarten (2006), pp. 20-28. Metzger (2005), pp. 58-63. in Yemen they are atypically quite strongly »Salafi« and are even supported by the Saudis (despite the Saudis and the Muslim Brotherhood being arch‐​enemies almost everywhere else),46AlDailami (2019), p. 67 f. Partrick (2016). in Syria they have been strongly influenced by their experiences of repression since the 1970s47Metzger (2005), pp. 70-73. Seidensticker (2015), p. 75 f. and in Egypt, their country of origin, their behavior has ranged from militantly oppositional, to collaborative, to peacefully oppositional,48Ibid. pp. 72-74. depending on the policies of the current regime. They were largely shattered after General al-Sisi’s coup and have disintegrated into either »pacified« and apathetic factions on the one hand, or radicalized factions on the other.

As outlined above, they all have a religious‐​conservative political program, which generally provides for a form of bourgeois democracy and relatively liberal capitalism. Their respective nation comes first, followed by the (pan-)Arab nation, and finally the Muslim Ummah. How »conservative« or »liberal«, how »democratic« or »theocratic« the respective Muslim Brotherhood may be positioned depends on the national circumstances, the repression affecting it, and the class interests of its base.

Hamas is no exception in this sense: its ideological program is adapted to the conditions in Palestine, i.e. specifically to the national liberation struggle, which is in the interests of all Palestinian classes. Because Hamas, as a petty‐​bourgeois party and movement, relies on precisely these masses — small business owners, teachers, doctors, scientists, lawyers, engineers, workers, farmers and the national bourgeoisie — it also tries to represent their interests as best it can –within its ideological framework, of course. But this framework is much broader than one might expect from buzzwords such as »Islamism« and »fundamentalism«, which are imbued with Eurocentric schematism, idealism and prejudice: Hamas has long since ceased to conceive of its struggle as a religious one; it derives its (fighting) morality from religion, but it knows that the war in Palestine is not a war between religions. (See Myth 3) Even its language had already become »secularized« by the mid‐​2000s49Mustafa (2013), p. 70. and anyone reading today’s publications by Hamas or the Qassam Brigades will find that they argue less theologically and much more morally and in terms of international law. Insofar, then, as Hamas’s rule in Gaza might be described as authoritarian, it is not so out of any sort of conviction that it must enforce particularly strict religiously based moral rules (though there have certainly been such attempts, they have all been modified or abandoned altogether, not least due to the resistant or disobedience of the population)50Ziolkowski (2020), pp. 171-74.; Hamas itself rejects the charge that it is imposing a moral policy on the population.51Hroub (2011), p. 109 f. [English edition: (2010), p. 75]. Rather, Hamas’s supposed authoritarianism can only be understood as the inevitable conditions of rule for a government of a besieged area threatened by an overwhelming enemy. 

e) »Khamas‐​IS«?

Unlike IS and its various offshoots, Hamas is not a civil war militia that lives from hand to mouth or from conquest and acquisition rather than advocating a genuine political program. Hamas is a sustainable political party and movement with strong roots in the popular masses, which, due to the specific situation in Palestine, maintains a military arm that is part of the guerrillas of the Palestinian independence movement and at the same time, to a certain extent, constitutes Gaza’s army. Unlike IS, Hamas does not seek the violent destruction of the existing nation states and the establishment of a worldwide caliphate, nor does it pursue a sectarian or eliminationist course against any ethnic group in the region because it belongs to the wrong religion (Jews, Christians, Druze or, in relation to Iraq, Yezidis or similar) or denomination (Shiites or Alawites, which do not exist in Palestine anyway). (See also Myth 3.) Hamas has also never distinguished itself with particularly brutal murders or even celebrated them on camera. On the contrary: martyrs are honored, the killing of enemies in battle is celebrated and the enemy is of course also mocked– but they do not make, let alone circulate, footage of mass executions of Israelis.

The Zionist propaganda apparatus and the Western imperialist lying press have widely reported that Hamas itself documented and disseminated its »massacres« and »acts of terror« on October 7. But I myself only know of great footages showing freedom fighters flattening military targets, taking prisoners etc., and a people blowing up their prison walls and cheering their guerrillas. A fact check article by Occupied News does say: »Some video footage shows Hamas fighters shooting and/​or executing adult non‐​combatants — usually while trying to escape capture. It is worth noting that in at least one such video, the clear voices of other fighters can be heard shouting »NO!« and »Why?«. In another video, a Hamas fighter can be seen stopping a Palestinian in civilian clothes from humiliating a killed Israeli.«52Occupied News (2024). Unfortunately, the relevant sources are not linked. (More on the »Al‐​Aqsa flood« under Myth 15)

Finally, it should be mentioned that Hamas has repeatedly taken action against »jihadist« cells in the Gaza Strip in the past: in 2009, a group close to Al‐​Qaeda was smashed.53Beaumont (2009). In 2011, the security forces in Gaza killed more »jihadists«54Issacharoff (2011). In the following years, IS and Al‐​Qaeda supporters were repeatedly arrested in the Gaza Strip55Reed (2015). Staff (2017). and in some cases also killed by the authorities.56Ynet (2015). Conversely, Daesh officially declared war on Hamas57Abuheweila / Kershner (2018). Israel on the other hand treated more than 1,000 Syrian insurgent fighters in 2014, presumably including quite a few fighters from the Al‐​Nusra Front, the Syrian Al‐​Qaeda offshoot, in hospitals in the Golan, which has been occupied since 1967.58Leukefeld (2017), p. 183 f.

f) Wing battles within Hamas

Hamas is no more monolithic than it is »fundamentalist« or »radical Islamic«. There are various currents that vie for influence within it, which is particularly noticeable in its foreign policy orientation. In this regard, Abdelrahman Nassar speaks of three relevant poles that are currently vying for hegemony within Hamas: One around the former Hamas leader Khaled Mash’al, which could perhaps be described as the »Muslim Brother pole«; a Salafi confessionalist or sectarian pole, which is, however, comparatively without influence; and a »military wing« made up of Qassam Brigades and other leadership figures who advocate a rapprochement with the »Axis of Resistance.«59Nassar (2022). (On all this, see Myth 13) These currents or wings can be identified on the basis of the aforementioned positions on this specific issue and do not necessarily say anything about the political positions of the actors on other issues.

Leila Seurat also comments on this fact: These divergences cannot be understood by merely looking at normative categories opposing a ’radical’ outside leadership to a ’moderate’ one within,« as is often done in the literature. Before 2011, it was the exiled leadership that rejected any compromise with the Palestinian Authority; after 2011, it was willing to do so, but the leadership in Gaza resisted; the former has since pursued a »Sunni internationalist« course, the latter a nationalist and anti‐​sectarian one. Seurat therefore states: »there is no strict overlap between geographical and ideological divide.«60Seurat (2019), p. 31. Phrases such as »hardliners«, as we all too often hear in the Western press with regard to this or that Hamas politician, are even less helpful.

In general, let’s always try to be as specific as possible and use as few labels as possible!

Myth 3: »Hamas is anti‐Semitic.«

a) Definition of anti‐Semitism

Here we must first define what antisemitism actually means. If one follows the IHRA’s definition, as the authorities in Germany do, or even the so‐​called 3‑D test, then ultimately any criticism of Israel is anti‐​Semitic. That is precisely the point of these baseless definitions, which have nothing to do with science and everything to do with propaganda in the sense of Zionism and Western imperialism. It is similar to the idea that anti‐​Semitism is an isolated ideology and has nothing to do with racism; this idea originates from Moshe Postone, was adopted by the so‐​called »anti‐​Germans« (Zionist, generally white ethnically German pseudo‐​leftists) and can be found today in mainstream German media discourse, at universities, etc.61A further text on these and other aspects of the accusation of anti‐​Semitism will soon follow as an aid to argumentation.

Anti‐​Semitism can only be meaningfully defined as racism against Jews as Jews or because they are labeled as Jews. Like every form of racism, anti‐​Semitism has various specific characteristics, has its own history — which in its case is closely linked to Christian anti‐​Judaism — and is adaptable to the current interests of the racists, etc. And like all racism, it is not just about ideology, about prejudice and hatred or about direct, individual violence, but in particular about a power relationship, about structural and systematic violence, etc.62Kilani (2021). This means that racism in its fullest sense is not reciprocal, but one‐​sided. In a nutshell, this means that in the world as we know it, with its history, its reality, etc., there is no racism of blacks against whites, but only vice versa; there is no racism of Jews against Germans, but only vice versa, etc. And when a black person says: »Fucking white people« it is something completely different from when a white person says: « Fucking black people« et cetera.

b) Hostility towards Jews in the context of Palestine

For Palestine, this means that when a Palestinian says: »Fucking Jews«, this is firstly something completely different from when an Israeli says: »Fucking Palestinians« or »Fucking Arabs«. And secondly, it is also completely different from a German saying: »Fucking Jews«. Because in Palestine, the real history and present are completely different from that in Germany, especially from the years 1933 – 45: while in Europe and especially in Nazi Germany Jews were an oppressed and persecuted minority, in Palestine it is the Zionist settlers who oppressed, expelled and murdered the Palestinians. In addition, these settlers were not only Jews according to their self‐​image, but as Zionists they also claim to act in the interests and on behalf of all Jews worldwide.

This means 1. that the Palestinians are actually fighting against people who confront them as Jews; when Palestinians therefore speak of »the Jews«, this corresponds to a certain extent to reality. In the ears of many Germans, the phrase »the Jews« arouses unease because of our own history. However, we must distance ourselves from this German perspective when it comes to Palestine or the Middle East, because ultimately this phrase is just as generalizing, but also just as understandable and ultimately just as little the true core of real problems as when people talk about »the Germans«, »the Americans«, »the Chinese«, »the Palestinians« etc. in everyday life. Everyday language and consciousness do not usually constitute precise political analyses. 

2. Some German discourse goes so far as to suggest that any action against a Jewish person is anti‐​Semitic, especially if it is violent. The Palestinians, however, are actually fighting against people who are generally Jewish, but only »coincidentally« insofar as it is not the Palestinians who declare them enemies because they are Jewish. On the contrary, it is the Zionists who feel empowered to attack, oppress and expel the Palestinians on the basis of their Jewishness. It is not the Palestinians’ fault that their oppressors are Jews and of course they have the right to defend themselves against them. Moreover, as I said, an act can only be understood as anti‐​Semitic if it is directed against a Jewish person solely because he is Jewish, and not because he happens to be Jewish.

3. If the Zionists and the settlers in Palestine are equated with Judaism as a whole, this is of course incorrect and quite dangerous. However, the blame for this does not lie with any specific anti‐​Semitism among Palestinians, Arabs or Muslims, but is conversely the result of Zionist propaganda: for it is the Zionists who have equated Judaism with Zionism, Zionists and settlers with Jews per se. Western propaganda follows them in this — and gets entangled in open contradictions: for example, the ruling elite in Germany likes to declare that it is anti‐​Semitic to equate Israel and Judaism (which is correct), only to defame any criticism of Israel as anti‐​Semitic in the next breath. In short: Zionists and anti‐​Semites agree in equating Israel and Judaism (and not only in this, by the way).

It is absolutely cynical when the victims of Zionism, i.e. the Palestinians and ultimately the Arabs as a whole, are accused of anti‐​Semitism for parroting this lie of the Zionists and Western imperialism! In reality, at different times, different parts of the population in the Arab world equated Judaism and Zionism to a greater or lesser extent. According to Gudrun Krämer, until 1948 »only a few Arab journalists, writers and political activists distinguished between Jews and Zionists; the left was the most likely to do so, and even they were not consistent. The majority spoke of Jews, even if they only meant the Zionists.« She also refers to the fact that the Zionists themselves blurred this distinction in terms of language and content.63Krämer (2011), p. 165. Moreover, this lack of differentiation was always due to the position of weakness and oppression in which the Palestinians and the Arab world have permanently found themselves vis‐​à‐​vis Israel since 1947 at the latest.

This situation also explains why conspiracy myths are so virulent, especially in relation to Zionism. Zionists and pseudo‐​anti‐​Semite hunters — unsurpassably Eurocentric and ignorant as ever — simply see this as a typical characteristic of European anti‐​Semitism. It is true that elements of European anti‐​Judaism and anti‐​Semitism can also be found in the Arab and Muslim world. But on the one hand, one has to prove very concretely to what extent these are actually anti‐​Semitic exports and not superficial (supposed) similarities that are then reinterpreted (for example, when the slogan »child murderer Israel« is presented as a new edition of the ritual murder legend from the Christian‐​European Middle Ages). And secondly, these elements also take on a different character in the context of Zionist colonialism and the real balance of power.

Alexander Flores writes: »It is no coincidence that from Europe it is not so much the racial idea of anti‐​Semitism as its conspiracy theory elements […] that have been accepted in the Arab context. Many Palestinians and other Arabs were only able to explain the fact that the […] Jews were now strengthened by massive immigration and were able to establish themselves as a dominant group, even founding their own state and gaining the support of the leading powers — first Great Britain, then the USA — with the help of conspiracy theories.«64As quoted in Baumgarten (2006), p. 62. Of course, this does not change the fact that such conspiracy‐​mystical thinking must be combated. However, this is mainly because, as Helga Baumgarten writes, it is an »oversized […] magnification of the enemy«,65Ibid. which ultimately encourages passivity, since — we all know this argument — »nothing can be changed anyway«. However, this fight against false consciousness, against defeatist argumentation supports, against reductions and prejudices is completely different from the fight against a racist relationship of domination.

It is also clear that anti‐​Jewish and anti‐​Semitic elements in legitimate anti‐​Zionism must also be combated in the interests of protecting Jews and on the basis of an anti‐​racist and »enlightenment« principles. However, it must be emphasized: Hostility towards Jews among Palestinians and Arabs and ultimately also among Muslims worldwide is first and foremost the result of Zionist crimes and propaganda. Only when Zionism is defeated will the real breeding ground for this hostility disappear. This is not the only reason why overcoming Zionism is in the interests of Jews worldwide.

c) Jews and hostility towards Jews in the Arab world

From the emergence of Islam until the 20th century, there was no hostility towards Jews in the Muslim‐​majority countries that even came close to what we know from Europe: no ghettos, no pogroms, no racism. Jews, like all religious minorities, were sometimes more and sometimes less disadvantaged.66Krämer (2011), pp. 150-157. But as Kai Hafez rightly notes: »There can hardly be any dispute that Jews have been able to live far more safely in the Muslim world than in Europe for the last two thousand years. While the motif of the »Christ‐​killers« had a long‐​lasting effect in the Christian world, Judaism is explicitly recognized as a religion of the book (ahl al‐​kitab) in the Koran.«67Hafez (2009), p. 175 [English edition: (2010) p. 154] Under Muslim rule, Judaism experienced several phases of prosperity, such as in Spanish Andalusia. Even a staunch Zionist and neo‐​conservative like the historian Bernhard Lewis speaks of a »Jewish‐​Islamic tradition« that only broke down in the 20th century.68Lewis (1987) [English Version: (1984)]

Anti‐​Semitic ideology came from Europe to the Arab world at the end of the 19th century, i.e. as a colonial export. The first translations of European anti‐​Semitic pamphlets usually came from Arab Christians.69Ibid. p. 165 [in German edition]. In view of Zionist colonization and Britain’s open support for this project, European anti‐​Semitic motifs fell on fertile ground in Palestine at the beginning of the Mandate period. Therefore, as Flores writes, »anti‐​Jewish statements were alreadymade by Palestinians in the early Mandate period; over the course of the Mandate they became more frequent. But they only came from some Palestinians; even less so from the other Arabs — with a few exceptions, their coexistence with the Jews there remained undisturbed during the Mandate period. It was only in the wake of the founding of the state of Israel, the first Arab‐​Israeli war and the resulting catastrophe for the Palestinians that a sharply anti‐​Israeli and often anti‐​Semitic attitude spread in the Arab world.«70Flores (2008), p. 153.

The reasons for the lack of differentiation between Jews and Zionists by the victims of Zionism have already been discussed above. Here again in the words of Flores: 

»1. the intensity of the damage caused by Zionism and the founding of the state of Israel, which drives its victims to use a shrill tone, exaggerations and generalizations; 2. the persistence of thinking in communitarian categories (»the Jews«) when describing political developments and the resulting neglect of differentiation within the communities; 3. The vehement claim of the Zionists or the Israeli leadership to speak and act for all Jews worldwide and their far‐​reaching success in marginalizing all non‐ or anti‐​Zionist Jewish voices. This has blurred the distinction between Zionism and Judaism in much of the public perception; 4. the way in which the Zionist project, or Israel, was and is embedded in world politics. The Zionist movement has always understood how to present itself as an outpost of the leading world powers in the confrontation with its opponents and has thus won their support. The success of Zionism […] would have been unthinkable without them. And this support appears to be very stable: Israel can afford even the most outrageous war crimes and human rights violations without anyone falling into its arms. Many Palestinians and Arabs can only imagine this enormous success story as the result of a great conspiracy in which, moreover (see the third reason just mentioned!), Jews all over the world play a major role. All these factors lead to a blurring of the distinction between Zionism and Judaism in the eyes of many Arabs, and their fierce hostility towards Israel turns into anti‐​Semitism. In this process, all possible sources are used to illustrate the hostility towards Jews that has arisen in this way, above all a whole series of set pieces from anti‐​Semitism of European provenance, whereby it is noticeable that it is less the racist aspects of this that are reproduced than the fantasies of a Jewish world conspiracy.«71Ibid. p. 153 f.

d) Hamas and hostility towards Jews

Having said all this, we now come to Hamas.

Anti‐​Jewish statements can be found in the early publications of Hamas and above all in the notorious charter of 1988, the significance of which has been greatly exaggerated in the West (Myth 12). In line with Flores’ analysis, these are based on conspiracy theory and by no means on racism.72Mustafa (2013), p. 72. Moreover, as Hafez emphasizes73Hafez (2009), p. 180 [English edition: (2010) p. 159]., there is no eliminationist element towards Jews in it; not even the »annihilation« or »destruction« of Israel has ever been mentioned in any Hamas publication, but always only the »liberation of (all of) Palestine«74Hroub (2011), pp. 60, 74 [English edition: (2010) pp. 31, 40 – 41].. In addition to the conspiracy myths, from which Hamas has long distanced itself75Ibid. pp. 55, 69 [English edition: (2010) pp. 27, 35]. and of which nothing can be found in its publications today, what remains above all is the religious interpretation of the Palestinian conflict and the lack of distinction between Zionists and Jews.

As explained in Myth 2, Hamas’ political discourse had already become strongly »secularized« by the time of its election victory in 2006. The same applies to its differentiation between Judaism and Zionism, although the first efforts in this direction can be seen as early as 1990.76Ibid. pp. 60, 69 [English edition: (2010) pp. 29, 37].

The new policy paper from 2017 (Myth 12) makes a correspondingly consistent distinction. Point 16 states: »Hamas affirms that its conflict is with the Zionist project and not with the Jews because of their religion. Hamas is not fighting against the Jews because they are Jews, but against the Zionists who occupy Palestine. However, it is the Zionists who constantly identify Judaism and the Jews with their own colonial project and their illegal entity.« In point 17, it declares: »Hamas rejects the persecution of any human being or the undermining of their rights for nationalist, religious or sectarian reasons.« It goes on to criticize the European anti‐​Semitic tradition, which it also distances itself from by stating that it is »not connected to the history of Arabs and Muslims or their heritage.« Finally, it defines Zionism as a form of settler colonialism that has already existed in other parts of the world.77Hamas (2017).

Anyone who regularly reads publications by Hamas and the Qassam Brigades will find it confirmed that they consistently refer to »Zionists« and »settlers«, but not to Jews or a religious conflict. This settler colonialism discourse is now largely a consensus among the resistance groups: all organizations from Hamas and Jihad to the Lion’s Den (Areen al‐​Usud) to the PFLP and DFLP use these terms and this analysis.

It can of course be assumed that these organizations are more reflective as political actors than the masses: Khaled Hroub points out that Hamas and its leadership differentiate much more consciously between Jews and Zionists than is the case among its supporters or the ordinary Palestinian population. As discussed above under section b), he also argues that while the interchangeable use of such terms in »common parlance« might be »regrettably imprecise,« »in the face of the ongoing presence of an aggressive, illegal and non‐​Palestinian occupier, which whatever distinctions are made is identifiable Jewish (Zionist/​Israeli)« it is absolutely secondary — which is not to say, as he does, »irrelevant.«78Hroub (2011), p. 70 [English edition: (2010) p. 37]. Hroub summarizes:

»Although in the early years of its inception Hamas made little effort to differentiate between Judaism as a religion and Zionism as a political movement, in later and recent years Hamas has completely clarified its thinking on this issue. It is anti‐​Zionist, not anti‐​Jew.«79Ibid. p. 68 [English edition: (2010) p. 36].

e) Historical comparisons

Finally, it should be pointed out that the practice of Hamas (and all other resistance groups) of placing the Zionists in the tradition of the Nazis should not be seen as anti‐​Semitic or as relativizing the Holocaust, as Israel lobbyists and German Zionists actually like to do. On the contrary, a completely different interpretation is much closer — because in such comparisons the persecution of the European Jews is precisely not denied, but taken seriously as a crime against humanity. In the second step, the Palestinians identify with these persecuted Jews — even though some of them have become their own oppressors in the real present. There is nothing presumptuous about this, it is rather an anti‐​sectarian, internationalist act that simultaneously liberates Jewish history from the real Zionist presumption. This can also be seen in the following example: In April 2008, two years after the start of the blockade on Gaza, the high‐​ranking Hamas spokesman Mahmud al‐​Zahar declared in an interview: »Sixty‐​five years ago, the courageous Jews of the Warsaw ghetto rose in defense of their people. We Gazans, living in the World’s largest open‐​air prison, can do no less.«80As quoted in ibid. p. 21 [English edition: (2010) p. xxiii]. A leader of a Palestinian resistance organization here elevates the anti‐​fascist resistance of European Jews to a role model for his own people. A magnificent, honorable gesture!

Myth 4: »Hamas is fascist.«

This accusation is made by a whole range of »critics«: from openly right‐​wing radical Islam‐​haters to pseudo‐​left »Islam critics« all the way to the Maoist MLPD (Marxist‐​Leninist Party of Germany). Since the bourgeoisie have no meaningful concept of fascism, the accusation from this side will not be addressed here; it is purely a fighting term and is only used to supplement the accusation of »fundamentalism« and »Islamism« (Myth 2) with another bad word.

Marxists, on the other hand, should meet the requirement of not using the term fascism in an inflationary or moralistic way, but in a scientific and well‐​founded way. Whether this is the case in relation to Hamas will be examined below. As examples, two actors from the German radical left who have a Marxist self‐​image are examined here: the MLPD and Kommunistische Aufbau KA (Communist Construction).

MLPD

The MLPD is the left‐​wing force that most vehemently raises the accusation of fascism against Hamas. It even publicly demanded a ban on the organization, in a situation in which the Ministry of the Interior had already announced exactly that. The MLPD did not even hesitate to accuse the German state of not having taken tougher action against Hamas earlier: »It is scandalous that the government has tolerated their activities for years.«81MLPD (2023 a). At the same time, in this pathetic declaration, it presents itself in its typical manner as a victim of »anti‐​communist« agitation, while in the same breath, insignificant as it is, it snipes at the strongest force in the Palestinian freedom movement.

Since October 7, the MLPD has published countless statements and articles on its website and in its organ, the Rote Fahne, in which Hamas (just like Islamic Jihad and Hezbollah) is always described as »fascist«, sometimes also as »Islamic‐​fascist«. (By the way: in contrast, Netanyahu only earns the attribute »fascistoid« from the MLPD.82MLPD (2023 b).) Let us now look at how the MLPD »proves« the »fascist character« of Hamas.

In fact, the MLPD has only published a single text in which it justifies why Hamas is fascist in its view.83MLPD (2023 c). This was published on October 26, 2023, i.e. at a time when the party had not only long been trumpeting its assessment of the Islamic Resistance Movement as »fascist« to the world, but had also backed the German government’s announced ban on Hamas. It is of course possible that the members have already been given an internal argument; however, the MLPD has not previously justified its defamation of Hamas to the outside world. I do not want to mince my words here: This pamphlet from October 26 is so absurdly bad and stupid that I have seriously considered deleting the entire myth. The MLPD bases its »argumentation« solely on the Hamas Charter of 1988, doing the same thing that only Zionists, Islam‐​haters, neoconservatives and other right‐​wingers do in their anti‐​Hamas propaganda. This document never had the significance ascribed to it in the West and is long outdated. (Myth 12) This has already disqualified the whole paper and we could end the criticism here.

Nevertheless, one or two passages should be quoted here so that readers can convince themselves of the inadequacy of the MLPD’s argumentation without having to read the whole document themselves. I will follow the assertions in the text in order:

»Hamas is deeply racist«, we learn there. Why? Because they supposedly claim that »Palestine in its entirety is ›bequeathed‹ to ›all generations of Muslims‹.« Note that the phrase »in its entirety« is not actually a quote from the charter, but comes from the MLPD itself. Presumably they are trying to summarize the Islamic concept of Waqf (endowment), which Palestine is described as in the Hamas Charter. Whatever this has to do with racism, however, we are not told.

Furthermore, the MLPD claims that Hamas »essentially reject[s] the political struggle for national and social liberation«. Let’s leave aside the struggle for social liberation for a moment (see myths 7, 8 and 14): The MLPD »substantiates« the claim that Hamas would not fight for national liberation with the following sentence from the Charter: »It is imperative to anchor in the minds of the coming Muslim generations the idea that the Palestinian question is a religious question.« (Article 15) Again, the question arises as to why this should be evidence of a »fascist character,« but oh well. Nevertheless, the MLPD’s assertion is countered by the fact that patriotism and the struggle for national liberation can have different ideological foundations, as well as religious and moral ones. In Article 12, the Hamas Charter itself states precisely this fact: »While other nationalisms consist of material, human, and territorial considerations, the nationality of Hamas also carries, in addition to all those, the all important divine factors which lend to it its spirit and life.«84Hamas (1988).

Further on in the text, the pronounce Hamas »fascist‐​misogynistic.« Finally here they at least provide a solid quotation, taking the following from the charter: »the Muslim women have a no lesser role than that of men in the war of liberation; they manufacture men and play a great role in guiding and educating the [new] generation.« From this, they conclude that »according to Hamas’ ideology, however, the role of women relates purely to the family sphere. Here she is supposed to bear children and indoctrinate them according to the fascist ideology — and be subservient to the Islamic [sic!] man.« Okay, Hamas’ view of the family is obviously patriarchal‐​conservative, but is that synonymous with fascist? The only »fascist« thing cited here is the ideology of Hamas, with which the children are to be »indoctrinated«. However, up to this point in the text, the MLPD has not yet provided any proof that this ideology is fascist. In addition, another passage from the Charter should be mentioned here, which calls on women to fight for national liberation. For in the event that an enemy occupies the homeland, it states: »a woman must go out and fight the enemy even without her husband’s authorization.«85Ibid. This sentence should not be overrated and of course it does not negate Hamas’ patriarchal family image, but it clearly contradicts the claim that they advocate for the total subservience of women to men.

The MLPD further bemoans that »Social aid programs, which Hamas uses to gain influence, are racist and geared towards the »national community«: »Muslim society is one of solidarity with one another.« How terrible that Muslims are in solidarity with each other… But seriously: I’ve only ever heard the Muslim community equated with a fascist ethnic community from »anti‐​German« Zionists. As far as Hamas’ relationship with non‐​Muslim Palestinians is concerned, Khaled Hroub emphasizes: »In its conduct towards the Palestinian Christians Hamas has shown extraordinary sensitivity« and »has succeeded in establishing cordial relationships with« them.86Hroub (2011), p. 130 [English edition: (2010) p. 91].

As far as I know, Hamas makes no distinction between Muslims and Christians in its charitable work. Incidentally, non‐​Muslims can also become members of Hamas87Baumgarten (2006), p. 59. Hroub (2011), p. 132. [English edition: (2010) p. 92]. and in the 2006 elections Hamas supported two independent Christian candidates.88Ibid. »In practice, however, the supposedly cross‐​class solidarity Muslim society is reduced to social charity«, concludes the MLPD. This is not entirely correct, but it is not entirely wrong either — and above all it has nothing to do with fascism or racism. Alms are the answer of all bourgeois actors (with the exception of the most blatant social Darwinists and ultra‐​liberals) to the impoverishment resulting from capitalism.

And finally: »Hamas promotes fascist conspiracy myths and is extremely anti‐​revolutionary and anti‐​communist«. On the issue of conspiracy myths, see Myth 3 above, as well as Myth 4 on Hamas’ real relationship to the political left. Otherwise, it should be emphasized once again that Hamas has long since distanced itself from the Charter and its problematic passages. (Myth 12) Finally, the MLPD also makes the accusation of anti‐​Semitism. (Myth 3 again) That’s it. That’s all there is to it.

Kommunistischer Aufbau (Communist Construction)

The Kommunistischer Aufbau (KA) has raised the accusation of fascism against Hamas far less hysterically than the MLPD. In fact, it can only be found in its publications upon second glance. In a text from 2018, it describes »Islamic fundamentalism« as a whole as fascist. Hamas is only mentioned in passing as one of several groups of »exiled fundamentalists.«89Kommunistischer Aufbau (2018 b). The text cited here is the second part of a two‐​part series of articles by KA on »Islamic fundamentalism«. The first part presents the »core thesis« of the texts, according to which »Islamic fundamentalism« is »a fascist ideology.«90Kommunistischer Aufbau (2018 a). All Islamic actors are subsumed under this term, from the Muslim Brotherhood and Hamas to the Lebanese Hezbollah and the Taliban to Al‐​Qaeda and Daesh.91Kommunistischer Aufbau (2018 b). The second article in particular reads in large parts like a (red‐​painted) report from the BfV (German domestic intelligence agency). The first part, on the one hand, is primarily a series of very different examples in which various actors from different countries, who are somehow lumped together as »Islamic fundamentalists«, have done things that we as communists find politically bad (capitalist policies, pacts with imperialists, persecution of communists, etc.). These include the classics: the Iranian revolution of 1979 (see also Myths 13 and 14); the West’s support for the Afghan mujahedeen; the Arab oil monarchies: the collaboration of Amin al‐​Hussayni — the so‐​called Grand Mufti of Jerusalem — with the Nazis; and the Muslim Brotherhood’s alleged closeness to European fascism.92Kommunistischer Aufbau (2018 a). (For the latter, see Myth 5)

There is just as little real argumentation as there is an in‐​depth analysis of even a single one of the events mentioned. Against the background of this very questionable historical overview, the thesis is ultimately justified by the fact that »Islamic fundamentalism« is primarily a »fascist ideology«. In contrast to the MLPD, the KA does not even attempt to prove this assertion with concrete arguments such as alleged racism or the like. Instead, it presents a mosaic of incoherent theoretical set pieces, ideological highlights and historical snippets, which results in a very blurred overall picture of reactionary moments, which issomehow sold as an alleged analysis under the label »Islamic fundamentalism«.

However, the KA may have changed its position on this issue in recent years. As recently as 2021, it accused Hamas and Islamic Jihad of »Islamic fundamentalist, anti‐​Semitic and fascist positions,« »such as calling for the annihilation of the Israeli people or the expulsion of Jews from West Asia.«93Kommunistischer Aufbau (2021).

Both are absolute nonsense and correspond to the wildest (pro-)Zionist propaganda lies.94Hroub (2011), p. 71 f. [English edition: (2010) p. 38 f.]. Wild (2015), p. 154. On 9 October, however, they described Hamas and the Qassam Brigades as one of several »Palestinian resistance organizations«. Even though it talks about »reactionary characteristics of bourgeois Palestinian nationalism and Islamic fundamentalism«, the KA expresses itself completely differently from the MLPD about October 7: »Both in terms of the means the resistance fighters used and in terms of the tactical military successes achieved, this operation is unparalleled in recent decades.«95Kommunistischer Aufbau (2023).

This is a small sign of hope that they are backing away from their nonsensical position and thus leaving the MLPD completely alone within the political left in Germany (and presumably worldwide) when it comes to defaming Hamas as »fascist«.

Myth 5: »The Muslim Brotherhood had contacts with Nazi Germany.«

If Hamas cannot be described as fascist today, the Muslim Brotherhood (MB) has at least been guilty of collaborating with European fascists, right? (See also Myth 4)

The Muslim Brotherhood and fascism

This is not correct either. In the 1930s—i.e. before the Second World War — the MB received funds from German agencies on several occasions, but this was not unusual. During the war, »some members of the Brotherhood« also distributed pro‐​German leaflets. Hassan al‐​Banna, the founder of the Muslim Brotherhood, came under pressure as a result and publicly declared his loyalty to the Egyptian and pro‐​British government.96Motadel (2017), p. 139 f. [English edition: (2014) p. 112].

As there is no evidence of any significant cooperation, a »congeniality« between the MB and the fascist movements in Europe is often constructed. The argument is usually based on superficialities such as the organizational structure and appearance or the »radicalism« or »totalitarianism«. In reality, however, al‐​Banna was already trying to differentiate himself from fascism in 1934. He regarded these movements as thoroughly »alien phenomena that were incompatible with the religious and cultural foundations of Islam«, as Israel Gershoni and Götz Nordbruch write. »The denunciation of these models of rule as pagan and satanic provided the propagated Islamic alternative with additional legitimacy. Added to this was the characterization of social forms in Europe and the USA as the basis of the imperialist threat to the Islamic community. In the view of the Muslim Brotherhood, the urge for territorial, economic and cultural expansion was part of the essence of Western societies […] Italian fascism and National Socialism were no exception to this view.«97Gershoni /​Nordbruch (2011), p. 137 f. Italian colonialism in Africa and the fascists’ racial ideologies in particular were met with complete rejection;98Ibid. p. 288. Gudrun Krämer lists numerous statements by al‐​Banna from 1934 – 48 in which he opposes racism.99Krämer (2022), p. 198 f.

In fact, there were many more nationalist members of the military who later maintained contact with German agents during the German‐​Italian North African campaign, including in or around the so‐​called Free Officers around Gamal Abdel Nasser, who were classified as left‐​wing nationalist to Arab‐​socialist. The key figure here was Anwar al‐​Sadat, Abdel Nasser’s successor, who led the country away from »Arab socialism«, brought it closer to the West and made peace with Israel at Camp David in 1978, making Egypt the first Arab country to recognize the Zionist entity as a state. However, even he cannot be shown to have any sympathy for Nazi ideology and, like most other nationalist and patriotic Egyptians, did not rely on a German victory to drive out the British colonial rulers, but rather hoped to keep his country out of the world war.100Achcar (2012), pp. 84-86. [English edition: (2010) pp. 83‐85].

Amin al‐​Hussayni as a key witness

The figure most consistently cited inorder to collectively accuse the Palestinians or even all Arabs or Muslims of being close to fascism is Hajj Amin al‐​Hussayni, one of the leaders of the Palestinian independence movement during British colonial rule. In fact, he was probably the only Palestinian who can be proven to have cooperated with Nazi Germany at all.101Flores (2009), p. 48 He was guilty of this collaboration between 1941 and 1945 and presumably also knew about the Holocaust. However, the resulting accusation by Netanyahu and others that it was he who gave Hitler the idea of genocide in the first place is ridiculous.102Scher (2015). Rather, al‐​Hussayni allowed himself to be exploited by the fascist military for propaganda and recruitment, especially in the Balkans and the Soviet Union, while the Nazis did not even promise him official support for his actual goal, the liberation of the Arab countries from colonialism.103Motadel (2017), pp. 56 – 58. As Ilan Pappe emphasizes, al-Hussayni’s work must be seen and judged in the context of the Palestinians’ anti‐​colonial struggle:

In the circumstances he was forced into the arms of his enemy’s enemy, in this case Italy and Germany. While in political asylum in Germany for two years, he came under the influence of Nazi doctrine and confused the distinction between Judaism and Zionism. His willingness to serve as a radio commentator for the Nazis and to help recruit Muslims in the Balkans to the German war effort no doubt stains his career. But he did not act any differently from the Zionist leaders in the 1930s, who themselves sought an alliance with the Nazis against the British Empire, or from all the other anti‐​colonialist movements who wanted to get rid of the Empire by way of alliances with its principal enemies.104Pappe (2017), p. 66 [English edition: (2017) pp. 83‐85].

Pappe’s latter remark alludes to the fact that the Zionists cooperated with the Nazis by, among other things: concluding the infamous Ha’avara agreement with the German fascists in 1933, which was intended to persuade German Jews to flee to Palestine (and did so); blocking the fight against Nazi Germany internationally; and collaborating with German secret services against the British.105See: Brenner (2007) [English edition: 1983]. Brentjes (2001). Krammer (2010). Nicosia (2012) [English edition: 2008]. At the same time, it should also be emphasized here that al‐​Hussayni, before he fell out of favor in London and turned to the Axis powers, collaborated with the British colonial power, was appointed Mufti of Jerusalem by it in the first place (although his religious training was not sufficient for this) and served it insofar as he helped to divide the Palestinian national movement and turn it exclusively against the Jewish population, but not against the British.106Achcar (2012), pp. 129-131. [English edition: (2010) pp. 131-133]. A wide‐​ranging discussion of al‐​Hussayni can be found in Rainer Zimmer‐​Winkel107Zimmer‐​Winkel (1999). With contributions by Gerhard Höpp (former GDR Middle East scholar), Danny Rubinstein (Haaretz), Suleiman Abu Dayyeh (Friedrich Naumann Foundation in Jerusalem) and Wolf Ahmet Aries (Islamic scholar in Kassel)., while the Lebanese Trotskyist Gilbert Achcar wrote a factual but sharp reckoning with him.108Achcar (2012), pp. 123-166 [English edition: (2010) pp. 131 f.].

Al‐​Hussayni had probably been in close contact with the Muslim Brotherhood in Egypt and Palestine since the 1920s, but never belonged to them.109Ibid. p. 157 f., Baumgarten (2006), p. 18. Rather, he was a central figure in the Palestinian national movement, came from an influential family and held a formal religious leadership role, which made him a positive reference person. The work of Zionist historian Joseph Croitoru illustrates how attempts are made to construct a connection between Nazi Germany and the Muslim Brotherhood and even Hamas by including al‐​Hussayni: He writes of »indications« that the Nazis »had a hand in the establishment of paramilitary branches of the MB«; he reports — but without naming the exact time — of German funds going to the Brotherhood, and claims that al‐​Hussayni, who allegedly »was already working closely with the Nazis at the time«, was »obviously« acting as a middleman. Because the whole thing is all too tenuous, Croitoru goes on to write: »Whatever this collaboration may have been« — in other words, it doesn’t really matter what it really was — »the Muslim Brotherhood and the Nazis had […] a common goal«, namely the »liberation of Palestine from British rule.«110Croitoru (2007), p. 32. The fact that the Nazis wanted to replace the British as the colonial power, while the Palestinians fought for their national independence, is not a difference worth mentioning for the Zionist Croitoru. Croitoru leaves no doubt that Hamas’ fight for the liberation of Palestine from Zionist rule is, of course, the continuation of this joint »holy war« (the imaginative title of the sub‐​chapter in his book) fought together by the Nazis and the Muslim Brotherhood. The fact that leftists in solidarity with Palestine, such as Kommunistische Aufbau, argue similarly (see Myth 4) is alarming.

In reality, al‐​Hussayni plays no important role today for either the MB or Hamas; the latter makes much more positive reference to guerrilla leaders and popular heroes from the 1930s, such as Izz ad‐​Din al‐​Qassam, after whom the military arm of Hamas is named, or Abdul Qader al‐​Hussayni.111Achcar (2012), p. 158 [English edition: (2010) p. 163]. Achcar112Ibid. pp. 158-166 [English edition: (2010) pp. 163-170]., Flores113Flores (2009), pp. 48-50., Krämer114Krämer (2011), p. 165., Motadel115Motadel (2017), p. 57 f., Pappe116Pappe (2017), p. 48 [English edition: (2017) p. 66]., Wildangel117Wildangel (2005), p. 115 f. and many others agree that the role and influence of the Mufti is widely overestimated in Western discourse; René Wildangel even speaks of a »veritable »muftization« of Arab‐​Palestinian history of the Mandate period in historiography.«118Ibid. p. 119. This politically motivated overemphasis of his role by Western, pro‐​Zionist actors is something the Mufti has in common with the infamous Hamas Charter (Myth 12).

Myth 6: »Hamas is a terrorist organization.«

a) »Terror organization«?

First and foremost, one must question the use of the very term here– because while »terror« can be defined to some extent, it is much more difficult to define what exactly a »terrorist organization« is. Terror can be defined very generally as the »[systematic] spreading of fear and horror through violent actions (especially to achieve political goals).«119Duden (trans. note: dictionary of standard High German).

It is immediately apparent that in reality this type of political violence is not only used by non‐​state actors — i.e., the first thing we think of when we think of »terrorist organizations« — but also by state actors, and indeed on a much larger scale. Just think of the colonial wars of conquest and oppression, of fascism, of the Second World War, of the anti‐​colonial wars of liberation, of Vietnam, Afghanistan, Iraq, etc. and, not least, of the actions of the Zionists in Palestine, Lebanon and Syria. That is to say that there is extensive state terror. Despite this, the term »terrorist state« is rather rare and obviously has a moral, propagandistic or polemical usage.

On the other hand, most of the really relevant armed fighting organizations in history had a political program, and the violence was merely the continuation of this policy by other means. Incidentally, »terrorist« was a positive self‐​designation of political groups in the 19th century and even into the 20th century, especially in contrast to the violence of criminal organizations.120Reinisch (2023 b), p. 11 f.

Today, however, the term has clearly negative connotations. To reduce these groups to their use of violence, i.e. to describe them as »terrorist organizations«, is not only pejorative, but also superficial and would ultimately say little about their political character. One can criticize or reject (disproportionate) violence as a political instrument, but a political goal or ideology itself remains good or bad, regardless of the means used to achieve it: A pacifist racist may be less dangerous, but his ideology is still wrong and must be opposed; and a movement that fights against national or social oppression does not automatically lose its legitimacy just because it uses violence to do so.

However, we repeatedly encounter the term »terrorist organization« in political and media discourse and therefore also in everyday speech. This is clearly a matter of political power: politicians and the media dictate who is to be considered a »terrorist« and who is not. One of the most famous examples is Nelson Mandela, who was on the US terror list until 2008, around a decade and a half after the end of apartheid, his election as President of South Africa and his appointment as Nobel Peace Prize winner. Discursively, it is also fascinating to trace the West’s media support for the »Mujahedeen« in Afghanistan: at one time, the killing of »infidels« was celebrated in Der Spiegel and the jihad fighters were honored as »freedom fighters«.121Hack (1983). The magazine was in tune with the prevailing discourse and politics in the FRG and the West.

This state power, which is already evident in sovereignty over discourse, fully unfolds when the classification as a »terrorist organization« also reaches the legal sphere, for example in the form of the EU terror lists and paragraphs 129 (a) and (b) of the German Criminal Code. Then political opponents can be repressed at will. The arbitrariness at work here is best illustrated by the PKK ban in Germany: PKK flags are banned in Germany due to the PKK’s classification as a »foreign terrorist organization,« and the 1993 ban on their activities. To display, on the the other hand, the flag of the YPG — i.e., the PKK’s sister organization just over the border in Syria — is very logically not prohibited, as the YPG collaborates with NATO—unless it is carried as a »substitute« for the PKK flag, and then of course it is banned. How one determines whether this is the case or not is a matter of »discretion,« the legalese term for simple arbitrariness. Just like the term »terrorism,« these elastic legal categories can be easily bent to suit one’s needs.

Personally, I am therefore fundamentally skeptical about the use of the term »terrorist organization« in an analytical sense. Of course, one can describe the National Socialist Underground (German: Nationalsozialistischer Untergrund) or the SS and SA as fascist terrorist organizations — and one would certainly not be wrong in doing so, since their primary task as the armed wing of the fascists was to spread terror. Describing the IOF as a terror militia in order to agitate and to take up and deliberately subvert existing narratives can also make propaganda sense. In both instances, however, the political content analysis is the starting point. In any case, one should be aware that the term »terrorist« is always politically determined and that it is usually those in power who determine who is a »terrorist« and who is not.

b) Violence against civilians

Even if we agreed to reject the term »terrorist organization«, however, it could still be possible that Hamas commits terroristic violence. A distinction must be made between two things: First of all, attacks that are to be classified as terrorist (at least legally speaking) are generally equivalent to war crimes under international law. Concrete war crimes belong before the International Court of Justice, the International Criminal Court (if one recognizes it) or, according to the International Criminal Code, also before German courts. But charges against any persons classified as »terror supporters« or even »sympathizers« before German courts are absurd. Either you commit a war crime yourself, or act as an accessory to one — or you don’t.

In the case of Palestine, the most common accusation against Hamas is that it carries out attacks on civilians. However, this is a complicated question in the settler‐​colonial context, because settlers are objectively part of the occupation, quite apart from the fact that an extremely large number of them are armed and almost all Israelis do military service. Settling people in occupied territory is a war crime.122Rome Statute (1998).

This crime poses a dilemma for a national liberation movement, because if one uses force against such an illegally settled population, one is also committing a crime from a purely formal legal point of view, and one crime does not justify another crime; on the other hand, if one permits it, liberation becomes virtually impossible. This is where the law reaches its limits. Morally and politically, of course, it becomes particularly perfidious when this settler population also hides behind their »civilian‐​ness«, while at the same time they very consciously and for ideological reasons stand behind the (illegal) seizure of land.

In view of this, it is widespread in the current discourse of the Palestinian resistance that all (adult) settlers are basically considered legitimate targets. Until 1994, Hamas itself made a strict distinction between Zionist soldiers on the one hand and »civilian« settlers on the other. The massacre in Hebron in 1994, in which the mass murderer Baruch Goldstein shot 29 Palestinians while they were praying in a mosque, changed this. From this period onwards, Hamas also targeted non‐​combatants for the first time. At that point, it was mainly so‐​called suicide attacks that had a major psychological impact and were carried out in exceptional situations, for example in response to the assassination of Hamas leaders or during the Second Intifada.123Hroub (2011), pp. 87-90 [English edition: (2010) pp. 53-56]. Baumgarten (2013), pp. 115, 133 f.

Later, it was mainly knife attacks, and today it is mostly attacks with cars or firearms on settlers, which may be considered »attacks on civilians« under international law, but which enjoy great support among the Palestinian population and also among all resistance organizations. As a solidarity movement, we must come to terms with this fact. The fact that the new legal situation and the current repression in the Federal Republic of Germany severely restrict a debate about this, because one is quickly accused of »condoning criminal acts« according to Paragraph 140 of the German Criminal Code, presents us with even greater hurdles in this debate than the public pressure of the current morally inflated and completely hysterical discourse about October 7 and Hamas. It should be noted here that Hamas itself distinguishes between combatants (armed Israelis) and civilians (unarmed Israelis) in its account of the »Al‐​Aqsa flood.«124Hamas (2024).

Mahmood Mamdani, however, points out that the »civilian dilemma« applies to both sides in the context of settler colonialism and the national liberation movement: Like the left‐​wing guerrilla, the right‐​wing settler, too, blurs the boundary between the civil and the military.«125Mamdani (2006), p. 239 [English edition: (2004), Ch. 4]. Recently, in the context of Palestine solidarity, one has repeatedly heard the admonition that talking about »women and children« »normalizes« the killing of Palestinian men. Part of this problem is also that we have to bear in mind that the Palestinian guerrillas are generally not classic soldiers who are in the pay of a standing army and have more or less voluntarily decided to go to war. They are (often enough very young) men who feel compelled to defend their homeland and risk their lives to do so. We should therefore consider carefully whether we make a distinction between Palestinian resistance fighters and civilians. One might object that this would be playing into the hands of the Zionists, who declare the entire population of Gaza »guilty« and equate them with Hamas. However, our response must be a fundamentally oppositional one: Neither the Palestinians as a whole, nor Hamas or the rest of the resistance are »guilty«, only the Zionists are! One should even say that resistance fighters are not killed, but murdered, because the Zionist regime and its violence have no legitimacy whatsoever!

c) »Suicide bombings«

Countless texts have been written and films made about this phenomenon in the West. Not because it is particularly politically or legally relevant, but above all because it obviously fascinates and horrifies many people: a person kills others and accepts his own death in the process. But ultimately this happens in every second war movie: a »hero« throws himself against a superior enemy force and to his certain death. It only becomes scary and strange or »fascinating« when the person making the sacrifice is a Muslim and uses explosives instead of a firearm or a sword.

Mamdani writes:

»I have often wondered whether the label »suicide bombing« accurately captures either the practice or the motivation behind it. Clearly, the prime objective of the suicide bomber is not to terminate his or her own life but that of others defined as enemies. We need to recognize the suicide bomber, first and foremost, as a category of soldier. Suicide bombing needs to be understood as a feature of modern political violence rather than stigmatized as a mark of barbarism.«126Ibid. p. 137 [English edition: (2004), Ch.4]

And indeed, he also points out that martyrdom is celebrated in the West: 

»As a secondary‐​school student in colonial Uganda, I remember having to memorize Tennyson’s poem ›The Charge of the Light Brigade‹. This is what I remember of Tennyson’s tribute to the heroism of British soldiers who knowingly went ›into the jaws of death‹: ›Cannon to right of them, /​Cannon to left of them, /​Cannon behind them /​Volley’d and thunder’d; … Into the jaws of Death, /​Into the mouth of Hell /​Rode the six hundred‹.«127Ibid. p. 305 footnote 294 [English edition: (2004), Ch. 4, footnote 222].

Leaving aside the exoticizing psychobabble, the matter is quickly clarified: martyrdom operations are not war crimes per se. Neither taking one’s own life nor using explosives are crimes in themselves. The only thing that matters (in terms of international law) is the aim of the operation: is it military and therefore legitimate or civilian and therefore illegitimate? Of course, these operations are also a social and psychological expression of something. In terms of society as a whole, however, if they occur more frequently, they are probably less a sign of »religious fanaticism« than of military inferiority and a desperate social situation.

Finally, a few facts about Hamas and the so‐​called suicide attacks: as mentioned under b), they began after the Goldstein massacre and then took place in exceptional situations. In addition to Hamas, the Islamic Jihad and the Al‐​Aqsa Martyrs Brigades also carried out martyrdom operations with explosives. In April 2008, Hamas claimed responsibility for a martyrdom operation for the last time, in which the fighters blew themselves up. They only injured Israeli soldiers,128Ministry of Foreign Affairs (2008). which is why this operation was undoubtedly legitimate under international law.

d) »Hostage‐​taking«

While Hamas fighters had generally killed captured soldiers in previous years, they have been used since 1992 at the latest by Hamas to free their own prisoners instead.129Baumgarten (2006), p. 85. Experience shows that those detained by the Qassam Brigades are treated well — quite unlike the Palestinian hostages in the Zionist prisons — even if they are held for years, such as Gilad Shalit, or under the most adverse circumstances, such as those taken on October 7th.

The arbitrary detention of non‐​combatants in particular may be legally and morally problematic. However, four points should be considered here: 

  1. The dilemma described under point b) above.
  2. The fact that the taking of hostages is a relatively common practice, especially in wars between unequal opponents or in guerrilla warfare. 
  3. The fact that in these hostage‐​takings the »higher value« of the settlers over the indigenous people can be turned against the colonial rulers: A single captured settler can be exchanged for many times more Palestinian hostages. Incidentally, this practice is not only pursued by Hamas, but has also been practiced in the past —particularly by the PFLP, but also by Fatah, the DFLP, Palestinian Islamic Jihad, the PFLP‐​GC, etc. And 
  4. It must be emphasized that the Zionist policy of arrests is nothing other than state hostage‐​taking, carried out on a far greater scale than Hamas ever could. Tens of thousands of Palestinian children and young people have been and continue to be affected by this practice to this day.

e) Classification of Hamas as a »terrorist organization«

Finally, a few facts about the classification of Hamas as a »terrorist organization«: Hamas is only listed as a »terrorist organization« by the Western states, i.e. Israel, the EU states, the USA, Great Britain, Canada, Australia, and Japan, as well as Paraguay.130Singh (2023). We are therefore talking about a vanishing minority of 33 compared to the other 160 UN member states. And even some European countries, such as Norway and Switzerland, as well as the NATO member Turkey, do not criminalize Hamas. Incidentally, the inclusion of Hamas in the EU terror list in 2003 was initially only the result of massive Israeli lobbying.131Baumgarten (2006), p. 159 f.

The fact that several Hamas leaders have also been placed on the list as individuals since October 7th underlines the fact that it is primarily a tool of political arbitrariness and symbolism.

f) Conclusion

Hamas is not a »terrorist organization«, but, firstly, an elementary component of the Palestinian liberation movement (Myths 8 and 9) and, secondly, the only government of the Palestinians in the territories occupied in 1967 that has so far been legitimized by elections. (Myth 10) That it is branded as such as »terrorist« by the imperialist Western powers and the Zionist colonial regime is both logical and completely unacceptable. We must expose this defamation for what it is: an expression of colonial arrogance and, above all, a delegitimization and dehumanization of Palestinian resistance aimed at elimination. For we must realize that it is not just a matter of a word: »terrorists«, according to the prevailing discourse and common practice, may be killed without ifs and buts. The designation as a »terrorist« therefore directly legitimizes the murder of Palestinian freedom fighters and (government) politicians. Thus, the inclusion of Hamas on the EU terror list gave the green light for the assassination of Shaykh Yassin and Abdel Aziz Rantisi (as well as numerous relatives and people who happened to be present) by Israel soon afterwards.132Ibid. p. 160. We are currently experiencing how the Zionists are even legitimizing genocide by equating the people of Gaza with their government. The answer, however, cannot be an artificial separation between the Palestinians and their most popular liberation organization and elected government, but the consistent rejection of the denigration of Hamas as a »terrorist organization«.

Myth 7: »Hamas is reactionary.«

So if Hamas is neither fundamentalist (Myth 2) nor fascist (Myth 4) nor anti‐​Semitic (Myth 3) nor terrorist (Myth 6), it is at least reactionary, isn’t it? After all, as described in Myth 2, it is religiously conservative. The answer is: yes and no, but mainly no. Yes, insofar as conservatism is fundamentally »reactionary«. A »potential« yes, insofar as Hamas, as a bourgeois, conservative force, can of course always fall into a reactionary role in the future — for example as a traitor to the Palestinian national cause — or if it actively opposes a socialist revolution. The latter could happen even before the national liberation of Palestine, namely if forces such as the PFLP or the Palestinian Communist Party were to take over the leadership of the Palestinian liberation movement — but this scenario is currently very unlikely. Or — and this is much more likely — after national liberation, when the struggle for socialism must be placed more clearly on the agenda. Yet the answer is a resounding no with regards to the national question, which is obviously the main contradiction in Palestine today: here Hamas clearly presents itself as a relatively reliable and consistent force in comparison to other bourgeois forces in this struggle. (See Myths 8, 9, 10, 11 and 14)

Ultimately, this myth can be refuted less with facts than with arguments. The facts can be found above in Myths 1 to 6 and in Myths 9, 10, 11 and 14. In the end, the main question is this: What does the category »reactionary« refer to? Does it refer exclusively to ideology or to the entire, above all social nature of an actor? Is it understood in relation to social conditions, i.e. dialectically and materialistically? Or is it essentialist, i.e. does it assume immutability and is therefore idealistic and dogmatic? In my opinion, Hamas can only be evaluated in relation to the real historical social situation in Palestine. With regard to social and cultural issues, it used to hold strong, and nowadays holds rather moderate, conservative positions, and is exposed to social moods to which it is very susceptible.133Asseburg (2008), p. 87.

Moreover, it is certainly not a revolutionary socialist organization, but rather advocates a bourgeois‐​capitalist society, even if the fight against poverty in the sense of charitable measures and a strong social policy play a central role for it, as do economic independence from the Zionist regime and a better trade position vis‐​à‐​vis the imperialist and neighboring states.134Mustafa (2013), pp. 170 – 177. With regard to the central struggle in Palestine, the national revolution, on the other hand, it is largely consistent, very self‐​sacrificing, relatively intelligent, and strongly anchored in the masses — in other words: it is revolutionary. So it is both bourgeois‐​conservative and revolutionary. In the end, analysis always goes further than labels. What is clear, nonetheless, is that the label »reactionary« in relation to Hamas is a misnomer in any case.

Finally, a comment on the elephant in the room when it comes to this topic: in this debate, the suspicion always arises that in the end it is less about the bourgeois character of Hamas and much more about its religious coloration. This is because the movement also shares its bourgeois character with other liberation organizations, such as Fatah in the 1960s to 1980s, the ANC before the end of apartheid, etc. Since latent hostility towards religion and especially Islam is unfortunately a major problem among leftists, it should be pointed out here that a Marxist critique of religion is something completely different from chauvinism towards religious people. My impression is that the latter is unfortunately much more widespread among leftists than the former. (See also Myth 14)

Myth 8: »Hamas is not a liberation movement.«

Following on from Myth 7, one can argue further here. Hamas is fighting for the national liberation of Palestine; it is fighting against settler colonialism and the Western imperialism behind it. Its goal is a country liberated from foreign occupation, apartheid, racism and national oppression, where the population is equal regardless of religious affiliation and where displaced indigenous people enjoy the right of return. Why should an organization, party and movement that pursues such a goal, that is anchored in the masses and enjoys support far beyond its direct base (including among the Christian, secular, and leftist segments of the population) not be a liberation movement?

If one has seen through Myths 1 to 7, does not subscribe to romanticized notions of guerrillas and partisans, and does not confuse national liberation with socialist revolution, there is no argument left as to why Hamas should not be categorized as a liberation movement.

Myth 9: »Hamas divides the resistance.«

Myths 1 and 14 explain the actual ways in which the Zionists have used the Muslim Brotherhood (MB) to weaken the Palestinian liberation movement. The latter also mentions that Fatah sometimes supported the MB against left‐​wing forces. And Myth 1 also deals with the competitive relationship between the MB and Hamas on the one hand and Islamic Jihad on the other. Both sections also describe how Hamas also made a break with its past with regard to this sectarianism towards the national resistance forces, albeit not immediately.

Hamas and the PLO

During the First Intifada, Hamas initially acted in competition with the Unified National Leadership of the Uprising (UNLU) consisting of Fatah, the PFLP, the DFLP, the Communist Party and Islamic Jihad.135Baumgarten (2006), p. 55. Flores (1988), pp. 86-88. It was not until the end of 1992 that a joint declaration with the UNLU and the PLO was issued for the first time, in response to the deportation of 415 (alleged) Hamas members by Israel.136Baumgarten (2006), p. 86.

Nevertheless, Hamas’ relationship with the PLO remained ambivalent: in its charter, it referred to the Palestine Liberation Organization as »a father, a brother, a relative, a friend« and as »closest to the heart.«137Hamas (1988). However, the purpose of the PLO as a popular front was precisely not to be »close« to other Palestinian liberation forces, but to unite them all under its umbrella. In 1990, Hamas »asked« for admission to the PLO or the Palestinian National Council for the first time, modestly demanding 40 to 50 percent of the seats in the PNC, which the PLO naturally rejected.138Baumgarten (2006), p. 83. In the following years, there were repeated talks about admission, but ultimately it never transpired. In 2005, it looked as if it might finally succeed as part of a restructuring of the PLO. However, Hamas’ election victory in 2006 marked the beginning of the end of these efforts: its landslide victory »dealt the greatest blow to Fatah and the PLO, this time challenging the status of ‘the sole and legitimate representative of the Palestinian people’ as it had never been challenged before. In its cabinet platform, Hamas refused, once again, to recognize the sole legitimacy and representation of the PLO, infuriating Fatah and many other Palestinians who have argued that the PLO is above factional rivalry,« as Khaled Hroub puts it.139Hroub (2011), p. 123. [English edition: (2010), p. 83]. The Fatah leadership’s policy of sabotage, subversion and treason in the following months, which resulted in an open power struggle between Hamas and Fatah, and the split between Gaza and Ramallah (Myth 10), finally buried a possible PLO accession by Hamas for the time being.

Hamas and the resistance

Beyond the PLO, however, Hamas certainly proved that it was prepared to cooperate with other resistance forces: in the 1990s, it organized itself together with the PFLP, DFLP, PFLP‐​GC, Palestinian Islamic Jihad, and others to form a rejectionist front against the Oslo betrayal.140Hussein (2019), p. 139-149. After its election victory in 2006, Hamas endeavored to form a government of national unity, despite the fact that it alone had an absolute majority in parliament.141Baumgarten (2013), p. 156. Although Hamas has ruled alone in the Gaza Strip since 2007, it does cooperate with the other resistance forces: In recent years up to 7 October, for example, it performed a tightrope act in an attempt to keep Gaza out of further fighting with Israel while at the same time giving organizations such as Palestinian Islamic Jihad in particular as free a hand as possible; in addition, it is highly likely that funds flowed from Gaza to the resistance in the West Bank.142Hajjaj (2023). Similarly, it has been channeling funds from abroad to other liberation organizations in Gaza for some time.143Khalil (2010), p. 102. Finally, together with the other organizations, it established the Joint Operations Room of the Palestinian resistance groups in 2018, which has expanded its cooperation in recent years, and it has been fighting side by side with Islamic Jihad, PFLP, DFLP and other armed groups in the »Al‐​Aqsa flood« operation since the 7th of October 2023.

Hamas and Fatah

At the same time, Hamas has repeatedly declared its willingness to sit down at the table with Fatah again: It deliberately declared the power struggle in the Gaza Strip in 2007 (Myth 10) not as a fight against Fatah, but against the militia of local Fatah leader Muhammad Dahlan.144Baumgarten (2013), p. 164. In 2013, Hamas took a symbolic step towards Fatah by allowing it to publicly celebrate its founding day in Gaza again for the first time.145Ibid. p. 193. The following year, there was even a unity government negotiated between Hamas and Fatah. In the associated agreement, Hamas declared its willingness to hand over political power in the Gaza Strip to Fatah on the condition that it would not be disarmed and thus not be crushed as a resistance organization. This was intended to reunite Gaza and the West Bank politically. The agreement ultimately failed due to the reluctance of Fatah’s leadership around Mahmoud Abbas to accept Hamas as a legitimate resistance force in return for a handover of power in Gaza.146Baconi (2018), p. 223 f. In 2017, a reconciliation agreement was reached between Fatah and Hamas alongside Hamas’ new policy paper (Myth 12), which Hamas claimed it would abide by until the elections scheduled for 2021.147Asseburg (2021), p. 198 f. However, these elections were then again canceled by Abbas, who (rightly) expected to be voted out of office.148Poppe (2021). He was elected president in 2003 and his mandate expired in 2009; since then, he has led the PA without legitimacy and in an extremely authoritarian manner.

Tel Aviv and Washington have always been involved in all of this by putting pressure on Hamas and Fatah every time there has been a rapprochement between the two. Helga Baumgarten summarizes this strategy as follows: »Israel and the USA systematically prevent any rapprochement between Ramallah and Gaza in order to maintain the Palestinian division and the conflict between Fatah and Hamas. This policy of »divide and rule« promises control over the Palestinians with the more or less complete subjugation of Ramallah […] Gaza, on the other hand, is regularly bombed to the ground every few years.«149Baumgarten (2021), p. 158.

Myth 10: »Hamas seized power by coup d’état.«

In 2006, Hamas won the elections to the Palestinian Legislative Council, the parliament in the territories occupied in 1967: 74 out of 132 seats, i.e. an absolute majority, went to Hamas; Fatah only managed 45 seats.150Baumgarten (2013), p. 152. Neither Hamas, nor the previously ruling Fatah, nor Israel, nor the West had expected this victory. Hamas leader Ismail Haniya »immediately declared his intention to form a government of national unity.« However, mainly due to pressure from the USA and Mahmoud Abbas, not even a coalition government was formed in the end. »Against its declared intentions, Hamas had to form a pure Hamas government, along with a few independent technocrats.«151Ibid. p. 156 In Muriel Asseburg’s assessment:

»overall, Hamas did not succeed in establishing an effective government in its first year in office, nor in gaining control over the security situation, let alone implementing its ambitious reform program. This may have been partly due to the fact that the movement was not sufficiently prepared to govern. First and foremost, however, it had to contend with a number of obstacles […] One of these was Fatah’s obstructive stance, which was in no way willing to accept its election defeat and relinquish power or cooperate with the government. This meant that the government formed in March 2006 had no access to the institutions of the executive, which it would have needed to actually govern — the office of president, the entire PA security apparatus, and the ministries were and still are predominantly occupied by Fatah members, most of whom refused to cooperate with Hamas on the instructions of President Abbas. Furthermore, the Hamas‐​led government failed due to the isolation (or increasingly embargo) policy of Israel and the West, which deprived the government of its financial basis […]. In the internal Palestinian power struggle, the West sided entirely with President and Fatah leader Abbas, whom it not only supported diplomatically, but also […] provided with funding. At the same time, the West also tolerated President Abbas rolling back earlier reform measures after Hamas’s election victory in order to consolidate his power.«152Asseburg (2008), p. 89.

In response, Hamas attempted to build up its own loyal security forces, but as Asseburg further notes:

»With the support of neighboring states and American financial aid, Fatah also increased its arsenal of weapons and began to strengthen its security forces through additional training measures. Increasingly violent clashes between the armed groups, security forces and militias on both sides were the result. Around 200 Palestinians died in the year following Hamas’ takeover of government.«153Ibid. p. 90.

Abbas once again proved to be a man of the West. As Helga Baumgarten observed: 

»For the uninvolved observer, a power struggle played out, as it had between President Arafat and his Prime Minister Mahmoud Abbas in 2003, only with the colors reversed. While Abbas, with massive support from the West, had tried to take as much control as possible over the PA’s security organs away from the then President Arafat, Abbas was now attempting once again, with full support from the West, to take as much influence as possible from the Haniyeh government and especially the Minister of the Interior over the security organs.«154Baumgarten (2013), p. 159.

In March 2007, a government of national unity was formed through the mediation of Saudi Arabia, comprising Hamas, Fatah, the DFLP, the Palestinian People’s Party (formerly the Communist Party) and other smaller parties. However, this government soon collapsed due to the continued obstructionism of Fatah, which wanted to retain power over the security forces, as well as the policy of the West, which continued to focus on isolating Hamas.155Asseburg (2008), p. 90. Baumgarten (2013), p. 162 f.

As Asseburg details,»In spring 2007, the USA began to supply Fatah directly with money, training and military equipment.« Support also came from Europe:

»Hamas found itself under increasing pressure due to the establishment of additional Fatah militias. When Israel gave the green light for the delivery of heavy weapons to Fatah units in the Gaza Strip and at the same time the Fatah leadership and other representatives of the unity government were out of the country, it took the opportunity to rid itself of the danger.«156Asseburg (2008), p. 91.

Tareq Baconi speaks of a »blank cheque« that the USA gave Fatah militia leader Dahlan in 2007 for his actions against Hamas.157Baconi (2018), p. 124. Baumgarten appears to assume that Hamas reacted almost at the last possible second: »This coup [i.e. of Fatah taking over Gaza] did not happen because Hamas obviously beat the Fatah security forces under Mohammad Dahlan to it.«158Baumgarten (2013), p. 163.

On June 10, 2007, the Qassam Brigades attacked Dahlan’s troops. The fighting lasted until June 14. In the end, the Fatah militias in the Gaza Strip were crushed and 161 people were dead. Crimes were apparently committed on both sides, such as extrajudicial executions. The pre‐​emptive strike damaged Hamas’ reputation among many Palestinians. It also lost power in the West Bank for good. Since then, it has ruled Gaza alone, while Abbas has established an authoritarian regime in Ramallah.159Ibid. pp. 163-166.

Let us summarize: What is known as the Hamas coup was an attempt by a party elected by an absolute majority, which had done everything possible to create a government in the interests of the people and together with all other political actors, to maintain its position in the face of a real coup instigated by Western imperialism and the Zionist occupation regime. In view of the fact that the Gaza Strip is still the capital of the Palestinian liberation movement today, while Abbas’ puppet regime is doing everything it can to choke off the resistance in the West Bank, the assessment can only be positive in retrospect: It is only because Hamas struck in time back then that the resistance in Palestine today has the strength it demonstrated so impressively on October 7!

Myth 11: »You can’t negotiate with Hamas.«

This accusation is mainly made by opponents of the Palestinian cause. Nevertheless, it should be addressed here, as it is unfortunately also a widespread myth among Palestinian solidarity activists. The accusation is also often combined with Hamas’ alleged lack of willingness to compromise. This is also a myth.

First of all, it should be pointed out that uncompromisingness is not a bad thing in itself. It always depends on what the specific issue is; it depends on the topic and the counterpart. The fact that Hamas is quite willing to compromise, pragmatic and adaptable in its policy towards the Palestinians, and has also developed significantly on these and many other issues, can be read in various parts of this text. (Myths 1, 2, 9, 10, 12 and 14)

De facto two‐​state solution

In addition, it has not only changed in terms of its fundamental attitude towards Zionism and Judaism (Myths 3 and 12), but has also repeatedly shown itself willing to compromise and negotiate with the Israeli state — for while it advocates the liberation of the whole of Palestine, it has repeatedly announced that it is prepared to lay down its arms in return for a Palestinian state within the 1967 borders (at least in the medium to long term). The first such proposal dates back to 1988 and was made by two Hamas leaders, Mahmoud al‐​Zahhar and Shaykh Ahmad Yassin, both in direct talks with high‐​ranking Zionist politicians and to the Israeli press. The second offer was made in 1991, but both attempts failed because the Zionist regime refused to respond to Hamas’ demand that the IOF should first withdraw from the West Bank, Gaza Strip and East Jerusalem and that the territory should be transferred to UN control.160Baumgarten (2006), p. 92. At the beginning of 1993, on the very eve of the so‐​called »Oslo peace process«, the organization declared that it was prepared to support a peaceful path on condition that, firstly, the IOF withdrew from the territories occupied in 1967 and, secondly, that Hamas would not be compelled to recognize Israel.161Ibid. p. 93. Helga Baumgarten sees the latter step in particular as an opportunity for the peaceful inclusion of Hamas in a possible solution process, but this was destroyed by the classification of the organization as »terrorist« (Myth 6) by the USA in the same period.162Ibid. p. 94.

Hamas rejected the betrayal of Oslo, as did the overwhelming majority of Palestinian parties — with the exception of the Palestinian People’s Party (the former CP of Palestine), FIDA (a split‐​off from the DFLP) and, of course, the Fatah leadership — on the same grounds as everyone else: the Palestinians recognized Israel and got nothing in return except more and more Zionist settlements on their alleged future state territory.163Ibid. pp. 97-101.

Therefore, the rejection of Oslo is by no means to be equated with a rejection of the so‐​called two‐​state solution, as it is so often portrayed in the West. On the contrary, the Oslo system has finally made such a solution impossible due to the increasing settlement of the West Bank.164Wild (2015), pp. 17-19. In the ensuing years, Hamas also repeatedly declared its willingness to recognize a Palestinian state within the 1967 borders, for example in its government program of 2006165Mustafa (2013), p. 130 f. and in its basic program of 2017.166Hamas (2017). Imad Mustafa even writes: »All statements by the leadership and documents of Hamas since 2006 refer to the two‐​state solution within the 1967 borders with regard to a Palestinian state.«167Mustafa (2013), p. 132.

In this context, it should first be noted that such a solution is not only an incredibly generous offer by the indigenous Palestinians to the colonial settlers in their country,168Bamen (2023 b). Wild (2015), p. 139. but also that such a Palestinian state would be significantly smaller than the one envisaged by the UN in 1947: in the wake of the Nakba, the Zionists in fact expanded the territory awarded to them by the United Nations from 56 percent to around 80 percent of all of Palestine through conquest and annexation.169Pappe (2007), pp. 58, 61. [English edition (2011), pp. 57 – 61].

It should also be emphasized here that the fact that Hamas is prepared to accept a two‐​state solution is not viewed positively by me. I have already stated elsewhere that I consider the so‐​called two‐​state solution to be politically wrong for various reasons and also completely unrealistic.170Bamen (2023 b). However, Hamas’s position corresponds more to the phased program advocated by the DFLP between 1973 and 1994 and the PLO between 1974 and 1993,171Ibid. and less to the final two‐​state solution as officially advocated today by Fatah, the DFLP and some smaller groups.

Ceasefires

In addition, Hamas has repeatedly offered or unilaterally declared ceasefires and has also adhered to them. As a rule, they were broken by direct Israeli attacks on Hamas or other massive provocations from the Zionist side. Alexander Flores writes both with regard to these real ceasefires and Hamas’ promises to agree to a long‐​lasting ceasefire with Israel — seen by many observers as de facto recognition of Israel172Asseburg (2008), p. 86 f. Baumgarten (2006), p. 189. Flores (2009), p. 96. Künzl (2008), p. 120 f. — in return for the evacuation of the territories occupied in 1967 by Zionist troops and settlers: »Experience teaches us that Hamas promises can be relied upon.«173Flores (2009), p. 96.

Prisoner exchanges

Incidentally, the hostage‐​takings are also an expression of Hamas’ willingness to negotiate: while initially Hamas tended to kill captured soldiers, soon they began to use them to enforce political demands — usually the release of prisoners. Notably, in contrast to the hostages in the Zionist torture prisons, the Israeli prisoners were usually treated completely correctly. (See Myth 6).

Myth 12: »The Hamas Charter says …«

The Charter is the most popular »key witness« used against Hamas, as was also discussed in Myth 4. However, this is less about the content of the Charter, as it is usually brought into play in connection with the accusation of anti‐​Semitism against Hamas. (Myth 3) This is more about the importance of the Charter itself.

Completely overrated

In the West, it is often wrongly assumed that the Hamas Charter is the key to understanding the organization. Yet Asseburg,174Asseburg (2008), p. 86 f. Baumgarten,175Baumgarten (2006), p. 58. Felsch,176Felsch (2011), p. 106. Hroub,177Hroub (2011), pp. 55, 68. [English edition: (2010), pp. 24, 36 ]. Meyer,178Meyer (2009), p. 95 f. Mustafa179Mustafa (2013), p. 67. and Ziolkowski,180Ziolkowski (2020), p. 131. all emphasize that the Charter has long played little or no role in Hamas practice, or indeed had never done so in the first place. Khaled Hroub, for example, writes: 

»Ironically, the Charter failed to maintain a central position in Hamas’s political thinking; a few years after its publication it was shunted onto the margins with little reference to its content. It was deemed by many Hamas leaders both inside and outside Palestine to be simplistic and overloaded with claims and arguments that would reflect a naïve, rather than a sophisticated, image of Hamas. In several interviews over the years I have been told by a number of Hamas leaders that the Charter was written by one leading personality in the Gaza Strip, and distributed hastily without enough prior consultation.«181Hroub (2011), p. 55. [English edition: (2010), p. 24].

Helga Baumgarten describes it similarly in a recently published interview.182Baumgarten (2024). According to her, Hamas members were never obliged to know the charter and it was not disseminated in Palestine after 1988, while it became notorious in the West.183Baumgarten (2006), pp. 58, 198 footnote 47. Maximilian Felsch confirms: »In interviews with the author, Hamas supporters as well as Hamas members not infrequently confessed to not knowing about the existence of a founding charter.«184Felsch (2011), p. 106.

There are numerous official positions of the movement that contradict the charter,185Asseburg (2008), p. 87. Hroub (2011), S. 60, 69, 185 – 90. [English edition: (2010), pp. 29, 35 – 40, 152 – 157]. Hussein (2019), p. 98 f. as well as statements by leading figures that relativize its significance.186Asseburg (2008), p. 86 f. Baumgarten (2006), p. 65 f. Hroub (2011), p. 68. Hussein (2019), p. 98 f. Mustafa (2013), p. 67. Azzam Tamimi, who is close to Hamas, described the anti‐​Jewish and conspiracy‐​theory statements in the charter as »ridiculous.«187Tamimi (2007 b), p. 155. According to him, a debate arose in the leadership in the first half of the 2000s about the problems of the document, at the end of which »the task of drafting a new charter« emerged.188Ibid. p. 150.

However, this initiative was eventually abandoned.189Achcar (2012), p. 238. [English edition: (2010), p. 252 ]. Why? There are various answers to this question. Hroub writes:

To change or replace the Charter, however, would be a very difficult and delicate step, and it is one that Hamas has lacked the courage to take. Hamas leaders fear that such a step would be construed by many as giving up on the basic principles of the movement. What Hamas has resigned itself to do, thus far, is to let the Charter die on its own, moving on and leaving it behind; hoping it will just go away. Yet the cost of simply downplaying its existence remains high.190Hroub (2011), p. 60. [English edition: (2010), p. 29 ].

Gilbert Achcar191Achcar (2012), p. 238. [English edition: (2010), p. 252 ]. and Tilman Seidensticker192Seidensticker (2015), p. 90. formulate it similarly. Raif Hussein also mentions this aspect, but adds another: the Muslim Brotherhood as the »mother organization« of Hamas »is not yet ready at this point to support such a course correction by one of its sections […].«193Hussein (2019), pp. 98 f. 277 f., and as cited on p. 277.

A new charter(?)

However, Hamas already distanced itself from the Muslim Brotherhood in its 2017 declaration of principles. This document also differs fundamentally from the founding charter in key points. For example, it states unequivocally: 

»Hamas affirms that its conflict is with the Zionist project not with the Jews because of their religion. Hamas does not wage a struggle against the Jews because they are Jewish but wages a struggle against the Zionists who occupy Palestine. Yet, it is the Zionists who constantly identify Judaism and the Jews with their own colonial project and illegal entity.«194Hamas (2017).

Moreover, Hamas no longer addresses Muslims exclusively, but also Christian Palestinians.

However, it is disputed whether the Charter has been replaced by this new document or not. Asseburg,195Asseburg (2021), p. 198. Baconi196Baconi (2018), p. 245. and Hussein197Hussein (2019), p. 105 think no and speak of it as a »supplement;« Azzam Tamimi, on the other hand, who has long worked as a consultant for Hamas, declared that the document »practically« replaces the Charter;198AlJazeera (2017) Hroub also believes that the document is »de facto Hamas’s new charter«199Hroub (2017), p. 102. and Ali Abunimah200Abunimah (2017). and Helga Baumgarten201Baumgarten (2019), p. 85. even refer to it simply as a »new Charter«.

High‐​ranking Hamas representative Khaled Mash’al, on the other hand, refused to say that the new document invalidates the old charter: »Hamas refuses to submit to the wishes of other states. Its political thought is never the result of pressure from the outside. Our principle is the following: no change of document. Hamas does not forget its past. The Charter illustrates the perod of the 1980s and the Document of General Principles presents our policy in 2017. Each document belongs to a specefic period.«202As cited in Seurat (2019), p. 18. The last two sentences, in their contradiction to the above, provide a clue to the intellectual key to this dilemma: in its self‐​portrayal (but probably less in its self‐​perception), Hamas has not made any historical mistakes, just like the Muslim Brotherhood — real breaks in its history are negated and presented as a harmonious change. This idealization of its own history and the accompanying demonstrative inability to self‐​criticism is neither atypical nor inexplicable for political actors, especially in a position such as Hamas, but it is nevertheless problematic and regrettable.

Be that as it may, the basic document from 2017 was also widely received, discussed and interpreted. Both documents are definitely interesting to read, if only to form one’s own opinion. Baumgarten,203Baumgarten (2006), pp. 58 - 66. Hroub,204Hroub (2011), pp. 54 - 60 [English edition: (2010), pp. 23 - 29 ]. Meyer205Meyer (2009), pp. 94 -125. and Mustafa206Mustafa (2013), pp. 67 - 74, 119 - 122. also provide good discussions of the content and classification of the Charter. Interesting discussions of the basic document can be found online by Abunimah207Abunimah (2017). and Langthaler,208Langthaler (2017). among others.

Myth 13: »Hamas is a puppet of Iran.«

This accusation is not only made against Hamas, but also against Hezbollah in Lebanon, Ansarallah in Yemen (referred to as »Houthis« in the West) and various actors in Iraq and Syria. Interestingly, it is raised much less frequently (in the West) against Islamic Jihad, although, unlike Hamas, it is much more closely linked to Iran. This can of course be explained, among other things, by the fact that Hamas is significantly larger, stronger and more relevant. But it also simply shows the ignorance in the West towards the Palestinians and their organizations.

In fact, the relationship between Hamas and Iran is quite complex and contradictory and they are anything but »natural« allies. As Leila Seurat writes: »Hamas has looked far and wide to find material backers other than Iran. Support from elsewhere could remove all the inconveniences included in an alliance with the Islamic Republic, an alliances that remains quite unpopular in Palestine.«Salfistists in particular accuse Hamas (as well as Islamic Jihad) of making themselves dependent on »Shiite Persians«. Shaykh Yassin himself had declared as recently as 1989 that Shiites were not (real) Muslims.209Seurat (2019), p. 177 f.

Rapprochement (1990 – 2011)

In the early 1990s, Hamas and Iran came closer together due to various favorable circumstances. Since then, there have been no more confessionalist outbursts of this kind from Hamas representatives. There have also been occasional positive statements about Ayatollah Khomeini’s concept of the »Islamic revolution« but, unlike Hezbollah in its early days, Hamas has never adopted it as its own.210Seurat (2019), p. 22, 178 f. Hamas has remained a movement with Islamic‐​reformist, not revolutionary, aspirations.

The rapprochement between Iran and Hamas came at a time when the latter was replacing Fatah as the largest recipient of funds, including from the Arab Gulf monarchies. The background to this was that Hamas, unlike Arafat, did not side with Baghdad in the First Iraq War.211Baumgarten (2006), p. 83. This stance was also well received in Iran, as the country had just emerged from an eight‐​year, bloody war (Iran‐​Iraq War) with its neighbor. Shortly after the Iraqi invasion of Kuwait in August 1990, a delegation from the Jordanian Muslim Brotherhood traveled to Tehran and asked for weapons (apparently for their brothers and sisters in Palestine) — albeit unsuccessfully. But as early as October 1991, Hamas was officially invited to open an office in Tehran. This step was a first for Hamas; representations in other Muslim countries did not follow until 1993 – 97. According to a secret report for the US Congress from 1993, there were already close military, intelligence and financial ties between Hamas and Tehran at that time. Accordingly, Daud Abdullah counts Iran as one of Hamas’ »closest allies« for this period.212Abdullah (2020), pp. 34 f., 63, 83 f., 91 f., and as quoted on p. 84.

At the same time, from the end of 1992, hundreds of Hamas members were also staying in Lebanon because the Zionist regime had deported them there. Close contacts with Hezbollah were established then.213Baumgarten (2006), p. 85. Abdullah (2020), p. 22 Footnote 106.

Relations between the Islamic Republic and the Islamic Resistance Movement further picked up speed again in the mid‐​2000s.214Ibid. p. 107. Seurat (2019), p. 95. There were various reasons for this rapprochement: Hamas initially won the elections in the 1967 occupied territories in 2006 and took long‐​term power in the Gaza Strip in 2007 (Myth 10), which gave it greater political clout. During the power struggle with Fatah in the course of 2007, Iran helped Hamas to set up and arm combat units.215Asseburg (2008), p. 90.

At the same time, the »axis of resistance« came into increasing confrontation with Western imperialism: Israel and the USA pursued an increasingly aggressive war course against Iran under President Ahmadinejad; the Zionist regime invaded Lebanon in 2006 and had to admit defeat to Hezbollah; in December 2008, the Zionists attacked Gaza and bombed the area for almost a month with the declared aim of destroying Hamas.

According to Seurat, Tehran’s financial support for Hamas after 2006 amounted to an average of 120 million US dollars per year, an »absolutely vital« sum. Beyond such financial support, she also notes the significance of Iran’s transfer of scientific and technological knowledge: » Hamas’ military industry is apparently in full progress courtesy of its close cooperation with Tehran, which also supplies weapons and trains fighters. At organizational level, the movement increasingly resembles Hezbollah.«216Seurat (2019), p. 130.

Ruptures and rapprochement (2011 to today)

These close relations were severely affected by the war in Syria: The Muslim Brotherhood as a whole was committed to establishing a (non‐​Wahhabi) Sunni axis from Tunisia and Libya via Egypt to Gaza, Syria and Turkey, as well as to Qatar. Hamas accordingly sided with the Syrian insurgents, who consisted mainly of Sunnis and included not least the Syrian Muslim Brotherhood. According to a background article in The Cradle, Qatar, Turkey and Syrian opposition members put targeted pressure on Hamas head of government Ismail Haniya and politburo member Mousa Abu Marzouk, who were both reluctant to break with the »axis of resistance«, while a circle around the politburo chairman, Khaled Mash’al, had already swung to the »Brotherhood line«.217The Cradle (2022). The »axis of resistance« between Gaza, Beirut, Damascus, Baghdad and Tehran finally broke down along sectarian lines; Mash’al moved the foreign headquarters from Damascus to Doha in 2012. Contrary to previous threats, Tehran did not initially cease all financial and military support for Hamas, but the Iranian leadership cut its funding from 150 million to 75 million US dollars in 2012 and cut it in half again in the summer of 2013, when Hamas fighters took part in a battle against Syrian troops and Hezbollah fighters in Syria. Finally, in 2016, the Hamas leadership claimed that Iran had stopped payments altogether.218Seurat (2019), pp. 96, 99.

Abdullah, on the other hand, writes that Iran never completely ended its support.219Abdullah (2020), p. 195. In any case, Tehran’s restrictions did not have the effect of bringing Hamas to simply change its political course regarding Syria.

However, with the fall of Muhammad Morsi in Egypt in the summer of 2013 and the strict anti‐​Muslim Brotherhood policy of the new military regime and General al‐​Sisi, Hamas ran into problems that favored its rapprochement with Iran.220Seurat (2019), p. 34. This was compounded in 2014 by the electoral losses of the Muslim Brotherhood in Tunisia, the complete break‐​up of Libya as a result of the NATO war, the failure of regime change in Syria, and the isolation of Qatar within the Gulf Cooperation Council, which began in 2014 and culminated in the severing of relations between Doha on the one hand and Abu Dhabi, Cairo, Manama and Riyadh on the other in 2017.221The Cradle (2022). The Hamas leadership now tried to limit the damage, but Khaled Mash’al in particular, who had been responsible for the course since 2011, was no longer welcome in Tehran. It was not until 2015 that there was a gradual and anything but straightforward rapprochement between Hamas on the one side and Iran and Hezbollah on the other.222Seurat (2019), pp. 96 - 100.

The Qassam Brigades played a special role in all of this: due to the financial and military support they received from Iran, they were strictly against any course that led to a break with the »axis of resistance« from the outset. And indeed, the political line in the years after 2011 brought setbacks for the people and the resistance in Gaza, as much less money flowed from Doha — which despite everything maintains good relations with Washington — and Ankara — a NATO member — as had previously been coming from Tehran.223The Cradle (2022).

However, Iran’s continued support for the armed wing of Hamas has not only strengthened it militarily, but also politically, thus expanding its power and that of the leadership in Gaza as a whole. Traditionally, the »external leadership«, i.e. the part of the leadership that lived outside Palestine, held political hegemony in the organization owing to the Zionist occupation and later reinforced by the enforced isolation of Gaza. The chairman of the politburo had come from their ranks for decades.224Seurat (2019), p. 29. This changed in 2017, when Yahya al‐​Sinwar, one of the co‐​founders of the Brigades, replaced Haniya as Prime Minister of Gaza, and Haniya in turn was elected to succeed Mash’al as head of the politburo. This was the first time that the center of power of Hamas was moved back to Gaza since 2004, when the assassination of the two Hamas leaders Shaykh Yassin and Abdel Aziz Rantisi by Tel Aviv shifted power in favor of the foreign leadership. In this regard, Abdelrahman Nassar speaks of a »military wing« consisting of the Qassam Brigades and other leaders who are currently asserting themselves against a second pole around Mash’al, a kind of »Muslim Brother pole«, as well as a third, Salafi confessionalist pole, and are pushing for a rapprochement with the »Axis of the Resistance«.225Nassar (2022). This »military wing« could also be referred to as the »national pole« or the »Axis of Resistance pole«, depending on its content, due to the fact that it focuses on the national liberation of Palestine and pursues a multi‐​confessional, anti‐​sectarian alliance policy in the region.

A proxy war by Tehran?

If we look at the events since October 7, we see on the one hand that such an »axis of resistance« has indeed (re)taken shape in a certain way, and that, as before 2011, it is once again on the one hand majority Shiite (Iran, Iraq, Syria, Ansarallah and Hezbollah) and on the other hand interdenominational (Twelver Shia in Iran, Iraq and Lebanon, Zaidites in Yemen, Alavites in Syria, Sunnis in Palestine). The wounds and scars inflicted in Syria are currently being covered up by the »Al‐​Aqsa flood« and the blood pouring out of Gaza.

On the other hand, it does not appear that the uprising of October 7 was closely coordinated between Gaza and the »axis«. There are not only indications that the decision to launch the operation was »one hundred percent Palestinian«, as Hezbollah Secretary General Shaykh Hassan Nasrallah put it,226Memri TV (2023). but also that Tehran was not at all enthusiastic about the offensive: Reuters reported on 15 November: » Iran’s supreme leader delivered a clear message to the head of Hamas when they met in Tehran in early November, according to three senior officials: You gave us no warning of your Oct. 7 attack on Israel and we will not enter the war on your behalf.«227Reuters (2023).

Even though Hamas and a high‐​ranking spokesman for the Iranian Revolutionary Guards immediately denied the report,228PressTV (2023). this report could be an indication of tactical or even strategic disagreements between Gaza and Tehran.

Hamas: a relatively independent actor

In any case, it seems obvious that the relationship between Hamas and Iran is complex and by no means free of contradictions. To describe Hamas as a »puppet« of Iran is therefore completely absurd. In a sharp polemic, Seurat rejects such insinuations as based, not on facts, but on unscientific and downright colonialist suspicions and prejudices that only serve the goal of discrediting Hamas.229Seurat (2019), p. 4 f.

Hamas must obviously be understood first and foremost in terms of the history and society of Palestine from which it originates. (See Chapter 3 and Myth 1) Its policies are primarily determined by the dynamics of the Palestinian liberation struggle and the interests of the sections of the population it represents. Ideology (myth 2) and foreign policy influences are secondary to this, although of course not unimportant.

Hamas is definitely dependent on foreign actors. However, this statement is relative. Ultimately, this applies to every relevant political actor and especially to every state that operates on the international political and economic stage. Non‐​state actors, especially national liberation movements, are fundamentally more dependent, because as long as they are not victorious, they generally do not have their own state and their resources are therefore limited. The relative independence of these actors lies above all in their self‐​confidence, not allowing themselves to be harnessed to another actor’s cart, and pursuing their own interests through diplomacy instead of selling them out in favor of the interests of others. Without wanting to endorse it, Hamas has at least shown with its Syria policy since 2011 that it puts its (supposed) interests above relations with Tehran or Damascus when it deems it necessary, just as it has qualified its relationship with the Muslim Brotherhood in its new basic document from 2017. (Myth 12)

For more weapons and more money from Tehran!

So much for the facts. Finally, I would like to break a lance in favor of Iran’s support for Hamas: In its function as a supplier of money and weapons, and as a political and military protecting power for the Islamic resistance — and, thus for the leading force in the Palestinian liberation movement — Iran has in a way inherited the role of the Soviet Union. The latter had primarily supported Fatah, but also the PFLP and the DFLP.230Hoekmann (1999), S. 106.

This was despite the fact that none of these forces were sister parties of the CPSU and although there were certainly critiques from Moscow of the respective policies of these organizations. Iran takes a similar approach: not only Islamic Jihad, which is ideologically close to Iran, but also Hamas and, incidentally, the DFLP231The money is apparently given to Hamas, which then passes it on to the front. (Khalil (2010), p. 102.) and the PFLP232Al‐​Monitor (2013). receive financial and military aid from Tehran. So, it is not simply a question of ideological similarities, but of strategic and tactical cooperation.

Left‐​wingers usually argue that Iran is not a socialist country but a bourgeois regime, that it is not acting out of »kindness« but out of power‐​political calculation, etc. Yes — and in fact also no. The Islamic Republic is a capitalist country under the rule of a bourgeois regime that blatantly suppresses social revolutionary forces. But it also emerged from an anti‐​imperialist popular revolution against the Pahlavi regime, which was dependent on the West; Khomeini’s seizure of power was not the (complete) counter‐​revolution that many on the left portray it to be. Although many achievements of this revolution have been lost and continue to be lost, one that has survived so far is the pronounced anti‐​imperialism in the form of, above all, »anti‐​Americanism« and anti‐​Zionism. For Western liberals and unfortunately also many Western leftists, this »political culture« is nothing but folklore and above all »reactionary« through and through. In reality, however, it is an expression of a political consciousness that dates back to the time of the revolution and is still alive in parts of the Iranian masses. Moreover, this anti‐​imperialism is not narrowly nationalistic, but tends to be internationalist. So it is actually more than just »niceness;« it is the »tenderness of the peoples«, as Che Guevara so beautifully put it. And this tenderness is a promise that was made to the masses during the revolution. Not everyone is still demanding this promise today; and many other promises have already been broken. But it is indeed this political consciousness in still significant parts of the people that is forcing the Iranian regime to stand with the Palestinians against the US and Israel and beyond.

In addition, there are of course Iran’s own regional and geopolitical interests, which it pursues through its alliance policy in Palestine, Lebanon, Syria, Iraq and Yemen. But this policy is also anti‐​Western and therefore always anti‐​imperialist, at least to some extent, because the Iranian people’s revolution was anti‐​Western and anti‐​imperialist. In any case, the Iranian bourgeoisie as such would make life much easier for itself if it dropped anti‐​imperialism and the Palestinians and sought a handshake with the West. And there are certainly enough circles within Iran’s ruling class that are more than willing to do so. There are also quite a few Iranians who completely reject support for the Palestinians, often making chauvinistic and anti‐​Arab arguments and pointing to the high financial and political costs.

What does all this tell us? Iranian aid cannot be taken for granted. And at the same time, the Palestinian liberation movement is very much dependent on it. The solution cannot be to »demand« that the Palestinians stop relying on forces like Iran. That is not a demand, but a wish. And how could it come true without their own state with heavy industry? All that remains is the »criticism« that it is somehow problematic that the Palestinian resistance is so dependent. This in turn is not constructive criticism, but a statement that is as correct as it is empty. So, what is the »solution«? »The« short‐​term solution does not exist. We have to accept the world as it is. And the world currently looks as if Iran is not only the Palestinians’ most reliable partner, but rather the only one that is able and willing to support them in such a comprehensive way. Its help is generous, not least because the Iranian people demand this act of international solidarity and are prepared to make sacrifices for it. The long‐​term solution, of course, lies in the national liberation of Palestine. And at the moment, every rial, every cartridge, and every rocket that goes from Tehran to Palestine is a practical contribution to this.

From our limited options for action in Germany, we can only hope for the time being: Namely, that no pro‐​imperialist counter‐​revolution takes place in Iran, that the people do not lose their tenderness for the Palestinians, and that Tehran is able and willing to send more and more weapons and more money to the resistance, to support it politically, and to educate it militarily. The task facing us in Germany is clear: we must support the struggle of those sections of the Iranian people who have not given up their anti‐​imperialist course, just as we must support the Palestinians’ struggle for liberation. Because both struggles are connected. And this also includes defending Iranian support for the Palestinians politically against attacks.

Myth 14: »Hamas is fighting the Palestinian left.«

The time of the Muslim Brotherhood

In fact, the Muslim Brotherhood (MB) in Gaza, as in other Arab countries, was not only in competition with the political left, but also openly opposed it in certain phases and sometimes even militantly fought against it. However, there were also repeated examples of the opposite, for example when the MB in Palestine cooperated with the communists, among others, after the Second World War.233Baumgarten (2006), p. 20.

Although the Gaza Strip was a traditional stronghold of the MB, the PFLP and the Communist Party were also relatively strong there in the 1970s and 1980s, which brought them into competition with the MB. In the meantime, the Brotherhood used violence against both: In December 1979, for example, a Muslim Brotherhood candidate — incidentally with the support of Fatah, which also saw the leftists as competition that needed to be weakened — ran against the chairman of the Red Crescent, who was close to the Communists. When the MB candidate was defeated, his supporters rioted in Crescent offices, stores and cafés selling alcohol, movie theaters, etc. The IOF intervened very late. Similar incidents occurred in the following years, not only in the Gaza Strip but also in the West Bank, with nationalist forces increasingly becoming targets or opponents alongside decidedly left‐​wing forces.234Ibid. p. 74. Filiu (2012), p. 64 f.

Notably, this sectarian violence against Palestinians coincided with the MB’s abstention from any resistance to the Zionists. It is thus quite clear that it was objectively acting in Israel’s interests. The fact that the colonial power at least passively supported this behavior has already been described in Myth 1; just like the fact that Hamas represented a break with this anti‐​ppopular, not to say unpatriotic, policy.

Hamas and the left

A rapprochement with the PFLP came even faster than with Fatah due to their common »uncompromising« stance: as early as the beginning of 1990, PFLP Secretary General George Habash declared that anyone comparing the positions of the old Muslim Brotherhood and the early Hamas »with its position today, after the intifada, cannot but notice a huge difference and has to welcome warmly its joining the nationalist movement.« There is »no doubt that the participation of Hamas. There can be no doubt but that the participation of Hamas and Islamic Jihad in the battle is a victory for the nationalist struggle and a boost to the popular uprising.«235Hroub, Khaled: Hamas. Political Thought and Practice, Institute for Palestine Studies (2. Auflage 2002).

In 1991/​92, Hamas, Islamic Jihad, PFLP, DFLP, the Revolutionary Communist Party and six other organizations formed an alliance of rejection against the looming Oslo betrayal.236Hussein (2019), p. 138 f. During the 2005 municipal elections, Hamas also supported a Christian mayoral candidate close to the PFLP.237Baumgarten (2006), p. 166. And after the 2006 election victory, Hamas asked all parties, including the PFLP, the DFLP and the Palestinian People’s Party (PPP) — the former Communist Party — to work with it in a government of national unity.238Baumgarten (2013), p. 156. All three initially refused, however, until the DFLP and PPP finally joined such a government brokered by Saudi Arabia in spring 2007.239Baumgarten (2013), p. 156. The PFLP, on the other hand, continued to boycott it: it »supported« the first Hamas government, but did not join it due to differences regarding Hamas’ stance on the PLO and the refugee issue. Although it welcomed the Mecca Agreement between Fatah and Hamas due to the temporary settlement of the power struggle, it also saw this as Hamas giving in to the Oslo course.240Leopardi (2020), pp. 215 - 217.

Tensions between the organizations of the Palestinian left and Hamas arose above all around the issue of Hamas’ attitude towards the PLO. (See Myth 9) However, due to the fact that the PLO was and still is dominated by the Fatah leadership, and that this in turn has mutated into a treacherous puppet regime since Oslo and even more so since 2007, the question of who is in the right here cannot be answered unequivocally: Hamas disregarded the PLO from the outset, and indeed for the wrong reasons. The fact that the PLO has actually lost much of its legitimacy over time only reinforced this attitude. »The left‐​wing factions«, on the other hand, ‘never questioned their membership of the PLO’, as Raif Hussein notes. »They had to be careful not to become accomplices in the abolition of the Palestinian people’s greatest achievement.«241Hussein (2019), p. 149.

»For its part, Hamas despaired of the left because whenever and wherever Hamas clashed on the ground with Fatah, the left would either stay neutral or implicitly support Fatah,« as Khaled Hroub describes the counter‐​perspective. He notes further that242Hroub (2011), p. 130. [English edition: (2010), p. 85 ]. »after the elections of January 2006, Hamas’s relationship with the Palestinian left have further deteriorated. None of the three small leftist groups which won seven seats in total in the PLC agreed to join Hamas’s government. Hamas blamed them for foiling its efforts to form a national coalition government.«243Ibid. and thus ultimately also for the power struggle with Fatah, which led to the split between Gaza and Ramallah. (Myth 10) The left must indeed wear this shoe. And even during the power struggle between Hamas and Fatah, the PFLP clearly positioned itself against Hamas and condemned the »coup d’état.«244Leopardi (2020), p. 218.

Since then, however, the relationship has improved significantly. As early as 2011, Hroub speaks of »closer relationships« with the PFLP and DFLP.245Hroub (2011), p. 132, [English edition: (2010), p. 92 ]. In recent years in particular, the Islamic and left‐​wing liberation organizations have grown ever closer on the basis of their joint resistance to the Zionist and Oslo regimes: Leftist and Islamic students carry out joint actions at universities in the West Bank,246Resistance News Network (2022). communists and Islamists fight side by side in cross‐​organizational and cross‐​current brigades in the West Bank247Wystrychowski (2023), S. 25. and the same is true in Gaza within the framework of the Joint Operations Room of the resistance factions as well as the »Al‐​Aqsa Flood.« Organizations such as the prisoner solidarity network Samidoun or information projects such as Resistance News Networks are also an expression of these cross‐​current unity efforts.

The relationship between the left‐​wing forces and Hamas is characterized by the all‐​dominant strategic question of the national liberation of Palestine. Neither Hamas nor the left have answered this question flawlessly in the past. It would therefore be absurd to accuse Hamas of having acted differently from the PFLP or DFLP on this or that issue, or even of having fought them on it. Hamas’ criticism of the non‐​participation of the two parties in the formation of the government in 2006, for example, was justified and their behavior in the power struggle between Hamas and Fatah must also be criticized in retrospect.

Conclusion

Therefore, the accusation that Hamas is »fighting« the political left can be reduced either a) to the time of the Muslim Brotherhood or b) to a possible future, always according to the motto: »You can’t trust the Islamists!«

(An insertion here: the dictum that »the Islamists« will betray the communists as soon as they can is cited by many on the left as a »lesson« from the Iranian revolution. All I can say to that is: that’s not how historical lessons work. The lesson of the November Revolution was not to cooperate with social democracy; the lesson of fascism was to do so. So which is right? Both to a certain extent. These lessons must not be unduly generalized. First of all, there is historical experience and I doubt that all those who speak of the »historical lesson of the Iranian revolution« are so well versed in this subject that they can actually draw lessons from it. Whether comrades who are actually well versed in the subject in turn draw the right lessons depends in the second step on whether they approach the world dogmatically and schematically or scientifically and dialectically.)

Or c) to the banal observation that Hamas is a bourgeois force with which left‐​wing or communist actors must fundamentally adopt a relationship of class opposition and with which they must struggle for social hegemony. However, this does not distinguish Hamas from other bourgeois liberation organizations, such as Fatah in the 1960s to 1980s, the ANC before the end of apartheid, etc. The suspicion therefore inevitably arises that it is once again a matter of latent Islamophobia when this »argument« is used. For in the case of secular bourgeois organizations in the context of national liberation, this objection is heard much less frequently. (See also Myth 7) The PFLP and DFLP, or so it seems, have fortunately shed this leftist disease of Islamophobia and anti‐​Islamic chauvinism. Otherwise, it would be almost impossible for them to gain mass influence in a society like the Palestinian one, let alone achieve political hegemony.

Myth 15: »October 7 was a terrorist attack by Hamas.«

This accusation is also made in other variations: October 7 was a »massacre«, a »pogrom« and so on. These formulations are aimed at implicitly or explicitly accusing the Palestinian resistance of terror or war crimes (Myth 6) and anti‐​Semitism (Myth 3).

General Assessment

1) The »Al‐​Aqsa Flood« was or is first and foremost a military operation led by Hamas: it began as an offensive that broke out of the open‐​air prison of Gaza and brought sections of Palestine which had been occupied since 1948 under the control of the Palestinian resistance for a number of hours. In the process, military targets were attacked, destroyed or captured and hundreds of Israeli combatants were killed or arrested. All of this is undoubtedly justified by international law, morally legitimate and politically sound.

2) At the same time, it was an armed popular uprising that was joined by other resistance groups in the Gaza Strip and the West Bank. Additionally, Palestinian non‐​combatants also participated in it, both in the form of attacks on soldiers and settlers and in the form of demonstrations.

3) Moreover, the »flood« has had an impact far beyond the borders of Palestine. As a result, it has the potential to become a conflagration that threatens both the US presence in the region and the Zionist colonial regime as such.

4) At present, however, the »Al‐​Aqsa flood« is, above all, a defensive battle for Gaza and against the genocide that the Zionist regime has been carrying out there since October.

War crimes

On the general question of civilians, see Myth 6.

Otherwise, it should only be emphasized here that the reports of atrocities such as (mass) rape, beheaded or oven‐​burned infants, etc., some of which are still being spread by the German lying press today, have long been relegated to the realm of myths, not least by the Israeli media.248Channel 13 (2024). It has long been known that many of the non‐​combatants killed on the Israeli side can be attributed to the Zionist army itself and its infamous »Hannibal Doctrine«, according to which a dead Israeli is better than one in Palestinian captivity. Some articles also point out that in addition to the fighters of the Qassam and other Palestinian brigades, numerous »normal« Palestinians also broke out of the Gaza Strip, and that it is quite possible that among these people were some whose hatred of the settlers, which had built up over the years, turned into unbridled violence.

Among others, the articles by The Electronic Intifada,249Winstanley (2024). Mondoweiss,250Mondoweiss (2023). Occupied News,251Occupied News (2024). and The Cradle,252Narwani /​Inlakesh (2023). Van Wagenen (2023 a). Van Wagenen (2023 b). Van Wagenen (2024). which dispel numerous myths surrounding October 7, are recommended. Hamas itself has also taken a stand on the accusations of war crimes: it has repeatedly rejected them, though in its statement of January 21, 2024, it also admitted that improper actions may have occurred in connection with the uprising and the ensuing chaos: »Maybe some faults happened during Operation Al‐​Aqsa Flood’s implementation due to the rapid collapse of the Israeli security and military system, and the chaos caused along the border areas with Gaza.«253Hamas (2024).

Wars of liberation are also wars. They are also ugly and violent. The liberation from fascism was accompanied by, among other things, the carpet bombing of major German cities and the rape of thousands of German women and girls. Nevertheless, no one except out‐​and‐​out fascists and historical revisionists would deny that the Allies first and foremost liberated Germany, Europe and the world from German fascism.

Other Actors

The widespread narrative in the West that the »Al‐​Aqsa flood« was »Hamas assault« is evidence of the narrow‐​mindedness of the local discourse and is ultimately an anti‐​Palestinian propaganda phrase.

The truth is that, in addition to Hamas, all other resistance organizations in the Gaza Strip are or have been involved to this day. A spokesman for the left‐​wing Democratic Front for the Liberation of Palestine (DFLP) explained, for example, with regard to the National Resistance Brigades, the armed arm of the DFLP: »The Brigades took part in Operation ‘Al‐​Aqsa Flood’ one hour after Hamas began and fired several rocket salvos. On the first day, seven comrades were martyred.«254Baker (2024). According to Dieter Reinisch, by early November the DFLP and PFLP had already »lost around two dozen members each.«255Reinisch (2023 a).

The start of the operation was apparently not coordinated with the other resistance groups in the Gaza Strip, nor with those in the West Bank, nor with the allies in Lebanon and Iran (see Myth 13). Nevertheless, it resonated everywhere: since then, there have been countless other battles in the West Bank, although these are clearly dwarfed by the scale of what is happening in Gaza.

From abroad, the »Al‐​Aqsa flood« is flanked by operations by the Lebanese Hezbollah, the Yemeni Ansarallah and other armed groups in Iraq and Syria. Armed solidarity actions also took place in Egypt.256Resistance News Network (2024). And in October, hundreds of volunteers from Iraq traveled to the Jordanian‐​Palestinian border, demanding to be allowed to cross over to help their brothers and sisters in the fight. Solidarity demonstrations also took place in numerous Arab and Muslim countries, the largest of which were in Yemen and Indonesia. But there were also demonstrations in Egypt, Morocco and Jordan, where extremely repressive and openly pro‐​Zionist regimes are in power — in some cases, participants had to pay with imprisonment in the torture prisons of these dictatorships.

4 Conclusion: Why we must fight against the Hamas ban!

Anyone who has read through the above text should be aware by the time they reach this point that a ban on Hamas is not an »anti‐​fascist victory«, as the MLPD presumably see it, and that this ban cannot simply be a matter of indifference to communist, left‐​wing and democratic organizations just because it has not affected any »progressive« organization. On the contrary, this ban is a blatant attack on the Palestinian liberation movement as a whole, because it completely criminalizes the most important and politically and militarily strongest resistance force in the country.

We know how far these bans can be interpreted, especially from the repression against the Kurdish movement. It is not just a question of (alleged) members of Hamas — which is not even active in this country — being restricted or prosecuted. Rather, it can affect anyone who speaks out in favor of the Palestinians’ legitimate right to resist. Even a lack of distancing, or public questioning of the propaganda, or so‐​called »sympathy promotion,« or criticism of the bans, or solidarity with those affected by repression, etc. — all of this can and will be used by the authorities against us as a Palestine solidarity movement. The fact that Samidoun was also banned in the same breath as Hamas is living proof. For although the comrades were ultimately officially treated as an appendage of the PFLP, in the propaganda show surrounding this ban — and this is what counts above all, because it was never about truth or arguments, but just a lot of noise and a lot of lies — they were constantly moved into the vicinity of Hamas, i.e., the only Palestinian organization that the German mainstream still knows today in its complete narrow‐mindedness.

Incidentally, this must also be recognized by those parts of the communist, left‐​wing, Palestine solidarity, and peace movements that do not share all or perhaps any of the arguments put forward in this text regarding the 15 myths discussed here. Even someone who rejects Hamas outright, does not support Palestinian armed resistance, and does not support a one‐​state solution must recognize two things: 1. the outright criminalization of Palestinian resistance can only serve to undermine any just solution in Palestine, regardless of what that solution may ultimately look like. 2. this criminalization will not only affect Hamas itself — ultimately perhaps even least of all Hamas, because — thank God, one might say — it is not dependent on Germany and, as I said, is not active here at all. Rather, it will affect the Palestine solidarity movement and is an attack on the basic democratic rights of us all. Because with the current bans, restrictions, mass denunciations etc., all of which cannot be separated from the criminalization of Hamas, facts and precedents are being created. We ourselves are now in a defensive battle for our basic rights; an offense is the best defense! Let us resolutely move forward and fight for the decriminalization of the entire Palestinian resistance and thus for the decriminalization of international solidarity and anti‐​imperialist positions!

On that note:

Defend and fight for fundamental democratic rights!
Down with the bans on Hamas and Samidoun!
Down with paragraphs 129 a and b of the German Penal Law Book! Down with the EU terror list!

Long live the Palestinian resistance!
Long live the tenderness of peoples!
Long live international solidarity!

5 Appendix: Recommended Reading

There are handful of decent texts and books on Hamas, even in German. I rely not insignificantly on these works, recommend them to all those who want to deal with the subject objectively, and will therefore not pretend that this text is the first and only useful one on the subject. What I present here is not a comprehensive analysis of Hamas, but rather a targeted refutation of the most common myths about it. 

Books

All the titles listed below can be found in the attached bibliography and list of sources.

The two standard German works on this topic — i.e. Helga Baumgarten (2006 and 2013) and Khaled Hroub (2010)—are recommended. They provide comprehensive insights into Hamas’ prehistory; its organizational, political and ideological development; its internal debates; and its character. Furthermore, both authors do not hold back their respective opinions. Baumgarten proceeds chronologically, whereas Hroub’s book deals with a series of questions, similar to the present text.

The English‐​language books by Hroub (2002) and Tareq Baconi (2018) are also suitable as an introduction. While the latter relies on extensive programmatic text sources from Hamas, Hroub repeatedly draws on insider information from the organization. The same applies to Azzam Tamimi (2007 a), who is considered an unofficial advisor to Hamas abroad.257Baumgarten (2006), p. 65.

The books by Imad Mustafa (2013) and Henrik Meyer (2010) are considerably less comprehensive, but certainly suitable as an introduction — although they only devote individual chapters to Hamas, and also deal with other political‐​Islamic organizations.

Relatively new are the two basic works on Hamas’ foreign policy by Daud Abdullah (2020) and Leila Seurat (2019).

Britt Ziolkowski’s (2020) study on the role of women in Hamas takes a look at an interesting and largely neglected aspect of the organization. The book stands out for its objectivity and surprisingly critical sympathy — not in the least because the author now works for the Office for the Protection of the Constitution (Trans. note: German domestic intelligence agency).

I would decidedly not recommend the book by Joseph Croitoru (2007). It is no coincidence that the book by the German‐​Israeli author has not only been printed by the Federal Agency for Civic Education (bpb), but is also being republished by C.H. Beck‐​Verlag for the spring of 2024. This makes this book, which not only follows a clear anti‐​Hamas stance but also contains factual errors,258Felsch (2011), p. 102. the official »standard work« on the Islamic resistance movement in German‐​speaking countries. This state of affairs testifies not only to our intellectual and political poverty on this subject, but also to the extent to which the German ruling class has fully committed to an anti‐​Palestinian course.

Online articles

If you want to acquire a sound basic knowledge, there is no getting around books. However, the following texts can be recommended to serve as a good first introduction, realistic assessments, and factual analyses (especially for people who want to be encouraged to think more critically and who don’t want to buy a book but would click on a link): The article by Karin Leukefeld published in the Unsere Zeit in November 2023,259Leukefeld (2023). the article by the Marx21 editorial team from October 2023.260Marx21 (2023). and the interview with Tareq Baconi, which also appeared in Jacobin in November 2023.261Baconi (2023).

Media

In addition, analyses, reports and research on the ongoing development of Hamas are of course extremely important. Arab media such as Al‐​Jazeera, Al‐​Mayadeen, Middle East Eye, Middle East Monitor, Palestinian Information Center, Quds News Network or The Palestine Chronicle, Iranian media such as Press TV as well as The Cradle, Mondoweiss, The Electronic Intifada, Red or Russia Today repeatedly provide interesting material in English.

There is much less on offer in German. Pars Today, the Yemeni news agency Saba, and the Qatar News Agency have German‐​language sites. There is also the well‐​known RT Deutsch and less well‐​known TRT Deutsch. Die Linke Zeitung and Magazin der Masse (MagMa) also translate interesting articles from time to time, for example from The Cradle, Al‐​Mayadeen or The Electronic Intifada. Last but not least, Occupied News is recommended here, which, contrary to what the name suggests, is a German medium and does very good work.

Sources

As Hamas has recently been subjected to increased repression and, as a result, stricter censorship in Germany, sources are not so easily accessible: their website is only accessible via VPN and the Telegram channels of Hamas and the Qassam Brigades are blocked for German phone numbers. Moreover, Hamas statements are repeatedly mirrored or at least quoted by media and Telegram channels such as Quds News Network, The Cradle, the Resistance News Network, as well as international press agencies such as AFP, AP, IRNA, Qatar News Agency, Reuters, Saba or Tass.

It is probably no coincidence that only the infamous Hamas Charter of 1988, which is discussed in Myth 12, can be found in German on Zionist sites; I have not checked these translations and therefore cannot judge them. A commendable and complete translation in German can be found in the appendix of Baumgarten’s work.262Baumgarten (2006), p. 207 - 226. Hamas’ 2017 policy paper, which some interpret as the new Hamas Charter (also Myth 12), can now also be found online in German as an unauthorized translation.263Hamas (2017). Likewise for the statement published on 21 January 2024: »Our view of Operation Al‐​Aqsa Flood.«264Hamas (2024). The credit for the translation and publication of these two important sources goes to the MagMa. In addition, Baumgarten has also printed Hamas’s 2006 election program, with which it won the parliamentary elections at the time.265Baumgarten (2006), p. 227 – 241. Mustafa has published a position statement by Hamas’ politburo chief Khaled Mash’al on the so‐​called Arab Spring of 2011 and a Hamas press release on the Syrian war from 2013 translated into German.266Mustafa(2013), p. 221 – 224, 229 f.

This more or less covers all of the sources on Hamas translated into German, which says a lot about the limited discourse in this country. In English, on the other hand, you can of course find countless interviews, press releases and other Hamas sources, if not via Google, then specifically via Arabic, Iranian and Turkish media, especially those listed above.

List of Literature

Abuheweila, Iyad/​Kershner, Isabel: ISIS Declares War on Hamas, and Gaza Families Disown Sons in Sinai (2018), https://​www​.nytimes​.com/​2​0​1​8​/​0​1​/​1​0​/​w​o​r​l​d​/​m​i​d​d​l​e​e​a​s​t​/​i​s​i​s​-​h​a​m​a​s​-​s​i​n​a​i​.​h​tml.

Abunimah, Ali: What’s behind Hamas’ new charter? (2017), https://​electronicintifada​.net/​b​l​o​g​s​/​a​l​i​-​a​b​u​n​i​m​a​h​/​w​h​a​t​s​-​b​e​h​i​n​d​-​h​a​m​a​s​-​n​e​w​-​c​h​a​r​ter.

Achcar, Gilbert: Die Araber und der Holocaust. Der arabisch‐​israelische Krieg der Geschichtsschreibungen, Nautilus Verlag (2012). English Version: The Arabs and the Holocaust. The Arab‐​Israeli War of Narratives, New York: Metropolitan Books (2010)

AlDailami, Said: Jemen. Der vergessene Krieg, C.H. Beck (2019).

AlJazeera: Hamas accepts Palestinian state with 1967 borders, https://​www​.aljazeera​.com/​n​e​w​s​/​2​0​1​7​/​5​/​2​/​h​a​m​a​s​-​a​c​c​e​p​t​s​-​p​a​l​e​s​t​i​n​i​a​n​-​s​t​a​t​e​-​w​i​t​h​-​1​9​6​7​-​b​o​r​d​ers.

Al‐​Monitor: Iran Increases Aid to PFLP Thanks to Syria Stance (2013), https://​www​.al​-monitor​.com/​o​r​i​g​i​n​a​l​s​/​2​0​1​3​/​0​9​/​i​r​a​n​-​p​f​l​p​-​g​a​z​a​-​p​a​l​e​s​t​i​n​e​-​s​y​r​i​a​.​h​tml.

Asseburg, Muriel: Die palästinensische Hamas zwischen Widerstandsbewegung, Partei und Regierung, in: Muriel Asseburg (Hrsg.): Moderate Islamisten als Reformakteure?, Bundeszentrale für politische Bildung (2008), S. 81 – 98.

Asseburg, Muriel: Palästina und die Palästinenser. Eine Geschichte von der Nakba bis zur Gegenwart, C.H. Beck (2021).

Baconi, Tareq: Hamas Contained. The Rise and Pacification of Palestinian Resistance, Stanford University Press (2018).

Baconi, Tareq: How Hamas Became the Violent Face of Palestinian Resistance (2023), https://​jacobin​.com/​2​0​2​3​/​1​1​/​h​a​m​a​s​-​i​s​r​a​e​l​-​p​a​l​e​s​t​i​n​e​-​g​a​z​a​-​h​i​s​t​o​r​y​-​d​e​c​o​l​o​n​i​z​a​t​i​o​n​-​v​i​o​l​e​nce.

Baker, Fouad: »Im Zentrum steht die Beendigung der Besatzung» (2024), https://www.jungewelt.de/artikel/466488.palästinensischer-widerstand-im-zentrum-steht-die-beendigung-der-besatzung.html.

Bamen, Noel: Mit palästina‐​solidarischen Vorsätzen in die zionistische Hölle: Eine Kritik an den „Grundlinien» der MLPD zum palästinensischen Befreiungskampf (2023), https://​kommunistische​-organisation​.de/​a​r​t​i​k​e​l​/​m​i​t​-​p​a​l​a​e​s​t​i​n​a​-​s​o​l​i​d​a​r​i​s​c​h​e​n​-​v​o​r​s​a​e​t​z​e​n​-​i​n​-​d​i​e​-​z​i​o​n​i​s​t​i​s​c​h​e​-​h​o​e​l​l​e​-​e​i​n​e​-​k​r​i​t​i​k​-​a​n​-​d​e​n​-​g​r​u​n​d​l​i​n​i​e​n​-​d​e​r​-​m​l​p​d​-​z​u​m​-​p​a​l​a​e​s​t​i​n​e​n​s​i​s​c​h​e​n​-​b​e​f​r​e​i​u​n​g​s​k​a​m​pf/.

Bamen, Noel: Weder Verrat noch Utopismus, sondern nationale Befreiung! Zur Debatte um die Ein‐ und Zweistaatenlösung für Palästina (2023), https://​kommunistische​-organisation​.de/​a​r​t​i​k​e​l​/​w​e​d​e​r​-​v​e​r​r​a​t​-​n​o​c​h​-​u​t​o​p​i​s​m​u​s​-​s​o​n​d​e​r​n​-​n​a​t​i​o​n​a​l​e​-​b​e​f​r​e​i​u​n​g​-​z​u​r​-​d​e​b​a​t​t​e​-​u​m​-​d​i​e​-​e​i​n​-​u​n​d​-​z​w​e​i​s​t​a​a​t​e​n​l​o​e​s​u​n​g​-​f​u​e​r​-​p​a​l​a​e​s​t​i​na/.

Baumgarten, Helga: Hamas. Der politische Islam in Palästina, Diederichs (2006).

Baumgarten, Helga: Hamas — Interview mit der Zeitschrift International (2024), https://​www​.youtube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​B​j​6​q​R​Z​_​I​juA.

Baumgarten, Helga: Kampf um Palästina. Was wollen Hamas und Fatah?, Herder (2013).

Baumgarten, Helga: Kein Frieden für Palästina. Krieg in Gaza, Besatzung und Widerstand, Promedia (2021).

Beaumont, Peter: Hamas destroys al‐​Qaida group in violent Gaza battle (2009), https://​www​.theguardian​.com/​w​o​r​l​d​/​2​0​0​9​/​a​u​g​/​1​5​/​h​a​m​a​s​-​b​a​t​t​l​e​-​g​a​z​a​-​i​s​l​a​m​i​s​t​s​-​a​l​-​q​a​ida.

Brenner, Lenni: Zionismus und Faschismus. Über die unheimliche Zusammenarbeit von Faschisten und Zionisten, Kai Homilius Verlag (2007). English Version: Zionism in the Age of the Dictators. A Reappraisal (1983). Online: https://​www​.marxists​.org/​h​i​s​t​o​r​y​/​e​t​o​l​/​d​o​c​u​m​e​n​t​/​m​i​d​e​a​s​t​/​a​g​e​d​i​c​t​/​i​n​d​e​x​.​htm

Brentjes, Burchard: Geheimoperation Nahost. Zur Vorgeschichte der Zusammenarbeit von Mossad und BND, Edition Ost (2001).

Channel 13 (2024), https://t.me/MiddleEastEye_TG/2400.

Croitoru, Joseph: Hamas. Die islamische Kampf um Palästina, Bundeszentrale für politische Bildung (2007).

Duden: Terror, https://​www​.duden​.de/​r​e​c​h​t​s​c​h​r​e​i​b​u​n​g​/​T​e​r​ror.

Filiu, Jean‐​Pierre: The Origins of Hamas. Militant Legacy or Israeli Tool? (2012), https://​ciaotest​.cc​.columbia​.edu/​j​o​u​r​n​a​l​s​/​j​p​s​/​v​4​1​i​3​/​f​_​0​0​2​5​5​9​1​_​2​0​9​3​9​.​pdf.

Flores, Alexander: Arabischer Antisemitismus in westlicher Perspektive, in: John Bunzl /​Alexandra Senfft (Hrsg.): Zwischen Antisemitismus und Islamophobie, VSA (2008), S. 145 – 159.

Flores, Alexander: Der Palästinakonflikt. Wissen, was stimmt, Herder (2009).

Flores, Alexander: Intifada. Aufstand der Palästinenser, Rotbuch Verlag (1988).

Gershoni, Israel /​Nordbruch, Götz: Sympathie und Schrecken. Begegnungen mit Faschismus und Nationalsozialismus in Ägypten, 1922 – 1937, Klaus Schwarz Verlag (2011).

Hack, Dietmar: „Heute ist Zahltag für die Ungläubigen» (1983), https://​www​.spiegel​.de/​p​o​l​i​t​i​k​/​h​e​u​t​e​-​i​s​t​-​z​a​h​l​t​a​g​-​f​u​e​r​-​d​i​e​-​u​n​g​l​a​e​u​b​i​gen.

Hafez, Kai: Heiliger Krieg und Demokratie. Radikalität und politischer Wandel im islamisch‐​westlichen Vergleich, Transcript Verlag (2009).English Editon: Radicalism and Political Reform in the Islamic and Western Worlds, Cambridge University Press (2010).

Hajjaj, Tareq S.: What it means to be a government and a resistance movement (2023), https://​mondoweiss​.net/​2​0​2​3​/​0​7​/​w​h​a​t​-​i​t​-​m​e​a​n​s​-​t​o​-​b​e​-​a​-​g​o​v​e​r​n​m​e​n​t​-​a​n​d​-​a​-​r​e​s​i​s​t​a​n​c​e​-​m​o​v​e​m​e​nt/.

Halm, Heinz: Die Schia, Wissenschaftliche Buchgesellschaft (1988).English Edition: Shi’ism, The New Edinburgh Islamic Surveys (second edition 2004).

Hamas: A Document of General Principles and Policies (2017), https://​www​.middleeasteye​.net/​n​e​w​s​/​h​a​m​a​s​-​2​0​1​7​-​d​o​c​u​m​e​n​t​-​f​ull

Hamas: Prinzipien und Grundsätze (2017), https://​magma​-magazin​.su/​2​0​2​3​/​1​1​/​u​e​b​e​r​s​e​t​z​u​n​g​s​d​i​e​n​s​t​/​h​a​m​a​s​-​p​r​i​n​z​i​p​i​e​n​-​u​n​d​-​g​r​u​n​d​s​a​e​t​ze/.

Hamas: The Charter of Allah: The Platform of the Islamic Resistance Movement (1988), translated by Raphael Israeli. https://​irp​.fas​.org/​w​o​r​l​d​/​p​a​r​a​/​d​o​c​s​/​8​8​0​8​1​8​.​htm

Hamas: »Our Narrative… Operation Al‐​Aqsa Flood« (2024) https://​www​.palestinechronicle​.com/​w​p​-​c​o​n​t​e​n​t​/​u​p​l​o​a​d​s​/​2​0​2​4​/​0​1​/​P​D​F​.​pdf

Hamas: Unsere Sicht der Operation „Al‐​Aqsa‐​Flut» (2024), https://​magma​-magazin​.su/​2​0​2​4​/​0​1​/​u​e​b​e​r​s​e​t​z​u​n​g​s​d​i​e​n​s​t​/​u​n​s​e​r​e​-​s​i​c​h​t​-​d​e​r​-​o​p​e​r​a​t​i​o​n​-​a​l​-​a​q​s​a​-​f​l​ut/.

Harman, Chris: »The Prophet and the Proletariat,« International Socialism Journal 2:64 (Autumn 1994). https://​www​.marxists​.org/​a​r​c​h​i​v​e​/​h​a​r​m​a​n​/​1​9​9​4​/​x​x​/​i​s​l​a​m​.​htm

Hochgeschwender, Michael: Der amerikanische Evangelikalismus bis 1950, in: Frederik Elwert /​Martin Radermacher /​Jens Schlamelcher (Hrsg.) Handbuch Evangelikalismus, Bundeszentrale für politische Bildung (2018), S. 73 – 92.

Hoekmann, Gerrit: Zwischen Ölzweig und Kalaschnikow. Geschichte und Politik der palästinensischen Linken, Unrast (1999).

Hroub, Khaled: A Newer Hamas? The Revised Charter (2017), PDF.

Hroub, Khaled: Hamas. Die islamische Bewegung in Palästina, Palmyra Verlag (2011). English Edition: Hamas. A Beginner’s Guide (Pluto Press 2010)

Hroub, Khaled: Hamas. Political Thought and Practice, Institute for Palestine Studies (2. Auflage 2002).

Hussein, Raif: Der politische Islam in Palästina. Am Beispiel der Islamistischen Bewegung HAMAS, Shaker Verlag (2019).

Issacharoff, Avi: Hamas Kills 2 Suspects During Manhunt for Murderers of Italian Activist in Gaza (2011), https://​www​.haaretz​.com/​2​011 – 04‐​20/​ty‐​article/​hamas‐​kills‐​2‐​suspects‐​during‐​manhunt‐​for‐​murderers‐​of‐​italian‐​activist‐​in‐​gaza/​0000017f‐​f832‐​d460‐​afff‐​fb762fbb0000.

Johansen, Baber: Islam und Staat. Abhängige Entwicklung, Verwaltung des Elends und religiöser Antiimperialismus, Argument Verlag (1982).

Khalil, Naser: Nayef Hawatmeh (DFLP): Wegbereiter und Kritiker einer friedlichen Beilegung des Palästinakonfliktes, Grin Verlag (2010).

Kienzler, Klaus: Der religiöse Fundamentalismus. Christentum, Judentum, Islam, C.H. Beck (1996).

Kilani, Ramsis: Antisemitismus ist eine Form von Rassismus (2021), https://​diefreiheitsliebe​.de/​p​o​l​i​t​i​k​/​a​n​t​i​s​e​m​i​t​i​s​m​u​s​-​i​s​t​-​e​i​n​e​-​f​o​r​m​-​v​o​n​-​r​a​s​s​i​s​m​us/.

Kommunistischer Aufbau: Islamischer Fundamentalismus und Imperialismus — Teil 1 (2018), https://komaufbau.org/islamischer-fundamentalismus-und-imperialismus-teil‑1/.

Kommunistischer Aufbau: Islamischer Fundamentalismus und Imperialismus — Teil 2 (2018), https://komaufbau.org/islamischer-fundamentalismus-und-imperialismus-teil‑2/.

Kommunistischer Aufbau: Die Nationale Frage in Palästina und Israel (2021), https://​komaufbau​.org/​d​i​e​-​n​a​t​i​o​n​a​l​e​-​f​r​a​g​e​-​i​n​-​p​a​l​a​e​s​t​i​n​a​-​u​n​d​-​i​s​r​a​el/.

Kommunistischer Aufbau: Der Kampf gegen die israelische Besatzung ist legitim! Friede zwischen den Völkern, Krieg den Imperialisten! Freiheit für Palästina! (2023), https://komaufbau​.org/​d​e​r​-​k​a​m​p​f​-​g​e​g​e​n​-​d​i​e​-​i​s​r​a​e​l​i​s​c​h​e​-​b​e​s​a​t​z​u​n​g​-​i​s​t​-​l​e​g​i​t​i​m​-​f​r​i​e​d​e​-​z​w​i​s​c​h​e​n​-​d​e​n​-​v​o​e​l​k​e​r​n​-​k​r​i​e​g​-​d​e​n​-​i​m​p​e​r​i​a​l​i​s​t​e​n​-​f​r​e​i​h​e​i​t​-​f​u​e​r​-​p​a​l​a​e​s​t​i​na/.

Kommunistische Organisation: Weiterer Schlag gegen den Widerstand im Nahen Osten (2020), https://​kommunistische​-organisation​.de/​s​t​e​l​l​u​n​g​n​a​h​m​e​/​w​e​i​t​e​r​e​r​-​s​c​h​l​a​g​-​g​e​g​e​n​-​d​e​n​-​w​i​d​e​r​s​t​a​n​d​-​i​m​-​n​a​h​e​n​-​o​s​t​en/

Kommunistische Organisation: Wer gegen die Staatsräson verstößt, wird verboten! (2023), https://​kommunistische​-organisation​.de/​s​t​e​l​l​u​n​g​n​a​h​m​e​/​w​e​r​-​g​e​g​e​n​-​d​i​e​-​s​t​a​a​t​s​r​a​e​s​o​n​-​v​e​r​s​t​o​e​s​s​t​-​w​i​r​d​-​v​e​r​b​o​t​en/.

Krämer, Gudrun: Demokratie im Islam. Der Kampf für Toleranz und Freiheit in der arabischen Welt, C.H. Beck (2011).

Krämer, Gudrun: Der Architekt des Islamismus. Hasan al‐​Banna und die Muslimbrüder, C.H.Beck (2022).

Krammer, Hubert: Jenseits der Mythen. Imperialismus, Zionismus, Faschismus. Eine Quellenrecherche über die Geschichte einer Kontinuität, Theorie und Praxis Verlag (2010).

Künzl, Jan: Islamisten — Terroristen oder Reformer? Die ägyptische Muslimbruderschaft und die palästinensische Hamas, Tectum Verlag (2008).

Langthaler, Wilhelm: Das neue Politische Dokument der Hamas (2017), https://​www​.antiimperialista​.org/​d​e​/​c​o​n​t​e​n​t​/​d​a​s​-​n​e​u​e​-​p​o​l​i​t​i​s​c​h​e​-​d​o​k​u​m​e​n​t​-​d​e​r​-​h​a​mas.

Leopardi, Francesco Saverio: The Palestinian Left and Its Decline. Loyal Opposition, Palgrave Macmillian (2020).

Leukefeld, Karin: Flächenbrand. Syrien, Irak, die arabische Welt und der Islamische Staat, Papyrossa (3. Auflage 2017).

Leukefeld, Karin: Wer ist die Hamas? (2023), https://​www​.unsere​-zeit​.de/​w​e​r​-​i​s​t​-​d​i​e​-​h​a​m​a​s​-​4​7​8​5​1​70/.

Lewis, Bernhard: Die Juden in der islamischen Welt. Vom frühen Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert, C.H. Beck (1987). English Edition: The Jews of Islam, Princeton University Press (1984).

Mamdani, Mahmood: Guter Moslem, böser Moslem. Amerika und die Wurzeln des Terrors, Edition Nautilus (2006). English Edition: Good Muslim, Bad Muslim. America, the Cold War, and the Roots of Terror, Pantheon Books 2004.

Marx21: Eine kurze Geschichte der Hamas (2023), https://​www​.marx21​.de/​e​i​n​e​-​k​u​r​z​e​-​g​e​s​c​h​i​c​h​t​e​-​d​e​r​-​h​a​m​as/.

Memri TV: Hizbullah Leader Hassan Nasrallah: The Israel‐​Gaza War Is 100% Palestinian And Had Nothing To Do With Regional Issues; We Have Already Been Fighting Israel Since October 8; Israel, Not Hamas, Massacred Israeli Civilians (2023), https://​www​.memri​.org/​t​v​/​h​i​z​b​u​l​l​a​h​-​n​a​s​r​a​l​l​a​h​-​l​e​b​a​n​o​n​-​h​a​m​a​s​-​w​a​r​-​e​n​t​i​r​e​l​y​-​p​a​l​e​s​t​i​n​i​a​n​-​i​s​r​a​e​l​-​m​a​s​s​a​c​r​e​d​-​i​s​r​a​e​lis.

Metzger, Albrecht: Islamismus, EVA (2005).

Meyer, Henrik: Hamas und Hizbollah. Eine Analyse ihres Politischen Denkens, LIT Verlag (2009).

Ministry of Foreign Affairs: Suicide bombing attack at Kerem Shalom, 13 soldiers wounded (2008), https://​www​.gov​.il/​e​n​/​D​e​p​a​r​t​m​e​n​t​s​/​G​e​n​e​r​a​l​/​s​u​i​c​i​d​e​-​b​o​m​b​i​n​g​-​a​t​t​a​c​k​-​a​t​-​k​e​r​e​m​-​s​h​a​l​o​m​-​1​3​-​s​o​l​d​i​e​r​s​-​w​o​u​n​ded.

MLPD: Brandgefährliche Entwicklung nach Kriegserklärung durch Israel Kritik an faschistischer Hamas Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf (2023), https://​www​.mlpd​.de/​2​0​2​3​/​1​0​/​b​r​a​n​d​g​e​f​a​e​h​r​l​i​c​h​e​-​e​n​t​w​i​c​k​l​u​n​g​-​n​a​c​h​-​k​r​i​e​g​s​e​r​k​l​a​e​r​u​n​g​-​d​u​r​c​h​-​i​s​r​a​e​l​-​2​0​0​b​k​r​i​t​i​k​-​a​n​-​f​a​s​c​h​i​s​t​i​s​c​h​e​r​-​h​a​m​a​s​-​2​0​0​b​s​o​l​i​d​a​r​i​t​a​e​t​-​m​i​t​-​d​e​m​-​p​a​l​a​e​s​t​i​n​e​n​s​i​s​c​h​e​n​-​b​e​f​r​e​i​u​n​g​s​k​a​mpf.

MLPD: Kein Fußbreit für faschistische Organisationen wie die Hamas! Kampf der Kriminalisierung des palästinensischen Befreiungskampfs. Protest gegen den Staatsterror des imperialistischen Israels und die antikommunistische Hetze gegen die MLPD! (2023), https://​www​.mlpd​.de/​2​0​2​3​/​1​0​/​k​e​i​n​-​f​u​s​s​b​r​e​i​t​-​f​u​e​r​-​f​a​s​c​h​i​s​t​i​s​c​h​e​-​o​r​g​a​n​i​s​a​t​i​o​n​e​n​-​w​i​e​-​d​i​e​-​h​a​m​a​s​-​k​a​m​p​f​-​d​e​r​-​k​r​i​m​i​n​a​l​i​s​i​e​r​u​n​g​-​d​e​s​-​p​a​l​a​e​s​t​i​n​e​n​s​i​s​c​h​e​n​-​b​e​f​r​e​i​u​n​g​s​k​a​m​p​f​s​-​p​r​o​t​e​s​t​-​g​e​g​e​n​-​d​e​n​-​s​t​a​a​t​s​t​e​r​r​o​r​-​d​e​s​-​i​m​p​e​r​i​a​l​i​s​t​i​s​c​h​e​n​-​i​s​r​a​e​l​s​-​u​n​d​-​d​i​e​-​a​n​t​i​k​o​m​m​u​n​i​s​t​i​s​c​h​e​-​h​e​t​z​e​-​g​e​g​e​n​-​d​i​e​-​m​lpd.

MLPD: Über die faschistische, antisemitische und antikommunistische Ideologie der Hamas (2023), https://​www​.mlpd​.de/​2​0​2​3​/​1​0​/​h​a​m​a​s​-​f​a​s​c​h​i​s​t​i​s​c​h​e​-​i​d​e​o​l​o​gie.

Mondoweiss: CNN report claiming sexual violence on October 7 relied on non‐​credible witnesses, some with undisclosed ties to Israeli govt (2023), https://​mondoweiss​.net/​2​0​2​3​/​1​2​/​c​n​n​-​r​e​p​o​r​t​-​c​l​a​i​m​i​n​g​-​s​e​x​u​a​l​-​v​i​o​l​e​n​c​e​-​o​n​-​o​c​t​o​b​e​r​-​7​-​r​e​l​i​e​d​-​o​n​-​n​o​n​-​c​r​e​d​i​b​l​e​-​w​i​t​n​e​s​s​e​s​-​s​o​m​e​-​w​i​th-undisclosed‐​ties‐​to‐​israeli‐​govt/​.

Motadel, David: Für Prophet und Führer. Die Islamische Welt und das Dritte Reich, Klett‐​Cotta (2017). English Version: Islam and Nazi Germany’s War, Harvard University Press 2014.

Murtaza, Muhammad Sameer: Die gescheiterte Reformation. Salafistisches Denken und die Erneuerung des Islam, Herder Verlag (2016).

Mustafa, Imad: Der Politische Islam. Zwischen Muslimbrüdern, Hamas und Hizbollah, Promedia (2013).

Narwani, Sharmine /​Inlakesh, Robert: What really happened on 7th October? (2023), Deutsche Übersetzung: linkezeitung​.de.

Nassar, Abdelrahman: Hamas: despite spoilers, Resistance Axis direction solidifies (2022), https://​new​.thecradle​.co/​a​r​t​i​c​l​e​s​/​h​a​m​a​s​-​r​e​s​i​s​t​a​n​c​e​-​a​x​i​s​-​d​i​r​e​c​t​i​o​n​-​s​o​l​i​d​i​f​i​e​s​-​d​e​s​p​i​t​e​-​i​n​t​e​r​n​a​l​-​d​i​f​f​e​r​e​n​ces.

Nicosia, Francis R.: Zionismus und Antisemitismus im Dritten Reich, Wallstein Verlag (2012). English Version: Zionism and Anti‐​Semitism in Nazi Germany, Cambridge University Press (2008)

Occupied News: Der 7. Oktober — Fakten und Propaganda (2024), https://occupiednews.com/7‑oktober-hamas-angriff/.

Palästina Solidarität Duisburg (2023), https://t.me/PalaestinaSolidaritaetDuisburg/352.

Pappe, Ilan: Die ethnische Säuberung Palästinas, Zweitausendeins Verlag 2007. English Edition: The Ethnic Cleansing of Palestine, Oneworld Publications (2006).

Pappe, Ilan: Was ist los mit Israel? Cosmics Verlag (3. Auflage 2017). English Edition: Ten Myths About Israel, Verso Books (2017).

Partrick, Neil: Saudi Arabia’s Problematic Allies against the Houthis (2016), https://​www​.thecairoreview​.com/​t​a​h​r​i​r​-​f​o​r​u​m​/​s​a​u​d​i​-​a​r​a​b​i​a​s​-​p​r​o​b​l​e​m​a​t​i​c​-​a​l​l​i​e​s​-​a​g​a​i​n​s​t​-​t​h​e​-​h​o​u​t​h​is/.

Poppe, Judith: Abbas sagt Wahlen ab (2021), https://​taz​.de/​P​a​l​a​e​s​t​i​n​e​n​s​i​s​c​h​e​-​G​e​b​i​e​t​e​/​!​5​7​6​9​2​17/.

PressTV: Gen. Qaani: „Axis of Resistance» stays united with Gaza fighters, https://​www​.presstv​.ir/​D​e​t​a​i​l​/​2​0​2​3​/​1​1​/​1​6​/​7​1​4​7​2​9​/​I​r​a​n​-​Q​u​d​s​-​F​o​r​c​e​-​I​R​G​C​-​G​a​z​a​-​f​i​g​h​t​e​r​s​-​Q​a​s​s​a​m​-​B​r​i​g​a​des.

Rashwan, Diaa: The Spectrum of Islamist Movement, Verlag Hans Schiler (2007).

Reed, John: Hamas seeks to stamp out Isis in Gaza (2015), https://​www​.ft​.com/​c​o​n​t​e​n​t​/​7​d​6​c​4​9​d​0​-​0​547 – 11e5‐​9627 – 00144feabdc0.

Reinisch, Dieter: Im Namen der Einheit (2023 a), https://www.jungewelt.de/artikel/462610.palästina-im-namen-der-einheit.html.

Reinisch, Dieter: Terror. Eine Geschichte der politischen Gewalt, Promedia (2023 b).

Resistance News Network (2022), https://t.me/PalestineResist/2256.

Resistance News Network (2024), https://t.me/PalestineResist/26397.

Reuters: Insight: Iran’s „Axis of Resistance» against Israel faces trial by fire, https://​www​.reuters​.com/​w​o​r​l​d​/​m​i​d​d​l​e​-​e​a​s​t​/​i​r​a​n​s​-​a​x​i​s​-​r​e​s​i​s​t​a​n​c​e​-​a​g​a​i​n​s​t​-​i​s​r​a​e​l​-​f​a​c​e​s​-​t​r​i​a​l​-​b​y​-​f​i​r​e​-​2​023 – 11‐​15/​.

Robinson, Glenn E.: Hamas as a Social Movement (2004), https://www.researchgate.net/profile/Glenn-Robinson‑2/publication/292494431_Hamas_as_social_Movement/links/5d5d9eada6fdcc55e81edb86/Hamas-as-social-Movement.pdf.

Rome Statute of the International Criminal Court (1998), HTTP://www.icc-cpi​.int/​s​i​t​e​s​/​d​e​f​a​u​l​t​/​f​i​l​e​s​/​2​024 – 05/Rome-Statute-eng.pdf

Rote Fahne: MLPD — Grundlinien der Positionierung zum palästinensischen Befreiungskampf (2022), https://​www​.rf​-news​.de/​r​o​t​e​-​f​a​h​n​e​/​2​0​2​2​/​n​r​2​3​/​m​l​p​d​-​g​r​u​n​d​l​i​n​i​e​n​-​d​e​r​-​p​o​s​i​t​i​o​n​i​e​r​u​n​g​-​z​u​m​-​p​a​l​a​e​s​t​i​n​e​n​s​i​s​c​h​e​n​-​b​e​f​r​e​i​u​n​g​s​k​a​mpf.

Scher, Brent: The Real History Behind Netanyahu’s Holocaust Comments. An interview with Dr. Wolfgang G. Schwanitz (2015), https://​www​.meforum​.org/​5​5​8​1​/​s​c​h​w​a​n​i​t​z​-​i​n​t​e​r​v​iew.

Seidensticker, Tilman: Islamismus. Geschichte, Vordenker, Organisationen, C.H. Beck (3. Auflage 2015).

Seurat, Leila: The Foreign Policy of Hamas. Ideology, Decision Making and Political Supremacy, I.B. Taurus (2019).

Singh, Rishika: Which countries recognise Hamas as a „terrorist» organisation? (2023), https://​indianexpress​.com/​a​r​t​i​c​l​e​/​e​x​p​l​a​i​n​e​d​/​e​v​e​r​y​d​a​y​-​e​x​p​l​a​i​n​e​r​s​/​i​s​r​a​e​l​-​c​o​u​n​t​r​i​e​s​-​r​e​c​o​g​n​i​s​e​-​h​a​m​a​s​-​t​e​r​r​o​r​i​s​t​-​l​i​s​t​-​9​0​3​6​1​86/.

Staff, Toi: Hamas claims to arrest senior Islamic State leaders in Gaza (2017), https://​www​.timesofisrael​.com/​h​a​m​a​s​-​a​r​r​e​s​t​s​-​s​e​n​i​o​r​-​i​s​l​a​m​i​c​-​s​t​a​t​e​-​l​e​a​d​e​r​s​-​i​n​-​g​a​z​a​-​r​e​p​o​rt/.

Tamimi, Azzam: Hamas. A History from Within, Olive Branch Press (2007).

Tamimi, Azzam: Hamas. Unwritten Chapters, C. Hurst & Co (2007).

The Cradle: „Regime change» in Hamas and a return to Syria (2022), https://​new​.thecradle​.co/​a​r​t​i​c​l​e​s​/​r​e​g​i​m​e​-​c​h​a​n​g​e​-​i​n​-​h​a​m​a​s​-​a​n​d​-​a​-​r​e​t​u​r​n​-​t​o​-​s​y​ria. Deutsche Übersetzung: https://​linkezeitung​.de/​2​0​2​2​/​0​9​/​2​8​/​r​e​g​i​m​e​w​e​c​h​s​e​l​-​b​e​i​-​d​e​r​-​h​a​m​a​s​-​u​n​d​-​i​h​r​e​-​r​u​e​c​k​k​e​h​r​-​n​a​c​h​-​s​y​r​i​en/.

Van Wegenen, William: How Israeli forces trapped and killed ravers at the Nova Festival (2024), https://​thecradle​.co/​a​r​t​i​c​l​e​s​/​h​o​w​-​i​s​r​a​e​l​i​-​f​o​r​c​e​s​-​t​r​a​p​p​e​d​-​a​n​d​-​k​i​l​l​e​d​-​r​a​v​e​r​s​-​a​t​-​t​h​e​-​n​o​v​a​-​f​e​s​t​i​val. Deutsche Übersetzung: https://​linkezeitung​.de/​2​0​2​4​/​0​1​/​1​4​/​w​i​e​-​i​s​r​a​e​l​i​s​c​h​e​-​s​t​r​e​i​t​k​r​a​e​f​t​e​-​r​a​v​e​r​-​a​u​f​-​d​e​m​-​n​o​v​a​-​f​e​s​t​i​v​a​l​-​g​e​f​a​n​g​e​n​-​h​i​e​l​t​e​n​-​u​n​d​-​t​o​e​t​e​t​en/.

Van Wegenen, William: Israel’s 43‐​minute Hamas atrocity video exposed (2023 a), https://​thecradle​.co/​a​r​t​i​c​l​e​s​/​i​s​r​a​e​l​s​-​4​3​-​m​i​n​u​t​e​-​h​a​m​a​s​-​a​t​r​o​c​i​t​y​-​v​i​d​e​o​-​e​x​p​o​sed. .

Van Wegenen, William: Was October 7th a Hamas or Israeli massacre? (2023 b), https://​thecradle​.co/​a​r​t​i​c​l​e​s​/​w​a​s​-​o​c​t​o​b​e​r​-​7​t​h​-​a​-​h​a​m​a​s​-​o​r​-​i​s​r​a​e​l​i​-​m​a​s​s​a​cre.

Wild, Petra: Die Krise des Zionismus und die Ein‐​Staat‐​Lösung. Die Zukunft eines demokratischen Palästinas, Promedia (2015).

Wildangel, René: „Der größte Feind der Menschheit«. Der Nationalsozialismus in der arabischen öffentlichen Meinung in Palästina während des Zweiten Weltkrieges, in: Gerhard Höpp /​Peter Wien /​René Wildangel (Hrsg.): Blind für die Geschichte? Arabische Begegnungen mit dem Nationalsozialismus, Klaus Schwarz Verlag (2005), S. 115 – 154.

Winstanley, Asa: Israeli HQ ordered troops to shoot Israeli captives on 7 October (2024), https://​electronicintifada​.net/​b​l​o​g​s​/​a​s​a​-​w​i​n​s​t​a​n​l​e​y​/​i​s​r​a​e​l​i​-​h​q​-​o​r​d​e​r​e​d​-​t​r​o​o​p​s​-​s​h​o​o​t​-​i​s​r​a​e​l​i​-​c​a​p​t​i​v​e​s​-​7​-​o​c​t​o​ber.

Wystrychowski, Leon: Zwischen Kolonialismus, nationaler Befreiung und Klassenkampf: Die palästinensische und israelische Linke. Ein historischer Überblick, Aphorisma Verlag (2023).

Ynet: Hamas kills ISIS supporter despite 48‐​hour ultimatum given by ISIS supporters’ in Gaza (2015), https://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L‑4663942,00.html.

Zimmer‐​Winkel, Rainer (Hrsg.): Eine umstrittene Figur: Hadj Amin al‐​Husseini. Mufti von Jerusalem, Aphorisma Verlag (1999).

Ziolkowski, Britt: Die Aktivistinnen der Ḥamas. Zur Rolle der Frauen in einer islamistischen Bewegung, Klaus Schwarz Verlag (2020).

List of References

  • 1
    The only exception I am aware of is Palästina Solidarität Duisburg (2023).
  • 2
    MLPD (2023 a).
  • 3
    Rote Fahne (2022).
  • 4
    Kommunistische Organisation (2023).
  • 5
    Kommunistische Organisation (2020).
  • 6
    Bamen (2023 a). Bamen (2023 b).
  • 7
    The booklets on the topic by both Johansen (1982) and Harman (1994) are worth reading, even if Hamas is not mentioned in either of them.
  • 8
    Baumgarten (2006), p. 10.
  • 9
    Johansen (1982), p. 27. Seidensticker (2015), p. 72.
  • 10
    Baumgarten (2006), p. 11 f.
  • 11
    Gershoni / Nordbruch (2011), p. 219 f.
  • 12
    Baumgarten (2006), pp. 12-14, 18-20.
  • 13
    Ibid. p. 17.
  • 14
    Ibid. pp. 21-28, quote from p. 27.
  • 15
    Arafat himself was probably never a member of the MB, but maintained close contacts with it, fought in its ranks in Palestine in 1948 and was a member or even chairman of organizations close to it.
  • 16
    Baumgarten (2006), p. 29 f.
  • 17
    Ibid. pp. 31-34.
  • 18
    Mustafa (2013), p. 122.
  • 19
    Baumgarten (2013), p. 64.
  • 20
    Ibid. p. 65.
  • 21
    Ibid. p. 66.
  • 22
    Filiu (2012), p. 64.
  • 23
    Flores (2009), p. 95 f.
  • 24
    Baumgarten (2006), pp. 34 – 36, 45, 49 f. Hroub (2011), p. 41 f. [English edition: (2010), p. 11]. Filiu (2012), p. 66.
  • 25
    Robinson (2004), p. 123.
  • 26
    Rashwan (2007), p. 107.
  • 27
    Hussein (2019), p. 76 f. quote p. 76.
  • 28
    Baumgarten (2006), p. 45 f., 48-50.
  • 29
    Ibid. p. 57 f.
  • 30
    Ibid. p. 78.
  • 31
    Ibid. p. 91.
  • 32
    Baumgarten mentions another reason, namely that Israel had no interest in charging the colonial conflict with too much of a religious dimension, which is why there had long been a »hands‐​off tactic« towards mosques (ibid. p. 73), although this is no longer the case today.
  • 33
    Ibid. p. 49.
  • 34
    The fact that Hamas itself denies any rupture in its history and instead presents it as a stringent and harmonious development from Izz ad‐​Din al‐​Qassam through the MB to the present day does not change this. (Filiu (2012), p. 54.)
  • 35
    Baumgarten (2006), p. 76.
  • 36
    Filiu (2012), p. 66.
  • 37
    Kienzler (1996), pp. 17 f., 28 ff., 56.
  • 38
    Halm (1988), pp. 89, 130 f. [English Edition: (2004).]
  • 39
    For a comparison between the Protestant and Salafi Reformation, see Murtaza (2016), p. 106 ff.
  • 40
    Hochgeschwender (2018), p. 84.
  • 41
    Seidensticker (2015), pp. 39-42.
  • 42
    Lohlker (2017), pp. 52-54, 106-112. Seidensticker (2015) pp. 24-27.
  • 43
    Nassar (2022).
  • 44
    Seidensticker (2015), p. 82.
  • 45
    Baumgarten (2006), pp. 20-28. Metzger (2005), pp. 58-63.
  • 46
    AlDailami (2019), p. 67 f. Partrick (2016).
  • 47
    Metzger (2005), pp. 70-73. Seidensticker (2015), p. 75 f.
  • 48
    Ibid. pp. 72-74.
  • 49
    Mustafa (2013), p. 70.
  • 50
    Ziolkowski (2020), pp. 171-74.
  • 51
    Hroub (2011), p. 109 f. [English edition: (2010), p. 75].
  • 52
    Occupied News (2024).
  • 53
    Beaumont (2009).
  • 54
    Issacharoff (2011).
  • 55
    Reed (2015). Staff (2017).
  • 56
    Ynet (2015).
  • 57
    Abuheweila / Kershner (2018).
  • 58
    Leukefeld (2017), p. 183 f.
  • 59
    Nassar (2022).
  • 60
    Seurat (2019), p. 31.
  • 61
    A further text on these and other aspects of the accusation of anti‐​Semitism will soon follow as an aid to argumentation.
  • 62
    Kilani (2021).
  • 63
    Krämer (2011), p. 165.
  • 64
    As quoted in Baumgarten (2006), p. 62.
  • 65
    Ibid.
  • 66
    Krämer (2011), pp. 150-157.
  • 67
    Hafez (2009), p. 175 [English edition: (2010) p. 154]
  • 68
    Lewis (1987) [English Version: (1984)]
  • 69
    Ibid. p. 165 [in German edition].
  • 70
    Flores (2008), p. 153.
  • 71
    Ibid. p. 153 f.
  • 72
    Mustafa (2013), p. 72.
  • 73
    Hafez (2009), p. 180 [English edition: (2010) p. 159].
  • 74
    Hroub (2011), pp. 60, 74 [English edition: (2010) pp. 31, 40 – 41].
  • 75
    Ibid. pp. 55, 69 [English edition: (2010) pp. 27, 35].
  • 76
    Ibid. pp. 60, 69 [English edition: (2010) pp. 29, 37].
  • 77
    Hamas (2017).
  • 78
    Hroub (2011), p. 70 [English edition: (2010) p. 37].
  • 79
    Ibid. p. 68 [English edition: (2010) p. 36].
  • 80
    As quoted in ibid. p. 21 [English edition: (2010) p. xxiii].
  • 81
    MLPD (2023 a). At the same time, in this pathetic declaration, it presents itself in its typical manner as a victim of »anti‐​communist« agitation, while in the same breath, insignificant as it is, it snipes at the strongest force in the Palestinian freedom movement.
  • 82
    MLPD (2023 b).
  • 83
    MLPD (2023 c).
  • 84
    Hamas (1988).
  • 85
    Ibid.
  • 86
    Hroub (2011), p. 130 [English edition: (2010) p. 91].
  • 87
    Baumgarten (2006), p. 59. Hroub (2011), p. 132. [English edition: (2010) p. 92].
  • 88
    Ibid.
  • 89
    Kommunistischer Aufbau (2018 b).
  • 90
    Kommunistischer Aufbau (2018 a).
  • 91
    Kommunistischer Aufbau (2018 b).
  • 92
    Kommunistischer Aufbau (2018 a).
  • 93
    Kommunistischer Aufbau (2021).
  • 94
    Hroub (2011), p. 71 f. [English edition: (2010) p. 38 f.]. Wild (2015), p. 154.
  • 95
    Kommunistischer Aufbau (2023).
  • 96
    Motadel (2017), p. 139 f. [English edition: (2014) p. 112].
  • 97
    Gershoni /​Nordbruch (2011), p. 137 f.
  • 98
    Ibid. p. 288.
  • 99
    Krämer (2022), p. 198 f.
  • 100
    Achcar (2012), pp. 84-86. [English edition: (2010) pp. 83‐85].
  • 101
    Flores (2009), p. 48
  • 102
    Scher (2015).
  • 103
    Motadel (2017), pp. 56 – 58.
  • 104
    Pappe (2017), p. 66 [English edition: (2017) pp. 83‐85].
  • 105
    See: Brenner (2007) [English edition: 1983]. Brentjes (2001). Krammer (2010). Nicosia (2012) [English edition: 2008].
  • 106
    Achcar (2012), pp. 129-131. [English edition: (2010) pp. 131-133].
  • 107
    Zimmer‐​Winkel (1999). With contributions by Gerhard Höpp (former GDR Middle East scholar), Danny Rubinstein (Haaretz), Suleiman Abu Dayyeh (Friedrich Naumann Foundation in Jerusalem) and Wolf Ahmet Aries (Islamic scholar in Kassel).
  • 108
    Achcar (2012), pp. 123-166 [English edition: (2010) pp. 131 f.].
  • 109
    Ibid. p. 157 f., Baumgarten (2006), p. 18.
  • 110
    Croitoru (2007), p. 32.
  • 111
    Achcar (2012), p. 158 [English edition: (2010) p. 163].
  • 112
    Ibid. pp. 158-166 [English edition: (2010) pp. 163-170].
  • 113
    Flores (2009), pp. 48-50.
  • 114
    Krämer (2011), p. 165.
  • 115
    Motadel (2017), p. 57 f.
  • 116
    Pappe (2017), p. 48 [English edition: (2017) p. 66].
  • 117
    Wildangel (2005), p. 115 f.
  • 118
    Ibid. p. 119.
  • 119
    Duden (trans. note: dictionary of standard High German).
  • 120
    Reinisch (2023 b), p. 11 f.
  • 121
    Hack (1983).
  • 122
    Rome Statute (1998).
  • 123
    Hroub (2011), pp. 87-90 [English edition: (2010) pp. 53-56]. Baumgarten (2013), pp. 115, 133 f.
  • 124
    Hamas (2024).
  • 125
    Mamdani (2006), p. 239 [English edition: (2004), Ch. 4].
  • 126
    Ibid. p. 137 [English edition: (2004), Ch.4]
  • 127
    Ibid. p. 305 footnote 294 [English edition: (2004), Ch. 4, footnote 222].
  • 128
    Ministry of Foreign Affairs (2008).
  • 129
    Baumgarten (2006), p. 85.
  • 130
    Singh (2023).
  • 131
    Baumgarten (2006), p. 159 f.
  • 132
    Ibid. p. 160.
  • 133
    Asseburg (2008), p. 87.
  • 134
    Mustafa (2013), pp. 170 – 177.
  • 135
    Baumgarten (2006), p. 55. Flores (1988), pp. 86-88.
  • 136
    Baumgarten (2006), p. 86.
  • 137
    Hamas (1988).
  • 138
    Baumgarten (2006), p. 83.
  • 139
    Hroub (2011), p. 123. [English edition: (2010), p. 83].
  • 140
    Hussein (2019), p. 139-149.
  • 141
    Baumgarten (2013), p. 156.
  • 142
    Hajjaj (2023).
  • 143
    Khalil (2010), p. 102.
  • 144
    Baumgarten (2013), p. 164.
  • 145
    Ibid. p. 193.
  • 146
    Baconi (2018), p. 223 f.
  • 147
    Asseburg (2021), p. 198 f.
  • 148
    Poppe (2021).
  • 149
    Baumgarten (2021), p. 158.
  • 150
    Baumgarten (2013), p. 152.
  • 151
    Ibid. p. 156
  • 152
    Asseburg (2008), p. 89.
  • 153
    Ibid. p. 90.
  • 154
    Baumgarten (2013), p. 159.
  • 155
    Asseburg (2008), p. 90. Baumgarten (2013), p. 162 f.
  • 156
    Asseburg (2008), p. 91.
  • 157
    Baconi (2018), p. 124.
  • 158
    Baumgarten (2013), p. 163.
  • 159
    Ibid. pp. 163-166.
  • 160
    Baumgarten (2006), p. 92.
  • 161
    Ibid. p. 93.
  • 162
    Ibid. p. 94.
  • 163
    Ibid. pp. 97-101.
  • 164
    Wild (2015), pp. 17-19.
  • 165
    Mustafa (2013), p. 130 f.
  • 166
    Hamas (2017).
  • 167
    Mustafa (2013), p. 132.
  • 168
    Bamen (2023 b). Wild (2015), p. 139.
  • 169
    Pappe (2007), pp. 58, 61. [English edition (2011), pp. 57 – 61].
  • 170
    Bamen (2023 b).
  • 171
    Ibid.
  • 172
    Asseburg (2008), p. 86 f. Baumgarten (2006), p. 189. Flores (2009), p. 96. Künzl (2008), p. 120 f.
  • 173
    Flores (2009), p. 96.
  • 174
    Asseburg (2008), p. 86 f.
  • 175
    Baumgarten (2006), p. 58.
  • 176
    Felsch (2011), p. 106.
  • 177
    Hroub (2011), pp. 55, 68. [English edition: (2010), pp. 24, 36 ].
  • 178
    Meyer (2009), p. 95 f.
  • 179
    Mustafa (2013), p. 67.
  • 180
    Ziolkowski (2020), p. 131.
  • 181
    Hroub (2011), p. 55. [English edition: (2010), p. 24].
  • 182
    Baumgarten (2024).
  • 183
    Baumgarten (2006), pp. 58, 198 footnote 47.
  • 184
    Felsch (2011), p. 106.
  • 185
    Asseburg (2008), p. 87. Hroub (2011), S. 60, 69, 185 – 90. [English edition: (2010), pp. 29, 35 – 40, 152 – 157]. Hussein (2019), p. 98 f.
  • 186
    Asseburg (2008), p. 86 f. Baumgarten (2006), p. 65 f. Hroub (2011), p. 68. Hussein (2019), p. 98 f. Mustafa (2013), p. 67.
  • 187
    Tamimi (2007 b), p. 155.
  • 188
    Ibid. p. 150.
  • 189
    Achcar (2012), p. 238. [English edition: (2010), p. 252 ].
  • 190
    Hroub (2011), p. 60. [English edition: (2010), p. 29 ].
  • 191
    Achcar (2012), p. 238. [English edition: (2010), p. 252 ].
  • 192
    Seidensticker (2015), p. 90.
  • 193
    Hussein (2019), pp. 98 f. 277 f., and as cited on p. 277.
  • 194
    Hamas (2017).
  • 195
    Asseburg (2021), p. 198.
  • 196
    Baconi (2018), p. 245.
  • 197
    Hussein (2019), p. 105
  • 198
    AlJazeera (2017)
  • 199
    Hroub (2017), p. 102.
  • 200
    Abunimah (2017).
  • 201
    Baumgarten (2019), p. 85.
  • 202
    As cited in Seurat (2019), p. 18.
  • 203
    Baumgarten (2006), pp. 58 - 66.
  • 204
    Hroub (2011), pp. 54 - 60 [English edition: (2010), pp. 23 - 29 ].
  • 205
    Meyer (2009), pp. 94 -125.
  • 206
    Mustafa (2013), pp. 67 - 74, 119 - 122.
  • 207
    Abunimah (2017).
  • 208
    Langthaler (2017).
  • 209
    Seurat (2019), p. 177 f.
  • 210
    Seurat (2019), p. 22, 178 f.
  • 211
    Baumgarten (2006), p. 83.
  • 212
    Abdullah (2020), pp. 34 f., 63, 83 f., 91 f., and as quoted on p. 84.
  • 213
    Baumgarten (2006), p. 85. Abdullah (2020), p. 22 Footnote 106.
  • 214
    Ibid. p. 107. Seurat (2019), p. 95.
  • 215
    Asseburg (2008), p. 90.
  • 216
    Seurat (2019), p. 130.
  • 217
    The Cradle (2022).
  • 218
    Seurat (2019), pp. 96, 99.
  • 219
    Abdullah (2020), p. 195.
  • 220
    Seurat (2019), p. 34.
  • 221
    The Cradle (2022).
  • 222
    Seurat (2019), pp. 96 - 100.
  • 223
    The Cradle (2022).
  • 224
    Seurat (2019), p. 29.
  • 225
    Nassar (2022).
  • 226
    Memri TV (2023).
  • 227
    Reuters (2023).
  • 228
    PressTV (2023).
  • 229
    Seurat (2019), p. 4 f.
  • 230
    Hoekmann (1999), S. 106.
  • 231
    The money is apparently given to Hamas, which then passes it on to the front. (Khalil (2010), p. 102.)
  • 232
    Al‐​Monitor (2013).
  • 233
    Baumgarten (2006), p. 20.
  • 234
    Ibid. p. 74. Filiu (2012), p. 64 f.
  • 235
    Hroub, Khaled: Hamas. Political Thought and Practice, Institute for Palestine Studies (2. Auflage 2002).
  • 236
    Hussein (2019), p. 138 f.
  • 237
    Baumgarten (2006), p. 166.
  • 238
    Baumgarten (2013), p. 156.
  • 239
    Baumgarten (2013), p. 156.
  • 240
    Leopardi (2020), pp. 215 - 217.
  • 241
    Hussein (2019), p. 149.
  • 242
    Hroub (2011), p. 130. [English edition: (2010), p. 85 ].
  • 243
    Ibid.
  • 244
    Leopardi (2020), p. 218.
  • 245
    Hroub (2011), p. 132, [English edition: (2010), p. 92 ].
  • 246
    Resistance News Network (2022).
  • 247
    Wystrychowski (2023), S. 25.
  • 248
    Channel 13 (2024).
  • 249
    Winstanley (2024).
  • 250
    Mondoweiss (2023).
  • 251
    Occupied News (2024).
  • 252
    Narwani /​Inlakesh (2023). Van Wagenen (2023 a). Van Wagenen (2023 b). Van Wagenen (2024).
  • 253
    Hamas (2024).
  • 254
    Baker (2024).
  • 255
    Reinisch (2023 a).
  • 256
    Resistance News Network (2024).
  • 257
    Baumgarten (2006), p. 65.
  • 258
    Felsch (2011), p. 102.
  • 259
    Leukefeld (2023).
  • 260
    Marx21 (2023).
  • 261
    Baconi (2023).
  • 262
    Baumgarten (2006), p. 207 - 226.
  • 263
    Hamas (2017).
  • 264
    Hamas (2024).
  • 265
    Baumgarten (2006), p. 227 – 241.
  • 266
    Mustafa(2013), p. 221 – 224, 229 f.

  • 1
    The only exception I am aware of is Palästina Solidarität Duisburg (2023).
  • 2
    MLPD (2023 a).
  • 3
    Rote Fahne (2022).
  • 4
    Kommunistische Organisation (2023).
  • 5
    Kommunistische Organisation (2020).
  • 6
    Bamen (2023 a). Bamen (2023 b).
  • 7
    The booklets on the topic by both Johansen (1982) and Harman (1994) are worth reading, even if Hamas is not mentioned in either of them.
  • 8
    Baumgarten (2006), p. 10.
  • 9
    Johansen (1982), p. 27. Seidensticker (2015), p. 72.
  • 10
    Baumgarten (2006), p. 11 f.
  • 11
    Gershoni / Nordbruch (2011), p. 219 f.
  • 12
    Baumgarten (2006), pp. 12-14, 18-20.
  • 13
    Ibid. p. 17.
  • 14
    Ibid. pp. 21-28, quote from p. 27.
  • 15
    Arafat himself was probably never a member of the MB, but maintained close contacts with it, fought in its ranks in Palestine in 1948 and was a member or even chairman of organizations close to it.
  • 16
    Baumgarten (2006), p. 29 f.
  • 17
    Ibid. pp. 31-34.
  • 18
    Mustafa (2013), p. 122.
  • 19
    Baumgarten (2013), p. 64.
  • 20
    Ibid. p. 65.
  • 21
    Ibid. p. 66.
  • 22
    Filiu (2012), p. 64.
  • 23
    Flores (2009), p. 95 f.
  • 24
    Baumgarten (2006), pp. 34 – 36, 45, 49 f. Hroub (2011), p. 41 f. [English edition: (2010), p. 11]. Filiu (2012), p. 66.
  • 25
    Robinson (2004), p. 123.
  • 26
    Rashwan (2007), p. 107.
  • 27
    Hussein (2019), p. 76 f. quote p. 76.
  • 28
    Baumgarten (2006), p. 45 f., 48-50.
  • 29
    Ibid. p. 57 f.
  • 30
    Ibid. p. 78.
  • 31
    Ibid. p. 91.
  • 32
    Baumgarten mentions another reason, namely that Israel had no interest in charging the colonial conflict with too much of a religious dimension, which is why there had long been a »hands‐​off tactic« towards mosques (ibid. p. 73), although this is no longer the case today.
  • 33
    Ibid. p. 49.
  • 34
    The fact that Hamas itself denies any rupture in its history and instead presents it as a stringent and harmonious development from Izz ad‐​Din al‐​Qassam through the MB to the present day does not change this. (Filiu (2012), p. 54.)
  • 35
    Baumgarten (2006), p. 76.
  • 36
    Filiu (2012), p. 66.
  • 37
    Kienzler (1996), pp. 17 f., 28 ff., 56.
  • 38
    Halm (1988), pp. 89, 130 f. [English Edition: (2004).]
  • 39
    For a comparison between the Protestant and Salafi Reformation, see Murtaza (2016), p. 106 ff.
  • 40
    Hochgeschwender (2018), p. 84.
  • 41
    Seidensticker (2015), pp. 39-42.
  • 42
    Lohlker (2017), pp. 52-54, 106-112. Seidensticker (2015) pp. 24-27.
  • 43
    Nassar (2022).
  • 44
    Seidensticker (2015), p. 82.
  • 45
    Baumgarten (2006), pp. 20-28. Metzger (2005), pp. 58-63.
  • 46
    AlDailami (2019), p. 67 f. Partrick (2016).
  • 47
    Metzger (2005), pp. 70-73. Seidensticker (2015), p. 75 f.
  • 48
    Ibid. pp. 72-74.
  • 49
    Mustafa (2013), p. 70.
  • 50
    Ziolkowski (2020), pp. 171-74.
  • 51
    Hroub (2011), p. 109 f. [English edition: (2010), p. 75].
  • 52
    Occupied News (2024).
  • 53
    Beaumont (2009).
  • 54
    Issacharoff (2011).
  • 55
    Reed (2015). Staff (2017).
  • 56
    Ynet (2015).
  • 57
    Abuheweila / Kershner (2018).
  • 58
    Leukefeld (2017), p. 183 f.
  • 59
    Nassar (2022).
  • 60
    Seurat (2019), p. 31.
  • 61
    A further text on these and other aspects of the accusation of anti‐​Semitism will soon follow as an aid to argumentation.
  • 62
    Kilani (2021).
  • 63
    Krämer (2011), p. 165.
  • 64
    As quoted in Baumgarten (2006), p. 62.
  • 65
    Ibid.
  • 66
    Krämer (2011), pp. 150-157.
  • 67
    Hafez (2009), p. 175 [English edition: (2010) p. 154]
  • 68
    Lewis (1987) [English Version: (1984)]
  • 69
    Ibid. p. 165 [in German edition].
  • 70
    Flores (2008), p. 153.
  • 71
    Ibid. p. 153 f.
  • 72
    Mustafa (2013), p. 72.
  • 73
    Hafez (2009), p. 180 [English edition: (2010) p. 159].
  • 74
    Hroub (2011), pp. 60, 74 [English edition: (2010) pp. 31, 40 – 41].
  • 75
    Ibid. pp. 55, 69 [English edition: (2010) pp. 27, 35].
  • 76
    Ibid. pp. 60, 69 [English edition: (2010) pp. 29, 37].
  • 77
    Hamas (2017).
  • 78
    Hroub (2011), p. 70 [English edition: (2010) p. 37].
  • 79
    Ibid. p. 68 [English edition: (2010) p. 36].
  • 80
    As quoted in ibid. p. 21 [English edition: (2010) p. xxiii].
  • 81
    MLPD (2023 a). At the same time, in this pathetic declaration, it presents itself in its typical manner as a victim of »anti‐​communist« agitation, while in the same breath, insignificant as it is, it snipes at the strongest force in the Palestinian freedom movement.
  • 82
    MLPD (2023 b).
  • 83
    MLPD (2023 c).
  • 84
    Hamas (1988).
  • 85
    Ibid.
  • 86
    Hroub (2011), p. 130 [English edition: (2010) p. 91].
  • 87
    Baumgarten (2006), p. 59. Hroub (2011), p. 132. [English edition: (2010) p. 92].
  • 88
    Ibid.
  • 89
    Kommunistischer Aufbau (2018 b).
  • 90
    Kommunistischer Aufbau (2018 a).
  • 91
    Kommunistischer Aufbau (2018 b).
  • 92
    Kommunistischer Aufbau (2018 a).
  • 93
    Kommunistischer Aufbau (2021).
  • 94
    Hroub (2011), p. 71 f. [English edition: (2010) p. 38 f.]. Wild (2015), p. 154.
  • 95
    Kommunistischer Aufbau (2023).
  • 96
    Motadel (2017), p. 139 f. [English edition: (2014) p. 112].
  • 97
    Gershoni /​Nordbruch (2011), p. 137 f.
  • 98
    Ibid. p. 288.
  • 99
    Krämer (2022), p. 198 f.
  • 100
    Achcar (2012), pp. 84-86. [English edition: (2010) pp. 83‐85].
  • 101
    Flores (2009), p. 48
  • 102
    Scher (2015).
  • 103
    Motadel (2017), pp. 56 – 58.
  • 104
    Pappe (2017), p. 66 [English edition: (2017) pp. 83‐85].
  • 105
    See: Brenner (2007) [English edition: 1983]. Brentjes (2001). Krammer (2010). Nicosia (2012) [English edition: 2008].
  • 106
    Achcar (2012), pp. 129-131. [English edition: (2010) pp. 131-133].
  • 107
    Zimmer‐​Winkel (1999). With contributions by Gerhard Höpp (former GDR Middle East scholar), Danny Rubinstein (Haaretz), Suleiman Abu Dayyeh (Friedrich Naumann Foundation in Jerusalem) and Wolf Ahmet Aries (Islamic scholar in Kassel).
  • 108
    Achcar (2012), pp. 123-166 [English edition: (2010) pp. 131 f.].
  • 109
    Ibid. p. 157 f., Baumgarten (2006), p. 18.
  • 110
    Croitoru (2007), p. 32.
  • 111
    Achcar (2012), p. 158 [English edition: (2010) p. 163].
  • 112
    Ibid. pp. 158-166 [English edition: (2010) pp. 163-170].
  • 113
    Flores (2009), pp. 48-50.
  • 114
    Krämer (2011), p. 165.
  • 115
    Motadel (2017), p. 57 f.
  • 116
    Pappe (2017), p. 48 [English edition: (2017) p. 66].
  • 117
    Wildangel (2005), p. 115 f.
  • 118
    Ibid. p. 119.
  • 119
    Duden (trans. note: dictionary of standard High German).
  • 120
    Reinisch (2023 b), p. 11 f.
  • 121
    Hack (1983).
  • 122
    Rome Statute (1998).
  • 123
    Hroub (2011), pp. 87-90 [English edition: (2010) pp. 53-56]. Baumgarten (2013), pp. 115, 133 f.
  • 124
    Hamas (2024).
  • 125
    Mamdani (2006), p. 239 [English edition: (2004), Ch. 4].
  • 126
    Ibid. p. 137 [English edition: (2004), Ch.4]
  • 127
    Ibid. p. 305 footnote 294 [English edition: (2004), Ch. 4, footnote 222].
  • 128
    Ministry of Foreign Affairs (2008).
  • 129
    Baumgarten (2006), p. 85.
  • 130
    Singh (2023).
  • 131
    Baumgarten (2006), p. 159 f.
  • 132
    Ibid. p. 160.
  • 133
    Asseburg (2008), p. 87.
  • 134
    Mustafa (2013), pp. 170 – 177.
  • 135
    Baumgarten (2006), p. 55. Flores (1988), pp. 86-88.
  • 136
    Baumgarten (2006), p. 86.
  • 137
    Hamas (1988).
  • 138
    Baumgarten (2006), p. 83.
  • 139
    Hroub (2011), p. 123. [English edition: (2010), p. 83].
  • 140
    Hussein (2019), p. 139-149.
  • 141
    Baumgarten (2013), p. 156.
  • 142
    Hajjaj (2023).
  • 143
    Khalil (2010), p. 102.
  • 144
    Baumgarten (2013), p. 164.
  • 145
    Ibid. p. 193.
  • 146
    Baconi (2018), p. 223 f.
  • 147
    Asseburg (2021), p. 198 f.
  • 148
    Poppe (2021).
  • 149
    Baumgarten (2021), p. 158.
  • 150
    Baumgarten (2013), p. 152.
  • 151
    Ibid. p. 156
  • 152
    Asseburg (2008), p. 89.
  • 153
    Ibid. p. 90.
  • 154
    Baumgarten (2013), p. 159.
  • 155
    Asseburg (2008), p. 90. Baumgarten (2013), p. 162 f.
  • 156
    Asseburg (2008), p. 91.
  • 157
    Baconi (2018), p. 124.
  • 158
    Baumgarten (2013), p. 163.
  • 159
    Ibid. pp. 163-166.
  • 160
    Baumgarten (2006), p. 92.
  • 161
    Ibid. p. 93.
  • 162
    Ibid. p. 94.
  • 163
    Ibid. pp. 97-101.
  • 164
    Wild (2015), pp. 17-19.
  • 165
    Mustafa (2013), p. 130 f.
  • 166
    Hamas (2017).
  • 167
    Mustafa (2013), p. 132.
  • 168
    Bamen (2023 b). Wild (2015), p. 139.
  • 169
    Pappe (2007), pp. 58, 61. [English edition (2011), pp. 57 – 61].
  • 170
    Bamen (2023 b).
  • 171
    Ibid.
  • 172
    Asseburg (2008), p. 86 f. Baumgarten (2006), p. 189. Flores (2009), p. 96. Künzl (2008), p. 120 f.
  • 173
    Flores (2009), p. 96.
  • 174
    Asseburg (2008), p. 86 f.
  • 175
    Baumgarten (2006), p. 58.
  • 176
    Felsch (2011), p. 106.
  • 177
    Hroub (2011), pp. 55, 68. [English edition: (2010), pp. 24, 36 ].
  • 178
    Meyer (2009), p. 95 f.
  • 179
    Mustafa (2013), p. 67.
  • 180
    Ziolkowski (2020), p. 131.
  • 181
    Hroub (2011), p. 55. [English edition: (2010), p. 24].
  • 182
    Baumgarten (2024).
  • 183
    Baumgarten (2006), pp. 58, 198 footnote 47.
  • 184
    Felsch (2011), p. 106.
  • 185
    Asseburg (2008), p. 87. Hroub (2011), S. 60, 69, 185 – 90. [English edition: (2010), pp. 29, 35 – 40, 152 – 157]. Hussein (2019), p. 98 f.
  • 186
    Asseburg (2008), p. 86 f. Baumgarten (2006), p. 65 f. Hroub (2011), p. 68. Hussein (2019), p. 98 f. Mustafa (2013), p. 67.
  • 187
    Tamimi (2007 b), p. 155.
  • 188
    Ibid. p. 150.
  • 189
    Achcar (2012), p. 238. [English edition: (2010), p. 252 ].
  • 190
    Hroub (2011), p. 60. [English edition: (2010), p. 29 ].
  • 191
    Achcar (2012), p. 238. [English edition: (2010), p. 252 ].
  • 192
    Seidensticker (2015), p. 90.
  • 193
    Hussein (2019), pp. 98 f. 277 f., and as cited on p. 277.
  • 194
    Hamas (2017).
  • 195
    Asseburg (2021), p. 198.
  • 196
    Baconi (2018), p. 245.
  • 197
    Hussein (2019), p. 105
  • 198
    AlJazeera (2017)
  • 199
    Hroub (2017), p. 102.
  • 200
    Abunimah (2017).
  • 201
    Baumgarten (2019), p. 85.
  • 202
    As cited in Seurat (2019), p. 18.
  • 203
    Baumgarten (2006), pp. 58 - 66.
  • 204
    Hroub (2011), pp. 54 - 60 [English edition: (2010), pp. 23 - 29 ].
  • 205
    Meyer (2009), pp. 94 -125.
  • 206
    Mustafa (2013), pp. 67 - 74, 119 - 122.
  • 207
    Abunimah (2017).
  • 208
    Langthaler (2017).
  • 209
    Seurat (2019), p. 177 f.
  • 210
    Seurat (2019), p. 22, 178 f.
  • 211
    Baumgarten (2006), p. 83.
  • 212
    Abdullah (2020), pp. 34 f., 63, 83 f., 91 f., and as quoted on p. 84.
  • 213
    Baumgarten (2006), p. 85. Abdullah (2020), p. 22 Footnote 106.
  • 214
    Ibid. p. 107. Seurat (2019), p. 95.
  • 215
    Asseburg (2008), p. 90.
  • 216
    Seurat (2019), p. 130.
  • 217
    The Cradle (2022).
  • 218
    Seurat (2019), pp. 96, 99.
  • 219
    Abdullah (2020), p. 195.
  • 220
    Seurat (2019), p. 34.
  • 221
    The Cradle (2022).
  • 222
    Seurat (2019), pp. 96 - 100.
  • 223
    The Cradle (2022).
  • 224
    Seurat (2019), p. 29.
  • 225
    Nassar (2022).
  • 226
    Memri TV (2023).
  • 227
    Reuters (2023).
  • 228
    PressTV (2023).
  • 229
    Seurat (2019), p. 4 f.
  • 230
    Hoekmann (1999), S. 106.
  • 231
    The money is apparently given to Hamas, which then passes it on to the front. (Khalil (2010), p. 102.)
  • 232
    Al‐​Monitor (2013).
  • 233
    Baumgarten (2006), p. 20.
  • 234
    Ibid. p. 74. Filiu (2012), p. 64 f.
  • 235
    Hroub, Khaled: Hamas. Political Thought and Practice, Institute for Palestine Studies (2. Auflage 2002).
  • 236
    Hussein (2019), p. 138 f.
  • 237
    Baumgarten (2006), p. 166.
  • 238
    Baumgarten (2013), p. 156.
  • 239
    Baumgarten (2013), p. 156.
  • 240
    Leopardi (2020), pp. 215 - 217.
  • 241
    Hussein (2019), p. 149.
  • 242
    Hroub (2011), p. 130. [English edition: (2010), p. 85 ].
  • 243
    Ibid.
  • 244
    Leopardi (2020), p. 218.
  • 245
    Hroub (2011), p. 132, [English edition: (2010), p. 92 ].
  • 246
    Resistance News Network (2022).
  • 247
    Wystrychowski (2023), S. 25.
  • 248
    Channel 13 (2024).
  • 249
    Winstanley (2024).
  • 250
    Mondoweiss (2023).
  • 251
    Occupied News (2024).
  • 252
    Narwani /​Inlakesh (2023). Van Wagenen (2023 a). Van Wagenen (2023 b). Van Wagenen (2024).
  • 253
    Hamas (2024).
  • 254
    Baker (2024).
  • 255
    Reinisch (2023 a).
  • 256
    Resistance News Network (2024).
  • 257
    Baumgarten (2006), p. 65.
  • 258
    Felsch (2011), p. 102.
  • 259
    Leukefeld (2023).
  • 260
    Marx21 (2023).
  • 261
    Baconi (2023).
  • 262
    Baumgarten (2006), p. 207 - 226.
  • 263
    Hamas (2017).
  • 264
    Hamas (2024).
  • 265
    Baumgarten (2006), p. 227 – 241.
  • 266
    Mustafa(2013), p. 221 – 224, 229 f.

Palästina sagt: „Ich war, ich bin, ich werde sein!“ Ein Jahr Al-Aqsa-Flut 

0

Heute vor einem Jahr erhob sich der Widerstand im Gazastreifen, um aus dem Freiluftgefängnis auszubrechen. Um den Mythos der Unbesiegbarkeit Israels zu widerlegen. Um die Welt daran zu erinnern, dass es die Palästinenser noch gibt. Um den einhundertjährigen Krieg in Palästina in seine hoffentlich letzte Phase zu führen. 

Die „Ordnung“ vor der Flut

Die Geschichte Palästinas begann nicht am 7. Oktober 2023. Das erklären wir seit nunmehr einem Jahr. Aber es ist wichtig, dass wir es uns auch immer wieder selbst klar machen. Denn zum einen gilt es, aus der Geschichte zu lernen: Aus der Geschichte des mehr als hundert Jahre andauernden Befreiungskampfs der Palästinenser, wie auch aus der der zahllosen anderen Befreiungskämpfe in der Welt. Zum anderen müssen wir uns aber auch in Erinnerung rufen, wie es vor dem 7. Oktober war. 

Denn angesichts der aktuellen Lage – des schier unbegreiflichen Leids der Menschen in Gaza, der Massaker, die nun auch das libanesische Volk treffen, der Ermordung verschiedener palästinensischer und libanesischer Führer, der immer neuen Eskalationen Israels gegenüber seinen Nachbarn, des Ausbleibens eines Aufstands in der Westbank – scheint es genug Gründe zu geben, den Mut sinken zu lassen.  

Doch was war vor dem 7. Oktober? In Palästina herrschte „Ordnung“. Die „Ordnung“ der Zionisten, die „Ordnung“ der schleichenden ethnischen Säuberung, die „Ordnung“ des langsamen Genozids, eine „Ordnung“, in der im Schnitt jeden Tag ein Palästinenser von der Besatzungsarmee ermordet wurde. Und es gelang den Zionisten und ihren imperialistischen Verbündeten sogar, diese „Ordnung“ auf die gesamte Region zu übertragen: Immer mehr arabische Länder „normalisierten“ ihre Beziehungen mit dem Siedlerregime.

Der Widerstand in der Westbank, der zunehmend wieder bewaffnet agierte, war zwar in der Lage, die „Ordnung“ im Westjordanland zu stören, aber nicht, diese regionale „Ordnung“ in ihren Grundfesten zu erschüttern. Dieser Widerstand war zwar mehr als nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber um das Fundament dieser „Ordnung“ wegzuspülen, brauchte es eine Flut. 

Palästina nach der Flut

Diese Flut kam am 7. Oktober. Und sie stürzte das zionistische Regime in eine noch nie dagewesene Krise, die alle Ebenen umfasst: innenpolitisch, außenpolitisch, ökonomisch, militärisch und moralisch. Israels Siege in der Vergangenheit waren „Blitzkriegsiege“. Einen Abnutzungskrieg, wie er seit nun einem Jahr herrscht, kann sich die zionistische Entität dagegen nicht leisten. Das sehen wir aktuell: Das Siedlerregime bröckelt an allen Ecken und Enden. 

Mehr als 46.000 Unternehmen sind seit Oktober bankrott gegangen, genau wie der einzige israelische Hafen am Roten Meer; der Tourismus ist komplett zusammengebrochen, israelische Anleihen sind nichts mehr wert und im Juni hat der Intel-Konzern eine 25-Milliarden-Dollar-Investition zurückgezogen.1 Zuletzt wurde Israels Kreditwürdigkeit erneut herabgestuft;2 die Ratingagentur Moody’s warnt nun vor „erhöhtem Ausfallrisiko“.3 Außerdem ist die Stromversorgung nicht mehr gesichert, seit Kolumbien als größter Kohlelieferant Israels angekündigt hat, seinen Export zu stoppen, bis der Genozid in Gaza endet.4 Die Landwirtschaft und der Bausektor leiden extrem unter dem Mangel billiger Arbeitskräfte aus der Westbank und dem asiatischen Ausland.5 Derweil kostete der Krieg laut israelischen Ökonomen bereits im August mehr als 67 Milliarden US-Dollar.6

Laut Umfragen denkt ein Viertel der Siedlerbevölkerung ernsthaft über eine Auswanderung nach. Jüngste Berichte sprechen von bis zu 1 Million Siedlern, die das Land seit Oktober verlassen haben,7 was 15 Prozent der jüdisch-israelischen Bevölkerung entspräche. Anderen Umfragen zufolge wollen 80 Prozent der im Ausland lebenden Israelis nicht nach Palästina zurückkehren.8 Hinzu kommen etwa 200.000 Binnenflüchtlinge aus dem Norden und der Umgebung des Gazastreifens.9 Die aus all den Widersprüchen und Problemen des Kolonialsystems entstehenden gesellschaftliche Spaltungen finden ihren Ausdruck in regelmäßigen Protesten und Straßenschlachten der Siedlerbevölkerung und Anfang September in einem Generalstreik der zionistischen „Gewerkschaft“ Histadrut. Diese Polarisierung wurde dadurch weiter verschärft, dass mittlerweile auch ultraorthodoxe Juden zum Militär eingezogen werden sollen. Allerdings verweigern bisher mehr als 93 Prozent der einberufenen Haredim den Wehrdienst.10

Offiziell wurden seit dem 7. Oktober 700 sich im Dienst befindliche IOF-Soldaten getötet, wobei diese Zahl vielen als deutlich zu niedrig gilt.11 15.000 wurden offiziell in Gaza verletzt12 und 5.000 an der libanesischen Grenze.13 Allerdings herrschen seit nun über einem Monat, seit die Hisbollah Ende August eine Vergeltungsoperation durchgeführt hat, verschärfte Zensur in Israel, vor allem an der Nordfront. Demgegenüber berichtete CNN, dass Israel bisher lediglich drei von 24 Kampfbataillonen der Hamas nachhaltig zerschlagen habe.14 Auch die Hisbollah musste zwar extrem empfindliche Schläge einstecken, stellt aber nach wie vor ihre hohe Kampfmoral und -fähigkeit unter Beweis – und hält gleichzeitig noch immer ihre höher entwickelten Waffen taktisch zurück.15 Die Ansarullah im Jemen und die Widerstandsmilizen im Irak trotzen derweil den bislang eher sporadischen Angriffen Israels, der USA und ihrer Alliierten und setzen ihre teils spektakulären Operationen gegen Israel mittels Raketen und Drohnen fort.

Die Welt nach der Flut

Der Befreiungskampf der Palästinenser hatte schon immer auch eine regionale und globale Bedeutung: Ähnlich wie im Fall des Apartheidregimes in Südafrika oder des US-Völkermords in Vietnam hält Palästina der ganzen Welt den rassistischen, kolonialistischen und imperialistischen Charakter des Westens vor Augen. Bis an die Zähne bewaffnete weiße „Herrenmenschen“ massakrieren und vertreiben ein militärisch, technisch und ökonomisch unterlegenes Volk und erhalten dafür volle Unterstützung aus Europa und Nordamerika. Das ist der Grund, weshalb den Palästinensern, die häufig nichts hatten, außer ihrer überlegen Moral und ihrem Kampfgeist, die Solidarität aller unterdrückten und fortschrittlichen Menschen der Welt gilt.

Die sog. Palästinafrage war zudem der Kern des sog. Nahostkonflikts, der ursprünglich den Jahrzehnte andauernden Kampf der arabischen Länder gegen den zionistischen Kolonialismus und Expansionismus bezeichnete – bis immer mehr arabische Regime ihre Beziehungen zu Israel „normalisierten“. Doch mit dieser „Normalisierung“ ist es jetzt vorbei! Selbst die reaktionärsten Despoten in der Region müssen vor dem Zorn ihrer Völker, die geschlossen hinter den Palästinensern stehen, zittern und entsprechende Zugeständnisse machen. Zudem hat sich seit dem 7. Oktober gezeigt, dass sich in der Region tatsächlich eine Achse des Widerstands formiert hat, die von Gaza und den Widerstandsnestern in der Westbank in den Libanon, nach Syrien, in den Irak und bis nach Jemen und Iran reicht.

Gleichzeitig fiel der Aufstand vom 7. Oktober in eine Zeit, da die Macht des westlichen Imperialismus bröckelt und er bemüht ist, sein Weltreich zusammenzuhalten. Für die Imperialisten kam die Al-Aqsa-Flut zu einer Unzeit: Während die USA damit haderten, ob sie gleichzeitig Krieg gegen Russland und China führen könnten oder ob sie lieber die Ukraine zugunsten Taiwans fallen lassen sollten, brach ihre jahrelang durch „Normalisierung“ und Dollar-Diplomatie auf dem Rücken der Palästinenser errichtete „Ordnung“ im Nahen Osten von einem Tag auf den anderen in sich zusammen.

Palästina und die gesamte Region sind damit objektiv zu einer heißen Front im aktuellen großen Krieg zur Niederringung der 500 Jahre alten westlichen Weltherrschaft geworden, neben der Ukraine, dem Pazifik und Westafrika. Das heißt nicht, dass die Akteure – der palästinensische Widerstand, die Achse des Widerstands, Russland, China und die Allianz der Sahelstaaten – sich bisher auch subjektiv als eine solche anti-westliche und antiimperialistische Front verstehen. Auch wenn es eine zunehmende Zahl bilateraler Ansätze in Form von gegenseitigem militärischem, wirtschaftlichem und politischem Beistand zwischen verschiedenen Akteuren gibt und mit BRICS auch einen multilateralen Ansatz, der zuletzt immer attraktiver für viele wird, gibt es nach wie vor auch große Unterschiede, zahlreiche Interessengegensätze oder schlicht kaum konkrete Berührungspunkte. 

Deutschland nach der Flut

Und doch: Die Al-Aqsa-Flut hat Palästina weltweit wieder auf die Tagesordnung gesetzt, auch hierzulande. Schon vor dem 7. Oktober war die Repression gegen die Aktiven der Palästinasolidarität in der BRD vollkommen unverhältnismäßig. Doch der Gaza-Aufstand hat eine Welle der rassistischen Hysterie und der Repressionswut ausgelöst, die dieses Land seit Jahrzehnten nicht mehr erleben musste und die die meisten in ihrem Ausmaß überrascht haben dürfte. 

Wieso? Weil die deutsche Staatsräson in Form der bedingungslosen Solidarität mit dem Kolonialprojekt in Palästina einen elementaren Bestandteil der gegenwärtigen staatsoffiziellen Legitimierungsideologie des deutschen Imperialismus darstellt: „Nie wieder Auschwitz“ aus dem Mund der herrschende Klasse in Deutschland bedeutet: „Nie wieder Krieg ohne uns!“ Bedeutet: „Am neuen deutschen Wesen soll die Welt genesen!“ Bedeutet: „Unser Platz an der Sonne heißt Israel“. 

Wie schon die russische Militärintervention in der Ukraine so ist auch der Gaza-Aufstand gleichzeitig ein Ausdruck und ein weiterer Impuls der akuten Krise des Imperialismus, die die alte Welt„ordnung“ hoffentlich endlich beenden und zugleich den nationalen Befreiungsbewegungen und den revolutionären Kräften in der ganzen Welt neue Freiräume verschaffen wird und jetzt schon verschafft. Und wie schon der Ukraine-Krieg so zwingt auch der Gaza-Genozid die fortschrittlichen und Friedenskräfte sowie die breite Bevölkerung in Deutschland, sich zu dieser Entwicklung zu verhalten. 

Das Ergebnis ist so durchwachsen, wie man es angesichts der Zustände in diesem Land erwarten konnte: Eine breite, alle Bevölkerungsteile ergreifende Solidaritätsbewegung mit den Palästinensern blieb bislang aus. Auch gibt es derzeit offensichtlich nur eine geringe Schnittmenge zwischen jenen, die gegen den Ukraine-Krieg auf die Straße gehen, und denjenigen, die gegen den Gaza-Genozid protestieren. Trotzdem wurden und werden noch immer ganze Massen an Menschen durch die Bilder und Berichte aus Palästina und nun auch aus dem Libanon aufgerüttelt, auf die Straße getrieben und viele haben auch die Notwendigkeit der Organisierung erkannt, wodurch zahlreiche neue Palästinagruppen entstanden sind. Auch hier wanken die Ruhe und „Ordnung“ der Herrschenden. 

Die politische Linke positioniert sich zudem insgesamt besser und klarer als im Ukraine-Krieg. Einerseits ist es leichter, die Palästinenser als Opfer des zionistischen Kolonialismus zu erkennen denn Russland als Opfer des westlichen Imperialismus. Andererseits darf man die anhaltende Solidarität angesichts der massiven Hetze und Repression auch nicht geringschätzen: Trotz der weitverbreiteten problematischen Positionen, etwa in Bezug auf die islamischen Akteure, widersteht die linke Palästinabewegung insgesamt dem Distanzierungs- und Spaltungsdruck der Herrschenden in Deutschland. Das gilt allerdings nicht für die Palästinabewegung insgesamt. Und auch ihre Zersplitterung ist noch immer gravierend.

Fassen wir zusammen: Die Al-Aqsa-Flut hat uns als Solidaritätsbewegung herausgefordert und sie fordert uns noch immer. Wir haben insofern „bestanden“, als wir nach wie vor ungebrochen in unserer Solidarität sind, seit einem Jahr auf die Straße gehen, den Herrschenden und ihren Schlägern die Stirn bieten, dem Schweigen und den Lügen lauthals widersprechen. Viele Akteure haben zudem ihre politischen Positionen zu Palästina angesichts der ihnen aufgezwungenen Auseinandersetzung revidiert, geschärft und verbessert. 

Darüber hinaus wurden wir auch dazu gezwungen, den Kampf zur Verteidigung unserer eigenen Grundrechte verstärkt auf die Tagesordnung zu setzen. Uns muss klar werden: Die positive Entwicklung auf der internationalen Bühne, nämlich die globale Schwächung der imperialistischen Welt„ordnung“, wird für uns, die wir hier in den imperialistischen Zentren leben und kämpfen, zunehmend verschärftere Bedingungen bedeuten. Was wir seit Oktober 2023 erleben, dürfte nur ein Vorgeschmack sein. 

Damit kommen wir auch zu unseren eigenen Grenzen, die uns die Al-Aqsa-Flut aufgezeigt hat: Es fehlt der Palästina-, der Friedens, der linken und kommunistischen Bewegung an Einheit und vor allem an einer einheitlichen Strategie. Das gilt sowohl für die Frage, wie Solidarität überhaupt auszusehen hat, wie wir dahin kommen, eine Solidarität zu entwickeln, deren Effekte bei den Menschen in Palästina ankommen. Als auch für den Kampf gegen den Demokratieabbau, der unsere Solidaritätsarbeit so gravierend einschränkt. Die Aufgabe, diese Fragen zu beantworten, hat der 7. Oktober uns konkret gestellt.  

Die Verdammten dieser Erde rufen zum letzten Gefecht

Wir wissen nicht, ob der 7. Oktober tatsächlich den Anfang vom Ende des Siedlerkolonialismus in Palästina markiert, wie es ein Genosse von der Palästinensischen Kommunistischen Partei vorausgesagt hat. Nach einem Jahr des Bangens, des Leidens und des Kämpfens sollten wir uns allerdings klar machen: Es ist schlimm und es wird vermutlich noch schlimmer werden. Wer am 7. Oktober 2023 dachte, dass Palästina in einem Jahr frei sein würde, wurde eines Schlechteren belehrt. Wer auf das schnelle, direkte großangelegte militärische Eingreifen von Libanon, Iran oder anderen Staaten hoffte, wurde genauso enttäuscht wie all jene, die auf die UNO und die „internationale Gemeinschaft“ gesetzt haben. 

Das vergangene Jahr war ein Auf und Ab der Emotionen: Auf Überwältigung und Freude folgten schnell Schock und Entsetzen, auf kämpferischen Trotz folgten Angst und Enttäuschung. Wir müssen die Lektion lernen: Die Phase, die der 7. Oktober eingeleitet hat, wird eine des langanhaltenden Befreiungskrieges sein, eines langsam eskalierenden Zermürbungs- und Abnutzungskriegs. Dabei werden – aufgrund der Natur dieses kolonialen Krieges – weiterhin in aller erster Linie Palästinenser und andere Araber sterben. Und: Es wird eine harte Zeit voller Erfolge und Rückschläge, voller Hoffnung und Freude und voller Niedergeschlagenheit, Trauer, Angst und Wut, voller Ungewissheit und Unsicherheit, voller Lügen und Gerüchte sein.

Der 7. Oktober war das Ergebnis einer unerträglichen Zuspitzung der Widersprüche in der Region. Er war eine Antwort auf den Verrat der palästinensischen Führung in Ramallah und zahlreicher arabischer und muslimischer Länder. Er war ein Aufschrei angesichts der Ignoranz der Welt. Er war der wütende Versuch eines unterdrückten und militärisch unterlegenen Volkes, aufzuzeigen, dass sein Unterdrücker nicht allmächtig ist. Und in diesem Sinne war er bereits erfolgreich: Der 7. Oktober hat bewiesen, dass die „Ordnung“ der Zionisten auf Sand gebaut ist. Gaza ist losmarschiert und hat die alte Parole des revolutionären Kuba in die Welt hinausgeschrien: „Vaterland oder Tod!“ Palästina hat sich erhoben und vor aller Augen verkündet: „Ich war, ich bin, ich werde sein!“ 

  1. https://mondoweiss.net/2024/07/the-end-of-israels-economy/ ↩︎
  2. https://thecradle.co/articles/sp-joins-moodys-in-downgrading-israel-credit-rating ↩︎
  3. https://www.deltavalue.de/moodys-rating/ ↩︎
  4. https://mondoweiss.net/2024/07/the-end-of-israels-economy/ ↩︎
  5. https://www.jungewelt.de/artikel/480919.versch%C3%A4rfte-ausbeutung-israel-wirbt-indische-arbeiter-an.html ↩︎
  6. https://www.aa.com.tr/en/economy/israeli-war-costs-economy-over-673-billion-economists/3304597 ↩︎
  7. de.irna.ir/news/85571472/ ↩︎
  8. https://thecradle.co/articles-id/23976 ↩︎
  9. https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/547184/sechs-monate-nach-dem-angriff-der-hamas-auf-israel-chronologie-des-kriegsgeschehens/ ↩︎
  10. https://thecradle.co/articles/only-70-out-of-1100-ultra-orthodox-jews-complied-with-draft-orders-israeli-army ↩︎
  11. https://t.me/almayadeenenglish/4395 ↩︎
  12. https://thecradle.co/articles/israel-recalls-15000-reservists-as-casualties-in-gaza-mount ↩︎
  13. https://thecradle.co/articles/israeli-hospitals-record-over-5000-wounded-in-fight-against-hezbollah ↩︎
  14. https://edition.cnn.com/interactive/2024/08/middleeast/gaza-israel-hamas-battalions-invs-intl/ ↩︎
  15. https://occupiednews.com/militaerische-analyse-was-macht-hisbollah ↩︎

Teilnehmer und Bühne getrennt – Friedensdemonstration in Berlin

0

Gemeinsam mit vielen anderen Gruppen und Aktiven hatten wir uns für die Friedensdemonstration am 3. Oktober in Berlin das Ziel gesetzt, Palästina sichtbar zu machen. Deutschlandweit bleibt es bislang die Ausnahme, dass sich diejenigen, die aktiv sind gegen die deutsche Aufrüstung und den Krieg der NATO gegen Russland und diejenigen, die seit über einem Jahr mit einem hohen Maß an Aktivität gegen den Völkermord in Palästina auf die Straßen gehen, miteinander verbinden. Nicht zuletzt liegt das an den Äußerungen von Vertretern der Linkspartei oder des BSW, die, wenngleich sie Waffenlieferungen an Israel ablehnen, gebetsmühlenartig die Mär vom Terror der Palästinenser wiederholen.

Unser Ziel war es bei der Demo, die von den traditionellen Kräften der Friedensbewegung organisiert wurde, die Solidarität mit Palästina lautstark hineinzuholen. Das ist gelungen! Mit unserem Transparent „NATO treibt Krieg & Völkermord! Solidarität mit Donbass & Gaza!“ schlossen wir uns einem großen und wahrnehmbaren Block der Palästina-Solidaritätsbewegung an. 

Auf der Abschlusskundgebung staunten viele Teilnehmer des Palästina-Blocks allerdings nicht schlecht über die dargebotenen Redebeiträge. Eine kleine Auswahl an Zitaten begründet wohl, warum sich viele Teilnehmer aus dem Palästina-Block das Spektakel nicht bis zuletzt anhören wollten, und wütend den Platz verließen.

Ralf Stegner (Teil der kriegsführenden SPD-Regierung!), der allen Ernstes behauptete, die SPD war und sei auch gegenwärtig Teil der Friedensbewegung: „Wir hatten einen schrecklichen Terroranschlag im letzten Jahr. […] Gerade wir Deutschen wissen, wir müssen Israels Sicherheit schützen und uns gegen Antisemitismus wenden und gegen Terrorismus. Und Antisemitismus ist auch in Deutschland nicht zu ertragen. Und man kann nicht jubeln, wenn Raketen gefeuert werden auf Israel. […] Die europäische Diplomatie hat hier versagt.“

Sahra Wagenknecht (BSW) entschloss sich, den Völkermord mit keiner Silbe zu erwähnen und stattdessen den Widerstand Palästinas zu delegitimieren: „Ja, der islamistische Terrorismus, der ist eine Gefahr. Die Massaker der Hamas, die waren abscheulich. Und wenn Menschen jubeln, wenn der Iran Raketen nach Israel schießt, dann ist das menschenverachtend, das sage ich ganz deutlich an dieser Stelle.“ Und: „Terroristen werden durch Terror nicht gestoppt und durch Krieg, sondern sie werden stärker, wenn das Blut fließt. Weil genau das schürt den Hass, den die Terroristen brauchen.“

Aber auch die Gegner des NATO-Krieges gegen Russland haben ihre Klatsche bekommen.

Wieder zunächst Ralf Stegner: „Wir haben in der Ukraine einen russischen Angriffskrieg, der jeden Tag Tod und Zerstörung bringt. […] Und die Ukraine hat ein Recht auf Selbstverteidigung. Und die deutsche Unterstützung der Ukraine ist humanitär, sie ist politisch, und sie ist auch militärisch. Dass da Luftabwehr geschickt wird, das rettet jeden Tag Leben.“ 

Wagenknecht richtete an die Adresse Putins: „Es ist für mich jeder Politiker ein Verbrecher, der einen Krieg beginnt.“  

Darüber hinaus nutzte Wagenknecht den Moment, um das Ende des Sozialismus in Europa zu bejubeln: „Wir sind ja heute hier am dritten Oktober. […] An so einem Tag möchte ich auch, dass wir noch einmal mit Dankbarkeit an Michail Gorbatschow denken, der diese Wiedervereinigung immerhin ermöglicht hat. Der damals den Umbruch in ganz Osteuropa ermöglicht hat.“ 

Peter Gauweiler (CSU) und Gesine Lötzsch (Linke) beließen es vornehmlich bei allgemeinen Appellen für Diplomatie und Abrüstung, wobei auch Gauweiler klar machte: „Jeder weiß, dass Russland nicht zu den Waffen hätte greifen dürfen.“ Während Lötzsch betonte, dass das Geld, das die Rüstungsindustrie mit Kriegen verdient, für Bildung und Umwelt besser aufgehoben wären, drängte Gauweiler auf das Einhalten des Gründungsversprechens, die Bundeswehr nur für die Verteidigung einzusetzen, und hatte lobende Worte für Franz Josef Strauß (CDU) und Helmut Kohl (CDU) im Gepäck.

Der politische schärfste Beitrag von Iris Hefets (Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost) und Nadija Samour (palästina-solidarische Anwältin) wurde ganz am Ende platziert, als viele Teilnehmer die Kundgebung bereits verlassen hatten. Wohl auch, um die prominenten Vorredner nicht allzu sehr in Verlegenheit zu bringen. Hefets brachte die instrumentelle und sinnentleerte Verwendung des Antisemitismus-Vorwurfs auf den Punkt: „Die Solidarität mit dem um sich bombenden Israel ermöglicht es Deutschen mit Nazihintergrund, Nachfahren von Holocaust-Überlebenden als Antisemiten zu diffamieren, wenn sie Israels Besatzungsregime als Apartheid und Israels Kriegsverbrechen als Genozid benennen.“ Samour betonte unter anderem, wie Demokratieabbau, rassistische Migrationspolitik und imperiale Interessen Hand in Hand gehen: „Innen- und Außenpolitische Interessen verschmelzen beim Thema Palästina, weil man jede Saite rassistischer und imperialistischer Politik nach Belieben spielen kann.“

Mit der Absicht über die Auswahl prominenter Redner eine breite Beteiligung und viel Öffentlichkeit herzustellen, wurde die Vernebelung der Hintergründe der Kriege in der Ukraine und in Palästina erkauft und die NATO als Aggressor aus der Schusslinie genommen. Stegner und Gauweiler, aber ebenso auch Lötzsch fungieren als Feigenblätter von Parteien, die die Kriegspolitik der NATO und Israels befeuern oder decken. Dass die Palästinenser einen gerechten Kampf um Befreiung führen und dass Russland auf die Aggression der NATO reagiert, wurde von den herrschenden Narrativen des „Terrors“ und des „Angriffskrieges“ verwässert und verdreht. Was bleibt ist die vage Forderung nach mehr Diplomatie in der Ukraine und in Palästina und die Ablehnung der Stationierung von US-Mittelstreckenraketen. Das ist angesichts des aggressiven Dauerbeschusses der Kriegstreiber natürlich schon etwas. Aber das Kalkül einer politisch möglichst breiten Friedensbewegung ist ein Trugschluss, wenn dabei der Gegner aus der Schusslinie gerät. Tatsächlich wird die Friedensbewegung gespalten, indem solche Positionen und Kräfte integriert werden. Am 3. Oktober zeigte sich das am frustrierten Verlassen einiger Teile des Palästina-Blocks ganz konkret. Eine Stärkung der Antikriegsbewegung ist mit Brücken zu herrschenden Narrativen der NATO-Kriegstreiber nicht zu erreichen. Kein kleiner Teil der rund 40.000 Teilnehmer hat mit Pfiffen und Buhrufen gezeigt, dass sie den Wolf im Schafspelz erkennen.

Ohne SED keine DDR

0

Vorwort zur Reihe anlässlich des 75. Jahrestags der Gründung der DDR

Mit der Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 begann ein neues Kapitel deutscher Geschichte.
Wir veröffentlichen anlässlich dieses 75. Jahrestages dieses Dossier mit Artikeln zur SED sowie zum Internationalismus und Antifaschismus in der DDR. Wir wollen diese zentralen Aspekte im ersten deutschen Anlauf zum Sozialismus genauer beschreiben und aufzeigen, welche Bedeutung sie bis heute haben. 

Außerdem wollen wir euch dazu anhalten einen (erneuten) Blick in unseren Episodenfilm „Das andere Leben“ zu werfen. In vier Episoden geben verschiedene Zeitzeugen einen Einblick über Funktionsweise und Entwicklung, Errungenschaften und Widersprüche der DDR. In der ersten Episode geht es um Kindheit, Jugend und Schule, in Episode zwei um Arbeit und Wirtschaft, in der dritten Episode um Demokratie und Zusammenleben und zu guter Letzt, in Episode vier um Kalter Krieg und Konterrevolution. Einschalten lohnt!

Ohne Internationalismus keine DDR: Die internationalistische Politik der DDR ist ein Paradebeispiel für ihre Errungenschaften. In weiten Teilen der Welt, insbesondere in Osteuropa und im Globalen Süden, erinnert man sich sehr positiv an die das sozialistische Deutschland und seine Politik der Völkerfreundschaft. Sie beweist angesichts der fortbestehenden imperialistischen Unterdrückung der Völker der Welt, welchen bedeutenden Weg die DDR ging.

Ohne Antifaschismus keine DDR: Die modernen Massenmedien, ihre Denkfabriken und Stichwortgeber sind mittlerweile Meister darin, jeglichen Dreck auf der DDR abzuladen. Alles nur verordneter Antifaschismus von oben? Sicher nicht! Es wird Zeit, mit den Lügen und Mythen über den DDR-Antifaschismus aufzuräumen. 

Ohne SED keine DDR: Wenn auf die Errungenschaften der DDR hingewiesen wird, wird nur selten die politische Kraft erwähnt die die Arbeiterklasse in dieser Zeit anführte: die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands. Dabei ist es höchste Zeit, sich genauer der SED zu widmen. Welche Rolle spielt sie für uns Kommunisten heute?


Wenn auf die Errungenschaften der DDR hingewiesen wird, wird zu Recht über ihren sozialen Fortschritt, ihren Antifaschismus, ihre Gleichberechtigung oder ihren Internationalismus gesprochen. Für die führende politische Kraft der DDR, die SED, haben selbst Linke meist nur Spott und Abgrenzung übrig. Doch ohne die politische Führung der SED, wären die Errungenschaften, wäre die Entwicklung der DDR und der sozialistische Aufbau nicht möglich gewesen. 

Stellt euch vor, die Macht wird in eure Hände gelegt und ihr müsst die Führung übernehmen. Es dürfte kompliziert werden. Auf welche Bedingungen muss man achten? Wer sind Bündnispartner? Auf welche Hauptkräfte kann man sich stützen? Wie sichert man ab, dass man das Ziel nicht aus den Augen verliert? Wo ist die Grenze vom Kompromiss zum Opportunismus, von der notwendigen pragmatischen Anpassung zur Konterrevolution? Mit militärischer Absicherung gegen den aggressiven Westen, ist die Frage der Macht noch längst nicht entschieden. Es musste darum gehen, die Mobilisierung, die Aktion und das bewusste Handeln der Massen zu schaffen, die wohl wichtigste und schwierigste Aufgabe zur Entwicklung einer tatsächlichen Volksmacht.  Denn ohne die Aktion der Massen keine Macht der Partei – und umgekehrt: ohne Macht der Partei keine bewusste Aktion der Massen. 

Die Massen der Arbeiter und anderen Volksschichten können spontan handeln. Das reicht aber nicht aus, um den Gang der Geschichte in ihrem Sinne zu lenken. Dafür brauchen sie eine Organisation: Die Partei. So weit so klar und in gewisser Hinsicht banal. Und zugleich so umstritten: Die Erkenntnis über die Notwendigkeit der führenden Rolle der Partei, das wussten auch die Gegner der Arbeiterklasse, muss ausgehöhlt und gelöscht werden, wenn man die Macht der Arbeiterklasse brechen will. Daher muss diese grundlegende Einsicht zurecht verteidigt werden. Aber die Inanspruchnahme reicht nicht, denn wenn sie nicht mit konkreter Politik und konkreten, durchdachten und kreativen Aktionen gefüllt wird, gerät sie zur Phrase.

Grau, verknöchert, von den Massen entfernt – so wird die SED in der Geschichtsschreibung des Gegners dargestellt und so beschreiben sie auch viele Linke. Und vielleicht ist das auch für die späte Phase der DDR nicht nur falsch: Wer Berichte von den letzten ZK-Sitzungen liest, kann nur bestürzt sein von der Paralyse, die diese Partei befallen hatte. 

Die SED war aber zweifelsohne die kampfstärkste, größte und politisch erfolgreichste Organisation, die die revolutionäre Arbeiterbewegung in Deutschland bisher hervorgebracht hat. Sie hat eine der größten historischen Leistungen vollbracht: Den Aufbau des Sozialismus in Deutschland. Wir dürfen die DDR nicht von ihrem Ende her denken, sondern von ihrem Entstehen und Wachsen. Dass es sie über so lange Zeit und unter solch schwierigen Bedingungen gab, ist eine historische Leistung, die nicht aus der deutschen Geschichte getilgt werden kann.

Die Vereinigung der KPD in der sowjetischen Besatzungszone mit der SPD zur SED war notwendig, um die Arbeiterbewegung zu vereinen – ohne die Vereinigung hätte der Aufbau des sozialistischen Deutschlands niemals gelingen können. Die Vereinigung wäre auch im Westen notwendig gewesen. Viele Mitglieder beider Parteien wollten sie, wurden aber von den westlichen Besatzungsmächten daran gehindert. Die Vereinigung war ein notwendiger und darüber hinaus auch mutiger Schritt, mit dem natürlich viele Unwägbarkeiten gerade auf ideologischem Terrain einhergingen. Die Vereinigung fand nicht zuletzt im Handeln und durch den Aufbau selbst statt. Wie auch sonst hätten die Kommunisten, die nicht in der Mehrheit waren und sich eventuell sogar gegen eine von der BRD feindlich beeinflussten sozialdemokratischen Kraft hätten wehren müssen, den Aufbau leisten können? Die Genossen der SPD wurden gebraucht und die meisten waren bereit und packten mit an.

Damit begannen erst die komplizierten Aufgaben. Wie die Nazi- und Kriegsverbrecher zur Rechenschaft ziehen? Wie die Monopolkapitalisten enteignen und ihre Macht trockenlegen? Wie die Wirtschaft auch mit Hilfe der kleinen und mittleren Kapitalisten aufbauen, ohne zur Restauration des Kapitalismus zu kommen? Wie die Bauern – auch die mit mehr Land – zur Genossenschaft bringen, ohne Zwang und zugleich mit aktiver Führung, ohne also die Entwicklung sich selbst zu überlassen? Wie die kleinbürgerlichen Schichten der Angestellten, Ingenieure, Intellektuellen und Künstler in ein konstruktives Verhältnis zur neuen Gesellschaft bringen, ohne zu viele Zugeständnisse an ihre Vorstellungen von individueller Freiheit zu machen? Wie die Betriebe zu aktiven, effizienten und produktiven Stätten der sozialistischen Produktion machen, ohne sie in einen falschen Gegensatz zum zentralen Plan bringen zu lassen? 

Es gibt unzählige weitere Fragen, die sich gestellt haben und sich immer wieder stellen werden. Daraus ergibt sich unsere Aufgabe: Wir müssen die Fragen der Zeit verstehen, ebenso wie die Bedingungen und Entwicklungen, die zu diesen Fragen geführt haben. Dann können wir auch begreifen, welche Lösungsvorschläge warum gemacht wurden. Nur so können wir uns annähern, welche Fehler dabei begangen wurden und warum. Denn ohne Fehler, Widersprüche oder Rückschläge wird der Aufbau des Sozialismus nicht ablaufen.

Wenn wir die DDR und ihre Errungenschaften feiern, dann nicht ohne SED. Denn ohne diese Partei wäre der Aufbau nicht möglich gewesen. Wenn wir den Aufbau und Verlauf des Sozialismus also verstehen wollen, müssen wir die Geschichte der SED studieren. Dazu sollten wir mit den Dokumenten, Quellen und Darstellungen der Geschichte der SED selbst beginnen. 

Wir werden als Kommunistische Organisation im nächsten Jahr mit unserem Studiengang zur Geschichte des Kommunismus beginnen und legen diesem die acht Bände der „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“ zugrunde. Das ist kein Zufall: Denn es ist eines der wichtigsten Werke, das die SED verfasst hat und das uns den Zugang zu unserer eigenen Geschichte ermöglicht. 

Auch wenn die eine oder andere Darstellung darin zu glatt geraten ist und Widersprüche auslässt – was angesichts der Taktik des Klassenfeinds, der alle Widersprüche zu nutzen versucht, verständlich ist – müssen wir hier ansetzen: Wir müssen auch die Widersprüche kennen und verstehen, um sie zu lösen. Anstatt also zu vorschnellen und vereinfachten Schlüssen zu kommen, müssen wir tiefer graben. Es gilt einen Schatz zu bergen, der uns erst ermöglichen wird die Schritte für einen erneuten Anlauf zum Sozialismus in Deutschland zu gehen.

Ohne Antifaschismus keine DDR

0

Vorwort zur Reihe anlässlich des 75. Jahrestags der Gründung der DDR

Mit der Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 begann ein neues Kapitel deutscher Geschichte.
Wir veröffentlichen anlässlich dieses 75. Jahrestages dieses Dossier mit Artikeln zur SED sowie zum Internationalismus und Antifaschismus in der DDR. Wir wollen diese zentralen Aspekte im ersten deutschen Anlauf zum Sozialismus genauer beschreiben und aufzeigen, welche Bedeutung sie bis heute haben. 

Außerdem wollen wir euch dazu anhalten einen (erneuten) Blick in unseren Episodenfilm „Das andere Leben“ zu werfen. In vier Episoden geben verschiedene Zeitzeugen einen Einblick über Funktionsweise und Entwicklung, Errungenschaften und Widersprüche der DDR. In der ersten Episode geht es um Kindheit, Jugend und Schule, in Episode zwei um Arbeit und Wirtschaft, in der dritten Episode um Demokratie und Zusammenleben und zu guter Letzt, in Episode vier um Kalter Krieg und Konterrevolution. Einschalten lohnt!

Ohne Internationalismus keine DDR: Die internationalistische Politik der DDR ist ein Paradebeispiel für ihre Errungenschaften. In weiten Teilen der Welt, insbesondere in Osteuropa und im Globalen Süden, erinnert man sich sehr positiv an die das sozialistische Deutschland und seine Politik der Völkerfreundschaft. Sie beweist angesichts der fortbestehenden imperialistischen Unterdrückung der Völker der Welt, welchen bedeutenden Weg die DDR ging.

Ohne Antifaschismus keine DDR: Die modernen Massenmedien, ihre Denkfabriken und Stichwortgeber sind mittlerweile Meister darin, jeglichen Dreck auf der DDR abzuladen. Alles nur verordneter Antifaschismus von oben? Sicher nicht! Es wird Zeit, mit den Lügen und Mythen über den DDR-Antifaschismus aufzuräumen. 

Ohne SED keine DDR: Wenn auf die Errungenschaften der DDR hingewiesen wird, wird nur selten die politische Kraft erwähnt die die Arbeiterklasse in dieser Zeit anführte: die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands. Dabei ist es höchste Zeit, sich genauer der SED zu widmen. Welche Rolle spielt sie für uns Kommunisten heute?


Lügen über den DDR-Antifaschismus

Wer seine jeweilige Internet-Suchmaschine nach Antifaschismus in der DDR befragt, wird schnell feststellen, wie klar hier die Schützengräben reaktionärer Propaganda aufgezogen sind. Die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Bundeszentrale für politische Bildung und die Bundestiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur sind ganz vorne mit dabei, wenn es darum geht, jeglichen Dreck auf der DDR abzuladen. Die moderne Anti-DDR Kulturindustrie wird maßgeblich und vor allem politisch von ihnen geprägt. Der Antifaschismus in der DDR wäre ein „Gründungsmythos“, die „stalinistische Entnazifizierung“ hätte genau wie jegliche antifaschistische Tradition nur als Legitimationsgrundlage der neuen Diktatur gedient. Der Antifaschismus in der DDR sei die Lebenslüge der deutschen Linken, schreibt die Konrad-Adenauer-Stiftung.[1] Schlussendlich wäre der Antifaschismus von oben verordnet und gar ein „identitätsstiftendes SED-Unterdrückungsinstrument“ gewesen. Die Bundeszentrale für politische Bildung setzt noch einen drauf und fragt: „Ist der Rechtsextremismus im Osten ein Produkt der autoritären DDR?“[2]

Die Entstellung des Antifaschismus der DDR erfüllt dabei einen doppelten Zweck. Zum einen wird das Bild der „SED-Diktatur“ genährt, zum anderen sollen die eigenen Kontinuitäten und Verbindungen zwischen dem deutschen Faschismus und der Bundesrepublik überdeckt werden. Die DDR, als das fortschrittliche und antifaschistische Projekt, was sie 40 Jahre lang war, liegt begraben unter den genannten Vorwürfen und Lügen bundesdeutscher Denkfabriken. Ein positiver Bezug auf die DDR und ihren Antifaschismus ist kein Thema mehr. Dabei ist eine Auseinandersetzung mit der antifaschistischen Politik der DDR nicht nur sehr lehrreich, sondern beweist auch umfangreich, welche Zukunftsperspektive bis heute in diesem Anlauf zum Sozialismus liegt.

Eine Entnazifizierung an der Wurzel der Gesellschaft

Walter Ulbricht stellte am 25. Juni 1945 in seiner Rede auf einer KPD-Funktionärskonferenz fest, dass „sich die große Mehrheit des deutschen Volkes als Werkzeug der Naziführer und Rüstungsindustriellen gebrauchen ließ. Hitler konnte sechs Jahre lang sein Kriegsverbrechen durchführen, weil im deutschen Volke die ideologischen Abwehrkräfte gegen die imperialistische und militaristische Ideologie nur ungenügend vorhanden waren, weil das Gift der Raubideologie und militärische Kadavergehorsam tief im Volke stecken.“[3]

In der Sowjetischen Besatzungszone begann auf Basis der Beschlüsse der Potsdamer Konferenz eine antifaschistisch-demokratische Umwälzung. Vorrausetzung für ihren Erfolg war die Einheit der Arbeiterklasse und werktätigen Schichten unter der SED. An die Stelle des zerschlagenen faschistischen Staatsapparates rückte eine antifaschistisch-demokratische Staatsmacht aus Parteien und Massenorganisationen, die sich zur antifaschistischen und demokratischen Umwälzung unter der Führung der Arbeiterklasse bekannten. Diese antifaschistische Ordnung stellte sich die Aufgabe die Wurzel des Faschismus beseitigen. Die Deutsche Verwaltung des Innern erklärte 1947: „Wer heute die frühere NSDAP als Urheber aller Machenschaften ansieht, begeht einen entscheidenden Fehler. Die Gegner sind in den geschlagenen Kräften zu suchen, nämlich Junker, Großaktionäre, Bankiers usw. usf.“[4] So wurden Großgrundbesitzer und Kriegsverbrecher auf Basis von Volksabstimmungen enteignet und die kommunalen Verwaltungen unter Mitarbeit des Volkes in die Hände von Antifaschisten, Demokraten und Widerstandskämpfern gelegt.[5] In vielen Städten hatten sich nach Kriegsende spontan antifaschistische Ausschüsse oder Komitees gegründet, einige arbeiteten schon vorher in der Illegalität. Diese stärkten unter Schirmherrschaft der sowjetischen Militärverwaltung entweder die lokalen Strukturen der FDJ und gingen später in sie über oder wurden in die städtischen Verwaltungen eingesetzt.[6]

Den Enteignungen stimmten 1946 77,7 Prozent der Sachsen zu. Entsprechend dieser Entscheidung wurden im Rahmen der Bodenreform 7.200 Großgrundbesitzer und 4.500 andere Kriegsverbrecher entschädigungslos enteignet. Bis 1948 wurden darüber hinaus 9.200 Betriebe von Kriegsgewinnlern und Naziaktivisten in die Hände des Volkes übergeben und enteignet. Dieser Kampf gegen die Einflüsse und Störversuche der alten reaktionären Klasse die sich nicht geschlagen geben wollte, wurde auch in der Kultur und Bildung hart geführt. 72 Prozent der alten Lehrerschaft gehörten der NSDAP an und mussten aus dem Schuldienst entfernt werden. Um die Erziehung und Bildung weiterhin zu gewährleisten, entstand aus der Initiative der Arbeiterklasse und ihrer Massenorganisationen heraus die Neulehrer-Bewegung. Insgesamt wurden 25.000 junge Arbeiter und Arbeiterinnen in mehrmonatigen Lehrgängen zu Pädagogen ausgebildet. Diese Neulehrer wurden darauf geprüft, ob sie willens und in der Lage waren, die deutsche Jugend im Geiste des Antifaschismus, Humanismus, sowie der Demokratie und Völkerfreundschaft zu erziehen.[7] Diese antifaschistische Ordnung wurde 1949 in die Verfassung der DDR übertragen. Der Artikel 6 machte „die Ahndung von Glaubens-, Rassen-, und Völkerhass als Verbrechen“ zur Pflicht des Staates und auch seiner Bürger.[8]

DDR-Historiker Stefan Doernberg bringt die Rolle der Entnazifizierung wie folgt auf den Punkt: „Obwohl die Entnazifizierung nicht die Hauptmethode der demokratischen Erneuerung der Verwaltungsorgane war, weil leitende Funktionen von Anfang an von Antifaschisten übernommen wurden, trug sie dennoch wesentlich zur endgültigen Zerschlagung des imperialistischen Staatsapparats bei. […] Die völlige politische Entmachtung der faschistisch-
militaristischen Kräfte war ein längerer Prozess, dessen Hauptinhalt die Zerschlagung der imperialistisch-kapitalistischen Staatsmaschine und der Aufbau neuer antifaschistisch-
demokratischer Staatsorgane war.“[9]

Allein bis 1946 entlies man 390.478 ehemalige Nazis aus ihren Stellen und Funktionen in Verwaltung, Justiz, Bildung und vielem mehr. Darüber hinaus ermittelte das Ministerium für Staatssicherheit bis 1990 gegen alte Kriegsverbrecher und Nazis.[10] Bis heute scheitern die bundesdeutschen Medienhäuser daran diese Tatsachen zu leugnen, dafür sprechen sie eine zu klare Sprache. Einzig und allein entscheidend in der Entnazifizierung ist dabei aber nicht die Zahl der Entlassungen oder Verhaftungen, sondern dass die ökonomische und politische Macht des deutschen Monopolkapitals gebrochen wurde, die gesellschaftliche Triebkraft des Faschismus. Deshalb, eben weil er an die Wurzel ging, und die Macht der herrschenden Klasse brach, war und bleibt der Antifaschismus der DDR den herrschenden Kreisen der Bundesrepublik unverzeihlich. Nicht wenige müssen diese Errungenschaften zähneknirschend einräumen. Es bleibt der Vorwurf, die Entnazifizierung wäre von der SED lediglich genutzt worden, um ihre Macht zu sichern. Daraus wurde allerdings nie ein Hehl gemacht.Die Entnazifizierung diente neben der Enteignung und Säuberung dazu Platz zu machen für die Parteien des antifaschistischen Blocks, also auch der SED. Auf Basis der antifaschistisch-demokratischen Umwälzungen und der weitreichenden Entnazifizierungen entstand nicht etwa ein Schlussstrichdenken, sondern eine breite gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Faschismus und somit auch die Fortsetzung des Kampfes gegen ihn.

Aufarbeitung und Entschädigung 

In der DDR fand neben der Auseinandersetzung mit verschiedenen Opfergruppen, eine breite Beschäftigung mit dem Widerstand gegen den Faschismus statt. Der junge Staat wollte ihr Erbe antreten. Zahlreiche Promotionenaber auch kleinere Publikationen zeugen von einer breiten und umfangreichen wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Auseinandersetzung. Publikationen wie „Der SS-Staat“ aus dem Jahr 1947 sammelten hunderte Erlebnisberichte von KZ-Häftlingen. Walter Ulbrichts Buch „Die Legende vom deutschen Sozialismus“ klärte 1946 breite Schichten in der Sowjetischen Besatzungszone über die Lügen und Verbrechen des Faschismus auf. 1958 ergänzte Bruno Apitz mit „Nackt unter Wölfen“ die breite antifaschistische Kinder- und Jugendliteratur und fand mit seiner Publikation Einzug in sämtliche Klassenzimmern der DDR. Auch das man den Massenmord und die Verfolgung der Juden ignoriert und nie aufgearbeitet hätte stimmt nicht. Im Rahmen des Schulunterrichts oder der Jugendweihe besuchten Jugendliche vielfach Konzentrationslager. Zum Völkermord an den europäischen Juden wurden zwischen 1945 und 1990 insgesamt 238 Publikationen Romane, Novellen, Gedichte, usw. verlegt (wissenschaftliche Literatur ausgenommen).[11] Darüber hinaus setzten sich 1.086 Publikationen von DDR-Verlagen mit jüdischer Geschichte, Religion, Alltagsleben und Philosophie auseinander. Der Vorwurf des Antisemitismus der DDR bezieht sich (wie heute) wesentlich auf die offene und breite Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes der Palästinenser durch die DDR.

Denkmäler und Mahnmale für Opfer des Faschismus prägten zunehmend die Stadtbilder der DDR. Diese wurden oftmals auf Initiative antifaschistischer Widerstandskämpfer und mit Unterstützung von Organisationen der Arbeiterklasse wie dem „Buchenwald-Kollektiv“ errichtet. Ein Leseheft zur Kunstbetrachtung stellt dabei fest: „Bald nach der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik wurde ein Kuratorium, ein gesellschaftlicher Rat also, für den Aufbau Nationaler Gedenkstätten gebildet. Dort, wo von den Faschisten die Menschlichkeit am übelsten geschändet worden war, dort aber auch, wo sich antifaschistisches Kämpfertum unüberwindbar bewährt hatte, dort sollten die Stätten der Mahnung und des Gedenkens errichtet werden: Buchenwald – Ravensbrück – Sachsenhausen. Die besten Bildhauer und ein Kollektiv junger Architekten vollbrachten es, in ständigem Kontakt mit dem gesellschaftlichen Auftraggeber, der Partei der Arbeiterklasse, ehemaligen Häftlingen, Arbeitern und Künstlern, Werke von herausragender Bedeutung zu schaffen.“[12]

Am Jahrestag der Befreiung vom Faschismus, dem Tag der Opfer des Faschismus, aber auch anlässlich der Befreiung einzelner Konzentrationslager oder an Orten faschistischer Verbrechen füllten sich die Straßen und Gedenkorte jährlich mit breiten Menschenmassen. Durch solche Veranstaltungen in enger Zusammenarbeit mit Schulen, Universitäten, Betriebskollektiven und FDJ-Gliederungen wurde die Gedenkstättenarbeit zu einem zentralen Bestandteil politischer Bildungsarbeit.[13] Zahlreiche Schulen, Straßen und andere Gebäude waren nach Antifaschisten und Opfern des Faschismus benannt. Von einem ritualisierten und sonst bedeutungslosen Gedenken kann dabei nicht die Rede sein. Wie bereits am Beispiel der Literatur dargelegt, beschränkte sich der Antifaschismus nicht auf einzelne Tage, sondern durchzog das politische Leben in der DDR.  Auch Film und Fernsehen waren von einer Aufarbeitung des Faschismus geprägt. Insgesamt thematisierten 47 Spielfilme und Serien die Verbrechen und Massenmorde des deutschen Faschismus. Diese wurden zugunsten von Schichtarbeitern zu verschiedenen Tageszeiten ausgestrahlt. Auch im Kinder- und Jugendprogramm wurden Serien und Filme gezeigt die den Faschismus und seine Verbrechen thematisierten. Bereits 1947 erschien im „Augenzeuge“, der Wochenschau in der SBZ, ein ausführlicher Bericht über das einzige überlebende Kind der Berliner Jüdischen Gemeinde.[14] Fernsehprogramme wie die „aktuelle Kamera“ oder „der schwarze Kanal“ berichteten regelmäßig über alte und neue Gräueltaten von Faschisten. Der Vorwurf eines verordneten, ritualisierten und inhaltsleeren Gedenkens ist genauso falsch wie die Behauptung von vergessenen, verdrängten und nie entschädigten Opfern des Faschismus. Alle ehemaligen KZ-Häftlinge und Opfer des Faschismus erhielten höhere Renten, mehr Urlaub, eigene Urlaubs- und Kurheime und bessere medizinische Betreuung. Ob sie aus rassistischen oder politischen Gründen verfolgt worden waren, machte keinen Unterschied. Sie erhielten Unterstützung bei Wohnungssuche, Bildungs- und Berufswegen mit Stipendien und Zulassungen. Im Nahverkehr konnten Opfer des Faschismus mit einer Begleitperson kostenlos fahren. Diese sozialen Entschädigungen wurden den ostdeutschen Juden sowie allen Opfern des Faschismus mit der Annexion der DDR genommen.[15] Während die BRD ihre Entschädigungszahlen unter anderem mit Waffenlieferungen an Israel im Wert von 240 Millionen Euro „abglich“, zahlte die DDR alleine sämtliche Reparationen an Polen und die Sowjetunion.[16]


[1] Manfred Agethen, Gedenkstätten und antifaschistische Erinnerungskultur in der DDR, in: Manfred Agethen, Eckhard Jesse und Erhart Neubert (Hg.), Der missbrauchte Antifaschismus. DDR-Staatsdoktrin und Lebenslüge der deutschen Linken, Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., Freiburg i. Breisgau 2002, S. 128 – 144, hier, S.131.

[2] Friedrich, Walther (2002): Ist der Rechtsextremismus im Osten ein Produkt der autoritären DDR?, in: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/25910/ist-der-rechtsextremismus-im-osten-ein-produkt-der-autoritaeren-ddr/

[3] Schulz, Rudi (1986): Walther Ulbricht. Zur Bildungspolitik der Arbeiterbewegung. Volk und Wissen Verlag: Berlin, S.79.

[4] Leide, Henry (2011): NS-Verbrecher und Staatssicherheit. Die geheime Vergangenheitspolitik der DDR, Vandenhoeck und Ruprecht: Göttingen, S. 37.

[5] Autorenkollektiv (1967): Kleines politisches Wörterbuch, Dietz: Berlin.

[6] Michelmann, Jaenette (2015): Die Aktivisten der ersten Stunde. Die Antifa 1945 in der sowjetischen Besatzungszone zwischen Besatzungsmacht und Exil-KPD, Dissertation Zur Erlangung des akademischen Grades.

[7] Autorenkollektiv (1970): DDR. Staat des Antifaschismus, Verlag Zeit im Bild: Dresden, S.11f.

[8] Autorenkollektiv (1970): DDR. Staat des Antifaschismus, Verlag Zeit im Bild: Dresden, S.17.

[9] Leide, Henry (2011): NS-Verbrecher und Staatssicherheit. Die geheime Vergangenheitspolitik der DDR, Vandenhoeck und Ruprecht: Göttingen, S. 33f.

[10] Autorenkollektiv (2019): Ausstellungskatalog Unentdecktes Land, Unentdecktes Land e.V: Berlin, S.37.

[11] Holz, Axel (2020): Wie viel Antifaschismus gab es in der DDR?, in: antifa. Magazin der VVN-BDA: https://antifa.vvn-bda.de/2020/05/15/wie-viel-antifaschismus-gab-es-in-%E2%80%A8der-ddr/

[12] Wegmann, Klaus (1976): Mahn- und Gedenkstätten in der Deutschen Demokratischen Republik. Leseheft für die Kunstbetrachtung, Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin, S. 6.

[13] Moller, Sabine (2003): Vielfache Vergangenheit. Öffentliche Erinnerungskulturen und Familienerinnerungen an die NS-Zeit in Ostdeutschland (Studien zum Nationalsozialismus Bd. 8), edition diskord: Tübingen, S.50 f.

[14] Holz, Axel (2020): Wie viel Antifaschismus gab es in der DDR?, in: antifa. Magazin der VVN-BDA: https://antifa.vvn-bda.de/2020/05/15/wie-viel-antifaschismus-gab-es-in-%E2%80%A8der-ddr/

[15] Holz, Axel (2020): Wie viel Antifaschismus gab es in der DDR?, in: antifa. Magazin der VVN-BDA: https://antifa.vvn-bda.de/2020/05/15/wie-viel-antifaschismus-gab-es-in-%E2%80%A8der-ddr/

[16] Karlsch, Rainer (1993): Allein bezahlt? Die Reparationsleistungen der SBZ/DDR 1945-53, Ch. Links Verlag: Berlin, S.223-239.

Ohne Internationalismus keine DDR

0

Vorwort zur Reihe anlässlich des 75. Jahrestags der Gründung der DDR

Mit der Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 begann ein neues Kapitel deutscher Geschichte.
Wir veröffentlichen anlässlich dieses 75. Jahrestages dieses Dossier mit Artikeln zur SED sowie zum Internationalismus und Antifaschismus in der DDR. Wir wollen diese zentralen Aspekte im ersten deutschen Anlauf zum Sozialismus genauer beschreiben und aufzeigen, welche Bedeutung sie bis heute haben. 

Außerdem wollen wir euch dazu anhalten einen (erneuten) Blick in unseren Episodenfilm „Das andere Leben“ zu werfen. In vier Episoden geben verschiedene Zeitzeugen einen Einblick über Funktionsweise und Entwicklung, Errungenschaften und Widersprüche der DDR. In der ersten Episode geht es um Kindheit, Jugend und Schule, in Episode zwei um Arbeit und Wirtschaft, in der dritten Episode um Demokratie und Zusammenleben und zu guter Letzt, in Episode vier um Kalter Krieg und Konterrevolution. Einschalten lohnt!

Ohne Internationalismus keine DDR: Die internationalistische Politik der DDR ist ein Paradebeispiel für ihre Errungenschaften. In weiten Teilen der Welt, insbesondere in Osteuropa und im Globalen Süden, erinnert man sich sehr positiv an die das sozialistische Deutschland und seine Politik der Völkerfreundschaft. Sie beweist angesichts der fortbestehenden imperialistischen Unterdrückung der Völker der Welt, welchen bedeutenden Weg die DDR ging.

Ohne Antifaschismus keine DDR: Die modernen Massenmedien, ihre Denkfabriken und Stichwortgeber sind mittlerweile Meister darin, jeglichen Dreck auf der DDR abzuladen. Alles nur verordneter Antifaschismus von oben? Sicher nicht! Es wird Zeit, mit den Lügen und Mythen über den DDR-Antifaschismus aufzuräumen. 

Ohne SED keine DDR: Wenn auf die Errungenschaften der DDR hingewiesen wird, wird nur selten die politische Kraft erwähnt die die Arbeiterklasse in dieser Zeit anführte: die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands. Dabei ist es höchste Zeit, sich genauer der SED zu widmen. Welche Rolle spielt sie für uns Kommunisten heute?


Die DDR war anders: 40 Jahre Internationalismus!

Wenn wir den 75. Jahrestag der Gründung der DDR begehen, dann müssen wir auch an ihr internationalistisches Erbe erinnern. Die DDR war der erste und bislang einzige Staat auf deutschem Boden, in dem keine Herrschaftsansprüche über andere Völker erhoben wurden. Der einzige deutsche Staate, der nie nach Expansion strebte, von dem nie Krieg und Eroberung ausgingen.

Freundschaft mit Osteuropa!

Ein Ergebnis und eine Lehre aus zwei Weltkriegen und 12 Jahren faschistischer Herrschaft war, dass nie wieder Krieg von deutschen Boden ausgehen durfte und dass insbesondere die freundschaftliche Beziehung mit den Völkern Osteuropas eine Voraussetzung für den Frieden auf dem Kontinent war. Im Gegensatz zur Bundesrepublik beherzigte die DDR diese Lehren nicht nur, sie machte sie viel mehr zu ihrem Grundsatz.

Der deutsche Imperialismus hatte in seinem „Drang nach Osten“ zwei Weltkriege vom Zaun gebrochen. Die Nazis hatten die osteuropäischen Völker zu „slawischen Untermenschen“ erklärt, die es zu vernichten und zu versklaven galt. Und Hitler hatte Russland als „unser Indien“ deklariert, das es zu erobern und zu kolonisieren galt. Für die DDR dagegen waren die Staaten Osteuropas Bruderländer und den Hass und die Verachtung, die der Bevölkerung über Jahre und Jahrzehnte eingeimpft worden waren, ersetzte sie durch aufrichtige Freundschaft.

Wie großartig dieses Erbe der DDR war und noch immer ist, können wir besonders gut im Nachgang der Konterrevolution 1989/90 erkennen: Bald nach der Annexion der DDR durch die BRD wurden, wie schon zu Zeiten Hitlers, Jugoslawien und die Tschechoslowakei politisch und schließlich auch militärisch im Interesse des deutschen Imperialismus zerschlagen. Osteuropa wurde mit der EU-Osterweiterung zum Hinterhof der deutschen Wirtschaft. Und Russland wurde, nachdem Putin dem Westen seine roten Linien aufgezeigt hatte, erneut zum Feind erklärt, den es in den Worten von Annalena Baerbock (Grüne) zu „ruinieren“ gilt. Die Errungenschaft der DDR in Form der Völkerfreundschaft mit der Sowjetunion zeigt sich noch heute daran, dass die ostdeutsche Bevölkerung nach wie vor wenig empfänglich für die antirussische Kriegshetze ist. 

Solidarität mit der Dritten Welt!

Die DDR war aber nicht nur ein Friedensstaat, der die Freundschaft mit den Völkern Europas suchte. Sie war auch der erste deutsche Staat seit dem Aufkommen von Kapitalismus und Imperialismus in der Welt, der nicht nur keine Kolonien wollte, sondern im Gegenteil aktiv den Kampf gegen Kolonialismus und nationale Unterdrückung unterstützte.

Während in der BRD der ehemalige Vizepräsident des Deutschen Kolonialbunds, Konrad Adenauer (CDU), von 1949-63 den ersten Bundeskanzler stellte, entstanden in der DDR allein in den1950er Jahren Solidaritätsgruppen für Korea, Vietnam, Algerien und Ägypten und ab 1960 für ganz Afrika, ganz Asien, für die arabischen Völker, für Kuba und für Chile.1

Während die BRD die Kolonialmächte Portugal und Spanien und die Siedlerregime in Südafrika und Palästina mit Waffen ausrüstete, bildete die DDR Freiheitskämpfer und Armeeangehörige fortschrittlicher Regierungen aus, so etwa aus Chile, dem Kongo, Laos, Libyen, Mosambik, Namibia, Palästina, Sambia, Südjemen, Syrien, Vietnam und Zimbabwe.2 

Während die BRD ein weitgehend sicheres Hinterland für den völkermörderischen Krieg der USA in Vietnam war, unterstützte die DDR-Bevölkerung das vietnamesische Volk mit großangelegten Spendenkampagnen.

Während der Putsch gegen den gewählten Präsidenten Salvador Allende am 11. September 1973 von westdeutschen Zeitungen bejubelt wurde und der CSU-Vorsitzende und spätere bayrische Ministerpräsident Franz Joseph Strauß nach Santiago flog, um dem Militärdiktator Pinochet die Hand zu schütteln, schmuggelte das MfS Regimegegner aus dem Land, nahm die DDR hunderte chilenische Flüchtlinge auf und bildete die NVA chilenische Widerstandskämpfer aus.3

Während sich die von alten Nazis mitaufgebaute BRD mit ihrer „Staatsräson“ in Form der bedingungslosen Unterstützung für Israel bis heute eine Art „Ersatzantifaschismus“ geschaffen hat, bestanden zwischen der von antifaschistischen Widerstandskämpfern aufgebauten DDR und dem Staat Israel nie diplomatische Beziehungen. Stattdessen unterstützte das antifaschistische Deutschland den Befreiungskampf der Palästinenser.

Während die BRD billige Arbeitskräfte aus den Ländern Süd- und Osteuropas sowie Asiens abwarb, um sie auszubeuten, wurden in der DDR Vertragsarbeiter aus zahlreichen Ländern zu Fachkräften ausgebildet, damit sie in ihren Heimatländern, die häufig erst kurz zuvor ihre nationale Unabhängigkeit errungen hatten, eine selbstständige Wirtschaft aufbauen konnten.

Während die „Entwicklungshilfe“ der BRD ihrer imperialistischen Natur nach nichts anderes als ein neokolonialistisches Werkzeug zur Schaffung von politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit war, leistete die DDR tatsächliche Entwicklungshilfe im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe und Unabhängigkeit.

Während die imperialistischen Mächte seit dem Untergang der Kolonialreiche bis heute eine Politik der auf Bevormundung und Erpressung basierenden neokolonialen „Partnerschaft“ betreiben, basierte das Verhältnis der DDR zu den postkolonialen Staaten auf einer Genossenschaftlichkeit im Kampf gegen den gemeinsamen Feind: den Imperialismus. Daher hatte die Völkerfreundschaft der DDR eine materielle Basis und sie stand – im Gegensatz zur in der BRD propagierten „Völkerverständigung“ – nicht im Widerspruch zu den eigenen wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen. 

Damit bewies die DDR in der Praxis, dass der Sozialismus tatsächlich nicht nur die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen im eigenen Land, sondern zugleich auch die Ausbeutung der schwächeren Nationen durch die stärkeren aufhebt.

Von den Massen getragen

In der allgegenwärtigen Anti-DDR-Hetze ist häufig die geringschätzige Rede vom „verordneten Antifaschismus“ und von „verordneter Solidarität“. Darin drückt sich letztlich nur die Feindschaft der Herrschenden der Bundesrepublik gegenüber einem System aus, in dem Antifaschismus und Internationalismus Staatsräson sind. Denn eine solche Staatspolitik kann letztlich nur durch einen konsequenten Bruch mit Kapitalismus und Imperialismus realisiert werden.

Allerdings entspricht es schlicht nicht der Realität, dass Antifaschismus und Völkerfreundschaft in der DDR nur von oben verordnet und von der Bevölkerung widerwillig ertragen wurden: Noch während des Wideraufbaus stand die DDR-Führung vor der heiklen Aufgabe, der ostdeutschen Bevölkerung zu vermitteln, weshalb es richtig und legitim war, trotz der eigenen prekären Lage Reparationszahlungen an die Sowjetunion zu leisten. Sie löste diese Aufgabe mit Bravour.4 1988 waren 6,4 Millionen DDR-Bürger in der Deutsch-Sowjetischen Freundschaftsgesellschaft organisiert,5 und das bei einer Bevölkerungszahl von 16,4 Millionen.

Aber nicht nur die deutsch-sowjetische Freundschaft war ein hohes Gut in der ostdeutschen Bevölkerung: Zwischen 1961 und 1989 spendeten die Menschen in der DDR rund 3,5 Milliarden Mark an das Afro-Asiatische Solidaritätskomitee (ab 1973: Solidaritätskomitee der DDR).6 Zahlreiche DDR-Bürger beteiligten sich an Kampagnen, wie den „1 Million Rosen für Angela Davis“. Tausende FDJ-Mitglieder nahmen an den Solidaritätsbrigaden teil, die in Dutzenden Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas praktische Hilfe leisteten.7 Bei den Weltfestspielen der Jugend und Studenten 1951 und 1973 in Ostberlin zelebrierten insgesamt mehr als 50.000 Menschen aus mindestens 140 Ländern gemeinsam internationale Solidarität und kulturelle Vielfältigkeit.

Ein anderes Deutschland ist möglich!

Angesichts der ungebrochenen Unterstützung der Bundesregierung für den Völkermord in Gaza und die Aggressionen Israels gegen Libanon, Iran, Jemen und Syrien – 

angesichts der Bewaffnung faschistischer Milizen in der Ukraine gegen die ostukrainische Bevölkerung und die Russische Föderation durch die BRD und ihre NATO-Partner –

angesichts der Tatsache, dass mehr als 120 Jahre, nachdem deutsche Truppen den Volksaufstand in China im Bund mit den anderen imperialistischen Mächten niedergeschlagen haben, und 110 Jahre, nachdem Deutschland seine Kolonien im Pazifik verloren hat, die Bundeswehr wieder mit Kriegsschiffen durch chinesische Gewässer fährt –

angesichts all dessen schmerzt das Fehlen eines antifaschistischen, eines antiimperialistischen, eines internationalistischen Deutschland umso mehr.

Die DDR war dieses bessere Deutschland und sie hat uns gezeigt, dass ein solches besseres Deutschland möglich ist! Ein Deutschland, das die Welt nicht in Angst und Schrecken versetzt, das nicht immer auf der falschen Seite der Geschichte steht. Nehmen wir diesen Beweis, um Mut zu schöpfen, ein solches Deutschland erneut zu erkämpfen!

  1. Achim Reichardt: Nie vergessen Solidarität üben. Die Solidaritätsbewegung in der DDR (Kai Homilius Verlag 2006), S. 41. ↩︎
  2. Bernhard Schöne: Die NVA und das subsaharische Afrika. Zu den militärischen Auslandsbeziehungen der DDR, in: Ulrich van der Heyden, Iona Schleicher, Hans-Georg Schleicher (Hrsg.) Die DDR und Afrika. Zwischen Klassenkampf und neuem Denken (LIT Verlag 1993), S. 36. ↩︎
  3. https://ifddr.org/chile-und-deutschland-zwischen-solidaritaet-und-abhaengigkeit/ ↩︎
  4. Kurt Pätzold: Die Mär vom Antisemitismus (Edition Ost 2010), S. 23-25. ↩︎
  5. Statistisches Jahrbuch 1989 der DDR (Staatsverlag der DDR 1989), S. 410. ↩︎
  6. Achim Reichardt: Nie vergessen Solidarität üben. Die Solidaritätsbewegung in der DDR (Kai Homilius Verlag 2006), S. 315. ↩︎
  7. https://zeithistorische-forschungen.de/3-2020/5890 ↩︎