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Weder Verrat noch Utopismus, sondern nationale Befreiung! Zur Debatte um die Ein- und Zweistaatenlösung für Palästina

Von Noel Bamen

Gliederung:

Teil 1 – Die Zweistaatendoktrin: ein Verrat an den Palästinensern

Fatah und PLO: Von der palästinensischen Revolution zum Verrat

Der negative Einfluss der Kommunisten

Die Zweistaatendoktrin ist tot

Teil 2 – Richtige und falsche Einstaatlösungen

Zionistische vs. antikoloniale Einstaatkonzepte

Die Angst vor einem islamischen Staat

Siedlerkolonialismus überwinden ohne Entkolonisierung und Entsiedlung?

Nationale Befreiung statt Utopismus!

Gemeinsam diskutieren und falsche Positionen überwinden!

Teil 1 – Die Zweistaatendoktrin: ein Verrat an den Palästinensern

Vor 30 Jahren, am 13. September 1993, wurde in Washington die sog. „Prinzipienerklärung über die vorübergehende Selbstverwaltung“ zwischen der PLO und Israel unterzeichnet, besser bekannt als Oslo I-Abkommen. Dieses Abkommen war das Ergebnis von Geheimverhandlungen zwischen dem zionistischen Regime und der PLO unter Vermittlung der USA und leitete ein, was verklärend als „Osloer Friedensprozess“ bezeichnet wird. Das Abkommen sah den schrittweisen Rückzug der israelischen Okkupationstruppen (IOF) aus den 1967 besetzten Gebieten und die Einrichtung einer „Palästinensischen Autorität“ bzw. „Autonomiebehörde“ (PA) vor. Dabei wurden zentrale Fragen, wie die nach den zu dem Zeitpunkt mehr als 115.000 in der Westbank und dem Gazastreifen ansässigen zionistischen Siedlern genauso ausgeklammert wie die nach dem Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge. Ergänzt wurde das ganze 1995 durch das sog. Oslo II-Abkommen, das die 67er-Gebiete in drei Zonen aufteilte: In Zone A (18% des Westbank und 60% des Gazastreifens) erhielt die PA (offiziell) vollständige Kontrolle, in Zone B (22% der Westbank) erhielt sie die zivile Kontrolle, während die IOF weiterhin für die „Sicherheit“ zuständig sind, und in Zone C (62% der Westbank und 40% Gazas) behielt Israel allein das Sagen.

Das zionistische Regime erhielt mit Oslo die offizielle Anerkennung durch die palästinensische Befreiungsbewegung – ein politischer Durchbruch für Tel Aviv, der zugleich Tür und Tor für jegliche „Normalisierungen“ mit den anderen arabischen Ländern öffnete. Im Gegenzug bekamen die Palästinenser nichts, außer einer „Behörde“, die sich bald als lupenreines Marionettenregime entpuppte: Die PA ist politisch, wirtschaftlich und militärisch komplett von Israel und vom Westen abhängig; die Grenzen der 67er-Gebiete werden von Tel Aviv kontrolliert, die IOF haben faktisch in der gesamten Westbank das Sagen und die Sicherheitskräfte der PA sind von den USA ausgebildete Hilfstruppen der IOF; die Westbank ist ein monopolisierter Absatzmarkt für Waren aus Israel und liefert dorthin zugleich billige Arbeitskräfte und Produkte, während sie zudem am Tropf der UNO und westlicher NGOs hängt. Parallel zur Etablierung dieses Pseudostaats gingen der Siedlungsbau und der Landraub in der Westbank ungebremst weiter: Heute leben etwa 450.000 Zionisten im Westjordanland, ihre Zahl hat sich also seit 1993 vervierfacht; weitere 220.000 siedeln in Ostjerusalem. Lediglich der Gazastreifen wurde 2005 geräumt; er war von den Palästinensern zu dicht besiedelt, sodass man es in Tel Aviv vorzog, ihn nicht zu annektieren, sondern in ein Reservat für die Eingeborenen zu verwandeln. Damit war Oslo einerseits der praktische Beweis, dass eine sog. Zweistaatenlösung weder von Israel gewollt, noch praktisch umsetzbar ist. Zum anderen war Oslo die größte politische Niederlage der Palästinenser seit der Nakba 1948.

Fatah und PLO: Von der palästinensischen Revolution zum Verrat


Die Fatah kann mit Recht für sich in Anspruch nehmen, als erste einen eigenständigen Weg der palästinensischen Nationalbewegung beschritten zu haben: Alle palästinensischen Akteure zuvor steckten ihre Ziele entweder in lokalen oder aber in pan-islamischen bzw. pan-arabischen Rahmen ab; letztere banden sich bis 1967 in der Regel an Abdel Nasser in Ägypten oder an eine der Baath-Parteien. Die Fatah dagegen machte die Befreiung Palästinas nicht von den arabischen Ländern abhängig, sondern setzte auf die Kraft der Palästinenser selbst. Zugleich erhob sie 1964 als erste den Guerilla- und Volkskrieg nach algerischem, chinesischem, kubanischem und vietnamesischem Vorbild zum strategischen Primat. Mit der Übernahme der PLO-Führung 1968/69 durch die Fatah erreichte der palästinensische Befreiungskampf für das nächste Jahrzehnt seinen vorläufigen Höhepunkt. Dies drückte sich nicht zuletzt in der Palästinensischen Nationalcharta, dem politischen Grundsatzprogramm der PLO, von 1968 aus, die jegliche Anerkennung Israels ablehnt, die Befreiung ganz Palästinas zum Ziel erhebt und den bewaffneten Kampf als „einzigen Weg“ der palästinensischen „Volksrevolution“ benennt.i

Doch bereits Mitte der 1970er vollzog sich ein programmatischer Kurswechsel, dem zwei zentrale Ereignisse vorausgingen:

Zum einen waren die PLO-Guerillas in Jordanien im Zuge des sog. Schwarzen September 1970 von der dortigen Armee angegriffen und schließlich vertrieben worden; 20.000 Palästinenser wurden dabei vom Hussayn-Regime ermordet. Zugleich erhob Jordanien, das 1948 die Westbank annektiert hatte, nach wie vor Anspruch auf dieses 1967 von Israel eroberte Gebiet. 1972 legte König Hussayn dazu den sog. Hussayn-Plan vor, der die „Rückgabe“ der Westbank an Jordanien forderte – damit wäre der von der PLO angestrebte unabhängige und demokratische Staat Palästina zugunsten der zionistischen Siedlerkolonie einerseits und eines Großjordanischen Königreichs andererseits liquidiert und zugleich der Weg für eine „Normalisierung“ der Beziehungen der Araber zu Israel geebnet worden. Die PLO, die ihre Basis vor allem in den Flüchtlingslagern in Jordanien, Syrien und Libanon hatte, reagierte, indem sie sich der Bevölkerung in den 67er-Gebieten wieder mehr zuwandte. Das drückte sich u. a. in ihrem im Januar 1973 beschlossenen politischen Programm aus, in dem von einer „Koordination zwischen bewaffneten und Massen-Aktionen“ (letztere in den 67er-Gebieten) die Rede war.ii

Zum anderen hatte Ägypten im Oktober 1973 die von Tel Aviv besetzte Sinai-Halbinsel militärisch befreit. Es handelte sich nicht nur um die erste Befreiung von Israel besetzter Territorien allein durch reguläre arabische Armeen,iii sondern zugleich um den ersten wirklich großen militärischen Sieg gegen die Zionisten überhaupt. Trotzdem hatte Kairo es nicht geschafft (bzw. kein Interesse daran gehabt), Israel gänzlich zu besiegen und Palästina zu befreien. Daher wuchs in der PLO der Zweifel, ob es den palästinensischen Guerillas gelingen würde, alleine zu vollbringen, woran die arabischen Armeen bereits drei Mal (1948/49, 1956 und 1967) gescheitert waren.

Schon im PLO-Programm vom Februar 1971 (unmittelbar nach dem Schwarzen September) war der bewaffnete Kampf, anders als in der Nationalcharta von 1968, nicht mehr als strategisch „einzige“, sondern „nur“ noch als „Hauptform“ bezeichnet worden.iv 1973 waren, wie oben angeführt, die „Massen-Aktionen“ als zentrales Kampfmittel hinzugekommen. Das Ziel, die Befreiung ganz Palästinas, war jedoch unangetastet geblieben. Das änderte sich auch bis Oslo offiziell nicht. Jedoch wurde im Juni 1974 das sog. 10-Punkte- oder auch Etappen-Programm der PLO angenommen. Darin hieß es einleitend, dass es sowohl von der Nationalcharta von 1968 als auch dem Programm von 1973 ausgehe und man zudem auf das Recht auf Rückkehr und auf Selbstbestimmung im „gesamten nationalen Territorium“ bestehe. Auch wurde dem bewaffneten Kampf in Artikel zwei eine Vorrangstellung eingeräumt. Zugleich heißt es in demselben Artikel allerdings auch, man wolle „in allen Teilen des palästinensischen Territoriums, die befreit werden“, die „Errichtung einer autonomen kämpferischen nationalen Macht des Volkes“, mit anderen Worten: einen (Teil-)Staat errichten. Das Programm ist zugleich eine klare Kampfansage an König Hussayn: In Artikel 5 wird eine gemeinsame jordanisch-palästinensische Front zur „Errichtung einer nationaldemokratischen Macht in Jordanien“, sprich dem Sturz der Haschemiten-Dynastie, propagiert; in Artikel 6 ist von einer „Aktionseinheit“ zwischen Jordaniern und Palästinensern die Rede.v

Das Programm muss also in seinem historischen Kontext betrachtet werden: Es war zunächst vor allem eine strategische Orientierung zur Mobilisierung der Palästinenser in den 67er-Gebieten und eine Absage an die Territorialansprüche und den politischen Kurs des jordanischen Regimes.vi Doch es war eben auch der erste Schritt hin zu einem politischen Kurs, der die Errichtung eines palästinensischen Teil- bzw. Mini-Staates anstrebte. Das war den politischen Kräften damals bereits durchaus klar: Das Programm wurde von der Fatah-Führung mit Unterstützung von DFLP und Saiqa (dem syrischen Baath-Ableger) gegen Widerstände vor allem von der PFLP, aber auch aus den Reihen der Fatah selbst durchgesetzt und letztlich fast einstimmig (183 von 187 Stimmen) angenommen. Kurz darauf jedoch scherten PFLP, PFLP-GC, die Popular Struggle Front und die Arabische Befreiungsfront (der irakische Baath-Ableger) aus und bildeten die sog. Verweigerungs– oder Ablehnungsfront; die PFLP trat aus dem Exekutivkomitee der PLO aus und kehrte erst 1981 zurück.vii Die folgenden Jahre schienen dem Kurs der PLO allerdings recht zu geben: Einerseits errang sie auf internationaler Bühne diplomatische Erfolge (1974 wurde die PLO von den arabischen Ländern und von der UNO als einzige legitime Vertreterin der Palästinenser anerkannt, Arafat trat vor der UN-Vollversammlung auf und die PLO erhielt Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen; 1975 verurteilte die UNO den Zionismus als Form des Rassismus und setzte Israel in eine Reihe mit den Apartheidregimen im südlichen Afrika). Andererseits hielt die PLO am bewaffneten Kampf fest und führte ihn vom Libanon aus fort, wo man ein Bündnis mit linken und nationalistischen Kräften geschmiedet hatte.

Der durch Israel erzwungene Abzug der PLO aus dem Libanon 1982 leitete jedoch schließlich den politischen Niedergang der Fatah ein: Während PFLP, DFLP und die meisten anderen, kleineren PLO-Mitgliedsorganisationen nach Syrien umzogen, ging die Fatah ins Exil nach Tunesien. Von dort aus, weit weg vom Geschehen vor Ort, konnte sie den bewaffneten Widerstand nicht fortsetzen. Stattdessen setzte sie verstärkt auf Diplomatie und begann u. a., sich mit Jordanien und Ägypten gut zu stellen, den beiden größten Verrätern an der palästinensischen Sache, die es damals unter den arabischen Ländern gab.viii In den folgenden Jahren tat sich eine Kluft zwischen der Fatah einerseits und den meisten anderen PLO-Organisationen andererseits auf; die Fatah nutzte ihre Zweidrittelmehrheit innerhalb der PLO, um die in der Nationalcharta festgehaltenen Positionen durch verschiedene Resolutionen, Erklärungen und diplomatische Schritte aufzuweichen.

Mit dem Beginn der Ersten Intifada 1987 legte sich der Fokus der PLO endgültig auf die seit 1967 unter israelischer Besatzung lebende palästinensische Bevölkerung. Anders als die Flüchtlinge im Exil, die auf ihre Rückkehr in sämtlichen Teilen Palästinas drängten, waren diese Menschen primär an einem Ende der militärischen Besatzung interessiert. Sie versprachen sich von einer palästinensischen Selbstverwaltung auch dann konkrete Verbesserungen, wenn diese nicht ganz Palästina umfasste, sondern (zunächst) nur die 1967 besetzten Gebiete. Tatsächlich waren die ersten palästinensischen Vertreter einer Zweistaatenlösung konservative Intellektuelle aus der Westbank.ix Und so wurde die Intifada, die ein großartiger Widerstandsakt, ein regelrecht revolutionärer Volksaufstand war, zugleich zum Katalysator für die neue Linie innerhalb der PLO: Zum einen trat nun der nicht-militärische Massenaufstand an die Stelle des bewaffneten Kampfs. Zum anderen entsprachen die Forderungen der Intifada nach a) Rückzug der IOF aus den 67er-Gebieten und b) der Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates unter Führung der PLO in diesen Gebieten letztlich dem Zweistaatenkonzept, das nun offenbar eine lautstarke und massenhafte Unterstützung von der Basis erhielt. Darauf gestützt konnte die Fatah letztlich auch die Anerkennung Israels legitimieren. Zugleich spielte sie erstmals Feuerwehr für Tel Aviv: Die Unterzeichnung von Oslo I markierte nämlich auch das Ende der Ersten Intifada, deren Ziele ja nun vorgeblich erreicht wurden.x

Die PLO wandelte sich mit Oslo von einer „Terrororganisation“ zum Verhandlungspartner Israels. Dieser Schritt war insofern scheinbar notwendig, als sich die weltpolitische Lage Anfang der 1990er Jahre bekanntlich drastisch geändert hatte: Mit der Konterrevolution im und dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers ab Ende der 80er Jahre bis 1991 verloren nicht nur die kommunistischen und linken Kräfte weltweit an Bedeutung, das palästinensische Volk als Ganzes verlor auch seine wichtigste Schutzmacht. Die Hilfe der Sowjetunion, der DDR und der anderen sozialistischen Länder für den palästinensischen Befreiungskampf können kaum überschätzt werden: politische Rückendeckung, Gelder, Waffen, politische, technische, medizinische, berufliche und militärische Ausbildung – all das erhielten die PLO und ihre Mitgliedsorganisationen vom Ostblock. Ähnliches galt für jene Staaten, die auf die eine oder andere Art als Alliierte des palästinensischen Widerstands fungierten: Syrien, Irak sowie Libyen; und natürlich auch für die linken Kräfte in den arabischen Ländern, die, wie etwa im Libanon, wichtige Unterstützer der palästinensischen Sache waren. All das brach nun plötzlich weg. Daneben verlor auch die Bewegung der Blockfreien, die die palästinensische Sache ebenfalls unterstützt hatte, mit dem Untergang des Realsozialismus nicht nur an politischer Rückendeckung und Relevanz, sondern mit dem ab 1991 durch die NATO zunehmend zerstückelten Jugoslawien auch eine ihrer wichtigsten Führungskräfte. Hinzu kam, dass die USA gerade im Nahen Osten damit begannen, ihre unipolare Weltordnung mit aller Gewalt durchzusetzen: Ebenfalls 1991 griffen sie den Irak an, unterwarfen das Land einem mörderischen Embargo und errichteten de facto ein Protektorat im mehrheitlich kurdischen Norden. Arafat stellte sich damals praktisch als einziger hochrangiger arabischer Politiker auf die Seite Saddam Hussayns – ein Schritt, den er angesichts der neuen Weltordnung in Form internationaler Isolation büßen musste.xi

Der negative Einfluss der Kommunisten

Die Unterstützung des sozialistischen Lagers und der kommunistischen Weltbewegung für den palästinensischen Befreiungskampf war, wie bereits angeführt, immens, und ihr Verlust trug mit Sicherheit enorm dazu bei, dass der Verrat von Oslo zustande kommen konnte. Zugleich aber nahmen (und nehmen) die Kommunisten seit 1947 mehrheitlich widersprüchliche und in wichtigen Punkten sogar fatale Positionen in der Palästina-Frage ein, die entsprechend auch ihrer Einflussnahme einen höchst widersprüchlichen Charakter verleiht. Dieser Einfluss dürfte ebenfalls eine Rolle in der Vorgeschichte von Oslo gespielt haben.

Komintern, UdSSR und die KPen Palästinas

Zunächst wären da die Komintern und die Sowjetunion zu nennen: Die KI hielt die KP Palästinas zwar von Anfang an dazu an, sich klar antizionistisch zu positionieren und sich vor allem auf die arabischen Massen zu fokussieren. Allerdings betrachtete sie den Zionismus primär als ein Instrument des britischen Imperialismus und unterschätzte dabei die dem zionistischen Siedlerkolonialismus selbst innewohnende destruktive Kraft. Da die zionistische Bewegung ihre Macht tatsächlich weitgehend dem britischen und später dem US-amerikanischen Imperialismus verdankt, sie bis zum Zweiten Weltkrieg entsprechend kaum unabhängig von London agiert und weil der Zionismus vor dem Holocaust kaum Einfluss auf die absolute Mehrheit der europäischen und nordamerikanischen Juden nahm, ist dieser Mangel verständlich und verzeihlich. Doch wurde er weder im Zuge der Nakba, noch in den folgenden Jahrzehnten von Moskau und seinen Verbündeten berichtigt. Stattdessen trug er zu der fatalen Fehleinschätzung bei, den (hegemonialen „Links-“)Zionismus in eine antiimperialistische Richtung lenken zu können – wo der Kampf der Zionisten gegen die Briten in den Jahren zwischen 1945 und 1947 doch in Wahrheit nichts anderes war, als die pubertären Wutausbrüche einer Siedlerkolonie gegen die anhaltende Bevormundung durch ihren imperialistischen Ziehvater. Und so machte sich das sozialistische Lager der politischen und sogar militärischen Mitverantwortung an der Nakba schuldig.xii

Zu den zwischenzeitlich guten Beziehungen zwischen Zionisten und Kommunisten in den Jahren nach 1945 dürften zahlreiche, auch widersprüchliche Faktoren beigetragen haben: von echter Sympathie angesichts der (vermeintlich) gemeinsamen Erfahrungen mit Faschismus und Weltkrieg über Verirrungen und Verwirrungen bezüglich Ideologie, Strategie und Taktik bis hin zu Unterwanderung und Agententum; zugleich ist die tatsächliche Rolle der Sowjetunion und der Stalin’schen KPdSU-Führung, was die direkte Zusammenarbeit mit den Zionisten und der militärischen Unterstützung für die zionistischen Truppen während der Nakba angeht, noch immer umstritten.xiii Unbestreitbar ist dagegen die Tatsache, dass die Sowjetunion 1947 für den UN-Teilungsplan gestimmt hat. Richtig ist, dass sie damals einen gemeinsamen Staat in ganz Palästina für all seine Bewohner bevorzugte. Allerdings zeigen die Reden, die der sowjetische Vertreter Gromyko 1947 vor der UNO hielt, dass die sowjetische Spitze damals offenbar von grundfalschen Annahmen in der Palästina-Frage ausging: So sprach er etwa von einem „jüdischen Volk“, das nicht nur die Errichtung eines eigenen Staates anstrebe, sondern auch das „Recht“ auf einen solchen Staat habe.xiv Zum einen waren es nach wie vor in erster Linie die Zionisten, die einen solchen jüdischen Staat anstrebten – nun, da sie dank der Vertreibungspolitik der Faschisten und der Abschiebepolitik der Westmächte erstmals einige Zehntausend Juden als Verhandlungsmasse in Palästina hatten, mit Nachdruck und Gewalt –, und nicht „die Juden“. Zum anderen sprach Gromyko hier vom „jüdischen Volk“ nicht nur so allgemein, als meinte er damit die Juden weltweit, womit er eindeutig eines der zentralsten zionistischen Narrative nachplapperte, wonach die Anhänger des jüdischen Glaubens und die Menschen jüdischer Abstammung weltweit einem irgendwie gearteten gemeinsamen Volk angehörten.xv Er benutzt das Wort „Volk“ hier auch offenbar als Synonym für „Nation“, denn andernfalls hätte er ihnen gemäß marxistisch-leninistischer Grundsätze in Sachen nationale Frage nicht das Recht auf einen eigenen Staat zuerkennen können. Doch genau dieser von Stalin entworfenen und von Lenin gebilligten Theorie und Definition einer Nation entsprachen die jüdischen Massen, die damals in Palästina lebten, in keinster Weise. Bei Stalin heißt es: „Eine Nation ist eine historisch entstandene stabile Gemeinschaft von Menschen, entstanden auf der Grundlage der Gemeinschaft der Sprache, des Territoriums, des Wirtschaftslebens und der sich in der Gemeinschaft der Kultur offenbarenden psychischen Wesensart.“xvi Die aus ganz Europa nach Palästina geflüchteten bzw. deportierten Juden hatten weder eine gemeinsame Sprache, noch eine gemeinsame Kultur, noch eine gemeinsame Wirtschaftsweise, noch ein gemeinsames Territorium; sie waren eine bunt zusammengewürfelte „Schicksalsgemeinschaft“, die durch den Horror sechsjähriger rassistischer Verfolgung und Massenmords sicherlich in gewisser Weise miteinander verbunden war, aber keine „historisch entstandene stabile Gemeinschaft“. Der Zionismus freilich wollte all das ändern: Dafür schuf er das künstliche Hebräisch, erfand und klaute sich eine gemeinsame Geschichte und eine gemeinsame Kultur und vor allem natürlich raubte er sich das Territorium, auf dessen Grundlage auch erst eine gemeinsame Wirtschaftsweise möglich sein kann. Somit legitimierte und unterstützte Moskau 1947 entgegen den eigenen ideologischen Grundsätzen ein imperialistisches Kolonialprojekt, dessen Ziel die nur durch massenhafte Gewalt, Vertreibung und Enteignung zu realisierende Erschaffung einer künstlichen Nation war.

Auch dieser Kurs wurde leider nie grundsätzlich korrigiert. Zwar ging Moskau bereits während der Nakba wieder auf Distanz zu den Zionisten und ab 1956 schloss das sozialistische Lager eine strategische Allianz mit dem arabischen Nationalismus. Doch das „Existenzrecht“ Israels wurde stets verteidigt und die Existenz einer „jüdischen/israelischen Nation“ nie infrage gestellt. Die logische Folge war, dass die Sowjetunion, die anderen sozialistischen Länder und die kommunistische Bewegung stets für „Frieden“ und „Ausgleich“ zwischen Israel und den arabischen Ländern bzw. den Palästinensern eintraten, und dass sie stets mäßigend auf die fortschrittlichen Kräfte in der Region einwirkten, gerade was deren Konsequenz in Sachen Antizionismus anging. Das galt auch weitgehend für die Kommunisten in den arabischen Ländern und vor allem in Palästina selbst. Besonders die DFLP, aber auch die KPen Palästinas spielten hier eine sehr negative Rolle: Sowohl die KP Israels als auch die 1982 offiziell neugegründete Palästinensische Kommunistische Partei (PKP)xvii vertraten stets das Konzept einer Zweistaatenlösung, gemäß der UN-Resolution von 1947. Die palästinensische KP gewann entsprechend in der Westbank eine gewisse Popularität, während die KP Israels weitgehend die Rolle einer Bürgerrechtspartei für die sog. 48er, die Palästinenser mit israelischer Staatsangehörigkeit, einnahm und zugleich die einzige Partei in Israel war, die für eine Zweistaatenlösung eintrat; unter den Palästinensern im Exil spielten die Kommunisten dagegen nie eine Rolle. Die Erste Intifada war die Hochphase der PKP, die gemeinsam mit DFLP und PFLP zu den treibenden Kräften gehörte – doch wie bereits beschrieben, spielte dieser Volksaufstand zugleich eine Schlüsselrolle bei der Durchsetzung der Zweistaatendoktrin innerhalb der palästinensischen Befreiungsbewegung. Die Geschichte und der zwischenzeitliche Erfolg der palästinensischen Kommunisten ist also eng mit diesem Prozess verbunden. Mehr noch: Im Zuge der Intifada einerseits und der Durchsetzung der Zweistaatendoktrin innerhalb der Fatah andererseits stieg die PKP innerhalb der PLO auf und spielte gar „eine Hauptrolle bei den anschließenden politischen Entwicklungen, die schließlich zu israelisch-palästinensischen Verhandlungen in Madridxviii und dem Abschluss eines Übergangsfriedensabkommens in Oslo im Jahr 1993 führte“; „trotz ihrer zahlreichen Vorbehalte in Bezug auf den Verhandlungsprozess und die Details des Abkommens“ war sie für die PLO-Spitze dennoch „ein Partner im Verhandlungsprozess“; denn die PKP zählte damals aufgrund ihrer Positionen zu Arafats „natürlichen Verbündeten in seinen Bemühungen, die pragmatischen Schritte durchzuführen, die es ihm ermöglichen würden, die amerikanische und später die israelische Anerkennung“ zu gewinnen.xix

Die DFLP

Dasselbe galt für die DFLP. Dass sie 1974 federführend an der Durchsetzung des sog. Etappen-Programms innerhalb der PLO beteiligt war, wurde oben bereits erwähnt. Tatsächlich aber war dieses Programm letztlich identisch mit den wichtigsten Punkten des Programms der DFLP zu der Zeit. Von 1971 an wurde eine solche Etappenstrategie in der Demokratischen Front diskutiert und 1973 schließlich beschlossen.xx Vermutlich nutzte Arafat das Vorpreschen der DFLP sogar, um die Akzeptanz für einen palästinensischen Staat in Westbank und Gaza unter den Palästinensern auszutesten.xxi Zweierlei sollte hier erwähnt werden, um die historische Genese und Durchsetzung dieser falschen Positionen der DFLP zu verstehen und daraus zu lernen:

1. Die DFLP verstand ihr Etappen-Programm damals als ein „Kampfprogramm gegen Israel, das die palästinensischen Massen mobilisieren sollte, und nicht als ein Verhandlungsprogramm oder ein Projekt für eine friedliche Beilegung des Konfliktes mit Israel.“xxii Die Idee, einen palästinensischen Teilstaat neben der zionistischen Entität zu errichten, war nicht als Zweistaatenlösung konzipiert, sondern eben als Übergangsetappe hin zu einem Staat in ganz Palästina für alle seine Bewohner – und so wurde das Konzept auch im Etappen-Programm von 1974 in die PLO eingeführt. Dies entsprach nicht der Vorstellung Moskaus. Trotzdem diente die DFLP durchaus „in bestimmten Fragen (Forderung nach einem israelischen Rückzug aus den 1967 besetzten Gebieten, Zustimmung zu UNO-Resolutionen und Flexibilität in Sachen (…) Anerkennung Israels) als Verfechter sowjetischer Positionen innerhalb der PLO“.xxiii Zudem kritisierte der DFLP-Generalsekretär Hawatmeh 1974, dass die damalige palästinensische Führung die „Chance“ vertan habe, einen Staat gemäß der UNO-Resolution von 1947 zu bilden.xxivIm September 1994, nahm die DFLP schließlich das Zweistaatenkonzept als finale Lösung des Palästina-„Konflikts“ an,xxv also mitten im sog. Oslo-Prozess und genau ein Jahr, nachdem sich die Fatah– bzw. PLO-Spitze endgültig zur Anerkennung Israels, zur Umsetzung der Zweistaatendoktrin in der Praxis und damit zur Unterwerfung unter Tel Aviv (und Washington) durchgerungen hatte.

2. Der Weg verlief nicht geradlinig vom Etappen-Programm der DFLP nach Oslo. So ging die Demokratische Front etwa im Laufe der 1970er Jahre zwischenzeitlich auf Distanz zur Fatah und näherte sich der Verweigerungsfront an.xxvi Auch die Fatah– und PLO-Spitzen visierten nicht bereits 1974 an, zu den Marionetten Israels zu werden, die sie heute sind. Und doch sind die historischen und logischen Stränge klar zurückzuverfolgen und die negative Rolle, die die DFLP dabei gespielt hat, ist zu benennen und zu kritisieren.

3. In diesem Zusammenhang ist auch klarzustellen, dass die DFLP-Führung sich immer gegen die konkrete Realisierung der von ihr mit vorangetriebenen Konzepte (Anerkennung Israels und Etablierung einer palästinensischen Autorität in Teilen Palästinas) stellte: Sie lehnte sowohl das Camp David-Abkommen (1979) als auch die Madrider Konferenz (1991) als auch die Oslo-Abkommen (1993 und 1995) entschieden ab. Die DFLP vertritt bis heute die Forderung nach einer „echten“, für die Palästinenser „gerechten“ Zweistaatenlösung und kritisiert Oslo mit einer entsprechenden Argumentation. In der Praxis lavierte die sie seither immer wieder zwischen Zusammenarbeit mit der Fatah– und der PLO-Spitze einerseits und Zusammengehen mit den anderen Teilen des Widerstands (PFLP, HamasJihad etc.) und vertritt meiner Meinung nach sehr widersprüchliche Positionen, was die Einschätzung und Anerkennung der zionistischen Entität angeht.xxvii Allerdings ist sie aufgrund ihrer Opposition zu Oslo und ihrem Bekenntnis zum und ihrer Beteiligung am Widerstand nach wie vor eindeutig als Teil der palästinensischen Befreiungsbewegung anzuerkennen, ganz anders als das von Fatah-Kreisen dominierte Kompradoren-Netzwerk um Mahmoud Abbas.

PFLP und Palästinensische Kommunistische Partei

Wie bereits angeführt, war und ist die PFLP dagegen bis heute eine entschiedene Gegnerin jeglicher Zweistaatenkonzepte.xxviii Während ihr aufgrund ihrer kompromisslosen Haltung gegenüber Israel lange Dogmatismus, rechter oder linker Radikalismus oder „naiv-revolutionäre Tendenzen“xxix vorgeworfen wurden, zeugen ihre Warnungen rückblickend von Scharfsichtigkeit: Sie „befürchtete schon damals“, also 1974, „daß das Stufenprogramm allmählich verabsolutiert werde: Seine Endstufe drohe vom Endziel zum Traum und schließlich zum einfachen Wunsch transformiert zu werden. Damit verlöre die PLO das ursprüngliche Ziel langsam aber sicher aus den Augen“.xxx

Auch die Palästinensische Kommunistische Partei ist mittlerweile zu der Einsicht gelangt, dass eine Zweistaatenlösung unmöglich ist und dass sie daher für die Befreiung ganz Palästinas kämpfen muss. Mehr noch: Sie leistete Selbstkritik und erklärte „gegenüber allen Kommunisten und Freunden auf der Welt“, dass sie die Unterstützung der Kommunisten für den UN-Teilungsplan,xxxi die UN-Resolution 242 von 1967xxxii und auch die eigene Rolle in Bezug auf Oslo gleichsam als historische Fehler betrachte, die zur Schwächung der eigenen Reihen im Kampf gegen Israel und den Imperialismus sowie zum Vertrauensverlust der palästinensischen Massen in die Kommunistische Partei geführt haben. Diese Selbstkritik kommt sehr spät, wie die Genossen selbst erklären.xxxiiiDoch sie kam, und das muss die kommunistische Bewegung international endlich zur Kenntnis und auch ernst nehmen.xxxiv

Die Zweistaatendoktrin ist tot

Dass die PKP recht hat, wenn sie schreibt, dass das Zweistaatenkonzept den Kampf der Palästinenser geschwächt hat, ist offensichtlich. Dasselbe gilt für ihre Einschätzung, die Kommunisten hätten sich mit ihrer Forderung nach einer Zweistaatenlösung von den palästinensischen Massen distanziert: Natürlich haben die Palästinenser weder eine einheitliche Meinung, noch sind sie absolut fest in ihren Ansichten. Die Zustimmung zum Zweistaatenkonzept hat genauso konjunkturelle Schwankungen durchlebt wie die zum bewaffneten Kampf. Daher sind entsprechende Umfragen immer nur bedingt aussagekräftig. Trotzdem sollte man sie beachten: Derzeit liegt die Zustimmung der Palästinenser in den 67er-Gebieten nur noch bei bei 33%.xxxv Bei Umfragen in der Westbank 2011 war das Ergebnis nahezu identisch; zudem sprachen sich bei einer Befragung 2007 70% der Palästinenser für eine Einstaatlösung mit gleichen Rechten für Juden, Christen und Muslime aus.xxxvi Dabei war gerade die Westbank stets das Gebiet, in dem die Zweistaatenlösung, wenn überhaupt, mehrheitsfähig war. Die Flüchtlinge in der Diaspora, die rund die Hälfte der Palästinenser ausmachen, aber auch in Gaza, wo sie drei Viertel der Bevölkerung stellen, waren von je her stärker an der Befreiung ganz Palästinas interessiert. Aber auch die Palästinenser in Israel (12% der Palästinenser), die dort Bürger dritter Klasse ohne Perspektive auf Besserung ihrer Lage sind, gelten als wichtige Anhängerschaft für die Einstaatlösung.xxxvii

Natürlich kann auch eine Idee zum materiellen Faktor werden, eben „wenn sie die Massen ergreift“.xxxviii Doch sind die Argumente gegen die Zweistaatendoktrin und für eine Einstaatlösung objektiver Natur und unabhängig von der aktuellen Meinungskonjunktur unter den Palästinensern:

1. Da ist zunächst die Tatsache, dass die zionistische Bewegung nie bereit war, auch nur auf ein Stück Palästinas dauerhaft zu verzichten: Im Gegenteil strebten und streben die Zionisten perspektivisch danach, über Palästina hinaus arabischen Boden in Besitz zu nehmen (was sie mit den 1967 besetzten und 1981 de jure annektierten syrischen Golanhöhen auch bereits getan haben). Die Zustimmung der Zionisten zu den verschiedenen Teilungsplänen in der Geschichte waren stets rein taktischer Natur. Tatsächlich kamen die ersten Teilungspläne von den Zionisten selbst, sie haben sich immer wieder für Teilungen ausgesprochen und sogar den UN-Teilungsplan von 1947 mit initiiert.xxxix Wie Ilan Pappé betont, sind Teilungen im kolonialen Kontext immer Mittel der Kolonialisten. „Demgegenüber gibt es keinerlei Grund, warum eine Ursprungsbevölkerung einer Siedlerbewegung freiwillig eine Teilung ihres Heimatlandes anbieten sollte.“xl Dass die zionistische Bewegung danach strebt, ganz Palästina zu erobern, ist zum einen ideologisch begründet, liegt aber zum anderen und vor allem auch in der Natur des siedlerkolonialistischen Charakters Israels selbst, und ist damit strukturell bedingt: Die Zionisten müssen, um ihr Nationalstaatsprojekt dauerhaft zu erhalten, einerseits die dafür benötigte Nation (immer noch) erst erschaffen, und zwar durch den Zuzug von immer neuen Juden (bevorzugt weißen, aus dem Westen), denen wiederum etwas geboten werden muss (Luxus, Sicherheiten, Freiheiten, ein religiöser oder nationale Auftrag etc.); andererseits müssen sie sich auch noch das Territorium, auf dem sie ihren Staat errichten und das sie ihrer Siedlerbevölkerung anbieten können, zusammenraffen und behaupten. Erschwerend kommt hinzu, dass Palästina kleiner als das Bundesland Brandenburg und rund die Hälfte der Fläche von Wüste bedeckt ist. Daher sind die fruchtbaren Böden, die Küstengebiete und der Jordangraben besonders wertvoll und wichtig. Dabei geraten die Zionisten zwangsläufig an allen Ecken und Enden in Konflikt mit der einheimischen Bevölkerung, die es zu verdrängen oder zu vernichten gilt, da sie zum einen ja auf dem begehrten Land sitzt, und zum anderen nicht in das Staatsvolk „integrierbar“ ist, weil sie die Mehrheit der Bevölkerung vor Ort ausmacht. Und so wurde (und wird jeden Tag aufs Neue) der Kampf um Boden zum „Kampf auf Leben und Tod“xli zwischen den Kolonialsiedlern und den Indigenen. Dieser Kampf kann nur beendet werden, indem die Siedler gewinnen und die Indigenen soweit dezimiert haben, dass sie ihre Überreste „integrieren“ können (wie in Nordamerika oder Australien) oder aber indem das siedlerkolonialistische Projekt gestoppt und zerschlagen wird (wie in Algerien, Angola, Kenia, Libyen, Mosambik und im südlichen Afrika). Hier kommt wieder der subjektive Faktor ins Spiel: die Palästinenser und ihr Widerstand. Solange sie nicht aufgeben und Israel sie nicht endgültig vernichten kann, bleibt der Kolonisierungsprozess in Palästina in jener Phase stecken, die man in der Forschung als „Frontier-Phase“ bezeichnet und die von extremer Gewalt und Instabilität geprägt ist.xlii

2. Hinzu kommt die Tatsache, dass eine Zweistaatenlösung heute noch unrealistischer ist als noch vor 30 oder 100 Jahren. Denn das zionistische Siedlerprojekt hat sich mittlerweile de facto über 90% Palästinas angeeignet. Die A- und B-Zonen, in denen die PA mehr oder weniger das Sagen hat, und der Gazastreifen, der seit 2007 dem Einfluss des Abbas-Regimes entzogen ist und unter Kontrolle des Widerstands steht, machen zusammen etwa 9% Palästinas aus. Gaza und Westjordanland sind ohnehin durch israelisches Staatsterritorium voneinander getrennt und die A- und B-Gebiete in der Westbank bestehen aus unzähligen voneinander isolierten Einheiten. Diese Landflecken wiederum sind nicht nur durch die IOF und die C-Zonen, sondern auch durch mittlerweile rund 250 Siedlungen, in denen etwa eine halbe Million Zionisten leben, umzingelt. Das wenige, was es an palästinensischer Wirtschaft gibt, ist größten Teils auf Israel ausgerichtet; die restlichen Gelder kommen vor allem als „Spenden“ aus dem Westen oder aus mit ihm verbündeten Ländern. Damit ist ein palästinensischer Staat weder politisch noch ökonomisch überlebensfähig. Eine „Entflechtung“, das heißt der Abzug der Siedler aus der Westbank, wird nur unter brutaler Gewalt ablaufen – selbst wenn sie, wie 2005 im Fall des Gazastreifens, von Tel Aviv befohlen würde, was absolut unrealistisch ist. Schon vor 20 Jahren, als „nur“ etwa 290.000 Siedler in der Westbank lebten, ging man in Israel davon aus, dass ein Abzug der Siedler zum Bürgerkrieg führen würde. Diese Gefahr ist seither noch gestiegen, wie die sich immer weiter zuspitzende Krise des zionistischen Regimes beweist; zudem haben jene Kräfte, die die Siedler bedingungslos unterstützen, mittlerweile eindeutig die Macht in Israel übernommen. Kurz gesagt: Palästina ist mittlerweile derart vom Kolonialismus durchdrungen, dass es kein Gebiet mehr gibt, das neben diesem Kolonialregime auch nur annähernd als Staat bestehen könnte. Zugleich ist der Kampf um die Befreiung der Westbank nur (noch) als Krieg gegen den zionistischen Siedlerkolonialismus und die zionistische Entität in Palästina an sich zu führen; die Kolonialherrschaft im Westjordanland ist in keiner Weise vom zionistisch besetzten Kernland (also von „Israel“) zu trennen. Strukturell bzw. der „Logik“ nach war das schon immer so; es ist aber eben auch längst ganz konkrete Realität geworden.

Im Übrigen würde selbst eine „endgültige“ Zweistaatenlösung eine Vertreibung der restlichen 48er-Palästinenser aus Westpalästina bedeuten. Denn aus israelischer Sicht macht eine Zweistaatenlösung nur Sinn, wenn der zionistische Staat danach „rein“ von den Palästinensern ist, die immerhin 20% der Bevölkerung ausmachen. Entsprechende Vertreibungsszenarien haben IOF und die israelische Polizei bereits in der Vergangenheit geprobt.xliii

Teil 2 – Richtige und falsche Einstaatlösungen

Wie im ersten Teil dargelegt, ist die Zweistaatendoktrin nichts anderes als eine durch und durch kolonialistische und/oder defätistische Position in der Palästina-Frage. Die richtige Antwort auf sie lautet also konsequente Dekolonialisierung ganz Palästinas bzw. eine Einstaatlösung.

Zionistische vs. antikoloniale Einstaatkonzepte

Doch nicht jede Einstaatlösung bedeutet automatisch Befreiung vom Kolonialismus: Es gab schon in den 1930er Jahren zionistische Einstaatkonzepte, die eine (Kon-)Föderation zwischen einem jüdischen und einem arabischen (Bundes-)Staat vorsahen. Diese Konzepte waren „Lightversionen“ des Zionismus, denn auch sie basierten zum einen auf der Annahme, dass es eine „jüdische Nation“ in Palästina gäbe, und zum anderen sollte auch hier schon Land „judaisiert“, also von den Indigenen geraubt werden.xliv Eine weitere, allerdings alles andere als „light-zionistische“ Version der Einstaatlösung ist die Annexion ganz Palästinas durch Israel; dabei stellt sich für die Zionisten allerdings stets die Frage, was man mit den auf dem Land lebenden Palästinensern machen soll. Wenn man seinen jüdisch-zionistischen Charakter nicht verlieren will, bleibt nichts anderes als Vertreibung, Verweigerung der Staatsbürgerschaft und/oder Massenmord. Weil alles drei nicht in großem Stil bzw. auf einen Schlag möglich ist, konnte sich in den 1990er Jahren zwischenzeitlich das Zweistaatenkonzept in der israelischen Politik durchsetzen, das in Form von Oslo einen genialen Schachzug darstellte, um den palästinensischen Widerstand eine Zeit lang weitgehend zu paralysieren und bis heute nachhaltig zu schwächen, während Landraub und Vertreibung ungebremst weiterliefen.

Fortschrittliche, d. h. antikoloniale Einstaatkonzepte dagegen kamen und kommen ausschließlich von der palästinensischen Befreiungsbewegung und von (jüdischen) Antizionisten: Bereits bei der frühen Nationalbewegung, die gegen die britische Kolonialherrschaft und den zionistischen Kolonialismus kämpfte, finden sich derartige Forderungen nach einem demokratischen Staat in ganz Palästina mit gleichen Rechten für all seine Bewohner, ungeachtet ihrer Religion.xlv Die Fatah formulierte daran anknüpfend Ende der 1960er Jahre öffentlich, wie ein künftiger Staat Palästina aussehen sollte: Sie trat für einen „demokratischen, progressiven, säkularen (…) Staat, in dem Juden, Christen und Muslime miteinander in Frieden und mit gleichen Rechten leben“, ein.xlvi Schon damals war dieses Konzept zugleich ein ausgestreckter Arm in Richtung der gesamten jüdischen Bevölkerung. Abu Iyaf, einer der Mitbegründer der Fatah und bis zu seiner Ermordung 1991 einer ihrer ranghöchsten Mitglieder, erklärte 1968: „In diesem Prozeß eröffnen sich vor den Juden Palästinas drastisch neue Alternativen: anstatt der Alternative „Festung Israel“ oder „ins Meer geworfen werden“ bietet die Revolution die Alternative „Unsicherheit in einem rassistisch-exklusiven Israel“ oder „ein offenes, sicheres und tolerantes Palästina für alle“.“xlvii Diese Bereitschaft zur Aussöhnung hielt die Fatah nie davon ab, radikal, konsequent und mit „extremen“ Mitteln gegen das zionistische Regime zu kämpfen und dabei auch die gesamte Siedlerbevölkerung zur Verantwortung zu ziehen, d. h. sie als legitime Ziele zu betrachten. Das gilt übrigens bis heute für alle Widerstandsorganisationen, einschließlich PFLP und, wie in Fußnote xxvii ausgeführt, auch DFLP.

Wie oben dargelegt nahmen Fatah, DFLP und mit ihnen auch die PLO bald schrittweise Abstand von diesem Konzept einer Einstaatlösung. Allein die PFLP hielt daran fest und heute erkennt auch die Palästinensische Kommunistische Partei die Notwendigkeit der Befreiung ganz Palästinas an. Unmittelbar nach Oslo entstanden zudem verschiedene Initiativen, die Konzepte für eine Einstaatlösung erarbeiteten bzw. propagierten; auch der prominente Intellektuelle Edward Said, der lange für eine Zweistaatenlösung eingetreten war, argumentierte ab 1999 für eine Einstaatlösung. Ab Mitte der 2000er Jahre begann man, die bis dahin verstreuten Initiativen und Debatten zusammenzuführen. Auf jüdischer Seite wird diese neue „Einstaatbewegung“, die einen demokratischen und säkularen Staat in ganz Palästina anstrebt, u. a. von Ilan Pappé und auf palästinensischer Seite etwa von der PFLP, aber auch von (z. T. hochrangigen) Fatah-Mitgliedern aktiv mitgetragen.xlviii

Sowohl Hamas als auch Jihad treten dagegen nicht für einen säkularen, sondern für einen islamischen Staat ein. Darüber, wie ein solcher Staat genau auszusehen hat und inwiefern er mit „demokratischen Prinzipien“ in Einklang zu bringen ist, zu denen sich beide ebenfalls schon lange bekennen, erfährt man allerdings wenig Konkretes bzw. viel Widersprüchliches. Das ist sehr typisch für islamische Kräfte vom Schlage der Hamas und des Jihad, die in sich ideologisch sehr heterogen, politisch häufig wandelbar und in der Praxis äußerst pragmatisch sind; ihr Ziel ist jedenfalls in aller erster Linie die Befreiung Palästinas.xlix In ähnlicher Weise war auch lange unklar, welche Position die Hamas gegenüber dem Verbleib der jüdischen Bevölkerung in Palästina vertritt. Zwar charakterisierte sie den Kampf um Palästina in ihrer berüchtigten (und von ihren Kritikern, Gegnern und Feinden in ihrer Bedeutung weit übertriebenen) Charta von 1988 als einen religiösen Konflikt zwischen Muslimen und (dem westlichen Kolonialismus zugerechneten) Juden. Doch vermutlich teilte sie von Beginn an den unter den Palästinensern weit verbreiteten Konsens, wonach palästinensische Juden in jedem Fall ein Recht hätten, in Palästina zu leben, während die eingewanderten Siedler in ihre Herkunftsländer zurückzukehren hätten.l Ende der 2000er Jahre übernahm die Hamas dann das Konzept einer Aussöhnung mit der gesamten jüdischen Bevölkerung, also inklusive der Siedler, im Rahmen einer Einstaatlösung.li In ihrem neuen Grundsatzpapier von 2017 unterschied sie denn auch konsequent zwischen Judentum und Zionismus und erklärte: „Es sind die Zionisten, die das Judentum und die Juden ständig mit ihrem eigenen kolonialen Projekt und ihrer illegalen Entität identifizieren.“lii Während es in dem Dokument zum Charakter des zu errichtenden palästinensischen Staates heißt, dieser solle „auf der Grundlage von Pluralismus, Demokratie, nationaler Partnerschaft, Akzeptanz des anderen und der Annahme des Dialogs“ basieren, wird zugleich der Schritt hin zur Etappen-Strategie vollzogen: Zwar lehne die Hamas weiterhin „jede Alternative zur vollständigen und umfassenden Befreiung Palästinas vom Fluss bis zum Meer ab.“ Doch wird die „Errichtung eines völlig souveränen und unabhängigen palästinensischen Staates mit Jerusalem als Hauptstadt in den Grenzen des 4. Juni 1967“ als dem damaligen „nationalen Konsens“ entsprechend anerkannt.liii

Für den Jihad gilt im Allgemeinen ähnliches: Anders als die Hamas betrachtete er den Kampf um Palästina von Anfang an als einen zwar religiös legitimierten antikolonialen Kampf gegen den westlichen Imperialismus, jedoch nicht als einen Konflikt zwischen Muslimen und Juden.liv Die Organisation ist ein Kind der iranischen Revolution und die „revolutionäre Shia“ war (und ist) bekanntlich stark von (gerade auch linken) antikolonialen und antiimperialistischen ideologischen Einschlägen geprägt. (Der Jihad geriet auch während der Ersten Intifada, anders als die Hamas, nicht mit PFLP, DFLP und PKP aneinander, sondern arbeitete im Gegenteil schon damals mit ihnen – und auch der Fatah – im Rahmen der Vereinigten Führung der Intifada zusammen.lv) Entsprechend hieß es vonseiten des Jihad schon vor Jahrzehnten, dass die Befreiung Palästinas (in einen islamischen Staat) die Voraussetzung für ein friedliches Miteinander von Juden und Muslimen sei und dass erstere zudem, wie schon in der Zeit vor der zionistischen Kolonisierung, in einem solchen Staat sicherer seien als in Europa.lvi

Alle zentralen palästinensischen Parteien bekennen sich also nicht nur zum Bleiberecht der ursprünglichen palästinensischen Juden, sie sind mittlerweile auch (mehr oder weniger offen) bereit, die dauerhafte Anwesenheit der Siedlerbevölkerung in Palästina zu akzeptieren. Hier muss einmal betont werden, dass diese Position einer Einstaatlösung für alle seine Bewohner ein Kompromiss ist, ein ungeheuer großzügiges Angebot der Palästinenser (wie auch schon der Südafrikaner zuvor) an ihre Unterdrücker, an diejenigen, die in ihr Land kamen, es geraubt, ihre Eltern und Großeltern vertrieben, ihre Geschwister eingesperrt und ihre Kinder ermordet haben. Die einzige Bedingung ist, dass die Siedler ihre Privilegien aufgeben und dass die Palästinenser entschädigt werden. Dieser Kompromiss ist nicht selbstverständlich und die Siedler haben kein „Recht“ darauf. Er ist vor allem deshalb gut und zu unterstützen, weil die Palästinenser dadurch an ihr Recht kommen und zugleich die Gewalt und das Leid unmittelbar nach der Befreiung Palästinas beendet werden kann. Dass antizionistische jüdische Israelis und Juden weltweit für eine Dekolonialisierung und Dezionisierung als Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben in Palästina eintreten, ist natürlich richtig und zu unterstützen, sogar unabhängig davon, ob sie es aus ideologischen bzw. moralischen Gründen tun oder aus purem Eigeninteresse, weil sie in Palästina bleiben wollen, aber einsehen, dass dies nur durch die Überwindung des Zionismus und eine Einstaatlösung zu machen ist. Trotzdem muss klar sein: Das revolutionäre Subjekt, die Kraft, die den Hauptwiderspruch in Palästina, den zwischen der dort lebenden Nation auf der einen und der Kolonialmacht und dem westlichen Imperialismus auf der anderen Seite, auflösen wird, ist die palästinensische Nation. Die Befreiung Palästinas bedeutet die Befreiung der Palästinenser, nicht der jüdischen Israelis. Schaffen letztere es selbst, den Zionismus zu überwinden, umso besser. Die Perspektive dafür ist aber äußerst düster. Die Palästinenser können darauf weder bauen noch warten, und so dürfen auch wir als Solidaritätsbewegung nicht darauf bestehen.

Die Angst vor einem islamischen Staat

Trotz der Tatsache also, dass alle großen palästinensischen Parteien für diesen eben beschriebenen großherzigen Kompromiss sind, wird von den Zionisten (natürlich) – wie schon in den 1960/70er Jahren mit Blick auf Fatah und PLO – die Angst geschürt, eine Befreiung Palästinas sei gleichbedeutend damit, dass „die Juden ins Meer getrieben“ würden. Das wäre völlig irrelevant, wenn diese Propaganda nicht auch bei Teilen der palästinasolidarischen Linken, und sogar solchen Teilen, die für eine Einstaatlösung sind, verfangen würde. Denn bezüglich Kräften wie Hamas und Jihad sind auch in diesen Kreisen weiterhin Vorurteile und Unwissenheit weit verbreitet,lvii ganz zu schweigen von einer gehörigen Portion chauvinistischer Islam- und Religionsfeindlichkeit. Dem wirkt natürlich am besten die konkrete Auseinandersetzung mit den entsprechenden Organisationen, ihren Positionen und auch ihrem Verhältnis zum restlichen Widerstand entgegen.lviii Eine derartige Aufklärung kann hier nicht geleistet werden, deshalb muss es an dieser Stelle bei einem Appell an die Leser bleiben, die sich angesprochen fühlen (sollten).

Wofür hier allerdings noch einmal klar argumentiert werden soll, ist ein marxistisches Verständnis von Fortschritt in Bezug auf nationale Befreiung. Ich habe bereits an anderer Stelle die Position vertreten, dass auch ein islamischer Staat in Palästina ein Schritt nach vorn ist.lix Einige Reaktionen darauf haben mich veranlasst, hier noch einmal Argument für Argument auf diesen Punkt einzugehen: Meine Position bedeutet selbstverständlich nicht, dass ich einen islamischen Staat an sich für erstrebenswert halte oder gar favorisiere. Wir müssen uns aber als Kommunisten die Frage stellen: Wieso sind wir eigentlich für nationale Befreiung? (Schließlich ist auch der Nationalismus als Ideologie etwas, das wir ablehnen, und Nationen sind etwas, das wir historisch überwinden wollen.) Das liegt daran, dass wir Nationen und Nationalstaaten für ein natürliches Element der modernen, das heißt kapitalistischen (und übrigens auch für eine längere Phase in der Zeit einer sozialistischen) Welt halten: Aus feudalen und vorfeudalen sozialen Zusammenhängen entstehen Nationen (ob nun sprachlich und kulturell relativ homogen oder aber aufgrund historischer Spezifika in Form von Vielvölkernationen), die sich Nationalstaaten schaffen, in deren Rahmen sie Wirtschaft treiben, die Produktionsverhältnisse entwicklen und natürlich als Klassen gegeneinander kämpfen. Völker, die es nicht zur Nation schaffen, werden in aller Regel entweder integriert, assimiliert oder aber ausgegrenzt oder sogar vernichtet. Ähnliches gilt für Nationen, die keinen eigenen Nationalstaat bilden; sie kämpfen aber in der Regel gegen ihre Vernichtung, ihre Ausgrenzung und auch gegen ihre Assimilierung an. Wir unterstützen die freie Entfaltung der Nationen, weil sie die (relativ) freie Entfaltung der Menschen, ihres kulturellen Schaffens und nicht zuletzt ihrer Produktivkräfte ermöglicht. Zusammenschlüsse von Nationen sind dann zu begrüßen, wenn sie auf freiwilliger Basis passieren und nicht eine imperialistische Unterordnung bedeuten. Wird eine Nation, wie im Falle Palästinas, unterdrückt, ist ihre Befreiung in einen eigenen, souveränen Nationalstaat notwendig und ein Fortschritt. Ein Fortschritt deshalb, weil erst dadurch eine eigenständige Ökonomie aufgebaut werden kann, die Klassen sich entfalten und formieren können und der Grundwiderspruch (zwischen Kapital und Arbeit) zum Hauptwiderspruch (den es als nächstes strategisch zu überwinden gilt) werden kann. 

Natürlich ist es auch möglich, dass eine nationale Befreiungsrevolution unter kommunistische Führung gelangt und dass sie innerhalb relativ kurzer Zeit in eine sozialistische Revolution hinüberwächst (wie etwa in China, Vietnam oder Kuba). Und natürlich ist dieses Szenario das weitaus beste. Dieser Fortschritt besteht aber eben auch dann, wenn in diesem erkämpften Staat zunächst die Bourgeoisie die Macht übernimmt, wenn reaktionäre oder autoritäre Kräfte das Ruder an sich reißen – und auch dann, wenn es islamische Kräfte tun, die keinen säkularen oder liberalen bürgerlichen Staat errichten, sondern einen theokratischen. Jeder Einzelfall muss konkret bewertet werden. Entscheidend ist dabei für Kommunisten zunächst die Frage, ob dieser Staat politisch und möglichst auch ökonomisch souverän ist, ob er die Produktivkräfte entfalten kann, die Arbeiterklasse anwachsen lässt, den Lebensstandard der Volksmassen, die unter der nationalen Unterdrückung in aller Regel extrem leiden, verbessert. Das sind die harten, materiellen Kriterien, anhand derer wir Fortschritt bemessen. „Weichere“ Kriterien, solche des Überbaus, wie Meinungsfreiheit oder etwa ein Recht, Alkohol zu trinken, anhand derer die westlichen Liberalen so gerne feststellen, ob ein Land „frei“ und „demokratisch“ oder aber eine „Diktatur“ ist, sind für Materialisten selbstverständlich zweitrangig. Wie absurd das ganze ist, soll hier einmal versinnbildlicht werden: In Palästina werden täglich Kinder ohne Anklage auf unbestimmte Zeit eingekerkert oder direkt erschossen. Das ist nur möglich, weil die Zionisten die Palästinenser als Nation kollektiv unterdrücken. In welchem Verhältnis steht dazu die Möglichkeit, dass eine Hamas-Regierung es verbietet, Shisha zu rauchen oder Frauen drängt, ein Stück Stoff auf dem Kopf zu tragen (was sie übrigens beides in Gaza kurz versucht und dann aufgegeben hat)? Man hat teilweise den Eindruck, wenn es um den Islam geht, werden knallharte Kommunisten, hartgesottene Geopolitiker und durch und durch rational denkende Materialisten zu hedonistischen Liberalos und Individualisten, denen Alkoholkonsum und Parties wichtiger sind als die Verteidigung gegen ausländische Besatzer oder die Überwindung totaler Armut und Verelendung der Massen.

Siedlerkolonialismus überwinden ohne Entkolonisierung und Entsiedlung?

Neben latenter Islamfeindlichkeit und weitreichender Ignoranz gegenüber den realen Positionen des islamischen Widerstands drückt sich in den oben dargelegten Ängsten vor einer drohenden „Vernichtung“ der Juden in oder ihrer „Vertreibung“ aus Palästina in palästina-solidarischen Kreisen meinem Eindruck nach noch etwas anderes aus: Und zwar eine diffuse Empathie für oder sogar Identifizierung mit den Siedlern. Ich will hier nicht herumpsychologisieren. Angesichts der Realität in Palästina, in der das Leben von Millionen von Palästinensern buchstäblich nichts wert ist, in der die Menschen dort tagtäglich massakriert werden – gerade die jungen Männer sterben wie Fliegen; nahezu jede der heldenhaften Widerstandsaktionen gegen den übermächtigen Feind gerät zur Märtyrermission –, muss man sich allerdings einmal ernsthaft fragen, was Linke in Deutschland dazu treibt, sich derartige Sorgen um die Zukunft der Unterdrücker zu machen!

Trotzdem versuche ich auch diesen Punkt einmal ernst zu nehmen und darauf einzugehen: Dass es einem nicht behagt, jemanden, der in einem Land geboren ist, wofür er natürlich nichts kann, eine feste Rolle zuzuschreiben, etwa die desjenigen, der sein Geburtsland eben verlassen muss, weil er ins „falsche Lager“ hineingeboren wurde, ist schließlich grundsätzlich nachvollziehbar. Nun ist es ja aber zunächst so, dass wir als Marxisten Menschen durchaus kategorisieren, und zwar nach objektiven Kriterien: Arbeiter sind nicht revolutionär, weil sie klüger, edler oder radikaler sind, und erst recht nicht jeder einzelne von ihnen, sondern sie sind es als Klasse in erster Linie aufgrund ihrer Stellung im Produktionsprozess. Und Kapitalisten beurteilen wir auch nicht nach ihrem persönlichen Charakter. In sozialistischen Revolutionen wurden (und werden auch künftig) Kapitalisten (wie auch Großgrundbesitzer und Adelige) in „Sippenhaft“ genommen: Ihnen wurde nach Möglichkeit alles weggenommen, ihre Familien wurden in aller Regel ins Exil getrieben oder interniert, die, die vor Ort in Freiheit blieben, verloren generationenübergreifend ihr Wahlrecht und ihre Kinder wurden dem proletarischen Nachwuchs gegenüber, dessen Nachteile es auszugleichen und den es zum neuen Führungspersonal zu machen galt, benachteiligt. Auch all das war nicht schön. Es war aber notwendig und daher legitim (und wird es wohl auch künftig wieder sein).

Ein anderes, näher am Thema liegendes Beispiel: Auch die BDS-Bewegung handelt letztlich nach dem Prinzip der „Sippenhaft“ bzw. der kollektiven Inverantwortungnahme, denn schließlich ruft die Bewegung zu Sanktionen auf, etwas das wir in der Regel als gegen die Völker gerichtete Kriegspolitik ablehnen; werden diese Sanktionen aber von unten gegen den Willen der Herrschenden erzwungen, etwa gegen das Apartheidregime in Südafrika oder eben das in Palästina, ist der Charakter von Sanktionen ein völlig anderer. Zudem ruft die Bewegung zum kulturellen und akademischen Boykott auf. Dabei werden israelische Künstler und Akademiker mit zur Verantwortung gezogen. Anfang August etwa wurde ein israelisches Modell aus einem ägyptischen Hotel geschmissen. Natürlich war das eine „diskriminierende“ Maßnahme. Sie war aber genau richtig, denn die Siedlerbevölkerung ist eben unmittelbar mitverantwortlich – und angesichts der Tatsache, dass Ägypten zu den Vorreitern in Sachen „Normalisierung“ der Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Ländern ist, war dieser Rauswurf umso mehr zu begrüßen und kann als Akt der „Zivilcourage“ gelten. Zudem: Was ist schon das Unbehagen und eine schlaflose Nacht einer Person, die in „ihrem“ Land als „Herrenmensch“ lebt, gegen das Leid der Palästinenser? Trotzdem würde niemand außer knallharten Zionisten behaupten, BDS oder dieser Rausschmiss des israelischen Modells sei antisemitisch.

Was nun die Frage der „Vertreibung“ angeht (für alle, die nicht mehr ganz mitkommen: ja, wir reden hier über eine rein hypothetische, in der Zukunft liegende Vertreibung der Zionisten, nicht die reale und seit Jahrzehnten anhaltende Vertreibung der Palästinenser…): Es geht nicht darum, dass alle Siedler systematisch aus ganze Palästina vertrieben werden sollen oder dass dies auf jeden Fall passieren wird. Wie oben beschrieben, verfolgt keine der wichtigsten Widerstandskräfte ein solches Ziel. Wir müssen aber damit rechnen, dass es zu Fluchtbewegungen kommt, wenn Palästina endlich befreit wird. Zum einen wird es sich um Fluchtbewegungen und ja, auch um Vertreibungen aus der Westbank handeln – diese würde es im Übrigen auch im Zuge einer Zweistaatenlösung in den Grenzen von 1967 geben, wie sie von ihren linken Vertretern gefordert wird, während zugleich, wie oben dargelegt, das 1948 besetzte Palästina endgültig ethnisch gereinigt würde. Aber es wird im Zuge der vollständigen – also der meiner Meinung nach einzigen möglichen – Befreiung Palästinas auch dazu kommen, dass Siedler das Land vollständig verlassen. Dies wird vermutlich weniger mit Vertreibungen zusammenhängen, als viel mehr mit der tiefsitzenden Angst und dem enormen Hass, den jede Siedlerbevölkerung gegenüber den von ihr beraubten, vertriebenen und unterdrückten, als „rassisch“ und kulturell minderwertig angesehenen Indigenen verspürt. Sie fürchten nachvollziehbarer Weise, das ihnen ihre Verbrechen heimgezahlt werden; sie halten die Kolonisierten zudem für wilde Tiere. Und: Sie wollen sie nicht in ihrer Nachbarschaft, im Supermarkt, oder an ihrem Arbeitsplatz haben; sie wollen nicht mit ihnen rechtlich gleichgestellt sein, sie wollen ihnen gegenüber keine Minderheit sein und sie wollen keine von dieser Mehrheit gewählte Regierung über sich haben. Aus Algerien etwa flohen nach der Befreiung fast alle Siedler innerhalb kürzester Zeit, ohne dass es zu nennenswerten Racheakten gegen sie gekommen wäre. Schon jetzt verlassen mehr Israelis Palästina als zuziehen. Und die, die gehen, sind noch die vernünftigeren; die die zurückbleiben sind mittlerweile in der großen Mehrheit Faschisten und/oder religiöse Fundamentalisten. Wir müssen aber auch einsehen, dass Vertreibungen nicht nur menschlich nachvollziehbar, sondern vor allem auch legitim sind, wenn es nämlich um die Rückeroberung des geraubten Bodens geht. Wie sonst soll sich die rechtmäßige Bevölkerung Palästinas ihr Recht und ihr Heim zurückholen, wenn sie es nicht in Besitz nimmt? Die Enteignung der Enteignerlx ist schließlich ein Kernprinzip kommunistischer Politik: Wenn die Stunde des Siedlerkolonialismus schlägt, werden die Landräuber das Land verlieren. Klar ist: In der Realität werden viele Palästinenser ihr Recht auf Rückkehr nicht wahrnehmen, so dass den (vermutlich nicht allzu vielen) Siedlern, die bleiben wollen, genug Platz bleibt und sie vielleicht auch gar nicht enteignet werden, sondern lediglich eine Entschädigung fällig wird.

Nationale Befreiung statt Utopismus!

Das alles hängt selbstverständlich von den konkreten Bedingungen und den Kräfteverhältnissen ab, unter denen die Befreiung Palästinas sich vollziehen wird. Klar ist natürlich, dass diese Befreiung in der Realität auf sehr verschiedene Arten ablaufen kann: Es kann zu einer Befreiung ganz Palästinas in kürzester Zeit kommen oder aber über die Etappe eines Ministaates in den 67er-Gebieten; durch einen Volkskrieg, durch einen konventionellen Krieg, durch einen Bürgerkrieg unter den Siedlern, durch revolutionäre Umbrüche in der Region oder in anderen Teilen der Welt, die den westlichen Imperialismus im Nahen Osten implodieren lassen, oder durch internationalen Druck auf Israel; die Befreiung selbst kann extrem blutig ablaufen oder relativ friedlich und durch Verhandlungen; sie kann in einem Jahr erfolgen oder in 100 Jahren; sie kann direkt in den Bürgerkrieg, in verschiedene Formen bürgerlicher Staaten oder in den Sozialismus führen. Einerseits ist es müßig, eine Prognose zu wagen. Andererseits ist es mit Blick auf die Strategie vor Ort natürlich nicht unwichtig, entsprechende Diskussionen zu führen. Am sinnvollsten erscheint, dass sich die Palästinenser in erster Linie auf ihre eigene Kraft verlassen, denn schon früher wurden sie verraten oder enttäuscht, und das zu Zeiten, in denen es mächtige antikoloniale und sozialistische Bewegungen in der Region und weltweit gab; heute ist die Lage ungleich ungünstiger. Aus genau diesem Grund erscheinen mir Positionen, die davon ausgehen, Palästina könne realistisch erst im Zuge einer revolutionären Umwälzung in der gesamten Region befreit werden, wie es etwa von Marx21 vertreten wird,lxigefährlich, weil sie die Befreiung Palästinas auf den Sankt Nimmerleinstag zu verschieben drohen.

Das gilt umso mehr für Positionen, die die nationale Befreiung Palästinas an eine sozialistische Revolution in Palästina (manchmal sogar in der gesamten arabischen Welt) knüpfen. Dabei wird meist argumentiert, dass ein gleichberechtigtes Zusammenleben zwischen Israelis/Juden und Palästinensern nur im Sozialismus möglich sei. So argumentieren u. a. die Bolshevik Tendency (BT),lxii Klasse gegen Klasse (KgK)lxiii oder der Kommunistische Aufbau (KA),lxiv aber auch die MLPD. Der Unterschied zwischen KgK und BT einerseits und MLPD andererseits besteht darin, dass letztere immerhin so realistisch ist, diese Perspektive in naher Zukunft für eher unwahrscheinlich zu halten; ihre Konsequenz ist aber letztlich der Verrat am palästinensischen Volk, indem sie die sog. Zweistaatenlösung als „realpolitische“ Alternative anpreist.lxv Der KA scheint sich in dieser Frage nicht festlegen zu wollen.lxvi Dass ein gleichberechtigtes Zusammenleben zwischen den Religions- und Volksgruppen nur im Sozialismus möglich sei, ist indes nichts anderes als eine unbelegte, dafür aber mit revolutionären Phrasen vernebelte Behauptung. Wie dargelegt, steht dem Zusammenleben in Palästina von indigener Seite nichts im Weg (genau wie früher in Südafrika, Algerien usw.) Es liegt am Ende an den Siedlern, ob sie dazu bereit sind. Das scheint bei den aller meisten nicht der Fall zu sein. Rücksicht muss man darauf nicht nehmen – außer natürlich man hängt einem unmarxistischen Moralismus oder aber dem Irrglauben an, es handle sich bei dieser Kolonialbesatzung um eine Nation.

An dieser falschen Annahme krankt übrigens auch die Forderung nach einem „binationalen“ Staat, dann jedenfalls wenn damit tatsächlich die Meinung verknüpft ist, es gäbe (mittlerweile) eine israelische oder hebräische Nation,lxviiwie etwa von BT behauptet.lxviii Die Siedler mögen heute (nach mehreren Generationen, die in Palästina geboren wurden, durch das viele zusammengeraubte Land und ein gewisses kulturelles Zusammenwachsen) der historischen Gesellschaftsstufe einer Nation näher sein als noch 1948. Trotzdem ist diese Entwicklung, wie oben dargelegt, nicht abgeschlossen und sie wird nicht abzuschließen sein, außer durch den vollendeten Genozid an den bzw. die endgültige Vertreibung der Palästinenser.

Gemeinsam diskutieren und falsche Positionen überwinden!

Ein Großteil der kommunistischen Bewegung, sowohl in Deutschland als auch international, steht noch vor dem notwendigen Schritt, endlich die falsche Doktrin von der „Zweistaatenlösung“ zu überwinden. Das heißt konkret, Israels „Existenzrecht“ endlich klar und deutlich zu verneinen, stattdessen die Befreiung ganz Palästinas zu fordern und sich so auf eine konsequent antikoloniale Position zu stellen. Dieser Schritt ist nach bald 150 Jahren zionistischer Kolonisierung, 75 Jahren anhaltender Nakba und 30 Jahren Betrug von Oslo überfällig! In Deutschland steht hier vor allem die DKP als größte und relevanteste Kraft der kommunistischen Bewegung in der Verantwortung. Aber auch MLPD, Gegen die Strömung und andere sich als kommunistisch verstehende Organisationen sollten ihre falschen Positionen endlich verwerfen. Dafür muss man sich aber überhaupt erst einmal konkret mit dem Thema beschäftigen. Meinem Eindruck nach gibt es eine solche Beschäftigung bei der DKP oder auch der KPD, die sich bislang kaum zum Thema geäußert hat, so gut wie gar nicht, zumindest gibt es kaum entsprechende Veröffentlichungen. Die Voraussetzung für die Einsicht in diese Notwendigkeit liegt natürlich überhaupt erst einmal in der Erkenntnis, dass das Thema Palästina eine hohe politische Relevanz hat, gerade hier in Deutschland.lxix KA oder auch Young Struggle äußern sich dagegen häufiger zu Palästina – aber sie beziehen meines Wissens keine klare Haltung bezüglich der Zweistaatendoktrin. Nicht zuletzt deshalb ist ihre nach außen präsentierte palästina-solidarische Haltung inhaltlich letztlich doch schwer greifbar.

Aber auch jene Genossen, die offen für eine Einstaatlösung eintreten, müssen sich mit der Frage auseinandersetzen, inwiefern ihre Vorstellung von diesem künftigen Staat den strategischen Notwendigkeiten einerseits und den politischen Möglichkeiten andererseits entspricht. Oftmals scheint es sich nämlich viel mehr um eine Projektion zu handeln, bei der etwa die nationale Befreiung an Träumereien vom Sozialismus gekettet und so ad absurdum geführt wird. Die Palästinenser in ihrer absoluten Mehrheit kämpfen nicht für eine Utopie, sondern weil sie müssen, weil es für sie ein Kampf auf Leben und Tod ist, der ihnen von den Zionisten und vom westlichen Imperialismus aufgezwungen wird. Wollen wir, dass die Utopie, die wir als Kommunisten miteinander teilen, Realität wird, müssen wir uns vom Utopismus verabschieden, stattdessen die objektiven Bedingungen und Gesetzmäßigkeiten erkennen, und im Rahmen dieser den Interessen der Arbeiterklasse und der Völker dienen! Das heißt es, so meine ich, Kommunist zu sein und für den Sozialismus zu kämpfen.

i Die Palästinensische Nationalcharta vom 17. Juli 1968, https://www.efg-hohenstaufenstr.de/downloads/texte/plo_charta.html.

ii Zitiert nach Azmy Bischara: Zur Entwicklung der politischen Doktrin der PLO, in: Neuhaus / Sterzing (Hrsg.): Die PLO und der Staat Palästina. Analysen und Dokumente zur Entwicklung der PLO, Frankfurt am Main: Haag + Herchen 1991, S. 28.

iii 1956 hatten sich Israel, Frankreich und Großbritannien vor allem aufgrund US-amerikanischen und sowjetischen Drucks aus Ägypten zurückziehen müssen, auch wenn sich das ägyptische Volk zugleich heldenhaft gegen die Dreieraggression zur Wehr setzte.

iv Ebenda S. 27. Hervorhebung N. B.

v 10-Punkte-Programm, 12. Sitzungsperiode des Palästinensischen Nationalrates (1.-8. Juni 1974), https://www.yumpu.com/de/document/read/25120021/10-punkte-programm-1974-vom-1.

vi Tatsächlich zwang die Erste Intifada, also die massenhafte politische Mobilisierung in der Westbank, 1988 Amman dazu, endlich von seinen Ansprüchen auf das Westjordanland abzulassen.

vii Helga Baumgarten: Palästina. Befreiung in den Staat. Die palästinensische Nationalbewegung seit 1948, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1991, S. 246 f.

viii Ägypten hatte 1978/79 als erstes arabisches Land Frieden mit Israel geschlossen und das zionistische Regime damit offiziell anerkannt.

ix Gerrit Hoekmann: Zwischen Ölzweig und Kalaschnikow. Geschichte und Politik der palästinensischen Linken, Münster: Unrast 1999, S. 175.

x Ein weiterer Punkt ist der, dass die Intifada sich zwar stets zur PLO bekannte, sie als einzig legitime Vertretung der Palästinenser akzeptierte und politisch von den PLO-Mitgliedsorganisationen bzw. der PLO geführt wurde. Sie war aber zugleich auch ein Aufstand von unten, der spontan begann und in dem sich die Massen mit den Volkskomitees eigene (Macht-)Strukturen schufen, die sich zwar in erster Linie gegen die israelische Besatzung und ihre Kollaborateure richteten, aber eben auch das Potential hatten, die PLO-Elite in Bedrängnis zu bringen.

xi Die Golfstaaten reduzierten ihre finanzielle Hilfe für die PLO drastisch und wiesen zudem hunderttausende palästinensische Arbeitsmigranten aus, die zu den wichtigsten Verdienern der Palästinenser gehörten. 

Zusätzlich zur neuen unipolaren Weltordnung, in der die USA nun allein bestimmen konnten, wer gut und wer böse war, und in der ihre regionalen Alliierten an Macht gewannen, kam noch erschwerend hinzu, dass der Irak es sich auch mit den anderen anti-westlich ausgerichteten Regimen in der Region, nämlich Syrien und Iran, verscherzt hatte: 1980, unmittelbar nach der dortigen Revolution, hatte der Irak das Nachbarland Iran angegriffen und so einen achtjährigen, äußerst blutigen Krieg vom Zaun gebrochen. Die beiden im Irak und in Syrien herrschenden Baath-Parteien indes waren seit den 1960er Jahren verfeindet; Syrien unterstützte daher nicht nur den Iran ab 1980, sondern auch den Westen 1991 gegen den Irak.

xii Leon Wystrychowski: Zwischen Kolonialismus, nationaler Befreiung und Klassenkampf: Die palästinensische und israelische Linke. Ein historischer Überblick, Berlin: AphorismA 2023, S. 13.

xiii Eine Beurteilung ist auch deshalb so schwer, weil die bürgerliche Literatur Stalin bzw. der Sowjetunion sowohl Antisemitismus als auch Araber-Feindlichkeit anlastet und die gesamte sowjetische Außenpolitik aus geo- und machtpolitischen Interessen herleitet, während Stalin-Apologeten wiederum das Verhalten der UdSSR entweder einfach rechtfertigen (so etwa die MLPD und in absolut ekelhaftester Weise die Gruppe Gegen die Strömung) oder aber die Mitverantwortung der Sowjetunion für die Nakba herunterspielen; letzteres gilt auch für die DDR-Literatur. (Wystrychowski, S. 13.) Dass die Tschechoslowakei damals (gemeinsam mit Ungarn und Jugoslawien) Waffen an die Zionisten lieferte und sogar zionistische Kampfpiloten ausbildete, dürfte unumstritten sein. Die Vermutung, dass sie dafür grünes Licht aus Moskau bekamen, liegt zwar nahe, stützt sich meines Wissens aber lediglich auf Vermutungen, nicht auf Quellen. Eine umfassende, faktenbasierte und schonungslos selbstkritische Auseinandersetzung aus marxistisch-leninistischer Perspektive steht jedenfalls noch aus. Dafür bedürfte es allerdings nicht zuletzt der Forschung in sowjetischen Archiven.

xiv Rede des sowjetischen Delegierten der sozialistischen Sowjetunion vor der UNO, 14.5.1947 (77. Plenarsitzung), in: Der UN-Teilungsplan für Palästina und die Gründung des Staates Israel (1947/48), Offenbach: Olga Benario und Herbert Baum 2002, S. 111.

xv In derselben Rede behauptete Gromyko, sowohl die Araber als auch das „jüdische Volk“ hätten gleichsam „historische Wurzeln in Palästina“. (Ebenda, S. 112.) Im November desselben Jahres erklärte er erneut, „beide“ könnten „tiefverwurzelte historische Bindungen zu diesem Land aufweisen.“ (Der Repräsentant der Sowjetunion vor der UNO am 26. November 1947. Aus dem Sitzungsprotokoll der 125. Plenartagung der UNO, 26.11.1947, in: ebenda, S. 112.) Dies konnte in Wahrheit aber nur für die palästinensischen Juden gelten, nicht für die europäischen Siedler. Gromyko folgte damit einem weiteren zionistischen Mythos, nämlich dem, dass die Juden in Europa tatsächlich die in der „Diaspora“ lebenden Nachkommen der Hebräer waren, die im Zeitraum vor etwa 2000-2500 Jahren in Palästina lebten, und nicht mehrheitlich zum Judentum konvertierte Europäer. Davon abgesehen, dass ein Anspruch auf eine „Rückkehr“ nach 2000 Jahren absurd ist, könnten sämtliche Christen der Welt auf genau dieselben „historischen Wurzeln in Palästina“ verweisen, niemand würde daraus folgern, dass sie ein „Recht“ auf Palästina hätten.

xvi Josef Stalin: Marxismus und nationale Frage, https://www.marxists.org/deutsch/referenz/stalin/1913/natfrage/kap1.htm.

xvii Ebenfalls 1982 gründete sich eine Palästinensische Revolutionäre Kommunistische Partei in Ablehnung der Linie der PKP. Sie bestand allerdings nur aus wenigen Leuten und wurde nicht von Moskau anerkannt. Ihr Primat lag auf dem bewaffneten Kampf gegen Israel und sie gehörte zu den entschiedenen Gegnern von Oslo. 2015 starb ihr Vorsitzender Arabi Awwad.

xviii Diese Konferenz wurde 1991 von den USA und Israel vorangetrieben und sollte einen „Frieden“ zwischen Israel und den arabischen Ländern herstellen. Wie von Israel diktiert, war die PLO nicht zugelassen, nahm aber inoffiziell teil, was zu scharfer Kritik an der PLO-Führung von palästinensischer Seite führte. Die Gorbatschow’sche Sowjetunion spielte die zweite Geige, gehörte aber neben Spanien und den USA zu den offiziellen Initiatoren.

xix Musa Budeiri: Class and nation. Arab and Jewish communists in Palestine, in: Feliu / Izquierdo-Brichs (Hrsg.): Communist Parties in the Middle East. 100 Years of History, London/New. York: Routledge 2019, S. 144.

xx Der Hintergrund für die Überarbeitung des Programms war, dass PFLP und DFLP durch ihre Strategie, die den Sturz der jordanischen Monarchie auf die Tagesordnung setzte, den Schwarzen September im Herbst 1970 (zumindest mit) provoziert hatten. Unmittelbar danach begannen in der DFLP Diskussionen über die daraus zu ziehenden Konsequenzen. (Naser Khalil: Nayef Hawatmeh (DFLP). Wegbereiter und Kritiker einer friedlichen Beilegung des Palästinakonflikts, Magisterarbeit an der Uni Freiburg (WS 2009/2010), S. 65-70.) Wie oben erläutert, waren auch das Etappen-Programm und die im Zusammenhang damit eingeführten taktischen und schließlich strategischen Änderungen bei der PLO zunächst stark von der Notwendigkeit getrieben, den jordanischen Ansprüchen auf die Westbank zu begegnen.

xxi Vgl. Baumgarten S. 245.

xxii Khalil, S. 66 f.

xxiii John Bunzl: Die Sowjetunion und der Nahe Osten. Elemente einer Analyse, in: Bunzl / Flores / Rasoul: Falscher Alarm? Studien zur sowjetischen Nahostpolitik, Wien: Wilhelm Braumüller 1985, S. 74. Dabei ist zwar auffällig, dass die Durchsetzung der Etappen-Theorie innerhalb der DFLP zeitgleich mit der Annäherung an die Sowjetunion erfolgte, ein Zusammenhang, etwa dahingehend, dass die UdSSR auf das Programm der DFLP Einfluss nahm, wird meines Wissens nach aber weder in der Fachliteratur noch von Seiten der DFLP selbst aufgemacht.

xxiv Martin Robbe: Scheidewege in Nahost. Der Nahostkonflikt in der Vergangenheit und Gegenwart, Berlin: Militärverlag der DDR 1987, S. 315.

xxv Hoekmann, S. 119 f.

xxvi Khalil, S. 75 f.

xxvii So legitimiert sie etwa bis heute Angriffe auf die Siedlerbevölkerung auch in Israel. Derlei Gewalt gegen die „Zivilbevölkerung“ ist aber eigentlich nur zu rechtfertigen, wenn man die zionistische Entität eben nicht als Nationalstaat anerkennt, sondern als Besatzungsregime und deren nicht-palästinensische „Bürger“ als Teil dieser Besatzungsmacht versteht. Andernfalls würde es sich tatsächlich um Terrorismus bzw. um Kriegsverbrechen handeln, diese Menschen ins Visier zu nehmen. 

xxviii In den späten 80ern kämpfte sie innerhalb der PLO für einen „kämpferischen Etappismus“, trat dann aber erneut aus dem PLO-Exekutivkomitee aus, als klar wurde, dass die Fatah– und PLO-Führung mehrheitlich für eine Zweistaaten-Kapitulation eintraten. (Hoekmann, S. 201.) 

xxix Baumgarten, S. 246.

xxx Bischara, S. 30.

xxxi Hierzu heißt es sowohl auf dem Cover als auch der ersten Innenseite des Programms: „Die damalige Zustimmung unserer Partei zum Teilungsbeschluss von 1948 mag taktisch und vorübergehend richtig gewesen sein, aber die Fakten, die uns heute vorliegen, beweisen, dass sie strategisch und historisch falsch war.“ (The Political Program of the Palestinian Communist Party (3. Auflage vom September 2018).)

xxxii Die einstimmig, d. h. auch von der Sowjetunion, im UN-Sicherheitsrat angenommene Resolution forderte einerseits den Rückzug Israels aus den 1967 besetzten Gebieten und andererseits den Friedensschluss mit und die Anerkennung von Israel durch die arabischen Länder. (Resolution 242 (1967) vom 22. November 1967, https://www.un.org/depts/german/sr/sr_67/sr242-67.pdf.)

xxxiii Political Program, S. 4.

xxxiv Neben der PKP gibt es noch die Palestinian People’s Party (PPP). Sie entstand im Oktober 1991 aus einer Mehrheit in der KP, die sich vom Marxismus lossagte und zu einer sozialdemokratischen Partei umwandelte. Trotzdem ist auch die PPP bis heute eine Schwesterorganisation der DKP und Teil von Solidnet. Sie hält an der Zweistaatendoktrin fest.

xxxv Historic Drop in Support for Two-State Solution among Palestinians, Israelis, https://www.palestinechronicle.com/historic-drop-in-support-for-two-state-solution-among-palestinians-israelis/.

xxxvi Petra Wild: Die Krise des Zionismus und die Ein-Staat-Lösung. Zur Zukunft eines demokratischen Palästinas, Wien: Promedia 2015, S. 141.

xxxvii Ebd. S. 191.

xxxviii Karl Marx: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, http://www.mlwerke.de/me/me01/me01_378.htm.

xxxix Ilan Pappé: Was ist los mit Israel? Die zehn Hauptmythen des Zionismus, Neu Isenburg³: Cosmics 2017, S. 57 f.

xl Ebd. S. 105.

xli Petra Wild: Siedlerkolonialismus und Apartheid in Palästina, http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24091.

xlii Ebd.

xliii Wild: Krise des Zionismus, S. 137.

xliv Ebd. S. 153 f.

xlv Ebd. S. 154.

xlvi Beschluss der 3. Fatah-Konferenz von 1971, zitiert nach Baumgarten, S. 239.

xlvii Zitiert nach ebd.

xlviii Wild: Krise des Zionismus, S. 131-35, 142 f.

xlix Die Kräfte in der Hamas, die die nationale Befreiung Palästinas und die dafür notwendigen guten Beziehungen zur Achse Teheran-Damaskus-Beirut auch über ihre traditionelle internationale Einbindung in das Netzwerk der Muslimbruderschaft, aus der die Hamas ja stammt, stellen, geben (erfreulicherweise) gerade in die letzten Jahren verstärkt den Ton an. (The Radle: ‚Regime change‘ in Hamas and a return to Syria, https://new.thecradle.co/articles/regime-change-in-hamas-and-a-return-to-syria.)

l Khaled Hroub: Hamas. Die islamische Bewegung in Palästina, Heidelberg: Palmyra 2010, S. 71.

li Wild: Krise des Zionismus, S. 154.

lii Hamas: A Document of General Principles and Policies (1. Mai 2017), https://hamas.ps/en/post/678/A-Document-of-General-Principles-and-Policies.

liii Ebd.

liv Erik Skare: A History of Palestinian Islamic Jihad. Faith, Awareness, and Revolution in the Middle East, Cambridge: Cambridge University Press 2021, S. 39 f. Die Hamas dagegen beschrieb den Konflikt zunächst sowohl als einen kolonialen als auch einen inter-religiösen.

lv Hoekmann, S. 45.

lvi Meir Hatina: Islam and salvation in Palestine. The Islamic Jihad Movement, Tel Aviv: Moshe Dayan Center for Middle Eastern and African studies, S. 52.

lvii So hält sich etwa das Gerücht, die Hamas sei von Israel aufgebaut worden. Dafür gibt es aber keinerlei Belege. Wahr ist, dass die Zionisten möglicherweise die Muslimbruderschaft (MB), die in Palästina in den 1950-80er Jahren eine weitgehend quietistische, d. h. apolitische und passive Haltung einnahm, Geld zum Bau von Moscheen gab. Sie erhofften sich davon eine Schwächung der nationalen Befreiungsbewegung. Sowohl Helga Baumgarten als auch Jean-Pierre Filiu gegen nicht von einer direkten Unterstützung der MB durch Israel aus. (Helga Baumgarten: Kampf um Palästina. Was wollen Hamas und Fatah?, Freiburg im Breisgau: Herder 2013, S. 56-66, 202 Fußnote 59.) Für Gerüchte, wonach die Hamas die PFLP in den 2000er Jahren physisch angegriffen habe, habe ich bis heute keine Belege gesehen.

lviii Zu letzterem haben wir als KO in unseren letzten Stellungnahmen schon ein wenig geschrieben: KO: Intifada bis zum Sieg!, KO: 75 Jahre Nakba – 75 Jahre zionistische Kolonisation Palästinas. Außerdem bin ich in meinem letzten Diskussionsbeitrag ebenfalls ein wenig darauf eingegangen: Noel Bamen: Mit palästina-solidarischen Vorsätzen in die zionistische Hölle: Eine Kritik an den „Grundlinien“ der MLPD zum palästinensischen Befreiungskampf.

lix Bamen, MLPD. Und: Noel Bamen: Thesen zu Afghanistan.

lx Karl Marx: Das Kapital Band 1, http://www.mlwerke.de/me/me23/me23_741.htm#Kap_24_7.

lxi Marx21: https://www.marx21.de/faq-wie-steht-marx21-zur-befreiung-palaestinas/; Ramsy Kilani: https://youtu.be/CSrpwYVTZjc?t=2851.

lxii BT: Permanente Revolution und Palästina. Vom nationalen Volkskrieg zum internationalen Klassenkampf, https://bolsheviktendency.org/2021/09/05/permanente-revolution-und-palastina/; BT: Israels Angriff auf Pazifisten, https://bolsheviktendency.org/2019/03/10/israels-angriff-auf-pazifisten/.

lxiii Im Absolutheitsgrad etwas unterschiedlich: Benny: Ist das Existenzrecht Israels unverhandelbar?,https://www.klassegegenklasse.org/ist-das-existenzrecht-israels-unverhandelbar/; Achmed Zmero: Nakba: 75 Jahre israelische Gewalt gegen Palästina, https://www.klassegegenklasse.org/nakba-75-jahre-israelische-gewalt-gegen-palaestina/; Nathaniel Flakin / Thaddeus Greene: Es gibt keine Demokratie in der Apartheid, https://www.klassegegenklasse.org/es-gibt-keine-demokratie-in-der-apartheid/.

lxiv KA: 75 Jahre Nakba: Internationale Solidarität für Freiheit und Frieden in Palästina!, https://komaufbau.org/75-jahre-nakba-internationale-solidaritaet-fuer-freiheit-und-frieden-in-palaestina/

lxv Auf die Positionen der MLPD bin ich bereits an anderer Stelle eingegangen. (Bamen, MLPD.) Im Nachhinein schien es nicht klug, die MLPD in der Überschrift und im Titelbild so hervorzuheben, da viele den Text nicht lesen wollten, weil sie die MLPD für „irrelevant“ halten. Zum einen ist es aber so, dass die MLPD nur stellvertretend kritisiert wird; ihre Positionen sind in der linken und kommunistischen Bewegung weit verbreitet. Zum anderen kann ich die allermeisten Kritiken an der MLPD zwar voll und ganz nachvollziehen. Allerdings tritt die MLPD mit ihrer Palästina-Solidarität für deutsche Verhältnisse relativ offensiv auf (anders als etwa die DKP), hat dafür in der Vergangenheit auch bereits Repression erfahren und ist daher für einige Palästinenser ein relevanter Akteur. Darüber einfach hinwegzugehen, halte ich für überheblich.

Im Übrigen hat die MLPD mittlerweile auf meine Kritik an ihren Palästina-Positionen mit einer Antwort reagiert. (Reinhard Funk: Die Sackgasse des kleinbürgerlichen Nationalismus eines Noel Bamen, https://kommunistische-organisation.de/artikel/reinhard-funk-mlpd-die-sackgasse-des-kleinbuergerlichen-nationalismus-eines-noel-bamen/.) Der vorliegende Text von mir war allerdings schon fertig, als diese Antwort bei uns eingereicht wurde und nimmt daher keinen direkten Bezug auf sie, auch wenn ich hier einige der dort angeführten Behauptungen meine, zu widerlegen.

lxvi So schon mein Eindruck im Frühjahr 2023. (Bamen, MLPD.)

lxvii Das Konzept einer solchen „hebräischen Nation“ entstand Ende der 1950er Jahre in „linkszionistischen“ und kommunistischen Kreisen in Israel; es war der Versuch, die jüdische Siedlergesellschaft vom Judentum zu lösen und nach säkularen kulturnationalistischen Kriterien umzudefinieren. Dieses Konzept wurde später auch von der trotzkistisch geprägten antizionistischen Matzpen übernommen. (Lutz Fiedler: Matzpen. Eine andere israelische Geschichte, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2017, S. 183-89.)

lxviii BT, Permanente Revolution und Palästina.

lxix Dazu wird hoffentlich bald ebenfalls ein Text bei uns erscheinen.

Aktuelles

Palästina und die DDR – Befreiungskampf als Staatsräson?

Während in der BRD die bedingungslose Unterstützung Israels als „Ersatz- Antifaschismus" spätestens ab 1952 zunehmend zur „Staatsräson" wurde, erkannten sich die DDR und Israel bis zur Konterrevolution 1989/90 nicht gegenseitig an. Stattdessen wurde die DDR zu einem wichtigen Alliierten der palästinensischen Befreiungsbewegung.

Interview: „The crisis in Germany“

Two of our comrades were guests on the Marx, Engels, Lenin Institute podcast to discuss the current political and economic situation in Germany. Starting with the end of the ‘Ampel’ coalition government, and moving on to an assessment of the AfD and BSW and the development of the German economy, we talk about topics and issues that continue to cause controversy and raise questions within the left-wing and communist movement in Germany.